Zum Inhalt der Seite

Last Desire Extra

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So liebe Leute. Dieses Monstrum von Kapitel ist ein Request von pri_fairy gewesen. Viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Meine verhängnisvolle Sprechstunde

Ich weiß echt nicht, was mich dazu geritten hatte, eine Art Sprechstunde einzurichten, in der alle mal die Autorin der Last Desire-Reihe persönlich sprechen konnten. Entweder um sich zu bedanken, oder um mir gleich auf der Stelle den Hals umzudrehen. Insgeheim bereute ich es schon, dass ich auf Anne gehört hatte, denn ich ahnte gleich schon, dass es mit einigen meiner Schützlinge noch ein gewaltiges Donnerwetter geben würde. Denn sonderlich nett war ich in der vergangenen Zeit nicht wirklich gewesen und wusste, dass ich ihnen so einiges zugemutet hatte. Trotzdem wollte ich es durchziehen, weil ich zum einen nicht wie der letzte Feigling da stehen wollte und weil ich noch die leise Hoffnung hatte, dass es wenigstens ein oder zwei unter ihnen gab, die zufrieden waren mit dem, was sie hatten. Also schickte ich die Hinweisschreiben zu den einzelnen Familien hin und richtete im Wohnzimmer meiner Eltern provisorisch das Sprechzimmer ein. Meine Eltern und meine Geschwister wären zu dem Zeitpunkt nicht da, denn ich wollte lieber vermeiden, dass sie erfuhren, was ich zum Teil da fabriziert habe. Denn vieles von dem war nicht jugendfrei und ich fürchtete, dass sie wer weiß was noch über mich denken würden, wenn ihnen einer meiner Schützlinge erzählte, dass ich gerne über BDSM und Schwulensex schreibe. Insbesondere wenn sie erfährt, dass ich nicht nur über Sex im Flugzeug, sondern auch über Sex in der Küche geschrieben habe. Das wäre wahrscheinlich ein bisschen zu viel für sie geworden. Nachdem ich also fertig war und der große Tag endlich da war, sah ich auch schon, dass alle vollzählig angetreten waren. Die einen wirkten zufrieden, die anderen… eher weniger. Um es einfacher zu machen, beschloss ich, einfach mal nach der Reihenfolge vorzugehen, wie ich sie in die Geschichte eingebaut hatte. Also kam Beyond zuallererst ins Wohnzimmer, wobei ich aber sicherstellen musste, dass er keine Messer dabei hatte, mit dem er mich noch hätte filettieren können. Ich versuchte freundlich zu bleiben und hoffte so, dass er nicht gleich versuchen würde, mich anderweitig umzubringen. „Setz dich doch. Wenn du willst, kannst du dir was Süßes nehmen“, bot ich ihm an und nahm als Erste Platz. „Willst du mich bestechen?“ fragte er direkt schon misstrauisch. Nun, ehrlich gesagt hatte ich den Süßkram (den ich in weiser Voraussicht mit Beruhigungsmitteln versetzt habe) nur hingestellt, weil ich auf die Weise hoffte, die besonders verärgerten Gäste irgendwie ruhig stellen zu können. „Nein, nein! Das soll kein Bestechungsversuch werden. Also erzähl ruhig raus, Beyond. Liegt dir was persönlich auf der Seele?“

„Und ob mir was auf der Seele liegt“, erklärte er sofort und klang gereizt. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, als du dich dazu entschlossen hast, aus mir einen Verrückten zu machen, der in seinem letzten Leben ein kleines Mädchen war und unter einer Persönlichkeitsstörung leidet?“ „Na ich brauchte doch eine interessante Hintergrundgeschichte und jetzt mal ehrlich: ich hab doch schon in Another Note gelesen, dass mit dir was im Argen liegt. Und ich finde, du überdramatisierst da so einiges“, erklärte ich klipp und klar, wobei ich noch hinzufügte „Und außerdem habe ich dich nicht zu einem Verrückten gemacht! Dank L hattest du dich genug unter Kontrolle und das sollte auch zeigen, wie eng die Bindung zwischen euch beiden ist. Oder was sollte ich sonst machen: einen Soziopathen wie Dexter, der seine Leichen in der Bucht versenkt?“

„Nein“, gab er mürrisch zurück, aber er war immer noch stinksauer. „Mich nervt es einfach, dass du hier meinst, du müsstest die Hobbypsychologin spielen.“ „Dann mach es besser“, entgegnete ich direkt und ich hatte auch keine Lust, mich von ihm provozieren zu lassen. Doch er hatte noch mehr, was ihm auf die Nerven ging. „Aber die allergrößte Frechheit ist immer noch Teil 2. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, mich von zwei Typen vergewaltigen zu lassen und das auch noch explizit zu schildern? Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass ich Clear am Hals hatte und Sam obendrein, da müssen die mich noch über ganze drei Kapitel vergewaltigen?“

„Entschuldige bitte. Glaubst du etwa, es macht mir Spaß, darüber zu schreiben?“ entgegnete ich und wurde langsam auch sauer. „Dieser Teil war notwendig für den Verlauf der Geschichte und du bist nicht der Einzige, der leiden musste.“

„Was auch zeigt, dass du echt ein Problem hast…“ Das wurde mir zu blöd und ich warf ihm ein Kissen ins Gesicht. „Aber schön den versauten Sex mit L genießen und mir die Schuld geben, oder wie? Beim nächsten Mal, wenn ich mit euch beiden ein Sexkapitel schreibe, liegst du unten!“

„Das wagst du nicht.“

„Und ob ich das wage. Ich bin immerhin die Autorin! Sei froh, dass ich dich nicht über den Jordan hab gehen lassen und dass du eine liebevolle Familie hast. Sogar Andrew hab ich zurückgeholt.“

„Wofür ich dir auch dankbar bin.“

„Gut. Dann hat sich das geklärt. Wenn du gehst, schick doch bitte L rein.“ Damit erhob sich Beyond aber so ganz zufrieden wirkte er nicht. Naja, sonderlich verübeln konnte man es ihm ja auch nicht so wirklich. Und da ich ihn nicht so frustriert gehen lassen wollte, hielt ich ihn noch kurz auf. „Hast du irgendeinen Wunsch für die Zukunft?“

„Ja, habe ich: mach mich nie wieder zum Uke!“

„Versprochen“, versicherte ich ihm und damit war Beyond zufrieden. Er verschwand durch die Tür und sogleich kam L rein, der sich wortlos auf den schwarzen Ledersessel setzte und mich anstarrte, als wäre ich eine seiner üblichen Verdächtigen. Und ich wusste jetzt schon, dass er so einiges auf seiner Liste stehen hatte, worüber er sich am liebsten beschweren würde. „Warum machst du das?“ fragte er, aber ich verstand nicht so wirklich seine Frage und musste nachhaken. „Äh… wie bitte?“ „Warum schreibst du solche Sachen, dass ich auf perverse Sexspiele stehe?“

„Bist du damit nicht zufrieden?“

„Es ist nicht gerade erfreulich“, erklärte er nur und begann sich an den Süßigkeiten zu bedienen. Na wenigstens würde er sich nicht aufregen. Auf Beruhigungsmittel war für gewöhnlich Verlass. „Und dass ich immer der Untere bin…“

„Das bist du immer“, erklärte ich ihm direkt. „Es gibt kaum eine Fanfiction oder Doujinshi, wo du der Obere bist. Dein Aussehen, dein Charakter, wirklich alles an dir schreit förmlich nach ich bin Uke, also nimm mich ordentlich ran.“

„Und warum Beyond?“

„Hätte ich etwa diese Arschgeige Kira nehmen sollen? Ich kann diesen Kerl auf den Tod nicht ab. Immerhin bringt er all meine Lieblingscharaktere um und nur dieser zu kurz geratene Pseudo-Albino Near bleibt übrig. Selbst diese Barbie-Puppe Misa überlebt! Und das nervt!“ Das Argument überzeugte L auch. Allerdings nur zum Teil. „Trotzdem… warum musstest du meinen Charakter in so eine versaute Richtung hin entwickeln?“ „Weil ich nun mal perverse Fantasien habe, meine Leserinnen so etwas ebenfalls gerne lese und ich Spaß daran habe, dich zu ärgern. Sei froh, dass ich deinen Charakter beibehalten habe und du trotz allem immer noch derselbe Detektiv geblieben bist. Wenn du mal diese ganzen Yaois mit Light ansehen würdest, dann würdest du verstehen, was ich meine. Bestes Beispiel: Socks Mania! Ich kann Beyond ja gerne dazu auffordern, dir das Gleiche anzutun. Mal sehen, was die anderen davon halten, wenn sie hören, dass du schon angeturned bist, wenn man dir Socken anzieht und du einen Orgasmus kriegst, wenn man dir mit der Socke einen…“ „Ich hab es kapiert!“ unterbrach mich L und sein Blick verfinsterte sich zusehends. Er wusste, dass ich meine Drohung wahr machen würde und wurde augenblicklich still. Ich seufzte und trank einen Schluck Cola. „Hast du auch positive Sachen, oder bist du nur zum meckern hier?“

„Nein…“, murmelte er und begann zu schmollen. „Dass du meine Mutter zurückgeholt hast, dafür bin ich dir dankbar. Genauso, dass alle am Leben sind und ich eine Familie habe.“ „Hey, ich will eigentlich nur das Beste für euch alle. Und jetzt mal im Ernst: versauter Sex ist doch immer noch der Beste.“ „Sagt die, die noch Jungfrau ist.“ „WIE BITTE?“ rief ich und sprang auf und wollte ihn am liebsten an die Gurgel gehen für diesen unverschämten Kommentar, aber da kam auch schon Rumiko herein und zerrte mich von ihm runter, bevor noch ein Unglück geschehen konnte. „Na warte, L“, knurrte ich wütend. „Das zahl ich dir heim. Du wirst schon sehen. Allerspätestens wenn ich dir ein Kind andrehen werde, das null Respekt vor dir hat!!!“ „Na, na! Jetzt erst mal tief durchatmen und dann versuch wieder runterzukommen.“ Rumiko führte mich zum Sofa zurück, nachdem L sich klammheimlich verkrümelt hatte und sie hatte auch gleich schon Jamie und die Zwillinge im Schlepptau. Sie wirkte zufrieden, doch das rettete meine Stimmung nach L’s Frechheit auch nicht sonderlich. Ich atmete mehrmals tief durch, um mich wieder zu beruhigen und wieder zur Sache zu kommen. „Also ihr beiden. Was liegt euch auf der Seele?“ „Nichts Besonderes“, erklärte Rumiko und lachte. „Also ich kann mich jedenfalls nicht beklagen. Ich bin schon glücklich damit, dass du davon abgesehen hast, mich schon wieder zu einer verbitterten Mörderin zu machen, die Kinderschändern und –mördern den Kopf abschlägt. Und auch, dass du Jamie am Leben gelassen hast, war echt lieb von dir.“

„Schon gut“, sagte ich nur und merkte, wie sich meine Stimmung wieder ein wenig hob. Naja… vorläufig zumindest. Ich ahnte nämlich, dass später wieder der nächste Seitenhieb von einem unzufriedenen Schützling kommen würde. „Ehrlich gesagt warst du mir besonders wichtig gewesen, weil du einer meiner ersten OCs warst, die auch in mehreren Fanfictions einen Auftritt hat. Ehrlich gesagt hatte ich dich in erster Linie kreiert, weil ich es furchtbar fand, dass alle weiblichen Charaktere in der Serie strunzdumm oder arrogante Schlampen waren.“ Dem konnte Rumiko nur zustimmen, wobei sie die letzte Kritik mit der Schlampe doch ein wenig hart fand. Aber das war meine Meinung und ich gehörte auch nicht zu den Leuten, die ein Blatt vor den Mund nahm und sich kindergerecht ausdrückte. „Und außerdem“, fügte ich noch hinzu, „fand ich Jamie einfach nur total süß als kleinen Jungen. Und wenigstens ein Mal wollte ich für dich und Jamie ein Happy End.“

