Ich liebe ihn (J)
Zu viele Zigaretten, zu viel Alkohol. Zu viele Tage, zu viele Wochen. Zu viele Monate, zu viel Zeit. Ich lag nur depressiv in meinem Bett und wünschte mir Nichts sehnlicher, als dass Seto neben mir liegt. Dennoch konnte ich ihm das, was er tat, nicht so gänzlich verzeihen. Er hatte mir zwar eine hübsche Wohnung verschafft, doch das bewies noch lange Nichts; für ihn war Geld nie sein Problem. Also woher hätte ich wissen sollen, ob ich ihm wirklich etwas wert war?
“Ich bin also noch dein alles…”, ging ich im Kopf durch und schritt ins Wohnzimmer, um mich zu setzen. Seto folgte mir erst zögerlich, dann spürte ich aber seine elegante Haltung meinen Rücken durchbohren. Man fühlt das regelrecht bei Seto.
Ich seufzte kurz, fing dann aber an, zu reden; “Ich habe einen Job gefunden. Diese Wohnung würde ich gerne behalten. Und dich hätte ich gerne zurück”. Kurz, direkt, Klartext. Mein Gegenüber blickte mich interessiert an, bevor er den Aschenbecher am Tisch bemerkte; “Seit wann rauchst du?”. Ich ließ die Frage unbeantwortet. Er müsste selber wissen, wann ich begonnen hatte und weshalb. Genau in dem Zeitintervall, als die Sehnsucht zu groß wurde, griff ich zur ersten Zigarette, die mich beruhigte. Gefolgt von dem ersten Glas Wein. Und dem zweiten. Dem dritten. Dem vierten. Bis ich nicht mehr im Stande war, zu zählen.
“Wenn du mich je wieder küssen willst, solltest du damit aufhören”, grinste Seto und sah mich herausfordernd an. Ich konnte nicht anders, als kurz zu lachen. Ich erzählte ihm, dass ich einen Job in einem Restaurant als Kellner gefunden hatte. Vollzeit, 38,5 Stunden, Montag bis Sonntag. Ich würde gut zurecht kommen und wenn ich diese Wohnung behalten durfte, wäre fast alles perfekt; fast. Ich habe es versucht - ich habe versucht, anzufangen, ohne Seto leben zu wollen. Mein eigenes Ding durchzuziehen und unabhängig von ihm zu leben. Jedoch… scheiterte ich kläglich.
Es dauerte nicht lange, bis wir beide uns an diesem Esstisch wieder in die Arme fielen. Ich sog Setos Parfum ein und fühlte wieder diese Geborgenheit, die mich umgab, wenn er mich nahe bei sich hatte. Tränen der Erleichterung bahnten sich ihre Wege über mein Gesicht, während ich die Augen zudrückte. Ich drückte Seto fester an mich, hätte mir gewünscht, dass es beim Ansichdrücken kein Limit gab. Ich wollte ihn näher, noch näher, konnte ihn nicht fest genug drücken.
“Und du willst die Wohnung hier behalten? Sie ist sehr weit von mir weg”, Seto streichelte meinen Kopf. “Andererseits wird sich der Trubel um uns sehr schnell legen, wenn man uns nicht mehr miteinander sieht. Außerdem arbeitest du hier in der Nähe. Bleib’ ‘ne Weile hier und wenn sich alles stabilisiert hat, schauen wir weiter”, in seiner Stimme hörte man wieder diese Vernunft, die man nie überhören konnte. Selbst in so einer Situation nicht. Er hatte nichts von seiner Eleganz, dem Stolz und der Selbstsicherheit verloren. Er war immer noch der Firmenchef Seto Kaiba, der von früh bis spät arbeitete und sich Freizeit nahezu verbot. Es störte mich aber nicht - so habe ich ihn kennengelernt und ich hätte ihn mir nie anders gewünscht.
“Es tut mir alles Leid”, wimmerte ich und blickte zu ihm hinauf. “Mir tut es auch Leid, Joey”, sprach er, während er in die Ferne blickte. Er senkte seinen Kopf und sah mir in meine verweinten Augen, ehe er meine Tränen wegwischte. “Und jetzt schmeiß die restlichen Zigaretten weg, Kleiner”, sagte er gelassen und löste sich von mir. Er hatte recht, weg mit dem Zeug. Weg mit den Kippen und weg mit dem Alk.
Wir redeten noch lange über die Beziehung, die uns verband, bevor Seto wieder zurück nach Hause flog. Wir verziehen uns unsere Fehler und entschuldigten uns für das ganze Theater, das zwischen uns spielte. Wir erinnerten uns an unsere erste Nacht und an jenen Abend, an dem wir beide so komisch drauf waren und ich letztendlich meine Koffer packte.
Es ist zwar viel Scheiße zwischen uns passiert, aber
ich
liebe
ihn.