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Are You Sane, Baby?

von

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Gut geträumt | Ryou

Die schrillen Töne meines Weckers zerstörten die bunten Wände meines Traumes. Hatte ich in dieser Nacht wirklich schön geträumt? Wie lange war es schon her, dass mich kein Albtraum bis in die frühe Morgendämmerung plagte? Kaum machte ich das dröhnende Geräusch aus, fiel mir ein, was vor einigen Stunden überhaupt passiert war. Yami Bakura.
 

Ein Gefühl von Wärme umarmte meinen Körper für eine Sekunde; gestern Nacht war schön. Ein schüchternes Lächeln zierte mein Gesicht, als ich zur Kette mit dem goldenen Ring sah. Kurz streckte ich mich und bemerkte überrascht, dass mein übliches Morgentief nicht stattfand. Kein ‘ich hasse mein Leben’, kein ‘vielleicht sollte ich aus dem Fenster springen’ und kein ‘ich hasse jeden’... Ich war hin- und hergerissen zwischen ‘Das fühlt sich echt gut an, den Morgen so zu starten’ und ‘Das ist so ungewohnt, dass es schon gruselig ist’.
 

Gelassen stieg ich aus dem Bett und rieb mir die Augen. Der Kalender, der auf meinem Nachtkästchen plaziert war, zeigte, dass ich heute eine Kontrolluntersuchung beim Psychiater hatte. Alle vier Wochen hatte ich das, um dem Doktor meinen neusten Stand der Dinge zu erzählen. Also wie es mir seelisch geht; ob sich etwas gebessert hat, ob sich etwas verschlechtert hat oder ob ich meine Medikamente bräuchte. Heute würde er sich auf etwas gefasst machen müssen…
 

Im Bad nahm ich erst einmal eine heiße Dusche, bei welcher ich wie immer viel nachdachte. Hatte ich gestern Nacht wirklich meinen aller ersten Kuss? Beim Gedanken daran bildete der kalte Schauer, der meinen Körper durchlief, einen Kontrast zum heißen Wasser, das an mir runterprasselte. Die Empfindung, die ich hatte, als er mich im Arm hielt und sich anschließend von hinten an mich schmiegte, war einfach unbeschreiblich. So unbeschreiblich, dass ich mehr wollte; und selbst darüber erschrack.
 

Diese Momente waren wie Magie, umgeben von Glitzer und Feenstaub. Wie die Flucht in eine andere Zeit. Die Dunkelheit der Nacht wurde mir zum Tor zu einer besseren Welt gemacht.
 

Der Geruch meines Erdbeerduschgels hätte gut mit den sanften Berührungen von Yami harmonisiert, fiel mir belustigt auf, als ich mich damit einrieb. Ein süßer, umschmeichelnder Geruch, der mir in die Nase stieg und gute Laune machte. Wann machte mir die Morgendusche letztens Freude? Ich glaube, diesen Satzbau habe ich in letzter Zeit oft verwendet: Wann hat mir jemals, wann habe ich jemals und wann war es jemals anders. Ich denke, die Fragen vor Yamis Besuch waren eher in die Richtung ‘Wann war ich jemals jemandem wichtig?’, aber nachdem mich mein anscheinendes Ebenbild heimsuchte, veränderten sich meine Gedankengänge zu ‘Wann hat bin ich jemals glücklich aufgewacht?’, ‘Wann habe ich jemals gut geträumt?’ und ‘Wann hat mir etwas jemals Spaß gemacht?’. Ein Kribbeln war in meinem Magenbereich zu spüren. Auf eine Art war das sehr aufregend.
 

Nach dem Duschen schlüpfte ich in meinen Bademantel und widmete mich meiner restlichen Morgenroutine, als die Türe plötzlich aufging. “Ryou… du bist schon wach?”, fragte Mum und wunderte sich darüber. Mit einem leichten Lächeln nickte ich. Ich stand sehr selten zu der Zeit auf, in der ich eigentlich aufstehen hätte sollen. Es war einfach so schwer, aus dem Bett zu kommen, das mir Wärme, Schutz und Sicherheit verschaffte.
 

“Habe sehr gut geschlafen”, gab ich zu und war gerade dabei, mir die Zähne zu putzen. “Reden wir beim Frühstück weiter”, Mums Gesicht sah plötzlich entspannt und fröhlich aus. Kein Wunder, ich war eine Ewigkeit nicht mehr beim Frühstück, da ich wegen des späteren Aufstehens keine Zeit dafür fand. Wann war ich das letzte Mal beim… Halt. Da war es schon wieder! Fragen über Fragen, die darauf hindeuteten, wie sehr sich mein Leben verändert hat. Bis vor Kurzem noch, wie es sich so sehr ins Schlechte verändern konnte und nun, wie es sich so ins Bessere wenden konnte. Das war vielleicht zu viel aufeinmal.
 

Zähne geputzt, Haare handtuchtrocken gerubbelt, Gesicht gepflegt, angezogen - auf, zum Esstisch! “Was”, stieß Dad nur heraus, als er sah, wie ich schon munter war und mich auf einen der drei Stühle setzte. Mums Blick hingegen war sehr herzlich, sie lächelte mir entgegen und hatte mir schon zwei Brote auf meinen Teller hingelegt. Diese bestrich ich mit Butter und tat großzügig Schinken darauf. Es war ein schönes Gefühl, den Tag nicht hungernd zu starten, wie üblich. Oh, ja - das Knurren meines Magens war mittlerweile schon die Standartmelodie des Vormittags.
 

“Wie kommt es, dass du so gut geschlafen hast?”, wollte Mum wissen, biss von ihrem Brot ab. Ich fing an, zu grinsen, blickte verlegen runter und lief leicht rot an; “Ich hab’ gut geträumt”. Dad machte nur eine abschüttelnde Handbewegung und sah mich grimmig an; “So ein Blödsinn”. Er rutschte mit dem Sessel nach hinten, stand auf und verließ die Küche. “Bin dir wohl wieder nicht männlich genug”, rief ich sauer hinterher und schmiss mein bestrichenes Brot nach ihm. Augenblicklich blieb der Mann stehen, als er die Butter an seinem Rücken spürte.
 

Langsam drehte er sich um, sah mich mit einem kalten Blick an, ehe er wieder an den Tisch kam. “Du kleines Würstchen traust dich, Essen nach mir zu werfen?”, seine Augen bildeten sich zu schmalen Schlitzen. “Bei deinem intoleranten Verhalten, kann man einfach nicht anders”, warf Mum ein, die dann ebenfalls so wütend angesehen wurde. Der Mann klopfte einmal kräftig auf den Tisch und zog sich an, um in die Arbeit zu gehen. Die Türe fiel mit einem gewaltigen Geräusch zu.
 

Mum umarmte mich und streichelte mir durchs Haar; “Seitdem er gemerkt hat, dass du anders, als die anderen Jungs bist, akzeptiert er dich nicht mehr. Und weißt du was? Ich akzeptiere ihn nicht mehr”. Fragend sah ich sie an, erschrack, als ich in diese selbstsicheren und gleichzeitig hasserfüllten Augen sah. Ich beschäftigte mich jedoch nicht weiter mit der Aussage, als sich die Arme um mich herum wieder zurückzogen.
 

Ich aß mein Frühstück fertig und ging in mein Zimmer, um meine Geldbörse, in der meine e-Card war, in meine Gesäßtasche zu stecken. Als Letztes hing ich mir meine goldene Ringkette um, bei welcher ich unkontrolliert lächeln musste. Kaum hatte der Tag begonnen, freute ich mich schon auf heute Nacht.



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