„Was ja auch super gelungen ist. Lass dich nicht entmutigen, wenn die anderen herummeckern. Es macht dir Spaß, du hast alle glücklich gemacht und darauf kommt es an. Und ich finde, du machst einen tollen Job. Besonders diese ganzen Männerromanzen sind doch einfach nur zum Dahinschmelzen.“ Ja, in der Hinsicht waren Rumiko und ich wirklich Seelenverwandte, was unsere Leidenschaft für Schwulenromanzen betraf. Und wenn es nach mir ginge, würde ich sie gleich als meine ältere Schwester adoptieren. Ich war für ihre liebevolle Motivation echt dankbar und gab ihr und Jamie zum Abschied eine Umarmung, bevor Andrew hereinkam. Er trug seine kleine Tochter Charity bei sich und an seinem Gesichtsausdruck ließ sich nicht sonderlich erkennen, ob er jetzt zufrieden mit allem war, oder ob er mich genauso tot sehen wollte wie Beyond oder L. Er setzte sich nach einer herzlichen Begrüßung und sogleich fragte ich ihn auch, was er denn alles loswerden wollte. Der rothaarige Engländer brauchte einen Moment um zu überlegen, wie er anfangen sollte. „Also zuerst würde ich gerne wissen: warum muss ich von allen der verunsicherte Depressive sein und warum die zehn Jahre bei James?“ Nun, ich erklärte ihm (nachdem ich ihm sicherheitshalber von meinem speziellen Süßgebäck etwas angeboten hatte) „In Another Note hast du den Erfolgsdruck nicht ausgehalten und hast deshalb Selbstmord begangen. Daraus habe ich geschlussfolgert, dass du eine deutlich geringere Belastungsgrenze hast als Beyond und L und dass du Depressionen hattest, war auch nicht schwer herauszuinterpretieren. Und der Selbstmord wegen dem Leistungsdruck spricht ja auch für eine Persönlichkeit mit sehr wenig Selbstvertrauen. Glaub mir, ich spreche da aus eigener Erfahrung. Diese Probleme kenne ich selbst nur zu gut. Jedenfalls habe ich versucht, mich so nah wie möglich an die Fakten zu halten, die bekannt waren und mich auch danach gerichtet. Das mit James war eine logische Erklärung dafür, wieso du zehn Jahre lang verschwunden warst und wieso du plötzlich wieder lebst. Irgendetwas musste ich mir ja einfallen lassen und für die Unvergänglichen war es zu dem Zeitpunkt noch viel zu früh.“ Nun, diesem Argument konnte er nicht viel entgegensetzen. „Aber warum musste ich vom Dach springen?“

„Weil das eine sehr beliebte Selbstmordart ist. Eine Knarre aufzutreiben wäre zu aufwendig gewesen, Pulsadern aufzuschneiden ist eher Frauensache und Schlaftabletten erschienen mir zu langweilig. Und außerdem funktioniert diese Art von Selbstmord auch nicht immer. Oder hättest du dir eine andere Todesart gewünscht?“

„Mir wäre es lieber gewesen, gar nicht sterben zu müssen.“

„Dann beklage dich beim Schreiber von Another Note. Ich wollte alles so nah wie möglich an der Originalstory halten, um es realistisch zu gestalten. Und hey! Du hast einen Extrateil gewidmet bekommen und das als Erster. Und die Geschichte mit Oliver ist doch echt süß, wenn du zugibst. Ich finde, ihr zwei seid ein schönes Pärchen.“

„Ja, das stimmt“, gab er zu und lächelte schüchtern. „Und ich bin auch echt froh drum, dass du auf die Idee gekommen bist, mich mit Olli zu verkuppeln.“

„Stimmt. Anfangs hatte ich vorgehabt, dass du alleine um die Welt reist, um dich selbst zu finden. Aber… ich dachte mir, dass du mit einem liebevollen Partner an deiner Seite glücklicher wärst.“

„Das stimmt und jetzt bin ich verheiratet und habe eine Tochter. Und… hast du noch irgendetwas für mich und Olli geplant?“

„Ihr sterbt beide beim Paragliding, wenn Charity sechs Jahre alt ist.“

„WAS?“ Ich konnte mir mein Grinsen nicht verkneifen, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. Gott, konnte ich ein Arsch sein, wenn es um solche Sachen ging. Ich lachte und konnte ihn mit der Erklärung beruhigen, dass das nur ein Scherz war. Und das beruhigte ihn deutlich. Also verabschiedete er sich von mir, nahm seine Tochter wieder mit und somit war Oliver der nächste, der ins Zimmer kam. Er grüßte mich fröhlich und hatte zu meiner Erleichterung keine Beschwerden, sondern wollte nur wissen „Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, mir einen so seltsamen Charakter zu geben und mir so ein Design zu geben?“ Nun, da musste ich ehrlich gesagt erst mal überlegen. „Tja, der Look kam mir spontan, als ich No. 6 geguckt habe und ich fand ja Nezumi so zum Verlieben. Und da wollte ich dir auch schwarze Haare und einen kurzen Zopf verpassen. Zwar bist du schon mal in einer alten Fanfiction von mir aufgetaucht und warst ein Computerfreak, allerdings eher einer von der ruhigen Sorte und zudem waren deine Haare da noch rot gewesen. Nachdem ich Andrew ins Boot geholt hatte, wollte ich dir deshalb schwarze Haare verpassen, damit es besser passte. Naja und was deinen Charakter betrifft: da Andrew ja so depressiv ist, brauchte er jemanden, der gute Laune verbreiten kann und ehrlich gesagt, ist dein Charakter der Wunschtraum eines jeden Menschen: einfach tun zu können, worauf man gerade Lust hat und um die ganze Welt zu reisen und die verrücktesten Dinge zu tun. Andrew, der schon selbstmordgefährdet und schwer depressiv ist, braucht einen so lebensbejahenden Charakter, der ihm wieder Mut macht und ihn aufbauen kann.“ „Ja, das stimmt“, sagte Oliver nur. „Und wieso bin ich Ire?“ Die Antwort war ehrlich gesagt einfacher als man hätte erwartet. „Nun, die irische Folksmusik macht eben immer gute Laune und die Iren machen ja auch irgendwie den Eindruck, als seien sie immer gut gelaunt. Zumindest sind sie echt gut, was das Feiern anbelangt. Ich verbinde mit den Iren eine heitere Lebenseinstellung und die passt zu dir einfach perfekt. Also habe ich dich zu einem Iren gemacht.“ Damit hatte sich seine Frage geklärt und er wirkte auch zufrieden mit der Antwort. Zugegeben… wenn ich mir schon was ausdenke, dann hat das auch seine Hintergründe. Damit dachte ich eigentlich, ich hätte alle Fragen beantwortet, aber da brannte ihm doch noch eine Frage unter den Fingernägeln, die er noch unbedingt loswerden wollte: „Sag mal… was wird eigentlich aus Charity?“ Eigentlich wollte ich nicht zu viel verraten, aber bei Oliver konnte ich leider schlecht nein sagen. „Sie wird euch beide stolz machen. Bleibt weiterhin gute Väter für sie und sie wird ein wunderbarer Mensch werden. Wenn du gehst, schick doch bitte Frederica rein, ja?“

„Äh… vorher wollte dich noch jemand anderes sprechen…“ Ich runzelte die Stirn und überlegte mir, wer denn noch in den ersten sechs Teilen aufgetaucht war, der mich sprechen wollte. Jeremiel konnte es nicht sein, der kam erst später. „Okay…“, sagte ich etwas gedehnt und versuchte krampfhaft zu überlegen, wer es denn noch sein könnte. Und kaum, dass Oliver zur Tür rausgegangen war, platzte auch schon James Brown rein. Oh Gott… womit hatte ich das nur verdient, dass ausgerechnet er reingeplatzt kam? Gleich nach ihm kam auch schon Clear, der mindestens genauso angepisst war wie James und ich. Nur ich war es aus einem anderen Grund. „Was wollt ihr beiden denn hier?“

„Wir wollen uns beschweren, so sieht es aus.“

„Interessiert keine Sau, ihr seid scheiße, keiner mag euch. Selbst ich mag euch nicht, also raus hier!“ Doch da sie nicht rausgehen wollten, rief ich kurzerhand Ajin, der sich netterweise bereit erklärte, die beiden mit einem Arschtritt hochkant hinauszubefördern. Und wenn er Arschtritte verpasste, dann auch welche, die sich gewaschen hatten. So hatte ich endlich Zeit, mich um Frederica zu kümmern. Diese wunderte sich über den Lärm und fragte direkt „Was ist denn passiert?“ „Frag nicht. Als Autorin muss man sich auch mit Arschlöchern herumplagen. Insbesondere als Yaoi-Autorin.“ Ajin, den ich sicherheitshalber in der Nähe behielt, falls das Psycho-Duo zurückkommen sollte, brach in lautes Gelächter aus und ich selbst musste mir ein Lachen verkneifen und sagte schnell „Entschuldige. Das war ein echt mieses Wortspiel. Also Frederica, hast du Fragen, Beschwerden oder irgendetwas, was du unbedingt loswerden willst?“ Das Albinomädchen nickte und kam direkt auf ihr Anliegen zurück. „Ich würde gerne wissen, wie du eigentlich auf die Idee mit den Unvergänglichen gekommen bist und vor allem, wie du auf mich gekommen bist. Immerhin war ich ja die erste Unvergängliche, die du in die Serie geholt hast.“ Ich war erstaunt, dass sie sich für so etwas interessierte, denn ich hatte zuerst damit gerechnet, dass sie wegen der Institutssache meckern würde. Aber so wie es aussah, hatte sich dieses Thema für sie erledigt und sie wollte mehr über die Hintergründe wissen. „Nun“, begann ich und überkreuzte die Beine, wobei ich die Entstehungsgeschichte um Frederica Revue passieren ließ. „Das Ganze hatte ursprünglich als Idee für eine Creepypasta angefangen, also als Geschichte über paranormale Phänomene und so. Die ursprüngliche Frederica war eine Mutantin, die durch Nervenstränge in ihren Haaren übersinnlich begabt war. Es wird vermutet, dass sie eine Zeitreisende aus einer fernen Zukunft war, aber ich wollte das als Theorie offen lassen. Sie alterte nicht und hatte sich in einen jungen Mann verliebt und ein Kind mit ihm gezeugt. Dann ereignete sich das Nowgorodmassaker und dabei wurden sie und ihre Familie getötet. Dabei erschuf sie eine niemals endende Zeitschleife, in der sich der Tag des Massakers bis in alle Ewigkeiten wiederholte. Es gelang aber einigen Menschen dank Fredericas Hilfe, diese Zeitschleifenwelt zu verlassen und in unsere Welt überzugehen, welche sozusagen eine Art Paralleldimension darstellt. Es waren verschiedene Menschen und auch Frederica gelang die Flucht in die andere Welt. Dabei wurde sie aber von Wissenschaftlern gefangen genommen und grausamen Experimenten ausgesetzt, sodass sie ihre Seele in Fragmente aufspaltete und daraus ihre Familie erschuf, die in Last Desire Evas Familie war. Damals waren es aber nur Jasha, Chasov, Maria und Anja gewesen. Die anderen kamen erst später dazu. Da alle aber mit der Nowgorodzeitschleife verbunden waren, setzte sich ihr Körper um exakt 0 Uhr zurück. Der goldene Ring in der Iris sollte den Zeitschleifencode darstellen und jeder Einzelne war durch diesen in der Lage, die Zeit in der Gegenwart zu manipulieren. Das mit der Körperzeitschleife hab ich erst mal gestrichen und mir dann für die Proxys aufgespart. Und dem goldenen Ring hab ich schließlich eine andere Bedeutung gegeben. Was Fredericas Fragmente in der Originalgeschichte betrafen, so sollten sie sich alle treffen und entscheiden, ob sie ihre Schöpferin retten sollten oder nicht, oder ob sie sie von ihrem Leid erlösen sollten. Chasov war ihr Bewusstsein und Jasha sollte die Rolle des Beschützers für Frederica übernehmen. Maria wollte sich von ihr abnabeln und unabhängig von ihr existieren, während Anja, die im Original noch Nastasja hieß, Fredericas dunkle Seite verkörperte, die alles zerstören wollte. Chasov hat die Familie angeführt und alles im Gleichgewicht gehalten und wollte Frederica retten. So sah die ursprüngliche Geschichte aus.“

