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Echoes

Marco x Ace
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Musikempfehlung:

Vagabond – Tommee Profitt
I know your Secrets – Tommee Profitt Komplett anzeigen

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Prolog


 

»Dafür, dass ihr bis heute einen Kerl wie mich, in dessen Adern das Blut eines Dämons fließt, geliebt habt…dafür danke ich euch…«
 


 

"An einem Tempel ist ein Gedicht mit dem Titel 'Verlust' in Stein gemeißelt. Es hat nur drei Worte, doch der Dichter hat sie ausgekratzt. Man kann Verlust nicht lesen, nur empfinden."
 


 


 

Die Planken und Dielen des Schiffes ächzten im festen Griff des Meeres,- ein Geräusch wie das trauernde, erstickte Schluchzen einer glücklosen Witwe. Der säuselnde Wind pfiff um Bug und Heck und ließ das Wasser wispernd gegen den mächtigen Kiel schwappen, welcher unbeeindruckt durch die Wellen pflügte.
 

Dieses Schiff war eines der Schwesternschiffe der Moby Dick, nach deren Vorlage es gefertigt wurden war; es glich dem Original nicht aufs Haar und doch hätte ein flüchtiger Beobachter den Eindruck bekommen können, dass Whitebeards Flaggschiff wieder auferstanden wäre.
 

Aber dieses Schiff war nichts weiter als ein Abbild, ein weiteres Fossil aus der alten Zeit, welchem es nicht vergönnt gewesen war mit seinem Kapitän und seiner Schwester unterzugehen.

Ein Schicksal, welches ein Pirat im Inneren der beinahe baugleichen Kopie nur allzu schmerzlich teilte…
 

Eine einzelne Kerze warf ihr fadenscheinig warmes Licht in die düstere Kajüte des Phönix und zeichnete grotesk flackernde Schatten an die Wände, während Marco selbst still an seinem Schreibtisch saß und mit stumpfen, leeren Augen in die Finsternis starrte.
 

Erneut rauchte er zu viel, stützte den schweren Kopf in seine Handfläche und führte die Zigarette in einer harschen, beinahe groben Bewegung an seine spröden Lippen,- die Kajüte war inzwischen schon durchdrungen von den dichten Rauchschwaden und selbst ihm fiel auf, dass die schwere, dicke Luft unangenehm in der Lunge kratzte.

Doch was machte das schon,- das Fabelwesen in seiner Brust würde ihn nicht sterben lassen. Nicht an so etwas banalem wie einer Rauchvergiftung…
 

Du würdest es hassen.

Du würdest dich lautstark beschweren.

Du würdest mir jetzt vermutlich den Glimmstängel entreißen, ihn genüsslich zwischen deinen Fingern verbrennen und mich dabei schadenfroh angrinsen…
 

Doch der Raum blieb still und dunkel und keine Feuerfaust polterte durch die Tür, um sich Gehör zu verschaffen. Niemals wieder würde das passieren…

Die Stille kreischte beinahe misstönend in Marcos Ohren und machte das Fehlen des - für ihn unverwechselbaren - Lachens damit nur umso deutlicher.
 

Seine Hand fand automatisch die verstaubte Flasche Rum auf dem Tisch, ohne dass er aufsehen musste,- er kühlte sich die heiße Stirn an dem verhältnismäßig kaltem Glas, hoffte, dass seine Gedanken ebenso erstarren mochten wie die Eisschollen rund um eine Winterinsel.
 

Träge setzte er die Flasche an seine Lippen, die Bewegung schon eher mechanisch, als wirklich bewusst ausgeführt, bevor der brennende Alkohol seine Kehle hinabglitt und doch nichts hinfort zu spülen vermochte…
 

Die Wunden der Schlacht waren inzwischen vernarbt, der Phönix in ihm hatte ganze Arbeit geleistet. Doch die inneren, die seelischen Verletzungen würden niemals so einfach verschwinden,- sie blieben, schwärend und schmerzend.

Wenn man Glück hatte, würden sie vielleicht irgendwann zu einem dumpfen Pochen werden, was sich mit Beharrlichkeit in den Hintergrund drängen ließ, doch keineswegs gänzlich heilen würde.
 

Marco wusste, dass es für ihn eigentlich viel zu tun gab,- viel zu viel, um hier zu sitzen und sich seiner Trauer hinzugeben. Ihm oblag nun die Pflicht die Position des Kapitäns zu besetzen und das Gefüge in der Crew und die Organisation ihrer Allianzen und Gebiete wieder ins Gleichgewicht zu bringen, das nach der Schlacht am Marineford erheblich aus der Bahn geraten war.
 

Er wusste, er müsste sich darum kümmern, damit das Vermächtnis ihres Vaters nicht im Chaos versank und die Whitebeard-Piraten weiterhin bestehen konnten, so wie Pops es gewollt hätte,- damit sie seine Flagge und seine Ehre hochhalten konnten und nicht führerlos und verloren über die Meere taumeln mussten, losgelöst wie zu lockere Taue, die im Sturm peitschten.
 

Doch Marco brachte die Kraft dafür noch nicht auf. Er versuchte noch immer vor der Wahrheit zu flüchten, sich vor ihr zu verschließen, weil er einfach nicht akzeptieren konnte, wie schrecklich viel sie alle, wie viel er verloren hatte…
 

Zuerst Thatch, seinen treuen, herzlichen Freund.

Dann Whitebeard, seinen geachteten und verehrten Vater.

Und schlussendlich Ace,- Ace, seinen geliebten Bruder, dessen Verlust noch einmal um so vieles schmerzhafter in sein Herz schnitt...
 

Es gab keine Worte, die beschreiben konnten, wie er sich fühlte,- keine Heilung für diesen schrecklichen Schmerz, den weder gute Medizin noch die Flammen des Phönix würden jemals gänzlich auslöschen können. Keine Linderung für diese Pein, die nicht zu sehen war und doch wie ein tiefer, klaffender Riss durch seine Seele lief.
 

Ein Vater war dazu verdammt, vor seinen Kindern von dieser Welt zu gehen.

Whitebeard hatte das gewusst und seine Familie ebenso; es war keine Erleichterung, nichts, was seinen Verlust begreiflicher und ertragbarer machte, doch war ihnen allen immer klar gewesen, dass der Tag kommen musste, an dem sie ihn verlieren würden,- nicht umsonst hatte er Marco schon seit einer ganzen Weile als seinen Stellvertreter herangezogen.
 

Doch Ace, Ace war einfach zu jung gewesen - verdammt nochmal - viel zu jung, um zu sterben!

Niemals hätte Marco sich darauf vorbereiten können, ihn vor der Zeit zu verlieren,- den Gedanken hätte der Phönix nicht einmal in den dunkelsten Stunden der Nacht zugelassen. Für ihn war diese Möglichkeit so fern und abwegig gewesen wie die Vorstellung, dass die Sonne eines Tages vom Himmel fallen könnte.

Wie dumm er doch gewesen war,- wie selbstverständlich er jeden Moment, jeden geteilten Augenblick angenommen hatte…
 

Ich hätte es sein müssen, nicht du!

Derjenige, der stirbt, hätte ich sein sollen, um dir zu beweisen, wie ernst mir meine Zuneigung war.

Um dir zu zeigen, dass deine Existenz weder verflucht noch verschmäht war, wie du es so oft geglaubt und immer befürchtet hast.
 

Ja, ich kannte sie, deine Ängste,- ich habe sie so oft in deinen dunklen Augen gesehen oder hinter deinem kecken Lachen gehört. Ich wusste von diesem Schatten, den du dir selbst aufgebürdet hattest und dem du nie gänzlich entfliehen konntest.

Und gerade deshalb ist es nicht fair, einfach nicht fair, dass dich der Tod holte und mich verschmähte…
 

Marcos Faust donnerte auf den Tisch, der diese Behandlung unbeeindruckt über sich ergehen ließ, obwohl blaue Flammen wütend über seine Knöchel zuckten. Mit einer Mischung aus Resignation und Zorn betrachtete er das flackernde Spiel des Phönix‘ Feuer, ließ seine Finger gänzlich in dem blauen Leuchten verschwinden, bevor er die Flammen entschlossen löschte.
 

Dieses verdammte Feuer…wozu ist es gut, wenn ich nicht einmal meine Familie beschützen, weder meinen Vater, noch meinen Bruder retten konnte?

Warum - zur Hölle - bin ich nur so nutzlos, verflucht zur Untätigkeit,- zur immerwährenden Wiedergeburt aus den blauen Flammen, während um mich herum alles vergeht?
 

Er schleuderte die Rumflasche in einer für ihn selten unbeherrschten Regung an die Wand, wo sie in einem hellen Klirren zersprang,- der Rest des Alkohols färbte die Holzbretter dunkel und breitete sich wie ein unseliger Blutfleck dort aus.
 

Marco drückte die fad gewordene Zigarette achtlos auf der Tischplatte aus und schnippte sie zu ihren unzähligen, bereits gefallenen Gefährten, die auf dem Boden lagen. Wer einmal den Himmel gekostet hatte, konnte einfach nichts mehr finden, was auch nur im Entferntesten an diesen Geschmack heranreichen würde,- nichts gab es, was diese Sehnsucht stillen konnte, egal, wie viel man trank oder rauchte.
 

In welchem Moment nur bin ich so verdammt schwach geworden?

In welchem Augenblick nur hast du mein Herz so bitter-süß durchbohrt, dich mit deiner frechen, lebhaften Art dort hineingegraben, sodass dieses Loch - das du hinterlassen hast - scheinbar nichts mehr zu füllen vermag?
 

Eigentlich war es nicht nur ein Moment, das war Marco klar,- denn wie ein Wassertropfen allein nicht „Regen“ und eine Blüte allein kein „Garten“ sein kann, so kann man auch einen einzelnen Augenblick niemals „Leben“ nennen.

Leben ist das Aneinanderreihen von Augenblicken,- Momente, gespannt wie auf eine Perlenschnur, in deren Gesamtheit allein sich das Schicksal ergibt, für das wir uns entschieden haben,- es gab so unzählig viele gemeinsame Augenblicke, die ihn zu Ace getrieben hatten wie den verlorenen Seefahrer zum tröstenden Licht des Leuchtturmes.
 

Ich ertrage den Verlust nicht, Vater.

Denn ich kann ihn nicht beschreiben, ihn nicht teilen, nicht heilen.

Nur erdulden, nur fühlen.
 

Marco stand auf und trat langsam an das Bullauge seiner Kajüte heran, angelockt durch das zaghafte Flackern von Licht, welches sich von draußen im Glas spiegelte.

Der Phönix lehnte einen Arm gegen das Fenster und ließ den Kopf gegen jenen sinken, während er unter schweren Augenlidern in die Nacht blickte.
 

Ein Meer aus tausend Lichtern erhellte den bodenlos tiefen Ozean um ihr Schiff,- kleine, filigrane Blüten aus buntem Pergament gefaltet schwebten schwerelos über das Wasser, trugen tapfer brennende Kerzen auf die weite See hinaus, um an die gefallenen Brüdern zu erinnern.
 

Die Whitebeard-Piraten setzten die Lichter rund um das Schiff behutsam im Wasser aus, während ausnahmslos jedes Crewmitglied an Deck stand und schweigend unter dem Angesicht der Nacht ihren verlorenen Freunden gedachte,- allen voran Edward Newgate - ihrem Kapitän, ihrem Behüter - und natürlich Puma D. Ace, ihrem geliebten Bruder, ihr aller Licht…
 

Unzählige der sorgsam gefalteten Blüten trugen Ace‘ Farbe, waren von feuerroter Schönheit, andere der Schiffchen erinnerten in reinem Weiß an einen der einst mächtigsten und stärksten Piraten der Meere. Selbst das warme Braun - Andenken an Thatch, den ebenfalls niemand vergessen hatte - war unter den bunten Papierblumen auszumachen.
 

Mit Thatch hatte es begonnen, geendet mit dem Tod ihres Leitsterns, ihres Vaters und dem Erlöschen von Ace‘ unvergleichlichem Feuer, welches ihnen nun nie mehr würde die Herzen erwärmen können…
 

Marco sah den flackernden, davontreibenden Kerzen nach, während sich bedrückende Stille über das Schiff senkte. Er erkannte die Schemen von Haruta, Izou, Vista und Jozu, die nah beieinander an der Reling standen und trauernd die Köpfe gesenkt hielten,- er sollte eigentlich da draußen unter ihnen sein und ihren Schmerz teilen, ihn tragen und ihnen Hoffnung geben…
 

Doch er wusste, dass er es nicht konnte.

Er wusste, dass er in diesem Moment nicht einen Bruchteil der Stärke seines Vaters aufzubringen vermochte, die man eigentlich von ihm erwartete…
 

Der Phönix tätigte einen bebenden Atemzug, dann barg er das Gesicht in zitternden Fingern und ließ sich kraftlos an der Wand neben dem Fenster zu Boden sinken.
 

Wie soll ich nur weitermachen…ohne euch?
 

Wie soll ich weiterleben…ohne dich?
 

Gott verdammt, du fehlst mir so…
 

Ace…

Das Echo eines neuen Abschnittes

»Marco, ich will, dass du den Frischling unter deine Fittiche nimmst. Kümmere dich um Ace. Der Junge hat wahrlich Feuer, echtes Potenzial, aber er weiß es noch nicht recht einzusetzen.«
 

»Pops, bei allem nötigen Respekt, aber ich habe eigentlich genug mit meinen eigenen-…«
 

»Gurarararara…Marco, das war keine Bitte, mein Junge. Ace braucht jemanden, der ihm den Weg zeigt und ein bisschen auf ihn achtgibt. Und ich denke, du bist genau der Richtige dafür. Was der Hitzkopf an Übermut zu viel hat, dass kannst du mit deiner Ruhe und Besonnenheit ausgleichen. Glaub mir, aus ihm wird ein wertvolles Mitglied unserer Familie werden, du wirst schon sehen…«
 

»Natürlich. Was auch immer du wünschst, Vater…«
 


 

Zwar ein wenig unwillig, aber gezwungenermaßen hatte sich Marco dem Befehl Whitebeards schlussendlich doch gefügt, obwohl er sich wahrlich etwas schöneres vorstellen konnte, als Babysitter für diesen Hitzkopf zu spielen, der neuerdings zwar mit ihnen segelte, sich aber so ganz und gar nicht in die Crew integrieren wollte,- gut, wenn man seine Ambitionen einmal außen vor ließ, den Kapitän hinterhältig ermorden zu wollen.

Es hatte ja jeder schließlich seine ganz eigenen Methoden, um sich beliebt zu machen, nicht wahr?
 

Und trotzdem hatte sich Marco für seine Verhältnisse eigentlich viel zu schnell von Pops breitschlagen lassen, hatte zu wenig für seine Standpunkte argumentiert und sich damit seiner neuen Aufgabe Ace nun doch angenommen.
 

Was ihr Vater in diesem Kerl sah, der ständig versuchte, ihm das Lebenslicht auszublasen, konnte sich der Phönix zwar immer noch nicht wirklich erklären, aber er musste zugeben, dass er langsam doch neugierig auf den Jungen wurde, der solch einen eisernen und unbeugsamen Willen an den Tag legte. Jede Niederlage schien den Kleinen nur noch mehr anzustacheln und seinen Ehrgeiz erst recht zu entfachen,- im Stillen bewunderte Marco das durchaus und zollte Ace für seinen Mumm Respekt.

Allerdings würde er ihm das ganz bestimmt nicht sagen, um ihm nicht auch noch Höhenflüge zu verschaffen...
 

Gerade führte er die Feuerfaust über das Schiff und erklärte dabei sachlich die grundlegenden Regeln und Gesetze an Bord, während er ihm die relevant wichtigen Räume und Örtlichkeiten auf der Moby Dick zeigte.
 

Der Junge stapfte recht lustlos und wenig begeistert mit den Händen in Hosentaschen hinter ihm her und beschränkte sich auf einsilbige Kommentare, wenn er denn überhaupt etwas von sich gab.

Auf Marco machte er nur mehr den Eindruck eines schmollenden Kindes; irgendwie kratzte das dann doch an dem Ego des Phönix,- er gab sich immerhin wirklich Mühe, auf den Rotzlöffel zuzugehen, dafür konnte der eigentlich auch langsam mal ein wenig Anerkennung und mehr guten Willen zeigen.
 

Naja, immerhin hatte Marco es ja schon mal geschafft, dass Ace etwas aß und nicht mehr nur unzufrieden und über seinen Gedanken brütend in einer Ecke des Decks hockte,- das war ja schon mal ein kleiner Fortschritt und erfüllte den Phönix mit eigentlich eher seltenem Stolz, da er es geschafft hatte, zu dem Jungen durchzudringen.
 

Der verflog aber rasch wieder, als ein glühend heißer Feuerball haarscharf an seinem Ohr vorbeizischte und kurz darauf in der Luft verpuffte. Marco blieb mit verkrampften Kieferknochen stehen, sodass Ace im nächsten Augenblick ungebremst in seinen Rücken lief, weil er offenbar nicht mit dem plötzlichen Stopp des Kommandanten gerechnet hatte.
 

Der Phönix wandte sich betont ruhig zu dem Feuerteufel um, der sich die geprellte Nase rieb und starrte diesen mit einem bedrohlich verengten Blick in Grund und Boden,- nun, zumindest war das der Plan, doch der Bengel erwiderte seinen Blick verbissen und dickköpfig, ohne klein beigeben zu wollen.
 

Marco hob eine Hand und Ace spannte sich sofort an, als wollte er sich für einen Angriff wappnen. Doch der Phönix zog nur ungerührt eine Packung Zigaretten aus seiner Hemdtasche und steckte sich eine davon zwischen die Lippen.
 

Dann hob er auffordernd eine Augenbraue und beugte sich zu Ace hinüber, der ihn mit offener Verwirrung anstarrte und irritiert blinzelte, da er wohl eigentlich eine gänzlich andere Reaktion erwartet hatte,- die dunklen Augen der Feuerfaust flackerten einen Moment unsicher und er biss sich flüchtig auf die Unterlippe, was dem Phönix beinahe ein amüsiertes Schmunzeln entlockt hätte.

Aber nur beinahe.
 

Da hatte der Kerl immer eine solch große Klappe und nun war er so schnell verunsichert,- hinter seiner vorlauten Art schien wohl wesentlich mehr im Dunkeln zu liegen, als man auf den ersten Blick vielleicht erwarten mochte.
 

»Wenn du schon mit dem Feuer spielen willst, dann mach dich wenigstens nützlich…«, schlug Marco praktisch vor und deutete auf seine Zigarette.
 

»Vergiss es! Seh‘ ich etwa aus wie dein persönliches Feuerzeug, oder was?!«, giftete Ace missmutig und verschränkte trotzig die Arme vor der nackten Brust. Von Klamotten schien der Bengel auch nicht viel zu halten,- kam sicher gut bei den Mädchen in seinem Alter an, wenn man den doch beeindruckenden Körperbau des Feuerteufels so betrachtete…vielleicht war’s aber auch einfach ein mehr oder minder praktischer Nebeneffekt seiner Teufelskräfte.
 

Kaum zu glauben, dass ein junger Kerl wie er tatsächlich an eine Logia-Frucht gekommen war und deren Fähigkeiten sogar noch unter Kontrolle hatte bringen können. Selbst die Stellung als Samurai der Meere hatte man Ace schon in diesen jungen Jahren angeboten, doch er hatte einfach abgelehnt,- vielleicht musste sich der Phönix eingestehen, dass er eigentlich doch gar nicht so abgeneigt von seiner neuen Aufgabe war, denn entgegen seiner Erwartung faszinierte ihn der Bengel ja doch irgendwie...
 

»Wenn du nicht willst, dass ich dich gleich als persönlichen Putzlappen für das Deck missbrauche, zeigst du dich lieber ein bisschen kooperativer...«, erwiderte Marco trocken.
 

Er konnte förmlich beobachten, wie Ace‘ Widerstand erwachte - herausfordernde Flammen züngelten durch dessen dunklen Augen - und ihm wahrscheinlich schon irgendein frecher Spruch auf der Zunge lag, doch irgendetwas hielt ihn dann doch zurück,- womöglich der warnende Blick des Phönix oder dessen nervös zuckendes Augenlid.
 

Mit verkniffenem, mürrischem Gesichtsausdruck fügte sich Ace zähneknirschend, hob seinen Zeigefinger und ließ an jenem eine winzige Flamme emporlodern, woran Marco seine Zigarette zufrieden entzünden konnte.

»Geht doch…« Genüsslich sog er den aromatischen Rauch in die Lungen, um jenen dann ungerührt in das Gesicht des Dunkelhaarigen zu entlassen.
 

Ace rümpfte die sommersprossige Nase und wedelte theatralisch mit der Hand vor dem Gesicht herum, während er den Blonden vor sich finster musterte. Dieser Typ war eindeutig eine Klasse für sich mit seiner eigenwilligen Frisur und diesem unverwechselbarem, dauermüdem Blick, der Marco stets etwas Abwesendes und Desinteressiertes verlieh,- aber Ace ahnte bereits, dass dieser Eindruck mehr als täuschte. Dieser Mann war wachsam und er sah alles, davon war die Feuerfaust überzeugt.
 

Er wusste nicht recht, was genau es an dem Blonden war, aber der Kerl strahlte eindeutig Autorität aus und das suggerierte Ace zumindest ein winziges Maß an Vorsicht,- Marco war immerhin der Kommandant der ersten Division von Whitebeards Piratenbande und damit auch quasi dessen direkter Nachfolger und Vize.
 

Die stoische Ruhe dieses Typen hatte doch eine gewisse, respekteinflößende Wirkung auf die Feuerfaust, sogar irgendwas beruhigendes, sodass Ace sich widerwillig genötigt fühlte, Marco zumindest zuzuhören und ihm nicht mehr als nötig auf die Ketten zu gehen,- auch wenn es ihn natürlich unheimlich reizte, seine Grenzen bei dem Kommandanten auszutesten. Ob der Kerl die Augen eigentlich auch mal ganz aufbekam?
 

Mit einem kleinen, fast ergebenem Seufzen löschte Ace die kleine Flamme an seinem Finger und ließ den Blick nachdenklich über das Deck der Moby schweifen,- dieses Schiff war wirklich gewaltig und trotz seiner Größe so belebt und angefüllt mit Gelächter und Geräuschen wie eine florierende Hafenstadt. »Meinst du, es kann hier wirklich einen Platz für mich geben…?«, war ihm die Frage schon schneller entschlüpft, als dass er nochmal darüber hätte nachdenken können.
 

Marco hob verwundert eine Braue und sah auf seinen Schützling hinab, der plötzlich ja regelrecht in Plauderlaune zu verfallen schien. Ace hatte den Kopf ein wenig gesenkt und der Schatten seines Hutes verbarg damit nun einen großen Teil seines Gesichtes, doch der Phönix konnte zumindest die auf einmal sehr angespannte Linie seiner Lippen erahnen.
 

»Natürlich«, antwortete er überzeugt auf die leise Frage. »Wenn du es zulässt, dann kann dieses Schiff hier dein Heim, diese Bande deine Familie werden. Es gibt keine bessere, glaub mir.« Marcos Mundwinkel hoben sich zu einem ehrlichen, fröhlichen Lächeln. Er stand vollkommen hinter dem, was er sagte.
 

Ace sah nun doch auf und musterte den Kommandanten prüfend,- in seinen dunklen Augen haftete dieser unbestreitbare Hauch von Zweifel und Unsicherheit. »Du respektierst ihn sehr, den alten Mann, nicht wahr?«
 

Marco nickte ohne Zögern, während er einen Schwall Zigarettenrauch durch die Nase ausstieß. »Das tue ich, yoi. Und Vater verdient es auch. Er behandelt uns alle gut, alle gleich und schenkt uns allen einen Platz, an dem wir willkommen sind. Er hat uns noch niemals falsch geleitet und uns noch nie enttäuscht.«
 

Ace zog die Nase kraus. »Diese Sache mit dem Vater…findet ihr das nicht eigentlich ein bisschen albern?!«, schnaubte er in kindischer Ablehnung.
 

»Wie ich schon sagte, es ist nur ein Wort, Feuerteufel...« Marco patschte dem Jungen in einem Anflug von plötzlicher Sympathie die Hand auf den Hut, was Ace mit einem unwilligen Murren quittierte. »…was dahinter steht ist viel entscheidender«, erklärte der Phönix, während er mit der Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger geklemmt eine untermalende Geste vollführte. »Dahinter steht für uns Zuhause, Zusammenhalt und Zugehörigkeit, wie in einer richtigen Familie eben. Und Piraten wie wir sind dankbar für diesen Ort, an dem wir einfach wir selbst sein können.«
 

»…einfach…man selbst…«, wisperte Ace mit eigentümlichem Wehmut in der Stimme, während er auf das Meer hinaus blickte und sein Gesicht einen seltsam sehnsüchtigen Ausdruck annahm. Abwesend kaute er sich auf der Unterlippe und schien mit seinen Gedanken plötzlich sehr weit weg zu sein.
 

»Oi, was ist los, Kleiner? Wirst du jetzt etwa melancholisch?«, stichelte Marco mit gehobener Braue und zog Ace die Hutkrempe tief ins Gesicht hinab,- irgendwie gefiel ihm dieser verlorene Ausdruck in den sonst so lebhaften Augen des Jungen ganz und gar nicht.
 

»Ach, halt die Klappe! Mir geht’s gut…« Ace schob sich den Hut ruppig zurück auf den Kopf und sein Blick versprühte wieder genau jene Funken, die Marco schon vermisst hatte.
 

Dann stapfte Ace hoch erhobenen Hauptes an dem Kommandanten vorbei, der eben seine Zigarette wieder an die Lippen heben wollte, nur um festzustellen, dass diese zu winzig kleinen Ascheflöckchen zerbröselt war. Marco blinzelte seine Hand einen Herzschlag lang verwirrt an,- vorwitzige, rote Flammen waberten noch in der Luft, deren Ursprung der Mittelfinger der Feuerfaust war.
 

Den streckte der Junge dem Kommandanten nämlich im Gehen über die Schulter entgegen. »Mach dir mal lieber Gedanken um dich selbst. Zu viel rauchen ist in deinem Alter nämlich schlecht für die Konstitution«, wagte es der Bengel ihn tatsächlich mit einem frechen Grinsen aufzuziehen und ihm die Zunge entgegen zu strecken.
 

Marco starrte Ace kopfschüttelnd hinterher, bevor er in seinem Hemd nach der Schachtel Zigaretten tastete, um zu bemerken, dass diese leer war. »In meinem Alter, yoi….«, murmelte er nachdenklich, bevor sein Kopf auch schon empört wieder in die Höhe ruckte. »Oi, was soll das denn heißen, Rotzlöffel, he!?«

Das Echo eines Irrtums

»Nun komm schon her, du blauer Truthahn…!« Ace balancierte schwankend über das kaum handbreite Holz der Takelage und wich bedacht den dicken Tauen aus, die sich unversehens in gefährliche Stolperfallen verwandeln konnten.

Auf seinem Rücken baumelte der heißgeliebte Hut, welchem ihm der forsche Seewind hier oben auf dem höchsten Mast der Moby bereits von den dunklen Haaren gerissen hatte, die nun ungestüm durch die Luft flatterten und ihm in das sommersprossige Gesicht wehten.
 

Doch der junge Mann war weit davon entfernt Angst zu haben, obwohl er nur einen falschen Schritt davon entfernt schien, sich den Hals zu brechen,- seine Gedanken waren nämlich von etwas gänzlich anderem als Gefahr eingenommen, wenn man seine hungrig glimmenden Augen und das erwartungsfrohe Schmatzen richtig deutete.
 

Voller Vorfreude näherte sich Ace langsam dem Objekt seiner Begierde, welches sich nach zwei Tagen endlich einmal wieder zeigte,- ein lautes Magengrummeln bestärkte die Feuerfaust noch in ihrem Vorhaben, sich eine ganz besondere Mahlzeit zu ergattern. »Heute bist du fällig, Piepmatz!«, behauptete er siegessicher mit breitem Grinsen in Richtung seiner Beute.
 

Schon öfters hatte Ace den exotisch blauen Vogel in den letzten Tagen an Bord herumflattern sehen und anstatt sich die Frage zu stellen, wo dieser so plötzlich hergekommen war - immerhin befanden sie sich seit einer Woche draußen auf weiter See und meilenweit entfernt von der nächsten Insel - erwuchs in der Feuerfaust nur das Verlangen, sich diese einzigartige Köstlichkeit als Mittagessen zu sichern. So wie dieses Geflügel aussieht, muss es einfach hervorragend schmecken!
 

Leider schien das Tier da ganz anderer Meinung zu sein, denn bisher hatte es sich weder essen, noch brav fangen lassen,- eher war es so gewesen, dass die goldenen Krallen und der spitze Schnabel Ace‘ Eifer immer vorzeitig gebremst hatten.
 

Der auffällige, blau leuchtende Vogel hatte sich heute wieder auf dem höchsten Mast der Moby niedergelassen und sah dem jungen Mann nun ungerührt entgegen, der sich ihm abermals vorsichtig näherte, während er selbst gar keine Anstalten machte, sich bedroht zu fühlen oder sein Heil in der Flucht zu suchen.

Fast abwartend legte er den schlanken Kopf schief und betrachtete Ace aus viel zu klugen, klaren Augen, die den Jungen eigentlich hätten stutzig machen sollen,- vor allem auch, da man ein amüsiertes Funkeln in den goldenen Iriden des Tieres erahnen mochte.
 

Doch das fiel Ace gar nicht auf, ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Vogel inzwischen seine kräftigen Krallen spannte und die Flügel lockerte,- die Feuerfaust war viel zu sehr von seinem Hunger und dem Gedanken an Triumph eingenommen.
 

»Der lernt es wirklich nie…« Einige Meter tiefer auf Deck legte Jozu den Kopf in den Nacken und kniff die Augen gegen die im Zenit stehende Sonne zusammen, während er mit einem kritischen Gesichtsausdruck in die Höhe spähte. Ein ergebenes Seufzen verließ seine Lippen. »Ob wir Ace nicht langsam mal sagen sollten, dass der Vogel kein Mittagessen ist, sondern eigentlich-…«
 

»Ach Unsinn!«, unterbrach ihn Thatch heiter und ließ sich unweit hinter seinem Crewmitglied auf einen Seesack fallen, um sich das Schauspiel aus gemütlicher Position anschauen zu können. Gelassen kramte er eine Packung Kekse aus seiner Jacke. »Wo bleibt denn da der Spaß?! Ich freue mich immerhin jedes Mal aufs Neue auf diese unvergleichliche Vorstellung«, meinte er mit einem schadenfrohen Schmunzeln, bevor er sich eines der hellen Gebäckstücke fröhlich in den Mund schob.
 

Haruta stürmte unter Deck hervor, spähte ebenfalls kurz in die Höhe, bevor er sich mit einem eiligen Satz zu Thatch und auf dessen Schoß beförderte, wodurch der Ältere ein erschrockenes Ächzen ausstieß, als das Knie des Kleineren dabei haarscharf an äußerst empfindlichen Teilen vorbeischrammte. »Oi, pass doch auf!«
 

»Geht’s schon los?!«, fragte Haruta außer Atem und riss dem Kommandant der Vierten die Kekspackung aus der Hand, nur um ihm diese zurechtweisend ins Gesicht zu klatschen.
 

»Au, verdammt nochmal, Haru!«, jammerte Thatch getroffen und rieb sich die Wange. »Wofür war das denn jetzt bitte?!«
 

»Weil du nicht Bescheid gesagt hast!«, entrüstete sich der kleine Kommandant mit gehobenem Zeigefinger und stopfte sich dann selbst einen der ergatterten Kekse mit einem zufriedenen Grinsen zwischen die Lippen.
 

Jozu hatte die Zwei mit hochgezogener Braue beobachtet und schüttelte nun ungläubig den Kopf. »Na ihr seid ja wirklich ganz tolle Nakama…«, klagte er resigniert an, konnte sich ein winziges Schmunzeln dann aber doch nicht verkneifen.
 

»Oooohhhhh… verdammte Scheiße!!! Lass das, du blödes Vieh! Lass los, eeeyyy!«
 

Von oben waren plötzlich melodisches Krächzen, aufgeregte Flügelschläge und das frustrierte Geschrei der Feuerfaust zu hören, bevor Ace auch schon kopfüber an seinen Gefährten vorbeisegelte. Mit einem lauten Platschen landete der Junge im Meer,- der Phönix auf dem Mast faltete inzwischen gelassen seine Flügel und ließ sich wieder auf seinem Platz nieder.
 

Während Jozu sich am Bart kratzend über die Reling spähte und die aufsteigenden Luftblasen besorgt beobachtete, legte Thatch eine Hand an den Mund und rief lautstark über Deck: »Hey, Mann über Bord! Wer ist heute dran, den Feuerlümmel zu retten?«

Das Echo der Rituale

Eine flinke, vorwitzige Hand schnappte den Hut vom Gesicht des schlafenden Ace, der die Arme hinter dem Kopf verschränkt in der Mittagssonne auf Deck zufrieden und nichtsahnend vor sich hin schnarchte.

Sein Hut hatte ihm bisher Schutz vor der Wärme gespendet und ebenso verborgen, dass er schon wieder eingepennt war,- neben ihm standen ein Mob und ein halbvoller Wischeimer, da es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, die Planken der Moby auf Vordermann zu bringen.
 

Aber so wirkliche Begeisterung hatte der Feuerteufel für diese Arbeit nicht aufbringen können, vor allem auch, da es Marco gewesen war, der ihm die Aufgabe förmlich aufgedrückt hatte,- mit hoher Wahrscheinlichkeit die Rache dafür, dass er ihn seit Tagen als potenzielle Mahlzeit verfolgt hatte.
 

Ace hatte wirklich nicht schlecht gestaunt, als sich sein heiß begehrter, blauer Truthahn plötzlich vor seinen Augen in den Kommandanten der ersten Division verwandelt hatte. Wie hätte er auch ahnen können, dass der Kerl ebenfalls Teufelskräfte besaß?!

Man, die Bananenstaude ist echt viel zu empfindlich! Wahrscheinlich hätte er eh nicht mal geschmeckt, hatte Ace beim Deckschrubben grummelnd sinniert, bevor er entschieden hatte, dass er sich ruhig mal eine Pause gönnen könnte und deshalb nun pennend in der Sonne lag.
 

»Oooohhhh~…seht ihn euch nur an! Er ist so unschuldig, wenn er schläft und so süß mit seinen niedlichen Sommersprossen!«, quietschte Haruta selig und drückte sich den eben erbeuteten Hut der Feuerfaust mit glänzenden Augen an die Brust, während er Ace verzückt musterte. »Am liebsten möchte ich ihn knutschen, den süßen, frechen Lümmel-…«
 

Eine große Hand wurde dem Kommandanten der Zwölften ins Gesicht gedrückt und bremste ihn so merklich in seiner Begeisterung. »Himmel Haruta, du führst dich auf wie ein Kleinkind…«, stöhnte Thatch entnervt und versuchte den zappelnden Zwerg von dem noch immer schlafendem Ace fern zu halten.
 

»Hallo?! Guck mich mal an, du Idiot!«, fauchte Haruta, nachdem er Thatchs Hand weggeschlagen und diesem einen ungebremsten Tritt gegen das Schienbein verpasst hatte. »Ich lebe immerhin davon, dass andere mich für ein Kind halten! Mein süßes Gesicht ist meine Waffe!« Schon prügelte er mit Ace‘ Hut auf den fluchenden Thatch ein, der vor allem darauf bedacht war, seine Haartolle aus der Reichweite der Attacken zu halten.
 

Ein weiterer Schatten schob sich inzwischen verstohlen über Ace‘ entspanntes Gesicht. »Wenn überhaupt, dann bekommt er einen Kuss von einem richtigen Mann…«, säuselte Izou überzeugt, zog sich den Lippenstift nach und betrachtete die schlummernde Feuerfaust versonnen.
 

»Richtiger Mann?!« Thatch hielt den fluchenden Haruta im Schwitzkasten und drohte Izou sofort mit dem ausgestreckten Zeigefinger. »Halt dich bloß fern von ihm, du Tunte!«
 

»Tunte?! Das musst du ja gerade sagen, Schmalzlocke!«, konterte der Kommandant der Sechzehnten giftig und schürzte die mühsam bemalten Lippen beleidigt, bevor er sich mit einem Schnaufen zurücksinken ließ,- er entfaltete einen kunstvollen Fächer, mit dem er sich theatralisch Luft zufächelte.
 

»Vergesst nicht, für was wir eigentlich hier sind!«, erinnerte Thatch beschwörend und entließ den strampelnden Haruta endlich wieder aus seinem Griff, der sich daraufhin schnaufend das grüne Hemd richtete. Dann näherten sich alle drei erwartungsfroh feixend der ahnungslosen Feuerfaust und beugten sich bedrohlich über den Jungen.
 

In diesem Moment erwachte Ace schmatzend und gähnte herzhaft, bevor er wegen der plötzlichen Helligkeit blinzelte und die seltsamen Schatten über sich zu fixieren versuchte,- irritiert tastete er nach seinem Hut und kniff die Augen gegen die Sonne zusammen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus, als er die drei Kommandanten erkannte und in deren unheilvoll grinsende Gesichter blickte. »Eh-…?!«
 

Schon packten ihn mehrere Hände an den Schultern und zogen ihn unvermittelt auf die Füße.

»Initiationsritus!«, trällerte es fröhlich und bestätigte Ace nur in seiner Vorahnung auf nahendes Unheil…
 


 

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»Moment, nur dass ich euch jetzt richtig verstehe,- ich soll einfach nur in die Kombüse gehen und dem Koch ein paar von seinen Törtchen klauen?«, flüsterte Ace zweifelnd und schielte in die Küche, wo besagter Chefkoch der Whitebeard-Piraten gerade summend durch sein Reich tänzelte und liebevoll Erdbeeren auf den Sahnehäubchen seiner neuesten, zuckersüßen Kreationen verteilte,- ein leicht kurioser Anblick, wenn man bedachte, dass der Smutje ein zwei Meter Hüne mit Händen so groß wie Bratpfannen war.
 

Der Duft von frischem, warmem Kuchen zog lockend aus der Küche zu Ace und den Kommandanten heraus und ließ Haruta verzückt aufseufzen, während dem ein glänzender Speichelfaden aus dem Mundwinkel rann.
 

»Du hast es erfasst, Kleiner!« Thatch nickte eifrig und Haruta setzte nun ein breites, verdächtig unschuldiges Grinsen auf.
 

Die vier hatten neben der Eingangstür der Kombüse Stellung bezogen, um von dort aus ungesehen in das Reich des Kochs spähen zu können.
 

»Warum geht ihr nicht einfach rein und fragt ihn danach?«, verlangte Ace unverständig zu wissen.
 

»Oh nein. Nein. Das geht nicht!«, wiegelte Thatch sofort erschrocken mit wedelnden Händen ab. »Das geht auf keinen Fall!«
 

»Äh, der Smutje hat es nicht so gern, wenn jemand ungefragt seine Küche betritt. Noch dazu außerhalb der Essenszeiten«, erklärte Izou mit verschwörerisch gesenkter Stimme und reckte sich über Harutas Kopf hinweg, hinter dem er sich verschanzt hatte. »Außerdem bäckt er die Dinger ausschließlich für Pops‘ Krankenschwestern…«
 

»Los, Ace! Jeder Neuling muss diese Prüfung bestehen, drücken gilt nicht!« Haruta schob die Feuerfaust eifrig durch die Tür, als der Koch ihnen gerade den Rücken zukehrte und streckte ihm den Daumen zuversichtlich entgegen. »Du machst das schon! Lass dich bloß nicht von ihm erwischen…«, wisperte der kleine Kommandant Ace noch zu, bevor er sich eilig mit einem Hechtsprung wieder hinter den Schutz der Tür rettete.
 

»Ob er es wirklich schafft…?!« Thatch zupfte unruhig an seinem gelben Halstuch, während sie Ace gespannt beobachteten, der sich eben in die Hocke sinken ließ und so um die Küchenschränke an den Koch und seine Beute anpirschte. Inzwischen glitzerte Entschlossenheit in seinen Augen und ein verwegenes Grinsen lag auf seinen Lippen,- offenbar war sein Ehrgeiz geweckt. Unmögliche Aufgaben hatte es für ihn ja noch nie gegeben.
 

Haruta nickte völlig überzeugt. »Klar, er ist immerhin die Feuerfaust!«, erklärte er fröhlich, als würde diese Tatsache jeglichen Zweifel vom Tisch wischen. »Außerdem steeeeerbe ich, wenn ich nicht bald eines von diesen süßen Dingern zwischen die Zähne bekomme!«
 

Izou hatte seinen Fächer inzwischen wieder ausgepackt und wedelte damit nervös vor ihren Gesichtern herum. »Euch ist hoffentlich klar, dass Marco uns umbringt, wenn er rausbekommt, dass wir den Kleinen für uns in die Höhle des Löwen schicken…!?« Er sah immer wieder unruhig über die Schulter, als würde er erwarten, dass der Phönix jeden Moment hinter der nächsten Ecke auftauchten würde, um ihnen die brennenden Flügel um die Ohren zu hauen.

Mit einem Mal fand er ihren Plan gar nicht mehr so grandios.
 

»Jetzt mach dir mal nicht gleich in dein Spitzenhöschen, Izou.« Thatch winkte gelassen ab. »Wie soll er es denn herausfi-…eh?!« Er brach erschrocken ab und schielte mit geweiteten Augen auf das glänzende Steakmesser, welches sich genau vor seiner Nase in den Rahmen der Küchentür gebohrt hatte. Ein paar einsame Strähnen seiner geliebten Haartolle segelten langsam vor ihm zu Boden.
 

»Du verdammter Scheißer! Pfoten weg von meinen Törtchen!« Das gesamte Unterdeck wurde von der grollenden Stimme des wütenden Kochs beschallt, welche die Planken zum Beben brachte. »Ich mach dich einen Kopf kürzer, elender Langfinger! Warte nur, wenn ich dich erwische!«
 

Alle drei Kommandanten erbleichten merklich, als sie einen hektischen Ace - die Arme vollgepackt mit süßen Köstlichkeiten - auf sich zustürmen sahen; die Feuerfaust wich den Angriffen des Kochs mit großen Sätzen aus, der mit allen möglichen Küchenutensilien nach dem dunkelhaarigen Dieb zielte.
 

»Okay, das war’s. Wir sind so gut wie tot«, kommentierte Izou das Geschehen sachlich.
 

Ace rettete sich mit einem Hechtsprung vor dem Tod durch eine Armada an Kochlöffeln, bevor er seinen Hut vor einem tieffliegenden Pfannenwender in Sicherheit brachte und trotzdem noch die Zeit fand, sich eines der Törtchen in den Mund zu stopfen.
 

»Wir follten dann beffer abhauen~…«, nuschelte die Feuerfaust mit vollen Backen, während er auf die entsetzten Kommandanten zusteuerte und es wie durch ein Wunder schaffte, keine der erbeuteten Backwaren bei seinen akrobatischen Sprüngen und Haken zu verlieren.
 

»Ich denke, er hat recht!« Haruta stürmte sofort davon, gefolgt von Izou und Thatch, die sich nun ebenfalls aus ihrer Starre rissen und die Beine in die Hand nahmen. Das Schlusslicht bildete Ace, der mit hinter sich her wehendem Hut durch die Gänge der Moby sprintete, während die donnernden Schritte und Flüche des Kochs ihnen bedrohlich folgten und bereits die ersten Schaulustigen aus den Gemeinschaftsräumen und Mannschaftskajüten spähen ließen.
 

»Da hat wohl mal wieder jemand den Koch geärgert…?!«

»Quatsch. Keiner hier ist so lebensmüde!«

»Wollen wir um zwanzig Berry wetten…?!«

»Von mir aus, aber ich hab eh schon gewonnen. So blöd kann eigentlich niemand-…«
 

Die Piraten verstummten, als die gehetzten Kommandanten mit Ace und seiner Beute im Schlepptau an ihnen vorbei rannten, verfolgt von der Stimme des wütenden Smutje,- und schon wechselten ein paar Berry wortlos den Besitzer.
 

Marco war gerade unter Deck auf dem Weg zu Whitebeard und vertieft in einen Bericht, welchen er dem Kapitän zeigen wollte,- er bog um eine Ecke und wäre daraufhin fast mit Haruta zusammengestoßen, der unvermittelt aus dem angrenzenden Gang stürmte. »Oh, Hallo Marco. Tschüss, Marco.«
 

Schon war der Kleine wieder verschwunden und während der Phönix noch fragend die Stirn runzelte und ihm hinterher sah, sprinteten schon Izou und Thatch mit panisch verzerrten, schweißnassen Gesichtern an dem Vize vorbei, sodass dieser sich unfreiwillig und irritiert mit dem Rücken gegen das Holz des Ganges drückte, um nicht über den Haufen gerannt zu werden.
 

»Was zur Hölle-…?!«
 

Als nächstes folgte Ace mit verbissener Miene,- den Arm voller frisch gebackener Törtchen hetzte der mit großen Schritten an ihm vorbei.
 

Der blonde Kommandant zog skeptisch die Brauen zusammen. »Solltest du nicht eigentlich das Deck schrubben, yoi?!«, rief er dem Jungen hinterher.
 

Die Feuerfaust bremste unvermittelt ab, kam eilig zu Marco zurück und drückte diesem plötzlich das ganze Sammelsurium an Backwaren in die Arme. »Hey Marco, halt mal kurz…« Der Phönix war viel zu überrumpelt, um sich zu wehren und starrte den Jungen nur verwirrt an, während er noch die Situation zu erfassen versuchte. »Was soll das werden, wenn’s fertig ist?«
 

Ace wollte sich schon wieder abwenden, drehte sich aber auf der Hacke erneut um und schnappte sich doch noch eine Handvoll der süßen Törtchen. »Eine Überraschung«, zwinkerte er dem Phönix frech zu. Dann setzte er sich eilig seinen Hut wieder auf den Kopf und schenkte Marco noch ein recht beunruhigend schadenfrohes Grinsen, bevor er den anderen Kommandanten nachfolgte und hastig verschwand.
 

Marco blickte dem Feuerteufel irritiert nach, bevor sich nähernde Schritte und die Stimme des wütenden Smutje ihn aus seiner Erstarrung rissen,- unvermittelt sah er sich mit dem Diebesgut im Arm der schnaufenden Naturgewalt namens Koch gegenüber, der eine der Türen unter Deck aufstieß und sich mit wildem Blick und einer Bratpfanne bewaffnet nach den Flüchtenden umsah.
 

Leider fixierte er in diesem Moment den Phönix, der mit großen Augen etwas zu spät seine unglückliche Situation erkannte.
 

Ace inzwischen rettete sich mit einem erleichterten Schritt hinaus ins Sonnenlicht auf Deck, wo die anderen drei schon außer Atem auf ihn warteten. Stolz präsentierte er den Kommandanten seine Beute, die ihm sofort anerkennend auf die Schulter klopften und sich die süßen Verführungen schmecken ließen.
 

»Super gemacht, Frischling!« Thatch schlang einen Arm um den Feuerjungen und zog diesen kameradschaftlich an die Brust. »Nun bist du ein vollwertiges Mitglied unserer Crew!«
 

»Sag mal, Ace…«, nuschelte Haruta zwischen zwei großen Bissen und leckte sich genüsslich die Finger ab. »Wie bist du den Koch eigentlich los geworden?«
 

»Ach…«, grinste Ace breit. »…der ist bestimmt gerade damit beschäftigt einen Truthahn zu stopfen.«

Das Echo einer dargebotenen Hand

»Eh?!« Unvermittelt endete die Nacht für Ace in genau jenem Augenblick, als sich der Untergrund, auf dem er schlief, bedrohlich zur Seite neigte. Er versuchte sich noch verschlafen zu orientieren, als er auch schon mit wild rudernden Armen aus seiner Hängematte kippte.
 

»Verdammte Scheiße, was-…« Ace‘ Fluchen ging in ein schmerzhaftes Schnaufen über, als er unsanft auf die Planken des Bodens krachte. Noch völlig benebelt vom abendlichen Gelage und der daraus resultierenden sehr kurzen Nacht stemmte er sich müde und zerknirscht wieder in die Höhe, bereit, dem unverfrorenen Störenfried gehörig die Meinung zu geigen.
 

»Man, was sollte der Mist, he?!«, maulte der Feuerteufel empört und rieb sich den dröhnenden Schädel, bevor er gegen das fahle Licht der offenen Tür blinzelte. Direkt vor ihm ragte ein bedrohlicher Schatten in die Höhe.

»Musste das wirklich sein?!«, klagte Ace dann doch nicht ganz so vehement und laut wie vorgenommen, als er endlich erkannte, wer ihn da so grob aus seinem Schlaf gerissen hatte,- außerdem schnarchten die restlichen Nakama, mit denen er sich die Kajüte teilte, noch glückselig vor sich hin.
 

»Sonst bist du ja nicht wach zu bekommen, yoi.« Marco stand mit den Händen in den Hosentaschen vor ihm und sah unerbittlich auf ihn herab,- die Züge des blonden Kommandanten waren ernst, unnachgiebig und für diese Uhrzeit eindeutig zu frisch, wenngleich seine Augenlider gewohnt auf Halbmast hingen. Muss der Kerl eigentlich nie schlafen? Irgendwie hab ich den echt noch nie schlafen sehen…
 

»Morgendliche Trainingseinheit. Los, komm!«, befahl der Kommandant der ersten Division unbeeindruckt gegenüber Ace‘ Gejammer, der sich mit leidender Miene die geprellte Schulter rieb. Marco quittierte das nur mit dem schlichten Heben einer Braue.
 

»Morgendliche Trainingseinheit…?«, ächzte die Feuerfaust ungläubig und spähte durch Marcos Beine zum Bullauge der Kajüte. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen,- da war nichts mehr als ein vager, heller Streifen am Horizont, der auf den dämmernden Morgen hindeutete. »Tickst du noch richtig?! Es ist Nacht, du Vogel!«, empörte sich Ace gequält und starrte vernichtend zu dem blonden Kommandanten auf.
 

Sein Glück war wohl, dass Marco seine unbedachten Worte der frühen Uhrzeit zuschob und deshalb in diesem Moment darüber hinwegsah oder - was wahrscheinlicher war - sich die Bestrafung für später aufhob. »Ich sag’s nicht nochmal…«, raunte der Phönix nur warnend und drehte sich auf dem Absatz herum, ohne sich davon zu überzeugen, dass Ace auch folgen würde.
 

Normalerweise mochte Ace das Konditions- und Kampftraining der ersten Division unheimlich gern, in das ihn der Kommandant seit ein paar Tagen mit einbezog und ihm damit ein gutes Gefühl von Zugehörigkeit und Gemeinschaftssinn vermittelte,- Ace konnte sich beweisen, seine Kontakte in der Mannschaft weiter ausbauen und seine eigenen Grenzen testen, denn er erkannte auch immer mehr, dass diese Crew hier einen himmelweiten Unterschied zu seinen Spade-Piraten darstellte und er selbst noch lange nicht am Ende seiner eigenen Möglichkeiten angelangt war.
 

Aber normalerweise fand das Training auch nicht so verdammt früh statt…
 

Ace streckte dem breiten Rücken des gehenden Blonden die Zunge heraus, stemmte sich anschließend aber schnaufend in die Höhe und angelte nach seinem Hut, welchen er sich missmutig auf den Kopf klatschte.

Das ist bestimmt noch die Rache für die Sache mit dem Koch, vermutete Ace mit einem gewissen Maß an Schadenfreude. Er hätte auch nicht ernsthaft erwartet, dass Marco das kommentarlos auf sich sitzen lassen würde, wenngleich der Phönix diese Angelegenheit die letzten Tage über erst einmal hatte auf sich beruhen lassen.
 

Da fühlt sich der Piepmatz wohl doch auf den Schwanz getreten, musste Ace bei seiner zweideutigen Mutmaßung kichern.
 

Allerdings half ihm das jetzt auch nicht über die bohrenden Kopfschmerzen und das dumpfe Pochen hinter seinen Schläfen hinweg,- alles Anzeichen, die auf zu viel Alkohol und zu wenig Schlaf deuteten. Man, von Blenheims schwarzgebranntem Zeug muss ich in Zukunft echt die Finger lassen, mahnte sich Ace selbst an, während er flink in seine schweren Stiefel schlüpfte.
 

Den letzten Abend hatte er mit der gesamten Crew im Kreise der obersten Kommandanten und Whitebeard selbst gefeiert, die seinen nun offiziellen Beitritt zu ihrer Familie heftig und enthusiastisch begossen hatten,- denn am gestrigen Tag hatte Ace verkündet, dass er den Jolly Roger seiner neuen Familie, das Zeichen Whitebeards, auf dem Rücken tragen wolle und sich damit endgültig und unwiderruflich für die Crew des Kaisers entschieden hatte.
 

Ein ehrliches Lächeln schlich sich auf Ace‘ Lippen, als er an das erfreute, stolze Nicken des alten Mannes dachte, ebenso wie an die fröhlichen und begeisterten Gesichter seiner neuen Nakama, die in überraschend bereitwillig in ihrer Mitte aufgenommen hatten, wenn man die Tatsache bedachte, dass er ihren Kapitän vor ein paar Wochen noch hatte töten wollen.
 

Selbst der kühle Phönix hatte sich am letzten Abend zu einem winzigen, anerkennenden Lächeln hinreißen lassen und Ace dann unter einem kameradschaftlichen Nicken zugeprostet,- eine kleine Geste, welche die Feuerfaust irgendwie besonders gefreut hatte, da man dem kontrollierten Kommandanten normalerweise eher selten eine Regung entlocken konnte.
 

Für einen verschwindend kleinen Augenblick hatte er sich dem Gefühl von ankommen hingegeben und erahnen können, wie eng und innig der Zusammenhalt dieser Crew doch war,- und es gefiel ihm. Das tat es wirklich.
 

Schlurfend folgte Ace Marco nun endlich auch hinauf auf Deck, wo er überrascht, aber völlig unerwartet Thatch erspähte, der sich eben gähnend streckte, bevor er sich gelassen gegen die Reling lehnte und Ace mit einem seltsam schiefen Grinsen begrüßte.
 

Die Feuerfaust sah sich irritiert um, doch außer Marco, Thatch und ihm war wirklich niemand sonst anwesend,- die Moby Dick schaukelte beinahe friedlich über den morgendlichen Ozean und war zu dieser frühen Stunde ungewöhnlich still und leer. Nur die vereinzelten Männer der Nachtwache besetzten ihre Posten auf Deck und untermalten das seichte Schwappen des Wassers mit leisen Gesprächen.
 

Offenbar wird das hier doch keine der üblichen Trainingseinheiten für die erste Division, mutmaße Ace finster, versuchte sich innerlich bereits für kommendes zu wappnen und sich die aufkeimende Unruhe bloß nicht anmerken zu lassen. »Äh, trainiere ich heute etwa ganz allein…?«
 

Marco schwang sich inzwischen locker auf eine in der Nähe befindliche Kiste mit alten Tauen, lehnte sich gegen den Mast im Rücken und schob sich seine Sehhilfe auf die Nase, die bisher an einem dünnen Kettchen um seinen Hals gebaumelt hatte.

»Ja«, antwortete der Phönix einsilbig. Dann steckte er sich routiniert eine Zigarette zwischen die Lippen und klemmte diese in den Mundwinkel. »Wir beginnen heute zum Aufwärmen mit zwanzig Runden im Laufschritt um’s Deck«, erklärte er sachlich und sah Ace auffordernd an, bevor er ein Klemmbrett mit Schreibarbeit hervorzog und das Knie seines angezogenen Beines als Ablage dafür nutzte.
 

Ace blinzelte entgeistert und maß das Deck mit den Augen flüchtig ab. Die Moby Dick war gewaltig und die verlangte Strecke damit echt herausfordernd, selbst ohne Kater; seine - vom Alkohol noch - schweren Glieder schrien jetzt schon allein bei der Vorstellung um Gnade. »Zwanzig?! Spinnst du? Warum nicht gleich vierzig?!«, empörte er sich provozierend.
 

Er bekam gar nicht mit, dass Thatch sofort heftig mit dem Kopf schüttelte und abwiegelnd die Hände hob. Doch der Schaden war eh schon angerichtet…
 

Marco kritzelte seelenruhig irgendetwas auf sein verdammtes Papier und demonstrierte wieder einmal die elende Ruhe in Person. »Gut, für dich einundvierzig, yoi«, erwiderte er nur trocken und machte sich nicht mal die Mühe aufzusehen. »Und jetzt Abflug!«
 

Dieser verdammte…. Ein Knurren entrang sich der Kehle der Feuerfaust. Das macht der doch mit Absicht! Es war wohl mehr als offensichtlich, dass der blonde Kommandant ihn ärgern wollte,- leider war seine Zunge wieder mal schneller als sein Kopf, wenn das Temperament mit ihm durchging.
 

Ace ballte die Fäuste,- unkontrolliert loderten die ersten Flammen an seinem Handgelenk empor und züngelten aufbegehrend über seine Haut. »Das ist kein Training, das ist Folter, du Sklaventreiber!«, warf er dem Vize entrüstet vor und zuckte auch nicht zurück, als sich der Blick des Phönix nun doch hob und ihn fixierte.
 

Marco beobachtete Ace‘ Wutausbruch über den Rand seiner Brille und zog die gebogenen Brauen unbeeindruckt in die Höhe. »Du kannst gern noch weiter diskutieren, aber wenn du nicht bald losläufst, streich ich dir heute auch die Mahlzeiten. Ausnahmslos jede Mahlzeit«, drohte der Phönix mit sichtlicher Genugtuung, als Ace unter dieser Vorstellung merklich erbleichte,- immerhin wusste er inzwischen, wie sehr der kleine Feuerteufel doch am Essen hing. »Und jetzt los. Alle beide, yoi…« Ein anordnender Blick traf nun auch Thatch, der sich bisher unbeteiligt im Hintergrund gehalten hatte.
 

»Waaaaaaaaas?!« Dem Kommandanten der vierten Division fiel die Kinnlade herunter und er gefror in der Bewegung, seine vorsorglich mitgebrachte Kekspackung zu öffnen. »A-aber…warum denn jetzt auch ich, Marco?! Ich dachte, ich wäre nur als moralische Unterstützung für den Jungen hier…«, jammerte Thatch verzweifelt, doch der Phönix ließ sich nicht erweichen,- ausdruckslos ließ er das Klemmbrett in der Hand sinken und inhalierte einen tiefen Zug seiner Zigarette.
 

»Thatch, wie oft habe ich schon gesagt, dass ich diese unsinnigen Aufnahmerituale für die Neulinge nicht dulde? Warst du es nicht, der Ace neulich dazu angestiftet hat, den Koch zur Weißglut zu treiben?«, stellte der blonde Kommandant die sachliche Frage, die eigentlich viel mehr einer unumstößlichen Tatsache glich.
 

»Äh, also eigentlich…« Thatch sah sich hilfesuchend um, doch außer Ace, der eh schon mit ihm in diesem kenternden Boot saß, war niemand hier, der ihn aus dieser misslichen Lage hätte retten können.
 

Natürlich war Marco klar, dass Thatch nicht der alleinige Unruhestifter gewesen ist,- doch was der Phönix dem anderen Kommandanten absolut zugutehielt war dessen grenzenlose Loyalität. Er würde die anderen zwei niemals verraten,- auch wenn Thatch das wahrscheinlich nicht hören wollte, er war eine absolut treuherzige und verlässliche Seele.
 

»Wie du weißt, hab ich gern einen ruhigen, kontrollierten Ablauf an Bord, Thatch«, erinnerte Marco mit bedrohlich tonloser Stimme, die wahrscheinlich furchteinflößender wirkte, als wenn er sich lautstark Gehör verschafft hätte,- vor allem, da warnend bläuliche Flammen in seinen Augen loderten.
 

