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Zwischen den Welten

Das Mary Sue-Projekt
von
Koautor:  Erenya

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ankündigung der Göttin:
Shalala.
So, und in diesem Kapitel der Rest der einst zusammengehörenden Aufgaben für Kapitel 8. Komplett anzeigen

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Mit Köpfchen, bitte

Internet sei Dank habe ich eine kleine Boutique nahe unserer Wohnsiedlung ausfindig machen können. Binnen einer Stunde Hin- und Rückweg mit Einkauf inklusive bin ich im Besitz eines neuen Halstuchs, das zwar nicht besonders schick, aber zumindest zweckdienlich ist. Ich bin kein großer Freund von Punkten, aber das war mir immer noch lieber als all das Blümchen- und Farbschockzeugs, das sonst noch zur Auswahl stand. Mit einer Schwarz-Weiß-Kombination kann man wenig falsch machen und wer weiß, wann ich es noch benötigen werde. Ich habe außerdem bei meiner Wahl bedacht, dass das Tuch jobtauglich sein muss. Mit etwas Glück kann ich Waka davon überzeugen, es auch auf Arbeit tragen zu dürfen, um das Massaker an meinem Hals vor neugierigen Blicken zu schützen.

Schwer seufze ich in mich hinein. Ich will mir gar nicht ausmalen, was die anderen denken oder schlussfolgern könnten, wenn sie das Desaster an meinem Hals entdecken würden. Ich will dazu wirklich keine Stellung beziehen müssen. Mir graut es allein bei dem Gedanken, meinen Kollegen Rede und Antwort stehen zu müssen, während sie mich mit ihren wehleidig-besorgten Blicken aufzufressen drohen. So viel steht fest: Das werde ich so gut ich kann und um jeden Preis zu verhindern wissen!

Hoffentlich.

Allerdings wäre es schon sehr schön, wenn ich die vielen aufkeimenden Fragen zumindest vor mir selbst beantworten könnte. Wieso will mir der andere Ukyo an den Kragen? Habe ich ihm irgendetwas getan, dass er mich im Gegensatz zum normalen Ukyo nicht leiden kann? Gab es irgendein negativ einschneidendes Ereignis in unserer mir unbekannten Vergangenheit, das dieses Empfinden in ihm getriggert haben könnte?

„Vielleicht zahle ich ihm zu wenig Miete“, spreche ich leise zu mir selbst, um den finsteren Gedanken mit schwarzem Humor entgegenzuwirken. Natürlich ist das in diesem Kontext Blödsinn, aber hey, es sollte jede Möglichkeit in Betracht gezogen werden, oder nicht? Und davon einmal ganz abgesehen, sollte ich wirklich noch einmal mit Ukyo über das Finanzielle reden.

Okay, aber ganz im Ernst. Ich bin mir sicher, dass er die feste Absicht hatte, mich an diesem Morgen umzubringen. Auch habe ich keinen Zweifel, dass ihm dieses Vorhaben mühelos gelungen wäre, hätte er sich nicht so sehr in seinem selbstsicheren Irrsinn gebadet. Sein fester Griff war nicht misszuverstehen gewesen. Ebenso wenig sein mordlüsterner Blick. Hätte er nur von Anfang an richtig zugedrückt, wäre es das für mich gewesen. Beim nächsten Mal würde ich vielleicht nicht so viel Glück haben.

Mich durchläuft ein so heftiges Schauern, dass ich kurz stehen bleiben muss, um mich zu sammeln. Nur langsam und bedächtig setze ich meinen Weg fort, die Hand vorsichtig tastend an meinem schmerzenden Hals.

Wieso wollte dieser Ukyo mich töten? Was hätte er davon? Ich wiederhole erneut, dass es sich bei mir nicht um die Heroine aus dem Spiel handelt, welches »Amnesia« für gewöhnlich für mich war. Zumindest halte ich mich weiterhin an dieser sicheren Vermutung fest, solange ich nicht mit Sicherheit weiß, wer hinter dem Namen »Hanna« steckt. Es kann nur sie sein, für mich gibt es einfach keine andere Erklärung. Oh, bitte, sie muss es einfach sein!

Könnte es vielleicht damit zu tun haben, dass es sich bei mir, ähnlich wie bei ihm selbst, um eine Weltenwanderin handelt? Sofern ich das so nennen darf. Und natürlich vorausgesetzt, dieser Part stimmt ebenfalls an Ukyo. Wussten er oder der andere Ukyo davon? Was würde mit mir passieren, wenn ich in dieser Welt sterben würde? Und … was ist eigentlich mit meinem »anderen Ich«?

Diese Frage stelle ich mir nicht zum ersten Mal, bisher habe ich ihr nur nie mehr Raum für weitere Überlegungen gelassen. Aus Angst, vielleicht, die ich auch jetzt in mir ansteigen fühle, als ich dieses Gedankenspiel in meinem Kopf bewusst zulasse.

»Ich« existiere seit mindestens zwei Monaten in dieser Welt. Seit einem Monat arbeite »ich« im »Meido no Hitsuji«. Ich selbst bin aber erst seit einigen Tagen hier und weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin und wie das überhaupt passieren konnte. Wenn ich nun also hier bin und es »mich« schon vorher gegeben hatte … wo war dann mein vorheriges Ich? Was ist mit ihm passiert? Wo ist es – jetzt, in diesem Augenblick – und warum? Und wo kam es wiederum her, wie und warum?

„So kompliziert kannst auch wirklich nur du denken“, schelte ich mich selbst einen Narren. Oder zumindest eine geschädigte, hoffnungslose Alltagsautorin mit stetigem Hang zur Dramatik jeglicher Art. Und Verkomplizierungen, selbstverständlich. Einen talentierten Erbauer unmöglich möglicher und endlos verwinkelt und verzweigter Gedankenstromflutirrwegen, dass jeder Irrgartengestalter gleichermaßen stolz wie neidisch auf mich wäre. „Haha!“

 

Zu Hause angekommen, mache ich mich sogleich daran, die wenigen Einkäufe, die ich noch zusätzlich getätigt habe, in der Küche zu verstauen. Dafür, dass in diesem Haushalt zwei Personen leben, verbrauchen wir ziemlich wenig. Leider ist mir auch aufgefallen, während ich zwischen den vielen Lebensmittelregalen stand, dass ich keinerlei Ahnung habe, was Ukyo so mag bis auf Kaffee. Ich selbst kann wenig mit den typisch japanischen Sachen anfangen, so ist meine Auswahl eher heimatlich geblieben. Ich frage mich, ob das Ukyo wohl stören würde. Vielleicht sollte ich ihn einmal zum Einkaufen mitnehmen, um mehr über seine Gewohnheiten und Vorlieben in Erfahrung zu bringen. Für unser gemeinschaftliches Zusammenleben, wie lange auch immer es noch anhalten möge, wäre es auf jeden Fall ratsam.

Im Wohnzimmer werfe ich einen prüfenden Blick auf die bisher einzige Uhr in der gesamten Wohnung. Die schwarzen Zeiger verraten mir, dass es noch keine zehn Uhr ist. Meine Schicht im Meido beginnt erst halb zwei, vor eins brauche ich nicht dort zu sein. Sofern ich laufen will, reicht es, wenn ich gegen halb eins das Haus verlasse. Schlussfolgernd bedeutet das, dass ich noch immer gute zwei Stunden Zeit habe, bis ich los muss.