„Dann heißt das… Evas Familie sind die Fragmente der originalen Frederica?“

„Genau“, bestätigte ich und fügte noch hinzu „Dimitrij und Nikolaj kamen später hinzu, weil ich ja noch Jeremiel und Jamie unterbringen musste.“

„Und wie kamst du auf Ajin Gamur und die Sefirot?“ Tja, da musste ich wieder ein wenig weiter zurückgehen, um das zu erklären. Denn Fakt war, dass ich so einiges an Recherchearbeit reingesteckt hatte und da war es nicht einfach, das alles so schnell erklärt zu bekommen. „Nachdem Eva und Liam als Unvergängliche aufgetreten waren, brauchte ich eine Erklärung, wo sie herkamen. Und da hatte ich mich ein bisschen von Naru Taru inspirieren lassen. Dort gab es nämlich ein Drachenkind, das Ain Soph genannt wurde. Ich fand den Namen wunderschön und hab sogleich mehr darüber recherchiert. Und da hab ich gelesen, dass es ein unendliches Wesen ist, das quasi der Gott jenseits allem Göttlichen ist. Und dann tauchte auch der Name Ajin Gamur auf, nämlich das Ur-Nichts, was den Ursprung aller Dinge verkörperte. Ain Soph erschuf sich selbst aus Ajin und erschuf wiederum die zehn göttlichen Emanationen, nämlich die Sefirot, die das Bindeglied zwischen dem Vergänglichen und Unvergänglichen darstellten. Ich glaub, ich hab neben Wikipedia zig andere Seiten runtergerattert, um das alles zusammenzukriegen. Und dann brauchte ich für die Schöpfungen der Sefirot auch wiederum Namen. Und da ich den Begriff Cherub irgendwie komisch fand und er auch nicht sonderlich schön klang, hab ich mich für die Seraphim entschieden, weil sie mehr nach himmlischen Wesen klangen. Die Seraphim sind Engel mit sechs Flügeln und da die Sefirot ja wie Götter sind, passte das mit den Engeln. Danach kommen logischerweise die Nephilim und dann die Menschen.“

„Also… waren deine Vorlagen die Bibel, die Kabbala und der Talmud?“

„Jep. Religion ist immer eine super Vorlage für solche Themen.“ Zugegeben, das Ganze war schon recht aufwendig und kompliziert und ich war mir auch nicht sicher, ob Frederica auch alles verstanden hatte. Aber dann nickte sie nur, bedankte sich für die Informationen und schien zufrieden zu sein. Ich holte dann auch schon Jeremiel herein und wie nicht anders zu erwarten war, setzte er sich in eine ähnliche Position wie L und seine Mutter. So langsam aber sicher spürte ich, dass die Gespräche mit meinen Schützlingen anstrengend wurden. Und als dann auch noch Clear versuchte, mit Sprengsätzen gewaltsam Zutritt über die Balkontür zu bekommen, schickte ich Ajin wieder los, damit er diesem nervigen kleinen Psychopathen mal ordentlich den Arsch aufriss. Und James ebenfalls. Nicht, weil der was getan hatte, sondern weil ich einfach mal Lust dazu hatte. Und wozu hatte man Männer, die andere zu Hackfleisch verarbeiteten? So schlug man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Bevor ich aber mit dem Gespräch weitermachte, genehmigte ich mir etwas Schokolade. Meine Nerven brauchten einfach Zucker und da war mir meine Diät in diesem Moment so was von egal. „Also Jeremiel. Hast du eine Frage oder ein Anliegen?“

„Ja“, sagte er schließlich und fragte ohne Umschweife „Ich wollte gerne wissen, wie du auf die Idee mit meinem Namen gekommen bist und wieso ich Sam Leens bin.“

„Tja, ich wollte einen ungewöhnlichen und dennoch schönen Namen“, erklärte ich ihm. „Ich wollte dir einen Engelnamen geben, am besten den eines Erzengels, der vielleicht etwas unbekannt ist. Ich hab überall gesucht und bin schließlich auf Jerahmeel oder auch „Jeremiel“, dem achten Erzengel der russisch-orthodoxen Kirche gelandet und der hat mir sofort gefallen. Zugegeben, ich hätte dich auch Jeremy nennen können, aber jetzt mal Hand aufs Herz: Familien in Plattenbausiedlungen nennen ihre Söhne Jeremy. Da hätte ich dich genauso gut Kevin nennen können und Rumiko Chantal oder Jacqueline.“ „Stimmt wohl“, musste er mit einem Schmunzeln zugeben und nickte. Schließlich kam ich auf die Sam Leens Frage zurück. „Also was Sam Leens betrifft: ich hatte ihn schon in einer anderen Death Note Fanfiction eingebaut und fand ihn als namenlosen und emotionslosen Killer absolut cool, eben weil er so undurchschaubar und unmenschlich war. Ich wollte seine Identität auch bis zum bitteren Ende geheim halten, aber als meine Leserinnen nach Teil 2 für Last Desire fragten, ob ich nicht noch mehr Ideen hatte, da musste ich mir was Gutes einfallen lassen. Und was bietet sich da mehr an, als ein verschollener Bruder, von dem niemand etwas gewusst hat?“

„Und so wurde ich zu L’s Zwillingsbruder?“

„Genau. Zuerst hatte ich vorgehabt, dass du in Teil 5 Beyond entführst und du in einen Kampf mit Andrew gerätst, nachdem du Beyond mit einem Kopfschuss außer Gefecht gesetzt hast. Ihr wärt über ein altes Geländer gestürzt und du wärst runtergefallen und hättest dir das Genick gebrochen. Und deine wahre Identität wäre erst nach deinem Tod gelüftet worden. Aber dann kam mir spontan die Idee, dich zurückzuholen und da ich Andrew ja schon Oliver als Partner gegeben hatte, musste ich sowieso umdenken und wollte dann auch dir eine Chance geben.“ Ihm war in diesem Moment deutlich anzusehen, dass er mehr als erleichtert war, dass ich meinen Entschluss umgeändert hatte und er deshalb noch die Chance bekommen hatte, ein glückliches Leben zu führen. „Und wie wird meine Zukunft aussehen?“ „Na du lebst glücklich an Liams Seite, bleibst deinen Prinzipien treu und wirst Vater von zwei Kindern.“

„Kinder?“ rief Jeremiel überrascht und sah mich an, als hätte ich irgendeinen hirnverbrannten Nonsens geredet. Ihn so zu sehen, amüsierte mich und ich konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Ja. Ein Mädchen und ein Junge.“

„Und wer wird denn bitte die Mutter?“

„Das ist noch ein Geheimnis. Lass dich einfach überraschen und es wird sich alles klären.“ Jeremiel versuchte zwar noch, irgendetwas zu erfahren, aber ich hielt es für das Beste, erst mal nichts Weiteres zu verraten, weil ich ihm nicht den ganzen Spaß verderben wollte. Also gab er es schließlich auf und rief Liam herein und auf ihn hatte ich schon gewartet. Kaum, dass er das Wohnzimmer betreten hatte, reichte ich ihm einen Stapel Briefumschläge, die er etwas ungläubig entgegennahm. „Was ist das?“ fragte er und sah sich die Umschläge durch. Manche waren mit roten Herzchen bemalt worden. „Deine Fanpost“, erklärte ich. „Offenbar sind meine Leserinnen total verrückt nach dir.“

„Und wieso?“

„Weil Frauen nun mal auf dominante Bad Boys stehen. Einen hab ich versehentlich geöffnet und da stand irgendwas drin wie Liam, mach mir ein Kind oder Dir würde ich nur zu gerne die Stiefel ablecken und mir von dir den Arsch versohlen lassen. Kann gut möglich sein, dass Delta den geschrieben hat…“ Der Mafiaboss überflog ein oder zwei Briefe und war teilweise fast schon entsetzt, was da drin stand. Er schüttelte nur den Kopf und fragte mich „Was hast du denn bitte für Leser, die so etwas schreiben?“ „Na Yaoi-Fans eben. Und die haben nun mal eine echt versaute Fantasie… oder zumindest zum Teil…“

„So wie du.“

„Ja, so wie ich.“ Ich gab es offen und ehrlich zu, dass ich in mancher Hinsicht sehr… ähm… spezielle Fantasien hatte und darüber auch gerne schrieb, auch wenn es nicht immer einfach war. Immerhin war es was anderes, als sich so etwas nur vorzustellen, als es Wort für Wort aufzuschreiben. Dazu musste man eine gewisse Hemmschwelle überwinden. Vor allem, wenn man wusste, dass es auch noch andere lesen würden. Schließlich steckte Liam die Briefe ein und machte sich nicht die Mühe, sich zu setzen. „Was mich mal interessieren würde wäre, wie du auf die Idee gekommen bist, mir einen rotzfrechen Informanten, einen tuntigen Crossdresser mit Kimonofetisch und extrem lebhaftem Sexleben zum Bordellverwalter und einen gefühlskalten Anzugträger zu meinem Buchhalter zu machen. Die drei machen mir nämlich mehr als genug Ärger.“

„Was denn? Ich mochte Delta nun mal und nachdem er schon in meiner Fanfiction „Der Trickster“ und „Der Aufstand“ schon so gut angekommen ist, wollte ich ihn eben wieder zurückholen. Bei einem so rauen Charakter wie dir brauchte es eben einen deutlich gefühlvolleren Kerl, an den sich Jeremiel nach seinem Aufwachen wenden konnte und der ihm emotionalen Beistand leistete. Und ich wollte Delta größtenteils so lassen wie er war. Okay, im Original war er der Kopf einer chinesischen Mafiaorganisation und weitaus durchtriebener… außerdem hatte er eine gespaltene Persönlichkeit. Das hätte nicht so gut gepasst und ich wollte unbedingt eine durchgeknallte Tunte mit einbauen, so ähnlich wie Grell Sutcliffe aus Kuroshitsuji. Und hey: Johnny ist eben ein Creepypasta-Charakter, den ich auch unbedingt einbauen wollte. Du hast noch Glück gehabt, denn Johnny ist in der Harvey the Skinner Serie ein absolutes Arschloch und Dimensionen schlimmer als der jetzige Johnny. Und bei zwei so gestörten Charakteren brauchte ich eben auch einen eiskalten Buchmacher, der sich einen Dreck um alles schert. Sonst wäre es zu viel des Guten gewesen und ich wollte ihn als Kontrast einbauen, um alles ins Gleichgewicht zu bringen und damit es eben Zankereien untereinander gibt.“

„Und warum mussten sie ausgerechnet meine Leute sein?“

„Weil Delta und Marcel quasi der Inbegriff der Todsünden „Lust“ und „Geiz“ sind und Johnny ist die Lüge. Naja… in Evas Familie passen sie eben nicht rein.“

„Und wieso ist ausgerechnet Delta meine rechte Hand und nicht Marcel?“

„Er hat sich eben hochgebumst.“

Liam starrte mich mit einem Blick an, der regelrecht „Sonst geht’s dir gut, oder?“ zu sagen schien. Natürlich war das nicht ernst gemeint gewesen und ich erklärte ihm, dass ich Delta als Liams Freund, Berater und Stellvertreter eingesetzt hatte, weil er eben genug Herzlichkeit besaß, um ihm in Liebesdingen zu helfen, weil das sonst mit Jeremiel gar nicht geklappt hätte. Zwar hatte ich immer noch so leicht das Gefühl, als würde er mich für verrückt halten, aber er sagte auch nichts in der Richtung und ging mit einem Kopfschütteln nach draußen. Nachdem ich auch noch das Durchgeknalltentrio durchgearbeitet hatte, überlegte ich mir ernsthaft, eine kleine Pause einzuschieben und in der Zwischenzeit Anne anzutexten und sie zu fragen, was sie sich nur dabei gedacht hatte, mir diesen Schwachsinn aufzuhalsen. Naja, ich konnte ihr aber auch unmöglich böse sein. Und was macht man nicht alles für andere? So hatte ich eben wenigstens was zu tun und wenn ich die Sache durchzog, hatte ich das alles schnell hinter mir. Mit einem lauten Stöhnen lehnte ich mich zurück und fühlte mich irgendwie, als hätte ich gerade eine Matheprüfung hinter mir. „So und jetzt bin ich an der Reihe!“ Ich ahnte Schlimmes, als ich das laute Rufen vom Flur her hörte und gerade kam schon meine Schwester herein, die gerade von der Schule kam und natürlich erst mal die vielen Leute in unserer Wohnung sahen. Und sie war auch nicht gerade bei bester Laune, als sie ins Wohnzimmer platzte und mich direkt fragte „Wissen Mama und Papa eigentlich, dass du hier eine Großversammlung in der Wohnung hältst?“

