Zum Inhalt der Seite

Innere Zerrissenheit

Liebe verändert
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Diesmal nur ein kurzes Kapitel. Das Schreiben fällt mir gerade bissel schwer. Habe aber schon tolle Ideen für die kommenden Kapitel :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lebe Wohl

Oscars Schritte hallten laut durch die weitläufigen Korridore des Schlosses. Die Szenerie, auf die sie blickte, wirkte bizarr: Das ganze Schloss schien ausgestorben, alle Säle waren menschenleer.

 

Ohne nachzudenken war sie, einem inneren Impuls folgend, losgestürmt und hatte Girodell verdutzt stehen lassen.

 

Oscars Leben drohte sich maßgeblich zu verändern. Mit Unbehagen hatte sie das drohende Unheil vor ihrem inneren Auge auf sich zukommen sehen.

 

Oscars schnelle Schritte nahmen ihr den Atem und ließen ihr Herz so heftig gegen ihre Brust schlagen, dass man meinte, es würde gleich zerspringen. Alles um sie herum verschwamm.

 

Völlig entkräftet stürzte sie in den großen Saal – alle Augen ruhten auf ihrer aufgebrachten Gestalt.

 

Oscars entsetzter Aufschrei durchbrach jäh die aufgekommene Stille. Unaufhaltsam hallte er durch den großen Saal und ging allen, die ihn vernahmen durch Mark und Bein. Blankes Entsetzen spiegelte sich in diesem Schrei - Todesangst.

 

Fassungslos sackte Oscar schließlich neben ihrem Freund zusammen. Ihre ausdruckslosen Augen waren weit aufgerissen, jeglicher Glanz war ihnen entwichen. Vollkommen erstarrt betrachtete sie ihn.

 

Andrés Körper lag nun regungslos in ihren Armen. Nahezu unwirklich erschien Oscar die Situation.

Der Schock hatte sie so sehr vereinnahmt, dass ihr die Gesichtszüge entglitten waren. Ihre Bestürzung verzerrte ihre sonst so feinen und anmutigen Züge zu einem grotesken, maskenartigen Ausdruck, der starr auf ihrem Gesicht lag.

 

Vollkommen aufgelöst begann sie schließlich, André zu schütteln und anzuschreien.

„Andréee…, Andréee…! André, lass mich nicht allein, hörst du?! Verlass mich nicht, André!“ schluchzte sie unaufhörlich in ihrer tiefen Verzweiflung.

 

Keine Regung. Andrés Augen starrten nur leblos an ihr vorbei ins Leere.

 

Oscar begann zu zittern. Ihr Gesicht war mittlerweile von der quälenden Erkenntnis ihres Verlustes schmerzverzerrt. Unaufhaltsam rannen ihr die Tränen übers Gesicht, während sie mit aller Gewalt auf Andrés leblosen Körper einschlug - so als könnte sie ihn damit wiederholen und alles ungeschehen machen. Aber nichts geschah. Verzweifelt vergrub Oscar schließlich ihr Gesicht an Andrés Brust und fing an zu schreien. Sie schrie all ihren Schmerz heraus und vermochte sich nicht mehr zu beruhigen.

 

Völlig entkräftet sank sie schließlich neben ihm zusammen. Sanft umfasste sie sein Gesicht und strich ihm liebevoll eine Haarsträhne aus der Stirn. Dann sah sie in seine Augen. Diese Augen, in denen kein Leben mehr war, aus denen jeglicher Glanz gewichen war.

 

Sie hatte ihn verloren. Für immer. Ihren besten Freund, ihren Seelenverwandten. Nun war er fort und sie konnte nichts daran ändern. Er hatte sie einfach alleine gelassen!

 

Ihre Gedanken überschlugen sich in ihrer Verzweiflung.

 

Zorn stieg in ihr auf. Wütend hob sie den Kopf von Andrés Brust und funkelte den Verursacher allen Übels überreizt an. Abrupt zog sie ihren Degen, hielt dann aber doch in ihrer Bewegung inne. Normalerweise wäre sie sofort aufgesprungen und hätte Gerechtigkeit eingefordert, aber nicht jetzt, nicht in dieser Situation. Es ging doch um André, um ihren André! Sie durfte ihn jetzt nicht alleine lassen, musste bei ihm bleiben!

 

Behutsam legte sie ihren Kopf zurück auf seine Brust und schmiegte ihren aufgebrachten Körper an den Seinen. Während sie sanft über seine Wange strich, griff sie mit der anderen Hand nach seiner und verschränkte sie in seinen Fingern. Bedächtig strich sich mit ihrem Daumen über seinen Handrücken. Sie spürte seine kalte, leblose Hand. Ihre Hände wurden feucht. Überall war Blut. Unaufhaltsam strömte es aus seinem Körper und nahm ihm so das Leben. Und sie konnte nichts dagegen tun. Sie war machtlos, konnte nur bei ihm bleiben und zusehen, wie das Leben aus ihrem Freund wich.

