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Mia und Kai-Alexander - das wandernde Rätsel

Band I
von

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Kapitel 56 Dämonenblock

Kapitel 56 Dämonenblock
 

"Was ein Glück hast du dich für den Bentley entscheiden und nicht für den Wolf."

Sabriel kam kurz vor dem Brennerpass wieder zu Bewusstsein. Sie konnte nicht sehen, wo sie sich befand, denn Run hatte sie in das Auto gesetzt und mit einer Decke fest eingewickelt. Schüttelfrost und Fieber waren wechselhafte Symptome, die nach dem Fluch das kleinste Übel bildeten.

"Du Sprichst?"

Etwas, dass Sabriel auch plötzlich verwunderte. Na ja, was hieß sprechen. Jedes Wort aus Sabriels Mund fühlte sich in der Kehle wie Schmirgelpapier an. Normalerweise brachte der Schock des Geschehens eine psychische Störung mit sich, die sich in Isolation und autistischem Schweigen zeigte. Nach dem Tod von Raguel hatte sie mehr als ein halbes Jahr kein Wort sprechen können.

Durch diese Erkenntnis fuhr ein leichter Ruck durch ihren Körper und Sabriel richtete sich auf, wobei sie sofort laut aufschrie.

"Scheiße!"

"Nicht so laut!", erwiderte Run ungnädig.

"Man, kannst du mich nicht vorwarnen, dass ich in einem Rechtslenker aufwache. Ich dachte eben der LKW würde mich platt machen."

"Wirklich erstaunlich."

Sabriel wurde jetzt richtig sauer: "Doc hast du das etwa mit Absicht gemacht."

"Hättest du mir glaubt, dass der "Custos de occulto literae" noch am Leben ist, wenn ich es dir gesagt hätte."

Diese ausweichende Antwort war typisch und Sabriel konnte ganz genau erkennen, dass Run sie absichtlich erschreckt hatte. Die Engländerin hatte manchmal einen etwas bösartigen Humor. Engländerin eben.

Mühsam richtete sich die Astrontochter auf der linken Seite des Bentley ein und wühlte sich unter Schmerzen ächzend wieder in die Wolldecke. Mehrfach blinzelte sie in die alpinistische Landschaft hinaus, welche an ihr vorbeizog, bis sich ihre Augen und auch ihr Geist an das hier und jetzt gewöhnt hatten.

„Hast du eine Ahnung, wie es dazu gekommen ist?“

Die Aussage ließ Sabriel unkommentiert. Ihr Schweigen reichte vollkommen aus, das hatte es zu vor nie gegeben. Wenn junge die Frau so überlegte, hatte sie mit Run noch nie in einem Auto gesessen, auch das niemand um gekommen war, war noch nicht vorgekommen.

Obwohl es ihr verhältnismäßig gut ging, konnte sie die Situation nicht begreifen. Was war bloß geschehen?

"Frag mich nicht. Meine Gabe hat auf ganzer Linie versagt. Ich habe dich nicht retten können, das war etwas anderes und wenn ich dennoch meinem Gefühl trauen kann, dann wird Johanna in sehr großen Schwierigkeiten stecken."

"Irgendwer hat mir geholfen, aber das war nicht Jo."

Nach dem Run einen holländischen Caravan überholt hatte und die Sicht über die Fahrbahn frei war griff die Asato in ihre Rocktasche und holte einen kleinen Zettel hervor. Das Papierchen wurde einem skeptischen Blick unterzogen, anschließend starrte die Astron konzentriert auf das Stück Zellulose nur um nach ganzen fünf Minuten des Schweigens, wieder mal zu fluchen: "Ach Scheiße, meine Augen brennen, der Wagen ist unruhig und mir tut alles weh."

Den verbalen Ausrutscher ignorierte Run und blieb beim Schweigen und konzentrieren fahren.

"Das ist Dämonenblock oder?"

"Spike hat die Nachricht, welche Sempei und seine Frau hinterlassen vor euch gefunden, jedoch hast du den Briefmarkengroßen Text in der linken Ecke des Schriftstücks erkannt und im Kampfgeschehen abgerissen. Orell weiß von der Nachricht, dass du sie hast, diese Geste war ich ihm schuldig."

Und zusätzlich hatte Run es noch so drehen können, dass Sabriel ihn sehen konnte und damit nicht von Heimsuchungen seines Todes gequält werden musste. Im Grunde bestand keine Möglichkeit mehr Orell offiziell zu sehen, denn Luca wurde von Vatikan und vom Center zum alleinigen Sündenbock erklärt. Wäre Run nicht aufgetaucht würde der Luxus eines bequemen Autositzes Utopia gleich kommen.

"Was steht da?"

Der Dämonen Block war im Grunde eine Verschlüsselungsform, welche von Dämonenjägern im späten 18. Jahrhundert erfunden hatten um Nachrichten in heiligen Abschriften zu verstecken oder auch auf Ton- und Grabtafeln hinweise zu hinterlassen.

Jeder Text befand sich in einem Quadrat welches in einzelne Segmente aufgeteilt war. Zu jedem Buchstaben im Alphabet gab es eine Strichkombination. Diese variierte im Rahmen des quadratischen Segments. Die Buchstaben wurden der asiatischen Schrift anglichen und von oben nach unten von rechts nach links aufgezeichnet. Somit entstand ein kleines Kästchen mit einem nichtssagenden Muster. Dieses Muster konnten die Dämonenjäger, damals nicht selten Mönche oder Ordensbrüder und Schwestern, in die Kunstvollen Kalligraphien der Christen einfügen. Auch Handelsverträge dienten häufig als Überbringer des Dämonenblock.

In den Kreisen den Magiern gab es noch den Segillenzauber, einen kunstvoll gefertigten Zauberspruch, der zeichnerische so umgestaltet worden war, das er als Symbol, als Talisman immer mit sich geführt werden konnte. Dieser galt Ursprungsgedanken des Dämonenblocks.

" Was haben Falkenstein und eine Moorsiedlung aus der Eisenzeit gemeinsam "

"Ja Schei…benkleister", begann Sabriel, allerdings mäßigte sie sich nach einem warnenden Seitenblick ihrer Freundin.

Blubbernd vergrub sie ihre Nasenspitze in der lindgrünen Wolldecke: "Und nun. Ein Erfolg ist das nicht gerade."

"Ren weiß Bescheid. Ich überführe dich nach Falkenstein und anschließend kehren wir nach England zurück."

Die Enttäuschung zeichnete sich deutlich in der Stirn und Augenpartie der Astron ab. Ihr kam in den Sinn, wie schwer es den kleinen Bruder von Rooster gefallen sie um Hilfe zu bitten. Es war völlig ausgeschlossen, dass der Bengel seine Lungenentzündung in fünf Tagen ausgeheilt hatte.

Zur selben Zeit wunderte es Sabriel wie interessiert und engagiert Run und ihr Bruder waren, dem Jungen zu helfen.

"Wie wäre es wenn du noch mal bei dem Grünschnabel vorbeischaust oder soll ich die Klappe halten bis ihr zurück seid?"

Runs Blick war stur gerade aus. Ihre aufgekommene Redseligkeit begann zu verstummen. Wollte die Asato wirklich, die Rettung aus dem Vatikan als Gefangenenüberführung beenden.

"Wie lange fährst du schon!", forderte Sabriel ein, um einen Schleichweg zu finden Run am Reden zuhalten.

"Keine Sorge so schnell werde ich nicht müde."

"Das habe ich nicht gefragt."

Es war schon seltsam sich mit Run zu unterhalten. Sie konnten sich zwar Freundinnen nennen, jedoch waren ihre Begegnungen meistens zustande gekommen, weil die eine die andere Zusammengeflickt hatte. Ganz früher, damals wusste nicht einmal die junge Asato, das Luca und Sabriel ein und dieselbe Person gewesen waren, hatten die Mädchen Geigenunterricht bei Johannas Großmutter erhalten. Sabriels Mutter hatte Bratsche vor ihrer Erkrankung gespielt und ihr Vater war stolz gewesen, dass Sabriel es auch lernen wollte. Nach dem ihre Mutter ihr keinen Unterricht mehr geben und Raguel ihnen nicht mehr zuhören konnte, hatte sie Run zum ersten Mal gesehen und zwar als die Verlobte von Duncan.

"Hat er es dir etwa nicht erzählt. Wir haben schon vor einem Jahr die Verlobung in der Familie Balthasar gelöst. Sie ist nur noch ein Schutzschild. Wahrscheinlich nur bis zu großen Prüfung, da fliegt ja eh alles auf."

Die erhoffte Reaktion von Run blieb aus. Sie sah immer noch konzentriert auf den Verkehr.

"Er hat dir doch lang und breit seine Liebe erklärt in Portugal. Himmel sag jetzt nicht Duncan hat es verbockt. Noch mehr verbrannte Pfannkuchen ertragen Jojo und ich nicht mehr."

Run musste blinzelte. Es war gut gewesen die Mehlspeise zu erwähnen, denn es brachte sie so stille Asato aus dem Konzept.

"Der verliebte Vogel lässt alles anbrennen, sobald er nur einen Gedanken an dich verschwendet. Ich würde ja selber kochen, aber ich kann es nicht, mein Verlobter auch nicht und die Küche ist immer noch eine halbe Ruine im Brückenhaus."

"VERLOBTER?"

"Krass, wir haben das so gut selbst vor dir verbergen können?"

Der silbergraue Bentley fuhr ohne die kleinste Unruhe über den Alpenpass. Hingegen die Fahrerin suchte nach ihrer Fassung.

"Nein, ganz ehrlich. Ich habe es bis vor kurzem auch nicht geglaubt, aber dieser verrückte Gockel meint es wirklich ernst. Duncan könnte nie mehr für mich sein als ein Bruder. Das Knutschen kann ich ruhig dir überlassen."

"Verrückter Gocke.", fragte Run extrem streng, so als hätte Sabriel erzählt, dass sie sich noch nie an ärztliche Anweisungen gehalten hätte.

"Ganz ehrlich, mir ist nicht klar wie das passieren konnte. Er war so oft da und wusste auch schon schnell das ich also ich bin und... wenn er halt immer so viel mit Duncan abhängt was kann ich denn dafür."

Die Asato drosselte die Geschwindigkeit rapide, setzte den Blinker und steuerte den nächsten Rastplatz an. Der Rastplatz, fast nicht mehr als eine erweiterte Parkbucht, war leer. Run riss regelrecht die Handbremse fest, stieg in einer einzigen geschmeidigen Bewegung aus und knallte die Fahrertür der Limousine zu. Der Schlag war der Art heftig, dass Sabriel die Wucht in ihren geschundenen Gliedern qualvoll spürte.

Run lief zweimal um den Wagen herum, öffnete im Anschluss wesentlich galanter die Autotür und glitt samtweich wieder in das helle Leder des Sitzes zurück.

Es herrschte die Ruhe vor dem Sturm. So aufgebracht hatte Sabriel die Asato noch nie erlebt. Sie hätte bis vor zwei Minuten gar nicht glaubt, dass Run zu so vielen Emotionen auf einmal fähig war.

"Zwei FRAGEN: DU hast DICH in Isodoras Sohn verliebt und einen Heiratsantrag angenommen."

"Schuldig im Sinne der Anklage. Duncan hat gekuppelt. Ich bin unschuldig."

Bevor Sabriel sich weiter verteidigen konnte hob Run ihre Hand und brachte sie damit zum Schweigen.

"Zweitens: Soll ich dir gratulieren oder kondolieren?"

Um die schmalen Lippen von Run kräuselte sich ein süffisantes Lächeln, sodass Sabriel nicht anders konnte und die Dämonenjägerin vorsichtig boxte: "Fiese Spitze Run, eine ganz fiese."

Die Angesprochene schüttelte den Kopf und startete den Motor: "Da haben sich doch Dumm und Dümmer gefunden."



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