„Nein“, antwortete ich genervt „und das sollen sie auch nicht wissen. Ich hab Sprechstunde, also lass mich.“

„Na gut, aber sag dem da, er soll leiser sein. Ich muss Hausaufgaben machen!“ Sie deutete auf Sheol, der breit grinsend reinkam und sich ganz selbstverständlich aufs Sofa setzte und bemerkte „Deine Schwester ist echt süß. Und der Vorbau ist auch beachtlich.“ Für diesen Kommentar hätte ich ihm am liebsten die Ohren lang gezogen. „Lass die Finger von ihr, du hast bereits eine Freundin.“ Natürlich wusste ich, dass er nur Spaß machte und sich eben wie ein Teenie aufführte, aber genau die Sorte ging mir eben besonders auf die Nerven und da hatte ich auch besonders für Beyond sehr viel Mitgefühl. „Also Sheol, was führt dich her?“

„Ein paar Fragen“, erklärte er und bediente sich an den mit Beruhigungsmitteln versetzten Süßigkeiten. Ich überlegte ernsthaft, ob ich meinen Nerven zuliebe nicht vielleicht auch was davon nehmen sollte, aber ich entschied mich doch dagegen. Vielleicht brauchte sie ein anderer dringender als ich. „Erst mal will ich wissen: warum hast du mich zu einem schizophrenen Geisteskranken gemacht, als ich ein Proxy war?“ „Tja…“, murmelte ich und begann zu überlegen. „Ehrlich gesagt warst du das allererste Proxy-Design gewesen und ich hatte vorgehabt, dich ursprünglich zu L’s Halbbruder zu machen, bevor ich den Schlussakt von Last Desire geändert habe. Ich wollte mal eine Creepypasta über einen Schizophrenen schreiben, der allein in einer Bruchbude haust und im Keller ein Loch hat, welches mal zu einem Brunnen gehörte. Aus diesem Loch kommen unheimliche Geräusche und er bringt daraufhin Leute um und wirft die Leichen in das Loch, um das Monster darin ruhig zu stellen. Und seine personifizierten Wahnvorstellungen Cry, Mr. Woodpecker und Sally sind Teile seines Bewusstseins, die sich in einem Gewissenskonflikt befinden. Sally will dem Protagonisten, der übrigens eigentlich Harvey heißen sollte, helfen und ihn überreden, sich psychologische Hilfe zu suchen. Mr. Woodpecker terrorisiert ihn und stiftet ihn zum Morden an und Cry stellt die grausamen Kindheitserinnerungen dar, vor denen Harvey zu fliehen versucht. Aber da ich irgendwie nicht wirklich in die Geschichte reingekommen bin, wollte ich zumindest den Charakter in abgeschwächter Form mit in die Geschichte einbinden und hab ihn Sheol genannt. Ursprünglich war geplant, dass du glaubst, dass du nicht Nastasja, sondern das Chaos (also dem Ursprung aller Dinge) als deine Mutter ansiehst und sie zurückholen willst. Dazu willst du einen Durchgang zur Shinigami-Welt öffnen und sie aus dem Nichts befreien. Allerdings hätte es zur Folge gehabt, dass beide Welten miteinander kollidieren und sich gegenseitig zerstören. So sah die allererste Version vom Ende von Last Desire aus. Aber da du etwas schwierig einzubauen warst, habe ich dich erst mal fallen gelassen und stattdessen Elion entwickelt. Nachdem ich mich mit Anne ein wenig bequatscht hatte, wer denn nun geeigneter sei, fiel die Wahl auf Elion, der als Proxy auftauchen sollte und ich wollte dich streichen. Dadurch änderte sich auch das Ende von Last Desire.“

„Du wolltest mich streichen?“ rief Sheol und war mehr als nur sauer, was ich aber auch verstehen konnte. Ich beruhigte ihn und erklärte „Da ich dich vom Charakter her schon cool genug fand und dich mit einbringen wollte, hab ich dich zum Handlanger des Alpha-Proxys gemacht. In der zweiten Version von Last Desire, die ich nach dem Entwickeln der dritten und offiziellen Version fallen gelassen habe, wärst du getötet worden.“

„Du willst mich doch wohl verarschen.“

„Nein“, gab ich offen und ehrlich zu. Auch auf die Gefahr hin, dass er mir gleich an den Hals springen würde. Um das zu verhindern, bot ich ihm noch etwas Süßes an und da der Kerl sowieso fraß wie ein Scheunendrescher, würde er auch gleich ruhiger werden. „Die zweite Version sollte so aussehen, dass es drei Proxys gibt. Dich, Elion und Sariel. Allerdings sollte Sariel zuerst eine komplett andere Geschichte haben. Sie sollte nämlich in Wahrheit ein Klon von Nastasja sein, der zu einem Proxy wurde. Und der Antagonist der Serie sollten nicht Alice und der dunkle Elohim sein, sondern Henry Lawliet. Immerhin war er schon mal in einer meiner Fanfictions der Bösewicht gewesen. Der Unborn sollte eine Art künstlich gezüchtete Gottheit werden, aber letzten Endes war ich auch mit dieser Version nicht zufrieden gewesen. Also bin ich zu dem Ende gekommen, das jetzt gewesen ist und so hab ich dich weiterleben lassen.“

„Und mich um 15cm schrumpfen lassen und mir rote Haare verpasst!“

„Was denn? Zuerst solltest du schwarze Haare haben, aber dann hättest du wie Ajins kleiner Bruder ausgesehen und das wollte ich auch nicht. Und sieh es positiv: du lebst, du hast eine Familie und du hast eine süße Freundin.“

„Und was ist mit meinen richtigen Eltern? Was ist mit denen? Es ist nie herausgekommen, wer die sind.“ Tja, ehrlich gesagt hatte ich mir auch nie wirklich die Mühe gemacht, mir eine Geschichte dazu zu überlegen. Aber da der Junge eine Antwort verdient hatte, erklärte ich ihm „Deine Eltern sind schottischer Herkunft und früh verstorben. Dein Vater hieß Lennox McKenzie und deine Mutter Raelyn Sutherland. Und wenn du in deiner leiblichen Familie aufgewachsen wärst, hätten sie dich Russell oder Kenny genannt.“

„MEINE ELTERN WAREN KILTTRÄGER UND DUDELSACKBLÄSER???“ Sein Gesicht war einfach unbezahlbar und ich musste mir Sheol in diesem Moment einfach im Kilt vorstellen. Das war mir die Story alle Male wert. Zwar meckerte Sheol noch herum, aber in dem Fall geleitete ihn mein Helferlein Ajin ihn „freundlich“ zur Tür. Naja… wie man in seinem Fall nun mal „freundlich“ definieren durfte. So, nun hatte ich endlich Zeit, mich um Elion zu kümmern. Auf ihn hatte ich mich besonders gefreut, da er zusammen mit Ezra, Liam und Oliver zu meinen persönlichen Lieblingen zählte. Deshalb grüßte ich ihn gleich schon mit einer Umarmung und konnte mir ein freudestrahlendes Grinsen nicht verkneifen. Dafür war mir der Aufwand alle Male wert gewesen. „Hi Elion, schön dich mal persönlich zu sehen. Na? Wie läuft es so? Bist du zufrieden mit allem?“

„Ja, ich kann nicht klagen. Das Studium läuft hervorragend und ich bin glücklich mit Ezra und meiner Familie. Ist es okay, wenn ich ein paar Fragen stelle?“

„Klar doch. Dafür habe ich ja diese Sprechstunde eingeführt. Also, was genau liegt dir auf dem Herzen?“

„Ich würde gerne wissen, wieso ich zwei verschiedene Augenfarben und graue Haare habe. Außerdem… naja… mich würde interessieren, wie du auf meinen Namen und auf meinen Charakter gekommen bist.“ Ganz schön viele Fragen auf einmal und bevor ich wieder zu reden anfing, trank ich lieber noch einen Schluck. Nach dem ganzen Gequassel war mein Hals schon ganz trocken geworden. „Naja, ich bin ganz spontan auf die Idee gekommen. Ich wollte dir ein ähnlich außergewöhnliches Design geben wie Frederica, weil fast alle anderen die Standardhaarfarben haben und das Grau stand dir einfach so gut. Ich wollte dir ein Aussehen geben, an den man erkennen kann, dass du anders bist. Was die Augenfarbe betrifft, hatte ich mir gedacht: das Gelb sollte ursprünglich die Augenfarbe der Proxy-Hälfte sein, deshalb hatte auch Sheol als Proxy zwei verschiedene Augenfarben und hatte später als normaler Mensch gelbe Augen und sein rotes Auge war weg. Dein Aussehen hatte ich ein wenig von N aus der Pokemonreihe abgeschaut, weil ich ihn irgendwie süß fand, muss ich ganz offen und ehrlich zugeben. Deswegen sind da äußerlich gewisse Parallelen erkennbar. Insbesondere am Klamottenstil. Was deinen Charakter betrifft: der sollte eigentlich anders aussehen. Zuerst solltest du ein sehr stiller und introvertierter Charakter werden, der durch die ganzen grausamen Experimente innerlich in einer kompletten Hölle gefangen ist und der jeden seelisch komplett bricht, den er anfasst und ihm seine Welt zeigt. Zuerst sollte dein Ziel darin bestehen, einen persönlichen Rachefeldzug zu starten und L hält dich daraufhin auf und nimmt dich bei sich auf, aber dann habe ich mich dann doch entschlossen, dich eher zu einem sanftmütigen Kerl zu machen, der keiner Fliege was zuleide tut. So warst du mir viel lieber als ein Kerl, dessen einziges Lebensziel darin besteht, Rache an L zu nehmen, weil seine Mutter das Projekt sabotiert hat. So wurdest du zu dem, der du jetzt bist.“

„Hm, mir ist dieses Ich auch wesentlich lieber“, gab er zu und so unterhielten wir uns noch eine Weile, bevor es dann an der Wohnzimmertür klopfte und meine Schwester rief „Macht ihr mal langsam hinne? Ich will mir gleich Shopping Queen ansehen.“ Aber ich ignorierte Steffi einfach, denn es ist ja nicht meine Schuld, dass sie sich dazu entschlossen hat, ihren Fernseher zu entsorgen, nur um sich einen zweiten Kleiderschrank ins Zimmer stellen zu können. „Und außerdem“, fügte sie noch hinzu, „frisst Beyond gerade unsere ganze Marmelade weg und L macht sich gerade über die Schokolade her!“

„Nicht mein Problem!“

„Und Rumiko plündert gerade deine ganze Yaoi-Sammlung.“

„Lass sie ruhig. Die meisten kennt sie eh schon.“ Ich versuchte ruhig und entspannt zu bleiben und mich nicht aus der Ruhe zu bringen. Sonst bekam ich nur wieder Kopfschmerzen und das konnte ich gar nicht gebrauchen. Aber meine Geduld sollte noch auf die Probe gestellt werden, denn Ezra kam herein und der war auf 180. Ich hatte schon mit so etwas gerechnet, denn sonderlich glimpflich bin ich ja nicht wirklich mit ihm umgegangen. Und erst jetzt sah ich auch, wie klein ich ihn eigentlich gemacht hatte. Naja… eine stämmige junge Frau mit 1,88m Größe, einem noch größeren jüngeren Bruder und ebenso große Eltern… da neigte man auch eben schnell dazu, alle Charaktere größer zu machen und da fielen Ezra und Sheol ganz stark aus dem Rahmen. „So, jetzt wird mal Klartext geredet“, sagte er, als er sich setzte und mich finster anstarrte. Er war ziemlich auf Krawall gebürstet und hielt es auch nicht für nötig, wenigstens Hallo zu sagen. „Wie zum Teufel kommst du darauf, mich zu einem Zwerg zu machen, der wie ein Mädchen aussieht und so einen mädchenhaften Namen wie Ezra Alexis hat? Ganz zu schweigen von meiner beschissenen Vergangenheit und der Tatsache, dass ich hier der Jüngste in der Familie bin!“ Bevor ich anfing zu erzählen, bot ich Ezra vorsichtshalber was an, bevor er noch endgültig die Beherrschung verlor und einen auf Kampfknubbel machte. Dass er sauer auf mich war, konnte ich ihm nach allem ja auch schlecht verdenken. Trotzdem versuchte ich meine Entscheidungen irgendwie zu rechtfertigen. „Dein Original war sowieso schon recht klein und androgyn gewesen und da hattest du auch schon lange Haare, allerdings verschiedene Augenfarben und du warst ein Mädchen, das sich als Junge ausgegeben hat.“