Ich seufze. Zwei Stunden. Was mache ich nur mit dieser Zeit? Es gibt für mich nicht wirklich etwas zu tun und auch wenig, womit ich mich beschäftigen kann. Shoppen stellt ein finanzielles Risiko dar und für eine kleine Entdeckungstour der Stadt oder Umgebung traue ich meinem Orientierungssinn nicht genug über den Weg. Wäre ich zu Hause in meiner Welt, fiele die Entscheidung leicht …

Kurz überlege ich. Wieso eigentlich nicht auch hier? Ich meine, mir stehen doch theoretisch alle notwendigen Mittel zur Verfügung. Wieso nicht einfach wagen?

Diese Überlegung treibt mich hinüber zur Couch. Der Laptop ist schnell aufgebaut, doch ich zögere, ihn hochzufahren. Sorgfältig wäge ich die Für und Wider ab, bis ich zu dem Entschluss gelangt bin, dass es nichts schaden kann. Erst dann starte ich das Gerät, um meinem Bedürfnis kapitulierend nachzugeben.

Das bereits vorinstallierte Schreibprogramm ist schnell gefunden. Ein neues, leeres Textdokument liegt vor mir und wartet über einen stetig blinkenden Strich auf meine Eingabe. Meine Finger liegen bereits an der Tastatur, meinen Körper durchzieht ein vorfreudiges Kribbeln. In meinem Kopf beginnt es zu arbeiten, jedoch … mir fällt nichts ein.

Worüber soll ich schreiben? Ich weiß es nicht.

Missmutig lasse ich von der Tastatur ab. Mein Blick klebt förmlich an dem weißen Dokument und ignoriert das ungeduldige Blinken, das nach wie vor auf einen Eingabebefehl von mir wartet. Ich überlege wirklich angestrengt, was ich schreiben könnte, doch auf einmal ist mein Kopf wie leergefegt. Mir will absolut nichts in den Sinn, worüber ich schreiben könnte.

Es geht nicht. Wie ich es auch anstellen mag, ich bekomme einfach keine Verbindung zustande. Ich spüre dieses unbändige Verlangen, einfach blind in die Tastatur zu hauen und drauf los zu schreiben, aber mein Kopf bringt keinen Anfang gesetzt. Ich fühle mich wie vor einer unsichtbaren Mauer, an der ich einfach nicht vorbeikomme. Ganz gleich, wie heftig ich dagegenzurennen versuche, um sie einzureißen.

Vielleicht ist es noch zu früh. Vielleicht ist es noch nicht an der Zeit, diese besondere Art der Verbindung zu meinem bisherigen Leben wiederherzustellen. Egal, wie sehr mein Herz danach verlangt und schreit. Das Schreiben hat mir stets alles bedeutet. Es ist mein Ein und Alles. Aber vielleicht bin ich noch nicht soweit. Vielleicht bin ich noch zu weit davon entfernt, mich ausreichend emotional zu öffnen, um auch in dieser Welt meiner Leidenschaft nachgehen zu können. Ich bekomme einfach kein sicheres Gefühl zustande, keinen Fuß gesetzt. – Ich könnte heulen, echt.

Tränen der Frustration brennen in meinen Augen. Der Trotz setzt sich in mir durch und zwingt meine Finger, irgendwelche Sätze zu tippen. Ganz gleich, was sich daraus ergeben mag. Mein stiller Kampf mit mir selbst dauert mehrere Minuten. Ich starte mehrere verzweifelte Anläufe. Das Ergebnis ist, dass ich erst einige Anschläge, dann über Strg+A den gesamtmarkierten Text lösche und das wieder leere Dokument schlussendlich schließe. Ohne etwas erreicht zu haben.

 

Gegen zwölf Uhr klingelt es an meiner Tür. Irritiert blicke ich von dem Fernseher auf, in welchem ich irgendeine Sitcom verfolgt hatte, die ich als humoristisch eingestuft habe. Nach meinem fruchtlosen Versuch, meine Zeit sinnvoll und produktiv zu gestalten, bin ich zum apathischen Couchgammler mutiert, um die Stunden irgendwie an mir vorüberziehen zu lassen. Immerhin erfolgreich.

Mein erster Gedanke zu meinem vermeintlichen Besuch gilt Ukyo. Aber wieso sollte er die Türklingel bedienen? Er verfügt doch über einen Hausschlüssel. Ich beschließe, mir ein eigenes Bild zu dem Störenfried zu machen. Nicht, dass ich eine wirklich andere Wahl hätte.

„Ja bitte?“, melde ich mich durch die Türsprechanlage und suche verzweifelt nach dem richtigen Knopf, um den Monitor zu bedienen, der sich entgegen meiner Erwartung nicht von selbst einschaltet.

„Ich bin’s.“

Glücklicherweise habe ich das richtige Knöpfchen schnell gefunden und kann mir bestätigen, dass ich mich bei der Stimme nicht verhört habe. Ein dunkelblonder, kurzer Haarschopf erscheint im Sichtfeld der Außenkamera. Mein Besucher scheint kein Interesse daran zu haben, einmal kurz nach oben zu sehen, jedoch erkenne ich aus diesem Winkel den eckigen Rahmen einer schmalen Brille. Ich muss nicht näher hinsehen, um zu wissen, dass ihr Gestell die Farbe Schwarz hat, der obere Rand fehlt und die Augenfarbe ihres Besitzers Grün lautet.

„Kento?“, poltert es aus mir heraus. Ungläubig starre ich auf die Bildübertragung, als könnte sie auf den falschen Sender oder so eingestellt sein. „Was machst du denn hier?“

„Bist du schon angezogen?“

Mein Kopf zuckt zurück. „Ähm … ja, schon?“, entgegne ich stammelnd. Prüfend sehe ich an mir herunter. „Also, vielleicht noch nicht komplett fertig … Wolltest du mich etwa abholen?“ Der Gedanke erscheint mir absurd.

„Wie lange brauchst du, um dich komplett fertig anzuziehen und alles für die Arbeit zusammenzupacken?“

„Ä-ähm …“ Mein Mund steht offen. „Ähm, gute Frage. Wenn ich mich beeile … vielleicht um die zehn, fünfzehn Minuten?“

„Gut. Ich warte.“

Was zum …?

„O-okay, ich beeile mich!“

Ich hänge auf. Der Bildschirm der Türsprechanlage ist schwarz, dennoch starre ich auf die Stelle, wo bis eben noch der dunkelblonde Haarschopf zu sehen gewesen war.

Kento steht draußen, vor meiner Tür. Ich glaube, er will mich für die Arbeit abholen. Was zum …? Er ist nicht der Typ, der so etwas macht. Schon gar nicht von sich aus. Wieso steht er dann trotzdem vor meiner Tür mit der unmissverständlichen Ansage, auf mich zu warten?

Mein Blick schnellt zur Uhr. Zehn Minuten, habe ich zu ihm gesagt. Verdammt, ich habe keine Zeit zu verlieren! Ich muss noch Haare machen, Kontaktlinsen einsetzen, mein Zeugs zusammenräumen, Brote schmieren …

Wie ein Wiesel flitze ich durch die Wohnung. Mir bleibt nicht viel Zeit, um all die Vorbereitungen in der knappen Spanne zu treffen, für die ich sonst noch eine kalkulierte halbe Stunde gehabt hätte. Mir sitzt zudem die Befürchtung im Nacken, dass Kento einfach ohne mich gehen könnte, wenn ich ihn zu lange warten lasse. Auch wenn mir nach wie vor nicht begreiflich werden will, wieso er überhaupt erst hier ist. Aber das kann ich immer noch in Erfahrung bringen, was wiederum voraussetzt, dass ich ihn jetzt nicht einfach verschwinden lasse.