»Schon gut, schon gut…ich geh ja…«, maulte Thatch mit abwehrend erhobenen Händen, klatschte seine Kekspackung mürrisch auf die Reling und zog sich dann seine Jacke aus. »Hier bleibt einem auch gar nichts erspart…«, murmelte er verstimmt und zerrte den störrischen Ace am Arm hinter sich her.
 

»Los komm, Junge. Glaub mir, es wird nur noch schlimmer, wenn wir uns dagegen wehren…ich kenn das schon…«
 


 

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*Krach*

»Zu langsam.«
 

*Rumms*

»Zu vorhersehbar.«
 

*Krawum*
 

Zum gefühlt hundertsten Mal knallte Ace nun an diesem Morgen auf den Boden,- diesmal mit dem Gesicht voran, während sein linker Arm schmerzhaft auf den Rücken gedreht wurde und ein Knie sich unnachgiebig zwischen seine Schulterblätter bohrte.
 

»Verdammte Scheiße…«, schnaufte er ächzend gegen die von der Morgensonne gewärmten, unbestreitbar harten Planken des Decks, mit denen er inzwischen mehr als innig bekannt war,- mittlerweile war der Tag angebrochen und die Moby in das sanfte, helle Licht des aufgehenden Feuerballs getaucht.
 

»Zu ungezielt«, kommentierte der Phönix seinen letzten Angriff und Ace konnte das amüsierte Schmunzeln in dessen rauer Stimme förmlich hören,- am liebsten hätte er den dämlichen blauen Vogel dafür mit dem Kopf voran durch das nächste Korallenriff gedroschen.
 

Doch die hörbar beschleunigten Atemzüge des Kommandanten über sich besänftigten Ace‘ Temperament ein wenig und ein verstohlenes Grinsen huschte über seine Lippen. Da ist jemand wohl doch nicht so überlegen, wie er denkt. Die Gewissheit, dass Marco ihm an diesem Morgen mehr als eine Lektion erteilt hatte, schob er starrsinnig von sich.
 

Leider war der Kommandant der ersten Division nämlich ein verdammt harter und nicht zu unterschätzender Gegner, der Ace Angriffe geschickt abblockte und dessen Attacken immer bereits im Voraus zu ahnen schien,- nicht einmal war es ihm gelungen, Marco auf die Planken zu schicken, obwohl der auch einiges von der Feuerfaust hatte einstecken müssen.
 

Ace‘ Logia-Kräfte verschafften ihm in diesem Kampf auch keinen wirklichen Vorteil, da das Feuer des Phönix ein ebenbürtiger Gegenspieler für seine eigenen, hitzigen Flammen war.
 

Seine anfängliche Euphorie auf einen Sieg war nach seiner unbedacht geäußerten Herausforderung sehr schnell Ernüchterung gewichen,- nur leider erkannte er seinen Fehler wieder mal zu spät, sonst wäre Ace wohl auch nicht auf die selbstmörderische Idee gekommen, den Phönix immer weiter zu reizen, nachdem sein Stolz durch die unzähligen Runden um Deck merklich angekratzt gewesen war.
 

Das erdrückende Gewicht verschwand nun von seinem Rücken und ließ ihm wieder Luft zum Atmen. »Na los, steh auf«, verlangte Marco ruhig und trat um ihn herum, hinüber zu Thatch, der auf einem Fass hockte und dem blonden Kommandanten eine Wasserflasche entgegen hielt, während er den Junge auf dem Boden fast schon mitleidig angrinste.
 

Thatch hatte Ace noch gewarnt, diese Herausforderung lieber sein zu lassen, doch der hatte natürlich nicht hören wollen,- sein Stolz hatte ihm verboten, die einmal ausgesprochene Kampfansage zurückzuziehen. Außerdem war er auch viel zu neugierig darauf gewesen, was Whitebeards Vize eigentlich wirklich drauf hatte.
 

Keuchend stemmte die Feuerfaust sich jetzt vom Boden hoch und fixierte den nackten Rücken Marcos mit grimmigem Blick,- der Kommandant hatte vor einer Weile sein Hemd ebenfalls ausgezogen und zu Ace‘ Genugtuung glänzte die gebräunte Haut des Älteren ebenfalls vor Anstrengung.
 

»Das ist schon ein wenig unfair…«, nuschelte Ace frustriert, bevor er sich die verschwitzten Haarsträhnen aus der Stirn strich und den Phönix ganz genau beobachtete, um doch noch eine mögliche Schwachstelle ausfindig zu machen. »Ich bin ja wohl kaum in Topform, nachdem du mich ewige Runden ums Deck hast laufen lassen und ich noch dazu einen Kater vom gestrigen Abend habe! Ich kann ja nur verlieren!«, empörte er sich zähneknirschend, während er sich gänzlich aufrichtete und die linke Schulter kreisen ließ, um die schmerzenden Muskeln zu lockern.
 

Seine Argumente waren fadenscheinig, dass wusste Ace auch selbst, denn immerhin wären das auch keine ernst zu nehmenden Ausreden für den Ernstfall,- ganz zu schweigen davon, dass er ja selbst so störrisch auf dieses Duell bestanden hatte.
 

»Kleiner, einen Feind wird es wohl kaum interessieren, ob du vor einem Kampf schon um dein Leben gerannt bist, die ganze Nacht durchgesoffen oder zwischen den Beinen einer Frau verbracht hast. Du hast gefälligst immer vorbereitet und in Topform zu sein«, erwiderte Marco nur trocken und setzte die Wasserflasche an die Lippen, um einen kräftigen Schluck zu nehmen. Sein Brustkorb mit dem beeindruckenden Tattoo hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen.
 

Ace beobachtete ihn still und leckte sich selbst die rauen, spröden Lippen, da die Sonne inzwischen merklich höher gestiegen war,- er hätte es an dieser Stelle vielleicht wirklich gut sein lassen sollen, doch aufgeben kam für ihn nun mal einfach nicht in Frage. Er würde nicht klein beigeben!
 

»Ich denke, es reicht für heute, yoi«, erklärte der Phönix ruhig, warf Thatch die Wasserflasche zu und griff nach seinem Hemd, um sich dieses wieder überzuziehen. Tatsächlich wollte er dem Jungen die Chance geben, seine Niederlage an diesem Tag zu akzeptieren und diesen Kampf ohne Schmach oder Schande zu verlassen.
 

Wieder einmal musste Marco zugeben, dass er Ace‘ Verbissenheit bewunderte und nicht nur das,- der Junge war zäh, verdammt zäh, sonst hätte er wohl auch kaum über Tage hinweg gegen Jimbei bestehen können. Außerdem besaß er eine wirklich beachtliche Stärke für sein Alter.
 

Doch der Hitzkopf war zu impulsiv und stürzte sich viel zu unüberlegt in jede Situation,- wenn er das irgendwann abstellen könnte, würde wohl auch der Phönix ernsthafte Schwierigkeiten haben, gegen den kleinen Feuerteufel zu bestehen, denn schon jetzt hatte der Junge einen ordentlichen Schlag drauf.
 

»Komm Ace, lass gut sein. Lass uns lieber zum Frühstück gehen, langsam hab ich nämlich verdammten Hunger«, versuchte ihn Thatch kameradschaftlich zu überreden und mit Essen zu locken, während er sich von seinem Sitzplatz rutschen ließ.
 

Einen letzten Versuch noch! stachelte Ace sich selbst an und nutzte die Gelegenheit, als ihm Marco den Rücken abermals zuwandte. Ich kann nicht einfach aufgeben, wo ich ihn bewusst herausgefordert habe!
 

Er hüllte seinen Körper in tosende Flammen und stürzte rasend schnell auf den blonden Vize zu,- seine Faust war geballt und peilte zielsicher den Nacken des Älteren an, während er sich zu einem mächtigen Satz in die Luft erhob und so mit aller Kraft auf Marco werfen wollte.
 

Doch der Phönix reagierte in letzter Sekunde auf den unerwarteten Angriff,- gewarnt durch das Knistern der Flammen wirbelte er herum, sodass Ace‘ Faust um Haaresbreite an seinem Gesicht vorbei schrammte. Er drehte sich flink zur Seite, um so wenig wie möglich Angriffsfläche zu bieten, war aber doch einen Tick zu langsam.
 

Frustriert knurrte Ace auf, als er seinen Angriff abermals ins Leere gehen sah,- sofort änderte er seine Strategie, als er sah, dass Marco einen Arm hob, um sein Knie zu blocken, was nun auf die Rippen des Vize zielte. Doch die Feuerfaust fixierte sich nicht mehr auf einen direkten Treffer, sondern packte das Handgelenk des Phönix, während ihm die Wucht des eigenen Angriffes nun half, den Älteren mit sich zu Boden zu reißen.
 

Ungebremst donnerten die beiden Kontrahenten somit auf die Planken,- die blauen Flammen Marcos erwachten sofort zum Leben und umschlangen Ace‘ Feuer fauchend, fast beschwichtigend, was ein angenehm kühles Kribbeln auf seiner Haut hervorrief, ähnlich einer elektrischen Entladung, die durch seine Knochen zuckte.
 

Thatch wich mit großen Augen vorsorglich zurück und achtete peinlich genau darauf, sich aus der Reichweite der beiden Flammenwerfer zu halten. »Tja, dann…äh…ich lass euch mal allein. Ihr braucht mich ja nicht…« Thatch entfernte sich mit einem schiefen Grinsen, da er eben entschieden hatte, die Gunst der Stunde zu nutzen und sich vom Acker zu machen, während Marco noch mit Ace beschäftigt war.
 

Die Feuerfaust rollte in den Phönix verkeilt mit diesem über den Boden,- den Schwung des unglücklichen Angriffes nutzend wollte er Marco unter sich zwingen, doch bevor Ace sich seine Vormachtstellung sichern konnte, packte ihn eine große, kühle, mit Haki verstärkte Hand an der Kehle,- unversehens fand sich der Feuerteufel auf dem Rücken liegend wieder, Marcos Finger um seinen Hals gelegt, gegen dessen stahlharten Griff er sich verbissen, aber sinnlos stemmte.
 

Hektisch keuchte Ace seinen heißen Atem in das amüsierte Gesicht des Vize, da der Phönix unweit über ihm thronte,- seine Knie schlossen Ace Hüfte ein, die andere Hand stützte sich knapp oberhalb seines Kopfes auf den Planken auf. »Das war gut, yoi«, stellte der blonde Vize anerkennend fest, raunte ihm die Worte auf Grund ihrer Nähe beinahe vertraut entgegen, was Ace beschämt zurücksinken ließ.
 

Die Feuerfaust gab ein kurzes, spöttisches Schnauben von sich, während sich seine Flammen zurückzogen, die geröteten Wangen aber blieben. »Verarsch mich nicht«, maulte er unzufrieden und wich dem Blick der blauen Augen über sich befangen aus. Diese erneute Niederlage war ja sowas von erniedrigend!
 

»Das tue ich nicht. Das war mein voller Ernst«, erwiderte Marco ruhig und lockerte nun endlich seinen Griff um Ace‘ Hals, bevor er sich wieder in die Höhe stemmte, aber über dem Feuerteufel hocken blieb. »Dein Problem ist einfach, dass du dich viel zu sehr von deinen Gefühlen anleiten lässt. Du bist zu impulsiv und denkst zu wenig nach, Kleiner«, erklärte Marco mit einem seltenen Grinsen auf den Lippen, während er Ace einen Zeigefinger mahnend auf die Stirn tippte,- der schlug seinen Finger mit einem mürrischen Knurren beiseite und schob die Unterlippe schmollend vor, was Marco ein ehrliches Lachen abrang.
 

»Nenn mich nicht immer Kleiner, man! Ich bin kein Kind mehr und außerdem hab ich auch einen Namen!«
 

»Ist mir nicht entgangen, yoi«, erwiderte Marco gelassen schmunzelnd.
 

Der Junge war wirklich ein außergewöhnlicher Hitzkopf und noch dazu manches Mal von so kindlichem Gemüt, dass man kaum glauben mochte, dass da tatsächlich ein erwachsener Mann vor einem stand. Marco ertappte sich abermals dabei, dass sein Interesse für Ace immer mehr wuchs,- Pops' Urteil über den Rotzlöffel war völlig richtig gewesen.
 

Ace hatte mächtiges Potenzial. Er bräuchte wirklich nur jemanden, der ihm zeigte, wie man damit umging…
 

»Deine Schwachstellen sind dein Temperament und dein Starrsinn, Ace. Man kann dich zu schnell reizen und damit einen kopflosen Angriff provozieren. Ebenso sollte jeder gute Kämpfer wissen, wann es genug ist,- für andere und für ihn selbst«, erklärte der Phönix ruhig, während er sich wieder auf die Füße erhob. Dann streckte er dem Jungen entgegenkommend eine Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen.
 

Zuerst erwartete Marco schon, dass der Kleine seine helfende Geste ausschlagen würde, da er die dargebotenen Finger abschätzend beäugte, doch schließlich ergriff er seine Hand mit einem Seufzen und ließ sich auf die Beine helfen.
 

Wieder einmal entging dem Phönix das irritierend angenehme Knistern nicht, was ihre Berührungen begleitete und wahrscheinlich von ihren so ähnlichen Teufelskräften stammte, die auf eigenartige Weise miteinander zu kommunizieren schienen,- Feuer verlangte es offensichtlich nach Feuer.
 

Ace schien es auch zu bemerken, denn er ließ Marcos Hand rasch wieder los und verschränkte die Arme vor der Brust. »Bisher habe ich mich mit meinen Schwachstellen aber ganz gut durchgeschlagen«, erklärte die Feuerfaust ärgerlich und spürbar verstimmt, denn offenbar teilte der kleine Flammenwerfer Marcos Sicht der Dinge ganz und gar nicht.
 

»Ich muss dich ja wohl nicht darauf hinweisen, dass ich bereits meine eigene Bande angeführt habe und die Weltregierung mich als Samurai der Meere anwerben wollte?!«, erinnerte Ace nicht ohne gewissen Stolz in der Stimme.
 

»Nein, musst du nicht. Das weiß ich alles bereits. Ich habe deinen Fortschritt auf der Grandline und deine Entwicklung für Pops überwacht, schon bevor du überhaupt auf ihn getroffen bist«, erklärte der Phönix sachlich, während Ace überrascht schien, dass man ihm wirklich eine solche Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen.
 

»Und ich habe auch nicht gesagt, dass du schwach bist. Ganz im Gegenteil, Ace. Du bist wirklich begabt und besitzt eine unheimliche Stärke. Wenn du diese Talente nur noch ein wenig mehr schulst und deine Kampfkunst verfeinerst, wirst du selbst Gegner wie Jimbei bezwingen können«, gab der Phönix offen zu und brachte die Feuerfaust damit merklich aus dem Konzept.
 

Ace wollte es sich wirklich nicht anmerken lassen, doch es freute ihn ungemein, dass der Phönix sich nicht über ihn lustig machte, sondern seine Fähigkeiten anerkannte und diese achtete,- das war fast so berauschend wie ein Sieg und ließ seine vorangegangene Frustration förmlich verrauchen.
 

»Wenn du möchtest, dann könnte ich dich privat ein wenig unterrichten. Natürlich zusätzlich neben den regulären Einheiten der Division, an denen du durchaus weiterhin teilnehmen solltest«, bot Marco freimütig an.
 

Eigentlich wusste der Phönix kaum, warum er dieses Angebot einfach so aussprach,- außerplanmäßiges Training mit Ace würde zusätzliche Arbeit für ihn bedeuten und sein Tagesplan war ohnehin meistens völlig vollgestopft. Aber auf der anderen Seite reizte es ihn doch unheimlich, den Jungen zu fordern und sein volles Potenzial wach zu kitzeln, um herauszufinden, was wirklich in ihm steckte.
 

Und irgendwie wollte er diese wichtige Aufgabe auch einfach keinem anderen überlassen, immerhin…ja, immerhin hatte Pops ihm doch auch genau das aufgetragen, oder nicht?
 

Ace blinzelte Marco völlig überrascht an,- so ein Angebot hatte er nun definitiv nicht erwartet, vor allem nicht, nachdem er mehrmals bewusst die Grenzen bei dem Phönix überschritten hatte. »I-ist das dein Ernst? Ich meine…würdest du das wirklich tun?!«, fragte er verunsichert nach, während kribbelnde Vorfreude in seinem Magen erwachte,- offenbar schien Marco tatsächlich einen ebenbürtigen Gegner in ihm zu sehen, sonst hätte er ihm das doch sicher nicht angeboten.
 

Persönliche Trainingsstunden bei Whitebeards Vize waren sicherlich nichts, was Ace leichtsinnig ablehnen würde,- er war überzeugt von seinen Fähigkeiten, aber er hatte in den letzten Wochen auch gemerkt, dass er von der Bande noch einiges lernen konnte. Und so eine einmalige Chance auf noch mehr Stärke und Erfahrung würde er sich gewiss nicht entgehen lassen!
 

»Natürlich ist das mein Ernst«, bestätigte Marco sein Angebot und streckte Ace die Rechte anbietend entgegen. »Also, hast du Lust?«
 

Der Flammenbezwinger schlug auch sofort ein. »Natürlich! Abgemacht!«, erklärte er mit einem breiten, fröhlichen Grinsen und plötzlich überaus lebhaft funkelnden Augen.
 

Marco schüttelte nur schmunzelnd den Kopf über das kindliche Gemüt des Kleinen,- von einem Moment auf den anderen schien sein Frust über die Niederlage verraucht, die Schmach völlig vergessen, während er nun fröhlich vor ihm stand und völlig begeistert von der Idee schien, was den Phönix zugegeben freute.
 

Ace angelte sich seinen Hut vom Boden, den er während des Kampfes verloren hatte, setzte sich jenen lässig wieder auf den Kopf und stolzierte mit einem kecken Grinsen an Marco vorbei: »Na hoffentlich wirst du dein Angebot nicht noch bereuen, alter Mann. Hältst du eigentlich weitere Kämpfe mit mir aus?«, zog er ihn unverschämt auf.
 

Marco hob nur verhalten einen Mundwinkel und zündete sich seelenruhig die nächste Zigarette an. »Da mach dir mal keine Gedanken drum, yoi. Überleg du dir lieber, wie du den Koch überredest, dass du noch etwas vom Frühstück abbekommst. Essenszeit ist nämlich gleich vorbei«, erinnerte er den Feuerteufel schadenfroh.
 

Sofort fiel Ace‘ selbstsicheres Grinsen in sich zusammen und er erbleichte. »Oh scheiße! Verdammt, nein!« Eine Hand hielt den geliebten Hut an Ort und Stelle, während die Feuerfaust gehetzt davonstürmte, um sich bloß noch etwas zwischen die Zähne zu sichern.

Das Echo des zweifarbigen Zusammenspiels

»A-ace!?« Thatchs Stimme überschlug sich fast vor Überraschung, als der Feuerteufel urplötzlich neben ihm aus dem Unterholz brach und nun an seiner Seite durch den dichten Urwald der Insel sprintete. Sie hatten diese erst heute Morgen erreicht und waren eigentlich in getrennten Divisionen zur Erkundung aufgebrochen.
 

Hinter ihnen folgte dicht auf das Geschrei der ansässigen Eingeborenen, welche die beiden mit schaurigen, wütenden Ausrufen und sorgsam angespitzten Speeren verfolgten,- aus welchem Grund auch immer, doch die Ureinwohner waren nicht sonderlich gut auf die Piraten zu sprechen. Einige Pfeile sirrten an Thatch und Ace vorbei und bohrten sich dumpf in den Stamm eines Baumes.
 

»Oi, was zum Teufel hast du jetzt schon wieder angestellt?!«, fauchte Thatch die Feuerfaust halb wütend, halb verzweifelt an,- der Kommandant der Vierten führte eines seiner Schwerter in geschwungenen Bögen durch die Luft und teilte damit die herabhängenden Schlingpflanzen und das verwachsene Gestrüpp, um ihnen einen Weg zu bahnen.
 

»Ich?! Warum verdächtigst du mich jetzt schon wieder?!«, empörte sich Ace unzufrieden, während sein Finger einen kleinen Feuerball entsandte, der Thatch im letzten Moment eine zischende, wahrscheinlich hochgiftige Schlange vom Leib hielt, die sich eben von einem Ast auf der Schulter des Kommandanten hatte niederlassen wollen.
 

»Weil du…immer…irgendwas…anstellst«, brachte Thatch ächzend hervor,- sein Schwert war in der dicken Wurzel eines uralten, knorrigen Baums stecken geblieben und er versuchte nun mit aufgestütztem Fuß angestrengt seine Klinge zu befreien.
 

»Also ehrlich, das stimmt doch gar nicht…«, murrte Ace schmollend.
 

Gut, der letzte Zwischenfall mit dem Affen und Vistas Unterhosen ging wirklich auf seine Kappe.

Möglicherweise auch der Vorfall mit Haruta und dem klebrigen Haferbrei.

Oh, und die Sache mit Thatch und Izou, die er ausversehen in einem gekühlten Lagerraum der Moby eingeschlossen hatte, vielleicht auch,- aber ehrlich, eigentlich hätten die zwei sich freuen müssen, so wie Thatch dem anderen Kommandanten ständig auf den Hintern glotzte…
 

Trotzdem war es wirklich übertrieben zu behaupten, dass er nun immer an allem Schuld trug!
 

Er donnerte seine Feuerfaust hilfsbereit gegen die hinterhältige Wurzel, die Thatchs Schwert gefangen hielt, welche in einem Funkenregen zerbarst und die Klinge damit endlich freigab. Der Kommandant stolperte zurück und wischte sich den Schweiß mit einem weißen Ärmel seiner Jacke von der Stirn. »Danke, du-…was zur Hölle ist das denn, he?!« Fassungslos deutete Thatch mit einem schwankenden Zeigefinger und weit aufgerissenen Augen auf das, was er eben in Ace‘ Arm entdeckt hatte.
 

Der grinste nur unschuldig und kratzte sich ertappt im Nacken, wobei sein Hut nach vorn rutschte und seine Augen verbarg. »Äh…tja das…hehehe…äh, ein Souvenir?!«, versuchte sich Ace an einer halbherzigen Erklärung, während er das potthässliche Holzding nun selbst recht zweifelnd betrachtete, was mit viel Fantasie eine Mischung aus Krähe und Kröte sein konnte.
 

»E-ein Souvenir?!« Thatch entgleisten die Gesichtszüge und er krallte die Hand verzweifelt in sein Haar, während er den Jungen ungläubig fixierte. »Willst du mich verarschen?!«
 

Das Gegröle der wild gewordenen Eingeborenen kam unaufhaltsam immer näher,- irgendwo hörten sie Jozu einen Befehl brüllen, bevor das Krachen eines umstürzenden Baumes den Urwald erzittern ließ. Darauf folgten die unverwechselbaren Schüsse aus Izous Pistolen, wodurch sich bunte Paradiesvögel kreischend aus den Ästen der Bäume erhoben und flatternd davon flogen.
 

Unvermittelt trat Thatch nach vorn, packte Ace an der Schulter und schüttelte den Jungen heftig, sodass ihm der Hut vom Kopf flog und die schwarzen Haare wild um sein Gesicht schwankten. »D-du hast nicht wirklich den Götzen der Wilden gestohlen?! Ace, bist du völlig irre?! Denkst du eigentlich auch nur einmal vorher nach, bevor du irgendwas anstellst?!«, fauchte der Kommandant völlig verzweifelt. Dieser Bengel würde sie irgendwann mal noch alle umbringen!
 

Das wirklich schwerwiegende Problem allerdings war, dass man diesem Feuerteufel nie lange böse sein konnte und auch Thatch war vor dem Charme des Bengels nicht gefeit,- Ace war bereits zu einem festen Bestandteil seines bevorzugten Bekanntenkreises geworden.

Wie viele Abende hatte er nun schon zusammen mit dem Feuerteufel und Marco in geselliger Runde verbracht, Sake getrunken, bis auf das letzte Hemd gepokert, sich um Essen und Berry geprügelt oder sich mit Anekdoten aus ihrem Leben gegenseitig die Zeit vertrieben.
 

Längst war Ace aus ihrer Bande gar nicht mehr wegzudenken, auch wenn man dem Rotzlöffel in so einigen Momenten - wie diesem hier - liebend gern den Hals umdrehen würde!
 

Ace wandte sich nun aus Thatchs Umklammerung und schnaubte trotzig, während er sich seinen Hut wieder auf den Kopf setzte. »Ich hatte halt Hunger, okay? Und das Ding sah eben aus wie ein gegrilltes Hühnchen!«, versuchte sich der Feuerteufel zu rechtfertigen.
 

»Das…was!?« Thatch klatschte sich die Hand ins Gesicht und schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich glaub’s nicht…wie kommt man denn bloß auf so etwas?!«, murmelte er. »Weißt du eigentlich, was du damit ausgelöst hast?! Die Eingeborenen sehen uns doch jetzt als Feinde!«
 

»Ey, warum ist das jetzt meine Schuld? Die waren doch eh schon sauer auf uns, weil Vista so gedankenlos in deren Dorf gelatscht ist und die Frauen bei ihrem heiligen Baderitual gestört hat«, schob Ace jede Verantwortung vehement von sich und warf Thatch dann schmollend den Götzen zu, der die Holzskulptur völlig überrumpelt, aber reflexartig auffing. »Dann nimm du das Ding halt und bring es ihnen wieder. Ich mach’s bestimmt nicht«, stellte die Feuerfaust halsstarrig klar.
 

»Spinnst du!? Denkst du etwa, ich geh zu den Irren zurück, he?«, schnauzte Thatch ungläubig,- im nächsten Moment zischte ein präzise gezielter Speer an ihnen vorbei, verfehlte Ace‘ Hutkrempe nur um einen Finger breit und bohrte sich hinter ihnen in einen herabhängenden Ast.
 

Die Köpfe beider Piraten ruckten herum und deren Augen weiteten sich, als sie die Meute der stinksauren Ureinwohner erblickten, die grölend wie eine unermüdliche Flutwelle aus dem Unterholz schwappten. Ace und Thatch erbleichten synchron und schluckten eingeschüchtert.
 

»Okay, wir geben auf! Hier habt ihr ihn wieder!«, stieß Thatch kapitulierend aus und warf den Eingeborenen ihren Götzen abwehrend entgegen,- das Ding traf den Anführer der Gruppe unglücklicherweise am Kopf, woraufhin der Kommandant Ace an der Hutschnur packte und mit dem Jungen im Schlepptau davon stürzte.
 

Allerdings schienen die Ureinwohner auch trotz der Rückgabe ihres Eigentums wenig wohlgestimmt zu sein, was vielleicht auch daran liegen konnte, dass ihr Hohepriester nun mit einer fetten Beule am Boden lag und brabbelnd wüste Verwünschungen ausstieß.
 

Prompt folgte die zornentbrannte Horde den beiden Piraten nur noch wilder entschlossen nach, während die völlig außer Atem und mit panisch verzerrten Gesichtern durch das Unterholz hetzten, um sich schlussendlich mit einem Hechtsprung vorläufig hinter einem Felsvorsprung in Deckung zu begeben.
 

Doch dort wartete schon das nächste Unheil,- nämlich in Form eines stinksauren Phönix, der mit vor der Brust verschränkten Armen vernichtend auf seine zwei keuchenden Nakama herabstarrte.
 

»Hab ich nicht deutlich gesagt, dass ihr euch bei der Erkundung unauffällig verhalten sollt?!«, grollte Marco finster, bevor er anklagend auf die zeternde Meute Eingeborener deutete, die in der Ferne erneut auftauchte und sich einfach nicht abschütteln ließ. »Ist das etwa unauffällig, yoi?!«, verlangte der blonde Vize in einem bedrohlichem Tonfall zu wissen.
 

Thatch und Ace wechselten nur einen knappen, gehetzten Blick, bevor sie hilflos mit dem Finger auf den jeweils anderen zeigten.
 

»Ace ist schuld! Er hat den Götzen der Wilden geklaut, weil er schon wieder Hunger hatte!«

»Thatch ist schuld! Er hat den Hohepriester getötet!«

»Was laberst du da, he? Das ist doch überhaupt nicht wahr!«

»Stimmt, also eigentlich ist ja Vista an allem schuld, weil der in die Horde nackter Frauen gestapft ist!«
 

Marco verfolgte diesen absurden Wortwechsel mit zweifelnd gehobenen Brauen und fassungslosem Kopfschütteln. Das darf doch alles nicht wahr sein… Angespannt rieb er sich die Nasenwurzel und unterdrückte ein entnervtes Knurren. Das ist ja schlimmer, als einen Sack Flöhe zu hüten…
 

Ein ohrenbetäubendes, schauriges Krächzen schallte weithin hörbar über die Baumwipfel hinweg, ließ die drei sofort auffahren und in Kampfstellung gehen.
 

»Was zur Hölle war das denn?!«, fragte Thatch gewarnt, während er seine Schwerter angespannt durch die Hände kreisen ließ.
 

»Na, vielleicht das hungrige Haustier der Wilden? Das hat bestimmt deinen Keksduft aufgenommen«, mutmaßte Ace mit breitem Grinsen und stieß Thatch den Ellenbogen in die Rippen, der daraufhin spöttisch schnaufte und die Feuerfaust von oben bis unten mit gehobener Braue kritisch musterte.
 

»Wer sieht denn hier bitte wie ein fleischgewordenes Appetithäppchen aus, he? Das bin ja wohl nicht ich. Musst du eigentlich ständig halbnackt durch die Gegend rennen?«, murrte Thatch kopfschüttelnd,- seine Worte würden eh auf taube Ohren stoßen.

Seit Ace nun endlich Whitebeards Zeichen auf dem Rücken trug, würde der Junge wahrscheinlich nie wieder etwas anziehen, was seinen ganzen Stolz verdecken könnte.
 

»Du bist doch nur neidisch, weil ich eben so rumlaufen kann und du dich unter deinem schicken Schlafanzug verstecken musst«, stichelte Ace heiter und streckte Thatch die Zunge heraus.
 

»Wie bitte?! Ich hör wohl nicht recht, Rotzlöffel?!«, empörte sich Thatch mit aufgeplusterten Backen.
 

»Klappe jetzt! Alle beide!«, fuhr der Phönix ungehalten dazwischen, was die Piraten getroffen zusammenzucken ließ. Marco schlug selten einen so forschen Ton an und wenn er es dann doch mal tat, war es mehr als beängstigend und verfehlte seine Wirkung nicht.
 

Der blonde Vize sah sich aufmerksam um und wandte das Gesicht in jene Richtung, aus der er plötzlich brechende Äste und Wurzeln vernahm,- ein Geräusch, als würde sich ein massiger, schwerer Körper unaufhörlich durch den Wald wälzen, das schnell und unweigerlich näher kam. Der Boden bebte spürbar unter ihren Füßen.
 

Marco spähte um die Felswand herum zu ihren Verfolgern,- ein weiterer, beunruhigender Aspekt war die Tatsache, dass die Eingeborenen die Verfolgung eingestellt hatten und nun die Köpfe zusammen steckten, bevor sie sich mit langsamen, bedachten Schritten in den Schutz der Bäume zurückzogen.
 

Im nächsten Moment schon brach gegenüber ihrer aktuellen Stellung ein gewaltiger, grotesk verformter Körper durch die Baumreihen und ließ die Piraten geschockt herumfahren,- unvermittelt sahen sie sich einer Monstrosität aus Federn, pockennarbiger Haut und schwarzen Schuppen gegenüber, welche den mächtigen Körper wie eine Rüstung umhüllten. Fauliger Dunst stieg von der Kreatur auf und ließ die drei angewidert die Nasen rümpfen.
 

»Ach du scheiße, was ist das denn?!«, ächzte Thatch entsetzt. Er wechselte einen schnellen Blick mit Ace, der seine Gedankengänge bereits zu erahnen schien. »Ist das etwa das Ding, was sie anbeten?«
 

Viel Zeit blieb ihnen allerdings nicht über diese Frage nachzudenken, denn das missgestaltete Wesen bewegte sich sofort auf Klauen und Pfoten mit lautem Krächzen aus einem scharfen Schnabel auf sie zu. Die gelblichen Augen der Bestie fixierten die Piraten gierig und wütend.
 

Marco nickte Thatch knapp zu, der auch sofort ohne große Befehle verstand und mit seinen Schwertern voran stürmte, um den peitschenden Schwanz des Monsters zu blocken und dieses so für einen Moment abzulenken. Ihre jahrelange Freundschaft und die unzähligen, zusammen bestandenen Kämpfe ermöglichten ihnen inzwischen eine wortlose Kommunikation, wofür der Vize in diesem Moment wieder einmal sehr dankbar war.
 

»Ace…«, raunte Marco dann bestimmt, während der Phönix in ihm hervorbrach und seine Arme rasend schnell von blauen Flammen verzehrt wurden, um sich in die charakteristischen Schwingen zu verwandeln. »…wir erledigen das wie neulich im Training. Bist du bereit?«
 

Zu Marcos Zufriedenheit nickte Ace sofort verstehend und hüllte seinen Körper in das tosende Brüllen seiner Flammen, bevor er dem Phönix ein erwartungsfrohes Grinsen schenkte,- auch im Umgang mit Ace hatte sich inzwischen eine gewisse Vertrautheit durch ihre zusätzlichen Kampfübungen entwickelt, was Marco zugegeben freute und ihnen nun hoffentlich zugutekommen würde.
 

Jetzt würde sich zeigen, ob sich die vielen, anstrengenden Trainingsstunden gelohnt hatten…
 


 

Marco ließ das Klemmbrett sinken und die Zigarette von einem Mundwinkel in den anderen wandern. »Gut, Ace, vielleicht sollte ich dir dann jetzt die Grundlagen des Haki-…«
 

»Zeigst du mir mal, wie du dich verwandelst?«
 

»W-was?!« Der Phönix blinzelte aus dem Konzept gebracht und fixierte seinen Schützling irritiert, der ihn nur selig angrinste,- hatte der Junge überhaupt zugehört, geschweige denn verstanden, was er ihm hier seit einer halben Stunde versuchte zu erklären?
 

Ace saß im Schneidersitz zu seinen Füßen und grinste fröhlich zu ihm hoch. »Ich hab neulich gesehen, wie du dich zur Hälfte in den blauen Flammenvogel verwandelt hast, um dann ein paar Runden um das Schiff zu drehen.« Ace‘ Finger zog nun verdeutlichende Kreise in der Luft, während er den Kommandanten begeistert anblickte. »Das sah ziemlich cool aus! Ich würde das gern mal aus der Nähe erleben.«
 

Marco rieb sich in einer angespannten Geste über die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen, während er schnaufend die Luft ausstieß. »Wir sind mitten im Unterricht und haben keine Zeit für sowas, Ace. Solltest du dich nicht eigentlich lieber auf etwas anderes konzentrieren?«, mahnte er streng. »Außerdem bin ich keine Touristenattraktion…«, brummte der Phönix abschmetternd.
 

»Och bitte, komm schon, Marco!« Ace‘ Hand zog beinahe quengelnd an seinem blauen Haramaki. »Ich verspreche auch, dass ich dir danach schweigend zuhören und ohne Widerworte jeden deiner Befehle ausführen werde!« Er richtete sich auf und hob die Hand einem Salut gleich an die Stirn, bevor er abermals wie ein verdammtes Glühwürmchen über beide Ohren strahlte.
 

Konnte der Bengel das eigentlich nicht mal lassen,- jedem mit solch einem unbedarften Gemüt zu begegnen, sodass jeglicher Unwillen oder Tadel überraschend schnell im Nichts verpuffte?!
 

»Schön wär’s, das schaffst du doch eh nicht, yoi…«, murmelte Marco spöttisch, bevor er ergeben seufzte. »Von mir aus…du gibst ja sonst eh keine Ruhe…«, mutmaßte er mürrisch. Der Junge würde ihm irgendwann sicher noch den letzten Nerv rauben…
 

»Das hast du verdammt richtig erkannt!« Ace‘ Grinsen wurde noch breiter und Marco musste den Blick abwenden, um nicht selbst noch in ein amüsiertes Schmunzeln zu verfallen.
 

Er schüttelte mehr für sich quittierend den Kopf, bevor er der Feuerfaust den Gefallen tat und dem Fabelwesen in sich die Pforten öffnete, damit es nach draußen dringen konnte,- kontrolliert verschwanden seine Arme im Auflodern der blauen Flammen und wandelten sich so in die ausladenden Schwingen des Phönix, welche er in einem eleganten Bogen entfaltete.
 

Ace sprang sofort euphorisch auf. »Wow, das ist echt Wahnsinn, Marco!«, staunte er hingerissen und streckte reflexartig eine Hand aus, um die blauen Schwingen zu berühren, doch einen Hauch davor stoppten seine Finger und er sah fast unsicher zu dem Phönix auf. »Darf ich?«, fragte er beinahe artig, was Marco nun doch ein kleines Schmunzeln entlockte.
 

Der Phönix nickte. »Nur zu…«
 

»Sie sind wirklich ganz kühl…«, murmelte der Junge gedankenverloren vor sich hin, während er seine Finger in den Wogen der blauen Flammen neugierig schwenkte, woraufhin sein Feuer wie als Antwort hervorbrach und sich mit dem des Phönix in einem angenehmen Farbenspiel vermischte. »Anfangs dachte ich, deine Flammen müssten so heiß sein wie meine, aber dein Feuer ist ganz anders. So viel ruhiger und kontrollierter…«
 

»Es ist ja auch kein richtiges Feuer, wir nutzen immerhin völlig unterschiedliche Arten von Teufelskräften, Ace. Deine Teufelsfrucht hat dir die Kraft des Feuers selbst verliehen, meine dagegen ist eine Zoan-Frucht. Die Flammen sind ein Teil der Verwandlung. Mein Feuer kann nichts zerstören oder vernichten, sondern dient lediglich der Regeneration. So gesehen ist es wenig beeindruckend und eigentlich recht nutzlos im Kampf. Ich kann damit niemand anderen heilen oder wild um mich werfen wie du…«, erklärte Marco mit einem schiefen, schwachen Grinsen.
 

Nicht zum ersten Mal empfand er Bitterkeit gegenüber dieser Tatsache, solch eine mächtige Fähigkeit zu besitzen, die sich doch nur auf ihn allein beschränkte,- für einen Menschen wie Marco, der seine Nakama - seine Familie - über alles, selbst über sich stellte, war das manchmal wirklich schwer zu ertragen.
 

»Aber das musst du doch auch gar nicht«, meldete sich Ace ungewöhnlich überzeugt wieder zu Wort und sah Marco offen an. »Der Phönix beschützt dich und damit bleibst du deinen Kameraden länger erhalten, um sie mit voller Kraft zu unterstützen und ihnen zu helfen. Das ist doch eine fantastische Fähigkeit! Ich mag dein Feuer, es ist toll!«, schloss der Junge in seiner fast kindlichen Ehrlichkeit und lächelte Marco auf enthusiastische Weise an, wie es wirklich nur Ace vollbrachte.
 

Marco war selten sprachlos, aber in diesem Moment fiel ihm wirklich keine passende Erwiderung ein,- er konnte Ace nur stumm ansehen, der als erster seine eigenen, befürchteten Unzulänglichkeiten in etwas völlig anderes zu verkehren wusste. Seltsam befangen räusperte er sich und war froh darüber, dass die Feuerfaust den Blick wieder senkte.
 

Ace‘ Aufmerksamkeit war glücklicherweise schon zu etwas gänzlich anderem gewandert. »Sag mal, spürst du das eigentlich auch, Marco? Dieses Kribbeln…also ob unsere Teufelskräfte miteinander kommunizieren würden, obwohl sie so unterschiedlich sind…«, fragte er, während seine eigenen, nun lichterloh brennenden Finger durch das blaue Feuer seiner Hand glitten. Mit angestrengt gerunzelter Stirn beobachtete Ace die abermalige Mischung ihrer Flammen, wie diese sich umschlossen und umtanzten wie alte Freunde.
 


 

Natürlich, Marco spürte es,- diese außergewöhnliche Reaktion war auch kaum zu ignorieren, wo sie nun so eng zusammen Seite an Seite kämpften, sich ihre Flammen ein ums andere Mal vermischten und Berührungen einfach nicht ausblieben.
 

Allerdings hätte er dieses irritierende Phänomen lieber gar nicht so genau wahrgenommen, da es Gefahr lief seine Konzentration zu stören,- deswegen verbannte er seine Wahrnehmung und fixierte sich lieber vollkommen auf den Feind vor ihnen.
 

Der Phönix erhob sich mit sirrenden Flügelschlägen in die Lüfte, bevor die kräftigen Krallen seiner gewandelten Beine Ace‘ Handgelenke packten, um den Jungen ähnlich eines feurigen Geschosses zischend gegen ihren Gegner zu werfen,- die Bestie war noch immer durch Thatch abgelenkt, der geschickt mit seinen Klingen um die Beine des Wesens herumwirbelte und die Schwerter ab und an in den blassen, ungeschützten Bauch der Kreatur treiben konnte.
 

Das Monster stieß nun ein schauriges, böses Krächzen aus, als Ace in einem Funkenhagel gegen den grotesken Schädel schlug und sich dessen Feuerfaust in das empfindliche Auge der Bestie rammte.
 

Schmerzerfüllt tobte die Kreatur und bäumte sich kreischend auf,- Marco nutzte diesen Moment, um sich mit kräftigen Schwingenschlägen über den schwankenden Kopf der Bestie zu befördern, bevor er zielgerichtet herabstieß und die Krallen seiner Füße in das verbliebene, bisher unbeschadete Auge bohrte.
 

Das Wesen taumelte nun blind und verlor den Halt,- krachend rammte es einen nahen Baum, bevor es verzweifelt strampelnd zu Boden ging und in dieser Bewegung die schutzlose, weiche Brust entblößte.
 

Die Bewegung führend wie ein Mann stürmten die drei Piraten gleichzeitig nach vorn und fixierten ihren letzten, gezielten Angriff auf das Herz der Bestie,- unter einem letzten, schweren Atemzug brach die Kreatur zusammen und blieb regungslos liegen.
 

Ace schüttelte seine Feuerfaust lässig und löschte damit die Flammen, bevor er die Hände zufrieden in die Hüften stemmte. »Ich würde mal sagen, das haben wir ganz gut hinbekommen, oder Leute?«, grinste er Thatch und seinen Mentor stolz an. Es freute ihn wirklich ungemein, dass er doch einiges aus dem gemeinsamen Training mit Marco verinnerlichen konnte und er hoffte natürlich, dass der Phönix das auch so sehen würde.
 

Marcos Anerkennung war ihm verdammt wichtig geworden,- er wollte seinen Mentor ungern enttäuschen und ihm damit womöglich noch das Gefühl geben, dass all die Mühen und Zeit, die der Phönix für ihn opferte, umsonst wären. Ace wollte unbedingt stärker werden, um Marco seine Güte und Hilfsbereitschaft damit vergüten zu können.
 

Thatch zog ihn kameradschaftlich an die Brust und wuschelte ihm erfreut durch die Haare, was Ace mit einem unwilligen Murren quittierte,- er hasste es, wie ein Kleinkind behandelt zu werden. »Wirklich gut gemacht, Junge! Aus dir wird ja doch noch ein ganz anständiger Pirat mit einem harten Schlag!«
 

Auch Marco nickte ihm nun wohlwollend zu und drückte ihm die Schulter in einer kurzen, freundschaftlichen Geste. »Das war wirklich gute Arbeit, Ace. Du scheinst ja tatsächlich auch etwas von dem verstanden zu haben, was ich dir erklärte«, meinte der Phönix mit einem Schmunzeln, was der Feuerfaust ein kleines, empörtes Schnaufen entlockte. Doch das Grinsen auf seinem Gesicht blieb und vertiefte sich sogar noch, bis selbst Ace‘ Augen erfreut strahlten.
 

»Lasst uns jetzt lieber abhauen, bevor den irren Wilden auffällt, dass unsere Ärsche noch heil sind!«, erinnerte Thatch eilig.
 

»Gute Idee. Ihr zwei solltet mir nämlich dann eh nochmal ganz genau erläutern, was hier eigentlich passiert ist…vielleicht, während ihr den Lagerraum der Kombüse mal auf Vordermann bringt, yoi«, schlug der Phönix bestimmt vor, was bei Thatch und Ace ein synchrones, ernüchtertes Stöhnen hervorrief.

Das Echo einer besonderen Begabung

Die Moby Dick lag träge an dem teils befestigten Strand der Insel vor Anker, welche die Whitebeardpiraten noch am letzten Tag angelaufen hatten und die Crew war früh auf den Beinen, um geschäftig die Laderäume zu entleeren,- eine nötige Arbeit, die sie gestern auf Grund eines tobenden Sturmes nicht mehr hatten ausführen können.
 

Nun rollten die Piraten routiniert leere Fässer und Behältnisse die Laderampe hinab, um diese später in der belebten, nahen Hafenstadt neu befüllen und ihre Vorräte aufstocken zu können. Der Morgen brach unter letzten, trägen Wolken schnell an,- klar und heiß versprach dieser Tag nach der stürmischen Nacht zu werden und animierte die Crewmitglieder damit, ihre Arbeiten schnell und tadellos zu erledigen, damit sie sich Freizeit für einen ausgedehnten Landgang erarbeiten konnten.
 

Plötzlich hetzte Haruta durch die Menge der arbeitenden Piraten und wirbelte die Arme begeistert durch die Luft, bevor er schlitternd auf dem Holzsteg des Anlegers zu stehen kam und nach dem Schiff am Horizont spähte. »Ace kommt zurück!«, verkündete der Kleine voller Vorfreude, als er die wehende Flagge erkannte.
 

»Sag bloß?! Ehrlich?«

»Sieht wirklich aus wie eines unserer Schiffe…«

»Tatsächlich! Er hat es also vollbracht! Er hat Domas Bande bezwungen!«

»Dieser kleine Teufelskerl! Er hat’s wieder mal geschafft!«
 

Sofort unterbrach die Crew ihre Arbeit für einen Moment, um die Zurückkehrenden willkommen zu heißen,- das sich nähernde Schiff war eines der kleineren ihres Verbandes, mit dem nun die zweite Division unter dem vorübergehenden Kommando von Ace zurückkehrte.
 

Der Feuerteufel hatte willig angeboten, sich um die feindliche Piratenbande zu kümmern, die in Whitebeards Revier immer wieder für Ärger gesorgt und dem Kaiser damit Sorgen bereitet hatte,- und Pops hatte Ace diese Aufgabe auch bewusst übertragen, um zu testen, ob die Feuerfaust mit diesem Maß an Verantwortung wohl zurecht käme und dieser Herausforderung gewachsen wäre.
 

Und dieses Vorhaben war offensichtlich geglückt, wenn man den kleinen Flammenwerfer so betrachtete, der mit breitem Grinsen stolz am Bug des einlaufenden Schiffes stand und seinen jubelnden Nakama fröhlich zuwinkte, bevor er sich mit einem heiteren Satz in die Menge seiner Gefährten beförderte und ordentlich feiern ließ.
 

Marco lehnte an der Reling der Moby, seine gläserne Sehhilfe auf der Nase, über die er zum Strand hinab spähte,- die Feder in seiner Hand war in der Bewegung über dem Pergament erstarrt, während der seichte Seewind an den Aufschlägen seines violetten Hemdes zerrte.
 

Bis eben war er in das Vervollständigen und Kontrollieren einiger Listen vertieft gewesen, um sich einen Überblick über ihre aktuell noch vorhandenen Lagerbestände zu machen, doch nun betrachtete er den Tumult um Ace mit einem verstohlen flüchtigen Lächeln, bevor er sich regelrecht dazu zwingen musste, sich wieder der vor ihm liegenden Arbeit in Form von unzähligen Papieren zu widmen.
 

Ace wäre wohl bald soweit,- das harte Training und seine flinke Auffassungsgabe zahlten sich aus, denn der Junge machte außerordentliche Fortschritte und wuchs immer mehr über sich hinaus. Marco wusste um Whitebeards Intension, die Feuerfaust als möglichen Kommandanten für die zweite Division auszubauen und inzwischen befürwortete er Pops‘ Vorschlag auch immer mehr.
 

Anfänglich war er wegen Ace‘ Jugend und seinem Temperament vorsichtig gewesen, doch Whitebeard hatte seine Zweifel nur heiter belacht und gemeint, dass es am Ende doch nur das Feuer der Jugend wäre, was eine Bande gestandener Männer am älter und träge werden hindern würde,- Haruta hatten sie immerhin auch zu einem beachtlichen Kommandanten geformt.
 

»Der Junge hat eine wirklich außerordentliche Begabung, nicht wahr?« Die tiefe Stimme schnitt unvermittelt durch das fröhliche Geplauder der Mannschaft und das Plätschern der Wellen, die sich an den Schiffen brachen und träge gegen den Sand der angelaufenen Insel rollten.
 

»Hm?« Marco sah auf und fixierte Fossa, der neben ihm stehen geblieben war und die Arme vor der breiten Brust verschränkt hatte,- er folgte dem Blick des älteren Kommandanten erneut über die Balustrade hinab zum Strand und zu der Meute seiner Nakama, die Ace begeistert umkreisten und diesen mit Fragen zu seinem Abenteuer löcherten.
 

Der Fokus des Phönix haftete wie selbstverständlich auf dem orangeroten Cowboyhut, der deutlich aus der Menge ihrer Kameraden hervor stach und zu dem sommersprossigen Kerl gehörte, der eben seinen Rucksack öffnete und kleine Mitbringsel für seine Gefährten hervorzauberte.
 

Haruta klebte bereits schon wieder wie eine fröhlich grinsende Klette an dem zurückgekehrten Feuerteufel und war diesem euphorisch auf den Rücken gesprungen, um die für ihn mitgebrachten Süßigkeiten diebisch aus Ace‘ Rucksack zu angeln,- der junge Kommandant hatte einen absoluten Narren an der Feuerfaust gefressen, sah er Ace doch fast schon als eine Art großen Bruder an.
 

Haruta selbst war auch als Waise aufgewachsen, hatte jedoch nicht wie Ace das Glück gehabt, zumindest Brüder an seiner Seite zu wissen,- umso erfreuter war der junge Kommandant nun natürlich darüber, Ace in ihrer Bande zu wissen, mit dem er sich so ausgezeichnet verstand.
 

Doch nicht nur Haruta suchte die Nähe des Jungen, auch Thatch und Izou drängelten sich um den Feuerteufel und schafften es wieder einmal sich in die Haare zu bekommen, nämlich darüber, welches der ihnen mitgebrachten Geschenke wohl den meisten Wert und damit Ace‘ größtmögliche Zuneigung bedeuten würde.
 

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst…«, erwiderte der Phönix ein wenig verspätet und angelte sich eine Zigarette aus der Tasche seines offenen Hemdes, um jene zwischen die Lippen zu klemmen, während er nachdenklich die Meute um Ace betrachtete.
 

»Hm, nicht…?« Fossa zog zweifelnd die Brauen zusammen und gestattete sich ein amüsiertes Schmunzeln, wodurch die Zigarre in seinem Mundwinkel hüpfte. Er musterte das ernste Profil des Phönix und folgte dessen Blick heiter und verstehend. »Und ich dachte, du weißt es eigentlich am allerbesten, Marco«, stellte er bestimmt fest und erntete dafür einen irritierten Seitenblick des blonden Kommandanten.
 

»Ich segle nun wirklich schon eine ganze Weile mit dieser Bande hier. Doch seit ich dich kenne, hab ich es noch nie erlebt, dass du dich etwas so intensiv und fast schon mit Hingabe gewidmet hast, wie du es bei deinem Schützling tust. Außerdem lachst du in letzter Zeit ziemlich häufig und dabei hab ich schon befürchtet, dass unser Phönix aus Stein wäre. Vista hat mal die Theorie aufgestellt, dass man dir irgendwann wohl einen Stock in den Arsch…-«.
 

Marco unterbrach Fossa mit einem entrüsteten Schnauben. »Vielleicht können wir uns darauf einigen, meinen Arsch aus diesem Gespräch rauszuhalten?!«
 

Der Kommandant der Fünfzehnten grollte amüsiert, bevor er sich gelassen auf die Reling neben dem Vize lehnte,- er kannte den Phönix inzwischen recht lange, respektierte und schätzte Marco sehr für seine Zuverlässigkeit und seinen klaren Verstand, sodass er sich auch ohne Bedenken einen Scherz auf dessen Kosten erlauben und offen mit ihm reden konnte.
 

Er hatte Marco als unheimlich strebsamen und bedingungslos loyalen jungen Mann vor vielen Jahren kennengelernt, der seine Pflicht über alles stellte und nur für die Crew zu leben schien, in die er aufgenommen wurden war. Fossa wusste bis heute nicht genau, vor welchem Schicksal Pops den jungen Phönix damals bewahrt hatte, nur dass der Whitebeard seitdem in absoluter Dankbarkeit und Achtung ergeben war.
 

Erst jetzt, Jahre später, schien Marco langsam weicher zu werden, zu leben und Fossa hoffte wirklich, dass Ace‘ besondere Gabe auch den Phönix noch ein wenig mehr erreichen würde...
 

»Gib es doch zu, Marco, der Junge lässt auch dich nicht kalt. Du bist doch längst freiwillig so etwas wie sein Wächter geworden.«
 

»Tz…« Der blonde Kommandant stieß betont gleichmütig einen Schwall Zigarettenrauch aus und verschränkte die Arme auf der hölzernen Reling, während er Fossas allzu wissenden Blick mied. »Ich komme nur Pops' Befehl nach, das ist alles, yoi. Wenn der Bengel Dummheiten macht, werde ich dafür herangezogen«, erklärte er sachlich.
 

»Aha…« Fossa hob skeptisch eine Braue. »…und das war‘s?«, hakte er gedehnt nach, der beinahe lauernde Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören, ebenso wenig wie das belustigte Grinsen, was an seinen Lippen zupfte.
 

Marco blinzelte fast ein wenig genervt gegen die tiefstehende Morgensonne zu seinem Kameraden hinüber. »Was soll da denn noch sein?«, fragte er widerstrebend,- am liebsten hätte er Fossa streng in seine Schranken gewiesen, dass der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, aber er respektierte den älteren Nakama einfach viel zu sehr, um diesen so wüst abzufertigen.
 

Natürlich war ihm bewusst, dass er anfing eine Schwäche für seinen Schützling zu entwickeln und das beschäftigte ihn selbst am allermeisten, allein jetzt verspürte er eine warme Woge aus Freude und Erleichterung, den jungen Feuerbändiger wieder so wohlbehalten und erfolgreich heimkehren zu sehen.
 

Allerdings hätte er auch nicht gedacht, dass diese schleichende Schwäche so offensichtlich für alle wäre, denn Marco war eigentlich stets der Meinung, sich und seine Emotionen weitestgehend unter Kontrolle zu haben,- dass Ace diese Regel viel zu leicht und viel zu oft außer Kraft setzte, wusste der Phönix nur zu gut.
 

Fossa deutete mit einem trägen Nicken hinab auf die Feuerfaust. »Ich bitte dich, Marco…er ist doch nicht wirklich nur ein Befehl für dich…!?« Der Phönix erwiderte nichts darauf, aber Fossa machte auch nicht den Eindruck, als hätte er eine Antwort erwartet.
 

Natürlich war Ace schon lange nicht mehr nur der leidige Befehl seines Vaters, das war Marco selbst klar, denn dafür mochte er den Jungen inzwischen auch viel zu gern, doch genau darin lag auch sein Problem,- er war Kommandant der ersten Division und nun mehr denn je auch Vizekapitän, seit Pops‘ Gesundheitszustand von Monat zu Monat zusehends schlechter wurde.
 

Er sollte sich im Umgang mit anderen eigentlich seine Professionalität bewahren und niemanden bevorzugen, doch er genoss die Gesellschaft des jungen Feuerbändigers wie alle anderen, sodass er sich manches Mal bewusst Zeit freischaufelte, um diese dann seinem Schützling zu widmen,- und alles davon konnte er definitiv nicht mehr nur auf Pops‘ Befehl schieben, auch wenn er das manches Mal gern tat.
 

Wahrscheinlich würde ihn nicht einer ihrer Nakama dafür verurteilen und niemand würde deswegen einen Aufstand planen, doch Marco selbst war es, der sich diese strengen Regeln auf erstellte, um die Kontrolle über alles zu behalten und seine eigene Ordnung zu wahren.
 

Er blickte nun wieder hinunter zu der fröhlichen Meute, wo ein amüsierter Vista den eben eingeschlafenen, selig schnarchenden Ace schüttelte,- der Junge schreckte verwirrt wieder auf und rieb sich die Augenwinkel schmatzend, was ihm ein entzücktes Quietschen seitens Izou einbrachte, der Ace angetan in die Wange kniff. Der Junge verzog daraufhin unwillig das Gesicht und drohte dem Kommandanten mit seiner Feuerfaust.
 

Fossas dunkler Bariton riss Marco wieder aus seinen Gedanken. »Er hat sich unheimlich verändert, seitdem er sich entschlossen hat mit uns zu segeln, nicht wahr? Er ist viel fröhlicher und gelöster geworden. Seine lebendige Art überträgt sich auch auf die Crew. Du weißt, ich bin niemand, der sofort sonderlich vertrauensselig ist, aber Ace besitzt dieses einzigartige Wesen, alle um sich herum allein mit einem Lächeln in seinen Bann zu ziehen.«
 

Der Kommandant der Fünfzehnten hielt kurz inne und zwirbelte die dicke Zigarre gedankenverloren zwischen den Lippen, an der er abwesend paffte, bevor er mehr für sich murmelte: »Und doch hab ich manchmal den Eindruck, als würde ein Schatten über seinem Lächeln liegen. Als wäre seine unbeschwerte Art eine Fassade, die etwas zurückhält…« Er stoppte, als er sich Marcos intensiv forschendem Blick bewusst wurde und stemmte sich schnaufend in die Höhe.
 

»Na wie auch immer, ich zumindest mag den Bengel wirklich«, erklärte Fossa abschließend mit einem herzlichen Schmunzeln. Er klopfte als Verabschiedung flüchtig auf die Reling und wandte sich nun ab, um ebenfalls beim Entladen zu helfen. »Der Junge scheint mir unter einem guten Stern geboren worden zu sein.«
 


 

Ace hatte es sich in den Kopf gesetzt, einen Hut aus Bambus für den Kapitän der Oz‘ Piratenbande zu flechten,- ein Vorhaben, was sich als gar nicht so leicht erwies, denn schon mehrere Male war ihm seine Arbeit unter den Händen weggebrutzelt, was die Feuerfaust zu wilden, frustrierten Flüchen und Marco zum Kopfschütteln animiert hatte, der unweit von Ace auf der Reling saß, einen Arm locker auf dem angewinkelten Knie abgestützt und gelassen an seiner Zigarette zog.
 

Leise Schritte näherten sich; ungefragt schwang sich Haruta neben dem Phönix auf die Reling und ließ seine Beine vom Geländer baumeln. »Was macht Ace denn da?«, fragte der junge Kommandant neugierig, während ein fröhliches Grinsen auf seinem Gesicht lag.
 

»Ich hab keine Ahnung…«, erwiderte der Phönix betont gelangweilt,- es war ja wirklich nicht so, als würde er sonderliches Interesse an den Tätigkeiten der Feuerfaust hegen. »Wahrscheinlich wieder mal Unsinn, dessen Folgen ich dann bereinigen muss…«, meinte er trocken und versuchte sich wieder seinem Buch zuzuwenden, das er in diesem selten ruhigen Augenblick eigentlich hatte lesen wollen.
 