„Na super“, rief Ezra und zog eine beleidigte Miene. „Das wird ja immer besser. Und wie kam ich denn bitte zu der Ehre?“

„Nun, dein Originalcharakter war ein OC aus einer Creepypastareihe, wo du ein Nebencharakter namens Ezra Trigger warst. Du hattest einen Bruder namens Cedric Raven und warst sein Beschützer. Eigentlich warst du seine ältere Schwester, hast dich aber als Junge ausgegeben, um ihn besser beschützen zu können. Das Design hab ich erst mal verändert, sodass du deutlich schmaler und etwas kleiner wurdest. Den Kapuzenpullover hab ich gelassen und ansonsten nur die Augenfarbe geändert und dich zu einem richtigen Jungen gemacht. Ich wollte dich deshalb klein und zierlich machen, damit man dich auch für ein Mädchen hält, was mit deiner Vergangenheit auf dem Strich zu tun hat und du warst von Anfang an als Nesthäkchen der Familie geplant gewesen, weil alle ungefähr im selben Alter sind und da bringst du eben frischen Wind rein.“

„Ja. Als Kind oder was?“

„Sieh es doch positiv. Du hast noch einen Teil deiner Kindheit und eine liebevolle Adoptivmutter. Am Anfang hatte ich ja vorgehabt, dass du Rumikos Pflegekind wirst und Elion als L’s Assistent arbeitet, bis ich dann auf die Idee kam, Sariel zu opfern, um Frederica zurückzuholen und Nastasja zu einer Zeitreisenden zu machen. So hast du eine Adoptivmutter, mehrere Brüder und du lebst mit demjenigen zusammen, den du liebst. Und außerdem: du bist doch gewachsen.“

„Auf mickrige 1,60m. Ja schön. Ich will aber nicht so ein Zwerg sein. Wenn schon, dann will ich so groß sein wie Elion.“

„Kannst du knicken“, erklärte ich ihm und blieb auch dabei. „Die Chancen, dass du noch so rapide wächst, ist sehr unwahrscheinlich. Und außerdem mag ich dich so wie du bist am liebsten. Mit langen brünetten Haaren, deinem aufsässigen Charakter und deiner niedlichen Größe.“ Auch wenn ich wusste, dass er mich dafür hassen würde, konnte ich einfach nicht widerstehen und ihn in die Wange kneifen. „Egal was auch kommt, du wirst immer mein süßer kleiner Liebling bleiben.“ „VERRECK DOCH!“ Aber das konnte meine Entscheidung auch nicht beeinflussen. Wenn es schon so viele groß gewachsene Charaktere in der Serie gab, die schon längst erwachsen waren, dann sollte es auch kleine junge Nesthäkchen wie Ezra geben. Und so war er eben am allerniedlichsten. Egal wie locker auch sein Mundwerk war. Schließlich kam Elion herein und holte ihn ab, bevor Ezra noch an die Decke gehen konnte. Auch Nastasja sprach noch ein ernstes Wort mit ihm, bevor sie gemeinsam mit Dathan hereinkam. Der Bibliothekar wirkte recht nervös und in dem Moment fragte ich mich, ob es an mir lag, oder ob er einfach nur so aufgeregt war. „Sehe ich wirklich so schlimm aus, dass man Angst vor mir haben muss?“ fragte ich ihn und schnell wich er meinem Blick aus. „Äh nein, das ist es nicht. Ich… ich bin nur… ein… ein wenig nervös.“

„Musst du nicht sein. Ich beiße niemanden… nur manchmal vielleicht. Also ihr beiden, wollt ihr noch etwas loswerden?“

„Ja habe ich“, sagte Nastasja und begann ihre Brillengläser zu putzen. „Warum hast du mir einen Namen gegeben, den sich kaum einer merken kann, wieso bin ich Russin und ich hoffe für dich, dass diese russischen Schimpfwörter nicht vom Google Übersetzer kamen.“ Ich konnte sie beruhigen. Es war nicht der Google Übersetzer, sondern ein paar Seiten, wo genug russische Flüche mit wörtlicher Aussprache aufgeschrieben waren. Was den Namen betraf, hatte ich eine einfache Antwort „Ich fand, dass Kasakowa ein schöner russischer Nachname ist und besser zu dir passt als zum Beispiel Petrowa oder Iwanowa. Naja, eigentlich wollte ich den Namen Anastasia nehmen, aber erstens ist er verdammt lang, zweitens muss ich da immer an diesen Zeichentrickfilm denken und Nastasja klingt drittens deutlich russischer als Anastasia. Und der Name ist immer noch besser als so Namen wie „Olga“. Der Grund, warum ich dich zur Russin gemacht habe, war der, weil ich dir einen starken, selbstbewussten und energischen Charakter geben wollte. Und vor allem laut. Und da fielen mir zuerst die Russen und die Italiener ein. Zur Engländerin wollte ich dich nicht machen, weil der Death Note Schöpfer sagte, dass L japanische, englische, russische und italienische Wurzeln hat. Und da Henry nun mal Engländer war, fiel das schon mal weg. In meinem ersten Design, wo du in Last Requiem Erwähnung findest, warst du Japanerin mit dem Namen Kaede. Aber ich wollte, nachdem wir schon Rumiko als Halbjapanerin und Oliver als Iren hatten, mal eine Russin ins Boot holen. Außerdem war das somit eine gute Verbindung zu Fredericas Zeit in Russland und ihrer Herkunft und vor allem hatte ja Eva in Russland gelebt, bevor ihre Familie getötet wurde. Das hat eine gute Verbindung geschaffen. Außerdem wollte ich einige Verbindungen zwischen deinem Charakter und dem ursprünglichen Charakter von Alice Wammy verbinden. In meiner Fanfiction „Last File“ zum Beispiel war sie unter dem Decknamen Wednesday Weather eine Wissenschaftlerin, die nach Russland geht, um in einem Forschungsinstitut zu arbeiten, um auf die Weise die Behandlungskosten für Watari aufzutreiben, der schwer krank geworden ist. Als sie dahinter kommt, dass im Institut an Menschen Experimente durchgeführt werden, rettet sie drei Kinder und versteckt sie, bevor sie selbst getötet wird. Sie war sehr religiös und eine liebevolle Person. Und daraus ist der Charakter Nastasja Kasakowa entstanden. Und die Story mit dem Institut, wo an Menschen experimentiert wird, war auch die Idee für die Proxys gewesen. Aber ich schweife ab. Da ich dir aber noch etwas mehr Originalität verleihen wollte, kam dein russisch-italienisches Temperament und deine Leidenschaft zum Kämpfen dazu. Und deine Leidenschaft für Lakritz, deine Sitzhaltung und deine Sturheit sollten dich mit deinen Söhnen verbinden. Dathan habe ich ins Boot geholt, weil ich dir nach Henrys Verlust einen Partner zur Seite stellen wollte, der mit deiner Art gut umgehen kann.“

„Und was hat es mit seinem Charakter auf sich?“ Ich wandte mich Dathan zu und fragte ihn, ob er das wirklich hören wollte, denn schön war die Geschichte nicht. Und er zögerte auch einen Augenblick, bis er dann Nastasjas Hand ergriff und sagte „Erzähl es mir“, wobei ich mir den Gedanken nicht verkneifen konnte, dass sie beide ein wirklich süßes Paar waren. „Der ursprüngliche Dathan ist ein Creepypastacharakter, der genauso aussieht und sein Gesicht hinter einem Mundschutz verbirgt. Seine untere Gesichtshälfte, sein linker Arm, sein Hals und seine Brust sind vernarbt, nachdem ihn seine Mitschüler mit Säure attackiert haben. Dathan kam als Nekromant zur Welt und das sind Menschen, die in der Lage sind, den Tod zu beherrschen. Und sie haben auch von Geburt an diese Todesaura an sich, weshalb die Menschen Angst vor ihnen haben, ohne den Grund erklären zu können. Er wurde schwer misshandelt, seine Eltern starben bei einem Flugzeugabsturz und er zog seine kleine Schwester Christie alleine mit seiner älteren Cousine auf einem Hausboot auf, welches er von seinen Eltern vererbt bekam. Dann haben seine Mitschüler das Boot angezündet und sowohl Christie als auch die Cousine und sein bester Freund sind gestorben. Dathan ist ertrunken, kam aber dank seiner Fähigkeiten wieder zurück und tötete seine gesamte Klasse, bevor er verschwand. Danach lebt er mit seinem Sandkastenfreund Jamie zusammen, der verkleidet als Frau als Valentine Killer Männer umbringt, nachdem er sie verführt.“ Dathan sah mich entsetzt an und schien in diesem Moment wohl seine Frage bereut zu haben. Einen Moment lang fragte er mich fassungslos „Wie kommst du immer nur auf solche Ideen? Schreibst du auch mal etwas… Normales?“ Die Antwort war leider nein. Ich schrieb grundsätzlich nichts „Normales“, weil das einfach nicht meine Art war und ich an solchen 08/15 Geschichten auch kein Interesse hatte. Und was die andere Frage betraf, so erklärte ich „Ich hab eben eine blühende Fantasie. Und wenn man selbst Mobbingopfer an der Schule war, dann neigt man eben dazu, seinem Charakter eine schwere Vergangenheit zu geben. Nun gut, in deinem Fall warst du komplett am ganzen Körper entstellt gewesen, aber als ich dich dann im Normalzustand gezeichnet hatte, dachte ich: ach Mensch, der sieht doch so süß aus und ihn für immer in diesem Zustand zu lassen, kannst du ihm doch nicht antun. Deshalb habe ich dir dein normales Aussehen wiedergegeben.“

„Und ich war von Anfang an als Elohims Sohn eingeplant?“

„Nein, ehrlich gesagt nicht direkt. Zuerst hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dass du ähnlich wie Nastasja aus der Vergangenheit stammst, aber das wäre irgendwie nicht sonderlich spektakulär gewesen. Es reicht schon, wenn Nastasja eine Zeitreisende ist, da braucht es nicht noch einen zweiten. Und ich habe auch irgendwie keine gute Erklärung gefunden, wie die Zeitreise in deinem Fall möglich sein sollte, da Fredericas Zeitschleife zwei Jahre später einsetzte und Nastasja auch erst viel später den Tesserakt entwickelte. Also machte ich es nicht noch komplizierter, als es eh schon war und machte aus dir Elohims Sohn. Sonst wäre ich ja noch Gefahr gelaufen, aus der Geschichte mit Projekt AIN SOPH noch ein Zeitreisenwirrwarr zu fabrizieren, wo keiner mehr durchblickt. Am allerwenigsten ich.“ Dem mussten mir die beiden zustimmen und wir waren alle froh, dass es nicht in einem konfusen Science-Ficion-Wirrwarr enden musste, der ähnlich wie bei Inception damit endet, dass keiner mehr durchblickt und alles nur noch komplizierter gemacht wurde, als eigentlich nötig war. „Und wieso hast du Alice Wammy als Antagonistin ausgesucht?“

