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Momente, in denen ein roter Hund auf der Seife ausrutschte

OS/Drabbelsammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vierzehn Worte, die mich an Verlorenes erinnerten
„Du bist noch auf?“
*Erinnerst du dich, wie du mir früher was vorgelesen hast?*
ausZwanzig Wörter zu Krähen und Flamingos (Familie; Doflamingo, Rocinante) Komplett anzeigen

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Vierzehn Worte, die mich an Verlorenes erinnerten (Doflamingo/Rocinante)

Unruhig streifte Doflamingo in den Gängen ihres einstweiligen Quartieres umher. Einstweilen gab es für ihn keinen Grund zu klagen. Vergo fand sich in seiner Rolle als Spion perfekt ein, die Geschäfte liefen gut und dieser kleine Junge, Law, entwickelte sich vorzüglich. Dennoch erfasste den Donquichotte eine nächtliche Unruhe, wie sie ihn schon lange nicht mehr befallen hatte und das ausgerechnet zu später Stunde, wo er sich eigentlich von den Strapazen des Tages erholen sollte.

Ohne weiter nachzudenken trat er in den großen Saal, welcher für ihren unbefristeten Aufenthalt auf dieser Insel als Gemeinschaftsraum diente. Doch entgegen seiner Erwartung war das Zimmer nicht menschenverlassen. Scheinbar war noch ein weiteres Mitglied seiner Crew zu dieser unmenschlichen Zeit auf den Beinen, oder korrekt beschrieben, in einem zerschlissenen Lehnstuhl sitzend. Das Buch auf den überschlagenen Beinen liegend, schien die darin geschriebene Geschichte seinen Bruder derart im Bann zu halten, dass dieser seine Anwesenheit nicht einmal bemerkt hatte. Die helle Flamme der daneben stehenden Kerze veranstaltete ungeachtet ein beeindruckendes Schattenspiel an den Wänden, sodass der Raum in eine wohlige Atmosphäre getaucht war.

Erst als Doflamingo einen weiteren Schritt machte und die alten Holzdielen schaurig knarrten, schreckte Rocinante auf und stieß dabei versehentlich die Kerze um. Doch bevor dem flammenden Stängel Wachs ein Malheur passieren konnte, griff der Ältere der Donquichottebrüder mit unsichtbaren Fäden geistesgegenwärtig nach der Kerze und fing sie auf diese Weise kurz vorm Boden auf. Ohne auf das erschrockene Gesicht des Zweitgeborenen in seiner Familie zu achten, konzentrierte sich Doflamingo dann, die einzige Lichtquelle in diesem Raum vorsichtig über seine Fäden wieder zurück auf den Tisch zu stellen.

Erleichtert atmete er anschließend aus, während sein Bruder ihn immer noch leicht ungläubig anstarrte. Waren die anderen Mitglieder ihrer kleinen Familie die kleinen Taschenspielertricks seiner Teufelskraft gewohnt, so erschreckte sich Rocinante noch regelmäßig über den Einsatz seiner Fähigkeiten. So als würde sein letzter Anverwandter Misstrauen ihm gegenüber hegen, kaum zeigte er sein Können.

Mit Bedauern stellte Doflamingo erneut fest, wie viel sich zwischen ihnen verändert hatte. Als wären sie sich beide völlig fremd geworden.

Eine unangenehme Stille erstreckte sich über sie und erst im zweiten Moment erinnerte sich das Oberhaupt der Donquichottefamilie, dass es seinem Bruder nicht möglich war, das entstandene Schweigen zu brechen.

So riss er sich aus der Apathie, in welche er seit der Rettung der Kerze verfallen war und steuerte ohne einen weiteren Blick auf seinen Bruder auf das kleine Tischchen zu, auf welchem ein paar unterschiedliche Gläser mit einer Karaffe Wein standen.
 

„Du bist noch auf?“, fragte der Träger des pinken Federmantels ohne weiter nachzudenken, während er sich mit einer fahrigen Handbewegung ein Glas Wein einschenkte. Er erwartete keine Antwort und auch sein Unterton unterstrich die Tatsache, dass es sich hier um eine rhetorische Frage handelte. So drehte er sich, kaum das Glas gefüllt, um und versuchte den Blickkontakt zu seinem Bruder zu erhaschen.

Ein wenig betreten hatte sich Rocinante umgedreht, während er die Arme über der Lehne des Fauteuils kreuzte. Doflamingo genehmigte sich einen Schluck, doch bis auf das erneute Schattenspiel der Flamme schien die Zeit alles Leben in dem Raum zu verlangsamen.

„Ich will kein Spielverderber sein, Roci. Geh aber lieber schlafen. Die nächsten Tage werden anstrengend sein.“

Dass er selber nicht vorhatte in nächster Zeit seine Schlafkammer aufzusuchen, verriet der Ältere nicht. Prompt folgte der leicht schmollende Blick seines Bruders. Ein Blick aus Kinderzeiten, wenn ihm der kleine Wicht beweisen wollte, dass er mit seinen zwei Jahren Altersunterschied ihm um nichts nachstand.

Ein kleines verlorenes Puzzlestück aus vergangenen Zeiten.