Das Adrenalin in meinen Venen leistet guten Dienst: Ich schaffe es tatsächlich, wenn auch knapp, den von mir festgelegten Zeitrahmen einzuhalten. Halb auf der Treppe muss ich noch einmal umkehren, weil ich tatsächlich das verdammte Halstuch vergessen habe. Aber nachdem auch das hergerichtet ist, habe ich es geschafft.

Draußen vor dem Grundstück steht Kento und wartet. Ich bin erleichtert, ihn dort an der Straße zu erkennen. Ich beeile mich, zu ihm zu kommen.

„Tut mir leid, dass du warten musstest“, begrüße ich ihn. Zwar etwas aus der Puste und nicht minder zerstreut, aber immerhin unversehrt.

Kento dreht sich nach mir um. Sein Blick liegt abschätzend auf mir. Aus der Nähe wird mir erst bewusst, wie groß er im Gegensatz zu mir ist. Ich muss tatsächlich den Kopf anheben, um ihm ins Gesicht sehen zu können.

„Können wir dann los?“ Seine Stimme ist unbelebt wie immer, doch ihr fester, klarer Klang beschert mir einen kleinen, wohligen Schauer.

Ich nicke zaghaft. „Ja, klar. Ähm, zu Fuß oder mit der Bahn?“

„Gemessen an der Zeit, die wir benötigen, um den übrigen Arbeitsweg von hier aus zurückzulegen, und in Berücksichtigung der Fahrplanverordnung öffentlicher Verkehrsmittel und wie sich daraus Abfahrt und Ankunft der uns nächstmöglichen Mitfahrgelegenheit bieten, ergibt sich mir, dass es sowohl sinnvoller als auch zugeschnittener für uns wäre, den Fußweg zu bevorzugen.“

Ich blinzle. Irgendwie empfinde ich einen Mordsrespekt davor, wie es Kento soeben gelungen ist, aus einer simplen Alternativfrage eine hochwertig anspruchsvolle Analyse zu formen, deren Kernaussage so einfach ist, und der man doch mit nur einem Ohr kaum hätte folgen können.

„Ah ja, okay“, entgegne ich im Angesicht meiner stillen Bewunderung zu ihm. Schon jetzt schlägt mein Herz in freudiger Erwartung auf die nächste halbe Stunde, die ich allein mit ihm verbringen darf. „Dann … gehen wir eben zu Fuß.“

 

Kento ist toll, wirklich toll. Mein Herz macht einen euphorischen Hüpfer mit jedem Schritt, den ich neben ihm her tue. Ich hege eine stille Bewunderung für seinen Mantel, den ich mit dem hohen Kragen und den vielen Gürtelschnallen auf der linken Seite ebenso kompliziert wie todschick finde. Und für seine Stiefel, die zwar weniger modisch sind, dafür jeden von Kentos Schritten mit einem schwerfälligen Stapfen begleiten.

Noch über die Distanz von einem halben Meter kann ich den Geruch von gepflegtem Leder vernehmen, der von Kentos Mantel ausgehen muss. Darunter vermischt sich der Duft von Shampoo, was eine sehr interessante Kombination ergibt. Zu gern würde ich mich weiter zu Kento hinüberlehnen und einen besseren Eindruck von diesem Geruch bekommen, aber ich habe schon jetzt Mühe, nicht hinter ihm zurückzufallen. Ich habe keinen Zweifel, dass er sein normales Schritttempo bereits wegen mir drosselt, aber mit den langen Beinen und entsprechend großen Schritten habe ich keine Chance, gemütlich neben ihm herlaufen zu können.

„Könntest du, bitte …“, mache ich mich schließlich bemerkbar und halte nach Kentos Ärmel aus, um ihn ein wenig auszubremsen. Er bemerkt meine Geste und interpretiert sie richtig, weswegen ich von ihm ablasse und erschöpft aufatme. Die letzten Meter waren sehr anstrengend gewesen in einem gezwungenen Tempo zwischen Gehen und Laufen, weswegen ich überaus dankbar bin, etwas langsamer werden zu dürfen.

„Wenn ich dir zu schnell laufe, kannst du auch etwas sagen“, ermahnt er mich, woraufhin ich den Kopf schüttle.

„Nein, es ist nicht wirklich das Tempo … du machst nur etwas zu große Schritte für mich“, erkläre ich.

„Hm.“

„Du, sag mal“, will ich meiner Frage Luft machen, die mir nach wie vor nicht aus dem Sinn will, „wie kommt es eigentlich, dass du mich abholst? Ich meine, ich dachte immer, das wäre weniger so deins?“

Kento besieht mich um ein Weiteres mit einem abschätzenden Blick. „Ich hatte heute Vormittag in der Gegend zu tun“, sagt er schließlich, wobei er seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn richtet. „Und weil dein Haus auf meinem direkten Rückweg liegt und die Zeit es zugelassen hat, erschien es mir sinnvoll, die Gelegenheit zu nutzen, da ich ohnehin noch etwas mit dir besprechen wollte.“

Ich horche interessiert auf. „Darf ich fragen, was du zu tun hattest?“

„Einer der Professoren, denen ich mit meiner Arbeit aushelfe, wohnt nur eine Straße weiter von dir. Ich war früher mit meiner Präsentation fertig, als erwartet, und wollte sie ihm entsprechend zeitnah vorlegen. Er bat mich, sie ihm zum heutigen Vormittag vorbeizubringen, um die letzten Einzelheiten im direkten Beieinander zu besprechen. Und eben das habe ich getan.“

„Aha, verstehe.“ Ein weiterer Anflug von stiller Bewunderung überkommt mich. Kento ist ein Universitätsabsolvent, so viel weiß ich, und dürfte als eine Art Tutor an seiner Universität eingestellt sein. Bewundernswert, und ein wenig beängstigend. Neben ihm laufe ich Gefahr, als dumm dazustehen. Ich fürchte bei dem Gedanken fast, ihm auf geistiger Ebene vielleicht nicht gewachsen zu sein, was mich zutiefst deprimiert.

Gedanklich schüttle ich den Kopf. Nein, nicht so denken! Der Schulabschluss ist nicht alles, im Köpfchen muss man’s haben! Das ist alles.

„Hm, und Rübermailen hätte es nicht getan?“, lenke ich zurück auf sein Thema, um mich von diesen trüben Gedanken loszusagen. Ich habe mir etwas vorgenommen, rufe ich mir in Erinnerung hervor.

„Der Sachverhalt ist zu kompakt und umfassend, um ihn auf stetiger Wechselsicht und noch zudem im zeitversetzten Schriftverkehr über einen langen Zeitraum hinweg zu erörtern. Der Professor ist zudem nicht mehr der Jüngste und die immer modernere und alltagsübergreifende Technik überfordert ihn zusehends. Es wäre anmaßend und auch unzumutbar für beide Seiten gewesen, ihm diesen Aufwand anzulasten, zumal es ein unproduktives Vertun wertvoller Zeit gewesen wäre im Vergleich zu den zwei Stunden, die wir auf diesem Wege benötigt haben, um alles Notwendige zu besprechen.“

„Aha.“ Ich merke, dass es tatsächlich notwendig ist, ihm äußerst konzentriert zuzuhören, um den gesamten Umfang seiner Aussagen zu verstehen. Mit seiner Art, seine Antworten auf etwas überkomplizierte Weise zu präsentieren, habe ich an sich weniger ein Problem. Allerdings ist es so eine Sache, herauszufiltern und noch einmal für sich selbst zusammenzufassen, was man eigentlich hatte wissen wollen. Daran werde ich mich sicherlich noch gewöhnen müssen, aber das kann nicht allzu lange dauern.