„Was das betrifft, so hatte ich erst einmal Henry ausgesucht gehabt. Die Story hätte eine größere Tragik, wenn es jemand ist, der aus den eigenen Reihen stammt. Wenn es irgendein Fremder gewesen wäre, dann hätte es keinen direkten Bezug zu dieser Person gegeben und da ich Henry nicht mehr zum Bösen machen wollte, hab ich mich für Alice entschieden. Aus dem einfachen Grund: ich hatte sie ohnehin als verschlossene und zur Melancholie neigende Person eingestuft und da wollte ich mit ihrem Charakter auch wichtige gesellschaftliche Probleme ansprechen. Der immense Leistungsdruck, der von den Eltern ausgeht, Tablettenmissbrauch (insbesondere bei Kindern), Mobbing, Depressionen… eben die Schattenseiten des Lebens. Alice sollte die Schattenseite des Lebens verkörpern und ich wollte auch gewissermaßen eine Art Gegenstück zu diesen Mary Sue Charakteren erschaffen. Alice ist hochintelligent, begabt, wunderschön, aber sie hat Neider, sie wird gehasst und sie zerbricht an ihren Problemen. Eine gewisse Ironie steckt da schon drin, wenn man es so sieht…“

„In deiner Geschichte gibt es viel Ironie“, merkte Nastasja an und dem konnte ich nicht wirklich widersprechen. Schließlich aber wollte sie noch etwas wissen, was sie sehr interessierte. „Wie bist du auf die Idee mit dem Unborn gekommen? Das war ja schon eine recht verrückte Idee, die du dir da zusammengesponnen hast.“ Zugegeben, dafür hatte ich mich von verschiedenen Quellen inspirieren und meine Fantasie mehr als genug spielen lassen. „Ich habe mal eine Folge von Dr. House gesehen, wo ein Junge unter Halluzinationen litt, weil er einen Zwilling in seinem Körper hatte, der sich nicht weiterentwickelt hat und Druck auf sein Hirn ausübte. Und es gibt in der freien Natur ja einen Parasiten, der in der Lage ist, Insekten fernzusteuern, wenn die Sporen in den Körper gelangen. Das ist die so genannte Kernkeule. Und so habe ich mir gedacht: was, wenn es tatsächlich so einen unterentwickelten Zwilling geben könnte, der sich mit seinem gesunden Zwilling verschmilzt und sich dann wie ein Parasit im Hirn einnistet und dann später ein eigenes Bewusstsein entwickelt? Daraus entstand meine Creepypasta „Cry the Slasher“, wo ein Schüler einen Unborn hat, der zu einer rapiden Persönlichkeitsveränderung führte und schließlich zu einer gespaltenen Persönlichkeit namens „Cry“ wurde, die nach und nach Kians Körper übernahm und zu einem mordenden Psychopathen wurde. Die Idee hatte echt Potential, aber ich hatte dann irgendwie das Interesse am Creepypastaschreiben verloren und die Story blieb unvollendet. Also habe ich mir gedacht: hey, du hast so viele andere Ideen eingebracht und nachdem es schon um das „Gehirn“ geht, in welchem die Seele verankert ist, da könnte ich doch das Unbornphänomen weiterbringen und so mit den Proxys verknüpfen. Auf die Weise konnte ich die Serie noch mal etwas verlängern, ohne dass es langweilig wurde. Im Grunde ist Last Desire also reines Recycling alter Ideen, die zusammen mit alten und neuen Charakteren zusammengeschustert wurde.“ „Aber es ist dir gelungen und so konntest du endlich all die Ideen unterbringen, die du ansonsten nicht als Geschichte zustande gebracht hättest.“ Dem konnte ich nur zustimmen. Da sich das Gespräch mit den beiden soweit geklärt hatte, verabschiedete ich mich von den beiden und wünschte ihnen noch alles Gute. Da Lacie, Alice und Sariel nicht kommen würden und Joseph genauso wenig, hatte ich eigentlich angenommen, dass ich somit alle abgehakt hätte. Und nachdem Steffi wieder herummeckerte, weil Sheol ihr auf die Nerven ging und es mal wieder Krach mit Marcel und Delta gab, schickte ich die Truppe wieder nach Hause und musste feststellen, dass ich immer noch eine ganze Gruppe abzuarbeiten hatte. Und einer von den Anwesenden quarzte gerade den Flur voll. Samajim, Malakh, Abdiel und Nabi waren noch da. Außerdem warteten noch Anne Ludwig mit ihrem Schützling Kenan und auch Levi, Thomas und Hannah auf mich. Da hatte ich mich wohl zu früh gefreut. Samajim und sein Bruder zankten sich mal wieder und nahmen fast die Küche auseinander, bis Nabi und Abdiel dazwischen gingen und die Dauerstreithähne voneinander trennten, wobei ich Samajim die Zigarette wegnahm und sie ausdrückte. „Wenn du schon rauchen musst, dann gefälligst draußen. Hier in der Wohnung wird nicht geraucht.“

„Spaßbremse“, kam es nur von ihm, bis er von Nabi zur Strafe am Ohr gezogen wurde. „Ein bisschen mehr Höflichkeit, Meister. Sie ist immerhin die Autorin.“ „Und nicht nur das“, erklärte ich gereizt und wies Abdiel an, solange mit Malakh in meinem Zimmer zu warten, damit es nicht gleich wieder den nächsten Streit gab, bei dem schlimmstenfalls noch das Mobiliar in Mitleidenschaft gezogen werden konnte. „Meine Wohnung, meine Regeln. Naja, es ist eigentlich die Wohnung meiner Eltern, aber ihr versteht schon, was ich meine. So… Flitzpiepe Nummer eins mit Begleitung kann schon mal reinkommen. Und wehe du zündest dir wieder eine Kippe an, du Schmalspurpfarrer. Dann vergesse ich mich endgültig.“

„Bleib mal locker… ist ja nur eine Zigarette.“

„Meine Eltern und meine Schwester haben sich das Rauchen endlich abgewöhnt, da müssen die nicht noch in Versuchung gebracht werden. Schon schlimm genug, dass alle meine Bekannten rauchen wie die Schlote, da muss ich den Gestank nicht noch in den eigenen vier Wänden haben.“ Damit wandte Samajim sich seinem Diener zu und bemerkte „Wie es scheint, ist sie schlecht gelaunt. Vielleicht hat sie ja ihre Tage.“ „Das geht dich ja wohl überhaupt nichts an!“ rief ich und warf ihm ein Kissen ins Gesicht. Dass er auch noch über meinen weiblichen Zyklus diskutieren musste, war ja nun wirklich zu viel des Guten und da hatte ich ja wohl ein Recht darauf, ihm eins mit dem Kissen zu verpassen. Und beim nächsten Mal gab es eben was anderes. Nachdem Nabi ihm auch noch mal ein paar Takte gesagt hatte, folgte eine kurze Entschuldigung. Danach fragte mich der Sefira mit den türkisfarbenen Augen, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe, ihn mit so einem Meister zu strafen und dass er selbst so androgyn aussehen musste. „Und vor allem: warum ist er Pfarrer?!“

„Na weil es gut zu seinem Namen passt, denn Samajim bedeutet ja „Himmel“ und deiner „Prophet“. Außerdem passt es zu seiner Rolle als Ältester und ihr dürft eines nicht vergessen: viele Yaoi-Fans stehen auf Romanzen mit einem gut aussehenden Pfarrer, insbesondere wenn der andere ein Dämon ist.“ Ich verfiel in ein schwärmerisches Seufzen und konnte mir meine Fantasien nicht verkneifen. „Und außerdem: Meister und Diener… das ist so ein heißes Pairing, das wollte ich schon immer mal machen.“ Ich war so hin und weg und fing vor Begeisterung fast schon zu kreischen an, da wandte sich Samajim mit einem amüsierten Lächeln Nabi zu und meinte „Und du nennst mich pervers.“ Ich ignorierte den Kommentar und erklärte ihnen, dass ich mit den beiden etwas Humor in die Serie bringen wollte. „Last Desire ist aufgrund der vielen tragischen Storys und der traurigen Hintergrundgeschichte schon düster genug und mit euch beiden wollte ich die Stimmung etwas mehr auflockern. Vor allem weil es auf dem letzten Drücker sowieso immer ernster wurde. Und wie gesagt: ein Master & Servant Pairing hat extrem viel Potential, es ist absolut heiß und dann noch die Kombination mit dem Pfarrer… doppelt gemoppelt hält besser und das ist der Höhepunkt meiner persönlichen Yaoi-Fantasien. Was dein Design betrifft, Nabi, da bin ich offen und ehrlich: es ist eigentlich kein neues. Ich habe es von einem meiner alten Fanarts für einen OC angekupfert. Der Charakter hieß Chris Dullahan und war leidenschaftlicher Theaterschauspieler. Ich fand ihn irgendwie total süß und irgendwie hatte ich die ganze Zeit nur ihn im Kopf, als ich dein Design erstellen wollte. Samajim wollte ich im Stil der mächtigeren Sefirot machen: charismatische Ausstrahlung und längeres blondes Haar. Während du eher wie der etwas verträumte und sensible Typ wirkst, sollte Samajim vom Aussehen erhabener und charismatischer wirken, eben weil er zu den mächtigsten Sefirot gehört. Und blondes Haar ist unter den Unvergänglichen eine weit verbreitete Haarfarbe. Und wie gesagt: ich hab euch als Nebencharaktere eingebaut, um ein bisschen mehr Heiterkeit in die Geschichte zu bringen und für ein paar witzige Momente zu sorgen, da es wegen Eva, Elion, Ezra, Jeremiel und Alice sowieso schon ernst und düster genug war. Außerdem brauchten die anderen einen Ansprechpartner, der sie auf die richtige Spur bringt, denn sonst hätten sie nie zu Alice gefunden. Und dass Samajim zu etwas extravaganten Spielchen neigt… das kommt daher… na ja weil…“

„Weil du pervers bist.“

„Irgendwie scheinen das aber auch alle von mir zu denken, was?“

„Wundert’s dich bei den Sachen, die du schreibst? Ein beträchtlicher Teil deiner Sexkapitel hat mit Bondage und Sextoys zu tun, oder mit ungewöhnlichen Schauplätzen.“

„Na und? In DRAMAtical Murder haben sie es am Strand, in der Hintergasse oder aber direkt vor einem Spiegel oder einem Fenster getrieben. Und bei Togainu no Chi hat der beste Freund von Akira ihn mit einem Schraubendreher vergewaltigt.“ Kurze Blicke wurden ausgetauscht und darauf folgte von Samajim der Kommentar „Das erklärt, woher sie das hat.“ So langsam hatte ich echt das Gefühl, die beiden waren nur hergekommen, um mich zu ärgern. Naja, was hatte ich bei Samajim auch anderes erwartet? Er war eben manchmal ziemlich frech mit seinen Kommentaren und ich hatte gewusst, worauf ich mich einlasse. Nun… zumindest hatte ich das angenommen… „Und was mich außerdem interessieren würde“, sagte Samajim schließlich und sein Blick hatte schon fast etwas Strafendes. „Wieso musstest du mir einen Bruder ans Bein binden?“ „Was denn?“ fragte ich frech und grinste verschlagen. In diesem Moment empfand ich eine gewisse sadistische Genugtuung nach all seinen Frechheiten. In solchen Momenten konnte ich echt ein Arsch sein. Aber dieser freche Teil lag eben in der Familie. „Eva hat einen Bruder, Miswa und Nazir sind Geschwister, warum sollst du keinen jüngeren Bruder haben, der dir mal so richtig schön auf den Piss geht? Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Sei froh, dass ich noch Abdiel dazugenommen habe. Ich hatte nämlich erst vorgesehen, dass Malakh versuchen wird, dir Nabi auszuspannen.“

„Du bist echt der Teufel“, zischte der Blondhaarige und sah mich giftig an. Allein die Vorstellung, dass sein nerviger Bruder versuchen würde, ihm seinen geliebten Nabi auszuspannen, war für ihn ein einziger Alptraum und dass er nicht gerade die höchste Meinung über mich hatte, war mir jetzt mehr als deutlich klar geworden. „Ach ja“, rief ich, da ich fast noch etwas vergessen hatte. „Zu Nakash wollte ich auch noch etwas erzählen. Zuerst hatte ich nämlich vorgesehen, dass er auf Nabi steht und einen sehr hinterhältigen Charakter besitzt. Deshalb auch sein Name. Aber da Nabi ja sowieso schon in Liebesdingen so unsicher und sensibel ist, wollte ich ihm das nicht auch noch antun. Es reicht ja schon, wenn er so einen schwierigen Meister hat, da kann er einen treuen Freund besser gebrauchen, bei dem er sich den Frust von der Seele reden kann.“

