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Weihnachtszauber & Nebenwirkungen

Fanfiction zu der Obsidian-Reihe
von

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Guten Morgen Nachbarin

Zehn Minuten lang lag ich auf dem Sofa mit geschlossenen Augen, als jemand unbefangen ins Wohnzimmer hereinkam. Ich setzte mich aufrecht und schenkte der Person die Aufmerksamkeit, die man zweifellos von mir erwartete. Vor mir stand meine perfekt gestylte Mutter. Fassungslos starrte ich sie einige Sekunden an. Donnerwetter, flüsterte eine fremde Stimme in meinem Kopf. Nicht nur, dass sie - nach mehr als drei Jahren - wieder ein Kleid trug, nein, sie war sogar geschminkt und hatte ihre Haare geglättet.
 

„Was sagst du dazu, Schatz?", fragte sie mich breit grinsend.
 

„Wow." Ich grinste zurück. „Es ist ungewohnt dich in so einem Outfit zu sehen, wo du doch lässige Klamotten bevorzugst, aber es steht dir wunderbar! Verrätst du mir auch für wen du dich so herausgeputzt hast, Ma?"
 

„Ich bin gleich zu einem Geschäftsessen verabredet. Nicht mehr und nicht weniger."
 

Sie war noch nie eine gute Lügnerin gewesen und das wussten wir beide. Meine Mundwinkel zuckten und ich versuchte erst gar nicht ein Lächeln zu unterdrücken. Etwas verlegen ging sie zum Fenster, blickte in den Garten und ich wartete in aller Ruhe darauf, dass sie endlich mit der Wahrheit herausrückte. Ich habe auf die Zeit nicht geachtet, aber es verstrichen bestimmt um die drei Minuten bis sie mit ihrer Kurzfassung loslegte.
 

„Du erinnerst dich doch bestimmt noch an meinen Chefarzt Dr. Lux, oder? Er hat dich vor zwei Jahren verarztet, als du beim Training deinen Arm gebrochen hast. Wir haben in letzter Zeit viel miteinander zu tun, da es in der Klinik momentan an Personal mangelt. Seitdem verstehen wir uns erstaunlicherweise richtig gut. Na ja und gestern hat er mich spontan zum gemeinsamen Abendessen eingeladen und ich habe zugesagt.", gestand sie zögernd und wartete auf meine Reaktion.
 

Ehrlich gesagt wusste ich nicht was ich ihr darauf antworten sollte. Ich begegnete Dr. Lux tatsächlich schon des Öfteren, aber nicht oft genug, um ihn einschätzen zu können. Er war die paar Male, in denen ich mit ihm zu tun hatte, immer locker drauf und schaffte es sogar mir gelegentlich ein Lächeln zu entlocken. Also blieb mir nur zu hoffen, dass er letzten Endes nicht doch ein Womanizer war. Just in diesem Moment klingelte es an der Tür.
 

„Ich nehme mal an, dass das dein Date ist. Bist du bereit?"
 

„Schatz, wir gehen nur Essen. Interpretier da nicht zu viel rein. Kommst du allein zurecht?"
 

Ich seufzte gespielt. „Verharmlose es nicht. Date ist Date. Ende der Diskussion. Und nein, natürlich machst du einen riesen Fehler, indem du mich hier alleine zurücklässt. Ich werde mich sicherlich an der Herdplatte verbrennen, irgendetwas zerbrechen und mich dabei verletzen oder gar unser Haus in Brand setzen!"
 

Meine Mutter schaute finster drein. „Katy! Darüber macht man doch keine Witze!"
 

„Dumme Fragen verdienen eben dumme Antworten. So und jetzt los, beeil dich und genieß deinen Abend." Ich schob sie in Richtung Tür, gab ihr einen Kuss auf die Wange und verabschiedete mich.
 

Ein Date also. Einfach der Hammer! Ich freute mich für sie, dass sie nach vorne blickte und anscheinend Erfolg in der Liebe hatte. Zugleich aber machte mich diese Erkenntnis auch traurig. Das Gefühl, dass sie den wichtigsten Menschen in unserem Leben - meinen Vater - immer mehr vergaß, wurde ich nicht los. Mir war bewusst, dass es falsch war so zu denken, aber es ließ sich nicht vermeiden... Ich liebte und vermisste ihn... Schluss jetzt! Es war unangebracht depressive Gedanken zu spinnen während die eigene Mutter - hoffentlich - einen netten Abend hatte. Ich musste endlich lernen, nicht so intensiv über die Vergangenheit zu grübeln.
 

Um mich abzulenken, griff ich zu meinem aktuellen Buch „Kein Rockstar für eine Nacht" und tauchte in die Welt von Evelyn und David ein, auf dessen Liebesgeschichte man einfach neidisch werden musste. Es war ein signiertes Rezensionsexemplar, um das ich mich vor einem Monat bei einem Gewinnspiel bewarb. Und tatsächlich, das Glück war mal auf meiner Seite! Signierte Exemplare sind wahre Schätze für mich! Überhaupt, Bücher konnte man nie genug haben. Andere gaben viel Geld für Klamotten und Schminke aus, ich dagegen bevorzugte die Buchläden damit zu bereichern. Sich über Bücher auszutauschen weckte schon immer mein Interesse und so fing ich vor drei Jahren an über Bücher zu bloggen. Bis heute investiere ich viel Zeit in meinen Blog.
 

Gegen halb 7 wurde ich durch das Bellen unserer Hündin wach. Mensch, so langsam sollte sich Lucy doch an den Postboten gewöhnt haben! Halbnackt eilte ich zum Fenster und suchte nach der Ursache für ihre Unruhe. Anfangs sah ich nichts, doch dann erblickte ich zwei Jugendliche, die Kartons in das Haus gegenüber schleppten. Beide schienen etwas älter als ich zu sein und sahen verboten gut aus! Als fühlte er sich beobachtet, blickte der Größere zu mir hoch. Reflexartig duckte ich mich, aber es war zu spät. Unsere Blicke trafen sich bereits. Unfassbar! Er konnte doch unmöglich gewusst haben, dass ich am Fenster stand und ihnen zuschaute. Schlimmer noch, ich hatte mich soeben mit meiner Aktion blamiert. ARRRGG! Der Tag könnte nicht besser beginnen...
 

Müde war ich ohnehin nicht mehr, also machte ich mich frisch und flitzte in die Küche, da der Hunger sich bereits zwei Mal bemerkbar gemacht hatte. Erstaunt stellte ich fest, dass meine Mutter bereits am Tisch saß und Zeitung las.
 

„Guten Morgen, Liebling. Hast du gut geschlafen?", fragte sie ohne den Blick von der Zeitung zu lösen.
 

„Ich hätte noch länger schlafen können, wenn Lucy nicht beschlossen hätte heute mal den Wecker zu ersetzen."
 

„Unsere Lucy ist eben nicht nur sehr aufgeweckt, sondern auch intelligent und weiß, dass zu viel Schlaf ungesund ist."
 

Heute war ihr also nach scherzen zumute. „Hat da wer ziemlich gute Laune?"
 

„Fang lieber an zu frühstücken, solange die Brötchen noch warm sind."
 

Unglaublich. Versuchte sie gerade ernsthaft vom Thema abzulenken? „Netter Versuch. Und jetzt erzähl endlich!"
 

Sie ließ sich mal wieder Zeit mit ihrer Antwort. Erst begab sie sich zum Kühlschrank, holte sich Orangensaft heraus und dann musste das Geschirr natürlich noch in die Spüle gestellt werden. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Was war heute nur los?
 

„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir waren in dem teuren Restaurant Ambiente essen. Ich hätte nie gedacht, dass ich es mal von innen zu sehen bekomme... Das Essen dort war - wie erwartet - wirklich grandios. Die Stimmung war auch sehr amüsant und ich habe seine sehr humorvolle Seite kennengelernt."
 

„Hört sich nach einem gelungenen Abend an. Ich freue mich für dich, Ma."
 

„Noch fühlt sich alles wie ein Traum an..."
 

Ja, manchmal konnte sie wirklich niedlich sein. Gutgelaunt entgegnete ich ihr: „Ist es aber nicht."
 

Nachdem sie zur Arbeit gefahren war, erledigte ich den Abwasch und machte mich fertig für die Schule. Viel lieber hätte ich jetzt unter der Decke ein Buch gelesen. Ich hasste die Schule nicht, aber zu Hause fühlte ich mich trotz allem wohler.
 

In der Schule angekommen, blieb ich ein paar Minuten im Auto sitzen und hörte einige Lieder der Lieblingsband Nirvana meines Vaters. Die Ruhe war mir jedoch nicht lange gegönnt.
 

„Katy, da bist du endlich!", hörte ich Ash rufen, die auf mich zu gerannt kam.
 

Ash war eine zickige Nervensäge, aber zu meinem Glück die Einzige, die mich so akzeptierte wie ich war. Wir waren nicht unbedingt beste Freundinnen, aber sie war nun mal meine einzige Freundin, außerhalb der virtuellen Welt, in der mir der Kontakt zu anderen Bloggerinnen leicht fiel. Ich und Ash hatten absolut keine Gemeinsamkeiten. Ich liebte die Ruhe, sie bevorzugte Partys. Trotzdem waren wir schon seit Jahren befreundet.
 

„Hast du schon das Neuste gehört?", fragte sie. Ich nahm meine Tasche, die auf dem Beifahrersitz lang, und stieg aus.
 

„Dir wünsche ich auch einen schönen guten Morgen. Und nein, habe ich nicht, aber ich bin mir sicher, dass du mich gleich auf den neusten Stand bringst.", erwiderte ich. Ich kannte sie zu gut. Ash gehörte nicht zu den Menschen, aus denen man jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen musste. Gerüchte zu verbreiten gehörte zu ihren Hobbys.
 

„Wir haben einen neuen heißen Schnuck..."
 

„Guten Morgen Nachbarin.", hörte ich eine fremde Stimme hinter mir sagen.
 

„... äh Mitschüler an unserer Schule.", beendete sie vorsichtig ihren Satz und sah mich entgeistert an.



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