„Und … was wolltest du mit mir besprechen?“ Diese Frage wiederum behagt mir ganz und gar nicht. Es besteht eine Fifty-Fifty-Chance, dass es mit dem gestrigen Tag zu tun haben könnte. Oder aber mit etwas, mit dem ich überhaupt nichts anfangen kann. Beides könnte äußerst unangenehm für mich werden. Mist, aber fragen muss ich ja dennoch.

Er besieht mich von der Seite. „Du hast meine E-Mail noch nicht geöffnet“, erläutert er knapp und kommt damit direkt zum Punkt. „Ich möchte wissen, warum.“

Irritiert blinzle ich zu ihm hoch. „Deine E-Mail?“

„Ich habe dir vor nunmehr zwei Tagen eine E-Mail mit meiner zusammenfassenden Erörterung zukommen lassen“, erklärt er mir. „Am ersten Tag konnte ich mir schon denken, dass du nicht sofort darauf antworten würdest. Gestern hatte ich eigentlich erwartet, dass du mich darauf ansprechen würdest. Und als ich heute Morgen gesehen habe, dass sich noch immer nichts am Zustellungsstatus verändert hat, möchte ich nun gern in Erfahrung bringen, was nicht stimmt.“

Mein Kopf beginnt zu arbeiten. Anhand von Kentos Mimik kann ich keinerlei Gefühlsregung ablesen, ob er eventuell enttäuscht oder gar wütend wegen dieser Sache ist. Ich kann nicht einmal fest sagen, ob er wirklich irritiert oder einfach nur interessiert ist. Wie ich es auch versuche, ich kann absolut nichts aus seinem glatten Gesicht ablesen, was es mir umso schwieriger macht, angemessen auf seinen Vorwurf zu reagieren.

„Oh, das tut mir leid“, sage ich daher und versuche, es möglichst glimpflich herüberzubringen. „Ich bin bisher einfach noch nicht dazu gekommen, in mein E-Mail-Postfach zu schauen.“

„So?“

Ich habe das stille Bedürfnis, mich weiter vor ihm zu rechtfertigen. Jedoch rufe ich mir streng ins Gedächtnis, dass zu viel zu sagen verfänglicher für mich sein könnte, als mich bedeckt zu halten. Gerade bei Kento. Ich weiß ja noch nicht einmal, von welcher E-Mail gerade die Rede ist, geschweige denn, dass wir im E-Mail-Verkehr stehen. Woher hat er eigentlich meine E-Mail-Adresse und wie kommt es, dass wir diese ausgetauscht haben, wohl aber nicht unsere Telefonnummern?

Zaghaft nicke ich zur Unterstreichung meiner Worte. Sein wacher Blick prüft mich eingehend, so viel kann ich erkennen. Zu gern wüsste ich, was in seinem Kopf wohl vor sich gehen mag.

„Aber ich werde das so schnell ich kann nachholen, versprochen“, sage ich schnell, um meine Entschuldigung abzurunden.

„Dann tu das bitte“, entgegnet er. In Gedanken atme ich erleichtert auf, als er mich aus seiner Musterung entlässt.

Schweigend laufen wir nebeneinander her. Die Stille ist mir unangenehm. Ich habe das bedrängende Gefühl, etwas sagen zu müssen. Irgendetwas, das ihn davon abhält, in irgendeiner Weise weiter über mich nachzudenken. Nur was? Mir fällt einfach kein Thema ein.

„Soll ich dir vielleicht den Inhalt meiner Mail kurz zusammenfassen?“, ist schließlich er es, der mir zuvorkommt, noch ehe ich nur im Ansatz mit meiner Gedankenfindung vorangekommen bin.

„Ähm, worum geht es denn in der E-Mail?“, will ich wissen.

„Um die Auswertung deiner letzten Kurzgeschichte“, erklärt er. Ich falle für eine Schrittlänge hinter ihm zurück. „Ich bin inzwischen dazu gekommen, sie zu lesen. Und wie du mich gebeten hast, habe ich dir meine Meinung und Einschätzung dazu zusammengeführt.“

Das wird ja immer abstruser. Kento liest meine Kurzgeschichten? Welche überhaupt? Ich habe nun schon vermehrt gehört, dass mein anderes Ich in dieser Welt ebenfalls dem Schreiberhandwerk nachgegangen ist. Doch bis heute habe ich nichts Näheres dazu in Erfahrung bringen können. Ganz zu schweigen davon, dass ich noch gar nichts selbst dazu gesehen habe.

„Ist denn Literatur überhaupt dein Fachgebiet? Ich dachte, das wären eher die Mathematikbereiche“, hake ich nach. Schnell bemühe ich mich, wieder auf ein gleiches Schritttempo mit ihm zu kommen.

„Hat dich das bisher je interessiert?“, kontert er mit einer Gegenfrage, wobei sein skeptischer Blick mich von der Seite trifft. „Ich hatte gedacht, dir geht es in erster Linie um eine zweite Meinung? Ich habe dir schon damals direkt angeraten, dir im Falle deines Zweifels, ich könnte nicht genug Verständnis für Sprache und ihren literarischen Gebrauch aufbringen, besser jemand anderen zu konsultieren, der dir mit deinem Anliegen deinen Vorstellungen entsprechend aushelfen kann. Es warst du, die darauf bestanden hat, dass ich deiner Bitte trotzdessen nachkomme, um im Falle des Idealen aus deinen Geschichten lernen zu können.“

Ups, doppeltes Fettnäpfchen. Ganz schön dick aufgetragen, anderes Ich.

„Was auch immer es aus ihnen zu lernen geben soll“, tut er seine Skepsis unverblümt kund. Fast fühle ich mich beleidigt.

„Das ist ja auch alles richtig“, werfe ich ein, um »mich« vor ihm zu verteidigen. „Ich meinte nur … naja … Also, ich habe mich nur gefragt, ob dich das nicht eher langweilt?“

„Nicht direkt“, weist er meine Bedenken zurück. „Ich lese hin und wieder ganz gern etwas Neutrales vor dem Schlafengehen. Und deine Geschichten sind sehr unkompliziert verfasst“, erklärt er.

Zweifelnd lege ich den Kopf schief. Soll das jetzt ein Kompliment sein oder eher nicht? Wie ich Kento einschätze, könnte es beides bedeuten. Ich bin nicht ganz sicher, wie ich seine Worte auffassen soll.

„Soll heißen, du hast also nichts dagegen?“, will ich mich noch einmal absichern.

Seine Augen verschmälern sich. „Wenn dem so wäre, hätte ich längst etwas gesagt“, stellt er klar.