»Ach, nun sei nicht so griesgrämig…« Haruta knuffte Marco heiter in die Seite und stützte die Arme dann auf die Knie, um das Kinn in den Handflächen zu betten und den Feuerteufel angetan zu beobachten. »Ace ist doch soooo ein lieber Kerl. Ich mag ihn wirklich gern. Zumindest seitdem er aufgehört hat, Pops hinterhältig um die Ecke bringen zu wollen…«, kicherte er bei der Erinnerung an Ace‘ ständig scheiternde Mordversuche.
 

Der Phönix schielte ein wenig befremdet über die aufgeschlagenen Seiten zu dem jüngeren Kommandanten hinüber, enthielt sich aber jeglichen Kommentares. Haruta war normalerweise Fremden gegenüber recht zurückhaltend, doch Ace hatte er komischerweise sofort ins Herz geschlossen.
 

»Irgendwie mag ihn wirklich jeder«, fuhr Haruta ungerührt fort, während er weiterhin mit den Beinen baumelte und Ace mit fast kindlicher Begeisterung fixierte. »Sieh doch…«
 

Um Ace hatte sich inzwischen wirklich eine Traube aus Nakama versammelt, die allesamt interessiert und neugierig auf seine Arbeit waren, welche die Feuerfaust nun mit stolz in die Hüften gestemmten Händen begutachtete und präsentierte.
 

Schlussendlich überreichte er den mühsam angefertigten Hut Little Oz jr., der so überglücklich auf Grund seiner neuen Kopfbedeckung war, dass er diese gar nicht mehr absetzen wollte,- der riesenhafte Kapitän wirkte regelrecht gerührt über die freundliche Geste und konnte sich gar nicht genug bei dem Feuerbändiger bedanken. Ace strahlte über beide Ohren und schien einfach glücklich darüber, seinem neuen Freund ein nützliches Geschenk hatte machen zu können,- sein offenes, herzliches Lachen war äußerst ansteckend und mehr als anziehend.
 

Selbst Marco kam nicht umhin zu bemerken, dass sein Blick einmal mehr wie festgewachsen an dem Feuerjungen klebte…und das seine eigenen Lippen ein weiches, zaghaftes Lächeln kitzelte, das unkontrolliert hervorbrach.
 

»Man wird nie müde ihn zu beobachten, nicht wahr?«, meinte Haruta wissend,- auch die Augen des anderen weilten auf der Feuerfaust, während der junge Kommandant selbst angetan schmunzelte. »Ace ist wie das Feuer in ihm. Ungebremst, impulsiv, stürmisch, rein. Alles an ihm ist echt und nichts gekünstelt und das macht ihn so unglaublich sympathisch. Er ist eine wirkliche Bereicherung für unsere Familie, findest du nicht auch, Marco?«
 


 

Marcos wache, blaue Augen folgten Fossas breiter Gestalt für einen Moment nach, in welchem er nachdenklich die Stirn kräuselte, dessen Worte Revue passieren ließ und tief an seiner Zigarette zog. Dann schnappte er sich die kürzlich eingetroffene Morgenzeitung und faltete diese geschäftig auf, um die Artikel zu überfliegen und zu überprüfen, ob womöglich schon von Ace‘ Sieg berichtet wurde.
 

Doch ein eben erspähter Zeitungsausschnitt schwärzte sich vor seinen Augen rasend schnell ein, bevor gierige Flammen die Buchstaben verzehrten und ein kreisrundes Loch in das Papier brannten, durch das sich eine nur allzu bekannte, heiß lodernde Faust bohrte.
 

»Da ist ja mein Lieblingstruthahn!«, begrüßte Marco ein freches, breites Grinsen durch das entstandene Loch,- Ace hatte sich auf die Reling der Moby befördert, hockte nun dort mit dem Hut auf dem Kopf und dem Rucksack auf dem nackten Rücken, während er das Feuer seiner Hand ganz unschuldig und beiläufig löschte.
 

Marco schürzte die Lippen pikiert über diesen Spitznamen, wohl auch um das aufkeimende, absolut unpassende Schmunzeln zu unterdrücken und ließ die nunmehr rauchende und verkohlte Zeitung sinken, nicht jedoch, ohne anklagend eine Braue zu heben. »Oi, die wollte ich eigentlich noch lesen…«, brummte er empört.
 

»Ach, was brauchst du diesen Fetzen, wenn ich doch hier in voller Lebensgröße vor dir sitze?!«, erwiderte Ace keck und lächelte seinen Mentor selbstbewusst an. »Ich kann dir alles, was du über mich wissen willst, auch einfach erzählen. Da musst du nicht dieses Wurstblatt lesen!«, erklärte er mit einem spitzbübischen Zwinkern.
 

»Wie bitte kommst du zu der abwegigen Vermutung, dass ich etwas über dich und dein sicher verursachtes Chaos würde lesen wollen?«, neckte der Phönix seinen Schützling mit übertriebenem Ernst und faltete den gebliebenen Rest der Zeitung umständlich zusammen.
 

Ace riss ihm das verkohlte Papier dreist aus der Hand und warf es ungeduldig einfach über die Reling ins Meer,- der Phönix sah der davon flatternden Zeitung fassungslos nach. »Na, weil ich immerhin dein Lieblingsschüler bin und du sicher vor Stolz bald platzt, weil ich so erfolgreich war!«, grinste ihn der Lümmel gewinnend an. »Komm, gib schon zu, dass du mich vermisst hast!«
 

Ace zumindest hatten seine Nakama wirklich gefehlt und gerade die Abwesenheit seines Mentors war ihm auf dieser Reise mehr als einmal recht nachdrücklich bewusst geworden,- er mochte Marcos ruhige, kontrollierte und äußerst angenehme Gegenwart inzwischen wirklich gern, die seinen eigenen Übereifer so manches Mal angebracht zu dämpfen wusste, ebenso wie er die lehrreichen Ratschläge des Kommandanten wertschätzte, die Ace förmlich aufsog und begierig von der Erfahrung des Älteren zehrte.
 

Und er liebte diese kleinen Sticheleien zwischen ihnen, die sich schleichend eingespielt hatten und ihr zaghaftes Vertrauensverhältnis ganz unbewusst vertieften,- nie gab der Phönix Ace das Gefühl, dass er über ihm stand, behandelte ihn stets wie einen Gleichgestellten und sah nicht auf ihn herab, obwohl er das in seiner Stellung als Vize sicher durchaus gekonnt hätte.
 

Nicht zuletzt natürlich hatten ihm die gemeinsamen Abende mit Marco, Thatch, Izou, Haru und all den anderen gefehlt,- es war ein unglaublich schönes Gefühl, an einen Ort heimkehren zu dürfen, an dem er sich wohl fühlte und zu wissen, dass dort Menschen auf ihn warten würden, die über seine Rückkehr erfreut wären.
 

Marco schnaubte spöttisch und zwang seine Mundwinkel zurück in eine stoische Linie. »Vergiss es! Ich war eher froh, dass ich mein Essen mal für mich alleine habe, yoi…« Der Feuerbengel hatte nämlich die unliebsame Angewohnheit entwickelt, den Teller des Älteren ungeniert zu plündern, wenn dieser mal nur für einen Augenblick nicht auf der Hut war, was Ace schon einige Kopfnüsse und Marco ab und an einen leeren Magen eingebracht hatte.
 

»Ach komm, als ob du nicht gern mit mir teilen würdest«, widersprach Ace frech und sprang mit einem geschmeidigen Satz von der Reling. »Und außerdem…ohne mich würdest du doch vor Langeweile in deinem ganzen Papierkram sterben!«, mutmaßte er überzeugt und beäugte die unzähligen Listen, die ausgebreitet vor dem Phönix lagen, abschätzend.
 

Ace empfand wirklich Achtung für Marco, dass der stets den Überblick über diesen ganzen Papierkrieg behielt und sich diesem so pflichtbewusst und sorgsam widmete,- er selbst konnte ganz schwer Begeisterung für all diese organisatorischen Dinge aufbringen. Dafür hatte er einfach zu viel Feuer im Hintern, als die Tage gefesselt an den Schreibtisch verbringen zu können.
 

»Tz, ohne dich hätte ich wahrscheinlich noch ein paar Jahre länger zu leben, du Sargnagel«, erwiderte der Phönix brummend, doch amüsiert und zog sich seine Brille von der Nase,- er blickte zu dem neben der Moby ankernden Schiff, welches die Männer der zweiten Division nun ebenfalls entluden, um die zusammengeplünderte Beute der fremden Piratenbande sicherzustellen und diese später in Whitebeards Einflussgebiet gewinnbringend zu investieren.
 

»Sieht aus, als würde mein Training langsam überflüssig werden, yoi. Du machst dich, Ace«, erklärte der Phönix nicht ohne gewissen Stolz in der rauen Stimme, während er seine Papiere und Listen beiläufig sortierte und zusammen schob.
 

Ace konnte nicht anders als bei dem Lob glückselig zu lächeln, immerhin verteilte Marco dergleichen wirklich nur sporadisch und wenn es absolut angebracht war,- allerdings wurde seine Freude doch merklich durch den Umstand gedämpft, dass sein Mentor offenbar darüber nachdachte, das gemeinsame Training bald einzustellen.
 

Er mochte die zusätzlichen Stunden mit Marco wirklich gern und hatte eigentlich nicht vor, diese so schnell abreißen zu lassen, immerhin würde er bestimmt noch eine Menge von diesem lernen können,- außerdem waren ihre Trainingseinheiten immer persönliche Highlights für ihn, da der kühle Phönix in diesen oftmals auftaute und diese spielerische, inzwischen fast freundschaftliche Verbindung zwischen ihnen dadurch zuließ.
 

Ace war allerdings zu stolz, als das er nun um weiteren Unterricht gebeten hätte, aber er wusste, dass es andere Mittel und Wege gab, um an sein Ziel zu kommen. Selbstsicher grinsend lehnte er sich mit vor der nackten Brust verschränkten Armen neben dem Phönix an die Reling und pustete sich lässig eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn. »Ach, gibst du jetzt doch auf, alter Mann? Wird dir das Training etwa zu anstrengend?«, stichelte er frech.
 

»Oi, jetzt werd mal bloß nicht übermütig, Wunderkerze, nur weil du deinen Auftrag erfolgreich zu Ende gebracht hast«, wies ihn der Phönix knurrend zurecht und schenkte ihm einen scharfen Blick aus blauen Augen. »Du scheinst ja geradezu begierig auf eine Tracht Prügel zu sein.«
 

Ace schob eine Braue gespielt überheblich in die Höhe und grinste schief. »Na, wer hier die Tracht Prügel bezieht, dass werden wir ja erst noch sehen, Piepmatz. Wie wäre es mit morgen, gewohnte Zeit, gewohnter Ort?«, setzte er sofort nach.
 

Marco sah die Feuerfaust nachdenklich an und seufzte dann resigniert, bevor er zu Ace‘ Triumph und Freude brummend einlenkte: »Von mir aus.« Er griff sich seine Papiere und wandte sich ab, doch Ace war sofort wieder an seiner Seite und wühlte in den unergründlichen Tiefen seines Rucksackes.
 

»Ich hab übrigens was für dich mitgebracht«, eröffnete der Feuerbändiger und förderte aus seiner Tasche siegessicher grinsend wirklich seltene und aromatische Zigaretten zu Tage. »Ich weiß ja, dass du ohne das Zeug nicht leben kannst…«, bemerkte Ace dezent missbilligend, reichte dem überraschten Phönix die Päckchen aber schmunzelnd. »Oh und hier, eine Flasche von dem Wein, den du so magst…« Auch diese wurde dem überrumpelten Kommandanten in den Arm gedrückt.
 

Der Junge hat sich das wirklich alles gemerkt? »Danke…«, murmelte der Phönix für einen Moment sichtlich überfordert, bevor sich ein wirklich seltenes, warmes Lächeln auf seine Lippen stahl. Ace hatte eine unheimlich gute Auffassungsgabe; eine Fähigkeit, die man aufgrund seines Temperaments manches Mal geneigt war zu vergessen und ihm damit gewiss unrecht tat.
 

»Trinken wir den heute Abend?«, wollte Ace vorfreudig wissen und deutete auf den Wein, während er rückwärts vor Marco herlief, um diesen weiterhin ansehen zu können.
 

Der Kommandant wies mit einem knappen Nicken auf die Listen in seinem Arm. »Also eigentlich hab ich noch eine ganze Menge-….«
 

»Och komm schon, Marco. Lass den blöden Papierkram ausnahmsweise mal sein. Ich will meine Rückkehr feiern und es ist nur halb so lustig, wenn du nicht dabei bist«, erklärte er mit schmollend vorgeschobener Unterlippe. »Außerdem hab ich Thatch und den anderen schon Bescheid gesagt und sie in deine Kajüte eingeladen«, eröffnete der Bengel mit einem völlig schuldlosen Grinsen.
 

Der Phönix schnaubte entrüstet und ungläubig. »Schön, dass du alle zu mir einlädst, ohne mich vorher zu fragen, yoi«, knurrte er mürrisch.
 

»Ich wusste halt, dass du ja sagen würdest.«
 

»Oi, ich hab noch nicht ja gesagt!«
 

»Wirst du aber!«
 

»Werd ich nicht!«
 

»Doch! Und soll ich dir auch sagen warum?« Ace blieb vor ihm stehen, sodass Marco ebenso stoppen musste, um nicht in ihn hineinzurennen. »Weil du nichts mehr liebst, als dich von Izou und mir beim Pokern bis auf den letzten Berry ausnehmen zu lassen!«, stellte der Feuerteufel mit schadenfrohem Grienen fest und stieß dem Phönix einen Zeigefinger auf die kräftige, nackte Brust.
 

Oh, und Ace erinnerte sich sofort, was er noch vermisst hatte,- dieses absolut aufregende, faszinierende Kribbeln ballte sich an seiner Fingerspitze und schickte einen wohligen Schauer über seine Hand den Arm hinauf, sodass er für einen verschwindend kleinen Augenblick wirklich versucht war, seinen Finger neugierig weiter über das ausgeprägte Tattoo von Marcos Brust wandern zu lassen, um herauszufinden, ob sich dieses seltsame Gefühl nicht noch verstärken ließ…
 

Marco schielte hinab zu dem vorwitzigem Finger und grinste den Jungen vor sich schief an. »Falls mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann warst du doch neulich derjenige, der nackt am Tisch saß, yoi…«, erwiderte er gelassen und stieß den Rauch der Zigarette aus, die immer noch in seinem Mundwinkel hing.
 

Ace wurde rot und zog seine Hand aus dem Konzept gebracht nun doch zurück. »Da musst du aber eine völlig falsche Erinnerung haben«, nuschelte er und kratzte sich verlegen im Nacken. »Also, was ist… heute Abend bei dir?«, setzte er sofort nach, um dem Phönix gar keine Zeit für eine Erwiderung oder zum Nachdenken zu geben, warum er der geselligen Runde fernbleiben könnte und sollte.
 

»Dafür wirst du aber in die Stadt gehen und ein paar Besorgungen für mich erledigen«, verlangte Marco statt einer direkten Zusage und drückte dem Feuerteufel einige seiner Listen in die Hand.
 

»Aye!«, versprach Ace sofort freudig und drehte sich auf dem Absatz um, damit er möglichst schnell die gestellte Aufgabe erledigen konnte, motiviert schwang er seinen Rucksack auf den Rücken und rückte seinen Hut zurecht.
 

»Ace…«, hielt ihn Marcos Stimme auf halbem Weg noch einmal zurück.
 

»Hm…?«
 

»Schön, dass du wieder da bist.«
 

Ace‘ ehrliches Lächeln war wie eine Offenbarung. »Schön, wieder hier zu sein.«

Das Echo der Bruderschaft

»…-ich dachte, das solltest du vielleicht noch wissen, bevor du mir wirklich die Position des Kommandanten anbieten willst…«, endete Ace gepresst und knetete angespannt die Krempe seines Hutes, der in seinen Händen hing.
 

Er saß vor dem Kaiser, den Blick gesenkt, denn anzusehen wagte er Whitebeard in diesem Moment nicht, harrte nur schweigend und gefasst auf dessen nächste Worte und starrte die Bodendielen vor seinen Füßen verbissen an.
 

Gleich wäre es soweit,- gleich würde man ihn fortjagen, gleich…
 

»Gurarara…tatsächlich, ist ja ‘n Ding! So ist das also….hrm, charakterlich gleichst du Roger aber nicht wirklich…«
 

Ace‘ Kopf ruckte nach oben und er starrte den Kapitän fassungslos an,- er hatte sich gewappnet, für Beschimpfungen, Vorwürfe, sogar für den Verlust seines neuen Heimes, doch alles was er bekam war ein amüsiertes Lachen und der gütige Blick des mächtigen Piratenkaisers, womit er völlig überfordert war.
 

»D-das ist alles, was du dazu sagst?! Du schmeißt mich nicht raus?!«
 

»Warum sollte ich?! Ich hab mich schon gefragt, was du mir so wichtiges zu sagen hast, aber dass du so kleinkariert denkst, Junge…«, brummte Whitebeard zurechtweisend.
 

»I-ich bin der Sohn deines alten Feindes!«, setzte Ace verständnislos nach.
 

Der alte Mann stieß sein grollendes Lachen aus. »Und, was sollte mich das interessieren? Was ändert das schon, hm?! Alle Menschen sind Kinder der See, Ace, egal von wem sie auch abstammen mögen. Merk dir das, mein Junge!«
 


 


 

Ace hatte das Kinn auf dem Tisch abgelegt und starrte gedankenverloren vor sich hin, während er die Zinken seiner Gabel lustlos auf dem leeren Teller vor sich kreiseln ließ,- dadurch entstand ein quietschendes, nervtötendes Geräusch, was Thatch, der ihm gegenüber saß, gequält das Gesicht verziehen ließ.
 

Nach einer Weile hielt es der Kommandant der Vierten nicht mehr aus, griff über den Tisch und entriss dem Jungen energisch das Folterwerkzeug. »He, was soll dieser trübsinnige Blick? Und überhaupt, wirst du krank? Nur eine Portion zum Abendessen?!«, stellte Thatch stirnrunzelnd fest und deutete fast besorgt auf Ace‘ Teller, den der zuvor mit erschreckend wenig Begeisterung geleert hatte. »Was ist los, Kleiner?«
 

»Nichts, gar nichts ist los, hab halt keinen Hunger…«, schnaubte Ace bissig und zog sich seinen Hut tiefer ins Gesicht, um dem skeptischen Blick des anderen zu entgehen,- Thatch schürzte die Lippen pikiert und trommelte mit den Fingern unzufrieden auf dem Tisch, während er den Jungen musterte. „Kein Hunger“?! Als ob das je im Rahmen des Möglichen liegen würde!
 

»Komm schon, Ace, ich bin doch nicht blöd! Irgendetwas beschäftigt dich doch und es muss wichtig sein, wenn du darüber sogar das Essen vergisst«, mutmaßte Thatch geradeheraus, bevor er sich suchend im allabendlich gut gefüllten Speisesaal der Moby umsah.
 

»Und wo steckt eigentlich Marco? Den hab ich heute auch noch nicht gesehen…«, stellte der Kommandant auf beinahe beleidigte Art und Weise fest, als wäre er einer Verschwörung auf der Spur, bei der er ausnahmsweise mal kein aktiver Part war.
 

»Sonst hängst du doch auch ständig an seinem Rockzipfel«, versuchte Thatch den Jungen neckend aus der Reserve zu locken, da er inzwischen durchaus bemerkt hatte, dass Ace den Kommandanten der Ersten sehr schätzte und gern Zeit mit diesem verbrachte,- Thatch freute das natürlich für seinen langjährigen Freund, denn Marco konnte durchaus mal ein wenig Abwechslung von seinen streng auferlegten Pflichten gebrauchen und Ace tat ihm sichtlich gut.
 

»Bestimmt nicht so viel wie du an Izous Kimono…«, konterte die Feuerfaust sofort mit blitzenden Augen, was den anderen empört nach Luft schnappen ließ.
 

»Unsinn! Was sollte ich auch bitte bei dieser knochigen Möchtegern-Geisha wollen, he?!«, schnaufte der Kommandant abwehrend, bevor er mit glänzenden Augen die Hände in einer wiegenden Geste an die eigene Brust hob. »Ich bevorzuge immerhin weibliche und weiche Körper, die sich anschmiegsam in meine Hände ergeben, das wohlige, süße Seufzen einer Frau~…«
 

Thatch unterbrach sich selbst in seiner Schwärmerei, indem er Ace seinen Zeigefinger herausfordernd entgegen streckte, weil der die Brauen kritisch in die Höhe gezogen hatte und ihn mit unverhohlener Skepsis betrachtete. »Ich schwör’s dir, auf der nächsten Insel werde ich sie finden, die Liebe meines Lebens, die Mutter meiner Kinder! Du wirst schon sehen!«
 

»Ja klar…«, schnaubte Ace und verdrehte die Augen in die Höhe, während er resigniert den Kopf schüttelte,- unter anderen Umständen wäre er vielleicht sogar belustigt gewesen.
 

Er wusste schon jetzt ganz genau, wie der nächste Landgang für Thatch enden würde, weil nämlich jeder Landgang für ihn so endete,- betrunken und desillusioniert an Izous Schulter, der sich das Geheule dann anhören musste, da der - zur übertriebenen Dramatik neigende - Kommandant der Vierten auf jeder verdammten Insel die große Liebe fand, die allerdings irgendwie immer sehr einseitig ausgeprägt war...
 

An den darauffolgenden Tagen waren die beiden Kommandanten dann nur noch unausstehlicher zueinander. Beim Seekönig, die zwei sollten sich endlich mal ordentlich durch die Laken wälzen, damit hier Ruhe einkehrt, hatte Rakuyou erst neulich mit einem entnervten Stöhnen vorgeschlagen, als Thatch und Izou sich über den Gang des Kommandantendecks wieder mal wie ein altes Ehepaar angekeift hatten.
 

»…wo ist Marco nun?«, beendete Thatch seine träumerische Ausschweifung und Ace stellte fast ein wenig beschämt fest, dass er ihm kaum zugehört hatte.
 

»Keine Ahnung, vielleicht ist er ja auf seinem Nistplatz eingeschlafen…«, brummelte Ace konsequent verstimmt.
 

»Na lass ihn das bloß nicht hören!«, kicherte Thatch amüsiert, während Ace inzwischen dazu übergegangen war, den leeren Teller vor seiner Nase kratzend auf dem Tisch hin und her zu schieben.
 

Er wusste wirklich nicht, wo der Phönix war oder was der gerade trieb und genau darin lag auch mehr oder minder sein Problem. Ace hatte das komische Gefühl, dass Marco ihm aus dem Weg ging und tunlichst seine Gegenwart oder Unterhaltungen zu meiden schien,- seltsamerweise seit seinem eigenen Gespräch mit Whitebeard vor zwei Tagen…
 

Vielleicht hat Pops es ihm ja erzählt? Vielleicht weiß Marco jetzt, wessen Sohn ich bin… Ace schob diesen Gedanken sofort vehement von sich. Unsinn, der alte Mann mag vieles sein, doch er ist bestimmt keine gedankenlose Plaudertasche! Doch warum machte sich der Phönix dann mit einem mal so rar?
 

Ace war frustriert, denn dieser - für ihn nicht nachzuvollziehende - Rückzug seines Mentors beschäftigte ihn mehr, als er zugeben wollte, vor allem, da ihm der Phönix ja auch nicht einmal die Gelegenheit gab, die Sache aufzuklären. Vielleicht ist Marco ja auch nicht mit Pops‘ Wahl einverstanden, mich zum Kommandanten zu machen? Darüber hat er bestimmt mit ihm gesprochen…
 

Ace war unschlüssig, ob er den Posten wirklich so einfach annehmen sollte,- er wollte es, keine Frage, denn sein Ehrgeiz und sein Stolz sahen darin eine Herausforderung, die er bei klarem Verstand kaum ausschlagen würde, aber Whitebeard hatte ihn mit seinem Angebot auch ziemlich überrumpelt.
 

Er hatte nun die Möglichkeit einer der Befehlshaber des Kaisers zu werden,- einem der mächtigsten und stärksten Männer auf diesen Meeren; einen Mann, den er zu respektieren gelernt hatte und in dessen Beisein ihm das Wort Vater wesentlich leichter von den Lippen ging, als wenn er von seinem Erzeuger sprach.
 

Doch er war jung, er war noch nicht lang dabei und er befürchtete, dass sich einige seiner Nakama womöglich vor den Kopf gestoßen fühlen könnten, wenn er plötzlich als Kommandant vor ihnen auftrat.
 

Noch dazu war er sich selbst nicht ganz sicher, ob er sich ernsthaft schon bereit dafür fühlte, so eine große Gruppe an Männern zu befehligen, Verantwortung für diese zu übernehmen und das nicht nur aushilfsweise, weswegen er vor seiner Entscheidung auch gern mit Marco darüber gesprochen, sich dessen Rückhalt und Hilfe versichert hätte…
 

Verdrossen knallte Ace seine Stirn auf die Tischplatte, was Thatch wohl fälschlicherweise glauben ließ, dass er wieder mal urplötzlich eingepennt wäre,- der Kommandant nahm seufzend Ace‘ leeren Teller und erhob sich, um das Geschirr wegzuräumen, da er schon wusste, dass die ungeplanten Schläfchen des Jungen einige Zeit dauern konnten.
 

»Also manchmal möchte ich mich so auch gern aus unangenehmen Gesprächen retten können…«, murrte Thatch mit schiefem Schmunzeln und Blick auf die Feuerfaust, bevor er Izou auf der anderen Seite des Raumes erspähte und rasch hinter Blenheim in Deckung ging, der sich eben vom Nachbartisch erhoben hatte, um hinter diesem unauffällig das Weite zu suchen.
 

Nachdem der Kommandant abgezogen war, rappelte Ace sich wieder auf und lugte unter der Krempe seines Hutes hervor, als plötzlich eine schwere, große Hand auf seine Schulter krachte und ihn merklich zusammenzucken ließ.
 

»Na, Kommandant Ace, ganz allein hier?«, tönte die kratzige Stimme heiter, bevor sich der zugehörige, massige Körper neben der Feuerfaust auf die Bank fallen ließ und sein übervolles Tablett vor sich auf den Tisch krachte.
 

»Teach…«, stieß Ace halb erleichtert, halb enttäuscht aus, als er seinen Nakama erkannte, der ihn mit einem breiten Grinsen voller Zahnlücken fixierte,- für einen Moment hatte er schon gedacht, dass Marco gekommen wäre, um endlich das Gespräch zu suchen.
 

Dann allerdings realisierte er Teachs vorangegangene Worte und starrte den Piraten mit großen Augen an, der fröhlich sein Essen in sich hineinstopfte. »Äh…hast du gerade…woher…« Ace senkte die Stimme unsicher ab und lehnte sich zu seinem Kameraden hinüber. »…die Sache mit dem Kommandant…woher weißt du…?«
 

»Zehahahaha, Ace, komm schon! Dieses Schiff ist wie eine Küche voller Waschweiber, sag bloß, dass ist dir noch nicht aufgefallen…?!«, meinte Teach belustigt und biss kräftig in ein Stück Brot, wodurch die Krümel über sein zum Bersten gespanntes Hemd rollten. »Außerdem tuschelt fast jeder der Zweiten schon lange darüber, dass du ein geeigneter Anwärter wärst«, erklärte der Pirat schulterzuckend.
 

Ace sah seinen Nakama nachdenklich an, während er das Kinn in die Handfläche stützte,- er kannte Teach nun schon eine Weile, doch zu seinem eigenen Erstaunen würde er den wohl nie zu seinen engsten Freunden zählen, obwohl er eigentlich auf Anhieb mit allen Mitgliedern der Crew gut ausgekommen war.
 

Er wusste nicht recht, was es an dem anderen war, doch irgendetwas in Teachs Augen riet Ace zu einem gewissen Maß an Abstand, obwohl der ihm nie einen Anlass für Misstrauen oder Abneigung gegeben hatte, nicht einmal, als die Feuerfaust die zweite Division aushilfsweise hatte anführen dürfen.
 

Eigentlich verwunderlich, denn Teach war eines der ältesten Mitglieder der Division, viel länger dabei als er selbst, und hätte sicherlich damit weit vor Ace einen Anspruch auf den Posten des Kommandanten gehabt…
 

»Sag mal, würde dich das eigentlich überhaupt nicht stören, wenn ich dein Kommandant wäre?«, hakte Ace recht zweifelnd nach, während er seinem Kameraden mit großen Augen beim Essen zusah,- Teach konnte immerhin ebenso viel verdrücken wie er selbst und das war schon eine Glanzleistung. »Ich meine, du gehörst doch schon länger als ich dazu und-...«
 

»Zehahaha…Quatsch! Da mach dir mal keinen Kopf, ich hab keinerlei Ambitionen!«, entgegnete Teach abwinkend und spülte seine Mahlzeit mit einem großen Schluck Rum hinunter, bevor er sich zufrieden mit dem Ärmel über den Mund wischte und Ace bekräftigend auf die Schulter klopfte. »Mach du das nur, Kommandant Ace. Mit dir wären alle zufrieden.«
 

Keinerlei Ambitionen?! Ace kniff kritisch ein Auge zusammen und kratzte sich nachdenklich an der Nase,- er mochte oftmals zu gutgläubig sein, doch dass ein Mann wie Teach keinerlei ehrgeizige Ziele verfolgen sollte, erschien selbst ihm irgendwie recht fragwürdig.
 

Der Kerl war verschlagen und das auf eine Art und Weise, die selbst für einen Piraten sehr grenzwertig erschien,- Ace hatte seinen Nakama schon öfters bei ihren abendlichen Pokerrunden zugesehen und wirklich niemand konnte so gut bluffen und täuschen wie Teach; Fähigkeiten, die er sich irgendwann und zu einem bestimmten Zweck ja sicherlich einmal angeeignet hatte…
 

Ace wollte gerade etwas erwidern, als unerwartet Marco in der Tür der Messe erschien, was ihm sofort ein freudig erleichtertes, wenngleich auch nervöses Kribbeln in der Magengegend bescherte, doch zu seiner Enttäuschung blickte der Phönix nicht einmal in seine Richtung, sondern bahnte sich nur schnell einen Weg durch die Reihen der essenden Männer zur Kombüse.
 

Frustriert schnaufend sackte Ace in sich zusammen, als er zusah, wie Marco sich von einem der Hilfsköche einen abgedeckten Teller reichen ließ und mit diesem schnurstracks kehrt machte,- der flatternde, blaue Haramaki war das Letzte, was die Feuerfaust von dem Kommandanten sah, als jener wieder verschwand.
 

Das darf doch nicht wahr sein! Hab ich irgendwas falsch gemacht? Oder bilde ich mir das alles etwa nur ein? Äußerst unzufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust, während er die Unterlippe zwischen die Zähne zog und grübelnd auf dieser herumkaute. Ich muss unbedingt mit Marco reden und das klären! Und zwar jetzt gleich!
 

Beherzt stemmte er sich in die Höhe, verabschiedete sich knapp von Teach und schob sich durch die dicht gedrängte, lärmende Menge seiner Nakama, um die Messe nun ebenfalls zu verlassen und dem Vize zu folgen.
 

Wenn sich der Phönix mit dem Essen nicht bei seinen Kameraden niederließ, dann zog er sich meistens in seine Kajüte zurück, weil er noch über Arbeit hockte, die keinen Aufschub duldete. Das hatte Ace inzwischen schon mitbekommen, also macht er sich nun auf in Richtung des Kommandantendecks, während seine Nervosität mit jedem Schritt anzusteigen schien.
 

Er hatte ehrlich doch ein wenig Schiss, dass das gute Verhältnis, was er zu seinem Mentor inzwischen aufgebaut hatte, zerbrechen könnte, wenn dieser das Geheimnis um Ace‘ Herkunft kannte und doch war er entschlossen, den Phönix ebenfalls einzuweihen, denn neben Pops hatte der wohl den größten Anspruch auf die Wahrheit,- und das nicht nur, weil der ältere Kommandant zu einem unbestreitbar wichtigen Bezugspunkt für ihn geworden war.
 

Denn Marco bildete eine ziemlich eigenartige Ausnahme für Ace, der sich stets einen emotionalen Sicherheitsabstand zu den Menschen in seiner Umgebung wahrte, egal, wie gern er die auch mochte und um sich hatte.
 

Dieser Schutzmechanismus hatte sich irgendwann von selbst entwickelt, da er in der Vergangenheit nur allzu oft und deutlich vor Augen geführt bekommen hatte, wer er war und was jemand wie er, dessen Existenz verflucht war, vom Leben und der Welt zu erwarten hatte - nämlich rein gar nichts.
 

Wie viele Male hatte Ace schon in den Spiegel geblickt, unfähig etwas anderes zu sehen als eine schmutzige Abscheulichkeit, der es nicht erlaubt war, zu atmen, geschweige denn ein erfülltes Leben zu führen. Genauso unfähig fühlte er sich oftmals auch, wahre Zuneigung und Vertrauen zu anderen zu empfinden, diese Gefühle überhaupt zuzulassen.
 

Aber bei Marco hatte Ace nicht das zwingende Bedürfnis, wachsam und vorsichtig sein, sich hinter einer fröhlichen, unbekümmerten Fassade verstecken zu müssen. Der Ältere vermittelte ihm irgendwie Sicherheit mit seiner beständigen, ruhigen Art und lockte ihn ganz selbstverständlich mit seiner unbeugsamen Ehrlichkeit aus dem Schneckenhaus, das er vorsorglich um sich gebaut hatte.
 

Ihre Teufelskräfte, die seltsamerweise aufeinander zu reagieren schienen, taten ihr Übriges dazu, ließen Ace in Marcos Nähe bedenklich schnell arglos werden, da die Aura des Phönix etwas unbestimmt gütiges und vertrautes vermittelte, dessen er sich nicht entziehen konnte.
 

Kurzum, Ace fühlte sich erschreckend wohl bei und mit dem älteren Kommandanten, was ihn gleichauf faszinierte, wie es ihn auch beunruhigte…
 

Denn langsam lief er Gefahr Marco sein Vertrauen zu schenken,- Ace wusste nicht, ob er das sollte, schon gar nicht, ob er das konnte und noch weniger, ob er nicht genau das mehr als alles andere wollte.
 

Vielleicht sehnte er sich doch nach jemandem, dem er wieder unvoreingenommen begegnen und der ihm ein wahrer Freund sein konnte,- seit Sabo tot und er ohne Ruffy aufgebrochen war, hatte es in seinem Leben immerhin keinen Menschen gegeben, den er je wieder so nah an sich herangelassen hätte wie seine beiden Brüder.
 

Und genau aus diesem Grund erschien es ihm auch als falsch, Marco keinen reinen Wein einzuschenken,- der Phönix war immer aufrichtig zu ihm gewesen, also wollte er ihm das auch zurückgeben und dieses Geheimnis nicht zwischen ihnen als Hindernis stehen lassen.
 

Inzwischen hatte Ace in Gedanken versunken das Deck der Kommandanten erreicht und blieb zielsicher vor Marcos Kajüte stehen, bevor er noch einmal tief Luft holte und anklopfte. »Herein«, erscholl die vertraut raue Stimme und Ace öffnete die Tür entschlossen.
 

Den Kommandanten Whitebeards stand der Luxus einer eigenen Kajüte zu, wohingegen Marco diese Annehmlichkeit kaum zu nutzen schien, denn sein Rückzugsort war erschreckend nüchtern, fast schon unpersönlich, wenn man von den bunten, vollgestopften Räumen ausging, die Ace von Thatch oder Haruta kannte.
 

Und doch passte die Kajüte zu Marco, war strukturiert, ordentlich und strahlte eine beruhigende Klarheit aus wie der Phönix selbst,- allein ein zerwühltes Bett und ein vollgestopftes Bücherregal, welches nicht sonderlich sortiert wirkte, ließen darauf schließen, dass in diesen Räumlichkeiten überhaupt jemand lebte.
 

Marco saß an seinem Schreibtisch im warmen Schein einer Öllampe, während vor ihm einige ausgerollte Karten und Papiere lagen, an denen er wohl bis eben gearbeitet hatte,- der Phönix trug seine Brille, die er zum Arbeiten benötigte und verspielte Rauchwolken kringelten sich um seinen Kopf, da wie gewohnt eine glimmende Zigarette in seinem Mundwinkel hing.
 

Der Teller mit dem Abendessen stand unangerührt auf Seite geschoben,- wahrscheinlich hatte Marco in seinem Eifer die Mahlzeit einfach vergessen, ein Versäumnis, was Ace völlig unverständig zur Kenntnis nahm.
 

»Kann ich dich kurz stören?«, fragte er höflich, wenn auch ein wenig distanziert, denn immerhin wusste er nicht, ob er gleich eine Abfuhr zu erwarten hatte.
 

Marco wirkte nicht erstaunt oder verstimmt über seinen abendlichen Besucher, sondern blickte seinem Schützling offen und aufmerksam entgegen. »Natürlich. Komm rein, Ace«, gewährte er mit einem Nicken.
 

Ace stieß die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte und betrat den Raum,- zumindest schien der Phönix jetzt bereit zu sein mit ihm zu reden. Er schloss die Tür und lehnte sich gegen jene, während er die Klinke nicht aus den Händen ließ, als müsste er sich eines Fluchtweges rückversichern.
 

Unschlüssig stand er nun da, während er nach den richtigen Worten suchte und starrte den Fußboden an, als wäre die Maserung des Holzes das Spannendste, was er je gesehen hätte. Dumpf donnerte der Herzschlag in seiner Brust und die Anspannung ließ ihn die Kieferknochen flüchtig verkrampfen, während Aufregung in seinem Magen rumorte.
 

Verdammt, ich bin die Feuerfaust, ich habe keinen Schiss vor der Meinung dieses blauen Federviehs! Ace war immer schon der Ansicht gewesen, dass Angriff die beste Verteidigung wäre und da er nicht weiter wie ein verschrecktes Karnickel an der Tür kleben wollte, tat er einen beherzten Schritt in den Raum und funkelte den Kommandanten fast trotzig an.
 

»Warum gehst du mir aus dem Weg, Marco? Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann sag es doch einfach«, kam er gleich zur Sache, indem er den Phönix sofort mit seinen Befürchtungen konfrontierte.
 

Marco legte seine Schreibfeder beiseite und runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich kann dir ehrlich gesagt nicht ganz folgen, Ace. Wovon sprichst du?« Er hob fragend eine Braue und wirkte ehrlich irritiert, was Ace dann doch ein wenig verunsicherte, allerdings nicht genug, als das er jetzt einen Rückzieher gemacht hätte.
 

»Du weißt sicherlich, dass Pops mir die Stelle als Kommandant der Zweiten angeboten hat«, erklärte er felsenfest überzeugt, denn für ihn gab es keinerlei Zweifel, dass Whitebeard diese Intension mit seinem ersten Kommandanten besprochen hatte.
 

»Das weiß ich, yoi«, bestätigte Marco nüchtern und lehnte sich etwas zurück, bevor er Ace abwartend über den Rand seiner Brille musterte,- gemächlich rauchte die Zigarette in seinem Mundwinkel vor sich hin, während er Ace nicht den Gefallen tat, von sich aus weiter auf das Thema einzugehen.
 

»Ich bin zu jung und erst kurze Zeit bei euch, du denkst bestimmt, dass ich diesen Posten nicht verdient habe, ist es nicht so?«, fragte Ace provozierend. Sein Blick war feurig, seine Kinn stolz erhoben,- er erweckte ganz den Eindruck, sich eigentlich keinen Deut um die Antwort zu scheren und doch spürte Marco irgendwie, dass es nicht so war.
 

Der Kommandant war ehrlich verblüfft und wunderte sich, wie der Junge auf so eine haltlose Vermutung kam, weswegen er seine nächsten Worte auch sehr bedacht wählte. »Am Ende ist es Pops' Entscheidung und meine Meinung ist eigentlich nebensächlich, aber ich unterstütze seinen Vorschlag vollkommen«, erklärte er wahrheitsgemäß. »Du hast dich durchaus für diesen Posten qualifiziert.«
 

»Ich wusste doch, dass du-…hä?«
 

Ace schloss den Mund mit einem verwirrten Blinzeln wieder und wirkte aus der Fassung gebracht,- ganz offensichtlich hatte er mit einer anderen Antwort gerechnet, sich für diese gerüstet und wurde nun abrupt in unbekanntes Gewässer geworfen.
 

»Du bist noch recht jung und manchmal ein wirklicher Hitzkopf, das stimmt, aber du bist motiviert und zielstrebig und hast dir in deiner verhältnismäßig kurzen Zeit hier schon beachtliche Erfolge erarbeitet. Du besitzt eine außerordentliche Stärke und große Willenskraft, außerdem bist du sehr beliebt bei der Crew und hast dich mit den Männern der Zweiten schon recht vertraut gemacht. Ich wüsste ehrlich gesagt keinen, der besser geeignet wäre als du.«
 

Marco faltete die Hände gemächlich auf der Tischplatte und sprach überzeugt weiter: »Es braucht mehr für einen Anführer als nur jahrelange Kampferfahrung. Und du hast dieses mehr, Ace. Die Männer stehen hinter dir und würden dir überall hin folgen, weil sie dich schlichtweg mögen und dich respektieren.«
 

Der junge Feuerbändiger sah Marco lange an und schien dessen Worte pedantisch abzuwägen, bevor er die Unterlippe in einer unbewusst flüchtigen Regung zwischen die Zähne zog und den Blick verstohlen abwandte,- er schien nicht wirklich befriedigt durch Marcos Worte, eher, als wäre seine ungestüme Anschuldigung nur der Vorwand gewesen, hinter dem sich sein wahres, viel tiefer liegendes Ansinnen verbarg. Ist er denn wirklich so wenig überzeugt von sich selbst?
 

»Ace, willst du mir nicht sagen, was dich wirklich beschäftigt, yoi?«, hakte der Phönix irgendwann geduldig nach, während er bedächtig an seiner Zigarette zog und den Jungen vor sich ergründend fixierte.
 

Ace hob ertappt den Blick, bevor er jenen fast so schnell auch wieder fallen ließ. Einer seiner Stiefel scharrte unschlüssig über den Boden, während er die Stirn kräuselte und die Zähne angespannt aufeinander biss,- er sah aus, als würde er ernsthaft mit sich und seinen nächsten Worten hadern.
 

»Kannst du dir vorstellen, dass Roger ein Kind hatte?«, fragte er dann unvermittelt und scheinbar zusammenhanglos, seine Stimme war merklich abgekühlt, während er die Brauen auf eine Art zusammen zog, die fast gequält wirkte. »Kannst du dir vorstellen, dass ein verfluchter Nachkomme des Piratenkönigs existiert?«, spie er beinahe aus, als würden die Worte wie Säure auf seiner Zunge brennen.
 

Marco stutze merklich über Ace‘ plötzlich so eigenartig veränderte Gefühlslage,- es verunsicherte ihn, dass er nicht so recht wusste, worauf der Junge hinauswollte, geschweige denn, was der von ihm erwartete. »Ich weiß nicht…möglich wäre es…«, erwiderte er verhalten.
 

»Was würdest du tun, wenn du von diesem Kind wüsstest, das es gar nicht geben dürfte…?«
 

Für einen winzigen Augenblick huschte über Ace‘ Züge der Schatten unerwarteter Verletzlichkeit, sodass Marco schlucken musste und die Lippen um das biegsame Material seiner Zigarette verhärtete, doch er hielt unbeirrt dem Blick des Jungen stand, war regelrecht gefangen von dessen jäher Transparenz.
 

Es war das erste Mal, dass Ace nicht als der fröhliche Wirbelwind auftrat, der er sonst war und der Phönix musste wieder an Fossas Worte denken, die er keinen Tag vergessen hatte. »Und doch hab ich manchmal den Eindruck, als würde ein Schatten über seinem Lächeln liegen. Als wäre seine unbeschwerte Art eine Fassade, die etwas zurückhält…«
 

Marco war sie in den letzten Wochen ebenfalls immer mehr aufgefallen,- die Distanz, die Ace im Umgang mit anderen wahrte; keine körperliche, denn der Junge schien nichts gegen die kameradschaftlichen Umarmungen seiner Nakama zu haben, sondern eine emotionale, die es schwer machte, die wahre Feuerfaust hinter dem kecken Lächeln zu sehen.
 

Je mehr Zeit der Phönix mit dem Feuerteufel verbracht und je inniger ihr fast freundschaftliches Verhältnis wurde, desto mehr hatte er das Gefühl, gegen eine unsichtbare Mauer anzulaufen, die Ace unbemerkt von den meisten um sich errichtet hatte,- es war nicht schwer, ihm nah zu kommen, ihm wirklich nahe zu sein dagegen schon.
 

»Worauf willst du hinaus…?«, hakte Marco nun vorsichtig nach.
 

Er wollte Ace in diesem fragilen Moment keinesfalls verschrecken,- die sonst so starke, unerschütterliche Feuerfaust war unsicher und in diesen tiefdunklen, unergründlich erscheinenden Augen schwelte eine gnadenlose Verbitterung, die Marco wirklich erschreckte und deren Ursprung er zu gern gekannt hätte.
 

»Ich bin dieses Kind.«
 

»…«
 

Es war wohl das erste Mal, dass Ace Marco wirklich sprachlos erlebte und dessen sonst so gelangweilter, stoischer Gesichtsausdruck absoluter Verblüffung wich,- baff starrte der Kommandant ihn an, sodass Ace dem nicht lang standhalten konnte und den Blick abwandte, um die aufwallende Abscheu in den Augen des Phönix nicht sehen zu müssen, die mit Sicherheit bald folgen würde…
 

Marco setzte seine Brille langsam ab und rieb sich den Nasenrücken, um sich zu sammeln, während er den letzten Zug seiner Zigarette tätigte, diese dann bedächtig im Aschenbecher ausdrückte, bevor den angehaltenen Atem schwer entweichen ließ.
 

Zugegeben…das hätte ich nicht erwartet. Immer noch völlig perplex musterte Marco den jungen Mann vor sich.
 

Ace‘ Gesicht wirkte verkrampft, sodass seine Kieferknochen merklich hervortraten, die Hände hingen zu Fäusten gepresst leblos an seinen Seiten, als wollte er sich für einen Angriff wappnen, den er unweigerlich zu erwarten schien. Alles in allem machte er gänzlich den Eindruck, als wäre er gerade überall lieber als hier und würde im nächsten Augenblick aus der Kajüte flüchten wollen.
 

»Pops…?!«

»Weiß es bereits…ich hab es ihm schon gesagt…«

»Hm…«
 

»Und… was denkst du jetzt? Denkst du immer noch, dass ich Kommandant werden sollte? Bist du immer noch der Meinung, dass ich Anrecht auf einen Platz auf diesem Schiff und in eurer Familie habe?« Ace malträtierte seine Unterlippe angespannt und wirkte trotz allem auf eine beängstigende Art gefasst, als würde er sich völlig kampflos dem Schicksal ergeben wollen,- etwas, das völlig falsch an dem sonst so unbändigem und stolzem Feuerteufel wirkte.
 

Erwartet der Junge, dass ich ihn jetzt über die Planken schicke? Marco wurde verspätet und mit Entsetzen klar, dass es genau dieser oder ein ähnlicher Gedanke sein musste, der seinem jungen Schützling so zusetzte. Er glaubt doch nicht wirklich… denkt er tatsächlich, er hätte kein Recht zu leben!?
 

Diese plötzliche Erkenntnis schockierte den Kommandanten mehr, als es Ace‘ Offenbarung jemals vermocht hätte,- wie konnte es nur möglich sein, dass ein so junger Mensch solch vernichtende Gedanken hegte? Wie konnte er sein Leben nur so gering schätzen?
 

»Es ist auch deine Familie, Ace«, erinnerte ihn Marco behutsam. »Und ja, ich bin immer noch der Meinung, dass du den Posten annehmen solltest, den Pops dir angeboten hat«, versicherte er ruhig und fest. »Ich denke nun nicht anders über dich als zuvor.«
 

Was?! In der festen Annahme, sich verhört zu haben, hob Ace den Blick und sah den Kommandanten vor sich verunsichert an, während er in dessen markanten Zügen nach Anzeichen auf einen Scherz oder schlimmer noch, nach Ablehnung und Abscheu suchte, doch er fand nichts,- Marcos Augen waren noch immer jene offenen, klaren Seelenteiche, die er schätzte und in denen die reine Wahrheit lag.
 

Der Phönix log nicht,- er meinte, was er sagte, genauso, wie er es sagte.
 

Marco fuhr sich durch die blonden Haare, die dadurch nur noch wirrer abstanden, bevor die Hand am glattrasierten Hinterkopf zu liegen kam. »Aber ich muss zugeben, du hast mich echt überrumpelt. Das habe ich wirklich nicht erwartet«, gab er freimütig zu. »Es muss eine ziemliche Last für dich gewesen sein, dass die ganze Zeit mit dir herumzutragen, hm? Du bist sicher froh, es endlich los zu sein.«
 

Diese verdammt ehrlichen, absolut vorurteilsfreien, klaren blauen Augen schienen bis auf den Grund von Ace‘ Seele blicken zu können und rissen ihm damit den Boden unter den Füßen weg, zielgerichteter, als ein Schwall aus verachtenden Worten es hätte jemals tun können.
 

Wie kann das ein? Wie können der alte Mann und Marco mich einfach so akzeptieren, wo ich doch weiß, ganz sicher weiß, welchen Frevel meine Existenz darstellt?! Er war ratlos, er war verwirrt, er verstand es einfach nicht. Er hatte bereits zu lange in dem Glauben gelebt ein Schandfleck zu sein und irgendwo, tief in sich drin, hatte sich dieser Gedanke wie ein giftiges Geschwür festgesetzt.
 

»Du verachtest mich nicht?!«, brachte er brüchig heraus, räusperte sich verschämt und ließ die Hand wieder sinken, welche die Krempe seines Hutes herabgezogen hatte, um seine Augen in Schatten zu hüllen. »Warum verachtest du mich nicht? Warum akzeptierst du die Wahrheit einfach so wie der alte Mann?«, verlangte er bald misstrauisch zu wissen, während seine Gedanken ein heilloses Durcheinander bildeten.
 

Ein Beben lief durch seinen Körper, ließ eine unangenehme Leere zurück, die er mit raschen Atemzügen zu füllen versuchte. Seine Augen brannten verräterisch und am liebsten hätte er auf dem Absatz kehrt gemacht, um nicht Gefahr zu laufen, sich so vor dem anderen zu entblößen.
 

»Weil es für mich rein gar nichts ändert, yoi.«
 

Marco stemmte sich von seinem Stuhl in die Höhe, um dem plötzlichen, völlig irrationalen Impuls nachkommen zu wollen, Ace in die Arme zu ziehen, doch er stoppte noch in der Bewegung und blieb, die Hände auf das Holz vor sich gestützt, unverrichteter Dinge stehen. Fast konnte er Ace‘ Verzweiflung stechend auf der Zunge schmecken, als würde der Junge seine Emotionen wie schwelendes Feuer ausdünsten.
 

Ace war weder eine Frau, noch war er ein Kind und eine solch gefühlvolle Reaktion hätte ihn womöglich glauben lassen, dass Marco ihn zu einem von beidem degradieren wollte,- er kannte den Stolz seines Schützlings und bremste sich daher in seinem unbedachten Drang, dem Jungen nah sein und Trost spenden zu wollen.
 

Mitleid würde ihn gewiss abschrecken und war wohl auch das Letzte, was Ace wollte,- also führte Marco seine Bewegung anderweitig fort, um unter den argwöhnischen Augen der Feuerfaust eine Flasche Sake und zwei zugehörige Schalen aus einem tiefliegenden Schubfach seines Tisches zu ziehen und ihnen beiden etwas einzuschenken.
 

»Komm, lass uns erst einmal etwas trinken. Das macht den Kopf frei«, schlug der Kommandant vor und schob Ace auffordernd eine der Schalen entgegen, während er ihm ermutigend zunickte. »Eigentlich habe ich schon lange auf diese Weise mit dir anstoßen wollen, aber bisher habe ich es bedauerlicherweise versäumt«, gestand Marco mit einem sanften, seltenen Lächeln.
 

Ace schluckte hart und ließ seinen Blick fassungslos von der angebotenen Schale zu seinem Mentor und wieder zurück fliegen,- Erinnerungen krochen in ihm hoch, Bilderfetzen der Vergangenheit, als er schon einmal mit den beiden ihm wichtigsten Menschen auf dieser Welt Sakeschalen getauscht hatte.
 

Natürlich hatte er auch schon mit Marco und all den anderen getrunken, sich Sake- oder Rumflaschen geteilt, doch nie so, nicht so…intim.
 

»I-ist das dein Ernst?!«, würgte Ace mit kratziger Stimme heraus und konnte seine Beklemmung nicht mehr länger verbergen. »D-du willst mit mir trinken? Nachdem du das weißt?! Nachdem du weißt, wer ich bin?!«, fragte er entgeistert, als wäre der Kommandant wohl nicht ganz bei Sinnen. »Du kannst doch nicht-…«
 

»Ace«, unterbrach ihn Marco völlig ruhig, aber sehr bestimmt. »Ich wusste vorher schon, wer du bist. Du bist du. Du bist Ace. Und mehr muss ich nicht wissen«, erklärte der Vize mit jener felsenfesten Gewissheit, die er empfand,- für ihn war es nicht von Belang, woher Ace stammte, weil sie jetzt gemeinsam unter der Flagge ihres einzig wahren Vaters segelten.
 

Der Phönix war entschlossen, diese Mauer zu überwinden, die Ace als unsichtbares Hindernis um sich errichtet hatte,- er wollte ihm gern zeigen, dass Vertrauen zu schenken sich auch lohnen konnte, einfach, weil er inzwischen doch wusste, dass ihm recht viel an dem jungen Feuerbändiger lag und er es sowieso nicht schaffen würde, diese professionelle Distanz aufrechtzuerhalten, die er seinem Schützling gegenüber eigentlich hatte wahren wollen. Dafür mochte er Ace schon zu gern und mittlerweile konnte er sich das sogar auch eingestehen.
 

Du bist du. Ace schöpfte bebend nach Atem und unterdrückte nur mit Mühe ein absolut dämliches und verweichlichtes Schluchzen, als ihn eine Woge aus ungläubiger Erleichterung überrollte und sich langsam die Erkenntnis entfaltete, dass es hier tatsächlich Menschen gab, die ihn so annehmen wollten, wie er war - und mit allem, was er war.
 

Er barg die Augen kurz hinter dem Handrücken seiner angespannten Faust und versuchte seinen Herzschlag durch schiere Willenskraft zu beruhigen,- alle Ängste und Befürchtungen schienen sich mit einem Mal in Luft aufzulösen, so unvermittelt, dass er gar nicht wusste, woran er sich jetzt klammern sollte, wo ihm Zorn und Verbitterung all die Jahre über Halt gegeben hatten.
 

Ein ungestümes Zittern griff nach ihm, raubte die Atemluft und ließ ihn die Augen verzweifelt zusammenkneifen, um die aufwallende Feuchtigkeit dahinter bloß zurückzuhalten,- er durfte keine Schwäche zeigen, denn Schwäche machte angreifbar…
 

»Entspann dich, Ace. Komm her…«
 

Und plötzlich war es Marcos Arm, der ihn gegen die starke Schulter des Kommandanten drückte und sicher fest hielt,- Marcos Wärme, die ihn umfing und dessen inzwischen schon so vertrauter, herber Duft nach Seeluft und Rauch, als Ace schließlich doch nachgab und seine Stirn gegen den Phönix lehnte, um das Gesicht am Stoff von dessen Hemd zu bergen, während ihm sein Hut unbeachtet in den Nacken rutschte.
 

»Du gehörst jetzt zu dieser Crew und zu unserer Familie. Du bist mein Bruder. Und nichts und niemand wird daran etwas ändern können«, versicherte der Phönix mit seiner angerauten Stimme.
 

Es war ein unbedachter, ein schwacher Moment, doch Ace kam nicht umhin ihn verstohlen zu genießen, da sich ein unkontrollierbarer Teil in ihm nach Verständnis sehnte,- nur für diesen einen Augenblick wollte er dem Sehnen nachgeben und es war in Ordnung, weil es Marco war, der ihn so schwach erlebte und sein eigenes Feuer wie immer erfreut und arglos auf die Nähe des Kommandanten reagierte.
 

Das bekannte, wohlige Prickeln beruhigte seine Nerven, erdete ihn, ausgehend von jener bloßen Stelle, wo Marcos Finger auf seinem nackten Oberarm lagen. Marco würde meine Schwäche nie ausnutzen, dessen war sich Ace einfach gewiss, auch wenn er nicht recht wusste, woher er diese untrügliche Sicherheit nahm.
 

Ein Seufzen. »Marco… ich… also ich... du...« Ein ratloses, hörbares Schlucken.

»Schon gut, Kleiner…«
 

Marco hatte sich dann doch nicht zurückhalten können,- den Jungen so verzweifelt zu sehen war ihm näher gegangen, als er jemals gedacht hätte, wahrscheinlich auch, als er sich hätte gestatten sollen, doch nun war es eh zu spät.
 

Zu seiner Erleichterung reagierte Ace nicht ablehnend auf seine Geste, sondern lehnte sich sogar gegen ihn und ließ die unbedachte Nähe für den Moment zu, was Marco verstohlen freute,- der Feuerbändiger erwiderte die Umarmung zwar nicht, aber das war für ihn mehr als in Ordnung, da er Ace zumindest Halt geben durfte.
 

Der Phönix in ihm zeigte sich nicht weniger begeistert über den plötzlichen Kontakt mit seinem Schützling und wogte begierig in seinem Inneren, als wollte er Marco zu noch mehr Nähe locken,- verwirrt von dieser merklichen Reaktion des Fabelwesens ließ er seinen Arm dann doch wieder sinken, immerhin wollte er Ace durch die erzwungene Nähe auch nicht unnötig weiter beschämen oder verunsichern.
 

Ihre Sakeschalen klirrten kurz darauf leise aneinander, da Marco die Initiative ergriffen und Ace einfach eines der Gefäße in die Hand gedrückt hatte, der den Phönix immer noch ansah, als erwartete er jeden Moment die niederschmetternde Pointe dieses Witzes.
 

Zaghaft trank er dann ebenfalls von seinem Sake, als er endlich realisierte, dass das hier tatsächlich die Wahrheit und kein abstruser Traum war,- gelöst sackten seine Schultern herab, als eine unsichtbare Last von ihm abzufallen schien und er sich langsam neben Marco gegen dessen Schreibtisch lehnte. Ein paar Herzschläge lang genossen sie das Schweigen zwischen sich, ohne davon unangenehm berührt zu sein.
 

»Ich muss dich jetzt aber nicht auch noch küssen, oder…!?«, murmelte Ace irgendwann mit schiefem Grinsen,- seine Augen blickten zaghaft zu Marco auf, der in ihnen beruhigt die zurückkehrende Leichtigkeit und die ungestümen, erwachenden Funken beobachten konnte.
 

»Was?!« Seine Brauen schnippten in die Höhe, bevor er ein schnaubendes Lachen ausstieß, was Ace lächeln ließ. »Yoi, untersteh dich, Feuerzeug!« Er war froh, dass der Junge offenbar zu sich selbst zurückfand und die gedämpfte Stimmung durch seine gewohnt kecke Art auflockerte.
 

»Warum bist du mir nun aus dem Weg gegangen?«

»Hm?«

»Du warst kaum ansprechbar und bist immer abgehauen, wenn ich aufgetaucht bin…«, grummelte Ace verstimmt, bevor er den letzten Rest seines Sake fast schon hastig herabstürzte.
 

»Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen, Ace. Es tut mir leid, wenn das so auf dich gewirkt haben muss.« Marco musterte seinen Schützling ein wenig verwundert von der Seite, hätte er doch nicht gedacht, dass ihn sein unbewusstes Verhalten so verunsichern würde. »Ich musste einiges vorbereiten und war deshalb recht eingespannt«, erklärte er versöhnlich.
 

»Vorbereiten?« Ace blinzelte ihn nun neugierig an.
 

»Hm«, brummte der Phönix mit einem geheimnisvollen Schmunzeln und nahm Ace die Sakeschale aus den Fingern, um nach einem - in schweres, dunkles Leder gebundenen - Buch zu greifen und ihm dieses stattdessen in die Hände zu drücken.
 

Ace erkannte den Wälzer sofort,- es war das Buch der zweiten Division, welches die komplette Liste der Mitglieder enthielt, deren persönliche Daten und Steckbriefe, sowie eine Gesamtaufstellung ihrer erbeuteten Güter, Karten von Whitebeards Territorium und vielen weiteren, nützlichen und unabdingbaren Grundlagen für einen Kommandanten.
 

»Äh…« Ace starrte das Buch wahrlich überfordert an, als Marcos Finger auch schon einen goldenen Schlüssel einladend vor seiner Nase hin und her schwenkten und damit seine Aufmerksamkeit fesselten.
 

»Deine Kajüte wartet schon auf dich, Kommandant Ace«, offenbarte der Phönix mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck und überrumpelte den jungen Feuerteufel damit komplett, der einmal nicht zu wissen schien, was er geistreiches erwidern sollte. »Es ist die, die meiner gegenüber liegt.«
 

»A-aber… ich habe doch noch gar nicht… angenommen«, stammelte Ace recht hilflos.
 

»Das wirst du aber, weil wir ein unschlagbares Argument für dich vorbereitet haben, yoi«, grinste ihn Marco gewinnend an, bevor er ihm mit einem Nicken aufzeigte, dass er ihm folgen sollte. »Komm mit, ich zeig es dir.«
 

Ace‘ angeborene Neugier ließ ihn sich natürlich nicht lange bitten,- zwar ein wenig skeptisch, aber unbestreitbar gespannt folgte er dem Phönix, nachdem er das Kommandantenbuch vorsorglich in der ihm zugedachten Kabine verstaut hatte, hoch auf Deck, das recht ruhig vor ihnen lag, da die meisten Männer wohl immer noch beim Abendessen saßen.
 

Marco führte ihn in Richtung Heck der Moby, wo er plötzlich stehen blieb und mit einem weisenden Fingerzeig über die Reling hinabdeutete. Ungeduldig trat Ace rasch neben seinen Mentor, der ihn gespannt nicht aus den Augen ließ, und sah nun inzwischen wirklich aufgeregt hinab zu dem schwappenden Wasser, welches träge gegen die Bordwand rollte.
 

»Woooooow, Marco… i-ist das wirklich… das ist doch…?!« Ace‘ Augen entflammten sofort in sprachloser Begeisterung, als er eben jenes Gebilde angebunden auf dem Wasser entdeckte, was er bisher nur als vage Entwürfe in Curiels Werkstatt gesehen hatte.
 

Von Anfang an war er von der Idee des Schiffstechnikers gefesselt gewesen und hatte diesen in den letzten Wochen sicherlich nicht selten mit ungeduldigen Fragen zu seiner Idee gelöchert, ein schnelles, kleines und wendiges Schiff zu bauen, welches sich durch die Fähigkeiten eines Logianutzers würde antreiben lassen.
 

»Genau das ist es«, bestätigte Marco sichtlich angetan von den funkelnden Augen des jungen Feuerbändigers, der ihn wie ein glückliches Glühwürmchen breit über beide Ohren anstrahlte. »Curiel und Namur haben die letzten Tage ununterbrochen daran gearbeitet, um es rechtzeitig fertig zu bekommen.«
 

»Das Ding ist aber nur für junge, zuverlässige Kommandanten, nicht für unreife Rotzbengel«, tönte die volle Stimme Whitebeards über das Deck und ließ Ace, sowie auch Marco sich umwenden,- der Kaiser schritt mit einem breiten Lächeln auf die beiden Männer zu, gefolgt von Haruta, Thatch, Vista, Izou und all den anderen Kommandanten, die sich hinter ihm versammelt hatten und nun grinsend auf Ace und Marco zusteuerten.
 

Ace spürte sofort einen dicken Kloß im Hals, als er seine neuen Freunde, seine Familie, so versammelt sah,- alle waren sie gekommen, um seine Entscheidung zu hören, sodass warme Freude die dunklen Schatten seiner Vergangenheit zumindest für den Moment hinfortzuspülen vermochte.
 

»Also, was willst du sein, Ace, mein Sohn?«, verlangte Whitebeard dröhnend zu wissen, als er vor der Feuerfaust stehen blieb und abwartend auf den Jungen herabsah,- selbst in seinem geschwächten Zustand war der Kaiser eine imposante, ehrfurchtgebietende Gestalt und das jener extra gekommen war, um seine Antwort persönlich zu empfangen, rührte den kindlichen Teil in Ace‘ Brust wie kaum etwas zuvor.
 

Er ist mein Vater, mein einzig wahrer Vater.
 

Die Feuerfaust tauschte einen kurzen, versichernden Blick mit Marco und als sein Mentor ihm ermutigend zunickte, war er beruhigt, fühlte sich bestärkt und traf seine Entscheidung,- er hob den Blick stolz und entschlossen und sah seinen Kapitän nun unbeirrt an.
 

»Ich will dein Kommandant sein und dich stolz machen, Vater. Jetzt und für immer will ich dein Zeichen mit Würde tragen und deinem Namen jede Ehre machen, die ihm gebührt.«

Das Echo des alltäglichen Wahnsinns

»Ace, du bist wirklich ein unverbesserlicher Fresssack…«
 

»Ach, überhaupt nicht! Ich hab' einfach meinem Alter entsprechend einen gesunden Appetit«, rechtfertigte sich der Feuerteufel ganz unschuldig, während er sich völlig selbstverständlich schon wieder ein Stück von dem Apfel stibitzte den Marco akribisch mit dem Taschenmesser zerteilte.
 

Der Phönix schüttelte nur mit einem schweren Seufzen den Kopf - immerhin hatte er sich ja irgendwie auch schon daran gewöhnt, dass Ace ein bodenloses Loch in Bezug auf Nahrung darstellte - während die Feuerfaust selbst hochkonzentriert kaute und angestrengt auf die Papiere vor seiner Nase starrte. Offenbar versuchte er sich die Arbeit mit Essen erträglicher zu machen.
 

Es war wohl kein großes Geheimnis, dass der junge Feuerbändiger wenig Begeisterung für alle Tätigkeiten aufbrachte, die man sitzend und mit viel Geduld ausführen musste, denn auch jetzt scharrten Ace Stiefel unruhig über den Dielenboden, während die Schreibfeder unverrichteter Dinge durch seine Fingern tänzelte und dort wilde Kunststücke vollführte.
 

Marco beobachtete ihn verstohlen aus dem Augenwinkel, um sicher zu gehen, dass der letzte Teil seines Apfels nun auch mal den Weg in seinen Magen finden würde. Ace hatte sich wirklich als Kommandant gemacht, dass musste der Phönix einfach mit einem hohen Maß an Stolz und Anerkennung einräumen.
 

Nach außen mochte der junge Mann immer noch stets den Coolen und Lässigen mimen, doch es waren Momente wie dieser, die Marco doch deutlich zeigten, wie ernst der kleine Flammenwerfer seine neue Stellung nahm und sich pflichtbewusst all seinen zu bewältigenden Aufgaben stellte, obwohl diese vielleicht nicht immer seinen Geschmack treffen mochten. Doch wie hieß es so schön: „Man wächst an seinen Aufgaben“ und das tat Ace ohne Frage.
 

Es war wirklich unglaublich, wie sehr sich die Feuerfaust doch in den letzten Monaten gewandelt hatte... vom rotzfrechen, vorlauten Attentäter zum stolzen, motivierten Mitglied und Kommandanten ihrer Crew, den einfach niemand mehr missen wollte.
 

Marco konnte förmlich spüren wie wichtig es Ace war Pops stolz zu machen und ihm keine Schande zu bereiten, weil dieser so große Hoffnungen und auch Erwartungen, sowie Vertrauen in ihn setzte, sodass er sich sogar mit der verhassten Schreibarbeit auseinander setzte und nun schon seit einer guten Stunde mehr oder minder motiviert an den Trainingsplänen für seine Division saß.
 

Es war unabdingbar, dass jeder Kommandant die Stärken und Schwächen seiner unterstellten Männer kannte und diese damit auch gezielt auf die jeweiligen Befähigungen schulte, um sie im Kampf bestmöglich einsetzen zu können. Marco hatte Ace seine Hilfe angeboten, doch dieser hatte dankend abgelehnt - er wollte das allein auf die Reihe bekommen und der Phönix respektierte seine Entscheidung und seinen Stolz in diesem Fall durchaus.
 

Nichtsdestotrotz musste er natürlich vermehrt schmunzeln, wenn er Ace‘ verkniffenes Gesicht von der Seite betrachtete und dessen angestrengtes Stirnrunzeln, wenn er zwischendurch immer mal wieder missmutig die sommersprossige Nase kräuselte und die Luft gefrustet ausstieß, während die Feder in seiner Hand statt Notizen nun kleine Fleischkeulen auf das Pergament kritzelte.
 

Marco meinte sogar eine Ananas zwischen Ace‘ Hungerphantasien ausgemacht zu haben, die der junge Kommandant aber fast hektisch übermalte, als er den Blick seines Mentors bemerkte, der pikiert eine Augenbraue in die Höhe zog, das schiefe Grinsen seines Schützlings aber unkommentiert ließ.
 

Doch nicht nur Ace hatte sich verändert, auch ihre Bindung zueinander war merklich inniger geworden, seitdem Marco mit dem jungen Feuerteufel die Sakeschalen und den Umstand seiner Herkunft getauscht hatte. Die tiefe Bedeutung dieses Rituals für Ace hatte der Phönix erst wirklich verstehen können, nachdem ihm die Feuerfaust von seinen beiden Brüdern erzählt und damit einen Teil seiner Vergangenheit enthüllt hatte.
 

Ace fing langsam an ihm wirklich zu vertrauen, was auch ihre langen und innigen Gespräche in den letzten Tagen deutlich widerspiegelten. Dieser Umstand freute Marco natürlich unheimlich, denn gern wollte er mehr über den jungen Mann erfahren, der ihn doch seit ihrer ersten Begegnung irgendwie auf eine nicht zu leugnende Art und Weise fasziniert hatte.
 

Er wollte ihm wirklich ein Freund sein... und dazu gehörte eben auch, dass er sich unerschrocken mit Ace‘ Vergangenheit beschäftigte und dem jungen Kommandanten im besten Fall auch noch das ehrliche Gefühl vermitteln konnte, dass er hier wirklich willkommen und zuhause war.
 

Denn es betrübte ihn, wenn er in manchen Momenten immer noch dunkle Gedanken in den Augen der Feuerfaust aufblitzen sehen konnte, zusehen musste, wie dessen Lächeln maskenhaft wurde. Der Phönix ahnte nun, woher dieser düstere Teil von Ace‘ Seele rührte und er war nicht gewillt den jungen Mann allein mit seinen Zweifeln und Ängsten zu lassen... nicht nachdem er sich jedes zaghafte Stück Vertrauen und Freundschaft der Feuerfaust so mühsam errungen hatte.
 

Marco löste sich aus seinen Gedanken, da ihn ein monotones Geräusch in die Gegenwart zurückholte - Thatch trommelte mit den Fingern ungeduldig auf der Tischplatte - und daran erinnerte, dass sie noch immer im Gemeinschaftsraum der Kommandanten saßen, da er zu einer Versammlung der Befehlshaber an diesem Morgen geladen hatte.
 

Der Blick des Phönix glitt über die bereits Anwesenden, doch ungewöhnlich viele der Stühle um den kreisrunden, mächtigen Tisch waren noch immer verwaist. Thatch bedachte ihn schon mit einem vorsichtigen Seitenblick, denn er wusste, wie es um Marcos Einstellung zu Verlässlichkeit bestellt war.
 

Der Phönix sah auf die Uhr, nur um festzustellen, dass das Maß angebrachter Toleranz inzwischen wirklich überschritten war. Er hasste kaum etwas so sehr wie Unpünktlichkeit, ein Umstand, den die meisten hier eigentlich auch kannten. Bei den vielen Aufgaben, die er zu bewältigen hatte, war sein Tag stets straff durchstrukturiert und eine Unterbrechung brachte seinen gesamten Zeitplan durcheinander.
 

Mit einem kleinen, resignierten Seufzen unterbrach Thatch das Trommeln auf dem Tisch und schob stattdessen ganz selbstverständlich eine Hand unter sein Jackett, um nach seinen Keksen zu greifen und… nichts vorzufinden. »Hä? Aber wie-…!?« Irritiert blinzelte der Kommandant in seine leere Innentasche.
 

Dagegen grinste ihn eine schadenfrohe Feuerfaust von der Seite her an und stopfte sich eine ganz Handvoll seiner geliebten Knabberei zwischen die Zähne, sodass Thatch diesem unverschämten Bild nur fassungslos begegnen konnte.
 

»He, sag' mal, spinnst du?! Wie hast du-…wie konntest du so schnell-…?!«, völlig verdattert versuchte Thatch dem jungen Mann sein Hab und Gut wieder zu entreißen, jedoch ohne Erfolg, denn Ace verteidigte prinzipiell alles was sich als potenzielle Nahrung herausstellte mit eiserner Vehemenz. »Oi, das sind meine Kekse!«
 

»Sei mir lieber dankbar, denn wenn du noch mehr von dem Zeug verdrückst, wirst du eh nur fett«, stichelte Ace völlig unverblümt. »Ich dagegen kann es mir leisten«, erklärte er süffisant und strich sich in einer provozierenden Geste über die definierten, perfekten Bauchmuskeln.
 

»Wie bitte!?«, schnappte Thatch empört nach Luft.
 

»Nun, wo er recht hat…«, brachte sich Izou nach einem gekünstelten Husten ein, nachdem er von seinen Papieren aufsah und Thatch mit kritisch gehobener Braue in Augenschein nahm, was den Kommandant der Vierten beleidigt die Backen blähen ließ.
 

Izou und Jozu saßen auf der anderen Seite des Tisches über ihren Auflistungen und Abrechnungen des Vermögens der Crew - die beiden waren die Schatzmeister ihrer Band und ebenso pflichtbewusst wie gewissenhaft, wenn es um die Aufteilung und Verwaltung ihres Vermögens ging. Whitebeards Territorium war groß und jede Investition musste gut überlegt und geplant werden.
 

Die Tür des Versammlungsraumes schwang auf und einer der längst überfälligen Kommandanten stapfte mit finsterem Blick in dem Raum - Vista. Bei dessen desolaten Anblick schlich ein verhaltenes Prusten und Kichern durch die Reihen, selbst Marco musste arg mit seinen plötzlich zuckenden Mundwinkeln kämpfen.
 

»Wer zum Teufel hat das Kommandantenbad in eine verdammte Dampfsauna verwandelt, he?!«, schnaubte Vista aufgebracht und deutete vorwurfsvoll auf seine dunklen Haare, die heute wohl einmal ohne Zylinder auskommen mussten. »Schaut euch das Unglück an, man, das bekomm' ich nie wieder hin!«, jammerte der Kommandant in einer Mischung aus Verzweiflung und Empörung.
 

Vistas dunkle Locken ballten sich kugelförmig um seinen Kopf, denn wo dieser jene sonst mühsam bändigte und pedantisch von warmer Feuchtigkeit fern hielt, so kräuselte sich sein Haupthaar nun in beeindruckendem Volumen um sein Gesicht.
 

»Yo, Vista, cooler Lock, hey! Sicher angesagt bei den Ladies!« Rakuyou zog bedächtig an seiner Zigarette, die einen schweren, süßlichen Duft verströmte und lehnte sich lässig in seinem Stuhl mit einem breiten Grinsen zurück, während er die Stiefel auf dem Tisch vor sich überkreuzte. »Bin fast ein wenig neidisch auf dein Haar, man«, kicherte der Kommandant erheitert und strich sich selbst durch die kunstvoll geflochtenen Dreadlocks.
 

Fossas Zigarre hüpfte in seinem Mundwinkel amüsiert, während er die Arme vor der bebenden Brust verschränkte, um ein grollendes Lachen zurückzuhalten. »Vista, weißt du, du siehst aus-…«
 

»…-wie eine Klobürste!« Haruta warf sich mit lautem Lachen gegen King Dew, der neben ihm saß und trommelte dem Kommandanten auf den Bizeps, um seinen stoischen Gesicht eine Regung zu entlocken.
 

Für Marcos Geschmack war Ace plötzlich ein klein wenig zu vertieft in das Papier vor seiner Nase und die Art und Weise, wie die Schultern des jungen Mannes durch unterdrücktes Lachen bebten, ließen den Phönix vermuten, dass Ace an diesem Vorfall wahrscheinlich einmal wieder maßgeblich beteiligt war. Seit die Feuerfaust der Crew angehörte, passierten auffällig viele Zwischenfälle an Bord.
 

Er wollte sein Wort gerade an Ace richten, als die Tür erneut aufschwang und diesmal Curiel und Namur in Vistas Gejammer stolperten, die Letzten, die dem Treffen und damit der Vollständigkeit der Kommandanten noch gefehlt hatten.
 

Beide streckten dem Feuerbändiger ihre Daumen entgegen und grinsten wie selbstzufriedene Volldeppen. »Ace, alles erledigt! Dein Striker hat noch ein paar schöne Upgrades bekommen. Du wirst begeistert sein!«, versprachen sie selbstsicher.
 

Ace strahlte die beiden begeistert an und man konnte deutlich sehen, dass auch die zwei Schiffstechniker kaum davor gefeit waren, dem Charme der Feuerfaust zu erliegen. »Wow, super Jungs, ich danke euch! Ich kann es kaum erwarten, ihn auszuprobieren. Ihr seid die Besten!«
 

Unter dem Lob des jungen Kommandanten schienen die beiden um mehrere Zentimeter zu wachsen und erst Marcos' strenger Blick holte sie in die Realität zurück und erinnerte sie offenbar daran, dass sie eigentlich wegen einer Versammlung hier waren... und zu spät. Manchmal konnte es fast unheimlich sein, welchen Einfluss die Feuerfaust auf andere hatte.
 

»Es war mir gar nicht bewusst, dass Ace' Striker einer Reparatur bedurfte... vor allem gerade jetzt«, bemerkte Marco spitz und legte die Fingerspitzen bedächtig aneinander.
 

»Äh... naja... also...« Die beiden Kommandanten kratzten sich etwas hilflos am Kopf und wechselten nervöse Blicke. »Er war auch nicht kaputt... also nicht so richtig... wir wollten nur-...«
 

»Wenn wir dann endlich anfangen könnten...«, wischte Marco ihre halbgaren Ausflüchte kühl beiseite und die Kommandanten beeilten sich ihre Plätze einzunehmen, merklich froh, dass das Thema - zumindest vorerst - erledigt schien.
 

Ace hielt klugerweise den Mund - obwohl er seine Freunde durchaus verteidigen wollte - doch jeder hier wusste, dass es Momente gab, in denen man mit Marco nicht streiten sollte... und auch die Feuerfaust hatte das inzwischen gelernt, obwohl es bei dem Sturkopf eine ganze Weile gedauert hatte.
 

»Ah, ich habe da gleich zu Beginn etwas interessantes...« Fossa zog ein Pergament hervor, was er jetzt auf dem Tisch entrollte, damit alle einen Blick darauf werfen konnten. Jenes entpuppte sich als Steckbrief, der einen fröhlich grinsenden, jungen, schwarzhaarigen Piraten mit einem Strohhut zeigte. »Der Kerl scheint ganz frisch zu sein, hat in den letzten paar Wochen aber schon für viel Aufsehen gesorgt. Es könnte spannend sein, seine Entwicklung zu beobachten. Ich denke, wir sollten ihn im Auge behalten, diesen... Monkey D. Ruffy.«
 

»Was?! Wer?!« Ace' Blick schnippte in die Höhe, als hätte man ihm einen Stromstoß verpasst. Er krallte sich den Steckbrief und studierte ihn einige Sekunden mit aufgerissenen Augen, bevor er mit einem absolut entzückten Grinsen in die Runde blickte. Er glich dem Piraten auf dem Steckbrief damit auf so erschreckende Art und Weise, dass seine nächsten Worte fast zwingend logisch erschienen. »Das ist mein Bruder!«, verkündete er nicht ohne eine gehörige Portion Stolz in der Stimme.
 

»Dein Bruder?«

»Ehrlich?«

»Ist nicht wahr?!«

»Naja... eine gewisse Ähnlichkeit ist schon da...«
 

Alle sahen ihn verblüfft an, während Ace heftig nickte. »Ja, mein kleiner Bruder Ruffy. Wir haben uns als Kinder geschworen, dass wir zur See fahren werden. Er hat unseren Traum offenbar nicht vergessen.« Sichtlich glücklich studierte er erneut den Steckbrief, bevor er voll feuriger Inbrunst verkündete: »Ich werde ihn fragen, ob er uns beitritt!«
 

»Na, immer mit der Ruhe...«, brummte Fossa und bremste Ace damit in seinem Eifer. »So einfach ist das nicht. Wir müssen alle darüber entscheiden und abstimmen. Nur weil er dein Bruder ist, ist ihm nicht sofort ein Platz bei uns garantiert. Das letzte Wort hat immer noch Pops, vergiss' das nicht!«
 

Ace ließ sich mit einem enttäuschten Schnaufen zurücksinken und verschränkte die Arme vor der Brust. »Pops hat bestimmt nichts dagegen. Ruffy ist immerhin mein Bruder!«, murrte er unzufrieden.
 

Izou massierte sich angestrengt die Schläfen. »Irgendwie macht genau das mir Sorgen...«
 

»Wie ist dein Bruder so?«, fragte Haruta gespannt. »Ist er wie du?« Er sah Ace mit großen Augen an und schien von der Vorstellung, gleich zwei von der Sorte an Bord zu haben, ziemlich angetan.
 

»Er ist eine wahre Frohnatur, hat vor nichts und niemandem Angst und...«, Ace lehnte sich fast verschwörerisch zu Haruta hinüber. »... er kann sogar noch viel mehr Essen verdrücken als ich!«
 

»Wow! Cool! Das will ich sehen!«, meinte der Kommandant der Zwölften aufgeregt.
 

»Oh Nein, bloß nicht!«, wehrte Izou verzweifelt ab. »Noch so ein Vielfraß!? Das würde unser Budget ja nie überleben! Ace allein frisst uns doch schon die Haare vom Kopf!«
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 


 

»Ace! Hey, Ace… Feuer!« Ein herrischer Schlag auf den Hinterkopf beförderte die Feuerfaust zurück in die Realität und weckte den jungen Mann aus seinem Sekundenschlaf, aus dem er blinzelnd erwachte.
 

»Man ey, musste das jetzt sein?« Grummelnd rieb sich Ace den Hinterkopf und funkelte den Störenfried missgünstig an, der ihm seinen - wenn auch unfreiwilligen - Mittagsschlaf verhagelt hatte.
 

»Zum Seekönig, verdammt, denkst du, ich hab' Lust ewig hier oben rumzuhängen?!« Thatch fuchtelte aufgebracht mit einem Hammer herum, während er sich mit der anderen Hand förmlich an die Takelage vor ihnen klammerte. Um die Nase war er so bleich, dass er seinem weißen Jackett fast schon Konkurrenz machen konnte.
 

Sie waren beide abgestellt worden, um ein paar marode Stellen der Masten mit Metallplatten zu verstärken und dafür zu sorgen, dass ihnen beim nächsten Sturm nicht die Takelage um die Ohren flog. Ace' Feuerkräfte waren dabei recht praktisch, um das Metall fest zu verschweißen.
 

»Was denn, hast du etwa Höhenangst?!«, stichelte Ace mit einem hinterhältigen Grinsen und war froh sich für das unsanfte Wecken revanchieren zu können, indem er fröhlich auf dem Mast auf und ab wippte, auf dem sie beide breitbeinig saßen, um diesem damit ein vernehmliches, gar bedrohliches Knarzen zu entlocken.
 

»Dabei warst du doch vorhin der Erste, der sich für die Reparatur gemeldet hat… etwa nur, weil Izou meinte, dass die Crew aus Angsthasen und Kleinkindern besteht, da niemand die Arbeit machen wollte?!«
 

»Scheiße, Ace… komm schon, hör auf…« Thatch krallte die Fingern nun ziemlich beharrlich in die Taue und schluckte hörbar, während ihm die ersten Schweißperlen über die Schläfe rannen. Verstohlen schielte er in die Tiefe, hinab auf Deck, wo Vista und Izou gerade dabei waren einige geborstene Stellen der Reling auszubessern.
 

»I-ich hab' keine Höhenangst… mir bekommt die Luft hier oben nur nicht so gut, weißt du…« Der Kommandant der Vierten rang sich ein gequältes Grinsen ab, da Izou gerade in diesem Moment zu ihnen nach oben spähte, die Augen mit der Hand gegen die Sonne abgeschirmt.
 

»Mm, schon klar«, kicherte Ace und hatte nun doch ein wenig Mitleid mit seinem Freund, als er dessen vor Angst glimmende Augen bemerkte. Thatch wirkte regelrecht in sich gesunken, selbst seine stolze Haartolle hatte einiges an Standhaftigkeit eingebüßt, bedingt auch durch den steifen Wind, der hier oben weit über dem Deck forsch blies und die Segel geräuschvoll blähte. »Komm, lass uns das schnell erledigen, bevor du mir hier noch vom Mast kippst und unser geflügeltes Kommandantenwunder dich retten muss.«
 

Marco - in seiner halb menschlichen Phönixgestalt - erschien in diesem Moment neben ihnen und eroberte sich die Höhenluft völlig selbstverständlich und ziemlich elegant, wie Ace erneut feststellen musste. Die Feuerfaust hatte definitiv eine Schwäche für Marcos gewandelte Gestalt entwickelt und nur zu gern sah er seinem Mentor dabei zu, wenn dieser seine Runden um die Moby drehte, um Ausschau nach eventuellen Störenfrieden oder neuen Inseln zu halten.
 

Der Phönix trug ein paar neue Taue und Flickwerk in seinen Krallen, welche er umgehend zu Rakuyou befördert, der ein paar Gestänge tiefer die durchlöcherten Segel flickte. Vor ein paar Tagen waren sie in eine Auseinandersetzung mit einer Patrouille der Marine geraten und nun bemühten sie sich, die Spuren dieses Kampfes zu beseitigen, nachdem sie endlich ruhigeres Gewässer angesteuert und den Einflussbereich der Marine verlassen hatten.
 

Ace‘ Blick klebte ziemlich versunken an dem Kommandanten der Ersten, der noch nicht bemerkt hatte, dass er von weiter oben beobachtet wurde und eben über einen Scherz von Rakuyou schmunzeln musste. Sofort hoben sich auch Ace‘ Mundwinkel an, als er den Phönix lächeln sah, denn er mochte es definitiv wenn Marco lachte, was zugegeben viel zu selten vorkam… zumindest für seinen Geschmack.
 

Auch wenn der kühle Vize in seiner Nähe zumindest öfter mal die Mundwinkel in die Höhe bekam als bei anderen, dass hatte Ace schon festgestellt und es freute ihn unheimlich, entlockte seiner Magengegend jedes Mal dieses irrwitzige und aufregende Kribbeln, wenn sein Mentor ihm ein verstohlenes Grinsen schenkte und sie somit einen gemeinsamen Moment teilen konnten.
 

Ace war unheimlich froh, dass Marco nun sein dunkles Geheimnis kannte und das nicht mehr gefühlt zwischen ihnen stand... und das der Phönix ihn darüber weder verurteilt, noch irgendwie anders behandelt hatte - ganz im Gegenteil, seit ihrem Gespräch war ihre Bindung wesentlich inniger geworden und inzwischen kam es ihm völlig selbstverständlich vor Marco als seinen Freund zu sehen.
 

»Du, Thatch...«, begann er nachdenklich, als er Marco so betrachtete und wieder mal an Ruffy denken musste, dessen Steckbrief er seit Tagen aus brüderlichem Stolz meist in der hinteren Hosentasche mit sich herumschleppte. »Hat Marco eigentlich Familie? Hat er Geschwister?«
 

Bisher hatte sich Ace die Frage gar nicht gestellt, da sein Mentor ein so fester Teil seiner neuen Familie war, irgendwie untrennbar mit der Crew verbunden, dass ihm irgendwie nie der Gedanke gekommen war, dass es anders sein könnte, aber... auch Marco musste eine Vergangenheit, eine Familie haben, denn schließlich hatten sie alle ihre Geschichte.
 

Thatch stockte kurz in seiner Tätigkeit, bevor er sich auffällig zu winden begann, als wäre ihm das Thema irgendwie unangenehm. »Woher soll ich das denn wissen!? Es ist nicht so, als wäre unser lieber Vize eine gedankenlose Plaudertasche, wie du ja weißt...«
 

»Ihr seid doch schon ewig Freunde. Ich dachte, du wüsstest halt etwas...«, erklärte sich die Feuerfaust achselzuckend.
 

»Na und? Du weißt doch wie er ist, man muss ihm alles aus der Nase ziehen. Außerdem klebst du doch inzwischen fast mehr mit Marco zusammen als ich. Ehrlich, ich denke, das solltest du ihn selbst fragen...«, erklärte Thatch eine Spur zu eifrig, während er sich der Aufgabe, einen Nagel in das Holz zu hämmern, mit pedantischer Aufmerksamkeit widmete.
 

Ace kniff die Augen misstrauisch zusammen. »Du weißt doch was...«

»Ich?! Nö, gar nix!«

»Thaaaatch....«, säuselte Ace mit zuckersüßer Stimme.
 

Der braunhaarige Kommandant seufzte schwer auf und kippte den Kopf kapitulierend in den Nacken, bevor er sich dem jungen Mann mit unerwartetem Ernst zuwandte. »Okay, ja... ich weiß etwas. Aber das hat mir Marco vor Jahren im Vertrauen erzählt und wahrscheinlich auch nicht wirklich beabsichtigt, da es ein Abend war, an dem er für seine Verhältnisse ungewöhnlich viel gebechert hatte. Wahrscheinlich war es ein Jahrestag oder so...«, murmelte er geistesabwesend, mehr zu sich selbst.
 

»Frag ihn selbst, Ace. Ich schätze... hm, ja, ich bin mir sicher, dir wird er es bestimmt freiwillig erzählen...«, fügte er an und bedachte den Feuerbändiger mit einem langen, schwer zu deutenden Blick.

»Wieso? Wie meinst du das?«

»Ach... nicht so wichtig...«, winkte Thatch ab. »Frag' ihn einfach. Du wirst schon sehen.«
 

Ace kräuselte die Nase und war nicht wirklich zufrieden, aber er wusste auch, dass er nicht mehr aus Thatch herausbekommen würde... was am Ende auch völlig in Ordnung war, da er es durchaus verstehen konnte, dass der Kommandant das Vertrauen seines Freundes nicht enttäuschen wollte.
 

Was ist ihm wohl widerfahren, dass Thatch es so vehement für sich behält...? Hat er etwas schreckliches erlebt?
 

Er wollte für Marco genauso da sein, wie der es für ihn gewesen war, als er ihm seine Herkunft enthüllt hatte, wollte seinen Wert als Kamerad und Freund beweisen, denn wie alle hier wussten hatte der Phönix die Angewohnheit, ziemlich viel Last allein zu schultern, einfach, weil er bedingungslos loyal und unheimlich pflichtbewusst war.
 

Eine Eigenart, die man sicherlich schätzen konnte, die aber einigen hier auch Sorgen bereitete... und auch Ace hatte diese ungesunde Neigung seines Mentors bereits bemerkt. Es war zwar nicht so, dass er nun als Vorreiter gegolten hätte, sich an andere zu wenden und sein Herz auszuschütten... doch zumindest Marco gegenüber versuchte er so offen und ehrlich wie möglich zu sein, weil er den Älteren über alle Maßen respektierte.
 

Er würde Marco irgendwann danach fragen, das nahm er sich fest vor.

Das Echo flammenden Infernos

»Hast du schon gehört… die Whitebeard Piraten sollen in der Stadt sein?!«

»Wirklich?! Bist du ganz sicher?«

»Das sind ja grauenvolle Nachrichten! Diese Teufel, bei Gott, hoffentlich verschwinden die schnell wieder…«

»Man sagt, dass sie sogar kleine Kinder verschleppen!«

»Nein, wie schrecklich!«

»Ja und auf allen Insel, an denen sie angelegt haben, haben sie Chaos und Zerstörung hinterlassen…«

»Zum Glück hat ein Marineschiff heute hier angelegt! Diesen dreckigen Piraten gehört das Handwerk gelegt!«
 

Marco stapfte kopfschüttelnd mit den Händen in den Taschen zielstrebig voran und ignorierte die entsetzten Blicke der Passanten, ebenso wie das alberne Getuschel der Inselbewohner, die mit erschrockenen Lauten vor ihm zurückwichen, als sie das Zeichen auf seiner Brust offenbar erkannten.
 

Die Zigarette in seinem Mundwinkel zitterte, als er jenen verächtlich anhob und eine Gruppe Frauen durchdringend fixierte, die sich daraufhin so nah an eine Hauswand pressten, als wollten sie mit dem Stein verschmelzen. »Oi, ihr da, sagt, habt ihr 'nen Kerl gesehen mit dunklen Haaren, ‘nem orangen Hut und Sommersprossen-…«
 

Unweit vor dem Phönix stolperte plötzlich ein Mann aus der Schwingtür eines Gebäudes, offenbar der Koch des Etablissements - er trug eine fleckige Schürze und eine schiefe Kochmütze - und wedelte panisch mit den Armen in der Luft herum, weswegen ihn die Leute auf der Straße irritiert ansahen. »Da ist einer abgekratzt, einfach gestorben! Mitten beim essen! Bei meinem Essen! I-ich brauche einen Arzt… oder den Bestatter… irgendwas, schnell!«, rief der arme Kerl völlig überfordert.
 

Marco schmunzelte verhalten. »Hm, hat sich gerade erledigt…«, teilte er den Frauen mit, die ihm ängstlich hinterher blickten, als er sich sofort in Richtung des Restaurants in Bewegung setzte.
 

Seine Schritte beschleunigten sich unbewusst, als vor ihm plötzlich ein Schwadron Marinesoldaten aus einer nahen Gasse auftauchte und sich ungestüm mit entsicherten Gewehren Zutritt zu eben jenem Gebäude verschaffte, in welchem der Phönix Ace vermutete.
 

»Scheiße…« Fluchend warf Marco die Zigarette von sich und sprintete eilig über die staubige Straße auf das Restaurant zu. Sein offenes Hemd flatterte aufgeregt, während die goldene Gliederkette an seiner Hüfte jeden seiner langen, hastigen Schritte wie auch seinen deutlich heftigeren Herzschlag klirrend untermalte.
 

Wird es der Jungspund irgendwann auch nur einen Tag schaffen sich mal nicht in Schwierigkeiten zu bringen?!
 

Es war, als würde ihn ein angeborener Instinkt antreiben und seinen Körper in Kampfbereitschaft versetzen, denn er wollte Ace um jeden Preis beschützen... es war ein fast übermächtiges Bedürfnis und obwohl ihm all seine Nakama am Herzen lagen, war es bei Ace doch wesentlich ausgeprägter als bei all seinen anderen Crewmitgliedern und der Kommandant schob das vielleicht ein bisschen zu bedenkenlos immer noch auf den Befehl seines Vaters.
 

Wenn Ace etwas passiert bringt Pops mich um! Also ob es das wäre, was er wirklich fürchtete...
 

Mit entflammtem Fuß trat er die Schwingtür des Restaurants ein, welche quietschend aus ihren Angeln flog und sich in Einzelteilen über die verblüfften Soldaten im Inneren des Gebäudes verteilte. Die restlichen, verbliebenen Gäste - die meisten waren schon beim Eintreffen der Marine geflüchtet - drückten sich verängstigt an Marco vorbei ins Freie, da sie wohl schon ahnten, worauf das Erscheinen des Piraten hinauslaufen würde.
 

Zwei der elenden Marinescheißer waren gerade dabei sich Ace zu nähern, der über einem Tisch zusammengesunken saß und seelenruhig mit dem Gesicht in seinem Essen schnarchte. Einer dieser Hundesöhne hatte es sogar gewagt, die Finger auf Ace‘ Schulter zu legen, während alle restlichen Gewehre auf den tätowierten Rücken der Feuerfaust gerichtet waren... ein Anblick, der Marco traf wie einen offenliegenden, blanken Nerv und urtümliche, rohe Wut in dem Phönix schürte.
 

»Yoi, Finger weg von dem Jungen!«, befahl er mit einem dunklen Knurren. »Ich bin der Einzige, der ihm in den Arsch treten darf, klar?!« Wilde, blaue Flammen schwelten aus seinen warnend verengten Augen, während er etwas verspürte, was er lang schon nicht mehr empfunden hatte... brennenden Hass, durchzogen von der Ahnung kalter Furcht. Emotionen, mächtig und kaum zu bändigen, nicht einmal für ihn, der mehr als genug Übung darin haben sollte.
 

Niemand, wirklich niemand, legte ungestraft Hand an eines seiner Familienmitglieder - und ganz besonders nicht an seinen Schützling, an Ace, dessen Licht so wertvoll für ihn und all ihre Nakama war! Vielleicht ist es dir ja sogar noch ein bisschen wichtiger als allen anderen..., stichelte eine hinterhältige Stimme in seinem Hinterkopf, doch Marco ignorierte sie.
 

Die Marinesoldaten fixierten die bedrohlich in der Tür aufragende Silhouette des Piraten, den eine äußerst finstere Aura umhüllte und einige weiteten die Augen erschrocken, als sie ihn erkannten. »Verfluchter Mist, das gibt's doch nicht?! Nehmt euch in acht, Leute! Das ist Marco, der Phönix!«
 

Der Kommandant grinste unheilvoll bei der Nennung seines Namens und erwartete ungerührt die ersten Kugeln, welche seine Brust durchschlugen und die Reste der Tür hinter ihm zerfetzten. Der Schmerz schoss durch seine Nervenbahnen und brachte sein Blut erst recht zum kochen, während er die Arme ausbreitete und jene in die blauen Flammenschwingen des Phönix wandelte. Die Regeneration seines Körpers setzte ein und ließ seine Wunden in Sekundenschnelle heilen.
 

»Das ist doch kein Mensch…«, wisperte irgendjemand entsetzt. Die ersten Soldaten traten den Rückzug an, als sie erkannten, dass ihre Gewehre keinen Schaden bei dem Piraten hinterlassen konnten, die Restlichen warfen ihre Schusswaffen von sich und zogen die Schwerter.
 

»Fertig?! Dann bin ich jetzt dran…« Marco stieß sich kraftvoll ab und preschte auf die Marinesoldaten zu, wobei er seine brennenden Schwingen wie einen Rammbock gebrauchte und die ersten Reihen der überforderten Soldaten einfach hinwegfegte. Die Klauen seiner verwandelten Füße hakten sich in Uniformen fest und schleuderten die Männer kraftvoll gegen die zitternden Wände des Restaurants.
 

Eine Klinge traf ihn am Rücken, eine weitere schlitzte seinen Oberschenkel auf, doch dadurch ließ sich Marco nicht aufhalten - der Phönix war in Raserei, bemerkte den Schmerz nur am Rande seines Bewusstseins. Er stützte sich ohne Rücksicht auf sein eigenes Wohl in die Massen, jede Wunde ließ seine Flammen höher schlagen und hüllte den Kommandanten in ein wahres Inferno aus blau glühendem Feuer.
 

»Rückzug!«, schrie einer der Soldaten. »Holt Verstärkung! Rückzug!«
 

»Ja, verschwindet und kommt mir besser nie wieder in die Quere…«, zischte der Phönix grimmig. Das eigensinnige Fabelwesen in Marcos Brust, angestachelt vom Kampfgetümmel, warf sich gierig auf die nun fliehenden Soldaten und beförderte einige recht unsanft durch die zerborstene Tür in hohem Bogen hinaus auf die Straße. Marco benötigte eines an Willenskraft, um den fliehenden Soldaten nicht nachzusetzen und sie in der Luft zu zerfetzen.
 

Schnaubend wandte er sich Ace zu, nachdem er sich in seine menschliche Form zurückgewandelt hatte, schnappte sich die noch immer schlafende Feuerfaust und warf sich den jungen Mann über die Schulter, um ihn aus dem Gebäude zu bugsieren. Entschlossen stapfte er mit seiner kostbaren Fracht hinaus ins Sonnenlicht.
 

Mit meisten der Passanten hielten sofort respektvollen Abstand und bemühten sich auffällig darum, dem Piraten mit den wilden Augen nicht in die Quere zu kommen, während der sich eilig in Richtung Hafen aufmachte.
 

Ace erwachte plötzlich wieder und blinzelte verwirrt, bevor er irritiert aus verschlafenen Augen zurück auf das Restaurant sah, von welchem sie sich beständig weiter entfernten. Er fing auf Marcos Schulter zu zappeln an und versuchte sich aufzurichten, doch der Phönix ließ sich davon weder beirren noch aufhalten.
 

»Oi, Marco… was soll das?! Ich war noch nicht fertig mit meinem Essen!«, beschwerte sich der Feuerteufel lautstark, rettete seine Hut vor dem herabfallen, bevor er dem Kommandanten zurechtweisend auf den Rücken trommelte. »Lass mich gefälligst runter, Spatzenhirn!«
 

»Glaub mir, du warst fertig, yoi... Wir gehen zurück zur Moby. Die Marine ist hier.« Marco seufzte schwer auf und stoppte tatsächlich im Schritt, um Ace wieder auf seine eigenen Füße zu stellen, weil der junge Mann nicht aufhören wollte sich wie ein Wurm zu winden... offenbar gefiel es ihm nicht, wie ein Päckchen durch die Gegend geschleift zu werden.
 

Der Phönix hielt es für unnötig, Ace näher darüber in Kenntnis zu setzen, was eben passiert war, weil er einfach niemand war, der um Dank oder Anerkennung heischte - schon gar nicht bei seinen Nakama. In einer Familie passte man gegenseitig auf sich auf, ganz einfach. Eigentlich reichte es ihm schon, dass er sich dem beängstigend gutem Gefühl hingeben konnte, die Feuerfaust in Sicherheit zu wissen und ihn lebendig und gesund vor sich zu haben.
 

»Die Marine…?! Echt?«, fragte Ace lahm und immer noch halb verschlafen, während er Marco zweifelnd ansah.
 

»Ja, die Marine, Ace«, bestätigte der Phönix trocken, während er abschätzend auf seinen Schützling hinabblickte, dessen Gesicht noch die Reste der unbeabsichtigten Schlafstätte aufwies - Reis, Gemüse und ein paar Spritzer Soße klebten auf seinen Wangen.
 

»Wo sind sie denn? Die sollen nur kommen!«, tönte die Feuerfaust motiviert und ließ seine Finger entflammen. Er bot das perfekte Bild eines entschlossenen Kriegers... mit Essen im Gesicht.
 

»Sie sind... weg. Vorerst«, wich Marco kurz angebunden aus, bevor er sich räusperte und vage auf Ace' Gesicht deutete. »Hrm, du solltest... du hast da... ähm...«
 

»Was?!«, fauchte der Feuerteufel missmutig, weil sich Marco offenbar auf seine Kosten ein Grinsen verbeißen musste. Es dauerte einen Augenblick, doch dann schien Ace zu verstehen. Unangenehm berührt rubbelte er sich über die verschmierten Wangen, während er gleich darauf ein ein nützliches Hilfsmittel erspähte... nämlich Marcos blauen Haramaki. Seelenruhig griff er nach dem Stoffstück und rieb sich den Mund daran sauber.
 

Marco beobachtete das Ganze einen Herzschlag lang völlig fassungslos, bevor er Ace seine Faust auf den Schädel donnerte. »Yoi, sag' mal, bist du eigentlich völlig irre?!«, fauchte er den jungen Mann an und entriss ihm aufgebracht seinen Haramaki. »Ich glaube, ich trete dich gleich bis zur Moby zurück!«
 


 

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Der nicht menschliche Schrei erklang deutlich selbst über das Kampfgetümmel - schrill, schmerzerfüllt und äußerst vertraut, so vertraut, dass Ace ein eisiger Schauder durch seinen entflammten Körper rieselte.
 

Er schleuderte einen Marinesoldaten mit einer Flammenwoge von sich, dem nächsten machte er mit einem Feuerball Beine, bevor er einen knappen Blick mit Thatch wechselte und in dessen Augen die gleichen Worte las, wie sie auf seinen Lippen lagen: »Marco...«
 

Izou musste das Wehklagen des Phönix ebenfalls vernommen haben, denn er schoss einem herannahenden Soldaten grimmig ins Bein, sodass dieser stolperte und in einen seiner Kameraden krachte... damit hatte der Kommandant der Sechszehnten eine Lücke für Ace offenbart, dem er einen auffordernden Wink mit der rauchenden Pistole gab. »Finde ihn, Ace! Na los, mach' schon!«
 

Die Feuerfaust zögerte nicht und nickte entschlossen, stürmte eilig voran und vertraute darauf, dass Thatch ihm den Rücken freihalten würde. Inzwischen war er mit allen Kommandanten ein so eingespieltes Team, dass sie sich auch ohne große Worte verstanden. Die Beiden würden im Notfall auch ohne ihn zurecht kommen.
 

Ace hastete durch die Straßen der kleinen Hafenstadt, vorbei an der gemütlichen, winzigen Kneipe, in der er sich vor vielleicht einer halben Stunde erst mit Marco, Thatch und Izou getroffen hatte... bis die Marine hereingeschneit war, im Gepäck äußerst motivierte Kopfgeldjäger, die sich ein paar dicke Fische für ihren Geldbeutel erhofften.
 

Die Moby lag weit draußen vor der Insel vor Anker, auf Unterstützung konnten sie so schnell also nicht hoffen - sie waren mit einem kleinen Boot angelandet, um unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden, da diese Insel fest in der Hand der Marine war. Doch der Halt war nötig gewesen, da eine heftige Grippe an Bord kursierte und die Medikamente langsam knapp wurden. Für ihre Nakama waren die vier Kommandanten bereit gewesen, dieses Risiko zu tragen.
 

Doch mit der eisernen Entschlossenheit der Marine und deren Spitzfindigkeit hatte niemand gerechnet... und auch nicht mit der Gruppe Kopfgeldjäger, die äußerst gut geschult und ausgerüstet waren für den Kampf mit Piraten.
 

Sie hatten Marco - den sie wohl als die größte Bedrohung eingestuft hatten - gezielt von Thatch, Izou und ihm getrennt, so geschickt, dass die zu spät bemerkt hatten, dass der Phönix verschwunden war. Ace hätte sich für diesen dämlichen Fehler am liebsten selbst in den Arsch gebissen, denn immerhin hatte ihm sein Mentor oft genug gesagt, dass er die Augen aufhalten und nicht immer blindlings losstürmen sollte!
 

Das charakteristische Knallen von Gewehrfeuer drang an Ace' Ohr und er folgte den Kampfgeräuschen wie ein Wolf, den man auf eine Fährte angesetzt hatte - seine Flammen verliehen seinen Beinen Schnelligkeit und er barst in einem Feuerball durch den nahen, hohen Holzzaun, der ihn von der nächsten Straße trennte.
 

Er stoppte in seiner entschlossenen Vorwärtsbewegung, da es sich anfühlte, als wäre er vor eine Mauer gelaufen, vor der er nun fassungslos zurückprallte... der Anblick, der sich ihm offenbarte, war so abscheulich, so... falsch, dass ihm sofort saure Magensäure in den Rachen stieg, gefolgt von dem heißen, zerstörerischen Brennen der Wut, welche seine Flammen fauchend zu neuem, tobendem Leben erwachen ließ.
 

Eine beachtliche Anzahl an Kopfgeldjägern hatte sich um Marco versammelt, der in seiner halb menschlichen Phönixgestalt mit kräftigen Flügelschlägen über ihnen schwebte, unfähig zu entkommen, denn durch seine Waden und Oberschenkel hatten sich Harpunen gebohrt und die Widerhaken verhinderten, dass sich der Phönix davon lösen konnte. Mit dicken Ketten hielten die Männer den Kommandanten somit gefangen, zogen und zerrten, um den tobenden Piraten an der Flucht zu hindern.
 

Durch Marcos Teufelskräfte heilte das Fleisch immer wieder um die metallischen Spitzen und ermöglichte dem Phönix kein Entkommen - sein Leid musste furchtbar sein und doch war sein Kampfgeist ungebrochen.
 

Das Gesicht des Phönix war gezeichnet von Schmerz und Anstrengung, aber auch grimmiger Entschlossenheit - Schweiß glänzte auf seinem harten, kantigen Gesicht, während die blauen Flammen wütend aufflackern, als würde er sich vehement gegen die Kapitulation sträuben. Er stürzte sich immer wieder auf die Männer, riss sie zu Boden, schlug einem tiefe Wunden mit den Klauen ins Gesicht, sodass der Kerl kreischend zurück stolperte... doch befreien konnte Marco sich nicht.
 

Die Kopfgeldjäger lachten über seine erfolglosen Bemühungen, machten sich einen Spaß daraus den Phönix zu quälen, indem sie auf ihn schossen, erbarmungslos an den Ketten zerrten und ihn ein ums andere Mal grob auf den Boden und in den Staub schleuderten. Doch der Phönix kämpfte sich grimmig immer wieder zurück in die Luft.
 

»Haha, was für eine Bestie... einfach nicht tot zu kriegen!«

»Der Abschaum ist genauso zäh wie erwartet, gut, dass wir ihn von den anderen getrennt haben.«

»Der wird uns sicher 'ne ganze Stange Berry einbringen, seht nur, wie stark und widerstandsfähig der Kerl für sein Alter ist!«

»Wenn wir ihn auf einer Sklavenauktion versteigern würden, würde er uns reich machen, hehe!«

»Wir sollten ihn lieber wie vereinbart der Marine ausliefern. Die Weltregierung zahlt bestimmt auch gut für Whitebeards Vize.«

»Holt die Seesteinhandschellen. Wir sollten langsam mal ernst machen, so unterhaltsam das Ganze auch ist... «
 

In Ace erwachte in diesem Augenblick etwas tief vergrabenes, ein Schmerz, den er schwer benennen konnte... und der von Hass begleitet wurde, Hass, so pur und unaufhaltsam, wie er es noch nie gespürt hatte. Seine Teufelskraft reagierte instinktiv auf seine Emotionen und schien sogar noch zusätzliche Energie aus diesem tobenden Gefühlssturm in seinem Inneren zu ziehen.
 

Seinen Mentor so zu sehen - diesen ehrbaren, aufrichtigen Mann, der ihm von Anfang an nichts als Freundlichkeit entgegengebracht hatte und ihm inzwischen viel wichtiger geworden war, als er je erwartet hätte - brachte den Feuerbändiger an eine Grenze, die er bisher nie überschritten hatte.
 

Es war immer eine Sache zu kämpfen, um stärker zu werden, sich zu messen oder zu verteidigen... doch jetzt wollte er kämpfen, um zu töten.
 

Marco hatte solch eine Behandlung nicht verdient - kein Pirat hatte es verdient, so gejagt und gefoltert zu werden! Was bildeten sich diese Kerle ein, dass sie meinten, sich über andere erheben zu können, über deren Leid zu lachen und zu spotten?! Wer entschied, dass Piraten Abschaum waren?!
 

Welches Verbrechens sollten sie sich schuldig gemacht haben? - Dem Leben in Freiheit und Würde!?
 

Ace Fäuste ballten sich in grenzenloser Wut, sein Brustkorb weitete sich unter heftigen Atemzügen. Der Zorn schien ihn förmlich zu verschlingen, Vergangenheit und Gegenwart vermischten sich schleichend und ließen die Flammen um ihn brüllend in die Höhe schlagen.
 

„Wenn Roger ein Kind hätte? - Das müsste man köpfen!!!“

Diese stinkenden Ratten sollen ihre Finger von Marco nehmen...

„Man sollte es mit so vielen Nadeln spicken wie es Menschen gibt, die Roger hassen!“

Sie sollen aufhören zu lachen...

„Verbrennen müsste man es und kurz vor seinem Tod müsste alle Welt es auslachen! Und alle würden sagen - geschieht dir recht!“

Sie sollen leiden...
 

Sie werden leiden!
 

»Man... es ist plötzlich so heiß hier...«, schnaubte einer der Kopfgeldjäger irritiert.
 

Sie hatten Ace bisher gar nicht bemerkt, doch jetzt zuckten ihre Köpfe herum, als ihnen höllische Gluthitze in dichten Wogen entgegen schlug. Sie hoben die Arme, um sich instinktiv vor dem heißen Wind zu schützen, der mit einem Mal auf sie einprasselte. Die Feuerfaust stand unweit von ihnen in einem tosenden Flammenmeer, dass sich wie eine Spirale um ihn in den Himmel schraubte und die Umgebung mit einem dichten Funkenflug überzog.
 

Die Kopfgeldjäger sahen sich einem fleischgewordenen Dämon gegenüber, einer lebenden Flamme mit wild brennenden Augen, die sich mit einem wütenden Schrei auf sie stürzte. Sie hatten gar keine Zeit mehr zu reagieren, geschweige denn sich zu verteidigen.
 

Ace ließ den Hass und die Teufelskraft in sich ungezügelt frei, das Feuer wütete mit solch brachialer Gewalt, dass selbst die nahen Häuser in Mitleidenschaft gezogen wurden - Stroh fing Feuer, Holz verbrannte zu Staub, selbst Steine brachen knirschend entzwei. Fleisch schmolz von Knochen und die Schreie der Männer zerrissen schrill die flirrende Luft, während Ace seine Kräfte zum ersten Mal ohne Rücksicht auf Verluste entfesselte.
 

Er kämpfte wie ihm Wahn, brüllte seine Wut wie das Tosen der Flammen heraus, hämmerte die brennenden Fäuste seinen Feinden ungebremst in Gesichter und Körper und registrierte mit perfider Befriedigung den Geruch verbrannten Fleisches. Sein Zorn gierte nach mehr... sie sollten noch mehr leiden... noch mehr Schmerz ertragen... als Rache für seinen Mentor, für alle gejagten und gehassten Piraten dieser Welt!
 

»Ace... Ace!«
 

Nur langsam drang die feste, tiefe Stimme durch Ace' aufgewühlten Geist und wo er zuerst noch dachte, sie sich nur einzubilden, erreichten große, kühle Hände seine Wahrnehmung - sie umrahmten sein Gesicht und klare, blaue - verdammt vertraute Augen - schoben sich in sein Sichtfeld. »Ace... hör' auf! Beruhige dich...«
 

Seine Sicht klärte sich, der Dunst der Raserei ließ langsam nach und die Feuerfaust registrierte fast ein wenig verwirrt, dass er auf dem Boden saß und Marco vor ihm kniete. Dessen Augen waren besorgt geweitet, die kühlen Finger hielten sein Gesicht sanft umfangen und zwangen seinen Blick zu sich. Inzwischen musste sich der Kommandant der Ersten von den Ketten befreit haben, denn blaue Flammen züngelten über seine schrecklichen Wunden, um jene zu heilen.
 

»Mar... co...«, krächzte Ace rau und erkannte seine eigene Stimme kaum wieder. Sofort zwang er sein Feuer in sich zurück, denn unter keinen Umständen wollte er seinen Mentor verletzen - er wusste, dass der Phönix nicht so einfach sterben konnte, doch Schmerz fühlte er durchaus, wie Ace von Marco selbst wusste.
 

Er sah sich träge um, erkannte mit plötzlichem Entsetzen die völlig zerstörte Umgebung, die schwelenden Ruinen und die verkohlten Körper um sie herum. Sie schienen im Zentrum der Hölle zu sitzen.
 

Ace schluckte, blinzelte, versuchte diese Bilder zu verarbeiten - der Schock über das, was er getan hatte, ließ ihn zittern und verzweifelt suchte er nach Marcos Blick, versuchte sich mit bebender Stimme zu erklären: »Sie... sie haben dich verletzt... sie hatten nicht das Recht dazu... ich... ich wollte das hier nicht... ich wollte... ich wollte nur... dass sie aufhören... sie sollten nicht mehr lachen... ich wollte nicht, dass sie dir weiter solche schrecklichen Dinge antun... aber ich wollte sie nicht... ich...-«
 

Oh, beim Seeteufel, Marco darf mich nicht verachten... nicht er! Er darf sich nicht von mir abwenden, weil ich ein Monster bin...
 

»Ich weiß, Ace, ich weiß... « Die starken Arme des Kommandanten umfingen ihn weich, leicht - Marco ließ ihm Raum und war ihm doch nah - und eine sanfte Hand drückte Ace' Kopf gegen die breite Brust seines Mentors, während der weiter beruhigend auf ihn einredete. »Zerbrich' dir nicht deinen Kopf darüber. Es ist alles gut... alles ist gut, Ace...«
 

Unter heftig bebenden Atemzügen krallte Ace seine Hände in den Stoff von Marcos Hemd, lehnte das heiße Gesicht dankbar gegen dessen nackte Haut und atmete den so schrecklich vertrauten, herben, rauchigen Geruch seines Nakama ein... der Phönix erdete ihn wie es kein anderer gekonnt hätte, so stark war ihre Verbindung inzwischen, so innig und tief.
 

Seine aufgewühlte Teufelskraft schien von der Anwesenheit des mythischen Phönix regelrecht besänftigt zu werden und zog sich zurück wie ein zufrieden schnurrender Tiger in seinen Käfig.
 

»Ich hab' sie getötet, Marco... ich hab' einfach... die Kontrolle verloren...«

»Es ist okay, Ace. Es wird nicht wieder vorkommen.«

»Ich bin ein Monster-...«

Marco drückte Ace' Kinn nach oben und beschwor ihn eindringlich: »Yoi, rede nie wieder so einen Unsinn, hörst du! Du hast mir geholfen, Ace. Nur das zählt. Und genau das werde ich auch Pops erzählen. Niemand hält dich für ein Monster, Dummkopf!«

»Aber-...«

»Kein Aber! Tu' mir Gefallen und hör' nur einmal auf mich, Streichholz. Und jetzt lass' die dummen Selbstvorwürfe.« Marco griff nach Ace' Hut, der ihm im Nacken baumelte und drückte ihm diesen entschlossen auf den Kopf. »Du bist Die Feuerfaust. So ein düsteres Gesicht passt nicht zu dir. Das wird unseren Nakama mehr Angst machen als ein paar verkohlte Kopfgeldjäger.«

Ein zaghaftes Schmunzeln zupfte an Ace' Lippen. »Danke, Marco... danke, dass du... einfach Danke...«

»Immer, Kleiner, immer...«

Das Echo von beunruhigender Hitze

Marco saß beim flackernden Licht einer Öllampe in seiner Kajüte und maß mit einem Zirkel die Abstände der umrissenen Inseln vor sich auf einer alten Karte, um jene nach den aktuellsten Erkenntnissen neu zu beschriften. Seine Augen hinter den Brillengläsern brannten bereits vor Erschöpfung und er rieb sich den schmerzenden Nacken, als er sich kurz aufrichtete, um die knackenden Knochen zu entlasten.
 

Der Tag war schon weit vorangeschritten, wie ihm ein Blick aus dem Bullauge seiner Kajüte verriet, denn am Himmel machte sich das satte, tief dunkle Rot der Abenddämmerung breit.
 

