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Melly oder wie zähme ich meinen Vampir

von

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Kapitel 8

Kapitel 8:
 

Cyr schläft und das inzwischen schon seit fünf Stunden! Und dabei kann man nicht einmal sagen die Nacht wäre für ihn so anstrengend gewesen, dass er jetzt den ganzen Vormittag verschlafen muss. Ich meine, letzte Nacht hat er geschlafen! Ich kann das bezeugen, ich lag im selben Bett! Und habe normalerweise einen sehr leichten Schlaf. Wenn mein Bettgenosse aufsteht, bin auch ich sofort auf den Beinen. Inzwischen ist es zwei Uhr Mittags und mir ist sterbenslangweilig. Ich habe bereits mit Mirko telefoniert, der mich haargenau über den Zustand von Cyrs Verletzungen ausgefragt hat. Dabei gibt es dazu ja nichts Besonderes zu sagen. Immerhin sahen sie heute Morgen beim Verbandswechsel sehr gut aus. Sie zeigen keinerlei Anzeichen einer Entzündung und scheinen gut zu verheilen. Und jetzt sitze ich hier am Küchentisch und weiß nicht was ich machen soll. Ich bin es einfach nicht gewohnt auf jemanden Rücksicht nehmen zu müsse. Bis jetzt war immer ich alleine es, der meine Freizeit bestimmt hat. Ich könnte mal wieder lesen. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. In den letzten Monaten habe ich kaum die Zeit dazu gefunden. Ich bin gerade aufgestanden und auf dem Weg zum Bücherregal, da klingelt mein Telefon. Ich sprinte fast schon zu der Station im Wohnzimmer und reiße es heraus. Hoffentlich ist Cyr davon jetzt nicht aufgewacht. Wenn er den Schlaf braucht, dann soll er ihn bekommen, auch wenn es mich sehr verwirrt. Immerhin heißt es ja immer Vampire würden nicht schlafen. Diese Auffassung kommt allerdings eher aus den Filmen und wirren Hirnwendungen der Menschen. Natürlich schlafen Vampire, nur haben sie einen anderen Stoffwechsel und brauchen damit wesentlich weniger Schlaf. Sie können sogar über einen Zeitraum von drei Wochen ganz ohne Schlaf auskommen. Allerdings nicht schwer verletzt, wie es scheint. Okay meine Feldstudie hat genau einen einzigen Teilnehmer. Der noch dazu kein typischer Vampir ist.

Der typische Vampir ist jünger als dreihundert Jahre, Triebgesteuert, sehr selbstbezogen und verteidigt sein Revier verbissen gegen alle magischen Wesen. Cyr dagegen ist verdammt alt. Mich interessiert wirklich wann er geboren wurde. Denn manchmal ist sein Verhalten … seltsam. So als würde es auf einer weit zurückliegenden Erziehung basieren. Triebgesteuert ist Cyr definitiv nicht. Ich kenne keinen, der sich so gut unter Kontrolle hat wie Cyr. Selbstbezogen trifft zu. Aber ein Revier hat Cyr auch nicht, zumindest weiß ich von keinem. Vielleicht sollte ich meine Gedanken endlich mal auf das klingelnde Telefon in meiner Hand lenken. Kopfschüttelnd drücke ich den grünen Hörer und halte mir das Gerät ans Ohr.

„Melanie Fuller!“

„Hallo Schatz!“ Oh, meine Mutter. Mit ihr habe ich auch schon lange nicht mehr telefoniert. Ich setze mich im Wohnzimmer auf die Couch.

„Hallo Mama!“ Ich lehne mich zurück und schließe die Augen.

„Wie geht es dir? Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Du arbeitest in letzter Zeit viel zu viel!“ Die anklagende Stimme meiner Mutter klingt in meinen Ohren. Eigentlich führen wir dieses Gespräch alle paar Monate. Um genau zu sein immer dann, wenn sich die Organisation nicht vor Aufträgen retten kann und ich fast vierundzwanzig Stunden auf der Jagd nach abtrünnigen magischen Wesen bin.

„Es geht mir gut Mama! Es tut mir leid, aber du weißt doch, dass meine Arbeitszeiten kompliziert werden können.“

„Ich weiß! Wie sieht es momentan aus? Kannst du morgen zum Mittagessen?“ Ich seufze leise und fahre mir durchs Haar.

„Ich kann leider nicht, Mama!“ Nicht solange Cyr bei mir wohnt. Die Mittagessen bei meinen Eltern dauern immer bis in die späten Abendstunden und so lange will ich den Vampir wirklich nicht alleine lassen. Vor allem wo er ja immer noch nicht mit dem Herd klar kommt.

„Musst du Arbeiten?“ Wenn ich jetzt ja sage ist das Gespräch schnell beendet, aber ich habe noch nie viel davon gehalten meine Eltern anzulügen, zumindest nicht mehr als ich es eh schon tun muss.

„Nein, das nicht. Aber ich habe Besuch!“

„Ein Mann? Kenne ich ihn?“ War ja klar, dass die Frage kommt. Ich verdrehe die Augen.

„Nein, du kennst ihn nicht! Und er ist nur ein guter Freund!“ Nicht dass meine Mutter jetzt auf die Idee kommt mich mit Cyr verkuppeln zu wollen.

„Dann bring ihn doch mit zum Essen.“ Ab durch die Mitte. Ich glaube das ist der Leitspruch meiner Familie. Aber Cyr bei meinen Eltern. Irgendwie ist das schwer vorstellbar.