Aus ewig zerstörten Zeiten…
 

Doch plötzlich erhellte sich unerwartet die Miene seines Bruders und mit ungelenken Bewegungen griff er nach etwas zu seiner Seite. Nur Sekunden später hielt Rocinante das Buch in die Höhe, in welchem er noch vor kurzem gedanklich verschwunden gewesen war. Groß prangte in alten Goldbuchstaben „Märchen aus den fünf Ecken der Meere von den Schwestern Fröhlich“ auf dem alten Einband des Wälzers.

Diesmal war es an Doflamingo, dem anderen einen fragenden Blick zuzuwerfen, doch Rocinante stand nur auf, wobei er durch ein nicht zu verstehendes Wunder diesmal nichts vom Tisch fegte und klopfte einladend auf die alte Polsterung, dass der Staub aus den Textilien aufstieg. Erst allmählich kam der als Flamingo bekannte Pirat in Bewegung, immer noch unsicher, was sein Bruder nun von ihm genau wollte.

Als er sich offenbar nach Meinung des Jüngeren zu langsam bewegte, schnappte dieser nach seinem Arm und zog ihn, ohne auf das fragile Glas in seinen Händen zu achten, zu sich. Dass der mottenzerfressene Teppich keinen neuen und frischen Rotweinfleck nach dieser Handlung verpasst bekommen hatte, war alleinig Doflamingos Geschick zu verdanken, der neben der erfolgreichen Bewahrung vor diesem textilen Unglück auch noch seinen Bruder daran hindern musste bei seinem überschwänglichen Tatendrang nicht eben jenen geschonten Alabaster(1) zu küssen.

Doch auch mit all jener Geschicklichkeit war Doflamingo schneller, als er es bemerkte, in den Sessel bugsiert worden. Sein Glas Rotwein stand neben der Kerze auf dem kleinen Beistelltisch und Rocinante kritzelte wie wild auf einem Stück Papier herum. Vielleicht nicht als primär bestimmter Gedankengang, aber unerwartet aufkommend, überlegte sich der Piratenkapitän der Donquichottefamilie, seinem Bruder eine Wachstafel zu besorgen, um vielleicht den Konsum an kostbarem Papier ein wenig einzudämmen. Doch kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, wurde ihm das schon vorhin gezeigte Buch mit einer Nachricht unter die spitze Nase gehalten. Mit noch immer leicht verwirrtem Ausdruck nahm er das Dargebotene entgegen und ließ seinen Blick kurz über die hingekrizelten Buchstaben fliegen.

*Erinnerst du dich, wie du mir früher was vorgelesen hast?*

Sicher, wie konnte er sich nicht daran erinnern. Ihre Mutter hatte ihn, kaum war er im Lesen unterrichtet worden, ermuntert, seinem kleinen Bruder zur Übung jeden Tag etwas vorzulesen. Das leichte Glitzern in den großen Augen seines Bruders, welches ihn einst durch den dichten Haarschopf angefunkelt hatte, war ihm nur allzu gut im Gedächtnis geblieben. Aber diese Zeit, wo er sich mit Freude Zeit für Rocinante genommen hatte, lag schon lange zurück und verblasste immer mehr.
 

Immer noch der Aufforderung nicht trauend, hob Doflamingo leicht eine Augenbraue.

„Ich soll dir was vorlesen?“

Rocinante schenkte ihm bei diesen Worten ein bestätigendes Lächeln, was Doflamingo ungewollt zu einem spöttischen Zug um die Mundwinkel verleitete und bevor er sich der Worte wirklich bewusst war, hatte er sie schon ausgesprochen. „Bist du dafür nicht ein wenig zu alt?“
 

Das vorhin zufriedene Lächeln seines Bruders wandelte sich zu einem dünnen Strich und auch geschminkten Augen zogen sich kurz zusammen, bevor er abermals zum Stift griff.

*Du bist wach, ich bin wach… machen wir was draus… so wie früher… nur fürchte ich… dass ich dich nicht ablösen werde können*
 

Ohne sich wirklich bewusst zu sein, warum ihn die Worte berührten, seufzte Doflamingo auf und ergab sich seinem Schicksal. Ohne einen weiteren Kommentar blätterte er dann in dem abgegriffenen Schinken, bis er durch Zufall auf eines der Märchen stieß, die ihnen ihre Mutter hin und wieder vorgelesen hatte. Rocinante setzte sich indes mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck vor ihm auf den Boden und lehnte sich gegen die dicke Polsterung der einen Lehne. Mit leiser Stimme begann der Ältere der Donquichotte und auch wenn es ihm anfänglich schwer fiel, flüssig die Geschichte vom Papier zu lesen, so fiel die Schwerfälligkeit, ebenso wie seine Unruhe Stück für Stück von ihm ab, je weiter das Märchen fortschritt, während sein Bruder langsam die Augen schloss.
 

Nur die immer kürzer werdende Kerze wurde Zeuge der kleinen Lesesitzung und selbst wenn es Doflamingo nicht auffallen sollte, so wurde dies eine lange Nacht mit den bunten Schatten aus ihrer biederen Kindheit.


Nachwort zu diesem Kapitel:
(1) Nachdem Persien nicht in der One Piece-Welt existiert und ich daher diesen Typ Teppich nicht Perser nennen will, habe ich ihn einfach auf Alabaster umgetauft

Betagelesen von pbxa_539 Komplett anzeigen

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