Dezember - vierte Woche (Teil 5)
Es hatte alles damit begonnen, dass Gaara Sakura nach ihrem Tanz einfach mit einem Nicken am Buffet abgestellt hatte. Auffällig wie sie war, hatte sie schon vorher die Blicke der jungen Männer auf sich gezogen, aber bisher waren jegliche Annäherungsversuche von Kizashi und Sasuke abgewehrt worden. Da die beiden nun aber nicht in ihrer Nähe standen, sah Sakura sich einer nicht abreißenden Flut von Männern gegenüber, die sie zum tanzen aufforderten. Kaum hatte der vorherige Tanzpartner sie für eine Sekunde aus den Augen gelassen, um ihr Sekt/Bowle/was zu Essen zu holen, da kam auch schon der nächste an. Und Sakura, die durchaus verunsichert war, und sich immer wieder hilfesuchend nach irgendeinem ihrer Freunde umblickte, konnte einfach nicht alle abschmettern. Sie versuchte dann, etwas Spaß an der Sache zu haben, aber viele Männer konnten nicht tanzen, oder redeten über die langweiligsten Sachen mit ihr. Noch dazu kam, dass sie durch Schminke und Kleid etwas älter aussah, als sie wirklich war. Das hatte dann den ein oder anderen Tanzpartner dazu gebracht, sich mit schamroten Wangen einfach zu verziehen, als sie erwähnte, dass sie Schülerin sei. Alles in allem nicht ihr Abend. Vor allem, weil Sasuke weder Anstalten machte, sie zu retten, noch mit ihr zu tanzen. Aber sie spürte seinen Blick die ganze Zeit.
»Entschuldigen Sie, haben Sie Lust auf einen Tanz?« Der Herr vor ihr mochte um die dreißig sein, und lächelte Sakura schleimerisch an. Seufzend wollte sie sich schon in ihr Schicksal ergeben, als sie plötzlich die Stimme hinter sich hörte, nach der sie sich den ganzen Abend gesehnt hatte. Ihr Herz drohte fast aus ihrer Brust zu springen, als Sasuke kalt sagte: »Tut mir Leid, der nächste Tanz gehört mir«, und sie am Arm Richtung Tanzfläche zog.
»Danke«, hauchte Sakura überglücklich, aber Sasukes Antwort ging in einem spitzen Schrei und dem Klirren von Glas unter.
Kaoru konnte es einfach nicht fassen. Diese pinkhaarige Schlampe spielte ein durchtriebenes Spiel! Flirtete mit allen Männern, so lange, bis Sasuke sich genötigt sah, zu ihrer Rettung zu eilen. Nicht. Mit. Ihr.
Schade nur, dass Amaya krank geworden war, sonst hätte sie das einfältige Mädchen vorschicken können, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen.
Kaum, dass Sasuke Sakura am Arm gepackt hatte, warf Kaoru sich mit Wucht gegen einen vorbeigehenden Kellner, der ein ganzes Tablett mit Rotwein balancierte. Wie in Zeitlupe stolperte er, rutschte das Tablett, rutschten alle Gläser zur Seite, genau auf Sakura zu, die dem Geschehen den Rücken zugewandt hatte. Kühler, blutroter Saft klatschte auf ihre nackten Schultern, auf ihr Kleid, mehrere Gläser prallten an ihrem Rücken ab, und sie schrie erschrocken auf.
Glas splitterte, klirrte in einem Sturm von rotem Regen, der nun ebenfalls auf die Umstehenden rieselte. Kaoru grinste gehässig und zog sich eilig zurück.
»Es tut mir so unendlich Leid, ich muss gestolpert sein, oder-«
»Schon gut«, wies Itachi den Kellner zurecht, der sich schon gefühlte tausend Male entschuldigt hatte.
»Bist du verletzt?«, fragte Sasuke mit besorgter Stimme, versuchte eine völlig aufgelöste Sakura zu beruhigen, der die Tränen in den Augen standen.
»N-Nein, alles okay, ich-«
»Sakura!« Mebuki und Kizashi drängten sich durch die Menge zu ihrer Tochter. »Alles in Ordnung? Hast du dir weh getan?« Unter Kizashis Sohlen knirschten die Scherben, als er näher trat.
»Vorsicht«, warnte der Kellner, immer noch besorgt. Zwei weitere Kellner, mit Kehrblech und Besen waren aufgetaucht, halfen ihrem Kollegen dabei, die größten Splitter auf das Tablett zu räumen.
»Am besten fahren wir dich sofort nach Hause«, sagte Mebuki, die die Hand auf Sakuras Schulter gelegt hatte, besorgt.
Itachi warf einen Blick zu Sasuke, der ebenfalls einiges an Rotwein abbekommen hatte. »Am besten, ich bringe dich auch nach Hause. Ich kann Sakura mitnehmen, wenn Sie wollen«, sagte er an Mebuki und Kizashi gewandt, die sich besorgt ansahen.
»Es ist schon gut«, sagte da Sakura mit wackeliger Stimme. »Lasst euch bitte davon nicht den Abend verderben.«
»Bist du sicher, Liebes?«, fragte ihre Mutter leise, und Sakura nickte.
»Ich komme schon klar.«
Kizashi sah nicht sehr überzeugt aus, aber auf Wink seiner Frau reichte er Sakura seinen Haustürschlüssel.
»Wir sagen Fugaku und Mikoto Bescheid, dass ihr ebenfalls nach Hause gefahren seid«, erklärte Mebuki leise, nachdem sie ihre Tochter nocheinmal vorsichtig gedrückt hatte, und in der Obhut der beiden Brüder ließ. Itachi nickte dankbar und schritt dann hinter Sasuke her, der Sakura vorsichtig aus dem Saal führte. Sie hatte den Kopf gesenkt und sah so weder die mitfühlenden Blicke der Umstehenden, noch die besorgten aller ihrer Freunde, die sich von verschiedenen Ecken des Saals ihren Weg zu Sakura gebahnt hatten. Sasuke schüttelte nur den Kopf, den Arm um Sakuras Hüfte gelegt, und Ino, Neji und Tenten, Naruto und Hinata, Sai, sowie Shikamaru und Temari blieben stehen wo sie waren.
In der kühlen Winterluft fing Sakura, deren Rücken klitschnass war, an zu zittern, und Itachi beeilte sich, sein Auto zu holen. Sasuke machte es nichts aus, noch klebrigere Hände zu bekommen, und sein Anzug war eh ebenfalls versaut, deswegen zog er Sakura näher an sich. Sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, und er murmelte: »Lass es raus.«
»I-Ich werde Itachis Polster versauen«, schluchzte sie auf, und trotz der Situation musste Sasuke lachen. Ein schönes Geräusch, dachte Sakura unwillkürlich. Und viel zu selten.
»Ich glaube, da macht er sich im Moment die wenigsten Sorgen drum«, erklärte Sasuke anschließend leise, als der schwarze Wagen seines Bruders vorfuhr. Er öffnete Sakura rasch die Hintertür und half ihr hinein, bevor er sich neben Itachi auf den Beifahrersitz setzte. Sein Bruder verdrehte die Augen und sah ihn genervt an. Der Junge hatte aber auch echt kein Situationsgefühl, was? Hätte er doch so schön mit seiner fast-Freundin auf der Rückbank kuscheln können.
Die Fahrt verlief bis auf leises Schluchzen von Sakuras Seite schweigend, auch als Itachi wortlos ein Päckchen Taschentücher nach hinten reichte, sprach Sakura kein Wort, zu sehr stand sie unter Schock und Selbstmitleid.
Sie hatte gar nicht die Chance gehabt, mit Sasuke zu tanzen – und das, obwohl er am Ende sogar auf sie zugekommen war! Sich für ihre eigenes Pech verfluchend schnäuzte sie sich deutlich hörbar die Nase.
Itachi hatte alle Abkürzungen genommen, die er kannte, und so kamen sie kurz darauf am Haus der Harunos an. Er parkte in der gepflasterten Einfahrt, und die Lichter, die den Weg zum Haus säumten, sprangen sofort an. Eine Hecke versperrte die Sicht auf die Haustür, vor der eine kleine Terrasse aufgebaut war. Sasuke stieg unaufgefordert aus und half Sakura beim aussteigen.
»Ich bringe dich noch zur Tür«, sagte er leise, die Hand mit ihrer verschränkt. Sakura nickte, und flüsterte: »Danke fürs Heimbringen, Itachi.«
»Keine Ursache.«
Die Autotür fiel zu, und Itachi ließ, einer Eingebung folgend, die Fenster auf seiner und auf der Beifahrerseite herunter.
Sasuke zögerte einen Moment, als sie die Terrasse der Harunos betraten, und hielt Sakura zurück, die ihn aus tränenverhangenen Augen traurig ansah. »Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragte er einfühlsam, und sie schniefte. Selbst mit roten Augen und aufgedunsenen Wangen vom Weinen sah sie wunderschön aus.
»Ich… ich finde es nur so schade, dass wir… nicht miteinander tanzen konnten«, murmelte sie leise, ohne ihn direkt anzusehen. Eine kalte Hand umfasste Sasukes Herz, und er verfluchte sich innerlich dafür, dass er so lange gewartet, sich nicht getraut hatte, einzugreifen.
Mit einem Mal ertönte leise Musik aus der Einfahrt. Ein langsamer Walzer, und sowohl Sasuke als auch Sakura drehten sich um. Er hätte fast aufgelacht. Große Brüder waren also doch manchmal hilfreich.
