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West Coast

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich bin ehrlich. Ehrlich sauer.
Ich hatte wirklich KEINE Motivation, um weiterzuschreiben, nachdem ich bei den letzten 6 Kapiteln (!) insgesamt 0 Kommentare hatte.
Finde es schon dreist, wenn man nur nimmt.

Aber ja, hier euer Kapitel... Komplett anzeigen

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Herzschmerz & Unfälle

Ryou's Sicht:

Meine Finger zitterten, meine drehende Welt wurde auch noch schwarz dazu. Ein stechender Schmerz in meiner Brust war zu spüren und mein Magen verkrampfte sich. "Wie konnte ich nur so dumm sein?!", schrie ich aus und erkannte erst in diesem Moment meine Naivität. Ich konnte mir selbser nicht glauben, so dumm gewesen zu sein. Ich beugte mich hinunter, hielt mir den Bauch und mir war nach Brechen zumute. Meine Augen begannen zu tränen.
 

Augenblicklich erhob sich Ishizu und stürmte auf mich zu. "Bring ihn Heim", sagte Mai besorgt und klopfte mir auf die Schulter. Die beiden kamen mir so fern vor und ich fühlte mich so, als wäre ich alleine in einer abgeschotteten Welt. Ich fühlte mich so, als wäre keiner da, weil mir niemand helfen konnte. Sie konnten mir nur zuhören und Mitleid empfinden, aber wirklich helfen konnten sie nicht. Und ich übergab mich - aber nicht wegen dem Alkohol.
 

"Marik, wir müssen Ryou nach Hause fahren!", informierte sie ihren Bruder, der sich aufrichtete und die Autoschlüssel herauskramte. Die beiden führten mich zu ihrem Wagen und ich hörte, wie plötzlich alle still wurden. Fragen, ob ich etwas getrunken hätte und die Vermutung, dass ich mit Seto gestritten hatte wurden ausgesprochen. Die Stimmen waren wieder Kilometer weit weg für mich. Ich lehnte alles, das nicht meine Gedanken waren, ab, obwohl ich sie am liebsten abgeschalten hätte.
 

Marik stützte mich, da ich nicht mehr gerade gehen konnte. Der Körperkontakt mit wem anderen als Seto war so anders und so unangenehm. Es war fast wie Betrug. Doch das hatte sowieso keinen Wert mehr, weil da nie etwas zwischen uns gelaufen ist. Noch einmal und noch einmal fragte ich mich selbst, wieso ich so dumm war und das Wesentliche übersehen habe. Wieso ich - als sensibler Mensch - nicht wittern konnte, dass all die Gesten nur aus Höflichkeit waren. Wie konnte ich so blind sein und meine Einsamkeit an eine höhere Stelle setzen, als mein Gespür für Menschen. Wie konnte ich das nur zulassen.
 

Marik setzte sich neben mich auf den Rücksitz, Ishizu fuhr. "Ist er in der Lage, seine Adresse zu nennen?", wollte die Ägypterin von ihrem Bruder wissen, welcher mich ansah und nicht so recht wusste, ob ich überhaupt noch klar denken konnte. "Seto ist abgehauen. Vielleicht haben sich die zwei gestritten. Ryou scheint das nicht verdauen zu können. Vorallem nicht mit diesem Alkoholspiegel", der Blonde sah mich besorgt an. Wenig wussten die beiden. Mai wollte es sicher nicht vor allen sagen, sie wollte mir das Drama ersparen. Dafür hätte ich ihr danken sollen.
 

Ich fragte mich, ob Seto es irgendwem erzählen werden würde. Ich dachte, dass ich ihn kenne, aber mir wurde bewusst, dass ich es nicht einmal einen Bruchteil tat. Die Sorgen sammelten sich an, als ich daran dachte, dass mich die ganze Gruppe möglicherweise verwaisen würde. Ich war wahrscheinlich nur das temporäre kleine Kaninchen, von dem alle wussten, dass es bald weg vom Fenster sein würde. Vielleicht wussten sie es alle.
 

"Wie konnte ich so blind sein?!", ärgerte ich mich weiter und ballte die Fäuste. "Es war sicher etwas mit Seto", bestätigte Marik und streichelte mir beruhigend über die Schulter. "Greif' mich nicht an!", fauchte ich und wollte von niemandem berührt werden. Ich wollte nicht berührt werden, ich wollte nicht angesprochen werden und ich wollte nicht beachtet werden. Ich wollte einfach alleine sein und meine Gefühle loswerden.
 

"Ryou ist doch der Sohn von Herrn Bakura", fiel Ishizu ein und sie wusste dann schon, wie sie fahren musste. Sie drückte stärker aufs Gas und wir näherten uns meinem Haus immer mehr - aber ich wollte nicht nach Hause. Ich wollte im Meer ertrinken. Ich wollte einfach von der Bildfläche verschwinden, wollte nicht mehr atmen und wollte nicht mehr existieren.
 

"Steigst du mit ihm aus?", Ishizu blieb vor meinem Haus stehen und sah mittels Rückspiegel zu mir. Sie musterte mich und sah ganz danach aus, als ob sie mehr helfen hätte wollen, als sie es durch das nach Hause fahren sowieso schon getan hatte. "Natürlich", antwortete Marik und machte die Türe auf. Er stieg zuerst aus. Mühsam schob ich mich bis zur Kante des Sitzes und drehte mich um 45 Grad. Meine beiden Füße berührten den Boden, waren aber nicht fest drauf. Ich wollte nicht aussteigen. Einige Sekunden blieb ich sitzen.
 

"Na komm", Marik nahm meine Hand und zog leicht an ihr, worauf ich nach vorne kippte und am liebsten mit dem Gesicht in den Dreck gefallen und die ganze Nacht in dieser Position geblieben wäre, nur, um noch nicht heim gehen zu müssen. Ich wollte nicht, dass mich mein Vater so sieht. Betrunken und emotional am Ende. Ich wollte ihm nicht erklären, was passiert war. Es war mir einfach so peinlich.
 

Dad wusste, dass Seto mein Typ war. Er wusste, dass ich mich schnell verliebte. Er wusste, dass ich ihm gegenüber sehr anhänglich war. Er wusste, dass ich bei ihm geschlafen habe. Er wusste, dass wir uns sehr nah gekommen sind. Er wusste alles, und doch war ihm das Wichtigste nicht bewusst: Es war vorbei.
 

Ich konnte und wollte mich nicht gegen die Freundlichkeit der Ishtars wehren, also stieg ich aus. Ich stand auf schwachen Beinen und mein Kopf schien so, als wäre er nicht richtig an meinem Hals befestigt worden. Mit unsicheren Schritten ging ich mit Marik mit, der immer darauf achtete, dass ich einen Fuß langsam vor den anderen setzte. Er stützte mich wieder. Und dieser Körperkontakt hat mich wieder zur Weißglut gebracht. Ich wollte ihm ins Gesicht schlagen, es machte mich so wütend, angegriffen zu werden. Diese Berührungen konnten mir gestohlen bleiben. Und die Tatsache, dass ich all das zurückhalten musste, machte alles nur noch schlimmer.
 

"Ich will nicht nach Hause", wimmerte ich und riss mich von Marik los. "Wir haben es gleich geschafft, Ryou", sprach Marik noch mit viel Geduld und drückte seinen Arm gegen mich, sodass wir vorankamen. Ich war kurz davor, ihn wegzustoßen.
 

Als wir bei der Türe ankamen, klopfte Marik stark dagegen. Ich wusste gar nicht, wie spät es schon war und fragte mich, ob mein Vater schon schlief. Nach kurzer Zeit wurde uns aufgemacht und mein Vater blickte zuerst erfreut, bemerkte dann aber meinen kritischen Zustand. "Er hatte ein bisschen zu viel", informierte ihn Marik und übergab mich meinem Dad. Auch diese Berührung konnte ich nicht ausstehen. Mein Dad bedankte sich herzlichst bei Marik, welcher dann wieder zu seiner Schwester ins Auto stieg.
 

"Ryou, hast du zu viel getrunken?", Dad blickte mir in die Augen und bekam keine Antwort von mir. Mein hin- und hertaumeln war aber schon Antwort genug und somit trug er mich aufs Sofa. Er deckte mich zu und stellte mir eine große Flasche Wasser auf den kleinen Tisch. Die Übelkeit wurde stärker aber ich war mir nicht sicher, was ich brauchte, damit es besser wurde. Entweder Setos Nähe, die sowieso nie echt war oder einmal Kotzen. Wobei ich da keinen Unterschied mehr sah.
 

"Wieso hat dich Seto nicht nach Hause gebracht?", wollte mein Vater wissen und setzte sich an die Lehne der Couch. Er sah mich erwartend an doch ich schloss die Augen, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Ich wollte es ihm nicht erzählen, mein erster Herzensbruch war mir einfach viel zu peinlich. Außerdem wollte ich nicht zugeben, dass es keine normale Trennung war sondern schlicht und einfach ein Missverständnis. Das machte mich wahnsinnig. Ein einfaches "Vielleicht passen wir doch nicht zusammen" wäre da viel unkomplizierter gewesen. Das hätte ich mir noch einfach einreden lassen.
 

Dann aber wurde mir schon alles egal, ich wollte mich nicht erklären, ich wollte mich nicht dafür entschuldigen, zu viel getrunken zu haben und ich wollte mich nicht für irgendetwas rechtfertigen. Mir kamen die Tränen und ich ließ es einfach raus. Wollte nicht mehr alles schlucken und dann nie verdauen. Ich begann zu weinen und mein Vater schien schon zu verstehen, was der mögliche Grund dafür sein hätte können, dass mich Marik und nicht Seto nach Hause gebracht hat. Er schien es mit einem Mal verstanden zu haben und kniete sich vor das Sofa. "Ach, Ryou...", er strich mir durch die Haare, stand auf und zog mich zu ihm. Er drückte mich fest an sich und sagte kein einziges urteilendes Wort. Er wusste, dass ich es nicht mochte, wenn man mit mir redete, wenn ich weinte.
 

Ich sülzte sein gesamtes Shirt voll, meine Tränen stoppten nicht und ich war mir nicht sicher, ob ich mich nicht doch zu fest an ihn klammerte. Ich wollte eigentlich niemanden angreifen aber gleichzeitig brauchte ich wen, der mich hielt. Es war alles so verwirrend und ich konnte nun endlich all die Herzensbrüche in den Filmen nachvollziehen. Das Heulen, die Verwirrtheit, die Sehnsucht und den Hass. Ich fühlte mich selber wie in so einem Film.
 

Ich hatte das Bedürfnis, Setos Haus abzufackeln und zur selber Zeit wollte ich von ihm 'wunderschön' genannt werden. Ich wollte ihn im Meer ertränken und zur selben Zeit wollte ich mit ihm irgendwohin weit weg fliegen. Dann war noch die Frage, weshalb ich überhaupt sauer auf ihn war, da er es nie böse meinte und sich nur um mich kümmern wollte. Andererseits konnte man jemandem das Gefühl von Geborgenheit auch anders vermitteln, als ihn anzulügen, dass man ihn romantisch liebt. Und wieder andererseits hasste ich nicht nur ihn, sondern viel mehr mich. Dafür, dass ich nicht merkte, dass es von Anfang an nicht klappen hätte können.
 

Setos Sicht:

Voll Energie geladen sprang ich auf meine Maschine, startete sie gewaltsam und driftete davon. Es war dunkel und ich sah nicht viel, fuhr aber trotzdem mit einer gefährlichen Geschwindigkeit. Ich redete mir ein, dass meine Augen durch den heftigen Gegenwind tränten, aber ich wusste natürlich den wirklichen Grund, ich wollte mir nur nicht so unmännlich und verweichlicht vorkommen. Es demütigte mich. Ich habe davor lange nicht mehr geweint. Schon gar nicht wegen so einem Missverständnis.
 

Wie konnte ich nur so dämlich sein? Ich hätte früh erkennen müssen, dass es ihm nie um mich ging. Eigentlich habe ich sowieso gewusst, dass er anhänglich werden wird, aber meine Gefühle haben mein klares Denken vertuscht... Es ärgerte mich halb tot. Einmal im Leben dachte ich, dass ich eine richtige ehrliche Beziehung eingegangen wäre. Und dann stellte sich heraus, dass es wieder ein Fehler war. Ich hörte auf, an das große Glück zu glauben. Es reichte mir. Ich hätte schreien können.
 

All die Schmetterlinge im Bauch, all die reizenden Blicke, all die Berührungen waren nie echt. Es war alles einfach nur durch die Abhängigkeit von Ryou gesteuert. Ein psychologischer Effekt, eine Illusion, eine Lüge. Es ging nicht um mich, nicht um mich, nicht um mich. Es hätte genau so gut jemand anderer sein können, es wäre ihm scheißegal gewesen. Ich war nur das Modell, das durch jede andere Person ersetzt hätte werden können. Meine Hände griffen die Lenker fester.
 

Tränen wurden mit dem Wind davongetragen, meine Sicht war etwas verklärt. In meinem Kopf tobte alles und mein Magen verkrampfte sich. Ich war nie empfindlich, ich war nie sensibel - ich hatte eine dicke Haut. Doch in diesem Moment schien plötzlich gar nichts mehr zu funktionieren und mein Körper verhielt sich wie ein überlasteter Computer, der gerade abstürzte. Mein Kopf war schwer, meine Augen waren nass, mein Brustkorb war verengt, meine Hände waren zu fest an die Lenker geklammert, mein Magen wollte sich entleeren und mein Herz schlug viel zu schnell. Ich fühlte das erste Mal seit Langem wieder einmal Angst beim Fahren. Normalerweise machte ich mir nie Sorgen, während ich fuhr - ich scheute mich nie, aufs Gas zu drücken. Doch in diesem Zustand und im Dunkeln war es sehr einfach, von der Spur zu kommen und Mist zu bauen. Ich hatte einfach so Angst, zu sterben, obwohl mir das andererseits am liebsten gewesen wäre.
 

Alles wäre mir lieber gewesen als wegen eines Missverständnisses so zu leiden und wie der letzte Idiot dazustehen. Ich habe immer darauf geachtet, möglichst elegant und den anderen überlegen zu wirken. Seto Kaiba war intelligent und wusste, wie er seine Stärken nutzte - bis so ein dummer, kleiner Typ kam und alles ruinierte. Er ruinierte meine Wahrnehmung, meine Hoffnungen und meinen Ruf. Ich konnte mich so nicht mehr bei meinen Freunden blicken lassen, das ging nicht. Ich habe mich mit diesem Sensibelchen in der Stadt gezeigt, alle haben uns gesehen, ich habe ihn in Schutz genommen und dann ist alles geplatzt, wie eine Seifenblase, wie ein Luftballon. Mit einem Mal und vorbei war es.
 

Er war auf mich angewiesen, er brauchte meine Hilfe, als ihn die Wellen verschlangen. Er musste gerettet werden, doch wieso von mir? Wieso sagte ich allen, dass sie gefälligst gehen sollten und ich übernehme? Wieso bin ich nicht auch weggefahren, da es wahrscheinlich eh jemand anderer auch tun hätte können? Irgendwer hätte Ryou gerettet, wenn ich der erste gewesen wäre, der sich aus dem Staub gemacht hätte. Ich war mir sicher. Vielleicht Ishizu, vielleicht Joey, vielleicht Marik. Irgendjemand, und es wäre nie so gekommen, dass ich mit nassen Augen die Straße entlang fahren musste.
 

Ich hätte mich aber wahrscheinlich auch in ihn verliebt, wenn ihn wer anderer bei sich geborgen hätte. Ich bezweifelte sehr stark, dass ich aufgehört hätte, an ihn zu denken, nur, weil er nicht bei mir war. Schon die erste Begegnung trieb mich in den Wahnsinn. Der Augenblick, als ich sein Parfum in die Nase sog und in seine braunen Augen sah. Der Zeitpunkt, an dem ich das Verlangen hatte, ihn einfach zu mir nach Hause zu nehmen. Das alles brannte sich in meinen Verstand.
 

Sein Haar, seine Augen, seine Stupsnase, seine Lippen, seine blasse Haut, sein Körper und seine Stimme. Es war so, als hätte ich Ryous Erscheinungsbild nun als Idealbild in meinem Kopf gespeichert. Wie automatisch griff ich mir mit den Händen an den Kopf, wollte diese Bilder loswerden und vergaß dabei auf die Straße. Ich wollte meine Hände wieder auf die Lenker tun, verlor dann aber Kontrolle über meine Maschine. Im Moment, wo ich von meinem Motorrad fiel, verspürte ich eine ungeheure Furcht. Mir war nicht bewusst, wie es sich anfühlte, Kontrolle über mein Motorrad zu verlieren. Ich beherrschte jede Kurve und jeden Trick. Es kam mir nie in den Sinn, einmal nicht mehr zu wissen, was mit mir geschieht, während ich fahre.
 

Bevor ich am harten Asphalt aufkam, waren meine Hände zwar nicht mehr auf den Lenkern, meine Beine jedoch noch an der richtigen Stelle. Somit fiel das gesamte Gewicht meines Motorrades auf mich drauf, ich lag hilflos am Grund. Es fühlte sich an, als wäre ein ganzer Berg auf mich gefallen. Ich schrie schmerzerfüllt auf und versuchte mich zu bewegen. Am schlimmsten erging es meinem Magen, er fühlte sich gar zerquetscht an. Ein schreckliches Gefühl, am liebsten wäre ich einfach in Ohnmacht gefallen, um gar nichts mehr zu spüren - weder den emotionalen Schmerz, noch den körperlichen.
 

Ein zweites Mal schrie ich auf, als ich versuchte, das Motorrad beiseite zu schieben. Ich war zu schwach, alles tat mir weh. Ich fühlte mich minderwertig und verweichlicht. Es gleichte einer Niederlage; im Dunkeln, in der Kälte, alleine lag ich am Grund und hatte keine Möglichkeit, aufzustehen. Mein Körper hat versagt und ich war komplett am Ende. Ich schrie erneut, diesmal aus Wut.
 

Die Sterne am Himmel schienen viel näher als sonst, das Mondlicht strahlte mich an. Unter so einem Himmel musste ich kapitulieren. Es war vorbei, alles sprach dafür, dass ich nicht mehr der war, den alle kannten. Ich habe verloren. Ich habe meinen Stolz, meinen Ruf und meine Hoffnung verloren. Alles nur wegen einem zu attraktiven Typen, der mir den Kopf verdreht hatte. Ich lag von Anfang an richtig, ich wusste von Anfang an, dass ich nicht zu ihm passte. Wie konnte ich nur glauben, dass sich Gegensätze anzogen. Wie konnte ich nur daran denken, sogar eines Tages mit ihm zusammenzuziehen. Wie konnte ich nur so verblödet sein, wie ging das nur...
 

Erneut probierte ich, die Maschine von mir wegzudrücken. Ich unterdrückte meine Schreie, ich wollte nicht zeigen, dass ich verwundbar war. Mit zusammengepressten Zähnen und Lippen versuchte ich vergeblich, mich zu befreien. Ich spürte mein linkes Bein nicht mehr, es wurde taub. Mein Magen und meine Brust erlitten schweren Druck.
 

Schweiß rann mir von der Stirn, meine Augen tränten, meine Luftröhre war verengt. Es fühlte sich so an, als würde mich jemand würgen. Ich kämpfte mit der Angst, zu sterben. Und als ich der Tatsache ins Auge sah, dass die Chance, dass niemand mehr um diese Uhrzeit hier vorbeifahren wird, sehr hoch war, ergab ich mich. Ich gab die Versuche, mich zu befreien, auf und blieb einfach unter dem Sternenhimmel liegen. Ein verdammt lausiger, peinlicher Tod. Ich ärgerte mich.
 

Ich erschrack, als ich ein Fahrzeug hörte. Ich wollte meinen Kopf drehen, schaffte es aber nicht - das Gewicht meiner Maschine zwang mich, in einer bestimmten Position zu bleiben. Das Fahrzeug aus der Ferne näherte sich immer mehr und das Brummen wurde lauter. Beim genaueren Hinhören, was mir durch die Schmerzen schwerfiel, bemerkte ich, dass es ein Motorrad war. War es jemand von meinen Leuten? Ich habe gar nicht mehr im Überblick gehabt, wer mit welchem Fahrzeug gekommen war, weil ich einfach so schnell wie möglich weg wollte.
 

Das Motorrad war schon unglaublich nahe, ich hörte den Motor viel lauter, als sonst und ebenso die Vibrationen am Boden. Das Fahrzeug stoppte einige Zentimeter vor meinem Körper, ich schloss die Augen. Ich dachte, ich würde überfahren werden. Ich wäre bereit dazu gewesen.
 

Der Fahrer nahm den Helm ab und ich erkannte blonde Locken. Die Frau kniete sich zu mir nieder, bevor ich erkannte, dass es Mai war. Ich versank innerlich in Scham, blickte geärgert weg. Ich wollte nicht, dass sie mich so sah. Sie erschrack und versuchte sofort, das Gewicht, das auf mir ruhte, wegzuschieben. Mit aller Kraft packte sie das Motorrad und schaffte es, es von mir wegzuziehen. Eigentlich keine große Kunst für denjenigen, der nicht unter dem Ding war.
 

"Du hast Wunden", erkannte sie und zog mich an den Händen hoch. Ich stöhnte vor Schmerz auf, versiegelte meine Lippen dann aber wieder. Keine Schwäche zeigen. Keine Schwäche zeigen. Keine schwäche zeigen. Verdammter Mist, der Schmerz war einfach zu groß. Ich kniff die Augen zusammen. Ich fühlte mich wie eine Flunder, total zerquetscht. Es kam mir vor, als wäre mein Magen so flach wie Papier. All meine Organe taten weh, meine Luftröhre war wie nonexistent. Das Gefühl, zu ersticken, wollte nicht schwinden. Das Schlucken tat weh und in meinem Kopf war nicht genug Blut, mir war schwindelig. Ich konnte nicht richtig stehen, mir war übel.
 

"Ich bringe dich nach Hause, Seto", sagte Mai und setzte ihren Helm wieder auf. Sie trug mich auf Händen und setzte mich auf ihr Motorrad. Ich musste mich bemühen, nicht auf die Seite zu kippen. Ich hätte jeden Augenblick ohnmächtig werden können, mein Körper funktionierte wirklich nicht mehr richtig. Mir war zu kotzen zumute, die ganzen Gefühle und das Gewicht lösten in mir einen ungeheuren Brechreiz aus.
 

"Wie lange bist du da gelegen?", fragte Mai und startete den Motor. "Halt' dich fest", sagte sie kurz danach. Ich konnte ihr nicht antworten, weil es sich für mich sicher länger angefühlt hat, als es tatsächlich war. Es waren gefühlte Jahrhunderte. In jeder Sekunde verstärkte sich der Schmerz und die Angst, zu sterben. Ich blickte noch traurig nach hinten im Wissen, dass mein Motorrad morgen wahrscheinlich schon nicht mehr da sein würde. Als ich wieder gerade aus sah, fragte ich mich, warum Mai so gelassen darauf reagierte, mich verwundet unter meiner Maschine vorzufinden...



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