„Okay.“ Ich will mich damit zufriedengeben, fürs Erste. „Dann bleibt es bei meinem Versprechen: Ich werde deine Mail so bald ich kann noch lesen und nachträglich beantworten.“

„Soll das bedeuten, du wünschst nicht, dass ich sie dir jetzt schon vorweggreife und ihren Inhalt für dich zusammenfasse, damit wir darüber reden können?“

„Nein, lass mal. Mir ist es lieber, wenn ich mir das Ursprungswerk dazu vor Augen halten und mich vorerst allein damit auseinandersetzen kann.“

„Meinetwegen. Tu dir keinen Zwang an.“

Ich stoße ein leises Seufzen aus. Danke, dafür ist es nun auch zu spät.

 

Vielleicht war es ein Fehler, die übrige Zeit unseres Weges Kentos Ausführungen zu seiner Präsentation einzuräumen, die er seinem Professor eingereicht hat. Es ist wirklich anstrengend, ihm zuzuhören, während man selbst kaum ein Wort des hochkomplexen Fachchinesisch versteht, das er in meinen Ohren anwendet. Es klingt ohne Frage interessant, was nur daran liegt, wie Kento in seinen Erzählungen unmerklich voll aufgeht. Dennoch bin ich froh, als ich endlich die Straße erkenne, die uns um die nächste Abbiegung direkt zum »Meido no Hitsuji« führen wird.

„Sag mal, meinst du nicht, dass wir etwas zu früh dran sind?“, frage ich, wobei ich einen verstohlenen Blick auf meine Handyuhr werfe. Es ist gerade einmal 12:42 Uhr. „Wir haben noch über eine dreiviertel Stunde Zeit bis zum Meeting“, halte ich fest.

„Wir sind genau richtig.“

Fragend hebe ich meinen Blick. Normalerweise wäre ich nicht vor eins hier aufgeschlagen, und er will mir sagen, wir seien genau richtig? Habe ich irgendetwas zu meiner Arbeit noch nicht ganz verinnerlicht?

Ich lege mir gerade meine Frage an ihn zurecht, da höre ich Stimmen, auf die wir uns zubewegen. Meine Aufmerksamkeit geht entsprechend nach vorn, wo ich bald darauf eine kleine Menschengruppe vor unserem Café ausmache. Überwiegend Mädchen, fällt mir sofort auf. Und unter ihnen … im Ernst jetzt?

„Ah, Ken! Da bist du ja.“

Obwohl die helle Begrüßung nicht mir gilt, wechselt mein Herz wie auf Knopfdruck auf eine höhere Schlagfrequenz. Gleichzeitig rutscht es mir in die Hose, da ich mich nicht bereit fühle, ihm so plötzlich wieder gegenüberzustehen.

„Pünktlich wie immer. Man kann in der Tat die Uhr nach dir ste… Oh? Heute doch nicht?“, stellt Ikki mit Verwunderung fest, als er die Zeitanzeige seines eigenen Handys überprüft. Ich bemerke, dass er trotz des eher grauen Wetters seine dunkle Sonnenbrille trägt. Viel zu bewirken scheint sie allerdings nicht, wenn ich mir die Traube an Mädchen betrachte, die ihn umgibt.

Lächelnd wendet er sich zurück an uns. „Was ist denn los? Das sieht dir ja gar nicht ähnlich. … Oh, sieh an. Wen haben wir denn da? Heute etwa in Begleitung, Ken?“

„Dir ebenfalls einen guten Tag, Ikkyu“, erwidert Kento die Begrüßung, wobei er auch Ikkis Geleit ein knappes Kopfnicken zugutekommen lässt. „Lange nicht mehr gesehen. Wie ich sehe, kann man dasselbe über dich sagen.“

„So lange war es gar nicht“, belächelt Ikki seine Worte, wobei er den letzten Part zu übergehen scheint.

Ich staune. Es ist tatsächlich so. So trocken und unbewegt, wie Kento diese einfachen Worte über die Lippen gekommen sind, hätte man nicht vermuten können, dass beide in Wahrheit enge Freunde sind. Zu meinem Glück weiß ich es besser.

„Ikki! Rede doch nicht so lange mit denen“, beschwert sich eines der Mädchen, die um Ikki herum stehen. Unverhohlen hascht sie nach seiner Aufmerksamkeit.

„Ganz genau!“, pflichtet ein anderes bei, welches sich in ihrem Protest dreist an seinen rechten Arm klammert. „Die können warten, aber wir haben doch nicht mehr so viel Zeit, bis du deine Arbeit antreten musst“, beklagt sie.

Was ich sehe, gefällt mir ganz und gar nicht. Unauffällig wechsle ich die Seite, um möglichst viel Abstand zwischen mir und den Mädchen einzuräumen. Drei von ihnen habe ich sofort erkannt, da sie mir aus dem Spiel und auch der Serie bekannt sind. Eines davon – ein Mädchen mit langem, dunkelbraunen Haar, welches sie offen und glatt trägt – hat mich bereits bemerkt und besieht mich argwöhnisch unter ihrer schwarzen Mütze, deren Schirm bis weit über ihre Augen reicht. Es behagt mir nicht. Mit Ikkis Fanclub ist nicht zu spaßen, wie ich sehr wohl weiß. Ich halte es für besser, einen direkten Blickkontakt zu den Mädchen als auch zu Ikki so gut ich kann zu vermeiden.

„Wir gehen schon einmal vor“, lässt Kento neben mir verlauten. Zu meiner Erleichterung macht er weder eine Geste noch eine Bemerkung zu meinem zurückgezogenen Verhalten. Vielleicht bemerkt er nicht einmal, wie ich mich halb hinter ihm verstecke, doch das soll mir recht sein. „Mach nicht mehr so lange. Wir warten drinnen auf dich.“

„Ja, ja. Ich habe verstanden.“

Damit dreht sich Kento auch schon herum. Mit einem einzigen Blick gibt er mir zu verstehen, dass ich mich in Bewegung setzen soll. Ich schaffe es noch, Ikki zumindest ein kurzes Nicken zukommen zu lassen, ehe auch ich mich von der Gruppe abwende und in Richtung Personaleingang vorangehe.

 

Kurz darauf stehe ich im Umkleideraum des »Meido no Hitsuji« und rücke mir die dunkle Haube auf meinem Kopf zurecht, die mein Maidkostüm abrundet. Skeptisch betrachte ich mein Spiegelbild.

Das Halstuch passt farblich gut zu dem schwarzen Kimono unter der roten Schürze, der mit einem weißen Vogelmuster bedruckt ist. Trotzdem sieht es gewöhnungsbedürftig aus, ganz gleich, wie ich es binde. Ich habe so meine Zweifel, ob Waka mir gestatten wird, es während der Arbeit zu tragen. Ganz ohne Frage werde ich eine vermeintliche Erkältung als Begründung vorschieben, der ich vorzubeugen versuche. In jedem anderen Universum müsste ich mir wohl weniger Sorgen machen, dass Waka meiner Bitte um Nachsicht widersprechen könnte, doch gerade hier im Spadeverse habe ich so meine Bedenken.

„Es ist ungewöhnlich für dich, mit jemanden zusammen auf Arbeit zu erscheinen“, höre ich Ikkis Stimme durch die Tür gedämpft zu Kento sagen. Die beiden unterhalten sich schon die ganze Zeit, seit Ikki ebenfalls im Vorbereitungsraum eingetroffen ist. Und ich habe natürlich nichts Besseres zu tun, als ihnen still und heimlich zuzuhören, während ich mir sogar ein wenig Extrazeit nehme, mich in aller Ruhe umzuziehen. „Abgesehen von mir, natürlich“, ergänzt er mit einem leisen Kichern.