»Tanz mit mir«, sagte Sasuke ruhig, und sah Sakura fest in die Augen, legte ihr die Hand auf die Hüfte, während sie – jahrelangem Training sei Dank – ganz automatisch in Tanzhaltung ging.
Die Tränen verschwanden aus ihren Augen, wie Sasuke mit Erleichterung feststellte. Aber dafür trat etwas anderes in die jadenen Iriden. Sehnsucht. Oh, er könnte sich in ihren Augen verlieren, da war er sich sicher. Ganz langsam, im Takt der Musik, fingen sie an sich zu bewegen, den Blick immer haltend, keine Sekunde von dem hier verpassen wollend.
Sakuras Herz hämmerte gegen ihre Brust, sie schwebte beinahe über die Pflastersteine, spürte keine Unebenheit unter den Füßen, einfach weil er da war. Weil er sie ansah, als wäre sie das Schönste, das Wichtigste auf der ganzen Welt.
Als schließlich die Musik verstummte, blieben sie beide stehen, lösten sich aber nicht voneinander. Eine Strähne rosanen Haares löste sich aus der in Mitleidenschaft gezogenen Frisur, und Sasuke hob instinktiv die Hand, um sie hinter Sakuras Ohr zu streichen. Ihre Augen strahlten ihn so durchdringend an, dass er schlucken musste. Seine Hand verweilte auf ihrer Wange, und sie schmiegte den Kopf hinein, hob ganz leicht das Kinn, wie zur Einladung.
Es wäre so, so einfach sie jetzt zu küssen. Und falsch. Sasuke schloss gequält die Augen. Er konnte ihr das nicht antun. Nicht, wenn es noch keine nahe Zukunft für sie gab. Wichtigere Dinge würden sich immer in den Vordergrund drängen, und sie verdiente seine ungeteilte Aufmerksamkeit. »Gute Nacht«, sagte er leise, und wandte sich ab, ohne ihr noch einmal in die Augen sehen zu können. Hätte er es getan, hätte er sowohl Schmerz als auch liebevolle Zuneigung gesehen. Sie kannte ihn genau, wusste, wie er war, und dass es nie einfach mit ihm sein würde. Und sie würde warten, so lange sie sich sicher war, dass sein Herz ebenfalls in seiner Brust hämmerte, wenn er ihrer ansichtig wurde.
»Gute Nacht«, hauchte sie leise, gefühlvoll.
Sasuke sah zurück, und sie erkannte ein Stück ihrer eigenen Sehnsucht in seinem Blick. Sie lächelte, wandte sich um, und öffnete die Haustür. Sie würde warten. Und eines Tages würde er kommen und uneingeschränkt alles von ihr fordern, was sie ihm geben konnte. Ohne Kompromisse. Und er würde ihr das Gleiche zurück geben.
Als Sasuke die Beifahrertür öffnete, spielte Itachi an seinem Radio herum.
»Was machst du?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
»Ein bestimmtes Lied suchen«, gab Itachi zurück.
»Wir tanzen nicht mehr.«
»Naaah – Aha!« Itachi drückte den Abspielbutton, und Sasuke brauchte ein paar Zeilen, um das Lied zu erkennen.
There you see her
Sitting there across the way
She don’t got a lot to say
But there’s something about her
And you don’t know why
But you’re dying to try
You wanna kiss the girl
Er starrte seinen Bruder wütend an. »Krepier«, zischte er ihm zu.
»Lauf doch nach Hause«, erwiderte Itachi mit einem Grinsen, startete den Motor und schlug Sasukes Hand weg, der das Lied wegdrücken wollte.
Yes, you want her
Look at her, you know you do
It’s possible she wants you, too
There is one way to ask her
It don’t take a word
Not a single word
Go on and kiss the girl
Sing with me now
Sha-la-la-la-la-la
My, oh, my
Look at the boy too shy
He ain’t gonna kiss the girl
Sha-la-la-la-la-la
Ain’t that sad
Ain’t it shame, too bad
You gonna miss the girl
Now’s your moment
Floating in a blue lagoon
Boy, you better do it soon
No time will be better
She don’t say a word
And she won’t say a word
Until you kiss the girl
Sha-la-la-la-la-la
Don’t be scared
You got the mood prepared
Go on and kiss the girl
Sha-la-la-la-la-la
Don’t stop now
Don’t try to hide it how
You wanna kiss the girl
Sha-la-la-la-la-la
Float along
Listen to the song
The song say kiss the girl
Sha-la-la-la-la-la
Music play
Do what the music say
You wanna kiss the girl
You’ve got to kiss the girl
Why don’t you kiss the girl
You gotta kiss the girl
Go on and kiss the girl
Kiss the girl – The little Mermaid