Samajim sah mich so finster an, dass ich fast das Gefühl hatte, er wolle mich umbringen. Auch Nabi entging dies nicht und so verabschiedete er sich und verließ mit seinem Herrn das Wohnzimmer. Nachdem die beiden gegangen waren, wollte ich dann Malakh und Abdiel abarbeiten, damit ich mich zu guter Letzt um Anne und Kenan kümmern konnte. Um es schneller zu machen, bat ich Malakh und Abdiel zusammen herein und der Erste von beiden sah fast genauso angefressen aus wie Ezra. Mit verschränkten Armen saß er da wie ein trotziger kleiner Junge und funkelte mich finster mit seinen lavendelfarbenen Augen an. „Warum musstest du mich mit so einem Bruder strafen und mich erstens so aussehen lassen wie einen Teenager und was soll das mit Abdiel?“ Sofort bekam er eine Kopfnuss von seinem Diener verpasst. „Etwas mehr Respekt bitte.“ Ich ließ mich nicht beirren und begann die Sache zu erklären. „Du bist lange nach Samajims erstem Auftritt erschienen, also ist er mit einem Bruder gestraft worden und nicht umgekehrt. Und ich wollte ihm eben einen Bruder geben, der ihn auf die Palme bringen kann und der ganz anders ist. Zuerst hatte ich dich ja eingebaut, weil du zuerst versuchen solltest, ihm Nabi auszuspannen, aber dann habe ich mich eben anders entschieden. Und außerdem habe ich dich doch nicht zum absoluten Teenie gemacht. Immerhin hast du deinen Bruder dieser mehr als heftigen Prüfung unterzogen und sowohl ihm als auch Nabi einen Heidenschreck eingejagt.“

„Mag schon sein“, räumte Malakh ein „aber mich trotzdem so jung zu machen…“

„Du bist eben sein jüngerer Bruder und wie gesagt: du solltest einen Kontrast zu Samajim und dennoch einige Gemeinsamkeiten haben. Und deine ständigen Versuche, deinen älteren Bruder zu besiegen, sollte eben auch ein Teil deiner Persönlichkeit sein. Du bist eben in der Hinsicht der typische kleine Bruder, der seinem großen Bruder nacheifert und außerdem habe ich dich so jung gemacht, weil du zwar der Meister in der Beziehung mit Abdiel bist, aber er ist der Obere von euch beiden.“ Malakhs Blick verfinsterte sich nur noch weiter und er stand schon auf, um auf mich loszugehen, da versteckte ich mich sicherheitshalber hinter Ajin und auch Abdiel versuchte seinen Herrn zu beruhigen. „Warum machst du mich hier zum Uke, verdammt?“ rief der Blondschopf mit den lavendelfarbenen Augen und bekam wieder eine Kopfnuss von Abdiel verpasst. „Weil es eben langweilig wäre, wenn ich noch ein Master & Servant Pairing mache, wo der Meister der Seme ist. Ich will jedem Pairing eben etwas Individuelles verleihen, ebenso wie jeder Charakter individuell ist. Und außerdem seid ihr beiden ein total süßes Paar und trotz allem spielst du in der ersten After Story eine wichtige Rolle und beweist auch, dass du was auf dem Kasten hast. Und du hast ja auch einen tollen Charakter. Immerhin hast du Abdiel das Leben gerettet und kümmerst dich gut um ihn. Und jetzt mal im Ernst: jemand mit so einem Temperament wie du braucht auch mal hin und wieder eine ordentliche Schelte.“ Malakh sah mich an, als wolle er mich einen Kopf kürzer machen, aber er sagte nichts, da er damit rechnen musste, wieder von Abdiel eins auf den Deckel zu bekommen. Nun hatte aber Abdiel eine Frage. „Wie ist denn jetzt eigentlich mein richtiger Name?“ Ich überlegte kurz, wie ich ihn am besten selbst auf die Antwort bringen könnte und fragte ihn deshalb „Was genau isst du denn am allerliebsten?“

„Na Maronen und Esskastanien“, antwortete er, allerdings schien der Groschen noch nicht ganz gefallen zu sein. Und deshalb versuchte ich ihm noch ein bisschen zu helfen. „Was bedeutet Kastanie denn auf Hebräisch? Immerhin habt ihr ja fast alle hebräische Namen, mit Ausnahme von Nazir und Rakshasa.“ Abdiel dachte kurz nach und dann endlich hatte er die Antwort. „Armon! Also mein richtiger Name ist Armon?“ Ich nickte und Abdiel war erst mal überrascht. Aber dann wandte er sich Malakh zu und meinte „Ich glaube… ich bleibe doch lieber bei meinem anderen Namen. Immerhin habt Ihr mir den gegeben, Meister.“ Doch er war noch etwas unsicher und wandte sich mir zu. „Ist… ist das okay für dich?“ „Klar, kein Problem“, erklärte ich sofort. „Ehrlich gesagt finde ich Abdiel auch viel schöner und wie du schon sagtest: es ist ein Name, den Malakh für dich ausgesucht hat und da ist er eben ein sehr persönliches Geschenk an dich. Ihr beiden macht das schon und ihr seid auch ein süßes Paar.“ Abdiel lächelte zufrieden und schien glücklich zu sein. Malakh hingegen wirkte immer noch recht genervt, sagte aber nichts mehr und so gingen auch die beiden.

Um die Sache zu beschleunigen, da es auch langsam spät wurde und ich schon seit knapp drei Stunden mit den Gesprächen dran war, bat ich Thomas, Hannah und Levi zu dritt herein. Sie nahmen auf der Couch Platz, nachdem sie mich kurz begrüßt hatten. Kaum, dass sie sich gesetzt hatten, erklärte Levi „Wir wollen es nicht allzu lange machen. Wir sind eigentlich nur hier, weil wir mehr über die Hintergründe erfahren wollen, warum du die Nephilim eingebracht hast und wieso wir in die After Story eingesetzt wurden und nicht in die Hauptgeschichte.“

„Das hätte überhaupt nicht in die Hauptgeschichte gepasst“, erklärte ich und warf eine Kopfschmerztablette ein, denn so langsam machte sich der Stress bei mir bemerkbar. Und kaputt war ich obendrein. „Die Storyline beinhaltete drei verschiedene Phasen: zuerst die Zusammenführung von Evas Familie mit dem Beenden der Zeitschleife. Dann folgte Jeremiels Rückkehr und der Proxy-Plot. Der dritte Teil war schließlich der Schlussakt, nämlich das Ende von Projekt AIN SOPH mit dem Tod des Alpha Proxys und der Wiedererweckung von Ain Soph. Zwar hatte ich den spontanen Einfall mit Evas Ehemann, aber leider konnte ich den Plot nirgendwo einbauen, weil es einfach nicht reinpasste. Und so kam ich auf die Idee mit der „After Story“, wo sozusagen ein Cut gemacht wird und ein Sequel erscheint, das ein paar Monate nach den Geschehnissen stattfindet und dennoch einen wichtigen Punkt darstellt, der aber nicht zentral in der Geschichte sein wird: nämlich Liams und Jeremiels Verlobung, die einen guten Grund darstellt, dass die Familie wieder zusammentrifft und du dann reinplatzt, Levi.“

„Aha… und was hat es mit meinem Charakter auf sich?“

„Du warst Teil meiner verworfenen Creepypasta-Idee, in der Frederica die Nowgorodzeitschleife verursacht, in eine parallele Dimension reist und dann ihre Seele in diverse Fragmente aufspaltet. Du stammtest auch aus dieser Zeitschleifendimension, konntest aber entkommen und hattest seitdem auch einen goldenen Ring in der Iris, der dich mit der Nowgorod-Zeitschleife verbunden hat, wodurch auch dein Körper immer um Mitternacht zurückgesetzt wurde. Du hast versucht, die anderen Flüchtlinge zu finden, um mehr über das Zeitschleifenphänomen herauszufinden und hast diverse Identitäten gehabt. Als John Walker hast du für die italienischstämmige Mafiafamilie Varesco als Auftragskiller gearbeitet, als Jesse Miltner warst du Detektiv und Informant und als Jeremy Fisher warst du Uhrenmacher. Wenn du deinen Job gemacht hast, warst du stets höflich und hattest fast schon das Auftreten eines Adligen, warst dabei aber eiskalt, herablassend und zynisch. Als Waffe hattest du einen Dolch und deine Uhr hattest du stets bei dir, um deine Zeitschleifen punktgenau einzusetzen, oder die Zeit zurücksetzen zu können. Der Tod war das einzige Hobby, was dir noch geblieben war und du hast deine Opfer brutal massakriert, durch die Zurücksetzung der Zeit zurückgeholt und so oft umgebracht, bis sie seelisch völlig gebrochen waren. Da warst du ein kranker Psychopath.“ Entgeistert blickte mich Levi an und schüttelte den Kopf und meinte „Na du hast ja Fantasien…“ „Ich mag es eben extrem“, erklärte ich ihm. „Jedenfalls wollte ich dich dann auch noch einbringen, da du der Letzte aus der Zeitschleifengeschichte warst, den ich noch übrig gelassen hatte. Und da habe ich dich zu Evas Ehemann gemacht. Da warst du aber kein misanthropischer, zynischer Pessimist, der zudem ein brutaler Killer ist, sondern ein ruhiger und pragmatischer Typ, der für gewöhnlich Einzelgänger ist, aber dennoch auf andere Acht gibt. Insbesondere auf die Nephilim und deine ungebrochene Loyalität zu Eva sollte dein stärkstes Charaktermerkmal sein. Zuerst sollte dein Handicap nur eine einfache Gesichtsblindheit sein, die durch den Sturz damals im Wald verursacht wurde. Aber das hätte nicht viel Sinn gemacht, weil Eva sie hätte beheben können. Also habe ich deshalb entschieden, dass du dieses Handicap als Preis für die Taschenuhr erhalten hast, mit der du so alt werden konntest, ohne zu sterben. Ich wollte aus dir einen talentierten und einen eher kühlen Charakter machen, der eher ein Kämpfer als ein emotionaler Mensch ist, aber das ist mir irgendwie nicht so wirklich gelungen. Nun gut, als Head Hunter bist du recht kühl und dein Lebensinhalt besteht nur aus Kämpfen und der Suche nach Eva. Aber als Privatperson bist du da ganz anders, als hättest du zwei verschiedene Seiten. Ich war erst etwas frustriert, dass du überhaupt nicht so geworden bist, wie ich dich eigentlich gerne gehabt hätte, weil du nicht ernst genug warst für mich, aber letzten Endes war ich mit dem liebevollen Ehemann und dem Beschützer der Nephilim doch ganz zufrieden und habe dich dann so gelassen.“ Levi nickte und ließ die Geschichte erst einmal sacken. Natürlich war es harter Tobak zu erfahren, dass sein originaler ein verbitterter und sadistischer Psychopath war, der Unterhaltung darin fand, Menschen umzubringen und das gleich mehrmals. Hannah legte einen Arm um seine Schultern, um ihn aufzumuntern. Da Levi schwieg und keine Fragen mehr hatte, fragte die Naphil mich „Und was ist mit mir und Thomas?“