 

Oscar kam alles so unwirklich vor. Viel zu grausam. Wie in einem Alptraum. Sie hatte noch versucht André zu retten, doch sie kam zu spät, hatte nichts mehr ausrichten können..

Vollkommen entkräftet fing nun auch ihr Bewusstsein an, der Wirklichkeit zu entgleiten…Andrés Namen dabei die ganze Zeit auf ihren Lippen…

---

Erschrocken fuhr Oscar hoch. Benommen rieb sie sich den schweren Kopf und sah sich im Raum um. Als ihr Blick auf ihre Hand fiel, setzte ihr Herz einen Takt lang aus. Ihr Atem stockte, dann überschlug sich ihr Herz und raste unaufhörlich.

 

Es war also doch kein Traum gewesen! Ihre Finger waren noch immer in Andrés Hand verschränkt und noch immer lag er regungslos an ihrer Seite. Sie hielt die Luft an und sah sich um. Die Szene kam ihr so vertraut und dennoch ganz unwirklich vor.

 

Sie befanden sich nicht mehr im Schloss, sondern in ihrem Gemach. Andrés Kopf war ganz nahe bei ihrer Hand. Doch was Oscar dann sah, ließ ihr schließlich das Blut in den Adern gefrieren. Die Nässe auf ihrer beider Hände kam nicht von Andrés Blut! Sie kam von seinen Tränen!

 

Verwirrt blickte sie auf ihren Freund. Nervös hielt Oscar den Atem an und rührte sich nicht. Und da spürte sie ihn! Ihr Blick klarte auf. Sie konnte Andrés gleichmäßigen Atem spüren! Unvermittelt begann sie sich hektisch zu bewegen und André zu schütteln. Sie begann erneut nach ihm zu rufen. Ihre aufgebrachten Bewegungen  musste sie jedoch gleich wieder einstellen, nachdem ein stechender Schmerz durch ihre Schulter jagte und ein Schmerzenslaut ihrem Mund entfloh.

 

Unmittelbar schreckte auch André hoch und beugte sich sofort zu ihr herunter. Er sah sie eindringlich an.

 

 „Oscar …Oscar, du darfst dich nicht bewegen“, sprach er leise und versuchte sie sanft in die Kissen zurück zu drücken – doch sie ließ es nicht zu.

 

Haltsuchend klammerte sie sich an ihn, so als wolle sie sich vergewissern, dass er noch da war. Schließlich vergrub sie ihr Gesicht an seine Brust.

„Ach André…du bist ja da…! Ich fürchtete du hättest mich verlassen, André“, entfloh es ihr in ihrer Aufregung. Vollkommen aufgelöst löste sie sich und sah ihn eindringlich an. Unbewusst festigte Oscar ihren Griff.

 „Verlass mich niemals, ja? Versprich es mir! Mein Leben hat keinen Sinn ohne dich“ murmelte sie,  wandte ihren Blick ab und lehnte ihren Kopf wieder an seine Brust. Ihre Hände waren  noch immer fest in seinen Leib gekrallt, als wolle sie ihn festhalten, so als wolle sie sichergehen, dass er sie wirklich nicht verlässt.

 

André selbst war so überrascht von Oscars Reaktion, dass er ihre Suche nach seiner Nähe vollkommen verblüfft zuließ, ohne zunächst die Regeln des Anstandes zu befolgen und sie abzuweisen. 

 

Als er merkte, dass Oscars Atem ruhiger wurde, drückte er sie sanft von sich und sah sie bestimmt an.

 

„Oscar, du bist schwer verletzt. Du darfst dich nicht zu hastig bewegen“ sprach André ihr ruhig zu und drückte sie vorsichtig zurück in die Kissen.

„Bei dem Versuch die Prinzessin zu retten hast du dich schwer verletzt. Ihr seid zusammen von dem Pferd gestürzt mit dem die Prinzessin ausreiten wollte. Du wärst beinahe verblutet. Ein Wunder dass du noch lebst!“ Andrés Stimme brach. Tränen stiegen in seine Augen.

 

Betroffen sah Oscar ihren Freund an. Er wandte sich ab und sprach leise, kaum hörbar weiter: „Ich dachte wirklich ich würde dich verlieren, Oscar!“

 

Oscar schluckte schwer. Wortlos nahm sie seinen Schmerz wahr. Es war derselbe Schmerz, der sie ebenfalls gerade noch geplagt hatte. Die qualvolle Angst, den wichtigsten Menschen zu verlieren hatte beide sichtlich aufgewühlt.