In diesem Moment riss Thatch ohne zu Klopfen die Tür auf und stürmte herein, obwohl eigentlich jeder wusste, dass es der Phönix wenig mochte, wenn man ungebeten sein Zimmer betrat. Doch der besorgte und gehetzte Gesichtsausdruck seines langjährigen Freundes ließ den Phönix seinen Unmut sofort vergessen und von seinem Stuhl aufspringen - Thatch sah selten so ernst aus, also musste etwas passiert sein.
 

»Yoi, was ist los?«, fragte Marco alarmiert und betete, dass sich das ungute Gefühl in seiner Magengegend als Täuschung erweisen würde... doch diese Hoffnung zerschlug sich mit den nächsten Worten des anderen Kommandanten.
 

»Ace, er... es geht ihm nicht gut…«, erklärte Thatch hastig zwischen schnaufenden Atemzügen und stützte sich auf seine Knie, denn offenbar war er bis hierher gerannt. »Er liegt auf der Krankenstation. Du musst mitkommen…«, die Worte trieben sich wie Speerspitzen in Marcos übermüdetes Hirn und machten ihn sofort wieder hellwach.
 

Er zögerte keine Sekunde, riss sich seine Sehhilfe von der Nase und warf diese achtlos auf seinen Schreibtisch, bevor er auch schon an Thatch vorbei aus der Tür stürmte und sich mit dem Kommandanten der Vierten in Richtung der Krankenstation aufmachte.
 

»Was fehlt ihm?«, wollte er harsch von Thatch wissen. »Vorhin war doch alles noch in Ordnung gewesen. Hat er sich irgendwas auf der Insel eingefangen?«
 

»Himmel, keine Ahnung, Marco…«, antwortete Thatch überfordert, während er Mühe hatte, mit den langen Schritten des großen Phönix mitzuhalten und keuchend hinter diesem her lief. »Es war alles wie immer, wir haben Karten gespielt, ein bisschen getrunken... bis Ace plötzlich umgekippt ist und diesmal nicht, weil er eingepennt war. Dabei haben wir heute auf der Insel nichts unbekanntes gegessen und Ace wurde auch, soweit ich mich erinnere, nicht verletzt… ich kann mir das gar nicht erklären.«
 

Thatchs Tonfall konnte Marco entnehmen, dass der sich offenbar Vorwürfe machte, nicht gut genug auf den Feuerjungen aufgepasst zu haben. Ace war eigentlich mehr als alt genug, um selbst auf sich zu achten, doch jeder an Bord wusste, wie schnell sich der Hitzkopf in Gefahr bringen konnte... weswegen irgendwie immer jemand ein Auge auf ihn hatte.
 

Ihre Schritte hämmerten dumpf über die Dielen und hinterließen ein unheimliches Echo unter Deck, da sich die meisten der Crewmitglieder in die Gemeinschaftsräume zurückgezogen hatten oder noch auf Deck saßen, um etwas zu trinken, nachdem sie alle einen anstrengenden Tag auf der aktuell angelaufenen Sommerinsel hinter sich gebracht hatten.
 

Diese hatte sie mit dichtem Urwald und allerlei angriffslustigen Raubtieren begrüßt, sodass sie bisher kaum weit genug hatten vordringen könnten, um eventuelle Wasserquellen ausfindig zu machen, damit sie ihren langsam zur Neige gehenden Bestand auffüllen konnten, da ihre Aufbereitungsanlage seit ein paar Tagen kaputt war.
 

Thatch war mit Ace und dessen Division unterwegs gewesen, während Marco mit Haruta und dessen Männern die Insel grob erkundet hatte. Da alle am späten Nachmittag wohlbehalten zurückgekehrt waren und keiner ernsthafte Verletzungen davon getragen hatte, hatte Marco diesen Tag schon als abgehakt betrachtet - ein Fehler, wie er jetzt offenbar feststellen musste.
 

»Lass' es dir lieber vom Doc erklären…«, keuchte Thatch hinter ihm, als Marco auch schon die Tür zur Krankenstation aufriss und in den Raum rauschte wie eine nicht zu bremsende Naturgewalt. Sofort suchten die Augen des Phönix nach Ace und fanden diesen auch mühelos, da er im Moment der einzige Patient auf Station war und noch dazu von dem ansässigen, älteren Schiffsarzt und drei Krankenschwestern umschwärmt wurde.
 

Der Doktor sah von seinem sommersprossigen Patienten auf, als er die Kommandanten eintreten hörte und schob sich die Brille auf der Nase gerade, bevor er mit recht zerknirschten Ausdruck auf den faltigen Zügen die piependen Apparaturen rund um die Feuerfaust betrachtete. Eine herrische Handbewegung des alten Mannes scheuchte die Frauen davon, die Marco und Thatch eilig Platz machten.
 

Marco blieb direkt vor der Krankenliege stehen, auf der sich der beängstigend blasse Feuerteufel wie unter Krämpfen wandte, die schweißnassen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und seine Augen rollten ziellos in ihren Höhlen umher. Er strahlte eine solche Hitze ab, dass die Luft um ihn leicht flirrte und das zerknüllte Bettlaken bereits vor sich hin rauchte.
 

»Was ist mit ihm? Was hat er?«, fragte er den Arzt angespannt, während er sich besorgt über Ace beugte und dessen desolaten Zustand äußerst beunruhigt zur Kenntnis nahm. Thatch war neben ihn getreten und zupfte beiläufig an seinem gelben Halstuch, um dieses zu lockern, da Ace eine wahre Gluthitze verströmte.
 

»Eigentlich gar nichts sonderlich gefährliches…«, antwortete der bereits ergraute Mediziner mit einem ratlosen Seufzen, während er sich das Stethoskop wieder um den Hals hing, mit dem er eben Ace‘ rasenden Herzschlag kontrolliert hatte. Das Metall glühte noch schwächlich rot nach. »Er scheint sich eine Art Dschungelfieber eingefangen zu haben. Übertragen wahrscheinlich von einem Insektenstich.«
 

Der Doktor deutete auf eine kaum sichtbare, rötliche und kreisrunde Unebenheit auf Ace‘ Oberarm - so winzig, dass es eigentlich keiner Erwähnung lohnte.
 

»Normalerweise hätte ich auch ein Mittel dagegen und er wäre spätestens morgen wieder auf den Beinen, aber... nun ja, seine Teufelskräfte spielen völlig verrückt. Offenbar hat das Fieber seine Kontrolle darüber lahmgelegt und ist eine äußerst seltene Symbiose mit dem Feuer in ihm eingegangen«, vermutete der Arzt bemüht sachlich. »Egal, was ich ihm spritze oder verabreiche, sein Körper verbrennt es innerhalb kürzester Zeit, bevor überhaupt irgendeine Wirkung eintreten könnte.«
 

»Und das heißt…?«, hakte Marco gepresst nach, unsicher, ob er die Antwort überhaupt hören wollte. Seine Hand legte sich vorsichtig auf Ace‘ Stirn, der im Fieberwahn gequält stöhnte und sich wohl eher unbewusst der zaghaften Berührung entgegen schmiegte. Die kochende Hitze schmerzte schon nach kurzer Zeit in seinen Fingerspitzen.
 

»Das heißt, wenn wir seine Temperatur nicht irgendwie senken können und das möglichst vor den Morgenstunden, dann…«, der Arzt zog sich die Brille von der Nase und putzte diese fahrig an seinem Kittel, bevor er den Phönix ernst ansah, »… mache ich mir ernsthaft Sorgen um ihn.«
 

»Oh man, Marco… das tut mir so leid…«, brachte Thatch gequält heraus und rang sein Halstuch zwischen den nervösen Händen. Seine braunen Augen wirkten schrecklich bekümmert. »Ich hätte besser aufpassen sollen. Ich hätte-…«
 

»Yoi, Schwachsinn!«, unterbrach der Phönix das haltlose Gemurmel und drückte seinem alten Freund ermutigend die Schulter. »Du trägst daran doch keine Schuld. Hör' auf dir Vorwürfe zu machen, Idiot.«
 

Inzwischen waren die Krankenschwestern wieder aufgetaucht und wickelten Ace dicke, feuchte Handtücher um die Waden, um ihn abzukühlen - ein eher sinnloses Unterfangen, da die Nässe fast sofort verdampfte und feuchte Wärme wie in einer Waschküche produzierte.
 

»Können wir ihn nicht… in ein Eisbad legen? Oder ins Meer, damit er abkühlt?«, wagte Thatch zaghaft zu fragen.
 

»Um Himmels Willen, bloß nicht!«, riet der Arzt sofort ab. »Wenn wir seine Temperatur zu schnell herunterkühlen, könnte das einen Schock verursachen. Außerdem sollten wir ihn in seinem Zustand so wenig wie möglich mit Wasser in Verbindung bringen. Das würde ihn nur noch zusätzlich schwächen«, erläuterte der Mediziner ernst.
 

Thatch seufzte frustriert. »Aber es muss doch irgendeine Möglichkeit geben…«
 

»Die gibt es wahrscheinlich…«, räumte der Arzt zögerlich ein und fasste nun Marco bewusst ins Auge. »Deswegen habe ich dich rufen lassen, Kommandant. Du kannst ihm vielleicht helfen.«
 

»Wie das?«, wurde der hellhörig. Obwohl er selbst ab und an in der Krankenstation aushalf, wenn hier Not am Mann war - er hatte ruhige Hände und eine gewisse Begabung für Medizin - schien sein Kopf mit einem Mal völlig leergefegt und seine sonst so strukturierte Logik war stiften gegangen.
 

Die Sorge um den jungen Feuerteufel raubte ihm jegliche Sachlichkeit, sowie den disziplinierten Abstand, den er sich in solchen Situationen normalerweise bewahren musste und eigentlich auch sollte...
 

»Dein Feuer, Marco«, klärte der Arzt ihn auf und hob beschwichtigend eine Hand, als der Phönix schon Luft für einen Einspruch holte. »Ich weiß, dass die vollständige Heilung natürlich nur bei dir wirkt, aber dennoch haben deine Flammen eine kühlende, regenerativ unterstützende Aura, die sicher ihre Wirkung auch nicht verfehlen wird. Zumindest ist es einen Versuch wert... ich wüsste nicht, was wir sonst tun könnten...« Mit seinem Latein am Ende sah er zu Ace, der wieder ein tiefes, leidgeplagtes Stöhnen ausstieß und hektisch nach Atem schnappte.
 

Marco überlegte gar nicht lange und nickte sofort bereitwillig. Für seine Nakama würde er durchs Feuer gehen... und für Ace sogar noch etwas weiter. »Was soll ich machen?«
 

»Versuch' ihn mit deiner Teufelskraft zu stabilisieren und ihn ein bisschen herunter zu kühlen«, erklärte der Arzt sachlich und rollte einen Tropf heran. »Ich werde ihm dann das Medikament langsam zuführen. Es wird ein langwieriger Prozess, doch mit etwas Glück wird es funktionieren. Aber... du wirst wahrscheinlich Schmerzen erleiden, so sehr wie er-...«
 

»Das spielt keine Rolle.« Abgeklärt knöpfte Marco sein Hemd auf, zog es aus und warf es Thatch zu, dann löste er die goldene Gliederkette von seiner Hüfte und setzte sich zu dem zitternden Ace, um sich neben diesen auf die Liege zu schieben. Auf Grund der brütenden Hitze erwachte seine Teufelskraft instinktiv - kühle, blaue Flammen loderten an jenen Punkten empor, an denen er den nackten Oberkörper des Feuerteufels berührte.
 

Marco zog Ace sanft an sich, ignorierte das heiße Brennen auf seiner Haut und nickte dem Arzt dann auffordernd zu, während seine Flammen förmlich um sie beide explodierten und den Raum in ein sanftes, blaues Lodern tauchten. Thatch zerknüllte Marcos Hemd angespannt in den Händen und trat beiseite, um dem medizinischen Personal Platz zu machen.
 

Der Doktor winkte die Schwestern wieder zu sich und die Frauen brachten erneut feuchte Tücher, um ihren Patienten damit zusätzlich zu kühlen, während der Arzt die Infusionsnadel vorbereitete und dann sachte in Ace' Armbeuge versenkte. Die Feuerfaust stöhnte leise und sein bleiches Gesicht verzog sich verkrampft, instinktiv schob er sich Marco entgegen und suchte die Nähe der wohltuend kühlen Flammen.
 

»Jetzt können wir nur warten...«, meinte der Schiffsarzt schließlich und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er klopfte sachte gegen den Infusionsbeutel und öffnete den Verschluss, damit das Medikament seinen Weg in Ace' Körper finden konnte. Eine Schwester brachte Marco einen Krug voll Wasser, welchen dieser dankend annahm und gierig leerte.
 

Die Hitze des jungen Mannes war wahrlich erdrückend, doch egal wie lang das hier dauern sollte, er würde es durchstehen. Sein Blick fiel auf Thatch, der noch immer wie ein Häufchen Elend vor dem Bett stand.
 

»Geh«, wies er den Kommandanten ruhig, aber bestimmt an. »Du kannst hier eh nichts tun. Erstatte Pops Bericht. Übernimm' mit Jozu das Kommando und sorgt dafür, dass die anderen nicht kopflos werden.« Marco wusste doch ganz genau, wie überängstlich gerade Haruta und Izou wurden, wenn es um Ace ging... die Feuerfaust hatte die gesamte Mannschaft um den Finger gewickelt.
 

Thatch kaute befangen auf seiner Unterlippe, dann nickte er betreten und schlurfte mit hängenden Schultern zur Tür. Es war kaum zu übersehen, dass ihn Ace' Zustand schrecklich bedrückte, denn er hatte den jungen Flammenwerfer in sein Herz geschlossen.
 

»Yoi, Thatch...«, hielt ihn Marco nochmals auf. »Es ist nicht deine Schuld. Ace wird schon wieder. Der Kleine ist unheimlich zäh, das weißt du doch«, versuchte er den deprimierten Kommandanten aufzubauen. »So etwas bringt ihn doch nicht um.«
 

»Hm, du hast recht«, räumte der Kommandant der Vierten ein und straffte sich. »Ich werde mich um alles kümmern, mach' dir keine Sorgen. Kümmer' du dich nur um Ace«, bat er den Phönix.
 

Vor der Tür der Station stand schon die ganze Bande parat - Haruta, Jozu, Izou, Vista, Fossa und noch viele andere. Alle wirkten besorgt und wollten einen Blick auf Ace erhaschen, doch Thatch scheuchte sie alle hinaus und schloss die Tür umsichtig hinter sich.
 

Der Arzt kontrollierte abermals die Apparaturen um Ace' Bett, während er seine Brille zurecht schob. »Seine Werte verbessern sich... sehr langsam, aber messbar«, unterrichtete er Marco mit zaghafter Zuversicht in der Stimme, dann wandte er sich dem Kommandanten zu. »Das kann allerdings noch eine ganze Weile dauern. Meinst du, du überstehst das noch etwas?«
 

Obwohl Marco bereits die Schweißperlen deutlich auf der Stirn standen und jedes Fleckchen seines Körpers zu glühen schien, nickte er grimmig. »Schon okay, Doc. Das bisschen Schmerz bringt mich wohl kaum um.«
 

Der alte Arzt schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf. »Du würdest wirklich alles für diese Bande tun, nicht wahr?!«
 

»Es gibt zumindest nicht viel, was ich nicht tun würde«, antwortete Marco mit einem schiefen, selbstironischen Schmunzeln.
 

Der Arzt drückte ihm mit einem sanften Lächeln die Schulter. »Das ist ehrenwert. Aber vergiss' dich selbst über dem Ganzen nicht völlig, hm? Die Flamme der Wiedergeburt heilt deinen Körper, aber das heißt nicht, dass sie das hier drin auch schützt und pflegt«, sprach er kryptisch und tippte dem Vize auf die Brust, direkt über seinem Herzen.
 

Bevor Marco etwas erwidern konnte, kam eine der Krankenschwestern zu dem Arzt und wisperte ihm etwas ins Ohr. Er nickte und richtete das Wort entschuldigend an den Kommandanten: »Ich muss euch eine Weile allein lassen. Wir haben wohl einen Notfall auf einem der unteren Decks. Ich werde später wieder nach euch sehen und eine der Frauen wird hier bleiben, falls ihr etwas brauchen solltet.«
 

»Natürlich«, gewährte der Phönix verständig. Mehr als abwarten blieb ihnen im Moment ja eh nicht zu tun.
 

Nachdem der Mediziner verschwunden war, trat die verbliebene Krankenschwester an das Bett. »Brauchst du noch etwas, Kommandant Marco?«, fragte die Frau höflich, ein hübsches Ding mit dunkelbraunen Locken und üppigen Kurven.
 

Sie war ein wenig rot um die Nase und versuchte den halbnackten Vize nicht all zu offensichtlich anzustarren - sie hegte schon ziemlich lange eine heimliche, recht vergebliche Schwäche für den gutaussehenden, reifen Phönix, denn der schenkte eben selten irgendjemanden mehr als sachliches oder höfliches Interesse. Das Arbeiten mit ihm war jedes Mal eine Gratwanderung zwischen stiller Bewunderung und herber Frustration, weil sein Gesicht meist so viel Emotion spiegelte wie ein Stein.
 

Doch jetzt war er vollkommen auf den jungen, dunkelhaarigen Kommandanten fixiert und über seine markanten Züge huschte ein Ausdruck, den sie noch nie an dem stoischen, blonden Mann gesehen hatte und der ihr die Knie weich werden ließ... obwohl dieser intensive Blick aus den tiefblauen Augen gar nicht ihr galt.
 

»Wenn du uns noch etwas Wasser bringen könntest, wäre das sehr freundlich...«, raunte der Phönix beiläufig, während er Ace ein Kissen in den Nacken schob, um seine Lage ein wenig bequemer zu gestalten.
 

Die Krankenschwester seufzte leise, machte sich dann aber auf den Weg das Gewünschte zu bringen.
 

Marco hatte sie eigentlich kaum zur Kenntnis genommen... er wusste, dass die Frauen hier waren, immerhin wusste das jeder Mann an Bord - obwohl die Damen strikt Tabu waren, was auch respektiert wurde, immerhin waren sie nicht für das Vergnügen der Mannschaft hier - doch er sah in ihnen weder etwas anderes als einen Teil der Besatzung, noch interessierte er sich sonderlich für sie.
 

Natürlich war er auch ein Mann und erkannte durchaus Schönheit, wenn er sie sah, aber... er ließ sich davon längst nicht mehr so bezaubern und beherrschen wie früher. Es gab wichtigeres in seinem Leben - seine Nakama und seinen Vater. Dafür lebte er und dafür musste er einen klaren Kopf behalten, vor allem, da ihn Whitebeard inzwischen mehr denn je brauchte.
 

Die hübsche Frau kam wieder und brachte ihm schüchtern einen großen Krug Wasser und ein kühles, feuchtes Tuch, mit dem der Kommandant seinem Freund den Schweiß umsichtig vom Körper tupfte, bevor er erneut den Sitz der Infusionsnadel, Ace' Temperatur und die Werte auf den Monitoren kontrollierte. Und dann wiederholte sich das Ganze von vorn...
 

Irgendwann - nach Stunden des Bangens und Hoffens - wurde Ace etwas ruhiger, sein Atem gemächlicher und auch seine Temperatur regulierte sich von höllisch zu einigermaßen erträglich, was Marcos ständige, zwanghafte Kontrolle der Apparate und des Feuerteufels langsam überflüssig machte.
 

Er seufzte schwer und versuchte in eine etwas bequemere Position zu rücken, um etwas zur Ruhe zu kommen, doch das Problem war... er war eigentlich nicht sonderlich geübt darin nichts zu tun, geschweige denn sich zu entspannen. Vor allem, weil seine Gedanken dann schnell begannen, sich im Kreis zu drehen und er mochte keine endlosen Grübeleien.
 

Seine Tage waren immer ausgefüllt und oft arbeitete er auch die Nächte hindurch. Pausen waren selten und wenn er sich etwas Zeit nahm, dann meist für ein geselliges Beisammensein mit seinen Nakama oder für ein paar Trainingseinheiten mit Ace, die ihm ehrlich Spaß machten und immer mehr forderten, da der junge Mann ihm inzwischen in fast nichts nachstand.
 

Jetzt hatte Marco allerdings nichts, um sich oder seine Gedanken zu beschäftigen und er war gewissermaßen an dieses Bett gefesselt... das monotone Piepen, das hypnotisierende Flackern der blauen Flammen und Ace' spürbarer Herzschlag machten ihn schläfrig und er hatte plötzlich Mühe, die Augen offen zu halten.
 

Normalerweise brauchte er kaum Schlaf, denn seine Teufelskraft übernahm die nächtliche Regenerationsphase meist für ihn - das war zwar nicht wirklich fürsorglich seinem Körper gegenüber, aber eben auch meist praktischer als Stunden mit Nichtstun im Bett zu vergeuden.
 

Doch komischerweise fühlte sich jetzt keine einzige Sekunde Nichtstun verschwendet an... sein Blick glitt zu Ace, der unruhig herumrutschte und sich dann völlig unbewusst enger an ihn schmiegte. Izou meinte einst, dass die süßen Sommersprossen in seinem einzigartigen Gesicht eigentlich eher zu einem Mädchen passen würden, doch sie raubten dem jungen Kommandanten kein Stück seiner beeindruckenden Ausstrahlung.
 

Mit seinen knapp zwanzig Jahren war Ace inzwischen unübersehbar ein Mann - geistig wie körperlich. Er konnte zuschlagen wie ein Berserker, Alkohol kippen wie Blenheim, der Meister des Schwarzgebrannten, mit einer Kreativität fluchen, die er sich wahrscheinlich von Izou abgeschaut hatte und mit eiserner Disziplin neben Marco trainieren, wenn sie zusammen zu den ersten Sonnenstrahlen an Deck ihre morgendlichen Übungseinheiten absolvierten.
 

Ace war wirklich eine außergewöhnliche Persönlichkeit und Marco war nicht zum ersten Mal glücklich darüber, ihm begegnet zu sein und das er jetzt zu ihrer Mannschaft gehörte. Die Feuerfaust gehörte zu den wenigen Dingen in Marcos Leben, die er nie wieder missen wollte - er hing wahrlich nicht an viel, an seinem Schützling aber dafür umso mehr.
 

Ace drückte die Nase sanft gegen Marcos Hals und der Herzschlag des Phönix setzte kurz aus, nur um dann doppelt so hart weiter zu trommeln. Es war so lang her, so unheimlich lang, dass er neben jemandem gelegen und die Wärme eines anderen Körpers - Atem auf seiner Haut, das sanfte Kitzeln von Haarspitzen - so intensiv gespürt hatte. Die Erkenntnis, dass ihm solche einfachen Dinge nach all den Jahren noch immer gefielen, dass er sie vermisste, war ernüchternd... aber auch nicht wirklich überraschend.
 

Seine natürlichen, männlichen Gelüste reduzierte er gewöhnlich auf ein Minimum und wenn er sich doch Erleichterung und etwas Ablenkung bei einer Frau suchte, dann waren die Treffen meist kurz, zweckmäßig und unpersönlich. Wahrlich nicht der Stoff, aus dem die Träume vieler Frauen waren... und wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann sahen seine eigenen Träume eigentlich auch ganz anders aus.
 

Jetzt, in Ace' unmittelbarer Nähe, war es schwer Abstand und Disziplin wie sonst zu wahren, denn die pure Präsenz der Feuerfaust war gewaltig und Marco konnte sich dem jungen Mann schon lange nicht mehr so entziehen, wie er es eigentlich sollte...
 

Wo sich Marco im alltäglichen Umgang irgendwie daran gewöhnt hatte - an die seltsame Anziehung ihrer Teufelskräfte und Ace' fast magische Begabung, alles und jeden in den Bann zu schlagen - und er auch der Meinung war, das alles professionell handhaben zu können, überrollte ihn jetzt eine Woge aus gänzlich unangebrachter Hitze... und die rührte nicht von der erhöhten Körpertemperatur des Feuerteufels her.
 

»Ach, verdammter Mist...«, grollte Marco mit einer Spur Verzweiflung und ließ den Kopf resigniert in das Kissen zurücksinken, während er einen Arm angespannt über seinen Augen bettete. Dachtest du wirklich, dass du in deinem Alter immun gegen menschliche Bedürfnisse geworden wärst?! Hast du wirklich geglaubt, dass nie wieder jemand dein Interesse entfesseln könnte?!
 

Er war in diesem Moment heilfroh, dass die Krankenschwester so umsichtig gewesen war, die Vorhänge um das Bett zu schließen, damit sie etwas Ruhe hatten. Er brauchte sicher kein Publikum, wenn er dabei war Gedanken zu sortieren, die er bisher sehr beharrlich vermieden hatte.
 

Als wollte das Schicksal ihn ganz besonders strafen und darauf hinweisen, dass seine jahrelange Disziplin in Ace' Nähe eigentlich nichts weiter war als rasch schmelzende Butter in der Sonne, strichen weiche Lippen über seine Halsseite und ein vernuscheltes, kratziges »Mar.. co...«, wurde gegen seine Haut geseufzt, woraufhin der Phönix eine Gänsehaut gefühlt bis in die Haarspitzen erdulden musste.
 

Er schob es auf die lange Enthaltsamkeit, auf seine überreizten Nerven und den Stress der letzten Tage, dass er so heftig reagierte... und wusste doch, dass dies alles nur die Hälfte der Wahrheit war. Die andere lag gerade neben ihm und der Phönix erlag der Versuchung, mit den Fingerspitzen um nur eine Winzigkeit über Ace' Oberarm zu streichen, bevor er ihn noch ein wenig mehr an sich zu drücken.
 

Marco musste sich doch eigentlich nichts vormachen - um sich selbst zu belügen war er auch wahrlich zu alt - er fühlte sich zu Ace hingezogen und das schon längst über die platonische Ebene hinaus... Ace war so vieles, was Marco nicht war und doch waren sie sich so ähnlich, wenn es um die Dinge ging, die ihnen wirklich am Herzen lagen - ihre Nakama und ihr Vater, ihre ganze Welt, die Freiheit, die ihnen alles bedeutete.
 

Marco bettete das Kinn mit einem resignierten, selbstquittierenden Seufzen auf Ace' dunklem Haarschopf und schloss die Augen. Das wird eine verdammt lange Nacht werden...
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 


 

Ace erwachte mit einem ausgiebigen Gähnen, bevor er sich mit einem trägen Schmatzen umsah und zu orientieren versuchte. Verschlafen erkannte er, dass er nicht in seiner Kajüte lag und für einen Moment machte sich Panik in ihm breit, da er nicht wusste wo, geschweige denn, wie er überhaupt hierher gekommen war.
 

Das Ganze wurde auch nicht unbedingt dadurch besser, dass seine Hand auf einer fremden Männerbrust ruhte und jemand neben ihm lag... und das deutlich zu nah, weit über seine persönliche Toleranzgrenze hinaus. Sein erster reflexartiger Gedanke war Flucht, um Abstand zwischen sich und den anderen zu Körper bringen. Doch dann erkannte er das bekannte Tattoo unter seinen Fingern und hielt inne.
 

Er drehte den Kopf etwas, spürte das kitzelnde Kratzen eines Bartes an der Wange... und blickte dann überraschenderweise in Marcos Gesicht, das unweit neben seinem eigenen ruhte. Wenn Ace bis jetzt verwirrt gewesen war, dann war er nun vollkommen verdutzt. Was macht Marco denn hier?! Und... zum Seeteufel - schläft der etwa?!
 

Tatsächlich, der Phönix lag völlig arglos neben ihm und schlief, ein Anblick, der Ace die Kinnlade runter klappen ließ. Das war ein so ungewöhnliches Bild, dass er sogar für den Moment vergaß sich über die seltsame Situation zu wundern, dass sie zusammen in einem Krankenbett - er hatte inzwischen erkannt, dass er sich auf der Krankenstation der Moby befand - lagen.
 

Der junge Kommandant hatte Marco tatsächlich in all der langen Zeit hier in dieser Crew noch nie schlafen gesehen und es irgendwann einfach für eine natürliche Gegebenheit gehalten, dass der Phönix offenbar auch gut ohne auskam, was vielleicht eine praktische Beigabe seiner Teufelskraft war.
 

Ace zog sich mit einem unwilligen Zischen die Infusionsnadel aus dem Arm und warf sie beiseite, weil sie ihn in der Bewegung störte, bevor er sich vorsichtig wieder zurücksinken ließ, um Marco bloß nicht zu wecken. Er stellte sich gar nicht erst die Frage, warum man ihn medizinisch versorgt hatte... es gab gerade auch wahrlich interessanteres.
 

Nie zuvor war er seinem Mentor so nahe gewesen und nie zuvor hatte er Marco so... untypisch entspannt, fast verletzlich erlebt, denn normalerweise war der Phönix stets präsent, wachsam und wirkte, als hätte er seine Augen und Ohren eigentlich überall. Doch nun war von all der Strenge und Aufmerksamkeit wenig zu sehen.
 

Marcos harte Züge waren gelöst und wirkten dadurch wesentlich weicher, seine blonden Haare hingen unordentlich seitlich in sein Gesicht und seine Lippen lagen leicht geöffnet, während sein regelmäßiger, ruhiger Atem zu hören war.
 

Ace musterte seinen Mentor unverhohlen und studierte fasziniert dieses inzwischen so vertraute Gesicht... und plötzlich fielen ihm Dinge auf, winzige Kleinigkeiten, die er zuvor nie wahrgenommen hatte und die ihm jetzt dafür umso kostbarer erschienen.
 

Marcos Ohren waren nicht gänzlich symmetrisch und standen leicht ab, zudem schien er einst einen Ohrring getragen zu haben. Seine Nase verlief nicht ganz gleichmäßig, vielleicht durch einen Bruch nicht mehr gerade zusammengewachsen und seinen kurzen Kinnbart durchzog eine helle Narbe, die den Haarwuchs an jener Stelle durchbrach. Für seine blonde Haarfarbe hatte er ungewöhnlich dichte, dunkle Wimpern und seine Brauen beschrieben selbst im Schlaf hohe Bögen, wodurch seinem Blick immer dieser typische, leicht überhebliche Ausdruck anhaftete.
 

Ace hatte das Gefühl Marco noch ewig anstarren zu können, ohne das ihm dies langweilig werden könnte - immer wieder schien er etwas anderes an diesem Mann zu entdecken, dass ihn verblüfft... und seltsam anzog. Der Phönix hatte sowieso etwas an sich, was ihn seit dem ersten Treffen unbestreitbar fasziniert hatte.
 

Seine Hand lag immer noch durch den geringen Platz auf der Liege gegen die Brust des älteren Kommandanten gedrückt - seine hellen Finger bildeten einen merklichen Kontrast zu Marcos gebräunter Haut - sein Kopf ruhte auf dessen Schlüsselbein und ihre Hüften berührten sich leicht, während sich ihre Füße ineinander verhakt hatten.
 

Es war schon etwas eigenartig, dass sie so nah beieinander lagen, auch in Anbetracht der Tatsache, dass sie eigentlich fast nackt waren - sie trugen beide nur ihre Hosen und Marco dazu seine typischen Sandalen. Und doch fühlte es sich nicht komisch oder falsch an so neben seinem Mentor zu liegen, eher... eigentümlich angenehm.
 

Dabei hätte Ace eher das Gegenteil erwartet, einfach dadurch, da er völlig ungeübt im Umgang mit dieser Art von Nähe war. Selbst wenn er mal mit einem Mädchen Sex gehabt hatte - was wahrlich nicht so häufig vorgekommen war - hatte er nie die Nacht mit einer verbracht, sondern sich auf den rein körperlichen Zweck ihres Beisammensein beschränkt. Die letzten Jahre hatte er in seinem Bett oder Platz immer allein geschlafen.
 

Er war ohne Eltern aufgewachsen und hatte dementsprechend nie wirklich gelernt und lange nicht gewusst, dass es auch liebevolle Berührungen geben konnte, die keinem Zweck folgten, sondern einfach nur aus Zuneigung geschenkt wurden.
 

Kein Vater hatte ihm je anerkennend den Kopf getätschelt, keine Mutter ihn je sanft in den Arm genommen und sein Opa sowie Dadan hatten auch eher durch ihre rabiate, direkte Art geglänzt als durch gefühlvolle Erziehung. Es war okay gewesen, es hatte ihn härter und stärker gemacht und doch... irgendetwas hatte ihm immer gefehlt.
 

Er konnte sich ja kaum noch daran erinnern, wann er das letzte Mal so vertraut mit jemanden das Bett geteilt hatte - wahrscheinlich mit seinem kleinen Bruder und das als Kinder, als er ständig der Gefahr ausgesetzt gewesen war mit einem Ellenbogen oder Fuß im Gesicht zu erwachen, da Ruffy immer so unruhig wie ein Flummi geschlafen hatte.
 

Aber Marco und er waren keine Kinder mehr und von kindlicher Unschuld waren sie wohl beide meilenweit entfernt.
 

Ein eigentümliches Flattern durchzog Ace' Bauch, als er die ausgeprägten Brustmuskeln betrachtete, auf denen seine Finger ruhten und dann erneut an dem schlafendem Gesicht seines Mentors hängen blieb - er konnte das Gefühl nicht so richtig zuordnen, doch Hunger war es definitiv nicht. Hunger war ihm mehr als vertraut, dass hier... war anders.
 

Ihm wurde komisch warm um die Nase und er wollte sich ein wenig von Marco entfernen - er hatte plötzlich das Gefühl, in dessen Nähe nicht genug Sauerstoff zu bekommen - doch die Hand des Kommandanten lag besitzergreifend auf Ace' Hüfte, knapp oberhalb seines Hosenbundes in jener Kuhle zwischen Becken und Taille und hielt ihn sanft fest.
 

Er wusste immer noch nicht recht warum sie beide hier waren, aber er wollte Marco auf keinen Fall wecken, weil der den Schlaf garantiert bitter nötig hatte, also blieb er doch liegen wo er war. Einen winzigen - natürlich unbedeutenden - Anteil an dieser Entscheidung trug das wohlige, angenehme Prickeln, dass die starken Finger des Phönix auf seiner Haut auslösten... ein warmes Kribbeln, ähnlich jenes Gefühles, wenn das Leben nach dem Aufenthalt in eisiger Kälte langsam in die Glieder zurückkehrte.
 

Noch dazu war Marcos Gegenwart eigentlich alles andere als störend oder unangenehm - sein kräftiger Herzschlag wirkte beruhigend, sein vertrauter Geruch vermittelte Heimat und die Wärme seines Körpers bildete eine Geborgenheit, die Ace selten erfahren hatte.
 

Er sah sich verstohlen um, doch im Moment war kein anderer zu sehen, zudem war das Bett von leichten Vorhängen vor Blicken geschützt... niemand würde als bemerken, dass er einen Moment der Schwäche genoss und was er im Schlaf tat, konnte man ihm ja kaum als Verbrechen anlasten, nicht wahr?!
 

Sein Herz klopfte heftig, als würde er etwas verbotenes tun, da er seine Wange erneut gegen Marcos warme Haut lehnte und die Augen mit einem zufriedenen, kleinen Lächeln behaglich schloss. Nur noch ein bisschen wollte er diese unbekannte Situation auskosten... nur noch ein bisschen mehr von dieser Wärme für sich stehlen...
 

Irgendwann - der Moment kam für Ace gefühlt viel zu schnell - begann sich Marco zu regen und mit einem tiefen Atemzug zu erwachen. Die Feuerfaust ließ es sich nicht nehmen seinen Mentor dreist anzugrinsen, als dieser die schweren Augenlider anhob und sich im ersten Augenblick genauso verwirrt umsah wie Ace es zuvor getan hatte.
 

»Guten Morgen...«, begrüßte er ihn amüsiert, denn der Anblick des verschlafenen Kommandanten war wahrlich Gold wert. Wahrscheinlich hat ihn kein anderer der Crew je so gesehen, überlegte sich Ace im Stillen und fühlte sich dadurch irgendwie besonders privilegiert.
 

Der Phönix brummte irgendetwas unverständliches, dann schien ihm aufzufallen, dass sie ungebührlich dicht beieinander lagen und er es war, der die Feuerfaust an sich gezogen hielt. Sofort löste er die Hand von Ace Hüfte und der ertappte sich dabei, wie er den Verlust dieser Berührung sogleich bedauerte. »Du bist wach...?!«, stellte Marco überflüssigerweise fest und strich sich fast ein wenig verlegen durch die wirren Haare. »Wie geht es dir?«
 

»Ähm... gut?! Sollte es anders sein?!«
 

Statt einer Antwort griff Marco nach Ace' Arm und registrierte mit einem düsteren Stirnrunzeln, dass sich der kleine Flammenwerfer offenbar schon selbstständig von der Infusion befreit hatte, bevor er ihm den Handrücken sanft auf die Stirn drückte, wohl um seine Temperatur zu prüfen. »Du bist gestern aus heiterem Himmel aus den Latschen gekippt und hast uns allen einen verdammten Schrecken eingejagt. Du hast dir durch einen Insektenstich ein Dschungelfieber eingefangen.«
 

Ace blickte ziemlich verwundert drein und kratzte sich dann verlegen den Kopf. »Oh, wirklich?! Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mit Thatch und Haruta beim Pokern saß und dann... nichts mehr«, erklärte er mit einem entschuldigenden Schulterzucken.
 

»Es stand nicht gut um dich. Deine Teufelskraft war außer Kontrolle und wir konnten das Fieber kaum senken. Du hast geglüht wie ein Hochofen und warst heiß wie die Hölle«, erklärte Marco mit eindringlichem Blick.
 

Ace wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und konnte sich ein zweideutiges Grinsen einfach nicht verbeißen. »Bin ich das nicht sowieso immer?!«
 

»Tse... das ist nicht witzig, Streichholz!«, schnaubte der Phönix wenig amüsiert und schwang die Beine von der Liege, um aufzustehen. Dann lehnte er sich beschwörend über Ace und drückte ihm den Zeigefinger auf die Brust. »Alle haben sich verdammte Sorgen um dich gemacht! Wir hätten dich verlieren können, ist dir das eigentlich bewusst?!«, fauchte ihn der Kommandant ungewöhnlich aufgewühlt an.
 

Ace blinzelte verschreckt, denn mit dieser heftigen Reaktion hatte er garantiert nicht gerechnet. Schuldbewusst senkte er den Blick. »Tut mir leid... ich... wusste ja nicht, dass es so schlimm war. Ich wollte euch allen wirklich keine Sorgen machen...«
 

Marco schnaubte und holte tief Luft, dann fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare und ließ jene kurz im Nacken liegen, während er um seine Fassung rang und seinen Schützling musterte, der nun in sich gesunken auf der Liege saß. Sofort taten ihm seine harschen Worte leid. »Yoi, schon gut...», lenkte er deutlich weicher ein. »Du hast ja keine Schuld daran. Ich hab' überreagiert, ich muss mich entschuldigen. Es war einfach eine lange Nacht...«
 

Ace blickte wieder auf und griff rasch nach Marcos Handgelenk, als dieser sich offenbar schon zum gehen wenden wollte. »Warst du etwa die ganze Nacht hier bei mir?!«, fragte er mit belegter Stimme. Der Gedanke berührte einen tief vergrabenen Teil seines Herzens und bewegte ihn ungewöhnlich heftig.
 

Der Phönix sah ihn über die Schulter hinweg an, dann nickte er knapp. »Der Doc hatte vorgeschlagen, dass ich meine Teufelskraft nutze, um deine zu stabilisieren, damit er dir ein Medikament verabreichen konnte. Du hast jedes Mittel vorher sofort verbrannt. Es war ein recht langwieriger Prozess, aber der einzige Weg, um dir zu helfen.«
 

Ace wusste nicht so recht, was er jetzt mit dieser Information anfangen sollte... aber vielleicht wäre ein Danke für den Anfang ja gar nicht so schlecht. Hat der Kerl wirklich die ganze Nacht über mich gewacht und seine ganze Arbeit für mich liegen lassen?
 

»Marco, ehrlich... Danke.« Er sah seinen Mentor mit einem schiefen, peinlich berührten Grinsen an. »Man, wirklich, du musst irgendwann mal aufhören so verdammt nett zu sein und mich immer aus der Scheiße zu ziehen. Wie soll ich das denn jemals wieder gut machen, he?! Ich kann ja gar nicht so viele Runden Sake ausgeben, wie ich dir inzwischen schulde...«
 

Marco wandte sich ihm wieder zu und zu Ace' völliger Verblüffung beugte er sich über ihn, stützte die Hände links und rechts neben ihm ab und war plötzlich so nah, dass er jeden verirrten goldenen Sprenkel in den klar umrissenen, blauen Iriden erkennen konnte - ein weiteres Detail, was ihm vorher nie aufgefallen war. »Du schuldest mir gar nichts, Ace. Du weißt, dass ich alles für dich tun würde«, raunte ihm der Phönix absolut ernst und unerschütterlich entgegen.
 

Die Feuerfaust musste hart schlucken und war so hypnotisiert durch den eindringlichen Blick des Vize, dass er gar nichts sinnvolles aus der plötzlich trockenen Kehle bekam. Irgendwie hatte sein Hirn wohl gerade entschieden sich krank zu melden... »Ja... naja, also, eh... wenn du meinst?!« „Wenn du meinst?!“ Was soll das denn für eine bescheuerte Antwort sein?! Gott, wie selten dämlich!
 

Der Phönix sog die Luft tief ein und schloss die Augen kurz, dann stemmte er sich wieder in die Höhe und trat von dem Bett zurück. Er brauchte dringend etwas Abstand. »Ich schick' dir den Doc vorbei. Er soll dich nochmal ordentlich durchchecken und wenn er das Okay gibt, kannst du die Krankenstation verlassen und dich auf deinen Posten zurückmelden. Yoi, vorher nicht, klar?!«
 

»Aye... klar«, brachte der verdatterte junge Kommandant zumindest noch heraus.
 

»Gut. Ich seh' mal nach, ob ich noch etwas vom Frühstück für dich retten kann.« Marco wandte sich zum gehen und Ace ertappte sich dabei, wie er das Spiel von dessen Rückenmuskulatur bewunderte. Er schüttelte den Kopf irritiert über sich selbst und rieb sich fahrig über die Wangen. Dieses Dschungelfieber scheint echt komische Nebenwirkungen zu haben...

Das Echo von unvergänglicher Schuld

Marco stieg die äußeren Stufen zum Kommandantendeck hinauf, eine Zigarette lässig im Mundwinkel und die Brille auf der Nase, während er ein paar lose Papiere flüchtig durchblätterte und sich gedanklich schon Notizen dazu machte. Seichte, fröhliche Musik aus der nahen Hafenstadt schwebte herüber und vermischte sich mit dem leisen Plätschern der Wellen.
 

Die Moby lag ungewöhnlich still zur Abendstunde, da der größte Teil der Mannschaft auf der - seit ein paar Tagen - angelaufenen Insel auf Landgang war.
 

Die Marine hatte ihnen seit Wochen im Nacken gesessen, diese Bedrohung hatte ihnen allen merklich die Nerven strapaziert und nachdem sie sich nun endlich dem Einfluss der Weltregierung - zumindest für den Moment - hatten entziehen können, hatten Whitebeard und Marco entschieden, dass eine Pause für ihre Crew dringend von Nöten war. Daher lagen sie nun schon eine Weile an dieser kleinen Insel vor Anker.
 

Auch an diesem Abend waren fast alle Nakama ausgeflogen, um sich Zerstreuung und ein bisschen Spaß in dem kleinen, florierenden Hafenstädtchen zu suchen. Piraten waren hier recht willkommen, immerhin spülten sie regelmäßig ordentlich Berry in die Taschen der Bewohner, wenn ihre Insel selbst nicht so viel hergab.
 

Der Phönix war - wie so oft - als ranghöchster Kommandant auf der Moby verblieben, um die Organisation weiter am laufen zu halten und natürlich für Sicherheit zu sorgen, immerhin konnten sie ihr heißgeliebtes Flaggschiff nicht einfach unbeaufsichtigt zurücklassen. Jederzeit konnten sie Neuigkeiten oder einen Notruf von einem alliierten Schiff erhalten, also war es zwingend notwendig, dass jemand die Stellung hielt und an Bord zurück blieb.
 

Diese Aufgabe war verständlicherweise nicht gerade beliebt bei den Kommandanten, denn keiner wollte Wachdienst schieben, wenn es die Möglichkeit gab, sich anderweitig zu vergnügen... und doch stürzte es die Männer nicht selten in einen Gewissenskonflikt, denn eigentlich wollte auch niemand Pops unbeaufsichtigt zurücklassen. Der Kaiser war gewiss alles andere als ein Schwächling, aber in letzter Zeit häuften sich die schlechten Tag merklich neben den wenigen guten.
 

Marco übernahm die unliebsame Aufgabe des Wachdienstes meist immer freiwillig, zur Erleichterung seiner Nakama und deren Beruhigung. Ihm lag eh nicht so viel an Vergnügung und er konnte die angenehme Ruhe an Bord nutzen, um längst liegengebliebene Arbeiten nachzuholen.
 

Meist brachten ihm seine Freunde als Entschädigung immer reichlich Alkohol und diverse Köstlichkeiten von den besuchten Inseln mit, um seinen selbstlosen Einsatz zu honorieren, sodass er seiner Meinung nach ausreichend entschädigt war.
 

Marco eroberte gerade die letzte Stufe, hob gedankenversunken den Blick... und blieb verdutzt mitten in der Bewegung stehen. Dort war jemand vor seiner Kajüte, den er am heutigen Abend bestimmt nicht mehr hier erwartet hatte.
 

Ace stand mit dem Rücken zu ihm, er drückte sich irgendwie unschlüssig auf dem Gang herum, stiefelte von einem Bein aufs andere und kratzte sich mehrfach grüblerisch im Nacken, bis er sich umdrehen und offenbar verschwinden wollte und... dadurch fast in Marco hineinrannte, dessen Brust er plötzlich direkt vor der Nase hatte.
 

»Ace?!«
 

»Oh... eh... hey, Marco«, erwiderte die Feuerfaust mit einem verrutschten, etwas hilflosen Grinsen und hob die Hand zu einem gezwungen lockeren Gruß.
 

Marco kniff die Augen misstrauisch zusammen und sah flüchtig über die Schulter, als erwartete er jeden Moment einen Hinterhalt. Doch außer der Feuerfaust schien niemand sonst hier zu sein. »Yoi, was machst du hier? Ist etwas passiert?«, hakte er alarmiert nach, immerhin wusste er ja, dass der Feuerteufel für Probleme prädestiniert war.
 

»Nö... eigentlich nicht«, erwiderte der junge Kommandant ausweichend und schien nicht so recht zu wissen wohin mit seinen Händen, die er daraufhin tief in seinen Hosentaschen versenkte.
 

»Wolltest du zu mir?«

»Hm...«
 

Marco löste sich aus einer Starre und trat an ihm vorbei, während er seinen Schützling abschätzend ins Auge fasste. »Du bist doch gerade mal vor etwas mehr als einer Stunde mit Thatch und Izou losgezogen. Haben dir die beiden unerträglichen Waschweiber ein Ohr abgekaut oder warum bist du schon wieder zurück?«, wollte er wissen, während er die Tür zu seiner Kajüte aufschob und Ace mit einem knappen, aber auffordernden Neigen des Kopfes zu verstehen gab, dass er eintreten sollte.
 

»Naja... so ähnlich«, antwortete die Feuerfaust ausweichend und schob sich nach einem kaum merklichen Zögern an ihm vorbei in den Raum, wo er unschlüssig stehen blieb und den überladenen Schreibtisch des Vize kritisch maß. »Ich... stör' dich hoffentlich nicht?!«
 

Marco drückte die Tür ins Schloss und erwiderte mit einem kleinen Schmunzeln: »Wahrscheinlich nicht mehr als sonst auch.« Eigentlich hatte er sich für den Abend einen strukturierten Plan zurechtgelegt, aber inzwischen war er ja daran gewöhnt, dass eine gewisse Feuerfaust gern mal alles über den Haufen warf.
 

Außerdem schien den jungen Kommandanten etwas zu beschäftigen und Marco war einfach zu sehr Mentor und Freund, als dass er ihn hätte auf dem Gang stehen lassen können.
 

Ace plusterte die Backen empört auf. »Frechheit! Und dabei wollte ich nett sein und dich nicht so allein hier in deiner Kajüte versauern lassen, während die anderen mächtig einen drauf machen...«
 

»Yoi, versteh' mich nicht falsch, ich bin wirklich gerührt von deiner Selbstlosigkeit, aber warum machst du nicht mit „mächtig einen drauf“?!«, verlangte der Phönix mit hochgezogenen Brauen zu wissen, während er sich mit der Hüfte an seinen Schreibtisch lehnte, die Papiere ablegte und dann nach einer Flasche teurem, sattem Rum griff, von dem er etwas einschenkte. »Du solltest die Zeit nutzen. Du weißt schon, dass es eine Weile dauern kann bis wir wieder mal irgendwo anlegen?!«
 

Ace ergriff den Krug Rum, den Marco ihm reichte und den er etwas zu hastig kippte, sodass ihm die Röte sofort in die sommersprossigen Wangen schoss. »Sicher weiß ich das...«, murrte er patzig.
 

Mit schmollend vorgeschobenen Lippen setzte er sich einfach ungefragt auf Marcos Bett, doch der Phönix ließ es großmütig unkommentiert. »Thatch und Izou haben sich einen Spaß daraus gemacht mir ständig irgendwelche Weiber auf den Hals zu hetzen...«, brummte er angenervt. »Als ob ich nur deswegen an Land gehen würde!«
 

Marco legte den Kopf fragend schief und genehmigte sich selbst etwas aus der Flasche. »Wo liegt das Problem, Streichholz? Magst du keine Frauen?!«
 

»Natürlich mag ich Frauen!«, platzte Ace seltsam pikiert heraus und rettete sich dann in einen erneuten Schluck Rum. Er konnte ja schlecht sagen, dass ihm das ganze Getümmel und die viele Aufmerksamkeit einfach zu viel gewesen waren und er irgendwann nichts weiter gewollt hatte, als die unaufdringliche, ruhige Gesellschaft des Phönix zu genießen.
 

Ace hatte Marco heute ehrlich vermisst - wie die ganzen letzten Abende auch schon. Er mochte all seine Nakama, aber... ohne seinen Mentor waren ihre geselligen Beisammensein einfach nicht das Gleiche.
 

Noch dazu hatten ihn die Mädchen einfach zu sehr bedrängt, waren teilweise lästig aufdringlich gewesen - er hatte gewiss nicht unhöflich sein und Thatch und Izou auch nicht vor den Kopf stoßen wollen, doch der Sinn hatte ihm einfach nicht nach weiblicher Gesellschaft gestanden.
 

Außerdem war er sich selten blöd vorgekommen, da die beiden Kommandanten irgendwann sehr mit sich selbst beschäftigt und in ein intensives Gespräch vertieft gewesen waren, sodass er sich wie das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen vorgekommen war. Sie hatten es bestimmt nicht böse gemeint, aber... er hatte sich allein gefühlt, selbst umringt von Menschen. Daher hatte er sich in einem unbeobachteten Moment einfach abgesetzt und war zur Moby zurückgekehrt.
 

»Aber ich... ach, ich weiß auch nicht...«, holte Ace unzufrieden Luft und schielte in seinen Krug, der völlig überraschend schon leer war. Mit einem wahrlich perfektem Bettelblick hob er diesen seinem Mentor entgegen.
 

Marco seufzte kopfschüttelnd, dann löste er sich von der Tischkante und trat zu Ace hinüber, um sich neben ihn auf das Bett zu setzen. Großzügig schenkte er ihm erneut von seinem Rum ein, bevor er die Flasche dann zwischen seinen Füßen abstellte und sich nach vorn lehnte, um die Ellenbogen auf den Knien abzustützen.
 

Der Phönix wusste inzwischen, dass man Ace nicht drängen durfte, wenn man etwas von ihm erfahren wollte. Er würde sich offenbaren, wenn er bereit dazu war... und Marco respektierte das.
 

Er forderte in der Hinsicht nie zu viel von seinem Schützling und Ace war ihm dafür mehr als dankbar. Die Feuerfaust wusste, selbst wenn er jetzt nichts sagen würde, würde ihm der Phönix das nicht krumm nehmen.
 

Nur bei Marco konnte er manchmal sein Herz ausschütten, nur ihm gegenüber konnte er vollkommen ehrlich sein. Das Vertrauen, das er dem blonden Kommandanten inzwischen entgegen brachte, war tief... ähnlich jenem, dass er in seine Brüder hatte.
 

Ace drehte seinen Krug eine Weile schweigend zwischen den Händen, bevor er mit einem angestrengten Stirnrunzeln meinte: »Ich mag es schon mit Frauen zusammen zu sein... also, zumindest körperlich, aber... ich kann mich bei ihnen nie richtig fallen lassen. Ich kann das eigentlich nie wirklich genießen«, erklärte er dann ungewöhnlich redselig, während er den Fußboden anstarrte.
 

Marco neigte den Kopf und sah Ace von der Seite her an. »Warum nicht? Was hält dich zurück?«
 

Da war er wieder, dieser düstere Schatten – Marco hasste ihn wirklich - der durch Ace' dunkle Augen zog und jene bodenlos finster machte. Der junge Kommandant verzog das Gesicht und presste die Zähne aufeinander, bevor er rau antwortete: »Die Furcht davor, dass eine schwanger werden könnte...«
 

Ace' Blick verlor sich und er wirkte erneut so voller Selbstzweifel und Sorgen, dass Marco sich arg beherrschen musste nicht die Hand auszustrecken, um seine geballte Faust zu umfassen.
 

Er musste sich immer wieder aufs neue ins Gedächtnis rufen, dass dieser junge Mensch so voller Unsicherheit über die eigene Existenz war, denn es war verlockend das zu vergessen, wenn Ace gewöhnlich als die unerschütterliche Feuerfaust auftrat.
 

»Wir sind Piraten, unsere Liebe gilt der See und der Freiheit. Was könnte ich einem Kind schon bieten? Einen Vater, der nie da ist?! Einen, den es nur von Steckbriefen kennt?! Außerdem... mein Name ist verflucht. Du weißt es. Wie könnte ich einem Nachkommen das gleiche, beschissene Schicksal aufbürden?! Ein weiteres Leben in Gol D. Rogers Schatten?! Das wäre doch mehr als unverantwortlich von mir...«
 

»Ace...«
 

»Nein, Marco. Es ist doch die Wahrheit. Ich könnte solch eine Verantwortung niemals tragen. Ich war ja oft schon überfordert damit ein Bruder zu sein, aber ein Vater... nein, ich will das nicht. Ich kann das auch nicht. Allein der Gedanke ist unerträglich. Du Marco, du wärst sicherlich ein prima Vater, aber doch nicht ich...«
 

Der Phönix zuckte fast unmerklich zusammen und wandte den Blick ab, doch Ace hatte den winzigen Funken Schmerz in den blauen Seelenkreisen schon gesehen. Scheiße, hatte er mal wieder unüberlegt ein Fettnäpfchen mitgenommen?! Ihm fiel siedend heiß ein, dass er eigentlich noch immer nichts über Marcos Vergangenheit wusste...
 

Marco holte hörbar Luft und räusperte sich. »Das halte ich für eher unwahrscheinlich...«, erklärte er in seltsam hohler Tonlage.
 

Die Atmosphäre veränderte sich in eine eigenartig angespannte Richtung und das behagte Ace ganz und gar nicht. Man mochte es nicht glauben, doch er besaß recht ausgeprägte Sinne für die Empfindungen anderer und er spürte sofort, dass Marco etwas tief bedrückte... und dass er mit seinen Worten wahrscheinlich etwas aufgewühlt hatte, was der ältere Kommandant wohl lieber vergessen hätte.
 

»Marco... hab' ich... hab' ich irgendwas falsches gesagt?! Wenn ja, dann tut es mir leid... du weißt, ich rede manchmal ohne nachzudenken«, versuchte er die Situation zu retten. Es war seltsam Marco so getroffen zu sehen, ungewohnt, denn sonst war er es ja meist, der Trost und Verständnis bei seinem Mentor suchte.
 

Der Phönix schüttelte den Kopf. »Schon gut, Ace... ist nicht deine Schuld«, wiegelte er ab. »Du kannst es ja nicht wissen...«, fügte er fast so leise an, dass der junge Kommandant es eigentlich kaum verstand.
 

»Aber... du könntest es mir erzählen...«, wagte der mit nervös klopfendem Herzen einen äußerst mutigen Vorstoß. Er wollte nicht aufdringlich wirken, aber er wollte wirklich wissen, was Marco beschäftigte, was ihn bewegte, woran er dachte - er hatte ehrliches Interesse an dem Mann hinter dem blauen Fabelwesen. »Ich kann nicht nur jammern, ich kann auch zuhören, weißt du...?«
 

Ein blasses Lächeln zupfte am Mundwinkel des Vize, als er ihn ansah. »Ich sollte dir den Abend wirklich nicht mit langweiligen, deprimierenden Geschichten verderben, Ace...«, erwiderte er abwehrend, doch eigentlich nicht wirklich nachdrücklich.
 

»Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass es mich wirklich interessiert...?!«
 

Marco bedachte ihn mit einem durch und durch analysierenden Blick, sodass sich Ace ziemlich auf dem Prüfstand vorkam. „Ich bin mir sicher dir wird er es bestimmt freiwillig erzählen“, hallten Thatchs Worte in seinen Ohren nach.
 

Plötzlich war der junge Kommandant sehr nervös. Was, wenn Marco nichts sagen würde, wenn er entscheiden würde, dass er sich ihm nicht offenbaren wollte? Würde das dann nicht bedeuten, dass sein Mentor ihm nicht vertraute, dass ihre Freundschaft nicht... eng genug war?!
 

»Ich erzähle es dir, Ace... wenn du mir versprichst, dass du mir gegenüber nie wieder damit anfängst, von wegen du wärst verflucht oder nichts wert. Ich will nicht, dass du solche Gedanken hast, ganz abgesehen davon, dass es einfach nicht stimmt.«
 

Diese Forderung ließ die Feuerfaust doch schlucken. Eigentlich war es kein großes Ding, was Marco da verlangte, aber für Ace, der diesen selbstvernichtenden Glauben sein gesamtes Leben über verinnerlicht hatte, erschien es doch schwer, diese Forderung zu erfüllen. Allerdings... er würde es wohl hinbekommen sich zumindest gegenüber Marco zusammenreißen zu können.
 

»Okay, ich... werd's versuchen«, versprach er nach einer Weile reiflicher Überlegung. Wenn seinem Mentor daran lag, dass er sich selbst ein bisschen mehr respektierte, dann würde er sich ehrlich anstrengen. Vor allem, da die Aussicht darauf stand, etwas mehr über den kühlen Phönix in Erfahrung bringen zu können.
 

»Na schön...« Marco rieb sich über den Nacken, dann zog er sich die Brille von der Nase und klappte diese bedächtig zusammen. »Ich fang' am besten ganz von vorn an, yoi...«
 


 

Ich wurde auf einer Sommerinsel als erstes Kind in eine bürgerliche Familie geboren.
 

Unsere Insel lebte vom Abbau seltener Erze, welche an umliegende Inseln oder teilweise natürlich auch an die Weltregierung exportiert wurden. Dementsprechend florierte der Handel und unser Reich war recht wohlhabend. Es kam immer mal wieder zu Scharmützeln mit angrenzenden Ländern, doch dafür unterhielt unser König eine eigene Streitmacht.
 

Mein Vater war Soldat in in der königlichen Armee und meine Mutter diente als Haushälterin am Hof des ansässigen Herrschers. Der König war geliebt, volksnah und großzügig, die Menschen verehrten ihn und lebten in Ehrfurcht vor unserem Heimatreich.
 

Leider starb mein Vater kurz vor meinem dritten Lebensjahr bei einem Einsatz. Meine Mutter war lange untröstlich, doch sie heiratete wieder, einen entfernten Bekannten meines Vaters und angesehenen Hauptmann der Armee. Mit ihm zeugte sie noch zwei Söhne, meine jüngeren Brüder.
 