„Ihr stammt aus meinem Creepypasta Extra „Umbra“, welches zur Dream Weaver Serie gehörte. Die Thule-Gesellschaft studierte in den 20er Jahren an einem Wesen, welches Dream Weaver genannt wurde. Gottähnliche Wesen, die Träume und Realität beherrschen konnten. Die Nazis wollten Menschen mit diesen Fähigkeiten ausstatten und Thomas gehörte zu den Prototypen und war ein Konstrukteur. Leute wie er konnten das Unterbewusstsein ihrer Mitmenschen hacken und manipulieren und sie zu ihren Marionetten machen, aber auch ihren eigenen Körper verändern. Neben dir gab es andere Konstrukteure, aber du warst nicht in der Lage, deine Fähigkeiten bei anderen einzusetzen. Du wurdest von klein auf zum Killer ausgebildet, um Hitler zu töten. Während des Krieges bist du dann Hannah begegnet, die selbst im Waisenhaus aufgewachsen ist und von Geburt an herzkrank war. Du hast auf sie aufgepasst und nach der Teilung Deutschlands bist du der Stasi beigetreten und hast Hannah gerettet, als sie von der DDR als Versuchskaninchen missbraucht werden sollte. Du bist dann in den Westen geflüchtet zusammen mit ihr und hast sie vorerst bei einem Konstrukteur zurückgelassen. Danach wurde Hannah verschleppt, zu einem Monster gemacht und verbrachte knapp 58 Jahre damit, Menschen zu verschlingen, bis sie gerettet wurde. Ihr hattet dann geheiratet und einen gemeinsamen Sohn namens Noah. Euren Charakter habe ich so gelassen wie in der Originalgeschichte. Hannah ist die herzensgute und liebevolle junge Ehefrau, die sich nichts Sehnlicheres als eine eigene Familie wünscht und Thomas ist der kühle, militante und etwas wortkarge Einzelkämpfer mit dem finsteren Blick. Deinen Charakter habe ich übrigens Levi aus „Shingeki no Kyojin“ nachempfunden, weil ich ihn einfach so cool finde. Aber ich habe dich insoweit sympathischer gemacht, indem du nämlich 58 Jahre lang nach einem Weg suchst, um Hannah zu retten und eine Möglichkeit zu finden, sie wieder zu einem Menschen zu machen. Diese Eigenschaft habe ich dann auch auf Levi übertragen und sein Vorname ist somit ein kleiner Insider. Nämlich dass Teile seines aktuellen Charakters und seine unglaubliche Kampfkunst auf deinen Originalcharakter basieren, den ich wiederum an Levi aus dem Anime angelehnt habe.“

„Und was soll das mit den Nephilim“, fragte mich Thomas direkt, ohne näher auf seine Hintergrundgeschichte einzugehen. Auch für diese Geschichte hatte ich meine Gründe. „Ich dachte mir: wenn es die Vergänglichen und Unvergänglichen gibt, dann muss es auch etwas dazwischen geben, nämlich so was wie Halbblüter. Und so kam ich auf die Nephilim. Und in der After Story wollte ich nicht nur auf Levi und Eva eingehen, weil das ein wenig unspektakulär gewesen wäre. Ich wollte auch den vorherrschenden Rassismus und den Radikalismus der Sefirot noch mal etwas weiter vertiefen und zeigen, wer die Leidtragenden der ganzen Geschichte sind. Ich versuche in meiner Serie eben viele Probleme anzusprechen. Versuche an Menschen, Vergewaltigung, familiäre Probleme, Depressionen, Medikamentenabhängigkeit, Leistungsdruck, Krankheiten, Verlust von Angehörigen und Freunden, Verzweiflung und auch Rassismus, Menschenverachtung, Hass und Intoleranz. Das sind Themen, die mir selbst sehr nahe gehen und die ich unbedingt ansprechen will. Und die Nephilim sind das beste Beispiel dafür, was der Hass gegen andere Rassen verursacht und wer letzten Endes die Leidtragenden sind.“ Damit hatte ich ihnen alles erklärt und auch meine Beweggründe ausgiebig erläutert. Somit erhoben sich die drei, bedankten sich für das Gespräch und verabschiedeten sich.

So hatte ich letzten Endes nur noch zwei, die es abzuarbeiten galt. Und zum Glück waren die beiden nicht so anstrengend. Schlussendlich kamen schließlich Anne Ludwig und ihr Schützling Kenan herein. Der Kleine hielt die ganze Zeit über ihre Hand fest und setzte sich auch gleich neben sie. Im Arm hatte er einen Stoffteddybären, der eine große blaue Schleife trug. Da ich von Anne wohl nicht erwarten konnte, dass sie überhaupt etwas sagen würde, sagte ich einfach „Ich erzähl dir einfach mal etwas zu den Hintergründen, okay?“ Ein kurzes Nicken war die einzige Antwort und so begann ich zu erzählen. „Dein Original war ein alter OC namens Anne Hartmann. Du warst das Dienstmädchen eines berühmten Illusionisten namens Dimitrij, der sich den Decknamen Fear Illusion zugelegt hat. Da hattest du auch schon so ein ähnliches Aussehen, warst aber das Ergebnis eines Experiments gewesen. Man hatte deine DNA mit der einer speziellen Quallenart gekreuzt, die sich selbst regenerieren kann, wodurch du nicht mehr altern konntest und sich dein Körper binnen Sekunden wieder regeneriert hat.“

„Anne ist eine Qualle?“ fragte Kenan sofort und sah mich mit großen Augen an. Ich musste mir ein Lachen verkneifen und erklärte „Nein, Anne ist keine Qualle. Das war in einer alten Geschichte, wo sie Fähigkeiten von ganz besonderen Quallen hatte.“

„Also ich mag Quallen, die sehen so schön aus! Genauso wie du, Anne“, rief er direkt und sogleich streichelte Anne mit einem liebevollen Lächeln seinen Kopf. „Jedenfalls warst du schon da eine starke Kämpferin, sehr ernst und bedingungslos loyal und warst eine der geheimnisvollsten und zugleich stärksten weiblichen Charaktere, die ich je kreiert habe. Deinen Namen habe ich deshalb ausgesucht, weil „Anne“ für „Anmut“ die „Schöne“ steht. Im Hebräischen bedeutet dein Name „Gnade Gottes“, aber das passt ja nicht so wirklich zu dir, wobei… auf Kenan bezogen eigentlich schon. Dein wahrer Name „Kabrana, was übersetzt „Totengräberin“ bedeutet, passt da ganz gut zu deiner kaltblütigen Killer-Seite. Jedenfalls hatte deine Vorgängerin schon zu Fear eine sehr enge Verbindung und du hast wirklich alles getan, um ihn zu beschützen. Dieser hatte aber graue Haare gehabt und war auch schon längst erwachsen gewesen. Und hier habe ich mir eben gedacht, ich gebe deinem Schützling den Namen Kenan und gebe ihm rotbraunes Haar und grüne Augen, was mich in der Kombination ein wenig an meinen OC Jesse Wyatt erinnert. Für den Namen habe ich mich ganz spontan entschieden, weil ich finde, dass Kenan ein sehr schöner Name ist. Zum einen bedeutet er „Waffenschmied“, aber auch „Paradies“. Eigentlich zwei völlige Gegensätze, aber sie passen wiederum in Bezug auf dich, Anne. Denn für Kenans Leben würdest du jeden umbringen, der eine Gefahr für ihn ist. Und durch ihn hast du etwas gefunden, das du mit aller Macht beschützen willst und hast jemanden, der dein kaltes Herz ein wenig auftauen kann. Selbst wenn es nur für ihn ist. Du selbst weißt vielleicht nicht, warum du dir Kenan so wichtig ist, aber ich glaube, ich kann es dir erklären. Du selbst hast mit ansehen müssen, wie deine Eltern getötet wurden, deine Ersatzfamilie hat dich im Stich gelassen und du wurdest verraten, verkauft und fast getötet. Und als du die anderen retten wolltest, haben sie dich als Monster abgestempelt und verjagt, weshalb du dich entschlossen hast, ganz alleine zu leben und niemandem zu vertrauen, niemanden zu lieben und nie wieder die Nähe zu jemandem zu suchen, weil du nirgendwo dazugehörst. Doch auch Kenan ist dir ähnlich. Auch er war ganz alleine, nachdem seine Eltern ihn in der Menschenwelt zurückgelassen haben und er auf sich allein gestellt war. Er hat dich an dein altes Ich erinnert. An das kleine verängstigte Mädchen, das du damals warst und das damals gestorben ist. Du wolltest nicht nur Kenan beschützen, sondern auch die kindliche Unschuld in ihn, die du damals für immer verloren hast. Und du wolltest ihm das geben, was dir selbst immer verwehrt blieb, weil du nicht nur ihn, sondern weil du ein Stück weit auch dich selbst retten willst. Den allerletzten Funken Liebe in dir, den du abtöten wolltest. Kenan soll ein besseres Leben haben und niemals Leid erfahren, so wie du. Das ist deine Motivation, mit der du sein Leben beschützt.“ Anne schwieg und sah mich mit diesen eiskalten gelben Augen an, die an die Augen eines Adlers erinnerten. Sie sagte nichts und erhob sich schließlich wortlos, was so viel hieß wie „Das war alles, was ich hören wollte“ bedeuten sollte und sogleich erhob sich auch Kenan, wobei ich ihn aber noch kurz aufhielt und fragte „Und Kenan? Bist du glücklich bei Anne?“ „Ja!“ rief er mit kindlicher Begeisterung und seine Augen leuchteten regelrecht. „Ich hab sie ganz doll lieb und will für immer bei ihr bleiben. Anne, wir bleiben doch für immer zusammen, oder?“ Die schwarzhaarige Halb-Naphil lächelte liebevoll und streichelte wieder seinen Kopf, dann nahm sie seine Hand, um mit ihm zu gehen. Da die beiden der letzte Besuch für heute waren, begleitete ich sie zur Tür, um die zu verabschieden. Als sie schon aus der Wohnung raus waren, wandte sich Anne noch ein letztes Mal zu ihr um und unsere Blicke trafen sich. Und immer noch ruhte diese Kälte und Ablehnung in ihren Augen. Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, was sie noch wollte, aber dann sagte sie ein kurzes „Danke“ und ging zusammen mit Kenan, der mir noch zuwinkte und sich auch verabschiedete. Ich sah den beiden hinterher und war mir erst nicht sicher, wofür sich Anne bei mir bedankt hatte. Vielleicht wegen Kenan, der ihr die Zuwendung geben konnte, die sie selbst nie erfahren hatte und der ihr hartes Herz wenigstens ein bisschen erweichen konnte. Zufrieden kehrte ich ins Wohnzimmer zurück, wo ich mein treues Helferlein Ajin zurückgelassen hatte und der gerade dabei war, wieder diese beiden Störenfriede Clear und James rauszuschmeißen, die über die Balkontür einbrechen wollten. „So“, sagte ich schließlich und klatschte kurz in die Hände. „Damit hätten wir jetzt alle durch. Danke für deine Hilfe Ajin. Ich glaube, du kannst deinen Feierabend jetzt auch ganz gut gebrauchen.“

„Kein Problem. Und es hat mir ja auch Spaß gemacht, den beiden Flachzangen die Ärsche aufzureißen.“

„Ach die sollen doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Ich geh mich erst mal ausruhen. Nach den Schimpftiraden kann ich eine kleine Erholung jetzt auch gut gebrauchen. Die anderen denken jetzt wahrscheinlich auch, ich hätte sie nicht mehr alle.“

„Scheiß doch drauf“, meinte Ajin nur mit einem Schulterzucken. „Wenn die herummeckern, dann ist das deren Pech. Du machst deinen Job und gut ist. Und wenn es denen nicht passt, sollen sie sich doch ins Knie ficken.“ Da hatte Ajin nicht ganz Unrecht, allerdings merkte ich noch an „Vielleicht hätte ich es nicht ganz so hart formuliert. Aber noch mal Danke für alles. Gibt es noch irgendetwas, das du wissen willst oder worüber du dich beschweren willst?“ Ajin dachte kurz nach, schüttelte aber nur den Kopf und meinte „Nö, ich bin soweit zufrieden. Und wissen brauch ich auch nichts. Du weißt ja: ich bin Gott. Ich weiß alles, kann alles…“

„…und darf alles“, ergänzte ich und lachte. „Ja, da hast du auch Recht. Naja, zumindest darfst du alles, solange dir deine Freundin keinen Strich durch die Rechnung macht. Mach’s gut, Ajin. Bis zum nächsten Mal.“ Damit verschwand er, wie es für einen Gott seines Formats nun mal üblich war, einfach durch die Wand, als wäre er ein Geist. Wie er immer zu sagten pflegte: Gott gab es schon vor den Türen, also braucht er die Scheißdinger auch nicht zu benutzen.

Tja, so war ich nun endlich wieder alleine und begann wieder Ordnung zu machen. Ich war froh, dass ich das erledigt hatte und lächelte zufrieden, als ich in mein Zimmer zurückzog und aufs Bett legte. Mochte sein, dass einige meiner Schützlinge vielleicht sauer auf mich waren oder nicht die beste Meinung von mir hatten. Aber letzten Endes waren sie doch alle glücklich und hatten ihr Happy End bekommen. Und das war es ja letzten Endes, worauf es ankam.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück