November - dritte Woche (Teil 2)
»Was machst du denn hier?«, keuchte Temari, die sich immer noch an Shikamaru festhielt.
Sais Augenbrauen waren in ungeahnte Höhen gestiegen, fast unter seinen Haaren verschwunden und seine Augen waren erstaunt aufgerissen, sodass er einen Moment brauchte, bis er antwortete.
»Wir wohnen im selben Viertel, Temari.«
»Scheiße«, machte sie ganz leise.
»Tja, hm… ich will dann mal nicht weiter stören.«
»Sai!«, machte Shikamaru mit genervt geschlossenen Augen. »Du erzählst Ino nichts.«
Sai schwieg einen Moment, dann sagte er mit seinem typischen Lächeln: »Warum sollte ich das nicht tun? Sie wird mir den Kopf abreißen, wenn sie irgendwann erfährt, dass ich es vor ihr wusste und nichts gesagt habe - Machst du dir eigentlich keine Sorgen um deinen eigenen Kopf?«
Shikamaru überging die Frage. »Ich weiß, was in deinem Keller ist«, sagte er nur und Temari sah verwirrt zwischen den beiden Jungen hin und her.
Der Ausdruck auf Sais Gesicht wurde hart. »… Ich habe nichts gesehen«, sagte er dann in einem kühlen Ton und ging einfach an den beiden vorbei.
Temari sah Shikamaru fragend an. »Was-?«
»Wenn ich's dir sage habe ich kein Druckmittel mehr«, lächelte er. »Es ist nichts Schlimmes, keine Sorge. Es ist ihm nur peinlich genug, dass er die Klappe hält.«
»Okay…«
Ino beglückwünschte sich wieder mal zu ihrer erfolgreichen (wenn auch umdisponierten) Planung. Der Türsteher des Clubs, ein großer, vermummter Kerl mit seltsam glühenden Augen, warf nur einen Blick auf Sasuke und winkte die zehnköpfige Gruppe dann einfach durch. Sie mussten zwar Eintritt bezahlen, aber hörten noch, wie hinter ihnen ein paar Leute einfach abgewiesen wurden.
»Es ist wirklich praktisch, dass du einen großen Bruder hast«, machte Ino zufrieden und zwinkerte Sasuke zu. Itachi war ein Stammgast des Clubs, zusammen mit seinen Freunden Kisame und Deidara und seinem Cousin Shisui. Die vier waren gut mit dem Besitzer befreundet, und so war die 'Akatsuki-Bar' einer der wenigen Clubs, in denen der etwas rabiatere Kisame kein Hausverbot hatte.
Sasuke zuckte nur mit den Schultern und machte ein monotones »Hn«.
Sai und Sakura hatten sich schon durch die Menge im Eingangsbereich durchgeschoben und eine der abseitigen Sitzecken ergattert. An der Wand stand eine gerundete Sitzbank und vor dem Tisch standen mehrere Stühle. Die gedämpfte Lampe sandte warmes, orangerotes Licht aus, aber alle konnten die Signalfarbe von Sakuras Haar ausmachen und fanden sich nach und nach dort ein.
»Will irgendjemand tanzen?«, fragte Naruto aufgedreht und strahlte von einem zum anderen.
Seine männlichen Freunde schüttelten noch nicht mal den Kopf, sondern warfen ihm nur einen vielsagenden Blick zu. Temari jedoch erwiderte das Grinsen ihres Klassenkameraden.
»Ich komme mit«, erklärte sie und stand wieder auf.
Kaum dass die beiden weg waren, fing Ino schon an zu meckern. »Kommt hier eigentlich irgendwann mal wer hin zum bedienen?«, fragte sie, und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
Sasuke stand genervt wieder auf. »Was wollt ihr haben?«
Ino grinste ihn an und gab ihre Bestellung auf. Die anderen folgten ihrem Beispiel.
»Wer hilft mir tragen?«
Die meisten seiner Freunde waren auf einmal viel zu interessiert daran, in die Luft zu starren, aber Hinata und Sakura, die am Rand saßen, standen auf und folgten Sasuke durch die Menschenmenge.
An der Bar angelangt lehnte sich Sasuke über den Tresen und orderte den Barkeeper mit einer knappen Bewegung her. Der Mann mit den orangenen Haaren und unzähligen Piercings um Gesicht schlenderte auf ihn zu.
»Hey Süßer«, ertönte da eine piepsige Stimme neben Sasuke, bevor der Barkeeper ihn erreicht hatte. »Was hältst du davon, wenn du mich auf einen Drink einlädst?«
Sasuke drehte sich weg, das aufgetakelte Mädchen ignorierend. Sie trug nicht mehr als einen Minirock in Gürtelgröße und ein Tanktop, dass gerade mal ihren Busen bedeckte, aber einen Großteil ihres Bauches frei ließ. Sie sah furchtbar nuttig aus und war überhaupt nicht Sasukes Typ.