Für mich war es von Anfang an schwer mit diesem Mann zurecht zu kommen. Ich war nicht sein leiblicher Sohn und das ließ er mich auch spüren. Noch dazu war ich in meinen ersten Lebensjahren von recht schwächlicher Konstitution und ständig krank, sodass mein Ziehvater bald daran zweifelte, dass ich mein sechstes Lebensjahr überhaupt erreichen würde, geschweige denn, etwas aus meinem Leben machen konnte. Auch die Ärzte beschieden mir kein langes Leben.
 

Nur meine Mutter glaubte unerschütterlich an mich. Ich war ihr Kind und nie im Leben hätte sie mich aufgegeben, auch wenn es noch so hoffnungslos schien.
 

Aber ich wurde älter.

Ich strafte all die schlechten Omen lügen.

Ich überlebte.
 

Dafür starb meine Mutter als ich gerade elf Jahre alt war und manch einer munkelte, dass ich ihr die Gesundheit geraubt hätte. Mein Ziehvater sprach es nicht offen aus, doch ich konnte spüren, dass er mir die Schuld am Schicksal meiner Mutter gab.
 

Nachdem sich mein körperlicher Zustand mit den Jahren gebessert hatte, arbeitete ich wie besessen an mir und meinen Fähigkeiten, denn das, was andere in vielen Jahren geschafft hatten, musste ich in wenigen bewältigen.
 

Ich lernte mehr, ich trainierte mehr, ich forderte mich, meinen Körper und meinen Geist weit über meine Grenzen hinaus - ich war wild entschlossen zu beweisen, dass kein Fünkchen Hoffnung meiner Mutter in mich verschwendet gewesen war, damit ich ihr Andenken bewahren konnte. Ich wollte ein ebenso ehrenwerter und großer Krieger werden wie mein leiblicher Vater.
 

Keiner glaubte, dass ich das schaffen könnte, meine Halbbrüder und mein Stiefvater belächelten mich nur, doch ich wurde mit fünfzehn Jahren Teil der königlichen Streitmacht und war damit der jüngste Rekrut überhaupt, der jemals aufgenommen wurde.
 

Mir gefiel es bei den Truppen, es war fast wie eine Familie, kameradschaftlich und vertraulich. Ich fühlte mich als Teil von etwas größerem, etwas wertvollem, etwas wichtigem - hier wurde ich ohne Vorurteile angenommen. Aufopferung und Pflichterfüllung waren für mich keine Bürde, sondern eine Bestimmung.
 

Ich war beliebt und noch immer bestrebt, mehr aus mir zu machen, sodass ich nach und nach immer höhere Stellungen erreichte. Doch natürlich war es egal, was ich tat und wie ich mich bewies... meinen Ziehvater konnte ich nicht beeindrucken. Unsere Bindung wurde noch schwieriger, als ich ihn irgendwann im Rang überflügelt hatte.
 

Doch dafür zog ich bald die Aufmerksamkeit des Königs selbst auf mich. Eines Tages kam er persönlich zu mir und bot mir einen Platz in der Phönixgarde, seiner persönlichen Leibwache. Ich fühlte mich unglaublich geehrt und am Ziel meiner Träume. Endlich schien ich einen Platz im Leben gefunden zu haben, auch wenn es mich schmerzte, dass meine Eltern das nicht mehr erleben konnten.
 

Ich diente viele Jahre ergeben und zuverlässig für den König, konnte mir irgendwann ein kleines Haus leisten und heiratete meine Kindheitsfreundin Tarla. Wir kannten uns schon viele Jahre und die Heirat schien der letzte, logische Schritt zu sein. Sie war eine unglaublich freundliche, sittsame Frau und auch wenn unsere Ehe eher aus tiefer Freundschaft und Zuneigung bestand als aus brennender Leidenschaft, so war ich doch zufrieden.
 

Ein paar Jahre später kam eine fremde, junge Frau auf unsere Insel, sie eröffnete einen Laden für Süßigkeiten in der Stadt und ließ sich bei uns nieder. Schnell wurde ihr Geschäft sehr beliebt und das nicht nur wegen der verlockenden Köstlichkeiten, die es dort gab.
 

Die Männer der Stadt, egal ob verheiratet oder nicht, selbst meine Halbbrüder - die inzwischen Händler geworden waren - standen regelmäßig Schlange und jeder Soldat der Armee meldete sich plötzlich sofort für die sonst eher unliebsamen Stadtpatrouillen.
 

Selbst der König und sein Sohn wollten diesen Laden plötzlich besuchen und ich als Leibgarde kam natürlich nicht umhin sie zu begleiten. Ich war neugierig, was diese Frau wohl an sich hatte, dass ihr die Männer so reihenweise erlagen.
 

Ihr Name war Kaley.

Und auch ich war ihr vom ersten Moment an verfallen.
 

Dieses Mädchen versprühte ein Feuer und einen Charme, wie ich es selten erlebt hatte. Ihr Lachen war wie das Aufgehen der Sonne und unglaublich ansteckend, sie war intelligent und witzig, einfach absolut bezaubernd. Ich war völlig fasziniert von ihr. Nie zuvor hatte ich solch eine Frau gesehen.
 

Von diesem Tag an besuchte ich regelmäßig Kaleys Laden. Anfangs kamen wir eher vorsichtig ins Gespräch, doch mit der Zeit wurden unsere Treffen intensiver - wir schliefen nicht miteinander, doch wir unterhielten uns über die Welt, über verrückte Träume und geheime Wünsche.
 

Ich fühlte mich dieser Frau verbunden wie niemals jemand anderem zuvor. Sie schien immer genau zu wissen, was ich dachte und was ich hören wollte, war einfühlsam und nahm mich als der an, der ich war.
 

Bei ihr musste ich mich nicht beweisen, musste keine außergewöhnlichen Leistungen bringen, war nicht der General der Phönixgarde... sondern einfach nur Marco. Das war schrecklich befreiend.
 

Ich liebte meine Frau, aber Kaley war für mich ein riesengroßes Abenteuer, etwas aufregendes und neues, dem ich mich nicht entziehen konnte. Ich beruhigte mich selbst immer wieder mit dem Gedanken, dass wir uns nie körperlich näher gekommen waren und ich damit auch nie untreu war.
 

Eines Tages eröffnete mir meine Frau Tarla freudestrahlend, dass sie schwanger war und ein Kind von mir erwartete. Wir hatten es lange versucht und endlich hatte es geklappt.
 

Ich war überglücklich... und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, denn Kaley war längst nicht mehr nur eine gute Freundin für mich. Ich mochte sie... viel zu sehr. Doch ich hatte mir schon immer ein Kind gewünscht, wollte einen Erben und ein guter Vater sein. Eine eigene, kleine Familie war mir immer als das Ziel meines Lebens erschienen.
 

Ich stellte die Treffen mit Kaley sofort ein und sah sie von jenem Tag an nicht mehr. Natürlich dachte ich noch an sie, doch meine Frau und das ungeborene Leben waren wichtiger. Meine Pflichten lagen woanders.
 

Irgendwann - nach Monaten, in denen wir uns nicht gesehen hatten - erfuhr ich, dass Kaley wohl dem Werben des Prinzen nachgegeben hatte und seine Frau werden würde. Ich nahm diese Nachricht äußerlich gelassen entgegen, doch in mir drin sah es anders aus... ich war verletzt und trauerte etwas hinterher, was ich doch nie besessen hatte.
 

Es sollte eine prunkvolle Hochzeit werden und beinahe das halbe Königreich tummelte sich am Vorabend der Zeremonie im Palast. Es gab ein rauschendes Fest und ich erinnere mich noch wie heute an diesen Tag, an die Gerüche, die Lieder, das Lachen... an das blaue Kleid meiner Frau, unter dem sich bereits der Babybauch abzeichnete.
 

Es war das letzte Mal, dass ich sie lebendig sah... und bis heute hat sich dieses Bild in mein Gedächtnis gebrannt, wie sie da stand in der Menge, mit diesen glücklich funkelnden Augen und dem sanften Lächeln, während sie mich ansah und ihre Hand beschützend über das Leben in ihrem Leib strich...
 

Irgendwann am Abend suchte mich Kaley auf. Ich stand etwas abseits von der feiernden Menge und überwachte die Festlichkeiten, sodass wir ungestört waren. Ich hatte sie lange nicht gesehen und ihr Anblick traf mich erneut wie ein Blitzschlag.
 

Sie war wunderschön an diesem Abend, eine fleischgewordene Göttin, der Inbegriff all meiner geheimen Sehnsüchte. Jeder Mann beneidete den Prinzen um seine Frau, jeder wünschte sich an seine Stelle.
 

Sie sah mich mit ihren großen, unergründlich magischen Augen an und gestand mir unverblümt, dass sie sich in mich verliebt hatte. Sie sagte mir, dass sie mich vom ersten Moment an geliebt und nicht verstanden hätte, warum ich plötzlich von einem Tag auf den anderen nicht mehr zu ihr gekommen war... bis sie mich mit meiner Frau in der Stadt gesehen hätte. Dann wäre es ihr klar gewesen und sie hätte verstanden, dass es für uns keine Zukunft gab und niemals geben konnte.
 

Den Antrag des Prinzen hätte sie eher aus Verzweiflung als aus wahrer Liebe angenommen. Sie hasste es einsam zu sein, stammte aus einfachen Verhältnissen, wollte etwas aus ihrem Leben machen und er versprach eine gute, gesicherte Zukunft. Sie hatte immer den Traum gehabt ein Waisenhaus zu führen und er würde sie diesem Traum ein großes Stück näher bringen.
 

Doch ihr Herz gehörte mir, so sagte sie... und sie bat mich mit ihr zu schlafen. Das erste und einzige Mal, bevor sie einem anderen Mann gehören würde.
 

Ich glaubte ihr. Ich glaubte ihr alles.
 

Der Prinz sollte ihr Mann werden, doch sie wollte mich haben. Diese Frau, die jeder begehrte - meine Brüder, wahrscheinlich sogar der König selbst - wollte mich haben. Vielleicht war ich nie gut genug in den Augen meines Stiefvaters, doch in ihren war ich es.
 

Und obwohl ich wusste, dass es falsch war, fürchterlich falsch, obwohl mir mein Gewissen und meine Vernunft rieten, es nicht zu tun, obwohl ich meine Frau und unser gemeinsames, ungeborenes Kind liebte... ging ich mit ihr.
 

Nur ein einziges Mal in meinem Leben verließ ich meinen Posten, meine Pflicht und meine Ehre - ein einziger Fehler, der alles zerstören sollte. Ich ließ alles hinter mir an was ich glaubte, wofür ich stand und was mir wichtig war... für einen einzigen, gestohlenen Augenblick des absoluten Glücks. Das Risiko erschien lohnenswert. Sie schien es wert zu sein.
 

Wir stahlen uns wie Verbrecher von der Feier, suchten ein unbewohntes Gästezimmer auf, begannen uns wie im Wahn zu küssen, da wir wussten, dass die Zeit knapp bemessen war.
 

Als General der Phönixgarde trug ich nicht nur die Verantwortung für die Königsfamilie, sondern auch für die Stadt und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Mechanismus der Stadttore ließ sich nur mit einem einzigen Schlüssel bedienen... und den trug ich stets um meinen Hals.
 

Ich begriff erst, worauf Kaley es wirklich abgesehen hatte, als sie mir einen Dolch erbarmungslos zwischen die Rippen rammte und mir den Schlüssel vom Hals riss. Ich war so fassungslos, dass ich den Schmerz im ersten Moment gar nicht bemerkte, ich begriff nicht, was passierte, verstand es einfach nicht.
 

Als ich in die Knie brach stand sie vor mir wie eine völlig andere Person, ein Racheengel mit einem wunderschönen Gesicht aus Stein.
 

„Armer Marco... armer, dummer Marco...“ Ihre Worte waren wie Gift, kalt und tödlich.
 

Sie ließ mich zum sterben zurück und öffnete die Tore der Stadt für die Truppen, die bereits auf ihr Signal gewartet hatten. Es war eine Invasion, eine feindliche Übernahme und das fröhliche Fest verwandelte sich binnen von Sekunden in ein Massaker.
 

Niemand hätte so etwas erwartet - das Reich wurde nicht bedroht, man hatte keine offenen Feinde - und meinen Männern fehlte der Anführer. Alle waren in gelöster Stimmung und wurden regelrecht überrumpelt und abgeschlachtet.
 

Die entsetzten Schreie der Bevölkerung drangen an mein Ohr, während ich in meinem eigenen Blut lag und röchelnd mit jedem Atemzug kämpfte. Ich weiß bis heute nicht, woher ich die Kraft nahm, doch ich rappelte mich auf, ich schleppte mich voran, während meine Welt in Blut versank.
 

Mich trieb nur der Gedanke an, dass ich überleben musste... ich musste irgendwie überleben und diesen Wahnsinn beenden, an dem nur ich die Schuld trug.
 

Ich wusste von dieser einen Teufelsfrucht, die im Palast aufbewahrt und wie ein Staatsschatz gehütet wurde. Diese eine Frucht, die allein mich noch retten konnte. Die Teufelskraft des Phönix - ich beanspruchte sie für mich.
 

Meine Wunden heilten und ich überlebte, doch ich sollte einen hohen Preis zahlen. Ein Fabelwesen besitzt seinen eigenen Kopf und auch ein Phönix ist ein Raubtier, dessen Instinkte ausgeprägter und schwerer zu kontrollieren sind als bei anderen Tieren. Die Kraft einer Kryptid-Zoanfrucht zu meistern dauerte normalerweise Jahre, doch ich war verzweifelt und dachte kaum noch wirklich nach.
 

Ich watete durch das Blut meiner Männer und meiner Freunde, als ich den Festplatz betrat, auf dem Kaley schlussendlich den König gestellt hatte. Sie warf ihm Verbrechen vor, nannte ihn einen Mörder und einen Dieb, doch ich hörte kaum zu... mein einziger Gedanke war, dass ich zu spät kam.
 

Zwischen all den Toten auf dem Platz lagen meine Brüder und... meine Frau. Ihre Augen starrten blicklos in den Himmel, aus ihrem Mundwinkel sickerte noch das Blut und ihre Hände waren beschützend über ihren gewölbten Bauch gepresst, als wollte sie das Leben unseres Kindes selbst im Tod festhalten.
 

Die Schuld brach erbarmungslos über mich herein. All die toten und gebrochenen Augen umher schienen mich zu fixieren, sie klagten mich stumm an und verfluchten mich. Ich hatte sie alle auf dem Gewissen, sie alle... selbst ein ungeborenes Leben.
 

Der Phönix übernahm von da an die Kontrolle, genährt durch meine Wut und meine Verzweiflung. Ich war völlig von Sinnen und wütete unter den feindlichen Männern wie im Wahn. Ich verlor mich völlig in Trauer und Schmerz und überließ dem Fabelwesen freiwillig meinen Körper.
 

Als ich wieder zu mir kam war es still. Diese Stille ist etwas, was ich wahrscheinlich nie im Leben wieder vergessen werde - diese Grabesstille, leer und ohne jede Hoffnung. Ich kniete in einem Meer aus Toten und an meinen Händen klebte Blut... so viel Blut...
 

Kaley war meiner Vergeltung entgangen und wollte fliehen. Ich fand sie, als sie sich gerade mit einem Pferd aus dem Staub machen wollte. Sie war blass, wich vor mir wie vor einem Ungeheuer zurück. In ihren Augen stand das Wissen um das Unvermeidliche, aber auch Genugtuung und grimmige Entschlossenheit.
 

Sie hatte das alles von langer Hand geplant. Jedes Wort, jedes Lächeln, jede Geste... alles an ihr war eine Lüge gewesen. Und ich war leichtgläubig auf sie hereingefallen, hatte mich blenden lassen wie ein dummes Kind.
 

Sie erzählte mir mit ihren letzten Atemzügen eine schaurige, traurige Geschichte von ihrem Klan und unserem König, von Verrat und Mord und Rache. Sie bereute nichts und selbst, als ich ihr mein Schwert in die Brust stieß, blickte sie mich aus verbitterten, zornigen Augen an.
 

Ich verließ diese Insel und kehrte nie wieder dahin zurück.
 

Viele Jahre später erfuhr ich die ganze Wahrheit durch die Zeitung... unser König hatte einen frei lebenden Klan Wildmenschen auslöschen lassen, der auf den reichhaltigen Erzvorkommen unserer Insel gelebt hatte und das einzig und allein, weil die Weltregierung immer höhere Abgaben gefordert hatte.
 

Mein Vater musste bei diesem Massaker mitgewirkt haben, das geschah, kurz nachdem ich geboren wurde. Kaley war eine Nachfahrin dieses Klans gewesen, eine Überlebende dieser Ungerechtigkeit und sie hatte bittere Rache genommen.
 

Irgendwann fand mich Pops, verwahrlost und verwildert, ich war mehr Tier als Mensch und mir selbst nichts mehr wert. Doch er schien irgendetwas in mir zu sehen, was ich selbst längst nicht mehr sehen konnte und nahm mich auf - ungeachtet meiner Geschichte und meiner Taten wollte er mir ein Vater sein und mir wieder einen Sinn im Leben schenken.
 

Damals, an jenem Tag, hätte ich eigentlich sterben sollen. Ich hatte alles verloren.

Whitebeard gab mir ein zweites Leben. Und dafür bin ich ihm bis heute unendlich dankbar.
 


 

Nachdem Marco geendet hatte, saßen sie eine ganze Weile schweigend beim sachten Flackern der Öllampe zusammen. Der Phönix tauchte irgendwann aus dem Dickicht seiner Erinnerung wieder auf und schöpfte tief nach Atem. Der erstickende Schmerz war nach all den vielen Jahren nur noch dumpf und schwach, doch die Leere in der Brust blieb, sodass er sich geistesabwesend die Stelle über dem Herzen rieb.
 

Schuld war etwas, was schwer heilte und auch wenn die Geschehnisse weit in der Vergangenheit lagen und er sich damit abgefunden hatte, dass er nichts würde ändern können, so fühlte er sich doch gebrandmarkt für die Ewigkeit. Es gab Dinge, die wurde man niemals im Leben wieder los - sie hingen an einem wie die dürren Hände gieriger Toter, die aus dem Jenseits griffen.
 

»Yoi, nun weißt du es. Nun weißt du alles.«
 

Marcos Blick war für einen Moment seltsam leer und auch wenn er gefasst wirkte, so konnte Ace die Schatten der Vergangenheit doch beinahe sehen, die den Phönix zu umhüllen schienen. Die Maske des starken, unerschütterlichen Vize hatte Risse bekommen und die Feuerfaust konnte dahinter einen Mann erahnen, der kaum so kühl war, wie es auf den ersten Blick wirken mochte.
 

Kein Wunder, dass er ist, wie er ist. Er hat so viel verloren... durch einen einzigen, dummen Fehler. Jetzt kann ich es ein bisschen mehr verstehen, dass er seine Pflichten über alles stellt.
 

Ace knetete die Krempe seines Hutes im Schoß, den er irgendwann abgenommen hatte, um seine Hände zu beschäftigen und senkte betreten den Blick. Marcos Erzählung hatte ihn tief berührt, er wollte seinem Freund gern helfen, ihm tröstende Worte spenden, doch er fühlte sich so unbeholfen in solchen Dingen und hatte schlichtweg Furcht am Ende das Falsche zu tun oder zu sagen. »Marco... ich... ich weiß nicht was ich sagen soll...«, gestand er ehrlich.
 

Aber der ältere Kommandant schien auch keine besonderen Worte zu erwarten. »Du musst nichts sagen, Ace. Das alles ist inzwischen viele Jahre her. Machen wir keinen großen Wirbel darum. Ich möchte nicht, dass du mich deswegen jetzt mit anderen Augen siehst. Ich hab' gelernt damit zu leben. Es ist wie eine alte Wunde, die eben ab und an noch schmerzt.«
 

Der Phönix erhob sich. »Möchtest du noch etwas trinken?«, fragte er mit rauer Stimme, da ihm auffiel, dass er die gesamte Rumflasche im Zuge seines Monologes geleert hatte. Trotzdem fühlte sich seine Kehle kratzig an, lange Reden zu schwingen war einfach nicht seine Art.
 

»Ich... nein, danke...«, räusperte sich Ace kurz, setzte sich seinen Hut wieder auf den Kopf und stand auf. Marco betrachtete ihn abwartend, während der junge Kommandant mit sich zu ringen schien, denn sein Gesicht zeigte einen nachdenklichen Ausdruck. Schlussendlich sah er seinen Mentor fest an und bat ihn eindringlich: »Warte hier. Nicht weglaufen. Ich bin sofort wieder da.«
 

Damit war er verschwunden. Marco hob die Brauen leicht verwundert und starrte seine Kajütentür irritiert an. Er wusste nicht so recht welche Reaktion er nun von Ace erwartet hatte... das wahrscheinlich aber eher weniger. Inzwischen war er es allerdings fast gewohnt, dass der junge Kommandant selten das tat, was man von ihm erwartete.
 

Eigentlich war der Phönix froh, dass Ace kein Drama aus dem Ganzen gemacht hatte - Mitleid war das Letzte, was Marco in irgendeiner Form wollte und was geschehen war, war geschehen. Er hatte längst aufgehört die Vergangenheit zu verfluchen. Ihr Kapitän hatte ihm beigebracht, dass er nach vorn sehen musste. Er hatte eine zweite Chance erhalten und die wollte er um jeden Preis nutzen.
 

Ace hatte seine Geschichte kennen wollen - jetzt kannte er sie und irgendwie fühlte es sich für Marco befreiend an, sich seinem jungen Freund anvertraut zu haben. Er hatte sich lange Jahre aus Gründen der Schuld von allen abgeschottet, aber inzwischen sehnte er sich wieder nach emotionaler Verbundenheit und gerade zwischen Ace und ihm sollte nichts stehen, was ihre Freundschaft in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnte.
 

Es dauerte tatsächlich nicht lange und die Feuerfaust tauchte wieder bei ihm auf. Er blieb in der Tür stehen und sah seinen Mentor auffordernd an. »Marco, komm' mit mir.«
 

Der Phönix zog eine Braue belehrend in die Höhe und erklärte kritisch: »Yoi, Ace, du weißt, ich hab' Wachdienst. Ich kann nicht-«
 

Der junge Kommandant winkte ungeduldig ab und wischte seine Einwände rasch beiseite. »Doch, du kannst! Ich hab' Blamenco gefunden, er schuldet mir noch einen Gefallen, wegen-... ach, ist ja auch egal. Auf jeden Fall übernimmt er deine Schicht und wird Wache schieben. Du musst dir keine Sorgen machen. Also komm' mit, ich will dir etwas zeigen.« Nachdem sich sein Mentor noch immer nicht bewegte, fügte er ein eindringliches »Bitte« an.
 

Marcos Blick fiel auf den Stapel Papiere auf seinem Tisch, auf die aufgeschlagenen Bücher, dann auf Ace, der in der Tür stand und auf ihn wartete, begierig darauf, dass er mitkommen würde. Da war ein Funkeln in den dunklen Augen der Feuerfaust, dem sich der Phönix nicht verwehren konnte... und er drehte der Arbeit den Rücken zu. »Na schön, was willst du mir zeigen?«
 

Manche Dinge liefen nicht weg, doch Momente waren vergänglich und einige Gelegenheiten würden sich im Leben nur einmal bieten - genau diese Verlockung hatte Marco so viele Jahre gefürchtet, doch in Ace' Nähe hatte er keine Angst mehr davor. Die Feuerfaust machte ihm wieder Lust auf das Leben.
 

Das Gesicht des jungen Kommandanten erhellte sich wie die Sonne, er schob sich den Hut mit dem Zeigefinger keck etwas höher und grinste seinen Mentor geheimnisvoll an. »Komm' einfach mit, du wirst schon sehen«, zwinkerte er ihm verschwörerisch zu.
 

Marco mochte Überraschungen wirklich nicht sonderlich, aber er lenkte mit einem ergebenen Seufzen ein. Er fischte das Päckchen Zigaretten aus seinem Hemd und wollte sich gemächlich eine anzünden, doch da hatte jemand offenbar andere Pläne.
 

»Oh nein, vergiss' es!« Ace riss ihm den Glimmstängel energisch aus den Fingern und verkohlte diesen sekundenschnell in der Luft. Dann ergriff er seinen Mentor am Handgelenk und zog ihn beharrlich und eilig hinter sich her.
 

»Mensch, Ace, jetzt mach' ruhig. Was soll die Hektik?!«

»Beeil dich, sonst verpassen wir alles. Und wenn du jetzt noch rauchst, kommst du ja gar nicht mehr aus der Hefe. Deine Konstitution lässt eh schon zu wünschen übrig, alter Mann!«
 

»Ace...«, grollte Marco warnend, was die Feuerfaust verschmitzt grinsen ließ. Zum Glück konnte sein Mentor das nicht sehen, da er ihn noch immer hinter sich herschleifte. Es machte aber auch immer viel zu viel Spaß den Phönix auf die Palme zu bringen!
 

Er war aufgeregt und ein wenig nervös, ob seinem Mentor gefallen würde, was er erst gestern hier entdeckt hatte. Er wollte seinem Freund die düsteren Gedanken nehmen, ihm helfen, den Kopf frei zu bekommen und da war ihm dieser Ort eingefallen, über den er durch Zufall gestolpert war und der ihn völlig begeistert hatte.
 

Vielleicht war er nicht gut mit Worten, aber es gab andere Mittel und Wege, um sich auszudrücken. Vielleicht war ein geteilter Moment manchmal mehr wert als hohle Phrasen.
 

Ace lotste Marco zur Reling der Moby und sprang kurzerhand über diese hinweg auf seinen Striker, der neben dem riesigen Schiff auf dem Wasser trieb und unter dem Aufprall dichte Wogen an Wasser aufspritzen ließ.
 

Auffordernd sah er zu Marco nach oben, der abschätzend zu ihm hinab blickte. »Nun komm schon runter, Marco. Oder hast du etwa Schiss?«, zog er den älteren Kommandanten frech auf und stemmte eine Hand lässig in die Hüfte. »Soll ich der Prinzessin vielleicht eine Leiter auswerfen?!«
 

Marcos Augenlider zuckten bedenklich, doch er beförderte sich zu Ace' Überraschung mit einem Sprung äußerst geschmeidig über die Reling, verwandelte sich im Knistern blauer Flammen in seine halb menschliche Phönixform und landete so wesentlich eleganter und sanfter als die Feuerfaust auf dem Striker.
 

»Ich mag das Ding nicht. Kann ich dir nicht einfach nachfliegen?«, schlug der blonde Vize vor, während er das eigenwillige Fortbewegungsmittel unter seinen Füßen kritisch beäugte und sich die blauen Schwingen wieder in seine Arme zurückwandelten.
 

Er hatte noch nie auf diesem Striker gestanden und verspürte auch jetzt wenig Lust dazu. Neidlos musste er zugeben, dass er Ace bewunderte, der dieses Ding so selbstverständlich und lässig zu lenken vermochte. Ihm waren ein paar dicke Planken wesentlich lieber, die ihn von dem schwächenden Meerwasser trennten, als dieses so zerbrechlich wirkende und nicht gerade vertrauensselige Gefährt.
 

»Nö, kannst du nicht«, war Ace lässige Antwort, bevor er schon seine Füße in Feuer hüllte und den Mechanismus zum Laufen brachte. »Besser, du hältst dich fest!«, meinte er noch mit einem recht hinterhältigen Grinsen, drückte seinen geliebten Hut mit einer Hand auf den Kopf, bevor der Striker auch schon mit rasender Geschwindigkeit unter dem Fauchen der Flammen nach vorn schoss.
 

Marcos Arm schlang sich reflexartig um Ace' Taille und der junge Kommandant schmunzelte amüsiert und recht selbstzufrieden in sich hinein, denn es wäre wohl gelogen, wenn er behaupten würde, dass er es nicht genau auf diese Reaktion abgezielt hatte.
 

Er genoss das elektrisierende Prickeln von Marcos Berührung auf seiner Haut, spürte wieder dieses altbekannte Flattern in seiner Magengegend, was den riskanten, schnellen Ritt auf den Wellen um noch so vieles besser machte.
 

»Yoi, erinnere mich daran, dass ich dir nachher für diese Aktion die Ohren langziehe...«, grollte Marco mit dunkler Stimme nah an seinem Ohr. Ace lachte als Antwort nur wenig eingeschüchtert. Er war viel zu euphorisch durch die adrenalingeladene Geschwindigkeit, durch das Rauschen der Wellen, die spritzende Gischt... durch den harten, warmen Körper, der sich gegen seinen Rücken drückte, dessen Präsenz ihn vereinnahmte und seine Flammen noch höher schlagen ließ.
 

Der Phönix war wie ein Katalysator für sein Feuer, Zunder für seine Glut... in seiner Nähe fühlte es sich immer an, als könnte er alles schaffen und das Unmögliche erreichen. Ace liebte diese irgendwie magische Verbindung ihrer Kräfte.
 

Sie erreichten bald eine zerklüftete Küstenlinie der Insel, an anderen hohen Kliffen sich die Wellen brachen. Ace regulierte das Tempo ein wenig und warf einen Feuerball in die Luft, um sich zu orientieren - er kniff die Augen zusammen und suchte die dunklen Felsen nach einem bestimmten Eingang ab, während sein Feuer einen orangen Schein über dem glänzenden Wasser verteilte.
 

»Ah, da.« Er steuerte den Striker gemächlich an die Felsen heran und lenkte ihn zielsicher durch einen schmalen Spalt zwischen dem Gestein, der gerade so Platz für das wendige, kleine Schiffchen und die beiden Männer darauf bot.
 

Dunkelheit umschloss sie und Ace ließ seine Finger entflammen, um ihnen Licht zu spenden. »Deswegen solltest du nicht fliegen«, erklärte er über die Schulter hinweg zu Marco, der noch immer dicht bei ihm stand. Auch sein Arm lag noch immer um ihn geschlungen, obwohl das bestimmt inzwischen nicht mehr nötig war - doch Ace würde sich ganz bestimmt nicht beschweren. »Du hättest in deiner Vogelform hier niemals durchgepasst und wärst eher abgeschmiert wie eine Bleiente«, grinste er breit.
 

»Bleiente, hm... Du weißt schon, dass ich im Rang immer noch über dir stehe und es da dieses alte, verstaubte Archiv auf der Moby gibt, das dringend mal aufgeräumt und sortiert werden müsste?! Wenn ich mich recht erinnere, bist du ja immer ganz begeistert von solcher Arbeit«, drohte ihm der Phönix trocken und Ace entging das maliziöse, amüsierte Funkeln in dessen blauen Augen nicht.
 

Er blinzelte in gespieltem Unglauben. »Das wäre ja Amtsmissbrauch, Marco. Und so etwas hinterhältiges würdest du doch niemals fertigbringen!«, appellierte er an das Gewissen seines Mentors.
 

»Du hast offensichtlich keine Vorstellung davon, zu was ich alles fähig bin«, raunte ihm Marco mit tiefdunkler Stimme entgegen, bevor er verschmitzt grinste. Obwohl das bestimmt alles andere als zweideutig gemeint gewesen war - immerhin war das hier Marco und nicht Thatch oder Izou - konnte Ace nicht verhindern, dass er unter diesen Worten erschauderte... und das definitiv nicht aus Angst.
 

Zum ersten Mal war er völlig verunsichert in der Nähe des älteren Kommandanten - nicht verängstigt, nur sprachlos durch dessen Präsenz - und brachte keine schnippische, schlagfertige Erwiderung zu Stande. Zu seinem persönlichen Glück erreichten sie endlich das Ziel ihres kleinen Ausfluges, sodass Ace um eine Antwort herumkam.
 

Der schmale Durchlass öffnete sich vor ihnen und verbreiterte sich in eine riesige, gewölbeartige Höhle, in der sicher fast die Moby Platz gefunden hätte. Die Decke der Höhle war geschmückt mit funkelnden Gesteinen und Flechten, die ein sanftes, türkises Licht verströmten.
 

Ace ließ den Striker langsam dahingleiten und löschte die Flammen seiner Hand, da sie nun genug natürliches Licht zur Verfügung hatten. Er ging langsam in die Hocke und streckte beide Hände aus, um seine Firefly-Attacke in abgeschwächter Form über das ruhig daliegende, schwarze Wasser der Grotte auszusenden. Die kleinen Lichter verteilten sich surrend und spiegelten sich tausendfach in der glänzenden Oberfläche, sodass es aussah, als würden sie auf dem Himmelzelt schwimmen.
 

Marco beobachtete ihn schweigend und mit schief gelegtem Kopf und als er gerade fragen wollte, was das Ganze sollte, schüttelte Ace hektisch den Kopf und legte sich den Zeigefinger über die Lippen. Er lehnte sich zu seinem Mentor und wisperte voll gespannter Erwartung: »Warte, du wirst es gleich sehen...«
 

Und tatsächlich begann das Wasser nach einer Weile unruhig zu werden und zu brodeln, als würde etwas großes aus der Tiefe aufsteigen. Die beiden Kommandanten schwankten auf dem in Bewegung gebrachten Striker, als mit einem mal fast gleichzeitig unglaublich viele Tümmler und Delphine durch die Wasseroberfläche brachen und spielerisch schnatternd nach Ace' Lichtern haschten.
 

Die Tiere selbst waren fluoreszierend und das aber nur zu einer bestimmten Tageszeit. Sie schimmerten in allen möglichen Farben des Regenbogens, sodass ein beeindruckendes Farbenspiel durch das Wasser zog und die Höhle förmlich wie ein glänzendes Feuerwerk explosionsartig zum Leuchten brachte. Einige Delphine steuerten neugierig zu Ace' Striker und der konnte nicht widerstehen, die glatten, feuchten Schnauzen zu streicheln, die sich ihm freundlich entgegen drückten.
 

Selbst der ernste Phönix erlag dem Zauber der Tiere offenbar, denn er ging neben Ace in die Hocke und kraulte einem fröhlich schnatternden Tümmler das Kinn, während ein zaghaftes Lächeln seine strengen Züge erhellte.
 

Ace betrachtete seinen Mentor verstohlen von der Seite und es verursachte ihm angenehmes Herzklopfen seinen Freund so entspannt zu sehen - seiner Meinung nach hatte es der Phönix mehr als verdient glücklich zu sein.
 

Er kannte nun Marcos Vergangenheit, doch er konnte ihn dafür nicht verurteilen. Er hatte einen Fehler gemacht - aber sie waren alle nur Menschen und auch wenn die Auswirkungen schrecklich gewesen waren, so empfand Ace es doch als ungerechtfertigt, dass Marco sich allein die Schuld an all diesen schlimmen Ereignissen zusprach.
 

Es gab so viele Schuldige dieser Tragödie... der König dieses Reiches, diese schreckliche Frau, die Marco für ihre Zwecke manipuliert hatte und nicht zu vergessen die Weltregierung, ohne deren absurde Forderungen all das vielleicht nie passiert wäre.
 

Irgendwann lenkte der junge Kommandant den Striker etwas abseits zu einer trockenen, sandigen Stelle der Höhle, wo sie sich beide nah nebeneinander setzten und den leuchtenden Tieren noch eine Weile schweigend zusehen konnten. Ace ließ ab und an immer wieder kleine Flammenkügelchen aufsteigen, in die die Tiere offenbar ganz vernarrt waren.
 

»Du weißt schon, dass das hier ein Ort ist, an den man eigentlich Mädchen bringt, um sie zu verführen...«, erwog Marco irgendwann. »Sollte ich mich geschmeichelt fühlen?«, schmunzelte er amüsiert und nahm heiter das pikierte Zusammenzucken der Feuerfaust wahr. Doch der junge Kommandant fing sich schnell wieder.
 

Ace zog eine Braue in die Höhe und musterte seinen Mentor neben sich betont gründlich, bevor er dreist grinsend meinte: »Naaaa, keine Sorge, du hast definitiv zu viel Landmasse südlich als nördlich der Gürtellinie, um in mein Beuteschema zu passen. Tut mir leid, aber heute wirst du nicht abgeschleppt, Piepmatz.«
 

Beide mussten lachen und Ace war definitiv stolz, dass er seine Schlagfertigkeit wiedergefunden hatte... vor allem, da Marco mit seinen Worten kurzzeitig ein äußerst irritierendes Bild heraufbeschworen hatte, das Aufregung durch seine Adern pulsieren ließ - sie beide, nackt, schwitzend, keuchend und eng umschlungen hier im Sand.
 

Und irgendwie hatte ihn diese Vorstellung bei weitem nicht so sehr abgeschreckt, wie sie es wahrscheinlich sollte. Doch diese Erkenntnis schob Ace ganz schnell beiseite.
 

»Marco...«

»Hm?«

»Danke, dass du es mir erzählt hast.«
 

Marco holte schnaufend Luft. »Yoi, dank' mir nicht, ich hätte es dir wahrscheinlich schon viel früher erzählen sollen, Ace...«
 

Der junge Kommandant schüttelte energisch den Kopf. »Nein, schon in Ordnung. Ich kann verstehen, dass du lieber nicht darüber reden wolltest. Wirklich.« Er wandte sich seinem Mentor zu, doch durchforstete den Sand mit den Fingern und mied unsicher dessen Blick, während er noch mit sich rang.
 

Die folgenden Worte so offen auszusprechen fiel ihm ehrlich nicht einfach, denn damit gewährte er Marco einen unverhohlenen Blick in sein Seelenleben. Er gestand zum ersten Mal einem anderen Menschen neben seinen Brüdern einen Platz in seinem Leben zu, machte sich damit abhängig von ihm.
 

»Marco, ich... also du sollst wissen, dass ich immer für dich da bin. Ich... ich betrachte dich inzwischen als echten Freund, dem ich alles sagen kann, dem ich bedingungslos vertraue und naja... es wäre einfach schön, wenn du das auch in mir sehen könntest«, murmelte die Feuerfaust fast verlegen. In diesem Moment war er wieder mal froh über seinen geliebten Hut, in dessen Schatten er einen Großteil seines Gesichtes verbergen konnte. Man, er war wirklich nicht gut mit Worten...
 

Doch Marco lächelte ihn offen an und schob die Krempe seines Hutes wagemutig nach oben, um ihm in die Augen blicken zu können. »Ace, das tue ich. Das tue ich doch schon längst. Vielleicht hab' ich es noch nie so direkt ausgesprochen, aber natürlich bist du mein Freund. Ich vertraue dir schon längst.«
 

Ace biss sich aufgewühlt auf die Lippe und war froh, dass ihm etwas in den Sinn kam, womit er die emotionale Stimmung durchbrechen konnte, immerhin mussten sie es mit dem peinlichen Gefühlskram ja auch nicht übertreiben. »Sag mal, mir fällt gerade ein... du hast erzählt, das alles wäre Jahre her...«, nachdenklich verengte er die Augen und fixierte seinen Mentor prüfend, »Wie alt bist du eigentlich?«
 

Statt einer direkten Antwort hoben sich Marcos Mundwinkel langsam zu einem süffisanten Grinsen. »Was denkst du denn wie alt ich bin?«
 

Ace kratzte sich ratlos im Nacken, während er die Nase grübelnd kraus zog. »Keine Ahnung... vielleicht vierzig?!«, riet er achselzuckend. Es war offensichtlich, dass Marco älter war als er, aber so recht konnte er den Phönix nie einschätzen. Er schien eigentümlich zeitlos.
 

Marco lachte laut auf, ein dunkler, satter Ton, der Ace ausnehmend gut gefiel. »Du schmeichelst mir, Streichholz, wirklich«, meinte er belustigt, bevor er schmunzelnd offenbarte: »Als ich damals die Teufelsfrucht gegessen habe war ich fünfundvierzig Jahre alt. Und das war vor sechsunddreißig Jahren.«
 

Ace' Hirn brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten, doch dann klappte ihm der Kiefer herunter und er starrte seinen Mentor mit riesigen, ungläubigen Augen an. »Aber... dann wärst du ja-...«
 

»Einundachtzig?!«, half ihm Marco amüsiert auf die Sprünge. »Ja, so ungefähr.«

»Nee, nie im Leben! Du siehst doch nicht älter aus als... keine Ahnung... vierzig eben!«

»Du solltest nicht in gewöhnlichen, menschlichen Maßstäben denken. Ich altere durch meine Teufelskraft wesentlich langsamer.«

»Ja, aber... du bist älter als Pops!«

»Meinst du, ich sollte ihn nicht mehr Vater nennen?! Naja, du hast recht, wenn man es so betrachtet ist es schon irgendwie... komisch. Einigen wir uns einfach darauf, dass wir es niemandem verraten, hm?«

»Darf ich dich dann jetzt immer alter Sack nennen, ohne dass ich gleich das Deck schrubben muss?!«

»Yoi, vergiss' es!«

»Aber du bist alt!«

»Jetzt treib's nicht zu weit, Wunderkerze!«

Das Echo von gegenseitiger Aufopferung

»Also wirklich... ist das hier eine Totenfeier oder eine Versammlung?! Hier herrscht ja eine Stimmung wie auf einer Beerdigung! Jetzt erzählt mir bloß nicht, dass das hier immer so gesittet abläuft, das glaub' ich euch nämlich nicht, gurarararara!«
 

Seit langer Zeit nahm der Kaiser mal wieder an einem Treffen der Kommandanten teil und dementsprechend vorbildlich wollten sich natürlich alle verhalten, um ihrem Vater zu beweisen, dass auch in seiner Abwesenheit alles zu seiner vollsten Zufriedenheit lief. Also hatten sich alle um besonders viel Ordnung und einen akkuraten Ablauf ihres Treffens bemüht.
 

Doch Whitebeard ließ sich nichts vormachen und ganz ehrlich... der Kaiser hatte keine riesige Familie um sich versammelt, damit er in Langeweile umkam. Edward Newgate hatte diesen ganzen verrückten Haufen um sich gescharrt, damit er sich eben niemals einsam fühlen musste und darauf verlassen konnte, dass immer Leben um ihn herrschte.
 

Alle Kommandanten sahen sich beim amüsierten Lachen ihres Vaters schuldbewusst an, bevor eine unsichtbare Last von ihren Schultern abzufallen schien... und dann war der Raum gefüllt mit den üblichen Stichel- und Neckereien, mit regen Diskussionen und Meinungsaustausch, der manchmal - öfters - auch in liebevollen Handgreiflichkeiten ausartete.
 

Und über all dem thronte der mächtige, gütige Pirat und betrachtete seine Kinder mit grenzenloser Zuneigung. Besonders Marco und Ace fielen ihm ins Auge, denn obwohl er jeden einzelnen in seiner Crew liebte, so lagen ihm diese beiden „Sorgenkinder“ und deren Entwicklung und Glück doch ganz besonders am Herzen.
 

Er hatte seinen ältesten Vertrauten und Stellvertreter ganz gewiss nicht ohne Grund auf den hitzigen Jungspund angesetzt - er tat selten etwas ohne triftigen Grund - und auch wenn er zu Anfang seinem ersten Kommandanten damit bewusst sehr viel zusätzliche Arbeit zugemutet hatte, so schien sich das doch jetzt auszuzahlen... und er konnte mit äußerster Zufriedenheit feststellen, dass sein insgeheimer Plan offenbar aufzugehen schien.
 

Die beiden saßen - wie eigentlich immer - nebeneinander, Marco schob sich die Brille höher auf der Nase und blätterte geschäftig durch seine Papiere, während er seinen Bericht über die letzten Beutezüge hielt.
 

Und Ace ging ihm dabei hilfreich zur Hand, indem er ihm zum richtigen Zeitpunkt die passenden Listen und Tabellen zuschob und sogar ungefragt seinen flammenden Finger bereit hielt, als der Phönix geistesabwesend eine Zigarette hervor friemelte und jene zwischen die Lippen klemmte.
 

Ja, die beiden waren ein inzwischen sehr eingespieltes Team, ihre Handgriffe waren gänzlich unbewusst aufeinander abgestimmt und sie schienen sich ohne viele Worte zu verstehen. Diese perfekte Einigkeit hatte der Kaiser schon des öfteren beobachtet, wenn die beiden in den frühen Morgenstunden allein an Deck trainierten.
 

Ihre Bewegungen glichen dann fast einem Tanz, wo auf einen Schritt immer der nächste folgen musste - eine beispiellose Harmonie ihrer Teufelskräfte, die die beiden miteinander verband und Whitebeard konnte sich für diesen cleveren Schachzug nur immer wieder selbst auf die Schulter klopfen.
 

Er hatte es gewusst - Ace' Feuer bereicherte seine Mannschaft und brachte eine unbeschreibliche Leidenschaft in seine Truppe... und vor allem in seinen kühlen, kontrollierten ersten Kommandanten, bei dem es zwingend nötig war, ihm das Leben und dessen Freuden wieder näher zu bringen.
 

Doch mit dem folgenden Vorfall hatte dann selbst der weitgereiste, alteingesessene Pirat nicht gerechnet...
 

Ace lehnte sich zu Marco hinüber - als Vista gerade eine sehr gestenreiche Ausführung seines Berichtes ablegte - und zeigte seinem Mentor irgendetwas auf einem Stück Papier, vermutlich eine Zeichnung, die er zuvor mit viel Enthusiasmus angefertigt hatte. Marco schluckte und räusperte sich vernehmlich, seine Mundwinkel zuckten verräterisch und er bekam deutlich mehr Gesichtsfarbe, als er offenbar mühsam ein Lachen zurückhielt.
 

Doch er scheiterte kläglich, als Ace hinterhältig nachsetzte und ihm grinsend etwas zuflüsterte, während er verstohlen auf Vista zeigte... und aus Marco brach es heraus wie eine unaufhaltbare Lawine. Er prustete so laut los, dass sich alle Köpfe ruckartig zu ihm umwandten und Vista seinen Bericht abbrechen musste, da er eh jegliche Aufmerksamkeit verloren hatte.
 

Alle sahen jetzt Marco entgeistert an, der hochrot mit seiner Fassung rang, während er sich die Faust gegen die Lippen drückte und sich irgendwie zu beruhigen versuchte... doch je mehr er es unterdrücken wollte, desto schlimmer schien es zu werden. Der Phönix wurde regelrecht von seinem Lachkrampf geschüttelt, sodass selbst seine Augen anfingen zu tränen.
 

Das tiefe, satte Lachen des Phönix nahm den ganzen Raum ein... und Ace saß bis über beide Ohren grinsend neben ihm und wirkte ziemlich selbstzufrieden über den Kontrollverlust seines Mentors, während alle anderen Kommandanten fast schon schockiert aussahen.
 

»Kann mich mal jemand kneifen... ich glaub's sonst nicht...«

»Jetzt ist es soweit... jetzt dreht er durch...«

»Ist das ein Lachen?! Ich hab's von ihm nämlich noch nie gehört, deswegen frag' ich...«

»Das ist irgendwie gruselig...«

»Okay, wenn die Weltregierung morgen noch erklärt, dass alle Piraten rechtschaffene Bürger sind, dann weiß ich ganz sicher, dass wir alle dem Untergang geweiht sind...«
 

Da der Phönix offenbar nicht in der Lage schien sich zu beruhigen, griff sich Ace kurzerhand dessen Papiere und führte die Versammlung ohne weitere Zwischenfälle recht souverän zu Ende, auch wenn die Aufmerksamkeit merklich gelitten hatte, denn... mal ehrlich, wer hatte den kühlen, sonst immer so ernsthaften Kommandant der ersten Division jemals so lachen gehört?!
 

Irgendwie schielten alle den Rest ihres Treffens über zu Marco in der hoffnungsvollen Erwartung, dass sich das eben Geschehene wiederholen könnte. Zumindest würde der Vorfall in den nächsten Tagen bestimmt noch für genug Gesprächsstoff sorgen.
 

»Ace... du bleibst mal noch hier«, verlangte Whitebeard, nachdem sich die Versammlung aufgelöst hatte und die meisten der Kommandanten bereits gegangen waren.
 

Auweia. Die Feuerfaust erstarrte mitten in der Bewegung gerade schwungvoll aus der Tür spazieren zu wollen und kreiselte auf dem Stiefelabsatz zögerlich wieder herum. Er zog schon den Kopf zwischen die Schultern und setzte sein bestes, strahlenstes Lächeln auf, um das folgende Donnerwetter etwas abzumildern.
 

Marco warf ihm noch einen kurzen Blick zu, der gleichauf mitleidig wie schadenfroh war - so was bekam auch nur dieser elende Phönix hin! - dann zog er die Tür hinter sich zu und ließ seinen Schützling allein in der eingebrockten Suppe baden.
 

Garantiert wollte Pops ihn für sein Verhalten die Leviten lesen! Er hätte sich diesen Scherz über Vista vielleicht echt verbeißen sollen... oder hatte Whitebeard eine seiner älteren Missetaten herausgefunden?! Vielleicht dieses klitzekleine Missgeschick mit den Headstone-Piraten...
 

»Mein Junge, sag'... was hast du mit Marco gemacht?«, verlangte der Kaiser mit strenger Stimme zu wissen und tippte abwartend auf die Lehne seines Stuhles, während er Ace ergründend fixierte.
 

Der schluckte nervös und kratzte sich dann etwas ratlos die Nase. »Mit Marco?! Eh... nichts?! Also... zumindest nichts bewusst...«, versuchte er das Thema vorsichtig zu umschiffen, aber entschuldigen konnte ja erst mal nie falsch sein. »Pops, es tut mir leid...-«
 

»Ace, weißt du, wann ich Marco das letzte Mal so lachen gehört habe?«, unterbrach ihn Whitebeard mit einer rügen Handbewegung und als der Feuerbändiger recht verwirrt den Mund zuklappte und den Kopf schüttelte, setzte er nach: »Noch nie, Ace. Noch nie.«
 

Die Feuerfaust blinzelte aus dem Konzept gebracht. Der junge Kommandant versuchte zu verstehen, was ihm der mächtige Pirat damit sagen wollte, denn eigentlich hatte er eine Rüge erwartet, vielleicht auf Grund seines Verhaltens oder einer alten Schandtat.
 

Stattdessen lächelte ihn der alte Pirat jetzt gütig an. »Ich hab' Marco noch nie so fröhlich und gelöst erlebt. Ihr scheint gut miteinander auszukommen?!«
 

»Ähm... ja, ich... denk' schon«, stimmte Ace etwas verunsichert zu, denn so recht wusste er nicht, worauf der Kaiser hinaus wollte. Der winkte ihn heran und der junge Kommandant trat folgsam näher. Wieder einmal fiel ihm auf wie imposant dieser Pirat wirkte... und das lag nicht nur an seiner überragenden Größe.
 

Whitebeard schaffte es allein mit seiner Präsenz Ehrfurcht zu erzeugen. Und mit diesem freundlichen, väterlichen Gesicht, in dessen Augen Stolz und Liebe für all seine Kinder leuchtete.
 

»Es gibt etwas, was Marco schon lange braucht. Einen Freund. Jemand, der ihn unterstützt. Und es freut mich, dass er in dir offenbar einen solchen gefunden hat. Du tust ihm gut. Er scheint dich wirklich gern zu haben«, erklärte ihm der alte Pirat mit einem zufriedenen Schmunzeln.
 

Ace konnte nicht verhindern, dass er unter dieser ungewohnten Ehrlichkeit leicht errötete. Er rieb sich verlegen den Nacken und senkte den Blick auf seine Stiefelspitzen. »Ja... naja, ich... hoffe es. Ich... mag ihn auch ganz gern...«, murmelte er schwächlich.
 

Die Wahrheit zu ahnen war eine Sache, sie so offen ausgesprochen zu hören eine ganz andere... und trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ein warmes Kribbeln durch seinen Magen zog. Er scheint dich wirklich gern zu haben.
 

Whitebeard schien zu spüren, dass Ace solch freundliche Worte schnell zu viel wurden, deswegen fuhr er unbeirrt fort: »Marco lastete sich immer viel zu viel auf. Er ist so grundehrlich und pflichtbewusst, dass er sich oft selbst vergisst. Er kann etwas Hilfe gut gebrauchen, vor allem, wenn ich irgendwann mal nicht mehr...-«
 

Ace' Kopf ruckte erschrocken nach oben. »Sag' so was nicht, Pops...« Er wollte es sich nicht vorstellen, dass sein Vater sie in absehbarer Zeit verlassen könnte. Er liebte diesen alten Mann, der ihn so vorurteilsfrei aufgenommen hatte... mit der ganzen Tiefe seines Herzens, zu der er - das Teufelskind - imstande war.
 

Whitebeard lachte grollend. »Das Sterben gehört zum Leben wie der Tod. Und irgendwann werde ich sterben, das ist unvermeidlich. Ich möchte nur sicher sein, dass es meinen Kindern dann an nichts fehlen wird, wenn ich nicht mehr bin. Und gerade Marco... er würde wahrscheinlich nie um Hilfe bitten, so ist er einfach nicht, aber er kann nicht immer alles allein stemmen. Er wird dich dann brauchen, Ace.«
 

Der junge Kommandant straffte sich und sah seinen Kapitän versichernd an. »Ich werde für ihn da sein, Vater. Das verspreche ich dir.«
 

Eine große Hand legte sich auf seine Schulter und Ace durchflutete das kaum gekannte Gefühl von väterlicher Zuneigung, von in ihn gesetzter Hoffnung und Stolz. »Danke, mein Sohn. Und nun geh', bevor du nichts mehr vom Abendessen abbekommst, gurararara!«
 

Ace war daraufhin natürlich ganz schnell in die Kantine gesprintet, doch das Gespräch mit dem Kaiser ließ ihn auch während der Mahlzeit nicht wirklich los... vor allem, da Marco mal wieder weit und breit nicht zu sehen war. Der wird doch nicht schon wieder das Essen verpassen? Dieser Dummkopf verlässt sich immer viel zu sehr auf seine Teufelskraft...
 

Schnell schob sich die Feuerfaust noch eine gewaltige Ladung Fleisch in die Backen, was die Nakama an seinem Tisch verwundert die Augen aufreißen ließ, dann lud er einen Teller bis zum Bersten mit allerlei Köstlichkeiten voll - völlig ausblendend, dass Marco niemals so viel aß wie er - und machte sich auf den Weg zu seinem Mentor.
 

Inzwischen war das schon zu einem kleinen Ritual zwischen ihnen geworden, dass er dem älteren Kommandanten ab und an das Essen brachte, weil der das in seinem Übereifer wieder mal völlig vergessen hatte.
 

»Hey, Mar-...«, Ace brach mitten im Wort ab, als er in die Kajüte des Phönix stürmte und völlig perplex stehen blieb, den Teller mit dem Essen noch in der Hand.
 

Die Feuerfaust blinzelte irritiert. Sein Mentor saß tatsächlich an seinem Schreibtisch und war über seiner Arbeit eingeschlafen. Sein Kopf ruhte auf seinem Arm, die andere Hand war mitten in der Bewegung erstarrt. Die Feder hielt der Phönix noch in der Hand, sachte tropfte die Tinte herab und hinterließ einen schimmernden, sich träge ausbreitenden Fleck auf dem Pergament.
 

Ace schob die Tür leise hinter sich zu, dann stellte er den Teller vorsichtig ab und näherte sich seinem Freund auf Zehenspitzen, um bloß keine der alten, verräterischen Dielen zu einem Knarzen zu animieren.
 

Marco musste sich wieder einmal völlig überfordert haben... er schlief so schon kaum und wenn er nun auch noch über seiner Arbeit weg pennte, musste er wirklich erschöpft sein.
 

Der junge Kommandant schnappte sich die - wenig benutzte - Decke von Marcos Bett und breitete diese rücksichtsvoll über den breiten, sich unter sachten Atemzügen hebenden, Schultern des Phönix aus, bevor er die gefährlich nah stehende Kerze zwischen Daumen und Zeigefinger löschte. Eine Öllampe verbreitete immerhin noch genug Licht.
 

Dann zog er die Feder vorsichtig aus Marcos Fingern und legte sie sorgfältig beiseite, bevor er den Tintenfleck mit altem Pergament abdeckte und trocknete.
 

Er gab sich einer Fürsorglichkeit hin, die er zuletzt bei Ruffy verspürt hatte, auch wenn man den kleinen Wirbelwind wohl kaum mit einem gestandenen Mann wie Marco vergleichen konnte. Doch das Gespräch mit Pops hatte ihm wieder mehr als klar gemacht, dass auch Marco ein Mensch war, dass er andere brauchte, dass er - trotz seiner Teufelskraft - verletzlich war.
 

Ace musste schlucken, als er den schlafenden Phönix so verstohlen betrachtete und er streckte die Hand aus, berührte mit dem Zeigefinger eine verirrte, blonde Strähne und wagte es doch nicht, diese aus dem Gesicht des älteren Kommandanten zu streichen. Unverrichteter Dinge zog er seine Finger zurück.
 

„Er scheint dich wirklich gern zu haben.“
 

Seine Gefühle für Marco waren... verwirrend. Anders konnte er es nicht beschreiben. Marco war sein Bruder, der große Bruder, den er nie hatte, aber da war auch mehr. Der blonde Kommandant bildete ziemlich häufig einen ganz wesentlichen Bestandteil seiner Gedanken, öfter, als es wahrscheinlich selbst für Freunde angebracht oder nötig gewesen wäre.
 

Und da gab es dieses unglaublich warme, wohlige Ziehen in seinem Bauch, wenn Marco ihn ansah, wenn der Phönix lächelte... ganz anders, als es bei seinen restlichen Nakama der Fall war.
 

Eigentlich hätte er es nicht erwartet, dass ihm ein anderer Mensch doch wieder so viel bedeuten könnte. Nach Sabo und Ruffy war er der festen Überzeugung gewesen, dass sein Pensum erschöpft und ihm niemals wieder jemand so nah kommen könnte wie seine beiden Brüder.
 

Irgendwie hatte er sich auch davor gefürchtet - denn Vertrauen beinhaltete doch auch immer die Gefahr von Enttäuschung - genauso wie er noch immer die Einsamkeit fürchtete, die Vorstellung, allein und vergessen sterben zu müssen, wie sonst nichts in seinem Leben.
 

Er hatte seine Spade - Piraten gemocht, er war ihr Kapitän gewesen, ihr Gefährte... aber schlussendlich nicht ihr Freund. Wenn man auf der Grandline vorwärts kommen wollte, dann konnte man sich keine Freunde leisten... so hatte er es zumindest lange Zeit geglaubt.
 

Bis er auf Whitebeard und diesen verrückten Haufen hier getroffen war... und auf Marco.
 

Tja und dann waren sie dahin gewesen, die guten Vorsätze...
 

Ace schnaubte leise über seine eigenen, merkwürdig tiefgreifenden Gedanken, bevor er sich doch über Marco beugte und ihm mit unendlicher Vorsicht die verrutschte Brille sanft vom Gesicht zog. Der Phönix kräuselte die Nase leicht im Schlaf und auf Ace' Lippen stahl sich ein warmes Lächeln, als er die Brille ordentlich zusammenklappte und auf Marcos Schreibtisch beiseite legte.
 

Genau wie für Ruffy würde er für Marco eigentlich so ziemlich alles tun... wozu dann wohl auch wirklich verhasste Listenpflege und Schreibarbeit gehörte.
 

Na los, Portgas D. Ace, dann mal ran an die Kartoffeln, versuchte er sich selbst zu motivieren, als er den Papierstapel sanft unter Marcos Gesicht hervorzog, wodurch der Phönix ein seichtes Grummeln von sich gab, glücklicherweise aber nicht aufwachte.
 

Der junge Kommandant hatte kurz den Atem angehalten, doch als Marco seelenruhig weiterschlief, atmete er erleichtert auf und blätterte die Papiere flüchtig durch. Oh man, Kacke, ich versteh' nicht mal die Hälfte von dem Zeug hier..., stellte er - sich hilflos die Nase kratzend - fest, doch er wäre ja wohl kaum die Feuerfaust, wenn er sich vor unlösbaren Aufgaben drücken würde!
 