„Es hat sich so ergeben.“

„Ach so? Nun, nicht dass es mich stören soll. So sind zumindest alle pünktlich auf Arbeit versammelt, nicht wahr? Der Boss wird sich nicht darüber beschweren können.“

„In der Tat.“

Ich weiß nicht recht, was das dort zwischen ihnen werden soll. Aber was auch immer es ist, es ist mir unangenehm, dass sie über mich reden, obwohl sie wissen sollten, dass ich sie hören kann. Ich komme mir wie ein Wandlauscher vor, obgleich ich dieses nicht beabsichtige.

Ich stoße ein schweres Seufzen aus. Ohne Hast packe ich meine Sachen zusammen, werfe noch einen letzten Blick in den Spiegel, bevor ich den kleinen Raum verlasse, der Umkleide- und Badezimmer in einem ist.

„Willkommen zurück“, werde ich von Ikki begrüßt, kaum dass ich die Tür hinter mir ins Schloss gezogen habe. Fertig hergerichtet in seiner Butleruniform hat er Platz auf einem der Pausenstühle gefunden, von wo aus er mir ein offenes Lächeln schenkt.

„Hallo“, sage ich knapp unter einem vorsichtigen Kopfnicken. Ich vermeide es peinlichst, seinen Augen zu begegnen, während ich zu meinem Spind hinübergehe, um meine privaten Sachen darin zu verstauen. Nicht nur, weil ich um den Effekt bange, der ihnen anhaften dürfte. Aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund finde ich einfach keinen Mut dazu.

„Nanu, heute mit Halstuch?“, bemerkt er die Änderung an meiner Dienstbekleidung, was mich kaum verwundert. „Was ist los? Fühlst du dich nicht gut?“

„Es geht schon. Ich hatte heute Morgen nur ein wenig Halskratzen und ich möchte einer Erkältung lieber vorbeugen“, präsentiere ich ihm meine Erklärung, die ich heute gewiss nicht das letzte Mal gesprochen haben werde.

„Mhm, im Winter muss man immer mit plötzlicher Erkältung rechnen“, pflichtet er mir bei. Fast tut es mir leid, dass er meiner Lüge so leicht Glauben geschenkt hat. „Aber abgesehen von den Halsschmerzen fühlst du dich wohl?“

„Ja, sonst ist alles gut.“

„Das freut mich zu hören.“

„Ein weiterer Ausfall von Mitarbeitern wäre in unserer derzeitigen Situation äußerst ungünstig“, höre ich Kento sagen.

Fragend sehe ich zu ihm herüber. Er steht auf der anderen Seite der Spinde und ist gerade dabei, das schwarze Tuch um seinen Hals zu richten, das zu seiner Kochuniform gehört.

„Sei nicht so harsch zu ihr, Ken“, will Ikki ihn beschwichtigen. „Hast du schon vergessen? Bis vor Kurzem sind wir doch auch noch ganz gut mit sieben Mitarbeitern ausgekommen. Mit Waka-san macht das immer noch acht, wie es immer gewesen war.“

„Es geht weniger um die Anzahl als um das Organisatorische“, stellt Kento im Ruhigen klar. Er schlägt seinen Spind leise zu, geht um die Schränke herum, um sich an die Seite des Freundes zu gesellen. „Es geht darum, den Plan einzuhalten und mit ihm zu gehen. Für jeden Mitarbeiter, der ausfällt, muss ein anderer von uns einspringen. Unsere Ausweichmöglichkeiten sind begrenzt, ebenso steht es um die Flexibilität einiger. Wenn sich jeder nur auf Murphys Gesetz verlässt, brauchen wir so etwas wie Ordnung und Struktur nicht.“

„Ist dir eigentlich bewusst, wie vorwurfsvoll das aus deinem Munde klingt? Als ob jemanden Krankheit aus böser Willkür befällt.“

Ich komme nicht mehr mit. Geht es hierbei wirklich noch um mich? Um Hanna vielleicht? Oder um etwas ganz anderes, Allgemeines vielleicht? Traue ich mich, zu fragen?

„Ich will es nur gesagt haben“, gibt Kento zurück, was Ikki leise seufzen lässt.

„Schon recht, Ken. Und? Was ist mit deiner Präsentation herausgekommen, die du zu heute abgeben solltest?“

„Es ist noch nichts Genaueres herausgekommen. Wir haben kurz darüber gesprochen, aber der Professor möchte sich die Ausarbeitung noch einmal in aller Ruhe besehen. Ich werde wohl die nächsten Tage von ihm hören.“

„Hast du ein gutes Gefühl dabei?“

„Ich weiß nicht recht, was das mit dem Gefühl zu tun haben soll. Es kommt schließlich auf das Inhaltliche an. Ich bin die Präsentation noch einmal ausgiebig durchgegangen, bevor ich sie als abgeschlossen verbucht habe. Der erste Eindruck des Professors war positiv, aber was war auch anderes zu erwarten?“

„Ich hoffe doch sehr, dass du mich auf dem Laufenden halten wirst. Vergiss nicht: Die Abkürzung über Variable gleichgestellt Exponent war meine Idee.“

Entspannt lehne ich mich gegen meinen Spind zurück. Ich genieße es sehr, den beiden bei ihrem Gespräch zuzuhören. Auch wenn ich nicht wirklich etwas zu ihrer Unterhaltung beitragen und längst nicht allem folgen kann, was sie bereden. Es ist einfach nur schön, sie so zu erleben, weswegen ich überhaupt nichts dagegen habe, in diesem Moment lediglich der stille Beobachter zu sein.

Es ist vermutlich das erste Mal, seit ich mich in dieser Welt sehe, dass mir bewusst in den Sinn kommt, wie viel Glück ich doch habe, hier zu sein. Unbedacht der Umstände. Wie oft habe ich mir gewünscht, die beiden einmal live zu erleben? Ihnen bei einem ihrer Gespräche einfach nur beiwohnen zu dürfen? Ich hatte so oft davon geträumt, mit ihnen auf selben Raum zu stehen, und hier bin ich nun. Ich stehe hier, im Pausenraum des »Meido no Hitsuji«, und tue nichts, als ihnen stillschweigend zuzuhören und ihren gewohnten Umgang miteinander zu belächeln. Ginge es nach mir, würde ich den ganzen Tag nichts anderes mehr tun. Naja, zumindest habe ich die Hoffnung, in Zukunft noch öfter in dieses Vergnügen kommen zu dürfen. Vielleicht, mit etwas Glück.

„Shizana? Kommst du?“

Für einen Moment bin ich in meinen Gedanken abgedriftet. Die stille Frage, wie viel Zeit mir wohl in dieser Welt bleiben wird, wird durch Ikkis weiche Stimme, die nach mir ausgerufen hat, in die letzte Ecke meines Bewusstseins geschoben.

Fragend blicke ich auf. Die beiden Jungs haben sich von ihrem Platz entfernt, Kento sehe ich in Richtung Küche verschwinden und Ikki mache ich im Türrahmen ausfindig, von wo aus er zu mir herübersieht und auf mich zu warten scheint.

„Komme schon“, rufe ich schnell aus und beeile mich, zu ihnen aufzuholen.

 

Im Cafébereich habe ich mich dem Reinigen der Tische angenommen. Kento bereitet in diesem Moment die Küche vor und Ikki leistet ihm dabei Gesellschaft. Ich kann davon ausgehen, dass beide sich noch angeregt unterhalten, wie sie es eben noch der Fall gewesen war. Mich soll es nicht stören, allerdings ziehe ich eine sinnvolle Beschäftigung vor, bevor ich nur dekorativ bei ihnen stehe und doch zu nichts gut bin.

Ich lasse mir Zeit. Bis zur Caféeröffnung sind es noch immer mehr als vierzig Minuten. Im Stillen frage ich mich, wie wir so viel Zeit nur überbrücken sollen, denn die Vorbereitungen nehmen längst nicht so viel davon in Anspruch.

Aus dem hinteren Bereich vernehme ich das Klacken unserer Personaleingangstür. Kurz darauf kann ich schon die Stimme unseres Bosses vernehmen, deren lautes Gebrüll mir allmählich vertraut geworden ist: „Was wird das hier für ein Kaffeekränzchen?! Männer, Disziplin! Kriegsbesprechung in einer viertel Stunde! … Wo ist Shizana?“

„Sie ist vorne“, höre ich Ikki antworten.

„Sehr gut, dort möchte ich den Rest auch gleich sehen. In einer viertel Stunde!“

„Jawohl“, antworten beide Jungs unisono. Es entlockt mir ein leises Seufzen.

 

„Männer, stillgestanden!“, eröffnet Waka seinen üblichen Appell, um die tägliche Routine unserer kleinen Mitarbeiterversammlung vor Schichtbeginn einzuleiten. Ich fühle mich als Frau etwas fehl unter seiner Anweisung, aber welche Wahl habe ich, als mich zu fügen? „Zum Ersten: Ich erwarte wie immer von euch, dass ihr den Feind keinen Moment aus den Augen lasst und ihm zuvorkommt! Zum Zweiten: Heute ist Freitag, das bedeutet, heute bekommen die Kunden eine Extrawurst gebraten. Kento! Du bist heute für die Buttercreme verantwortlich. Mach sie nicht wieder so fest wie beim letzten Mal. Damit konnte man ja Wände betonieren!“

Autsch, wie hart. Zögerlich linse ich an Ikkis Seite vorbei, hinüber zu Kento.

„Ich habe an der Zubereitung nichts verändert“, erklärt Kento unbewegt. Seine Miene zeigt nicht die kleinste Regung, während er Wakas strengem Blick einfach standhält. „Es ist dieselbe Rezeptur wie immer, allerdings waren die Kühler kälter eingestellt als sonst üblich. Als ich dich darauf ansprach, sagtest du, dass eine kleine, vorübergehende Schwankung den Lebensmitteln nicht schaden würde und ich es ignorieren soll, solange die Grade nicht unter drei fallen.“

„Dieses Problem wurde inzwischen behoben.“ Mein Boss schiebt sich in einer bedeutenden Geste die Brille nach oben. „Ich frage dich also: Bist du dazu in der Lage, meinen Befehl auszuführen, oder nicht?“

„Sofern alle benötigten Zutaten ausreichend vorhanden sind, sehe ich kein Problem.“

„Gut. Kommen wir zum Dritten. Shizana!“

„Ja?“, melde ich mich erschrocken zu Wort. Meine Haltung versteift sich unwillkürlich bei seinem lauten, beinah brüllenden Ausruf.

Bedrohlich tritt er auf mich zu und beugt sich zu mir hinab. Seine Hand geht nach vorn und greift nach den Enden meines Halstuchs, welche er festhält, während er mich mit einem strengen Blick taxiert. „Erkläre mir diesen Aufzug!“, verlangt er missgünstig verstimmt.

Automatisch habe ich ebenfalls nach dem Tuch gegriffen und halte es panisch fest, um zu verhindern, dass er durch ein Verrücken des Stoffs Einblick auf meinen geschundenen Hals erhascht. „Ich hatte heute Morgen Halsschmerzen“, erkläre ich schnell und versuche, seinem durchdringenden Blick standzuhalten. „Ich möchte es gern umbehalten, um einer Erkältung vorzubeugen.“

„Hmpf!“ Er stößt ein abfälliges Schnauben aus. Zumindest sieht er davon ab, mich weiter zu bedrängen, und gibt mich frei. Dass er einen Schritt von mir zurücktritt ändert aber nichts daran, dass er mich weiterhin unter Beschuss hält. „Und? Wie steht es um den Schlachtplan für den Sonntag?“

„Eh?“

»Schlachtplan für den Sonntag«? Ich weiß nicht, was er von mir will.

Sein Blick verdüstert sich. „Ich habe dich beauftragt, Informationen für den 6. Dezember zusammenzutragen. Wie steht es darum?“

Ich überlege angestrengt. Der 6. Dezember ist mir als ein Feiertag bekannt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er das meint. In Japan feiert man keinen Nikolaustag, oder?

„Reden wir über den Nikolaustag?“, stelle ich meine Frage und wage mich damit in die Höhle des Löwen. Mehr als mich verbal zusammenfalten kann er schließlich nicht.

„In Hinblick unserer Gewinnsituation des vergangenen Monats, die alles andere als zufriedenstellend war, habe ich letzte Woche um Anregungen gebeten, wie wir den verlorenen Vorsprung wieder aufholen können“, holt er aus. Wie ein hungriger Tiger in seinem Käfig streunt er vor uns hin und her, was mich echt nervös macht. „Mich erreichten verschiedene Vorschläge, davon lautete die kriegsführendste, eine Extraschlacht gegen den Feind zu schlagen. Nachfolgende Konferenzen haben ergeben, dass der Monatsanfang am vielversprechendsten ist, dem Feind den entscheidenden Schlag zu versetzen. Und du!“ Ruckartig bleibt er vor mir stehen, zieht sein Bambusschwert woher-auch-immer und deutet mit der Spitze direkt auf Höhe meiner Nase. Unwillkürlich zucke ich vor ihm zurück. „Du hast dafür den 6. Dezember auf den Plan gebracht! Und nun frage ich dich noch einmal: Was hast du zu diesem undankbaren Tag für nichtsnutzige Schlappschwänze in Erfahrung bringen können, das uns von Nutzen sein könnte? Rede!“

 „Ähm, naja …“ Ich schlucke nervös. So wirklich sicher bin ich mir noch immer nicht, ob das alles seine Richtigkeit hat. Aber wenn ich jetzt nichts sage, fürchte ich, dass mich Waka an Ort und Stelle vermöbeln wird, bis ich nur noch am Boden krauchend zu irgendeiner Fortbewegung imstande bin. „Also am 6. Dezember feiern wir Nikolausbescherung … in Europa. In den meisten europäischen Ländern zumindest, soweit ich weiß. Es ist eigentlich mehr ein Fest für Kinder, heutzutage, und … ähm … naja, also eigentlich ist es auch mehr ein christliches Fest.“

„Weiter!“, fordert er schroff. „Was weißt du noch?“

„Naja, also … Es geht am Nikolaustag ums Beschenken. Bei mir zu Hause war es immer Tradition, dass am Vorabend Schuhe geputzt und nach draußen gestellt werden. Wenn sie angemessen sauber waren, hat der Nikolaus über Nacht etwas Süßes hineingelegt, in der Regel eine kleine Tüte mit Nikolausschokolade oder so was in der Art. Mh, in Schulen und auch einigen anderen Veranstaltungsstätten gab es außerdem meist ein kleines Event, bei welchem die Kinder Besuch vom Nikolaus und manchmal auch seinem Knecht Ruprecht bekommen haben. Der Nikolaus hat dann jedes Kind befragt, ob es auch artig war, und wenn dem so war, hat er sie mit etwas Kleinem belohnt. Der finstere Knecht Ruprecht dient eigentlich mehr zur Abschreckung, aber normalerweise ist er dazu da, unartige Kinder zu bestrafen, indem er ihnen mit seiner Rute eines auf den Hintern gibt. Nicht sehr fest … aber man bekommt schon etwas Angst vor ihm. Viele Eltern erzählen ihren Kindern, dass der Nikolaus auch dem Weihnachtsmann erzählen würde, dass man artig war, was natürlich die Vorfreude schürt, an Weihnachten auch wirklich beschenkt zu werden“, erkläre ich so ausführlich, wie es mir gerade in den Sinn kommt.