Er gab seine Bestellung über den Lärm weiter. Der Barkeeper sah ihm in die Augen. Ein stummes Gespräch zwischen den beiden. Dann drehte er sich weg und begann, die Getränke fertig zu machen. Schließlich reichte er Sasuke zwei Drinks und das nuttige Mädchen grinste Sasuke schon auffordernd an, doch der reichte die Gläser an Sakura weiter, die auf der anderen Seite neben ihm stand. Drei weitere Gläser, diese alle mit Henkeln, wurden Hinata zugeschoben, während Sasuke drei leere, ineinander gestapelte Gläser und eine Flasche Wein entgegen nahm.
»Schreib's auf Itachis Rechnung«, sagte Sasuke laut und der Barkeeper nickte mit der Andeutung eines Lächelns. Für irgendwas musste ein großer Bruder ja nützlich sein, oder?
Mit der Hand in der er die Flasche hielt, schob Sasuke Hinata zurück durch die Menge, mit Sakura dicht auf den Fersen. Das aufgetakelte Mädchen an der Bar zog eine Schnute und schnaubte verärgert. Das würde sie sich nicht gefallen lassen!
Dankbar nahmen die Freunde ihre Gläser entgegen. Neji, Sai und Shikamaru nahmen das Bier von Hinata, die sich zusammen mit Sasuke und Tenten die Flasche Wein teilte. Sakura gab eines der Cocktailgläser an Ino weiter, während sie selbst an ihrem Strohhalm sog.
»Gibt es nicht eigentlich gesetzliche Bestimmungen, keinen Alkohol an Minderjährige auszugeben?«, fragte Tenten, die an ihrem Wein nippte.
»Beschwerst du dich?«, fragte Sasuke amüsiert.
»Nein, ich meine ja nur…«
Temari und Naruto kehrten an den Tisch zurück.
»Hey, habt ihr uns nichts mitgebracht?«
»Wir wussten nicht, was ihr haben wollt«, machte Sakura und verdrehte die Augen.
»Aah. Temari, was willst du?«
»Bringst du mir ein Bier mit?«
»Sicher.«
Naruto schob sich zurück durch die Menschenmenge, während sich Temari schwer auf die Couch neben Hinata fallen ließ. Sie streckte die Füße aus und seufzte.
»Er hat einfach viel zu viel Energie. Tanzen kann er ja, aber anstrengend ist es auch.«
Sakura kicherte. »Tja, ich glaube wir könnten alle 'ne Runde mit Naruto tanzen und am Ende des Abends ist er der einzige, der noch steht.«
Sai grinste und Sasuke nickte zustimmend.
Narutos leerer Stuhl wurde plötzlich nach hinten gezogen und das kaum bekleidete Mädchen von der Bar ließ sich mit einem verführerischen Grinsen darauf sinken.
»Hallo!«, flötete sie und ignorierte die verwirrten Blick der Freunde, lächelte Sasuke an.
»Da ist besetzt!«, erklärte Ino mit hochgezogener Augenbraue.
»Komisch, ich dachte, der ist leer«, gab das Mädchen schnippisch zurück und zwinkerte Sasuke zu, der sie nur mit einem bösen Blick strafte.
»Was hältst du davon, wenn wir uns mal unter vier Augen unterhalten?«, fragte sie und leckte sich die Lippen. Bei ihrem offensichtlichen Angebot verzog er das Gesicht zu einer Grimasse, die Augenbrauen ungläubig erhoben. Sasuke hob den Arm, legte ihn um Sakuras Schultern und sagte: »Danke, ich bin schon bedient.«
Sakura kämpfte erfolgreich die aufkommende Röte nieder, die sich auf ihre Wangen schleichen wollte.
Das Mädchen schnalzte mit der Zunge und musterte knapp die anderen Jungs. Ihr Blick blieb an Neji hängen, der diesen kalt erwiderte und seinen Arm um Tenten legte. Sie zuckte zusammen, lehnte sich aber dann gegen Neji, vermied den Blick des Mädchens.
Ino ergriff Vorsichtsmaßnahmen und zog sowohl Shikamaru als auch Sai zu sich, ein überhebliches Grinsen in Richtung des ungebetenen Gasts.
In diesem Moment kam Naruto wieder.
»Uhm, sorry, aber das ist mein Stuhl«, erklärte er, während er irritiert die ganzen Arme betrachtete, die seine Freunde umeinander gelegt hatten. Temari nahm ihm hilfsbereit ihren Drink ab und lächelte: »Danke, Süßer.«
Naruto starrte sie an.