Also schnappte er sich die Lampe und Marcos Feder und Tintenfass, machte es sich auf dem Fußboden so bequem wie eben irgendwie möglich, indem er sich an das Tischbein im Rücken lehnte und arbeitete sich die halbe Nacht durch die ewig langen Listen und Tabellen.
 

Als Marco am nächsten Morgen überraschend erfrischt aufwachte, fand er einen erschöpft schnarchenden Ace zu seinen Füßen, der am Tischbein lehnte und von lauter Papieren lose umringt war. Der Phönix sammelte das Chaos stirnrunzelnd ein, ohne seinen Schützling zu wecken und stellte mit Verblüffen fest, dass die Arbeit vom Vorabend erledigt war... zwar hier und da etwas laienhaft, doch durchgängig zufriedenstellend.
 

Er bedachte Ace mit einem anerkennenden Schmunzeln, bevor er den jungen Kommandanten sanft in sein Bett bugsierte, damit der fleißige Kerl zumindest noch ein paar Stunden entspannten Schlaf genießen konnte, bevor sie ein neuer Tag auf der Moby Dick begrüßen würde.
 


 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 


 


 

Marco schloss die Tür des Bades hinter sich, warf sich ein Handtuch um die nackten Schultern - das Gemeinschaftsbad befand sich auf ihrem Deck, war jedoch zentral gelegen, sodass gerade die Kommandanten der ersten und zweiten Division den weitesten Weg hatten - dann schlenderte er ohne Eile zu seiner Kajüte zurück, während er noch im Gehen den Verschluss seiner Hose locker schloss.
 

Es war relativ spät an diesem Tag und viele der Kabinentüren, an denen er vorbei kam, waren bereits geschlossen und seichtes Schnarchen drang hier und da durch das Holz. Marco war gewiss nicht prüde, aber in der Regel suchte er erst in der Nacht das Bad auf, wenn die meisten seiner Nakama schon schliefen, um die wenigen ungestörten Minuten des Tages für sich selbst genießen zu können. Das hatte sich bei ihm schon zu einem kleinen Ritual eingespielt.
 

Er trocknete sich die noch feuchten Haare mit seinem Handtuch, während er gedankenverloren um die Ecke in den Gang seiner Kajüte bog... und verwundert auf Izou blickte, der stocksteif im Flur stand, die zitternden Hände gegen die blutleeren Lippen presste und so bleich war wie der kunstvolle Kimono, den er trug.
 

Der Kommandant der Sechzehnten sah aus, als hätte er ein Gespenst gesehen, sämtliche Farbe war aus seinem eh schon vornehm blassen Gesicht gewichen und als er Marcos Schritte hörte, sah er jenem entgegen, die Augen groß und dunkel vor Furcht.
 

Offenbar war er bereits am Schlafen oder zumindest auf dem Weg dahin gewesen, denn die Haare hingen ihm völlig untypisch wirr ins Gesicht und verliehen seinem schreckhaften, desolaten Aussehen noch mehr Wirkung.
 

»Was ist los?«, sprach Marco den anderen zögerlich an. »Izou... Was. Ist. Los?!«, wiederholte er deutlicher, da der andere Kommandant ihn gar nicht wirklich wahrzunehmen schien und überhaupt nicht reagierte.
 

Je näher Marco dem anderen kam, desto deutlicher wurde der stechende Geruch nach Rauch, der in der Luft lag. Ein unbehagliches Gefühl ballte sich in Marcos Bauch zusammen.
 

Satt einer direkten Antwort deutete Izou mit einem zitternden Finger auf Ace' Tür, scheinbar unfähig, auch nur ein vernünftiges Wort rauszubekommen. Seine Augen hasteten ruhelos umher, er schien völlig neben sich zu stehen. »Ich... ich wollte nur kurz... ich hab' Rauch gerochen... ich wollte nachsehen...«
 

Mit einem Fluch schob Marco den anderen Kommandanten beiseite und riss Ace' Kabinentür - die nur angelehnt war - auf, die schlimmsten Horrorszenarien schon im Kopf. Doch was er schlussendlich zu sehen bekam schlug noch seine wildesten Erwartungen...
 

Das Bild, dass sich ihm bot, war mit Abstand das Schrecklichkeit, was der Phönix je gesehen hatte... und wahrlich, er hatte schon viel gesehen. Doch das... diesen Anblick würde er wahrscheinlich nie wieder vergessen können...
 

Ace war in seinem Bett, scheinbar wach und irgendwie auch nicht - er saß aufrecht in einem Meer aus lautlosen Flammen, die um ihn in die Höhe schlugen. Der junge Mann schien von innen heraus zu verbrennen, seine Teufelskraft wütete unkontrolliert, hatte bereits das Bettzeug in Brand gesteckt.
 

Seine dunklen Augen waren voller Entsetzen weit aufgerissen und doch schien er nichts zu sehen, sein Mund war zu einem lautlosen Schrei geöffnet und feurige Tränen brannten schwärende Spuren in die helle Haut seiner sommersprossigen Wangen. Die Arme hingen leblos an ihm herab, allein sein heftig arbeitender Brustkorb vermittelte die Bestätigung, dass er zumindest noch lebte.
 

Ace saß einfach da, völlig erstarrt, wie ein grausiges Stillleben auf Leinwand gebannt, nicht einmal das Feuer gab einen Laut von sich und wenn der beißende Rauch nicht gewesen wäre, hätte sich der Phönix wohl ernsthaft fragen müssen, ob er das Ganze nicht träumte... wobei ihm ein Traum in diesem Moment wesentlich lieber gewesen wäre.
 

Ein eiskalter Schauer durchlief Marcos Körper und ihm wurde regelrecht übel vor Sorge, als er in das Gesicht der Feuerfaust blickte... er hatte noch nie zuvor so viel Grauen und Angst in den Zügen seines jungen Freundes gesehen, solch grausige Verzweiflung, als hätte man ihm das Elend der ganzen Welt aufgebürdet.
 

»Oh Gott... Marco... hilf ihm... mach, dass das aufhört... hilf ihm...«, riss ihn Izous erstickte Stimme aus der fassungslosen Starre. Der andere Kommandant hatte sich halb in den Raum geschoben und die zittrigen Hände um Marcos Oberarm geklammert. Izous Finger waren genauso kalt wie jenes Gefühl, dass nach seinem Herzen griff. »Das ist furchtbar...«
 

Der Phönix hörte eine Tür sich öffnen und eine murmelnde, verschlafene Stimme, die nach der Herkunft des brenzligen Geruches fragte. Eine weitere Tür wurde geöffnet und Marco brauchte nicht viel, um sich auszumalen, dass das gesamte Deck bald auf den Beinen sein würde.
 

Er reagierte rein instinktiv und eilte zu Ace hinüber, hockte sich auf das Bett vor ihn, ungeachtet der wütenden Flammen, immerhin war er eh der Einzige, der sich ihm in diesem Zustand würde nähern können. Er musste jetzt rational und schnell handeln, um das Schlimmste zu verhindern... auch wenn ihm Rationalität in diesem Augenblick fast unmöglich erschien.
 

Er hatte verdammte Angst um das Wohl des jungen Kommandanten... nicht nur körperlich, vor allem seelisch. Wer wusste schon, was für Schreckensbilder die Feuerfaust gerade durchlitt?!
 

»Mach' die Tür zu, yoi«, zischte er befehlend, während er Ace an den glühend heißen Oberarmen ergriff und das stechende Brennen in den Handflächen ignorierte. Sofort schossen seine Phönixflammen in die Höhe und umhüllten ihn aus Selbstschutz.
 

»Was ist mit ihm? Marco, was hat er... ?«, stammelte der Kommandant der Sechzehnten hilflos, während er weiterhin geschockt in der Tür stand, offenbar unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
 

Trampelnde Schritte wurden draußen auf dem Gang laut und kamen näher. Stimmen schwollen an.
 

»Mach' endlich die verdammte Tür zu, Izou!«, brüllte Marco seinen Befehl nun unkontrolliert. Er konnte die Situationen, in denen er die Fassung verloren hatte, wahrscheinlich an einer Hand abzählen... doch jetzt brachte er einfach nicht die Geduld auf, sich dem anderen Mann gegenüber vernünftig zu verhalten.
 

Niemand durfte Ace in diesem Zustand sehen, niemand durfte ihn so... hilflos erleben. Marco wusste nur zu gut um den Stolz seines Schützlings und es würde Ace vermutlich mental das Genick brechen, wenn unter seinen Männern die Runde machen sollte, dass ihr Kommandant unter so schrecklichen Alpträumen litt, dass er sogar die Kontrolle über seine Teufelskraft verlor.
 

Das konnte seine Autorität untergraben und im schlimmsten Fall hätte man Angst vor ihm - beides würde dem jungen Feuerbändiger ungut zusetzen. Und Marco als Mentor stand die Pflicht zu, seinen Freund davor zu schützen.
 

Sein ungewöhnlicher Wutausbruch brachte Izou dazu aus seiner Starre zu erwachen. Endlich besann er sich offenbar seiner Stellung und seines Ranges, denn er trat nach draußen und schloss die Tür hinter sich - Marco konnte nur hoffen, dass er die Wogen geschickt glätten und die anderen beruhigen würde - während er seinen Griff um Ace' Oberarme verstärkte und eindringlich den Blick des jungen Mannes suchte.
 

Die lautlos lodernden Flammen schlugen ihm wütend ins Gesicht, doch Ace sah weiterhin durch ihn hindurch. Seine Pupillen waren abnormal, fast gespenstisch geweitet und schienen Dinge wahr zu nehmen, die den jungen Kommandanten bis ins Mark erschütterten. Unaufhörlich quollen heiße Tränen aus seinen Augenwinkel und verbrannten seine blassen Wangen, was Marco so nah ging, dass er selbst hart schlucken und um seine Fassung ringen musste.
 

Dieser Moment erinnerte ihn erschreckend an jene Situation vor ein paar Wochen, als Ace bei diesen elenden Kopfgeldjägern die Kontrolle verloren hatte. Dort war er in einen genauso tranceartigen Zustand gefallen, war völlig weggetreten gewesen, sodass Marco da schon Mühe gehabt hatte zu ihm durchzudringen, doch diesmal schien es noch viel schlimmer zu sein...
 

Er kniete sich näher zu Ace auf das Bett, umgriff dessen Gesicht und versuchte irgendeine Verbindung zu seinem Schützling herzustellen. »Ace... Ace, komm' schon, Kleiner... komm' zu dir...«
 

Marco zwang seine Flammen sich gegen das Feuer des jungen Kommandanten zu stemmen und dieses damit Stück für Stück zurückzudrängen - er hatte so etwas noch nie getan, die Kraft des Phönix noch nie so genutzt, doch jetzt erschien es ihm instinktiv richtig, um die lodernde Verzweiflung um Ace einzudämmen und dessen Flammen daran zu hindern sich weiter auszubreiten.
 

»Ace...«, raunte er abermals beschwörend, während ihm der Schweiß inzwischen unaufhörlich von den Schläfen tropfte und seine Kehle in der heißen Luft immer und immer wieder verbrannte.
 

Seine eigenen Flammen loderten versöhnlich über die schlimm verbrannten Stellen seines Körpers, heilten sein Fleisch, nur das jenes sofort wieder in der Gluthitze verletzt wurde. Der Schmerz war furchtbar, aber Marco blendete ihn starrsinnig aus... Ace litt seelisch, was waren dagegen schon körperliche Schmerzen?!
 

Für dich ist es tausendmal schlimmer deinen Freund leiden zu sehen als zu sterben, nicht wahr, dummer alter Mann?!, stichelte eine diebische, leider viel zu wissende Stimme in seinen Gedanken.
 

Trotzig widersetzte er sich der brachialen Naturgewalt, der Teufelskraft der Feuerfaust, dessen Flammen fast nach ihm und seinem Feuer zu tasten schienen, als wollten sie sein Wesen erkunden und seine Absichten erfahren.
 

Marco strich vorsichtig, mit ungeahnter Zärtlichkeit über die blassen, feuchten und verbrannten Wangen seines Freundes, während er beruhigende Worte raunte und seine Teufelskraft einen schützenden Kokon um sie beide formen ließ, in dessen Zentrum sich die verschiedenfarbigen Flammen wie alte Bekannte umtanzten.
 

Marco lehnte die Stirn gegen das kochend heiße Gegenstück des jungen Kommandanten, er wusste kaum noch, was er von sich gab, doch er redete immer weiter beschwörend auf Ace ein, versuchte ihn mit seiner rauen, tiefen Stimme und seiner Anwesenheit zu beruhigen.
 

Plötzlich schien ein Ruck durch Ace zu gehen und seine Lippen bewegten sich hastig und zitternd. »Ich bin allein... alle sind weg... ich bin allein... allein... allein... allein...«, wisperte er so erstickt, dass Marco Mühe hatte, die wie im Wahn gesprochenen - einem fiebrigen Mantra gleichen - Worte zu verstehen, die Ace immer und immer wiederholte. Er schien noch immer nicht wirklich wach zu sein, eher irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit zu schweben.
 

Die Tränen rollten unaufhörlich aus seinen angstgeweiteten Augen, die inzwischen schon rot umrändert waren und einen krassen Gegensatz zu dem bleichen Gesicht seines Schützlings bildeten, auf dem die dunklen Sommersprossen ungesund deutlich hervorstachen.
 

Ace wirkte in diesem Moment so schrecklich verloren und so viel jünger, als er eigentlich war, dass Marcos starker Beschützerinstinkt komplett darauf reagierte und er sich gegen seine Reaktion kaum wehren konnte - er zog Ace in seine Arme, barg dessen tränennasses Gesicht in seiner Halsbeuge und strich ihm beruhigend durch die wirren, dunklen Haare und über die angespannt zitternden Muskeln seines Rückens.
 

»Du bist nicht allein, hörst du?! Wir sind alle für dich da. Ich bin da, Ace. Niemand lässt dich allein. Niemals.«
 

Marco war mehr als bewusst, dass die Feuerfaust in wachem Zustand solch eine Behandlung niemals geduldet hätte... Ace hätte sich niemals freiwillig so schutzsuchend in seine Arme geflüchtet, dafür war er einfach zu stolz, doch jetzt - gefangen zwischen Vergangenheit und Traum - ließ er es zu und das lang ungehörte Kind in Ace' Brust verzehrte sich spürbar nach Geborgenheit und Zuneigung.
 

Und plötzlich, als hätte man einen Schalter umgelegt... erlosch Ace' Teufelskraft. Seine Augen rollten sich in die Höhlen zurück, bevor seine Lider nach unten klappten und er kraftlos in Marcos Armen zusammensackte.
 

Der tastete sofort panisch nach dem Puls der Feuerfaust und schloss dann erleichtert für einen Moment die Augen. Der Herzschlag klopfte zwar heftig gegen Marcos Finger, doch das war wesentlich besser als die Alternative. Ace lebte und das war alles, was zählte.
 

Ohne groß zu überlegen griff er unter Ace Kniekehlen und hob den jungen Mann auf seine Arme. Der war in diesem Moment ungewöhnlich leicht für seine muskulöse Statur... vielleicht verlieh die Sorge dem Phönix aber auch bisher unausgeschöpfte Kräfte, denn normalerweise hatte selbst der gut trainierte Vize Mühe seinen kräftigen Schützling so ohne weiteres zu stemmen.
 

Ace' Gesicht bekam wieder ein bisschen Farbe, die wunden Spuren auf seinen Wangen verblassten langsam und der Atem, der warm gegen Marcos Hals prallte, beruhigte sich nach und nach auf ein weniger beängstigendes Niveau.
 

Marco stapfte zur Tür hinüber und klopfte mit der Spitze seiner Sandale dumpf gegen das Holz, in der Hoffnung, dass Izou noch draußen wäre. Und tatsächlich, der Kommandant der Sechzehnten öffnete langsam die Tür und sah sie beide unsicher an.
 

Zu Marcos grenzenloser Erleichterung war niemand weiter auf dem Gang, also musste Izou ganze Arbeit geleistet und alle neugierigen und besorgten Nakama abgewimmelt haben. Der Kommandant der Sechzehnten beugte sich jetzt schrecklich besorgt über Ace und tastete dessen glühendes Gesicht mit den schlanken Fingern ab, um sich von der Unversehrtheit der Feuerfaust zu überzeugen. »Oh Himmel, Marco... was war das? Ich habe so was noch nie gesehen... geht es ihm gut? Soll ich den Arzt holen?!«
 

»Nein, das ist nicht nötig. Ace würde nicht wollen, dass wir einen solchen Wirbel veranstalten. Ich glaube, er hatte nur einen sehr intensiven Alptraum. Er wird sich erholen, er braucht nur Ruhe. Ich werde ihn mit in meine Kajüte nehmen«, erklärte er entschlossen, gar keinen Widerspruch zulassend und umgriff Ace ein bisschen fester, als könnte Izou auf die dumme Idee kommen, dem Phönix seinen Schützling streitig zu machen. »Er sollte heute Nacht nicht allein bleiben.«
 

»Oh... ja, natürlich, du hast recht...«, erwiderte Izou ein bisschen hilflos und ließ die Hände sinken. »Und ich soll wirklich nicht... also ich könnte auch bei Ace bleiben, du hast doch sicher noch viel Arbeit...-«
 

»Nein, schon gut, Izou«, wiegelte Marco sofort ab, vielleicht ein bisschen zu beflissen. »Du weißt doch, dass ich eh kaum schlafe. Ich kann arbeiten und gleichzeitig auf ihn aufpassen.«
 

Dieser Logik hatte dann wohl auch der Kommandant der Sechzehnten nichts entgegen zu setzen und er wandte sich mit einem schweren Seufzen schlussendlich ab, auch wenn Marco ihm an der Nasenspitze ansehen konnte, dass er nicht wirklich zufrieden mit dem Ausgang war. Seiner Meinung nach hätte man Ace auf die Krankenstation bringen und ordentlich durchchecken sollen... doch Marco wusste einfach viel zu gut, wie sein Schützling zu derlei unnötiger Bemutterung stand.
 

»Yoi, Izou, wenn du etwas tun willst, dann kannst du Ace' Bett in Ordnung bringen. Sein Bettzeug ist völlig hin und es ist besser, wenn wir ihm nicht erklären müssen, wie das passiert ist...«
 

»Hm, ja, ich kümmere mich darum«, versprach der andere Kommandant sofort.
 

Nachdem Izou gegangen war, schob Marco seine eigene Kajütentür umständlich mit dem Ellenbogen auf und verschloss jene wieder mit dem Fuß. Dann ging er sofort zu seinem Bett hinüber und legte Ace dort sanft ab, bevor er ihm das Laken leicht über den nackten Körper breitete - er wusste zwar, dass Ace eher selten fror, doch er trug nur seine Shorts und der Phönix erinnerte sich schaudernd, wie sehr der junge Mann vorhin gezittert hatte...
 

Er wusste es nicht mit Sicherheit, was dieses Martyrium der Feuerfaust ausgelöst hatte... doch er konnte es sich so ungefähr vorstellen.
 

Sie hatten heute auf einer Insel an einem halb zerfallenen Haus einen alten Steckbrief von Roger gefunden - das Gesicht des Piraten war durch wütende Schmierereien und Messerschnitte verschandelt gewesen und wenig erbauliche Worte hatten das alte Pergament geschmückt, Worte, die hasserfüllt und abartig gewesen waren.
 

Ace hatte den Steckbrief gesehen.
 

Natürlich hatte er sich nichts anmerken lassen, war einfach weitergegangen, als ob es das Normalste der Welt wäre solche Abscheu gegen den eigenen Vater - Erzeuger, wie Ace ihn meist nur nannte - zu ertragen. Es hatte gewirkt, als hätte es ihn eigentlich wirklich nicht weiter berührt... doch sein Unterbewusstsein musste anderer Meinung gewesen sein.
 

Noch dazu stand Ace' zwanzigster Geburtstag fast vor der Tür und Marco konnte nur vermuten, dass all diese heiklen Komponenten zu einem heftigen Alptraum geführt und ein altes Trauma wieder ausgegraben hatten.
 

Ein leises Seufzen unterbrach den Phönix in seinen Überlegungen, denn Ace schien wach zu werden. Träge blinzelnd öffnete er die Augen und versuchte sich zu orientieren, sich aufzusetzen, doch seine zitternden Muskeln hielten ihn kaum, sodass er sich sofort schnaufend wieder zurück in das Kissen sinken ließ.
 

»Argh... Kacke verdammte...«, nuschelte er mit kratziger Stimme und fixierte seinen Mentor mit erschöpften Augen. »Was zum Teufel ist passiert?! Ich fühle mich, als hätte mich irgendwas in der Größe der Moby überrollt...«
 

Marco war sofort an seiner Seite und setzte sich auf die Bettkante neben seinen Freund. »Du hattest einen heftigen Alptraum, yoi... kannst du dich an gar nichts erinnern?!«
 

Die Brauen des jungen Kommandanten zogen sich flüchtig fast gequält zusammen, dann jedoch schüttelte er den Kopf. »Nee, keine Ahnung, ich weiß nur noch, dass ich ins Bett gegangen bin...« Er befeuchtete sich die ausgetrockneten Lippen mit der nicht weniger rauen Zunge »Durst...«, teilte er sich knapp und bittend mit.
 

Der Phönix griff nach einer Karaffe mit Wasser auf seinem Schreibtisch und goss etwas ein, dann half er Ace sich etwas aufzusetzen, damit der hastig trinken konnte. Der Feuerfaust war es sichtlich unangenehm, dass er so auf die Hilfe eines anderen angewiesen war - Schwäche war noch immer etwas, womit er schlecht klar kam - doch er ließ Marco gewähren, war eigentlich froh über dessen Gesellschaft, den der Phönix war eh der Einzige, den er in diesem Zustand überhaupt neben sich duldete.
 

»Danke...«, krächzte Ace heiser, nachdem er sich wieder zurücksinken ließ. Seine Hände glitten zu seinen Schläfen und sein Gesicht verzerrte sich schmerzerfüllt. Auch wenn er inzwischen wieder mehr Farbe in den Wangen hatte, wirkte er alles andere als frisch und munter... die geröteten Augenringe sprachen Bände.
 

»Hast du Kopfschmerzen?«, fragte Marco unnötigerweise, denn die schmerzglänzenden, wässrigen Augen des jungen Kommandanten verrieten ihn sowieso.
 

»Geht schon...«, murmelte der nur verbissen und versuchte sich erneut in eine sitzende Position zu erheben.
 

»Bleib liegen«, mahnte Marco den Feuerbändiger an und drückte ihn mit der Hand auf der Brust erneut auf das Bett hinab. Ace wollte sich natürlich wehren, doch der schwächliche Widerstand bereitete dem Phönix kaum Mühe. »Du musst dich ausruhen«, erklärte er ihm klar und direkt.
 

»Ich geh' wieder rüber... das ist dein Bett...«, widersprach Ace starrsinnig und versuchte schon wieder sein Heil in der Flucht zu suchen, obwohl seine Muskeln kaum in der Lage schienen ihn zu tragen. Er biss die Zähne verkrampft aufeinander und atmete stockend, da sich sein Kopf anfühlte, als würde er gleich platzen wollen.
 

Eigentlich wollte er nichts mehr als einfach hier liegen zu bleiben, aber... das ganze verdammte Bett, einfach alles hier roch nach Marco und in seinem derzeitigen, schwächlichen Zustand verwirrte ihn die Nähe des älteren Kommandanten über alle Maßen, vor allem diese aufkeimende Sehnsucht, das Gesicht und den schmerzenden Kopf einfach nur in dem duftenden Kissen zu vergraben.
 

Es war einfach besser Abstand zwischen den Phönix und sich zu bringen... Ace wollte sich gar nicht ausmalen, in welchem Zustand Marco ihn heute schon wieder nach seinem Alptraum gefunden hatte, was eh die Frage aufwarf, warum er jetzt hier im Bett des Vize lag.
 

»Ich brauch's ja wohl gerade nicht, yoi«, wischte der Phönix diesen albernen Einspruch einfach beiseite. In dem jungen Feuerbändiger schienen mal wieder sein unvergleichlicher Stolz und das tief vergrabene Bedürfnis nach Nähe miteinander im Zwist zu liegen.
 

Kurzerhand begab sich Marco einfach zum Kopfende des Bettes, schob sich auf die weiche Matratze, sodass er hinter Ace kniete und dessen Kopf auf seinen Oberschenkeln betten konnte.
 

Ace' Augen rollten sich irritiert nach oben, als er seinen Mentor zu fixieren versuchte, der so über ihm thronte, was wohl nur eine neuerliche Welle Schmerz zur Folge hatte, denn er zischte durch die zusammengebissenen Zähne. »Was... was wird das...?!«, fragte er rau, Unsicherheit ließ seine dunklen Augen flackern und doch... der Phönix sah diesen einen Funken darin, diese Sehnsucht, sich fallen lassen zu können. Und mehr brauchte es für ihn nicht.
 

»Entspann' dich... vertrau' mir«, antwortete der Phönix nur ruhig, dann setzte er die Finger sanft an den Schläfen seines Schützlings an, bewegte jene in weichen, kreisenden Bahnen über dessen Stirn und zurück, um die angespannten Muskeln und Nerven zu entlasten. Er hatte diese Technik vor vielen Jahren einmal erlernt, da seine... Frau oft unter heftigen Migräneanfällen gelitten hatte, vor allem, nachdem sie schwanger geworden war...
 

Bis heute hatte er dieses heilende Wissen nie wieder angewendet, sicher auch aus Angst, dass vergrabene Erinnerungen wieder aufleben könnten. Doch für Ace schien es wert, über diesen Schatten zu springen.
 

Der junge Kommandant entspannte sich fast schlagartig unter seinen Händen und sackte brav in das Bett zurück, während Marcos Fingerspitzen nun auch durch das dunkle Haar seines Freundes glitten und dessen Kopfhaut einer wohltuenden, schmerzlindernden Massage unterzogen, in die er geschickt die Kräfte und die sanfte Aura des Phönix mit einwob.
 

Marcos Lippen überzog ein feines Lächeln, als Ace wohl eher ungewollt ein wohliger, bald seufzender Laut entwich und er nicht verhindern konnte, dass ihm genießerisch die Lider zu flatterten. »Hmmm... das... tut gut...«, erkannte er zögerlich an, während die Erschöpfung ihren Tribut forderte.
 

»Ich weiß...«, erwiderte Marco mit einem weichen Schmunzeln. Er ging ziemlich in seiner Behandlung auf, vor allem, da das Gesicht des jungen Kommandanten nach und nach immer gelöster wurde und einiges an Farbe zurückgewann - für den Phönix war es einfach ein schönes Gefühl, einem anderen helfen zu können... vor allem, wenn dieser jemand Ace war.
 

Er genoss es unheimlich, wenn sich Ace ihm so vertrauensvoll hingab. Jeder kleine Augenblick fühlte sich wie ein riesiger Sieg an, vor allem, da die Feuerfaust beinahe genießerisch schnurrte und dann über den eigenen, ungewollten Laut seicht rot wurde und sich missmutig auf die Lippe biss.
 

»Gibt es eigentlich auch irgendwas... was du nicht kannst...?!«, muffelte er leicht spöttisch, offenbar eigentümlich verstimmt darüber, dass er schon wieder etwas gefunden hatte, was dieser Vogel perfekt beherrschte. Es war aber auch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass diese großen, starken Hände auch noch so sanft sein konnten...
 

Anscheinend mich von dir fernhalten..., war Marcos erster Gedanke, doch den sprach er natürlich nicht aus.
 

Er lachte leise, während er seine Bemühungen noch verstärkte und seine Fingerspitzen träge und sanft Ace' Nacken hinabgleiten ließ - der junge Kommandant erschauerte unter seinen Händen und wahrscheinlich hätte das dem Phönix gar nicht so sehr gefallen sollen. »Ich fürchte, ich bin ein ganz schlechter Koch, yoi«, gab er amüsiert zu.
 

»'s besser so...«, murmelte der Feuerbändiger schläfrig, fast schon nicht mehr zu verstehen. »Müsste man... sonst ja... noch aufpassen... dass man... sich nicht... in dich...-«
 

»Ace...?!« Marco hatte gar nicht bemerkt, dass er sich bei jedem der immer leiser werdenden Worte näher zu seinem Freund hinabgebeugt hatte, fast begierig zu erfahren, was der da hatte sagen wollte... doch das letzte, entscheidende Wort verhallte in einem tiefen, entspannten Atemzug, bevor die Feuerfaust in einen ruhigen Schlaf glitt und leise zu schnarchen begann.
 

Der Phönix schloss die Augen und schüttelte über seine eigenen, wirren Gedanken den Kopf. Was hatte er sich denn erhofft zu hören?! Du machst dich selbst lächerlich, hör' auf damit, bevor es noch zu spät ist...
 

Er setzte seine beruhigende Massage noch eine Weile fort, bis er ganz sicher war, dass der junge Kommandant entspannt schlief, dann rutschte er umsichtig zurück und bettete Ace' Kopf vorsichtig auf dem Kissen, bevor er sich erhob und sich wieder seiner Arbeit zuwandte, um zumindest den Anschein zu wahren, dass seine Gedanken nicht gänzlich woanders waren.

Das Echo von unaufhaltsamer Anziehung

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Echo von missverständlichen Signalen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Echo von unerwarteten Begebenheiten und intimen Eingeständnissen 1|2

»Ich hab' mal gehört, dass Piraten mit der Länge ihres Fernrohres gerne gewisse Missstände kompensieren«, zog Ace den Phönix heiter auf, der ein goldenes, edel aussehendes Fernglas auseinanderzog und an sein rechtes Auge hob. Mit breitem Grinsen saß der junge Kommandant neben seinem Freund auf der Reling und biss geräuschvoll und genüsslich in einen Apfel, während er den Blonden interessiert beobachtete.
 

Marcos Mundwinkel zuckte leicht verräterisch, während ihn die Aussage selbst sonst wenig zu verunsichern schien. Seine Aufmerksamkeit lag ruhig auf der Insel vor ihnen, die von leichtem Nebel umschlossen ihr heutiges Ziel bildete. »Tatsächlich, yoi!? Sag du mir, hab' ich das wirklich nötig?«, raunte Marco amüsiert mit einem kurzen Seitenblick zu seinem Nakama.
 

»Hmmm...«, Ace tippte sich gespielt nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe. Sein prüfender Blick wanderte ziemlich ausführlich von Kopf bis Fuß über seinen Freund, bis der schlussendlich ungeniert am Schritt des älteren Kommandanten hängen blieben... wie gleichauf wohl auch seine Gedanken, denn die dunklen Augen des Feuerteufels umwölkten sich mit Verlangen. »Nö, eigentlich nicht«, schlussfolgerte er dann mit tieferer Stimme und verschmitztem Grinsen.
 

Marco hob nun doch kritisch eine Augenbraue, doch Schalk glänzte in seinen blauen Augen. »Eigentlich?!«
 

Ace' Antwort war ein lässiges Schulterzucken und er lehnte sich etwas zu dem Phönix hinüber. »Naja, ich glaub' ich kann mich nicht so genau erinnern... vielleicht möchtest du mein Gedächtnis mit ein bisschen praktischer Übung wieder auffrischen?!«, schlug die Feuerfaust anzüglich vor und schenkte seinem Mentor dabei einen unschlagbar intensiven Blick unter der Hutkrempe hervor.
 

Marco hätte sicher gern etwas erwidert - auch wenn er sich erst mal räuspern musste, da sich Ace seiner Wirkung auf den älteren Kommandanten leider viel zu bewusst war - doch in diesem Moment trat Thatch an ihren Aussichtspunkt und grüßte sie heiter.
 

Der Kommandant der Vierten entfaltete ebenfalls ein Fernrohr, das noch um einige Zentimeter länger war als von Marco, wodurch der Phönix und Ace sich gleichzeitig anblickten und dann in prustendes Gelächter ausbrachen, was Thatch nur verwirrt die Stirn runzeln und seine Nakama fragend ansehen ließ.
 

»Hab' ich irgendwas nicht mitbekommen...?«, schmollte Thatch wegen des vermuteten Witzes auf seine Kosten und blickte kontrollierend an sich herab. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sich irgendjemand einen Scherz mit seinem weißen Anzug erlaubt hätte...
 

»Schon gut, es ging nicht um dich«, wiegelte Ace mit einem eiligen Handwedeln ab und rettete sich vor einem erneuten Kichern, indem er sich die Rest seines Apfels rasch in die Backen schob.
 

»Ace hat mir nur eben eine ziemlich... amüsante Piratenlegende erzählt«, beschwichtigte Marco Thatchs Misstrauen mit einem verhaltenen Schmunzeln. »Er hat auf seinen Reisen gar komische Sachen aufgeschnappt, yoi...«, meinte er leichthin und sein offener Blick kreuzte erneut den des jungen Kommandanten.
 

Eigentlich war es fast verwunderlich, dass Thatch die mehr als greifbare Spannung zwischen ihnen nicht bemerkte, denn für Marco schienen förmlich die Funken zu fliegen und die Temperatur merklich zu steigen. Vor allem, da Ace seinen Augen und dem eindeutigen Ausdruck darin unbeirrbar stand hielt, während er sich den klebrigen Fruchtsaft seines Apfels provokativ langsam von den Fingern leckte.
 

Fast fühlte sich der Phönix genötigt sich selbst auf die Schulter zu klopfen, dass er so viel Selbstbeherrschung besaß und nicht sofort über Ace herfiel, denn die dunklen Augen des Feuerteufels sprach wahrlich intensiv von ihren vielen, lustvollen Treffen der letzten Zeit. Beide verfluchten sie in diesem Moment wohl den Umstand, dass sie nicht mit der Moby unterwegs waren und auf den Luxus einer eigenen, ungestörten Kajüte seit zwei Tagen verzichten mussten.
 

Dementsprechend gab es wenig Gelegenheiten sich nahe zu sein und obwohl sich Marco eigentlich für einen beherrschten und kontrollierten Mann gehalten hatte, belehrte ihn eine gewisse Feuerfaust seit ein paar Wochen definitiv eines besseren - er war Ace mit Haut und Haaren verfallen, genauso wie er es befürchtet hatte.
 

So heftig hatte der Phönix in seinem ganzen Leben noch nie nach einem anderen Menschen verlangt. Nicht einmal nach Kaley war er so verrückt gewesen wie nach dem Flammenwerfer und nur seiner jahrelang geschulten Disziplin war es wohl zu verdanken, dass sie nicht schon längst aufgeflogen waren.
 

Denn Ace hatte gewiss weniger Bedenken, wenn es darum ging sein Verlangen zu stillen und wenn es nur ein flüchtig gestohlener Kuss irgendwo auf einem Gang in einem riskanten, unbeobachteten Moment war. Auch wenn es stets seine gesamte Stärke kostete, der Phönix hatte dem jungen Kommandanten so manches mal Einhalt gebieten müssen, wenn dessen Hände sich selbstständig gemacht und Marco an Stellen berührt hatten, die weder unverfänglich noch unschuldig waren.
 

Marco schämte sich gewiss nicht für diese Richtung, in welche sich ihre Freundschaft seit Ace' Geburtstag entwickelt hatte, aber es gab Dinge, die gehörten einfach nicht in ihren Alltag. Was sie hinter verschlossenen Türen taten war ihnen überlassen, doch ihre erste Pflicht und ihre ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte vor allem ihrem Vater und ihrer Crew.
 

»Irgendetwas verdächtiges entdeckt?« Jozu war zu ihnen getreten, gefolgt von Izou, der sich auf die Reling lehnte und gemächlich an seiner langen, eleganten Pfeife paffte. Der Kommandant der Dritten nahm Thatch das angebotene Fernrohr ab und warf ebenfalls einen prüfenden Blick auf das Eiland vor ihnen.
 

Die Insel gehörte einem ihrer neueren Alliierten, sie war der Hauptsitz von Doma und seiner Crew, mit dem sie sich hatten eigentlich vor zwei Tagen treffen wollen. Doch niemand war zum vereinbarten Zeitpunkt aufgetaucht und auch jegliche Versuche, ihre Verbündeten per Teleschnecke zu kontaktieren, waren fehlgeschlagen.
 

Doma hatte sich Whitebeard unterworfen und war einer seiner treuesten und verlässlichsten Alliierten geworden, nachdem Ace ihn und seine Bande vor einiger Zeit bezwungen und der Pirat daraufhin die Stärke und Größe des Kaisers anerkannt hatte.
 

Marco schob sein Fernglas wieder zusammen und meinte kritisch: »Bisher nicht, was allerdings nicht bedeutet, dass alles in Ordnung ist. Es passt nicht zu Doma, dass er ein vereinbartes Treffen einfach so ohne Erklärung oder einen Stellvertreter zu schicken ausfallen lässt. Das ist nicht seine Art.«
 

»Hm, du hast recht, der Kerl ist die Loyalität in Person, seitdem Ace ihm in den Arsch getreten hat. Fast noch schlimmer als du«, pflichtete Izou dem Phönix bei und blies eine Rauchwolke als kunstvollen Ring in die Luft. »Wir sollten nachsehen, was da los ist und wahrscheinlich vorsichtig sein. Die Sache gefällt mir nicht...«
 

Jozu brummte zustimmend. »Riecht verdächtig nach einer Falle. Es ist kein großes Geheimnis, dass wir mit unseren Verbündeten engen Kontakt pflegen und stets nach dem Rechten sehen. Jemand könnte auf die Idee gekommen sein das auszunutzen...«
 

»Jemand wird dafür bezahlen, sollte das so sein«, knurrte Ace angriffslustig und erste Flammen züngelten wagemutig über seine nackten, trainierten Arme. »Wenn Pops' Name keine Ehrfurcht mehr hervorruft, dann sollten wir das schleunigst ändern!«
 

»Da hat der Junge nicht ganz unrecht«, meinte Rakuyou mit finsterem Blick, der nun ebenfalls zu ihnen gestoßen war. Die Vorstellung, dass man ihrem Vater nicht mit gebührendem Respekt begegnen könnte gefiel hier niemandem und dem Kommandant der siebten Division wohl am allerwenigsten, denn seine Nichten befanden sich auf Domas Insel.
 

Rakuyous Schwester unterhielt Beziehungen zu den Revolutionären und das war offenbar durch eine undichte Stelle bekannt geworden, sodass sie die Mädchen zu ihrem Onkel geschickt hatte, um sie zu schützen. Sie sollten eine Weile auf Domas Insel untertauchen, bis sich die Wogen geglättet hatten.
 

»Ja, Ace hat recht, allerdings sollten wir uns nicht dazu hinreißen lassen voreilige Schlüsse zu ziehen...«, Marco gab den bereitstehenden Männern einen Wink, dass sie das Schiff näher an die Insel heranbringen sollten. »Sehen wir uns erst mal um. Vielleicht gibt es eine plausible Erklärung für alles, yoi.«
 

»Auf die Erklärung bin ich jetzt schon gespannt...«, meinte Thatch mit hochgezogenen Augenbrauen und kassierte daraufhin einen unsanften Rippenstoß von Izou. »Was denn?! Du glaubst doch auch nicht wirklich, dass denen nur die Teleschnecken weggelaufen sind?!«, empörte sich der Kommandant der Vierten pikiert.
 

»Was ich glaube ist nicht von Belang. Ich hoffe einfach, dass sich unsere Befürchtungen nicht bewahrheiten«, erklärte Izou ruhig. »Mir wäre es lieber wir irren uns, als das wir in diesem Fall recht behalten und unsere Verbündeten in diesem Augenblick in Gefahr schweben.«
 

Sie hatten sich mit einem kleineren Schiff von ihrer Hauptflotte abgesetzt, um den merkwürdigen Umständen um Domas Verschwinden auf den Grund zu gehen. Dieses steuerte nun gemächlich den kleinen Hafen der Insel an und konnte dort auch ohne große Aufmerksamkeit anlegen.
 

Die Bucht blieb menschenleer. Niemand tauchte auf, um sie willkommen zu heißen oder nach dem rechten zu sehen. Vielleicht hatten sie kein Empfangskomitee erwartet, doch zumindest irgendeine Reaktion und das diese ausblieb, war bedenklich. Ihre Flagge war gehisst und hätte schon von weitem erkannt werden müssen, da der Nebel nicht sonderlich dicht war.
 

Izou blieb mit einigen Nakama an Bord zurück, um ihr Schiff zu bewachen und ihren Rückzug zu decken, so sie schnell würden verschwinden müssen. Die restlichen Kommandanten machten sich mit ein paar Männern auf zu Domas Dorf, dass unweit des Hafens, aber etwas versteckter im Wald lag.
 

Auch auf dem ausgetretenem Waldweg dahin begegneten sie keiner Menschenseele, doch der Nebel schien immer dichter und dicker zu werden, sodass jegliche Geräusche gedämpft wurden. Ab und an flatterte ein Vogel kreischend in die Höhe, doch sonst blieb es ruhig, viel zu ruhig für diese kleine Insel, die sonst von Leben erfüllt war.
 

»Unheimlich...«, wisperte einer ihrer Männer neben Ace und der junge Kommandant kam nicht umhin dem beizupflichten, wenn auch eher im stillen, um die Moral nicht zu drücken. Obwohl Doma und er sich einst als Kontrahenten gegenübergestanden hatten, waren sie inzwischen gute Bekannte, die einander recht schätzten und der Feuerbändiger hoffte wirklich, dass es den Piraten und Rakuyous Nichten gut ging.
 

Der lässige Kommandant der Siebten mochte oftmals wirken als brachte ihn wenig aus der Ruhe, doch Ace war sich sicher, dass er es sich nicht verzeihen würde, wenn er seine Familie in Gefahr gebracht hätte und ihre Alliierten womöglich noch mit dazu. Man konnte wohl nur mutmaßen, was die Weltregierung alles bereit wäre zu tun, um ihre Feinde zu dezimieren...
 

Nicht all zu lang und sie erreichten die überschaubare Ortschaft, indem sie aus dem Dickicht des Waldes traten und damit zwischen den ersten Häusern des Dorfes standen. Hier war der Nebel unheimlich zäh und hing in dicken Schwaden in den Straßen. Doch ansonsten war alles wie ausgestorben, niemand war zu sehen und kein Geräusch ließ darauf schließen, dass hier überhaupt jemand war.
 

Dunkle Fensternischen starrten ihnen wie leere Augenhöhlen entgegen, jede Silhouette wurde durch den Nebel unheimlich verhüllt und gaukelte dem Auge gar sonderliche Dinge vor.
 

»Wie eine Geisterstadt...«, urteilte Jozu und Ace prallte von Marcos Arm zurück, der ihn in der ungeduldigen Vorwärtsbewegung aufhielt und sich prüfend umsah. Dann gab er schweigsam das Zeichen, dass sie sich in zwei Gruppen aufteilen und den Ort von beiden Seiten betreten sollten.
 

Der Nebel schien immer dichter zu werden je weiter sie vordrangen und ab und an bildete sich Ace sogar ein, Gesichter in den weißen Schwaden zu sehen und ein unheimliches Kichern zu hören, das wie ein fernes Echo an sein Ohr drang und ihm sämtliche Nackenhaare aufstellte. »Marco...«, wisperte er vorsichtig. »Hier stimmt was nicht...«, setzte er seinen Freund von der unguten Ahnung in Kenntnis.
 

»Mhm... ich habe es auch schon bemerkt, yoi«, raunte der Phönix, während seine Augen keine Sekunde still zu stehen schienen und die Umgebung akribisch sondierten. Die ersten Männer hinter ihnen zogen ihre Waffen, denn auch ihnen entging die seltsame Atmosphäre dieses Ortes nicht.
 

»Schon mal einen Piraten an Land ertrinken sehen...?!«
 

Die körperlose Stimme flüsterte urplötzlich in Ace' Ohr, sodass sich der junge Kommandant auf dem Absatz drehte und seine brennende Faust in die Richtung des vermeintlichen Widersachers stieß. Doch alles, was er traf war Luft und Feuchtigkeit, der Nebel zerbarst in Fetzen und löste sich dampfend unter der Hitze seines Feuers auf.
 

Der erstickte Schrei eines Nakama ihrer Mannschaft ließ alle anhalten und herumfahren. Der Mann wurde wie durch Geisterhand in die Höhe gehoben, Nebelschwaden ballten sich wie dicke Taue um ihn und während er sich panisch an den Hals fasste und merklich um Atem rang, strampelte er hektisch mit den Beinen und sein Blick suchte flehend nach seinen Brüdern.
 

Ein erschrockenes Raunen ging durch die Piraten und selbst Marco und Ace starrten einige Sekunden völlig verwirrt und ungläubig auf die Szene, die sich ihnen bot - der Mann schnappte ohne Erfolg nach Luft, sein Gesicht wurde immer röter, während seine Augen mit Blut unterliefen. Der gurgelnde Versuch zu atmen hallte grausam in der angespannten Stille wieder, bevor der Körper des Mannes in Krämpfen zu zucken begann.
 

»Er ertrinkt...«, hauchte Ace, kaum fähig zu begreifen, was er da eben sah. »Der Nebel... passt auf, hier ist ein Teufelsfruchtnutzer!«, konnte er seinen Nakama gerade noch so mitteilen, bevor Chaos ausbrach.
 

Die Piraten schlugen mit ihren Waffen nach dem sich formenden Körper im Nebel, bevor jener sich kichernd wieder auflöste und die nächsten Crewmitglieder röchelnd in die Knie brachen. Die Männer haschten mit panisch geweiteten Augen nach Sauerstoff, der jedoch ihre Lungen nicht mehr erreichte, die sich hinterlistig und unaufhaltsam mit Feuchtigkeit füllten.
 

Plötzlich knallten Gewehrsalven, Mündungsfeuer erhellte die dunklen Fenster der verlassenen Häuser und viele Männer wurden getroffen und gewaltsam herumgerissen, nicht vorbereitet auf diesen unerwarteten Angriff. Ace grollte zornig und baute sich vor einem verwundeten Nakama auf, der einen Schuss in den Oberschenkel kassiert hatte und zu Boden gegangen war.
 

Er aktivierte seine Teufelskraft und wehrte die schlängelnden Arme des Nebels ab, feuerte eine Attacke auf den Dunst, der sich gerade auf das nächste Crewmitglied stürzen wollte. Die Feuchtigkeit in der Luft verdampfte und das schemenhafte Gesicht in den Schwaden verzog sich missmutig, da der Feind in Ace offenbar einen unliebsamen Störfaktor erkannte.
 

Marco indes hatte sich halb verwandelt und schirmte so viele ihrer Männer wie möglich vor dem andauernden Beschuss ab. Er fing die Kugeln bewusst ein, um seine Nakama zu schützen und versammelte diese um Ace, der mit seinem Feuer zumindest den tödlichen Nebel auf Abstand halten konnte. Zusammen zogen sie sich an eine Häuserfront zurück, um wenigstens den Rücken vor feindlichen Attacken zu schützen.
 

»Wir sitzen hier wie auf dem Präsentierteller«, rief die Feuerfaust dem Phönix über das beständige Knallen der Gewehre zu. Irgendwo neben ihm schlug eine Kugel in die Hauswand ein und Putz und splitternde Holzstücke trafen ihn an der Wange, wo sie einen feinen Schnitt hinterließen. Obwohl es ihm schrecklich widerstrebte aufzugeben und den Kampfplatz zu verlassen, hielt er das doch für das Beste, vor allem für ihre Männer. »Wir sollten uns zurückziehen. So können wir nicht kämpfen!«
 

Ja, zu viele Verletzte..., war auch Marcos Gedanke, der grimmig und finster die Umgebung sondierte und einzuschätzen versuchte, mit wie vielen Feinden sie es zu tun hatten. Der Überraschungsangriff hatte sie hart getroffen und der ältere Kommandant verfluchte sich innerlich für seine fehlende Weitsicht. Sie waren sehenden Auges in eine Falle getappt!
 

Er hoffte, dass die andere Gruppe um Jozu, Thatch und Rakuyou einigermaßen unbeschadet war und entschied sich für einen offensiven Vorstoß, um ihnen eine Schneise zu schlagen. Ace musste die Gedanken in seinem Blick wohl erahnt haben, denn der junge Kommandant griff alarmiert nach seinem Arm und sah ihn kritisch von der Seite her an: »Was hast du vor...?«, fragte er angespannt.
 

»Ich werde uns etwas Raum zum atmen schaffen, yoi«, knurrte der Phönix bestimmt und beide wussten sie, dass nur er momentan dazu in der Lage war. Ihn konnten die Waffen nicht verletzen und Ace musste ihre Männer schützen. »Halt die Stellung.«
 

»Argh, verdammt!«, fluchte Ace unzufrieden, als er seinen Mentor davon stürmen sah und zurückbleiben musste, um weiterhin die Nebelfinger zurückzuschlagen, die ihn und ihre Nakama schon wieder einkreisen wollten. Es behagte ihm ganz und gar nicht, dass sich Marco allein in den Kampf stürzte - auch wenn der Phönix unglaublich fähig war und noch dazu beinahe unverwüstlich, aber er wollte seinem Bruder zur Seite stehen. Doch in Anbetracht ihrer Situation war das gerade einfach nicht möglich.
 

Marco katapultierte sich mit Hilfe seiner Teufelskraft und mächtigen Flügelschlägen durch die Tür des nächst stehenden Hauses, aus welchem sie die ganze Zeit schon Beschuss ausgesetzt gewesen waren. Er krachte mit dem splitterndem Holz in einen unvorbereiteten Mann, den er gewaltsam nieder rang, ihm das Gewehr entriss und gegen die Schläfe donnerte.
 

Der Bewusstlose sackte zurück und Marco rappelte sich auf, um dem nächsten Angriff zu begegnen, den trampelnde Schritte ankündigten. Er stemmte sich gegen das Gewicht des Mannes, der mit voller Wucht gegen ihn prallte und versuchte ihn von den Füßen zu reißen, wobei er das erbeutete Gewehr fallen ließ. Ein weiterer Mann stürmte von der Seite heran, ein Schwert gezogen, das ziemlich zielsicher auf die ungeschützte Seite des Phönix zielte.
 

Marco hörte auf sich gegen den Ansturm des bulligen Kerls vor sich zu wehren und ließ sich abrupt in die Hocke sinken, wodurch sein Kontrahent mit einem überraschten Ächzen über ihn stolperte und zu Boden krachte. Dann schwang er herum und packte mit den Krallen seines Fußes nach dem Knöchel des heranstürmenden Mannes, um diesen zu Fall zu bringen.
 

Der Phönix schnappte sich das fallen gelassene Schwert und schickte die anderen zwei Männer ebenso ins Reich der Träume, indem er ihnen den Griff ins Genick stieß. Dann warf er die Waffe von sich und hatte zum ersten Mal Zeit sich ihre Angreifer genauer anzusehen.
 

Zerschlissene Marineuniformen und abgewetzte Stiefel passten zu dem Erscheinungsbild der recht verwahrlost aussehenden Männer, die vor ihm auf dem Boden lagen. Sie schienen länger kein Bad mehr, geschweige denn eine Marinebasis von innen gesehen zu haben. Deserteure?!, überlegte Marco im stillen, bevor er diesen Gedanken auch schon wieder verwarf. Warum sollten sie dann Jagd auf Piraten machen?
 

Ace inzwischen hatte mächtig mit dem bisher gesichtslosen Teufelsfruchtnutzer zu kämpfen, der seine Nebelattacken unablässig auf die Gruppe ihrer Männer hageln ließ. Die Feuerfaust war mehr als froh - und erleichtert - als er Marco in der Tür des Hauses auftauchen sah, in das er zuvor verschwunden war.
 

Der Phönix bedeutete ihm herüber zu kommen und Ace ließ eine fauchende Flammensäule in die Höhe fahren, die seinen Nakama und ihm Deckung gewährte, als sie eilig die Straße überquerten und zu Marco hinüber liefen. Die beiden Kommandanten brachten ihre verwundeten Männer in dem Haus unter, bevor sie sich links und rechts neben den Resten der, in den Angeln hängenden, Tür platzierten und nach draußen spähten.
 

Es war seltsam ruhig geworden, ihre unbekannten Feinde hatten den Beschuss eingestellt und selbst der Nebel schien sich etwas gelichtet zu haben. Jedoch lud die plötzliche Stille nicht zu sonderlichen Begeisterungsstürmen ein, denn Thatch und die anderen sollten eigentlich ganz in der Nähe sein...
 

»Marine...?!«, wisperte Ace leicht verwirrt, als er die abgetragenen Uniformen und das Emblem auf den Rücken der bewusstlosen Soldaten ebenfalls erkannte. »So ein Hinterhalt ist ziemlich untypisch für sie«, meinte der Feuerbändiger kritisch, denn tatsächlich passte dieses verschlagene Handeln kaum zur „Kriegsmacht der Gerechtigkeit“.
 

»Ich glaube nicht, dass sie zu einem offiziellen Schwadron gehören...«, Marcos Gesicht zeigte eindeutige Skepsis, er lehnte mit dem Rücken gegen den Türrahmen und war inzwischen in seine menschliche Form zurückgekehrt. Ab und an schwelte jedoch blaues Feuer in seinen Augen und an den Spitzen seiner Haare, ein Zeichen, dass er merklich aufgewühlt war.
 

Auch der Phönix war Ace' Meinung - Zivilisten in die Angelegenheiten der Marine hineinzuziehen und diese für ihre Zwecke zu missbrauchen war gewöhnlich nicht die bevorzugte Vorgehensweise der Wachhunde der Weltregierung, die sich so viel auf ihre Gerechtigkeit einbildeten.
 

Draußen auf der Straße erklangen plötzlich Schritte, dumpf, schwer und ziemlich gelassen. Der Besitzer näherte sich gemächlich, doch durch den Nebel war nur eine unklar umrissene, stämmige Silhouette zu erkennen. Marco verengte die Augen und verfolgte die näher kommende Gestalt akribisch, während Ace' Fäuste bereits kampfbereit Feuer fingen.
 

Dann zog sich der Nebel zurück wie ein Vorhang, der sein Bühnenbild offenbaren wollte und formte sich neben dem herannahendem Mann zu einer großen, schlanken Gestalt mit langen, farblosen Haaren. Der Teufelsfruchtnutzer war ein junger Mann mit bleicher Haut und wässrigen Augen, in denen der Wahnsinn schwamm.
 

Seine Kleidung war weiß gehalten und bildete damit kaum einen Kontrast zu seiner sonstigen blassen Erscheinung. Den einzigen Farbfleck bildete die dunkelrote Spur von Farbe ähnlich einer Kriegsbemalung in seinem makellosem Gesicht... zumindest hoffte Ace, dass es sich um Farbe handelte.
 

Neben dem Weißhaarigen war nun ein wahrer Hüne von einem Mann zu erkennen, der die abgetragene, geflickte Uniform eines Konteradmirals trug, was seiner einschüchternden Erscheinung aber keinen Abriss tat. Sein Haar war militärisch kurz geschoren und seine Züge wirkten wie aus Stein gehauen, doch ein geisterhaftes, unheimliches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. Er trug einen Käfig bei sich, in dem ein kleines Äffchen an den Stäben gegen die Gefangenschaft aufbegehrte.
 

»Das ist Domas Affe...«, bemerkte Ace mit vor Wut und Sorge zitternder Stimme. Er kannte den kleinen Kerl, der stets auf der Schulter seines Herrn zu sitzen pflegte. Ihr Verdacht schien sich also zu bestätigen - Domas Bande war entweder in Gefangenschaft oder... bereits tot. »Scheiße...«, stieß der Flammenwerfer schockiert aus.
 

Auch Marco spürte das Unbehagen in sich wachsen und knirschte ungehalten mit den Zähnen. Die ganze Situation entwickelte sich noch mieser, als sie es erwartet hatten und Jozu schien recht zu behalten - diese Kerle hatten die enge Verbindung ihres Vaters zu seinen Alliierten ausgenutzt, um sie aus der Deckung zu locken und so lange sie nicht mit Sicherheit wussten, was mit Doma und seinen Männern geschehen war, konnten sie diesen Typen nicht mit ganzer Härte begegnen.
 

Hinter den beiden eben erschienenen Männern folgten nach und nach weitere Soldaten der Marine, die Gewehre im Anschlag und die Gesichter entschlossen. Diese Truppe schien koordinierter und geschulter als die untrainierten Haufen an Frischlingen, denen sie sonst so oft begegneten. Diese Männer waren diszipliniert und wussten, was sie taten.
 

Doch das war es nicht, was Ace und Marco so getroffen zusammenzucken ließ... das war eher der Anblick von Jozu zwischen den beinahe winzig wirkenden Soldaten, der in Seesteinketten gelegt vorwärts gestoßen wurde und aus einer tiefen Wunde am Oberschenkel blutete, was ihn mehrmals stolpern ließ. Neben ihm wurden Thatch und Rakuyou herangeführt, die kaum einen besseren Eindruck vermittelten als der Kommandant der dritten Division. Auch ihren Bewegungen folgten aufmerksam unzählige Gewehrläufe.
 

»Sie... haben Jozu bezwungen?! Wie... wie ist das möglich? Wie konnten sie ihn verletzen...?«, hauchte Ace entgeistert und suchte den Blick seines Mentors, von dem er sich irgendwie eine zufriedenstellende Antwort erwartete.
 

Doch Marco - der sonst beinahe alles wusste, zumindest wirkte es auf den jungen Kommandanten so - schien genauso ratlos wie er selbst. „Diamant Jozu“ trug seinen Beinamen immerhin nicht von ungefähr und der Phönix konnte sich nicht erinnern, wann es ein Feind in letzter Zeit jemals geschafft hätte den großen Kommandanten zu verletzen.
 

Der Phönix fuhr sich angestrengt durch die Haare und blickte abwägend auf ihre verwundeten Nakama, die sie eher notdürftig als wirklich sicher in diesem Haus untergebracht hatten. Sie konnten sich kaum auf einen Kampf einlassen ohne das Leben ihrer Männer weiter zu gefährden... oder das von Thatch und Rakuyou und Marco hätte sich eher von einem Körperteil getrennt als zuzulassen, dass man einem seiner Brüder Leid antat - sie waren eine Familie und in einer Familie ließ man niemanden zurück, niemals!
 

»Die Feuerfaust und der Phönix, wir wissen, dass ihr da drinnen seid«, erscholl jetzt die eiserne, grollende Stimme des vermeintlichen Konteradmirals, der mit dem weißhaarigen Mann unweit vor dem Haus stehen geblieben war, in dem sich Marco und Ace versteckt hielten.
 

»Mein Name ist Yaako und ich würde mich wirklich freuen eure Bekanntschaft zu machen. Wenn ihr kooperiert und euch ohne Gegenwehr ergebt, könnte ich mich sogar erweichen lassen, nicht einen eurer Freunde sofort zu erschießen. Im Gegensatz zu euch sind das eh nur kleine Fische und Geld gibt es schließlich auch für einen Kopf ohne Körper, nicht wahr...?«
 

Die Gewehre wurden durchgeladen, das Klackern hallte unheimlich in der angespannten Stille wieder und einige Läufe drückten sich jetzt unmissverständlich drohend gegen Thatchs und Rakuyous Schädel. Die beiden Kommandanten hoben beide das Kinn und strafften sich unerschrocken.
 

Sie würden niemals erwarten, dass ein anderer für sie ihr Leben ließ oder sich wegen ihnen ergab. Sie waren Piraten, sie hatten sich für dieses gefährliche, wilde und freie Leben entschieden und wussten um die Privilegien, aber auch die Gefahren.
 