 

„Ich fürchtete auch, dich verloren zu haben, André! In meinem Traum hatte der König dich zum Tode verurteilt, weil er dir die Schuld für den Unfall der Prinzessin gab“, sprach Oscar ihre Gedanken aus. Ihre Stimme zitterte.

 

Nun lag Andrés Blick wieder auf ihrer Gestalt. Seine Augen leuchteten und ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Du hast mich gerettet, Oscar! Nur deine mutige Fürsprache vor dem König hat mich vor dem Schafott bewahrt. Ich verdanke dir mein Leben!“

 

Für einen Moment trafen sich noch einmal ihre sorgenschweren Blicke.

 

 „Überleg mal, Oscar! Da wäre es uns Beiden beinahe an den Kragen gegangen!“, lachte André plötzlich unvermittelt auf. Oscar sah ihn verdutzt an, schien dann aber zu verstehen und stieg dankbar in seinen Versuch, ihr die Sorgen zu nehmen, ein.

„Da hast du aber Pech gehabt, André! Nun musst du dich auch weiterhin von mir schikanieren lassen“, scherzte nun auch Oscar und stimmte heiter in sein Lachen ein.

 

Eine Weile saßen sie noch beisammen und genossen stillschweigend die Präsenz ihres Gegenübers.  Dann nahm André Oscars Hand und erhob sich. „Erhol dich gut, Oscar. Wir brauchen dich hier!“, sagte er nun wieder in einem ersten Ton und verließ den Raum. Oscar sah ihrem Freund mit einem Lächeln auf den Lippen nach. André selbst aber lehnte, sobald er die schwere Tür zu Oscars Salon geschlossen hatte, entkräftet mit dem Rücken dagegen. Tränen rannen ihm umaufhaltsam über sein Gesicht. Seine Wangen glühten. Er brauchte einige Minuten, um sich wieder zu beruhigen.

 

Mit ernstem Blick machte er sich auf den Weg zu seiner Kammer. Er hatte sich soeben geschworen, alles dafür zu geben, Oscar zu beschützen und wenn er sein eigenes Leben dafür geben musste.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  abcdefg123
2015-10-04T01:51:58+00:00 04.10.2015 03:51
Wau, ein tolles Kapitel! Wie du die Angst der beiden um einander beschreibst - man sie die Szene vor sich und muss mitleiden. Sehr kraftvoll geschrieben. Ich bin scho gespannt, wie es weiter gehen wird und freue mich darauf!
Antwort von:  abcdefg123
04.10.2015 03:53
Ich glaube, es ist schon zu spät, was habe ich denn da zusammen geschrieben??? ;-)
Von:  Prof_Moriarty
2015-09-20T16:54:26+00:00 20.09.2015 18:54
Das hast du wieder sehr schön geschrieben. Bin ich froh, dass es nur ein Traum war. :-)
Deine Idee, den Leser am Anfang des Kapitels hinsichtlich des Opfers zu täuschen, finde ich super. Das war eine gelungen Überraschung.
Mach weiter so! :-)
Von:  Saph_ira
2015-09-14T19:31:07+00:00 14.09.2015 21:31
Mir gefällt es immer wieder, wie du die Träume darstellst als wäre es Wirklichkeit - einfach grandios und man kann sich mit jeder Zeile, mit jedem Wort in die Figuren hineinversetzen. ;-) Ich bin gespannt wie es weiter zwischen den beiden läuft und was du so alles für sie parat hast - mach weiter so. :-)
Von:  chrizzly
2015-09-14T11:06:04+00:00 14.09.2015 13:06
ach ja war ich jetzt erschrocken. Prima, echt große Klasse. Ist wieder wirklich sehr sehr schön geworden. Mir gefällt deine Wortwahl und das du alles so bildhaft schreiben kannst. So viele Gefühle und Emotionen, es macht richtig spaß zu lese. Mach weiter so. Großes Lob!!!!!
Von: abgemeldet
2015-09-13T17:41:49+00:00 13.09.2015 19:41
Was für ein Schmerz, den du den beiden zufügst! Was für eine Kraft und unermessliche Bedeutung in deinen wohl gewählten Worten liegt! Ein gelungenes und unglaublich gefühlsstarkes Kapitel! Mehr braucht es gar nicht...

Ich weiß wie es ist, wenn das Schreiben plötzlich seine Leichtigkeit verliert - obwohl Ideen da sind. Lass dich davon nicht entmutigen. Eine kleine Auszeit befreit von dem verpflichtenden Gefühl, unbedingt und schnell weiter schreiben zu müssen. Ich bin überzeugt, dass du uns danach für jede Wartezeit reich entschädigen wirst. ;)


Zurück