Das Mädchen schnaubte jetzt höchst unmädchenhaft und erhob sich, würdigte die Freunde keines Blickes mehr und dampfte ab.
»Was-?«, setzte Naruto an, als Ino, Sakura und Temari anfingen zu lachen. Neji und Sasuke zogen ihre Arme zurück und auch Ino griff mit beiden Händen nach ihrem Drink.
»Setz dich Dobe, sonst kommt noch irgendwer, der mit uns flirten will.«
»Dann verteidigt mal meinen Platz, ich will tanzen«, erklärte Ino, die ihr Glas geleert hatte.
»Warte, ich komme mit!«, rief Sakura und verursachte ein schlürfendes Geräusch, als sie den letzten Schluck durch ihren Strohhalm zog.
»Hinata, Tenten, Temari?«
Hinata schüttelte den Kopf mit roten Wangen, Tenten deutete auf ihr noch halb volles Glas und Temari machte ein erschöpftes Gesicht.
»Alles klar, dann nur wir beide, Saku. Komm.«
Kichernd wankte Tenten neben Neji die Straße entlang, der vorsichtshalber den Arm um ihre Hüfte geschlungen hatte. Sie fühlte sich, als würde sie schweben. Warum hielt Neji sie eigentlich fest? Ah, ja. Der Boden wackelte. Es könnte eventuell sein, dass sie ein kleines bisschen betrunken war. Aber sie hatte doch nur… eine halbe Flasche Wein gehabt?
»Du kriegst nie wieder Wein«, murrte Neji an ihrer Seite und dabei fielen ihm ein paar Strähnen ins Gesicht.
»Awww… Neji du hast so tolle Haare!«, murmelte sie leise und betrachtete sehnsüchtig die dunkelbraune Strähne, die in seine Augen fiel. Tenten war so von dem Anblick eingenommen, das sie das komische Geräusch links von ihr gar nicht wirklich wahrnahm. Neji jedoch warf einen bösen Blick über ihren Kopf hinweg. Er sagte etwas, aber Tenten hörte nicht zu. Warum war ihr noch nie aufgefallen, wie gut Neji aussah? Sie fühlte das Grollen in Nejis Brustkorb, weil ihre rechte Seite mit eiserner Hand dagegen gepresst wurde. Mit dem linken Arm berührte sie eine Hecke oder einen Strauch. Nejis Arm lag jetzt noch fester um ihre Hüfte, er zog sie an sich. Im Licht der Straßenlaternen sah er so männlich aus… Trotz der langen Haare.
»Benutzt du eigentlich Conditioner?«
»Tenten, bitte konzentrier' dich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen«, kam es anstatt einer Antwort. Oh, war ihm das peinlich? Und was meinte er mit den Füßen? Das klappte doch, oder nicht? Hm, er würde bestimmt hinreißend aussehen mit Rastalocken, oder ganz vielen dünnen, geflochtenen Zöpfen.
»Aber deine Haare sind so unfassbar weich… Darf ich dir mal einen Zopf flechten?«, fragte sie seufzend und lehnte sich gegen ihn, um mit den Fingern durch seine Haare zu streichen. Wieder berührte ihr linker Arm etwas, aber sie konnte sich einfach nicht aufraffen, von Neji wegzusehen.
Sie bogen um die nächste Hausecke und fanden sich auf dem Vorhof des Mädchenwohnheims wieder.
»Endlich«, stöhnte Neji leise. Tenten hatte sich seine Haare um den Finger gewickelt und kicherte. Er führte sie zur Eingangstür und Tenten hatte das urplötzliche Gefühl, über eine der Treppenstufen zu stolpern.
»Uuh, Neji, ich…« Sie hatte seine Haare losgelassen und ihn mit beiden Händen fest am Kragen gepackt um nicht zu fallen, stand jetzt schwankend vor ihm. Seine Lippen sahen so verlockend aus und er sah sie mit diesem Blick an…
Ganz langsam lehnte sie sich nach vorne, die Augen dabei halb geschlossen.
Er stöhnte sehnsüchtig. »Ten…«
Sie verschloss seine Lippen effektiv und sofort erwiderte er den Kuss, strich mit seiner Zunge über ihre Unterlippe.
»Ten…«, murmelte er, als sie sich kurz von ihm löste, um Luft zu holen, nicht mal zwei Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. »Das ist-« Sie küsste ihn erneut, ihre Finger ließen seinen Kragen los und ertasteten seinen Hals, seinen Nacken, vergruben sich in die seidigen, langen Haare.
»… keine gute Idee«, stöhnte er und zog sie an sich, ergriff die Initiative und küsste sie fordernd zurück.
»Nein, wahrscheinlich nicht«, keuchte sie, als er ihre Lippen für einen Augenblick freigab, nur um dann erneut die Herrschaft darüber zu fordern.