»Dieser elende Scheißkerl!«, knurrte Ace seine Empörung wütend heraus und bevor Marco noch einschreiten konnte, beschwor der Feuerbändiger mit einem Brüllen seine Teufelskraft und katapultierte sich in einem tosenden Flammenmeer nach draußen, direkt auf den feindlichen Konteradmiral zu. Der ließ ein fast zufriedenes Lächeln sehen, als hätte er es genau darauf abgezielt und wehrte Ace' herab donnernde Flammenfaust beinahe mühelos mit dem durch Haki verstärkten Unterarm ab.
 

»Numa, kümmere dich um ihn!« Yaako schleuderte Ace zur Seite und gab dem weißhaarigen Teufelsfruchtnutzer ein lässiges Zeichen, sich des Problems anzunehmen. Der Kerl grinste vorfreudig und stürmte auf den Feuerbändiger zu, der schon wieder zum Angriff überging und eine Woge aus Flammen auf den Konteradmiral losschickte.
 

Numa dematerialisierte seinen Körper halb in wogende Nebelfetzen und schleuderte eine geballte Masse an konzentrierter Feuchtigkeit gegen das wütende Feuer, um die Attacke abzuschwächen, bevor er sich schon mit einem wilden Kichern auf Ace stürzte und diesen mit einer Reihe harter Faustschläge aus flüchtigen Nebelfetzen attackierte.
 

»Verflucht, Ace...«, grollte der Phönix halb wütend und halb resigniert. Allerdings war jetzt wohl kaum die rechte Zeit, um dem Hitzkopf eine Standpauke zu halten, immerhin... lenkte er ihre Feinde ziemlich erfolgreich ab. Marco stürmte zur Hintertür des Gebäudes und rammte die mit der Schulter aus den Angeln, bevor er seinen Männern die Anweisung gab, dass sie zum Hafen zurückkehren und Verstärkung anfordern sollten.
 

Yaako beobachtete den Schlagabtausch der Feuerfaust mit seinem Untergebenen voller Wohlwollen und latenten Amüsement. Er wirkte nicht wirklich besorgt, selbst in Anbetracht der Tatsache, dass er es mit Kommandanten von Whitebeard zu tun hatte... ein Umstand, der Marco ins Grübeln brachte und den unguten Verdacht erweckte, dass dieser Kerl noch ein Ass im Ärmel hatte.
 

Die beiden Logianutzer trafen wie zwei Naturgewalten aufeinander, Feuer und dunstiger Nebel schossen fauchend in die Höhe und obwohl Ace' Flammen vom rein natürlichen Standpunkt her einen Vorteil gegen die Feuchtigkeit des Nebels hatten, so war sein Kontrahent doch sehr kreativ in seinen Angriffen.
 

Immer wieder musste sich die Feuerfaust lästigen Nebelfingern erwehren, die verstohlen in seine Atemwege krochen, ihm das Luftholen ziemlich erschwerten und seine Ausdauer damit herabsetzten, wodurch Numa ein paar wirklich heftige Treffer landete. Doch der Schmerz stachelte den jungen Kommandanten erst recht an, er zwang den Nebelmann durch hakiverstärkte Angriffe in die materielle Form und hämmerte ihm das Knie schwungvoll in die Seite, was seinen Feind schmerzhaft ächzen ließ.
 

Ace setzte sofort nach und bombardierte den anderen förmlich mit seinem Kreuzfeuer und Flammenspeeren, die seinen Feind in Oberschenkel und Schulter trafen. Zum ersten Mal erkannte der Feuerbändiger so etwas wie Unsicherheit in den hellen Augen des blassen Mannes, als er seine blutende Schulter betastete und sich mit den beschmierten Fingern dann über das Gesicht fuhr. Numas Grinsen war wild und der Irrsinn lauerte irgendwo hinter seinem stechenden Blick.
 

Die Feuerfaust entschloss sich dazu keine Zeit mehr zu verlieren, er holte tief Luft, hielt dann den Atem an, um seinem Feind keinen Angriffspunkt mehr zu bieten und stürmte erneut auf ihn zu, um ihm keine Zeit zum Verschnaufen zu lassen. Seine Schläge waren hart, seine Tritte noch härter und Ace konnte förmlich dabei zusehen, wie der Kerl nach und nach in die Knie ging.
 

Inzwischen war der junge Kommandant sehr froh über das harte Training mit seinem Mentor, denn wo er sich vor einigen Jahren vielleicht noch Spielereien und Provokationen hingegeben hätte, steuerte er jetzt unerbittlich darauf zu seinen Feind kampfunfähig zu machen - und das so schnell wie möglich.
 

Fast hatte er ihn, er katapultierte sich schon mit einem Brüllen und entflammter Faust in die Luft, um dem anderen Teufelsfruchtnutzer den Rest zu geben... als sein Feuer völlig unerwartet erlosch. Als hätte man einen Schalter umgelegt erstarben die Flammen und Numa nutzte die Verwirrung der Feuerfaust gnadenlos aus - er ergriff Ace' Unterarm, schleuderte ihn mithilfe seines eigenen Schwungs gegen die nächste Hauswand, wo der junge Kommandant krachend gegen die Steine prallte.
 

Ace stöhnte gequält, der Aufprall vibrierte noch durch seine Knochen, da setzte sein Kontrahent schon nach. Numa packte ihn an seinem Hemd, zerrte ihn nach oben und verpasste dem Kommandanten eine dröhnende Kopfnuss, die sich gewaschen hatte, bevor er ihm die geballte Rechte so heftig in den Magen trieb, dass es sich anfühlte, als hätte Ace eine Dampfwalze getroffen.
 

Keuchend sackte er in die Knie und holte röchelnd Luft, während sich sein durch Schmerz verschleiertes Sichtfeld flackernd einengte. Was zum Teufel ist hier los...?, mehrmals ballte Ace die Fäuste, doch seine Teufelskraft antwortete nicht auf seine Befehle. Er spürte, dass sie da war, irgendwo tief in ihm, doch er konnte das Feuer nicht mehr benutzen.
 

»Weißt du, es ist unheimlich schwer wieder zurück in die Reihen der Marine zu gelangen, wenn man einmal in Ungnade gefallen ist. Aber ich denke, drei von Whitebeards ranghöchsten Kommandanten abzuliefern ist schon mal ein guter Anfang der Wiedergutmachung...«, schwere Schritte näherten sich ohne Eile und Yaakos polierte Stiefel kamen genau vor Ace zum stehen, der gekrümmt am Boden hockte und den Schleier des Schmerzes durch kontrolliertes Atmen zu vertreiben versuchte. Numas Nebelschwaden fesselten die Hände hinter seinem Rücken.
 

»Auch wenn ich von einem berüchtigten Kerl wie dir wirklich mehr erwartet habe«, schnalzte der ehemalige Konteradmiral geringschätzig mit der Zunge und griff in Ace' dunkles Haar, um dessen Kopf unsanft nach oben zu zerren. Die Feuerfaust spuckte dem Mann Blut und Speichel knurrend ins Gesicht und verdeutlichte damit seine fehlende Demut und den Unwillen, sich zu ergeben.
 

Der weißhaarige Teufelsfruchtnutzer spannte sich schon an, doch Yaako winkte lachend ab und wischte sich mit einem Taschentuch gelassen über das Gesicht. »Schon gut, Numa. Diese Flausen werden sie ihm in Impel Down schon austreiben...«, versprach der Konteradmiral mit wölfisch breitem Grinsen und zog eine Pistole, um diese Ace mitten auf die Stirn zu setzen. »Wenn ich ihn nicht vorher erschießen muss...«
 

Ein wütendes Brüllen und das Flackern blauer Flammen ließ Yaako mit schmalem Lächeln innehalten, allerdings wirkte er wenig überrascht, als jetzt Marco, in blaues Feuer gehüllt, auf den ehemaligen Konteradmiral zustürmte. Ace war erstaunt über die Wut in dem sonst so stoischen Gesicht seines Mentors, der Phönix war stinksauer und selbst die vielen Marinesoldaten, die sich ihm sofort in den Weg stellten, konnten ihn nicht aufhalten.
 

»Ah, da ist er ja... « Doch der Konteradmiral blieb selbst in Anbetracht des rasenden, blonden Kommandanten völlig gelassen, er lud seine Waffe seelenruhig durch, während sich der Phönix seinen Weg durch die Soldaten kämpfte und als Marco kaum noch ein paar Schritte entfernt war, hob der Marineadmiral seine Waffe und zielte auf den Kommandanten... und in Ace flackerte eine beklemmende, ungute Vorahnung auf.
 

Wenn er seine Teufelskraft nicht nutzen konnte, dann... »Marco, pass' auf!«, versuchte er seinen Freund fast panisch noch zu warnen.
 

Ein Schuss löste sich mit einem schmetternden Knall aus Yaakos Pistole und die winzige Kugel durchschlug Marcos Brust mit einem widerlich endgültig erscheinenden Geräusch. Im gleichen Atemzug musste Ace mit Schrecken ansehen, wie die blauen Flammen erloschen und der Phönix noch ein paar unkoordinierte Schritte tat, bevor die Erkenntnis und der Schmerz sein Hirn langsam zu erreichen schienen.
 

Irritiert blickte der ältere Kommandant an sich herab, erkannte die so winzig erscheinende Wunde in seiner Brust verwirrt, dann brach er unter Ace' geschockten Augen in die Knie, bevor er sich an die Brust griff und das Blut an seiner Hand ungläubig betrachtete.
 

»Marco!« Die Feuerfaust wollte sich sofort instinktgetrieben auf die Füße und an die Seite seines Mentors kämpfen, doch Numa packte seine Arme und drehte ihm diese schmerzvoll auf den Rücken, sodass Ace ächzend wieder zu Boden sank.
 

»Marco!«, erschollen nun auch die entsetzten Stimmen ihrer Nakama. Thatch und Rakuyou versuchten sich ebenfalls gegen ihre Häscher zur Wehr zu setzen, jedoch mit minderem Erfolg. Jozu stemmte sich zornschnaubend gegen die Seesteinketten, er brüllte wütend, doch die Fesseln blieben heil.
 

Yaako ließ seine Waffe mit einem leisen Lachen wieder sinken und streckte die andere Hand fordernd zur Seite aus, wo sich aus den Reihen der Soldaten jetzt eine kleine, unscheinbare Frau mit blonden Haaren in Marineuniform löste und zu ihm herüber kam. Sie lächelte leicht und ergriff die angebotene Hand, welche der ehemalige Konteradmiral ehrerbietig zu einem Kuss an seine Lippen zog.
 

»Darf ich euch meine liebste und treueste Untergebene Estel vorstellen«, schnurrte er betört, bevor er lässig auf Marco zustolzierte, der noch immer am Boden kniete, während ein dünner Rinnsal an Blut aus seinem Mundwinkel lief. Sein Gesicht war merklich blass geworden und er krampfte die Finger in den Stoff seines Hemdes, während die andere Hand geballt auf seinem Oberschenkel lag.
 

»Sie hat eine ganz besonders außergewöhnliche Teufelskraft«, führte der Konteradmiral ungerührt weiter aus, während er vor dem Phönix stehen blieb und in die Hocke ging. »Mit ihren Kräften kann sie die Teufelskraft eines anderen Teufelsfruchtnutzers aufheben und unterdrücken...«, er schnipste lapidar mit den Fingern. »... einfach so, schwuppdiwupp. Ist das nicht faszinierend?«
 

Marco hörte dem Mann kaum zu, sein Herzschlag trommelte dröhnend in seinen Ohren, während der panische Muskel adrenalingetrieben weiterhin versuchte seinen Körper mit Sauerstoff zu versorgen und damit nur mehr und mehr Blut in seine zerfetzte Lunge pumpte. Er würde an seinem eigenen Blut ersticken, doch seltsamerweise verspürte er keine Angst... nur ein grenzenloses Bedauern und Sorge um seine Familie.
 

Er hatte sich immer gefragt, wie und wann er wohl sterben würde, doch dass es gerade jetzt sein sollte, so völlig unerwartet und ohne Ehre... es stimmte ihn traurig. Er lebte schon so lange und trotzdem fühlte es sich an, als hätte er eigentlich nicht genug Zeit gehabt, nicht genug Zeit in der Gegenwart seiner Nakama, so wenig Zeit mit Ace...
 

Marcos Blick trübte sich bereits ein und doch fand er die aufgewühlten Augen seines jungen Freundes ohne Probleme. Er sah das Entsetzen in Ace' geweiteten, dunklen Pupillen, Wut, Angst, Verzweiflung... zu viele Emotionen, um sie zu zählen und zu viele unausgesprochenen Dinge zwischen ihnen. Es tut mir leid, Ace. Ich wollte eigentlich immer für dich da sein. Ich kann dieses Versprechen wohl nicht halten...
 

»Es ist sicher lange her, dass du dem Tod so nah warst wie jetzt, hm!?« Der ehemalige Konteradmiral neigte sich zu Marco hinüber und drückte einen Finger skrupellos in die Wunde des Kommandanten, wodurch sich dieser schmerzhaft krümmte. »Wie fühlt es sich an zu sterben, Phönix?«, höhnte er böse.
 

Ace stieß ein wildes, wütendes Knurren aus, während der sich erneut gegen Numas Griff wehrte. Doch der weißhaarige Teufelsfruchtnutzer hielt ihn mit eisernem Griff gefesselt und in den Staub gedrückt, sodass dem verzweifelten Feuerbändiger nichts blieb als tatenlos zuzusehen wie sein Bruder langsam starb.
 

»Nimm deine Pfoten von ihm! Lass ihn in Ruhe! Wenn du ihn noch einmal anfasst, dann werde ich dich jagen bis ans Ende der Welt und darüber hinaus! Ich werde dich finden und du wirst solche Qualen leiden, dass du am Ende wünschst, du wärst nie geboren! Das schwöre ich dir!«, Ace' hektische, bebende Stimme überschlug sich fast, als er ihrem Feind die Worte hasserfüllt und aufgewühlt entgegen schrie.
 

Irgendetwas in Ace erwachte durch seine Wut und seine Angst, eine lang schlummernde Kraft, die ein Beben wellenartig durch die Umgebung schickte und die Luft statisch auflud. Eine ganze Reihe Marinesoldaten verdrehte plötzlich die Augen und ging kraftlos zu Boden, dann folgten die nächsten... und weitere Männer brachen zusammen, als wären sie Puppen, deren Fäden man eben durchtrennt hatte.
 

Selbst Yaako und die beiden feindlichen Teufelsfruchtnutzer wirkten getroffen und schwankten kurz und auch Thatch, Rakuyou und Jozu bemerkten diese mächtige Woge an purer Kraft, die ihre Sinne erschütterte.
 

Ace selbst bekam das kaum mit, er stemmte sich wie ein Wahnsinniger gegen die unerbittlichen Finger des Weißhaarigen, sodass dieser inzwischen merklich Mühe hatte ihn am Boden zu halten. Er spürte nicht, dass ihm die Arme völlig verdreht wurden und bald Gefahr liefen aus den Gelenken zu springen. Seine Knie waren inzwischen wund geschürft auf dem steinigen Untergrund und Numa packte ihn erbarmungslos im Nacken, um Ace' Gesicht zurück in den Dreck zu zwingen.
 

Yaako schnaubte überrascht, nachdem eine Vielzahl seiner Soldaten einfach das Bewusstsein verloren hatten. Es war noch kein bedenklicher Verlust, doch zumindest sorgte er für Aufmerksamkeit. Ungesundes Interesse glänzte plötzlich in den tiefschwarzen Augen des ehemaligen Konteradmirals. »Sieh' mal einer an, du beherrschst also das Königshaki?! Das steigert deinen Wert enorm, Feuerfaust...«
 

Ace hörte diese Worte gar nicht, seine ganze Aufmerksamkeit galt in diesem Moment seinem Freund. Er beobachtete betäubt wie sich Marcos Brustkorb hektisch bewegte und sich sein Hemd langsam mit Blut vollsog, das eine groteske Blume auf dem Stoff erblühen ließ.
 

Bestürzung und eine stumme Entschuldigung standen in den blauen Augen des Phönix geschrieben und Ace zurrte es das Herz qualvoll schmerzhaft zusammen. Er darf nicht sterben! Nicht Marco, oh Gott, bitte nicht... Das darf einfach nicht wahr sein! Das ist nicht fair! Ich... ich brauche ihn...
 

Der junge Kommandant erbebte in hilfloser Wut, seine Muskeln zitterten unter der sinnlosen Belastung immer weiter gegen den haltenden Griff anzukämpfen. Inzwischen brannten heiße Tränen in seinen Augen und er biss sich verzweifelt die Lippe blutig, als Gefühle, die er bisher entschieden ignoriert hatte ihn wie eine düstere Woge überrollten. Ich bin nicht bereit ihn gehen zu lassen! Ich hatte gar keine Zeit ihm zu sagen, dass ich... dass er...
 

»Lebend wärst du zwar mehr wert, doch ich muss zugeben, dass ich neugierig darauf bin einen Phönix sterben zu sehen«, eröffnete der ehemalige Konteradmiral mit perfider Freude und sadistischem Glimmen in den kalten Augen, während er sich erneut zu Marco herabbeugte. »Wie lange es wohl dauert, bis du an deinem eigenen Blut erstickst?«
 

»Wahrscheinlich länger als es dauert dich zu töten...«, antwortete völlig unerwartet eine dunkle, unbekannte Stimme irgendwo hinter ihnen.
 

„Room“
 

.

.

.

Das Echo von unerwarteten Begebenheiten und intimen Eingeständnissen 2|2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Echo eines Richtungswechsels

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Echo von zerbrechlichem Glück

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Epilog


 

"Ich schätze, am Ende war es nicht Ruhm, was ich mir gewünscht habe,

sondern einfach nur eine Antwort auf die Frage, ob es in Ordnung war zu leben.

Doch da ich euch nun alle hier sehe,

Ruffy

Pops

Marco

Meine Crew

Meine Familie

wie ihr für mich her gekommen seid und euer Leben riskiert habt,

obwohl ich mich selbst in diesen Schlamassel gebracht habe,

wie könnte ich da noch zweifeln?!

Wie könnte ich die Antwort jetzt nicht kennen?!

Ihr habt mich angenommen,

mich geliebt,

mich festgehalten und mir gezeigt, dass selbst jemand wie ich leben darf.

Am Ende

bereue ich nichts.

Nur eine Sache

vielleicht...

Zu spät ist mir klar geworden, was er mir wirklich bedeutet.

Ich hätte es ihm gern noch gesagt, mit meinen eigenen Worten.

Wahrscheinlich unbeholfen und dämlich,

doch er hätte es verstanden.

Er hätte verdient es zu wissen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich fähig wäre zu lieben...

doch so kann man sich irren.

Marco

Danke für alles.

Du hast mich gerettet

und mich geheilt

wie es sonst keiner gekonnt hätte."
 


 


 


 


 


 

Der Weg, den seichten Hügel hinauf, war lang, der Wind blies hier am Rand der Klippen frisch und brachte den vertrauten Duft von Meer und Salz mit sich, Gerüche einer anderen Zeit, fast eines gänzlich anderen Lebens. Das Gras war satt und grün, der Pfad inzwischen schmaler und weniger karg, als Marco ihn in Erinnerung hatte.
 

Weit über zwei Jahre war es nun her, dass er diesen Weg das letzte Mal genommen hatte und er fühlte sich schlecht deswegen. Es war eigentlich ein Frevel, dass er seine Liebsten nie besucht hatte, doch... er hatte es nicht gekonnt. Er hatte es einfach nicht fertig gebracht seinen Verlust nach Marineford so greifbar und unmissverständlich vor sich zu sehen.
 

Dabei waren sie damals noch alle mit so viel Zuversicht und Entschlossenheit aufgebrochen, um Ace zu retten und zurückzuholen, nachdem sie die Nachricht erhalten hatten, dass die Feuerfaust gefangen genommen wurden war und öffentlich hingerichtet werden sollte.
 

Marco selbst hatte sich Hoffnung gestattet, war bereit gewesen alles zu tun und zu geben, um seinen Freund zu retten und beinahe war es ihm fast unmöglich erschienen, dass sie würden scheitern können... doch sie hatten verloren.
 

Ace' leblosen Körper nach dem Kampf vom Schlachtfeld zu bergen war der wohl schwerste Gang in Marcos Leben gewesen, jeder Schritt hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt, während er seinen Freund in den Armen getragen und ihn die trauernden und mitfühlenden Blicke seiner Crew begleitet hatten.
 

Selbst die Marinesoldaten hatten ihm schweigsam Platz gemacht, hatten respektvoll Abstand gehalten, denn die stille Pein des Phönix hatte ihnen wohl allen aus der Seele gesprochen. Zu viel Blutvergießen und zu viele verlorene Leben hatte es an jenem Tag gegeben.
 

Immer wieder hatte Marco in das so friedliche Gesicht seines Freundes geblickt, dessen schwindende Wärme in den Händen gefühlt, die er einfach nicht festzuhalten vermocht hatte, neben dem vielen Blut, dessen Ursprung die schreckliche Wunde in Ace' Brust gewesen war.
 

Marco war wie betäubt gewesen, viel zu geschockt um die Endgültigkeit zu begreifen, um zu akzeptieren, dass Ace fort war und das für immer. Die Tränen waren erst sehr viel später gekommen, wie mechanisch hatte er mit Shanks das Ende des Krieges begleitet und die Beerdigung organisiert, hatte irgendwie funktioniert, um bloß nicht nachdenken zu müssen.
 

An diesem Tag war etwas in Marco kaputt gegangen, unwiederbringlich und endgültig. Äußerlich mochte er der Gleiche sein, selbst nach knapp drei weiteren Jahren sah man ihm die Zeit nicht an, doch innerlich fraß die Ewigkeit an ihm und es fühlte sich an, als würden immer mehr Bruchstücke seiner Persönlichkeit langsam zerfallen.
 

Bis am Ende nichts mehr bliebe als eine leere Hülle, seelenlos und verloren.
 

Noch heute hatte er keine Worte für diesen unbarmherzigen Schmerz, der seine Seele zerriss, wenn er an seine Liebsten dachte, an die gütigen Augen Whitebeards und an Ace' strahlendes Lächeln...
 

Zum zweiten Mal in seinem langen Leben hatte er alles verloren, sein Heim, seinen Vater und den jungen Mann, für den er sein Herz erneut geöffnet hatte. Marco hatte sich immer davor gefürchtet noch einmal zu lieben und doch hatte er es gewagt und würde die wenige Zeit, die er mit Ace gehabt hatte, auch für nichts in der Welt eintauschen wollen.
 

Selbst wenn er die Wahl hätte, er würde sich wieder in die Feuerfaust verlieben, trotz der Gewissheit, ihn zu verlieren. Doch diese Tatsache machte Ace' Fehlen nicht weniger schmerzvoll und jeden Tag, jeden verdammten Tag seit Marineford, trauerte Marco um Ace, um dieses junge Leben und all das, was noch hätte sein können.
 

Er konnte den jungen Feuerteufel einfach nicht vergessen... und hätte es wohl auch nie gewollt. Manchmal war die unerfüllbare Sehnsucht wie ein Feuer, dass ihn bis auf die Grundfesten verbrannte, manchmal wie eine tröstende Berührung, wie eine Verbindung mit Ace, die weit über irdische Grenzen hinaus bestand, wenn ihm nichts blieb als die Erinnerung.
 

Wie viel kann ein Mensch eigentlich ertragen? Marco kannte heute weniger eine Antwort auf diese Frage als vor zwei Jahren, doch etwas wusste er mit Sicherheit - damals war er mit Whitebeard und Ace auf dem Schlachtfeld gestorben.
 

Er war nicht mehr der gleiche Mann wie zuvor und konnte es wohl auch niemals wieder sein.
 

Eine Zeit lang hatte er nach Marineford funktioniert, angetrieben von seiner Pflicht und dem Verlangen nach Rache, hatte ihre Crew am laufen gehalten, Pläne geschmiedet, hatte versucht den Geist seines Vaters zu bewahren und ihm ein tadelloser Sohn und würdiger Nachfolger zu sein.
 

Der Zorn und die Gier nach Vergeltung, Teach seiner gerechten Strafe zuzuführen und ihn für all das zu bestrafen, was er Pops und Ace angetan hatte, hatten Marco die Kraft gegeben aufrecht zu bleiben und sich nicht gänzlich in Trauer und Resignation zu verlieren. Teach schien der Ursprung und Grund allen Übels zu sein, es war einfach und leicht gewesen ihm allein für alles die Schuld zu geben und sich an die Jagd nach diesem Scheusal zu klammern.
 

Doch nachdem sie so kläglich gegen Blackbeard gescheitert waren, da hatte auch Marco die Kraft gefehlt, noch weitermachen zu können. Der geschlagene Rest der ehemals stolzen Whitebeardpiraten hatte sich in alle Himmelsrichtungen verstreut und selbst er wusste nicht, wohin es jeden Einzelnen am Ende getrieben hatte.
 

Wahrscheinlich hatte sie alle nur die Hoffnung auf Rache aufrecht gehalten, denn Ace' und Pops' Tod war wie ein tiefer Riss durch ihre Crew gelaufen und auch Marco war lang klar gewesen, dass es niemals wieder so werden konnte wie früher. Nicht einmal die Rache war ihnen vergönnt gewesen und sein Leben hatte so sinnlos erschienen und so schrecklich leer ohne seine Familie und vor allem ohne Ace.
 

Ace...
 

Marcos Finger schlossen sich ein wenig fester um dieses winzige, unbezahlbare Gut, dass er mit sich trug, bevor er die Faust bedacht öffnete und mit einem wehmütigen Lächeln auf die kleine Marzipanfigur hinab sah, die Ace in seiner ganzen Pracht darstellte und die Marco vor so langer Zeit verstohlen von der Geburtstagstorte seines Freundes entwendet hatte.
 

Die Farbe war inzwischen verlaufen und die Ränder brüchig geworden, doch die unverwechselbaren Züge der Feuerfaust waren selbst über die Zeit hinweg erhalten geblieben. Da hatte Izou wirklich ganze Arbeit geleistet.
 

Marco musste sich oftmals beherrschen, die kleine Figur nicht zu oft in die Hand zu nehmen, um zumindest dieses Stück greifbare Erinnerung noch ein wenig länger bewahren zu können. Er wollte nicht vergessen wie Ace ausgesehen hatte, wollte diese schönen, dunklen Augen und das sommersprossige Gesicht für immer im Gedächtnis behalten und die kleine Figur half ihm dabei, denn viel mehr war ihm von seinem Freund am Ende nicht geblieben - Erinnerungen und ein Stück Süßware...
 

Marco schluckte die bittere Trauer hinab, rieb sich die brennenden Augen unter der Brille und zwang sich dann, die Marzipanfigur zurück in den Samtbeutel an seiner Hüfte gleiten zu lassen und den Blick wieder auf den Pfad und den Hügel zu richten, dessen Kuppe er bald erreicht haben würde.
 

Nicht mehr lang und die beiden Grabmäler würden in Sichtweite kommen.

Marco wappnete sich bereits innerlich für diesen Anblick... so sehr man sich eben darauf vorbereiten konnte, der Endgültigkeit des Todes ins Auge zu sehen.
 

Eigentlich wusste er kaum, warum er noch immer unter dieser Sonne weilte, doch irgendwie war er wie ein Blatt vom Wind immer weiter vorwärts getrieben worden und am Ende hatte er eine Bleibe auf der Insel Sphinx gefunden und eine Tätigkeit, die ihm zumindest ein wenig Ruhe und Frieden schenkte.
 

Marco hatte nie verstanden, warum gerade ihm das Geschenk dieses langen Lebens zuteil wurde, doch er konnte es auch nicht einfach wegwerfen. Er konnte anderen helfen und auf dieser abgelegenen Insel gab es so viele vom Leben weniger Begünstigte, die seine Hilfe und seinen Schutz benötigten, sodass er beschlossen hatte zu bleiben.
 

Ace hätte das sicher gefallen. Bestimmt hätte er ihn milde belächelt, doch schließlich zugestimmt, dass es einfach zu ihm passte, für andere zu sorgen und zu helfen. Genauso hatte die Feuerfaust den Phönix kennengelernt und selbst wenn Ace nicht mehr da war, Marco brachte es nicht fertig, dessen unerschütterlichen Glauben und das in ihn gesetzte Vertrauen selbst über den Tod hinweg zu enttäuschen...
 

Die Spitze von Whitebeards Waffe kam in Sichtweite und in der Abenddämmerung konnte Marco dessen flatternden, großen Mantel im Wind erkennen, der das Grab des mächtigen Piraten markierte. Der Stoff war von der Sonne ausgeblichen und staubig geworden und trotzdem strahlte er noch immer Erhabenheit und Stärke aus.
 

Marcos Schritte wurden langsamer, sein Atem dafür tiefer, als er weiter ging und nun auch Ace' Grabmal zu erkennen waren, der Dolch, den Ace eigentlich kaum benutzt hatte und dessen heißgeliebter Hut, der in einer Böe schaukelte, als wollte er Marco willkommen heißen.
 

Das Herz stotterte in seiner Brust, doch das lag nicht allein an den überschwappenden Erinnerungen... denn gegen die tiefstehende Sonne war eine Silhouette vor dem Grab zu erkennen, eine undeutliche Gestalt, die doch so schrecklich vertraut erschien.
 

Marcos Augen verengten sich kritisch und er versuchte seinen Blick mit einer Hand vor dem Licht der Abendsonne abzuschirmen, um etwas mehr zu erkennen... bevor sich seine Lippen teilten und ein Laut völliger Ungläubigkeit daraus entwich. »Ace...?!«, hauchte er ehrfürchtig, spornte seine bleiernen Füße zu mehr Eile an, getrieben von einer Hoffnung, die absurd und völlig unmöglich war. Der logische Verstand in ihm wusste das, sein Herz jedoch nicht.
 

Denn selbst der Phönix in seiner Brust regte sich nach langer Zeit spürbar wieder, zwang ihn schneller vorwärts, hin zu dieser so bekannten und unverwechselbaren Aura, die Marco unter hunderten immer wieder erkannt hätte. Ace' Präsenz war wie die Gischt der See, peitschte ihm ins Gesicht und Marco meinte Rauch zu riechen und Feuer auf der Zunge zu schmecken.
 

Er eilte vorwärts, fürchtete schon, dass sich die Erscheinung in Luft auflösen würde, nur ein Gebilde seiner tiefen, verzweifelten Sehnsucht, doch die Gestalt blieb... und wandte sich langsam um, als Marcos Schritte näher kamen und seine Anwesenheit nicht mehr unentdeckt blieb.
 

Dunkle Augen sahen Marco an, etwas erstaunt, neugierig, doch keineswegs feindselig und der junge Mann bewegte sich einen Schritt auf den Phönix zu. Verwunderung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, denn plötzlich standen seine Finger in Flammen und folglich seine gesamte Gestalt, als Marco endlich so weit heran war, dass seine Augen Einzelheiten erkennen konnten.
 

Dieses Feuer... das ist nicht möglich, aber... Ace, bist du es?!
 

Kalte Ernüchterung traf Marco, als er statt Ace' dunklen Strähnen nun blondes Haar erkannte und die feinen Nuancen sichtbar wurden, die Ace' Augen von denen des fremden, jungen Mannes unterschieden... der jetzt völlig irritiert auf seine brennenden Hände starrte und dann wieder Marco ansah, für einen flüchtigen Moment mit dem gleichen Funken von Keckheit und Hingabe im Blick, den der Phönix zu oft bei Ace gesehen hatte, um ihn nicht zu erkennen.
 

»Herrje... das ist mir ja noch nie passiert...«, kommentierte der Blonde seine unkontrolliert wütende Teufelskraft mit einem betretenen Schmunzeln und löschte die eigensinnigen Flammen, bevor er einen gebührlichen Schritt von Marco zurücktrat... eben jenen, den er zuvor wie ferngesteuert und magisch angezogen in Richtung des Phönix gesetzt hatte, sodass sie sich fast zu nah standen.
 

»Entschuldige... ich...«, der Blonde fuhr sich ein wenig peinlich berührt durch die lockigen, kinnlangen Haare, die doch eine gewisse Ähnlichkeit zu Ace' aufwiesen, wodurch Marco die beiden wohl verwechselt hatte. Durch die Bewegung kam eine Brandnarbe im Gesicht des jungen Mannes zum Vorschein. »... darf ich mich vorstellen? Ich bin Sabo«, lächelte der ihm jetzt selbstbewusst und freundlich entgegen und streckte ihm seine behandschuhte Rechte hin. »Bist du auch hier, um meinen Bruder zu besuchen?«
 

Sabo?! Ace' totgeglaubter Bruder?!
 

Marco hatte von diesem Sabo gehört, der der Revolutionsarmee angehörte, immerhin hatte er die Schritte von Ace' kleinem Bruder Ruffy über die Zeit hinweg ein wenig verfolgt. Doch niemals hätte er damit gerechnet, dass es sich um ein und dieselbe Person aus Ace' Erzählungen handeln könnte. Doch hier stand er, lebendig und sehr wirklich.
 

Marco blinzelte recht durcheinander und benötigte einen Atemzug, um sich wieder zu sammeln, bevor er dem jungen Mann seine Hand reichte und selbst diese kurze, formelle Berührung Erinnerungen und vertraute Gefühle mit sich brachte. Es war wirklich, als würde er Ace wieder gegenüberstehen, als wäre jener von den Toten auferstanden und das brachte ihn ziemlich aus dem Konzept.
 

»Marco... und ja, ich komme wegen Ace, aber auch wegen Whitebeard.«
 

Schon wieder züngelten Flammen über Sabos Mantelärmel und der Jüngere ließ die Hand des Phönix beinahe hastig wieder los, starrte erneut verwirrt auf seine Finger, bevor er die Brauen ergründend zusammenzog und Marco mit einem nachdenklich verzogenem Mundwinkel ansah. Ein amüsiertes, etwas irritiertes Schnauben entwich ihm. »Das klingt jetzt bestimmt total seltsam, Marco, aber... irgendwie hab' ich das Gefühl, als würde ich dich schon ewig kennen, dabei haben wir uns noch nie getroffen, oder?«
 

Dieser achtsame, leicht schalkhafte Blick, mit dem Sabo ihn musterte, erinnerte Marco so sehr an Ace, dass es beinahe unheimlich war. Warum ist er hier? Gerade jetzt? Gerade heute?
 

»Nein, wahrscheinlich nicht...«, Marcos Mundwinkel zuckten leicht, sein Blick huschte zu Ace' Grab hinüber und zu den frischen Blumen, die darauf abgelegt waren. Zumindest nicht in diesem Leben und in dieser Form. Neben dem Strauß roter Lilien standen Sakeschalen und eine bauchige Flasche des zugehörigen Alkohols.
 

Sabo folgte seinem Blick und meinte erklärend: »Ein albernes Ritual, doch ich komme seit Ace'-...«, er stockte und schluckte hart, »... nun, ich komme jetzt regelmäßig hier her, erzähle ihm, was Ruffy so treibt und stoße mit ihm an, so wie wir es als Kinder einst getan haben. Das gibt mir das Gefühl, dass er weiterhin ein Teil meines Lebens ist...«
 

Ein schmerzliches Lächeln umspielte Sabos Lippen, bevor er nach dem Zylinder griff, der im Gras lag und diesen auf den Kopf setzte. »Es kann wahrscheinlich nicht wieder gut machen, dass ich nicht da war, als er mich am meisten gebraucht hätte...«, die Züge des jungen Mannes wurden hart und er biss sich flüchtig auf die Lippe, »... doch zumindest will ich jetzt für ihn auf Ruffy achtgeben.«
 

Marco spürte Sabos Trauer wie seine eigene und es vermittelte ihm einen eigentümlichen Trost, diese so lebendige Verbindung zu Ace hier neben sich zu haben, eben auch, weil er sich dem jungen, blonden Mann auf unerklärliche Weise verbunden und nah fühlte.
 

Womöglich mochte das an seiner Teufelsfrucht liegen, aber... vielleicht hatte ein Stück von Ace doch irgendwie überlebt und das war alles, was für Marco zählte. Alles, was wichtig war.
 

»Du und Ace, ihr seid Kameraden gewesen, nicht wahr?!«, ergründend sah Sabo Marco von der Seite her an. »Du bist Marco, der Phönix. Ihr habt beide zu den Whitebeardpiraten gehört.«
 

»Das ist lang her...«, erwiderte Marco tonlos. »Aber ja, wir waren Nakama...- und so viel mehr«, doch das würde Sabo wohl kaum wissen wollen. Zumindest bezweifelte er das stark.
 

»Ich hätte eine Bitte...«, Sabo zupfte einen seiner edel wirkenden Handschuhe von den Fingern und blickte nachdenklich auf Ace' Hut, bevor er jenen kurzerhand ergriff und behutsam in den Händen drehte, eine spürbare Erinnerung wiederherstellte, die ihm abhanden gekommen war. Seine Augen verdunkelten sich kurz und Schmerz durchzog sie, während seine Mundwinkel bitter zuckten, doch dann hatte er sich wieder gefangen und wandte sich Marco zu.
 

»Du kanntest meinen Bruder, du hast viel Zeit mit ihm verbracht, Zeit, die mir nie mehr vergönnt sein wird. Ich weiß, es ist vermutlich viel verlangt, wir kennen uns nicht wirklich, aber...«, Sabo wich Marcos Blick verunsichert aus und wieder sah der Phönix so viel Ähnlichkeit zu Ace in dieser Geste, »...würdest du mir von Ace erzählen? Wie er war, was er angestellt hat, wie er gelebt hat... einfach alles.«
 

Die Bitte traf Marco unvorbereitet und bei einem anderen hätte er gewiss abgelehnt, doch... Sabo konnte er diesen Wunsch nicht abschlagen. Sein Phönix drängte ihn dazu noch ein wenig länger die Nähe des geliebten Feuers zu suchen und er selbst war selbstsüchtig genug, um dieses Gefühl von Vertrautheit und Zuhause in der Gegenwart des jungen Revolutionärs noch ein bisschen auskosten zu wollen.
 

Das konnte kaum alle seiner Wunden heilen, keine Erzählung würde Ace je zurückbringen oder konnte ihm wirklich gerecht werden und doch fühlte es sich auf seltsame Weise tröstlich an, nicht allein mit dem Verlust zu sein und seine Erinnerungen zu teilen, denn so würde Sabo mit Sorge dafür tragen, dass Ace nie in Vergessenheit geraten konnte.
 

»Nun...«, Marco griff nach der Sakeflasche auf Ace' Grab und füllte die Schalen auf dem Stein nach. Sabo ließ es unkommentiert, dass der Phönix drei Schalen befüllte, doch ein weiches Lächeln glitt über seine Lippen, bevor er die eigene, angebotene Schale entgegen nahm. Marco setzte sich nieder in das Gras und lehnte den Rücken an den kühlen Stein. »... ich hoffe, du hast noch etwas mehr Sake dabei, denn das wird vermutlich eine lange Geschichte.«
 

Der Wind frischte kurz auf, eine Böe trug einen milden Hauch und das Flüstern des Meeres heran und Marco meinte darin das vertraute Streicheln warmer Finger zu spüren und das grollende, zufriedene Lachen eines alten Piraten zu hören.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer das Zitat am Anfang erkannt hat, richtig,- es stammt aus dem Film „Die Geisha“! Ich empfand es irgendwie total passend für diese Einleitung und habe es deshalb verwendet :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und damit wären wir nun bei dem ersten, richtigen Rückblick angekommen, der den Auftakt zu den folgenden One Shots bilden wird. Ich werde auch versuchen die einzelnen Episoden in einigermaßen chronologisch sortierter Reihenfolge hier hochzuladen, damit kein wildes Chaos entsteht und man dem roten Faden möglichst leicht folgen kann :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh Wunder... ja, ich lebe noch!
Und ich habe es tatsächlich geschafft ein neues Kapitel für diese Story fertig zu bekommen, wuhu!
Ich gebe zu, es ist bestimmt nicht mein Bestes und so ganz zufrieden bin ich nicht, aber... besser, es geht überhaupt weiter, als dass die Story weiter als abgebrochen gilt ^^'

Ich bin motiviert nach dem ganzen Stress und Chaos in meinem Leben jetzt langsam mal meine ganzen angefangenen Projekte anzupacken und nach und nach fertigzustellen, bevor ich mich ENDLICH mal wieder etwas Größerem widmen will ;D

Liebe Grüße und – im besten Fall – bis bald
eure Cey :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wow, ich bin recht stolz auf mich, schon das nächste Kapitel! ;D

Ich hoffe, ich konnte euch damit zufrieden stellen und ein paar Emotionen bei euch wecken?!
Wie ihr sicher merkt, geht die Entwicklung von Bromance zu Romance recht langsam von statten, doch ich wollte das Ganze authentisch gestalten, weswegen ich mich für eine gemächliche Entwicklung entschieden habe. Aber es wird noch genug Knistern zwischen den beiden folgen, versprochen :)

Liebe Grüße
eure Cey :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ich weiß, laut aktuellem One Piece Kapitel 909 …

- VORSICHT MÖGLICHER SPOILER -



… ist sich Marco der heilenden Wirkung seiner Kräfte wohl durchaus bewusst, immerhin war er ja offensichtlich sogar der verdammte Schiffsarzt der Whitebeards! (Warum zum Teufel war der jetzt eigentlich der Schiffsarzt, argh?! Obwohl es ja irgendwie fast logisch erscheint... Und verflucht, ist der Typ mit Brille heiß! xD)

Als ich die Story angefangen habe, war das natürlich (zumindest für mich) noch nicht bekannt, aber ich werde das Ganze jetzt auch so belassen, wie es ist. Ich habe natürlich versucht alles ein bisschen zurecht zu stutzen, aber bei mir ist er eben nun (noch) nicht „everybody's best healer“ xD

Die Lieder vom Anfang musste ich irgendwie die ganze Zeit beim Schreiben hören, ich fand sie für die Geschichte der beiden irgendwie unheimlich passend und wollte sie deswegen mit euch teilen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wow, okay... das war ein heftiges Kapitel.

Ich habe es gewagt mich mit Marcos Vergangenheit auseinander zu setzen und versucht ihm ein bisschen mehr Hintergrund zu verpassen. Ich hoffe einfach mal, dass das nicht völlig in die Hose gegangen ist ^^'

Ich würde mich natürlich sehr über diverse Meinungen zu diesem Kapitel freuen, das wirklich zu einem der schwierigsten bisher für mich zählt.

Liebe Grüße
eure Cey :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hm, also eigentlich hätte das hier nur ein kurzes Zwischenkapitel werden sollen, bevor es im nächsten - endlich - mal etwas mehr zur Sache gehen sollte zwischen den beiden (hehe, yeah xD), aber... ja gut, ist doch länger geworden als gedacht ^^'

Irgendwie bin ich diese Woche nicht so recht zum Schreiben gekommen und es hat sich gezogen, ich hoffe aber trotzdem, dass es Anklang findet :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ihr lieben Leser, ihr seht richtig... ich bin zurück und dieses Kapitel endet untypisch mit einem Cliffhanger!

Dafür gibt es auch Gründe... erstens wollte ich euch nach der langen Abwesenheit schon mal etwas zum lesen geben und mich zurückmelden und zweitens, das Kapitel wird schon wieder so lang, dass ich es diesmal lieber teilen wollte.
Und ich wollte auch mal mit einem Cliffhanger arbeiten... ;P Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, das ist es - das Ende.
Oh man, ich kann es selbst kaum glauben, dass ich es geschafft habe... nach 4 Jahren findet diese Geschichte ihren Abschluss!
Ich blicke mit einem weinenden und einem lachenden Auge zurück, ich bin froh, dass ich diese Geschichte tatsächlich als abgeschlossen kennzeichnen kann, aber auch sehr wehmütig, weil diese Reise nun vorbei ist.

Ich habe lange mit mir gehadert, ob ich die Ereignisse am Marineford nochmal näher zur Sprache bringe und eigentlich war auch ein Kapitel dafür geplant, aber am Ende hab' ich mich doch anders entschieden.
Ehrlich, ich konnte es nicht.
Es hätte mich zu sehr geschmerzt, Ace' Tod nochmal durchleben und beschreiben zu müssen... dieses Kapitel hier war in der Hinsicht schon hart.
Ich hoffe, ihr könnt mit diesem Abschluss leben und hattet genau soviel Spaß und Freude an der Story wie ich :)

Ich danke allen, die die Geschichte gelesen haben und natürlich für jeden lieben Kommentar, der mir hier hinterlassen wurde <3

Vielleicht liest man sich auf die ein oder andere Art und Weise ja wieder :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (34)
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Von:  lexa_0712
2020-09-19T06:34:15+00:00 19.09.2020 08:34
Hallo Ceydrael,

erstmal Dankeschön für diese großartige Sammlung.
Ich habe diesen Fanfic jetzt bereits mehrfach gelesen. Und jedesmal verliere ich mich in deiner Art zu schreiben und deinem Humor. Spätestens bei der Szene im Dschungel muss ich immer anfangen zu lachen. Jede Szene läuft wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Ich liebe es!

Die Beziehung der Beiden zueinander hat mich von Anfang an fasziniert. Ebenso wie du die Gefühle von Beiden beschreibst. Ich konnte jedes Gefühl nachvollziehen und daher mitfühlen.
Vielen Dank dafür!

LG
Lexa
Von:  DoD
2019-09-29T22:27:50+00:00 30.09.2019 00:27
Guten Abend,

Sehr sehr schön, sehr fesselnd, sehr einladend zum träumen und versinken. Du bringst eine Saite zum klingen, die einen Ton erzeugt, dem man sich nicht entziehen kann - warm, langsam, bedächtig und vorsichtig zeichnest du eine Beziehung, die so so traurig ist, weil man schon von Anfang an weiss, wie sie enden wird, zwangsläufig- ich bin sehr berührt, von jedem Kapitel, von der Tiefe und der Logik, von dem Feuer der Beiden.
Danke Dir für diese Sammlung.

GG DoD
Antwort von:  Ceydrael
02.10.2019 19:04
Hey,

es freut mich sehr, dass ich dich mit der Geschichte so sehr abholen und emotional mitnehmen konnte. Dann habe ich als Autor offenbar alles richtig gemacht :)
Gerade die Nachvollziehbarkeit der Gefühle der beiden zueinander war mir sehr wichtig und es ist schön zu lesen, dass das angekommen ist.

Hab Dank für deine Rückmeldung!
LG Cey
Von:  Ookami-Inu_Ruffy
2019-09-07T14:27:58+00:00 07.09.2019 16:27
Vielen Dank für diese tolle Geschichte
Ich bin noch total geplättet von diesem Kapitel
*Taschentuch-Alarm
So schön und so traurig
Antwort von:  Ceydrael
14.09.2019 09:30
Vielen Dank, dass du die Story so lang begleitet und für lesenswert empfunden hast :)
Emotionen zu wecken, das Herz zu berühren - ob nun im traurigen oder schönen Sinne - das war genau mein Anliegen mit dieser Geschichte. Es freut mich, dass es gelungen ist :)
Von:  sa67340
2019-08-22T21:28:31+00:00 22.08.2019 23:28
Ein wirkliches schönes Kapitel, trotz des traurigen Endes. Die Geschichte ist so beeindruckend geschrieben, dass ich einfach nicht möchte, dass sie endet. Aber nach dem Kapitel ist es leider zu befürchten, dass die Geschichte bald ihr Ende findet.
Antwort von:  Ceydrael
06.09.2019 21:48
Danke für das Lob und für die lieben Worte, die du hiergelassen hast :)
Ja, leider geht es mit sehr großen Schritten auf das Ende zu und das nächste Kapitel wird wohl schon das Letzte sein. Doch irgendwann muss eben alles einmal einen Abschluss finden.
Von:  Shitari
2019-08-11T07:24:19+00:00 11.08.2019 09:24
Ein tolles Kapitel.... herzzerreißend *heul*

Antwort von:  Ceydrael
11.08.2019 19:25
Schön, dass es dir offensichtlich gefallen hat :)
Auch wenn es am Schluss zugegeben etwas trauriger wurde, aber... das Ende naht eben :(
Von:  Shitari
2019-06-24T11:50:24+00:00 24.06.2019 13:50
Deine FF ist der Hammer!
Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Pairing so gefällt.
Mir gefällt dein Witz und auch dein Schreibstil sehr :)
weiter so ^^
Antwort von:  Ceydrael
24.06.2019 15:13
Vielen Dank für dein Lob :)
Ich freue mich, dass ich dich offenbar für das Pair begeistern konnte!

Liebste Grüße :)
Von:  Ookami-Inu_Ruffy
2019-02-28T22:51:08+00:00 28.02.2019 23:51
Ich liebe dieses Kapitel!
Der Reihe nach
Ich bin froh, dass es ein Ungetüm ist, so hat man viel zu lesen ;P
Law ist dir super gelungen, alles was man von ihm lesen wollte , hast du mit eingebaut ( das passt aber zu allen Charakteren)
Die Kampfszenen fand ich klasse beschrieben und auch die Darstellung von Yaako und seinen Leuten.
Ich bin auch glücklich darüber, dass der zweite Teil auch nicht lange auf sich warten ließ
Und alle meine Erwartungen wurden nicht nur erfüllt sondern übertroffen *~*
Es macht so mir so Spaß deine Geschichte zu verfolgen.
Die Liebe zwischen Ace und Marco ist so rein und pur. Es ist richtig schön, dass es so langsam aufgebaut ist.
Und ich hab es gerne , wenn die Charas etwas leiden müssen , dass Marco fast gestorben wäre, ist genau das Drama Level , was ich gerne lese
Die Unterhaltungen der Beiden ist einfach nur schön zu lesen.
Genial, dass Ace auf Law eifersüchtig ist.
Es passt auch, dass sich die beiden Ärzte gut verstehen.
Das Gespräch Ace und Izou fand ich sehr interessant, auch dass Ace ein wenig von ihm bemuttert wird. Man merkt richtig, wie gut es Ace durch seine Nakama geht.
So lustig, dass Marco sich für alle Fälle arbeit zurecht gelegt hatte.

Und nun zum unteren Drittel:
Wie heiß war bitte schön dieses Zusammenspiel der Beiden?
*sabber* Mein Fangirl-Herz klopft noch wie wild.
Erst das heiße Anmachen, dann die Sonder Behandlung und dann der anschließende Gott-sei-Dank-wir-leben-noch-Sex xD
Ich kann mir vorstellen wie schwierig das zu schreiben ist
Aber es ist dir unglaublich gut gelungen, es war absolut sinnlich und aber so hart erotisch
Und zum Abschluss dann sogar mit Kuscheln

Ich muss mich einfach wiederholen: Ich liebe diese Fanfiction
Und ich wünsche mir noch mehr davon ♡
Antwort von:  Ceydrael
02.03.2019 14:25
Mensch, ich bin wirklich sehr sehr froh, dass meine Darstellung von Ace und Marco offenbar zu gefallen scheint. Davor hab ich immer die meiste Sorge, dass mir die Charaktere irgendwie komisch oder ooc geraten könnten, aber... glücklicherweise scheint das ja nicht der Fall zu sein ^^'
Oh und gut, dass du die Länge nicht abschreckend findest, aber ich fürchte, die Kapitel werden bei mir meist nicht kürzer, zumindest nicht, wenn ich so viel reinpacken will, um die Situation nachvollziehbar zu gestalten :D

Ich musste ehrlich so lachen... "Gott-sei-Dank-wir-leben-noch-Sex"... besser hätte man es wohl nicht ausdrücken können! xD
Und genau das sollte auch rüberkommen, dass Marcos quasi Nahtoderfahrung die beiden am Ende noch mehr zusammengeschweißt hat *-*
Ja, solche Szenen sind nie einfach, es soll nicht plump und langweiliger Standart werden, was man schon gefühlt tausendmal gelesen hat... aber auch direkt und erotisch genug, um die Leser mitzunehmen und die Emotionen zu transportieren. Ich bin jedes Mal sehr froh, wenn ich das einigermaßen auf die Reihe bekomme ^^'

Ich freu mich sehr, dass du meine Geschichte so magst und weiterhin dabei bist! :)
Liebe Grüße
Von:  Ookami-Inu_Ruffy
2019-02-28T22:03:57+00:00 28.02.2019 23:03
Jeden, der es hören will, dränge ich diese Fanfiction auf.
Mehrmals hab ich schon die verschiedenen Kapitel gelesen.
Aber für das wichtigste nehme ich mir nicht genügend Zeit: nämlich einen Kommentar zu hinterlassen.
Ich liebe deinen Schreibstil!
So authentisch wie die Figuren geschrieben sind, stelle ich mir schon fast vor, dass es tatsächlich so gewesen sein könnte.
Die Art wie die einzelnen Szenen beschrieben sind, lassen in meinen Kopf direkt die passenden Bilder auftauchen.
Auch fühlt man direkt mit Marco und Ace mit.
Zu diesem Kapitel: Ich habe fast jeden Tag nach geschaut, wann es online kommt und hab mich riesig gefreut als es endlich so weit war.
Man merkt natürlich deutlich, dass es die erste Hälfte eines Kapitels ist.
Trotz alle dem, fand ich den Anfang lustig , der immer spannend werdende Mittelteil war okay
Aber das packende Drama zum Schluss hat mich total überzeugt ♡
Ich liebe Drama
Und es war genau das, was ich lesen wollte *~*
Das es diesen Cliffhanger gab , hat einfach super gepasst,
Lust auf mehr gemacht und auch angeregt zu überlegen wie es weiter gehen könnte ♡
Natürlich ging mein Fan-girl-Herz auf bei dem Cameo und ich find es richtig genial, dass du Law mit eingebaut hast
Liebe Grüße
Antwort von:  Ceydrael
02.03.2019 14:15
Ah, vielen vielen Dank für dein Review und dafür, dass du so begeistert von meiner Geschichte bist! *-*
Das macht mich sehr glücklich :)

Es tut mir auch leid, dass es so lange gedauert hat, bis es endlich weiter ging, aber dafür gab es diverse Dinge im Reallife, die meine ganze Zeit und Motivation gefressen haben... jetzt hoffe ich aber wieder etwas beständiger an der Story bleiben zu können ^^'
Sie ist mir ja doch ein Herzensprojekt, da Ace&Marco eigentlich DAS Ship schlechthin für mich sind. Und ich will das alles hier zu einem runden, vernünftigen Abschluss bringen... auch wenn wir wahrscheinlich alle wissen, was uns am Ende erwarten wir... :(
Von daher wird deine Vorliebe für Drama bestimmt noch ausreichend bedient werden! ;D

Ich bin auch unheimlich erleichtert, dass Law offenbar ganz gut ankam... ich hab hin und her überlebt, wie und ob ich es so machen kann, aber da ich ebenso ein großer Law-Fan bin, musste er einfach mal kurz auftauchen ^^

Nochmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für einen Kommentar genommen hast :) Ich weiß, dass ist nicht selbstverständlich, aber dafür immer umso motivierender für einen Autor! *-*

Liebe Grüße
Cey
Von:  Sains
2019-02-26T05:24:49+00:00 26.02.2019 06:24
Ohhhhh…. wie schön!
Das Kapitel ist dir super gelungen!
Nach dem Kut im letzten Kapitel konnte ich es kaum abwarten, wie es weiter ging. Aber das hier übertrifft meine Erwartungen in der Vorfreude :)
Und den Sexpart finde ich super geschrieben! Beide Daumen hoch :)
Tragisch, dass sich beide zu viele Gedanken machen. Aber ein wunderschönes Ende, dass sie doch zusammen in Marcos Bett schlafen.
Was wohl Thatch sagen wird, wenn er am nächsten Morgen von Izou wieder kommt und die beiden im Bett findet?

Bitte mehr davon^^

LG Sains

Antwort von:  Ceydrael
27.02.2019 19:57
Hallo Sains und vielen, lieben Dank für deinen Kommentar :)
Es freut mich, dass ich deiner Vorfreude und Neugier auf den Fortgang der Geschichte offensichtlich gut gerecht werden könnte! Nach der langen Zeit hatte ich schon ein bisschen Angst es zu versauen ^^'
Ich bin auch sehr erleichtert, dass dir der Sexpart gefallen hat... Sowas ist ja immer besonders schwer zu schreiben.

Ja, das Ende musste dann auch irgendwie ein bisschen gefühlvoller sein, nach den ganzen Ereignissen sollten die Zwei doch schon langsam mal mitbekommen, dass sie vielleicht doch nicht nur Freunde sind und sein wollen, die nur mal miteinander ins Bett steigen ;D
Und was Thatch wohl dazu sagt, tja, wer weiß!? Vielleicht ist der ja ganz anderweitig bis zum Morgen mit Izou beschäftigt :D

Herzliches Danke nochmal für deine Rückmeldung :)
Lg Cey
Von: abgemeldet
2018-12-23T14:20:58+00:00 23.12.2018 15:20
Oh man ... ich kann mir viel zu gut vorstellen, wie sehr Ace seinen Geburtstag hassen muss. Ich kann mit meinem eigenen schon nicht viel anfangen und seine Gründe sind ja viel größer und schlimmer. Ich frag mich, wie die Crew herausbekommen hat, wann er Geburstag hat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er das irgendwann mal freiwillig erwähnt hat, aber vielleicht sind die alle einfach viel zu gut informiert. Jedenfalls hat er gute Miene zum bösen Spiel gemacht und sich dann ja doch noch etwas feiern lassen. Bei so ner Bande kann man sich dem vermutlich auch nicht wirklich entziehen.
Dazu dann auch noch dieses kleine Eifersuchtsdrama. Oh man, Ace. Da kam dann doch wieder etwas Naivität durch und vor allem die Gefühle, die er für Marco hat und die ihm wohl erst da so richtig bewusst geworden sind. Nun ... man kann Dinge schon missverstehen, wenn man sie unbedingt missverstehen will und Vistas Anmerkungen waren da wirklich nicht hilfreich.
Aber gut, dass die beiden das am Ende noch geklärt haben. Hehe ... oh ja ... das haben sie. |D
Übrigens finde ich die Idee, dass Ace den schwarzen Mantel von Marco bekommen hat, echt großartig. Den finde ich so cool. *__*
Und dass sich die beiden nun endlich einander hingeben ... hach ... man hat ihnen angemerkt, wie sie sich gegenseitig ausgehungert haben. Von jetzt an geht es da sicher rund. Ace kann sich doch nicht zusammen reißen. XD
Antwort von:  Ceydrael
26.12.2018 20:28
Vielleicht hat es Ace Marco gegenüber mal versehentlich erwähnt, wann er Geburtstag hat, aber ich kann mir eigentlich auch nicht vorstellen, dass er es freiwillig verraten hat – wahrscheinlich hat ihn Thatch so lange genervt, bis er es notgedrungen ausspucken musste ^^'
Und immerhin hat ihm Marco den (verhassten) Geburtstag ja doch unheimlich... versüßt ;D

Ich glaube, wenn man so fokussiert oder fixiert auf etwas ist (wie Ace auf Marco, auch wenn er das wahrscheinlich niiiieeee zugeben würde), entwickelt man schnell einen Tunnelblick und sieht nur noch das, was man sehen oder hören will... und da kommt schnell mal Eifersucht zustande ^^'
Außerdem war Ace an diesem Tag eh schon unnatürlich angespannt, also mögen wir es ihm vergeben ;D
Manchmal braucht es ja auch gerade solche Situationen, dass man sich gewisse Dinge eingestehen kann – wie die Tatsache, dass man doch gern mit seinem Freund intimer werden würde :D

Ich liebe diesen Mantel auch... und Ace darin noch viel mehr! *-* Irgendwie erschien mir das tatsächlich wie ein passendes Geschenk, was Marco für seinen Freund auswählen könnte und ehrlich... Blumen wären ja auch nicht so cool gewesen oder so heiß! ;D

So, puh, jetzt bin hab ich all deine Kommentare hier endlich abgearbeitet! ^^
Noch einmal vielen lieben Dank und hoffen wir, dass der nächste... Akt nicht mehr so lang auf sich warten lassen wird! Ace' Libido möchte sich doch garantiert nicht zurückhalten xD


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