Waka senkt sein Shinai von meinem Gesicht, doch ich kann seiner Mimik entnehmen, dass er noch nicht recht überzeugt ist. „Ist das alles?“, will er wissen.

„Mh, naja …“ Ich überlege angestrengt. „Also, wie gesagt: Es ist in erster Linie ein christliches Fest. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, das Ganze beruht auf der Geschichte des heiligen St. Nikolaus, dem man nachsagt, dass er einst die drei Töchter eines armen Bauers über Nacht mit drei goldenen Kugeln beschenkt haben soll, um sie vor der Prostitution zu bewahren. Das zumindest ist die Geschichte, die mir so irgendwie in Erinnerung geblieben ist. Es gibt aber noch weit mehr, in denen die heilige Figur St. Nikolaus irgendwen selbstlos beschenkt hat, um ihn vor irgendeinem Schaden zu bewahren, meist im Bezug auf seine unglückliche Zukunft ohne die jeweilige Gabe. Naja, und dann ergeben sich eben auch noch einige Kindermärchen, die je nach Region unterschiedlich ausfallen können. In ihnen kommen dann noch die Gegenfiguren dazu, wie eben der Knecht Ruprecht oder der Krampus. Die haben aber mit dem Ursprung eigentlich nichts mehr zu tun.“

„Was ist ein Krampus?“, möchte Ikki wissen.

Ich sehe ihn an. „Ein Krampus ist eine recht finstere Gestalt, die in erster Linie Kinder erschreckt, indem sie laut und furchteinflößend mit Ketten rasselt. Meist hat der Nikolaus nicht nur einen, sondern gleich mehrere dabei. In einigen Regionen ist es sogar Brauch, dass eine Gruppe Krampusse am Vorabend des Nikolaustages durch die Straßen jagt und einen Heidenlärm veranstaltet, um die Ankunft des Nikolaus anzukündigen. Sie sehen recht gruselig aus, meist tragen sie Fellmäntel und Masken mit Hörnern, manchmal auch Schwänze und wenn man sie richtig fies darstellen will, lässt man sie auch sehr gruselige, nichtmenschliche Laute machen“, erkläre ich.

„Klingt nach einem echten Kinderschreck“, bemerkt er und lächelt. „Das zeigt bestimmt seine Wirkung, damit unartige Kinder im nächsten Jahr nicht mehr so unartig sind.“

„Naja, wie man es nimmt“, lächle ich zweifelnd zurück.

„Und?“, will er wissen. „Wie wollen wir das für uns umsetzen?“

Verdattert lege ich den Kopf schief. „Wie? Für das Meido?“, frage ich zurück.

„Deine Informationen sind nutzlos, wenn sich daraus keine Strategie ergibt!“, macht mir Waka aus voller Inbrunst deutlich und schlägt zur Unterstreichung seines Vorwurfs laut mit dem Stock auf dem Boden auf. „Wir befinden uns im Krieg!“, betont er, als ginge es um Leben und Tod. „Lass dir gefälligst etwas einfallen, wie wir den Feind überrennen können! Wenn du keine Vorschläge vorzubringen hast, schweig und winde dich in Schande!“

„Ä-ähm …“ Wakas lauter Appell übt einen massiven Druck auf mich aus. Krampfhaft setze ich meine grauen Zellen in Höchstbetrieb, um bloß irgendwie so schnell es geht aus dieser verzwickten Situation herauszukommen. „Also … ich weiß nicht. Die meisten unserer Kunden sind ja keine kleinen Kinder mehr und die meisten Gebräuche lassen sich schlecht auf ein Café umsetzen. Hm … Wenn es hier irgendwo kleine Plastiknikolausstiefel zu kaufen gäbe, könnte man diese auf den Tischen verteilen und den Kunden Süßes zur Selbstbedienung anbieten. Schokolade oder so. Oder man bastelt kleine Schiffchen mit demselben Nutzen. Und, hm … vielleicht, um mehr Kunden anzulocken, könnte man spezielle Nikolausgetränke anbieten: einen St. Nikolaus und einen Knecht Ruprecht oder Krampus. Ein rotes und ein schwarzes Getränk, warm vielleicht. Und man könnte vielleicht einen kleinen Showact daraus machen, indem man die Kunden zur Begrüßung mit einem Knecht Ruprecht befragt, ob sie denn brav waren. Und je nachdem, wie die Antwort ausfällt, bekommen sie von uns ein Getränk aufs Haus … oder so.“

Es wird still im Café. Ich bin nicht ganz sicher, ob das, was ich an Vorschlägen vorgebracht habe, angemessen und angebracht war. Jetzt ist es aber auch zu spät, um noch etwas daran zu korrigieren. Ich traue mich nicht, weitere Alternativvorschläge anzubringen, die mir noch sinnfreier erscheinen als das, was ich bereits gesagt habe.

„Ich lasse mir deine Vorschläge durch den Kopf gehen“, sagt Waka schließlich und erlöst uns damit von dieser unangenehmen Stille im Raum. „Erinnert die Kunden, dass wir dieses Wochenende komplett geöffnet haben. Unterstreicht ihnen, dass sie Freunde und Familie mitbringen dürfen und wir uns über jeden Besuch freuen. Nähere Informationen lasse ich euch zeitnah zukommen.“

Er bringt die Konferenz zu einem Ende und entlässt uns schlussendlich in die weiteren Vorbereitungen. Zusammen mit Kento zieht er sich in den hinteren Personalbereich zurück, während ich mit Ikki im Café verbleibe. Noch begreife ich nicht ganz, was ich hier gerade vom Stapel gelassen habe und zu welchem Zweck es eigentlich dienen sollte.

„Tja, sieht ganz so aus, als stünde uns ein neues Event bevor“, höre ich Ikki neben mir sagen. Ohne dass ich zu ihm aufsehe, spüre ich, wie er mir zusprechend eine Hand auf die Schulter legt. „Du hast dich gut geschlagen. Ich bin mir sicher, der Boss wird sich etwas Tolles einfallen lassen. Du wirst sehen, das wird schon gut werden.“

Ach, wirklich? Irgendwie habe ich da noch so meine Zweifel.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:

1. Eine besondere Überraschung erwartet dich: Kento holt dich für die Arbeit ab. Finde heraus wieso. (AW: Kento und du ihr seid in der Regel etwas gesprächiger miteinander, da Kento hin und wieder deine Kurzgeschichten liest. Er war am Vortag verwundert, weil ihr kaum ein Wort gewechselt habt.)
2. Im Meido fragt dich Waka, wie es um die europäische Nikolausüberraschung für den 6. steht. Erkläre ihm, was Tradition in Europa ist und erkläre sie ihm. Lass dir spontan etwas einfallen, diese Tradition für das Meido tauglich zu machen.

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