„Ihm geht es nicht gut. Deswegen habe ich ihm angeboten so lange bei mir zu bleiben. Mitbringen ist da vielleicht nicht die beste Idee.“

„Ach Schatz… es kommt mal wieder die ganze Familie zusammen. Dein Bruder mit den Zwillingen und Alina ist ausnahmsweise auch mal zuhause! Und sie bringt ihren Freund mit.“ Okay das ist wirklich selten, dass alle gleichzeitig können. Alina ist meine jüngere Schwester. Sie ist gerade achtzehn geworden und ständig mit ihren Freunden unterwegs. Mama beschwert sich immer mal wieder, dass sie kaum etwas von ihren Töchtern hatte und damit meint sie nicht immer nur mich. Und mein Bruder Samuel arbeitet normalerweise um diese Zeit. Die Zwillinge sind dann sowieso meistens bei meinen Eltern. Inzwischen hat sich das ganze eingespielt, aber am Anfang als Lisa sich von ihm getrennt hat und nichts mehr von den gemeinsamen Kindern wissen wollte war es nicht einfach.

„Dann kann ich ihn erst recht nicht mitbringen. Das ist viel zu anstrengend für ihn!“ Cyr würde das ganze ziemlich mitnehmen. Mit Gesellschaft kommt der Vampir einfach nicht gut klar. Erstrecht nicht, wenn es um privaten Kontakt geht. Und das Risiko ihn mitzunehmen nehme ich erstrecht nicht auf mich, wenn ich ihn nicht richtig einschätzen kann. Was mir momentan noch schwerer fällt als sonst. Und vor allem würde er nicht freiwillig mitkommen.

„Wenigstens eine Stunde, danach könnt ihr ja wieder gehen. Ich würde euch nur gerne mal wieder an einem Tisch haben!“ Ich würde ja schon gerne, aber…

„Ich komme mit! Eine Stunde werde ich deine Familie schon aushalten!“ Überrascht drehe ich mich zur Tür. Wie lange steht Cyr da schon? Er lehnt am Türrahmen und sieht zu mir. Ich nehme den Hörer vom Ohr und halte die Sprechmuschel zu.

„Willst du wirklich mit kommen? Ich kann meiner Mutter auch absagen!“ Er schüttelt den Kopf.

„Es ist deine Familie! Und es ist meine Schuld, dass du nicht einfach zu ihnen fahren kannst.“ Ich habe Cyr schon öfter gefragt ob er meine Familie kennen lernen möchte. Vor allem am Anfang. Er hat immer abgelehnt. Warum will er jetzt auf einmal mit kommen?

„Bist du dir sicher?“ Er zögert kurz, dann nickt er. Ich sehe ihn noch einen Moment durchdringend an und wende mich dann wieder dem Telefon zu.

„Okay Mama, wir kommen vorbei.“ Dann beende ich das Gespräch und wende mich wieder Cyr zu.

„Hast du ausgeschlafen?“ frage ich ihn lächelnd. Kurz beißt er sich auf die Unterlippe.

„Hör auf dich über mich lustig zu machen.“ Knurrt er dann leise. Das war doch gar nicht böse gemeint. Anscheinend versteht er das aber nicht.

„Cyr, ich mache mich nicht über dich lustig! Ich bin es nur nicht gewohnt, dass du so lange schläfst.“ Er sieht mich an. Irgendwie fragend und doch wieder kühl und unnahbar.

„Ich kann hier einfach gut schlafen!“ Bekomme ich schließlich doch noch eine Reaktion. Allerdings verwirrt diese mich noch mehr. Was will er mir damit jetzt sagen. Also wenn ich von mir ausgehe, dann kann ich da gut schlafen, wo ich mich wohl fühle. Heißt das jetzt er fühlt sich bei mir wohl?

„Willst du etwas essen? Ich kann dir das Mittagessen aufwärmen!“ Er nickt und wir gehen zusammen in die Küche. Diesmal schaut Cyr mir über die Schulter, als ich den Herd bediene und weil ich schon mal dabei bin, erkläre ich ihm auch noch schnell den Wasserkocher. Dabei sieht er etwas verschämt aus. Vielleicht weil ich mitbekommen habe, dass er sich damit nicht auskennt? Egal. Ich beobachte Cyr beim Essen. Er isst langsam und die Menge würde nicht einmal mich satt machen. Aber wenn man bedenkt, dass er vermutlich seit Jahrzehnten keine feste Nahrung mehr zu sich genommen hat. Da ist es nur verständlich, dass sich der Körper erst wieder daran gewöhnen muss. Wenigstens nimmt er etwas zu sich. Das war auch eine Frage die Mirko mir am Telefon gestellt hatte. Cyrs Essverhalten. Er war zwar nicht überschwänglich, aber ich habe seine Erleichterung gehört. Und so wie ich es verstanden habe, braucht ein Vampir keine normale menschliche Nahrung um zu überleben, aber sie kann trotzdem als Energielieferant genutzt werden. Und ein verletzter Körper braucht nun mal mehr Energie um sich zu regenerieren.

„Ich will kurz in die Stadt, dir eine andere Jacke kaufen. Eine die du über den Gilchrist ziehen kannst. Kommst du mit?“ Cyr schüttelt gleich den Kopf, legt dann sein Besteck zur Seite.

„Aber wenn du dann mit Becca spazieren gehst, würde ich mitkommen. Um diese Uhrzeit ist es in der Stadt so voll.“ Aber morgen will er mit zu meiner Familie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mei2001
2015-12-11T20:24:34+00:00 11.12.2015 21:24
voll cooles kapitel!
Von: abgemeldet
2015-06-01T17:42:13+00:00 01.06.2015 19:42
Echt geiles Kapitel wieder. Weiter so. Freu mich schon aufs neue


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