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Are You Sane, Baby?

von

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Splitter | Ryou

Im Halbschlaf hörte ich, wie die Vögel draußen zwitscherten und mir wurde klar, dass die Nacht vorbei war. Die Nacht - diese Nacht… Ich öffnete langsam meine Augen und starrte an die Decke, atmete tief aus. Hatte ich gestern tatsächlich mein erstes Mal? In mir bildete sich ein sehr komisches Kribbeln, das mir bis in die Zehen reichte, ich biss mir auf die Unterlippe und begann, zu grinsen.
 

Ich richtete mich auf, fuhr mir durch meine ungekämmten Haare und stand auf, als ich plötzlich einen lauten Schrei von mir gab - ich trat auf Glasscherben, und vor meinen Augen spielte sich ein Flashback ab; Aurora warf das Glas um, und Yami wollte die Splitter, die er auf einen Haufen getan hatte, gerade beseitigen, als mich der Drang überkam, sie über meine Haut zu fahren. Es war kein Traum. Es war kein Traum. Es war kein Traum. Er ist real.
 

Mit Schmerzen im linken Fuß plumpste ich zurück ins Bett, bemerkte, dass eine Scherbe in mein Fleisch eingedrungen war. Die Türe ging plötzlich auf und meine Mum fragte besorgt, was passiert ist. Als sie sah, dass ich mir meinen Fuß hielt, und diesen genauer betrachtete, war sie schockiert. “Ryou! Ich rufe die Rettung!”, meinte sie und stürmte aus dem Zimmer, als sich Dad augenblicklich vor sie stellte. “Was ist denn jetzt schon wieder?”, fragte er und trat zu mir. Herablassend blickte er meine Wunde an und lachte auf, bevor er sich wieder umdrehte.
 

“Wir müssen die Rettung rufen!”, kam es panisch von Mum, worauf Dad nur sagte, ich solle mir den Splitter rausziehen und Ruhe geben. Es dauerte nicht lange, bis meine Eltern anfingen, lautstark zu schreien und sich zu streiten. Sie trugen den Streit in die Küche und ich hörte nur, wie sie sich gegenseitig sagten, dass sie schon lange Nichts mehr füreinander fühlten - mein Herz zersprang in tausend Splitter. Leise begann ich, zu weinen, zu schluchzen, fast zu ersticken. Ich ertrug Dads Verhalten zwar nicht, aber ich konnte nicht mit dem Gedanken leben, ein Scheidungskind zu werden. Ich wollte in einer Familie leben, ich wollte ein normales Kind sein. Ich wollte einfach nur ein normales Leben führen.
 

Mum redete davon, dass sie sich schon lange scheiden lassen wollen würde, und dann war es einen Moment lang still. “Du kannst den Jungen haben!”, behauptete Dad und erneut zersprang mir mein bereits kaputtes Herz. Du kannst den Jungen haben…
 

Ich wusste nicht, ob die Schmerzen im Fuß stärker waren als die, die ich emotional spürte. Ich wusste nicht, wo ich hingehörte und was ich mit meinem Leben anfangen hätte sollen. So gerne hätte ich einfach die Türe zugesperrt, um mir das nicht anhören zu müssen, aber ich konnte nicht auftreten. So saß ich einfach auf meinem Bett und weinte, während ich den Milleniumsring fest in den Händen hielt. “Yami”, flüsterte ich mit brechender Stimme. “Wo bist du”, fragte ich ins Leere und konnte nicht beschreiben, wie gerne ich ihn gerade bei mir gehabt hätte. Wo bist du, Yami. Wo bist du.

In meinem Zustand konnte ich unmöglich zur Schule gehen - im wahrsten Sinne des Wortes. Ich wischte mir die Tränen weg und versuchte, mich zu beruhigen. Gleich danach aber erwischte mich wieder ein Weinkrampf, worauf ich meine Beruhigungstabletten schluckte. Ich fand schon immer, dass sie ziemlich süß aussahen, so klein und rosa. Eine Weile starrte ich die rundlichen Tabletten an, und so komisch es auch klingen mag, ihr niedliches Erscheinungsbild machte mich glücklich. Ich schmunzelte.
 

Der Gedanke aber, wieder Medikamente zu schlucken, brachte mich zur Weißglut. Ich saß da, ein wütender Teenager, dem zu Heulen zumute war und eine Packung rosaner Tabletten anstarrte, während in seinem Fuß ein Glassplitter steckte, der der Beweis dafür war, dass es einen Geist, der im Inneren seines Schmuckstückes lebte, wirklich gab. Das war ich gerade. Und es fühlte sich so unreal an.
 

Zu dem Zeitpunkt fragte ich mich, ob Yami nur in der Nacht auftauchen kann, und wenn ja, weshalb. Ich fragte mich, ob ihn andere Menschen sehen könnten und wie sie darauf reagieren würden, ob man ihn sogar mit mir verwechseln könnte. Einige Theorien bildeten sich in meinem Kopf, während mein Fuß pulsierte.
 

“Mum, ich hab’ wirklich Schmerzen!”, rief ich so laut ich konnte, in der Hoffnung, den Streit meiner Eltern zu übertönen. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob sie mich gehört hatte. “Mum!”, meine Stimme zitterte und ich begann vor lauter Verzweiflung fast wieder, zu weinen. Da ich meinen Fuß so anspannte, verkrampfte er sich, und ich schwörte, nie wieder in meinem Leben “Schlimmer kann es nicht werden” zu denken.
 

“Der Junge ist viel zu verwöhnt! Wenn du die Rettung rufst, wird er nie lernen, Schmerzen auszuhalten!”, Dad hörte sich aggressiv und angriffslustig an. Ich schluckte. Hoffentlich tut er Mum Nichts an… Es ist schon einmal passiert, dass er sie geschlagen hat. Ich glaube, das war ein Jahr zuvor - ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, worüber sie stritten, aber es war ziemlich schlimm für mich. Mum kam mit einem blauen Auge davon.
 

Es schien so, als würde ich jeden negativen Gedanken durchgehen, um eine Entschuldigung dafür zu haben, um weinen zu dürfen. Hat es Dad schon so weit gebracht, und mir das Gefühl gegeben, als Mann nicht weinen zu dürfen? Hat er das wirklich geschafft? Ich werde ihn diesen Kampf nicht gewinnen lassen. Ich bin etwas Besonderes und werde ihm das auch zeigen. Ein komischer Druck bildete sich in meinem Brustkorb, als ich merkte, dass ich mich für etwas Besonderes hielt. Yamis Worte. Ich fühlte mich so unbeschreiblich besonders bei ihm, ich fühlte mich so schön. So wunderschön.
 

In diesem Moment wäre ich gerne in seinem Arm gelegen. Er hätte mich beruhigt und mir übers Haar gestrichen. Einen Moment schloss ich die Augen und stellte mir vor, seinen muskulösen Körper an meinem zu spüren und geborgen zu sein. Er war mein Halt, er war meine Stütze, er war mein alles.
 

Ich erschrack, als man einen lauten Aufprall aus der Küche hörte. “Mum?!”, schrie ich entsetzt und voller Furcht, doch es kam keine Antwort zurück. Die Stimmen, die vorher stritten, verstummten, und ich wusste nicht, was ich fühlen hätte sollen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Süßen!
Ich lasse euch dieses Kapitel noch da, weil ich morgen für zehn Tage nach Russland fliege (:

Bis bald,
eure Blaubeere20 Komplett anzeigen

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