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How to save Christmas

Die etwas andere Weihnachtsgeschichte
von

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Tell me your secret

Rin: Sehen wir uns nachher? Ich gehe gleich mit Rei ins Einkaufscenter. You know

 

Sousuke rieb sich den Nacken. Momentan hatte er Wichtigeres zu tun, als permanent sein Handy zu kontrollieren, aber die Sms war bereits vor einer Stunde eingetroffen. Allein der Anblick der neuen Nachricht im Posteingang ließ ihm das Herz bis zum Hals schlagen.

 

Das war schlecht.

Verdammt schlecht sogar.

 

Kalter Schweiß breitete sich auf seiner Handfläche aus. Mehrfach glitt ihm deswegen beinah sein Handy zwischen den Fingern hindurch, als er eilig eine Antwort schrieb.

„Entspann dich, Sousuke… Wir finden schon was.“

Das Finden war nicht das Problem. Immerhin hatte er sich im Voraus einen Plan zu Recht gelegt. Das Problem lag eher darin, dass höchstwahrscheinlich ein gewisser Jemand hier war, der ihn auf seiner Mission unter keinen Umständen erwischen durfte. Sousuke wollte sich nicht ausmalen, was passieren würde, wenn dieses Schreckensszenario einträfe! Er wusste, dass Rin immer noch sauer war.

 

Sousuke: Sorry… Ich muss noch bei den Vorbereitungen für morgen helfen. Kochen und so  

 

„Gibt’s Probleme?“

„Wir sind geliefert!“

Fester als gewollt, packte er seinen Begleiter am Kragen und zog diesen mit sich. Der Kleinere protestierte lauthals, doch Sousuke ignorierte ihn und nahm nur beiläufig die verwirrten Blicke der Passanten wahr, als er sich durch die Masse drängelte. Unsanft drückte er den Anderen gegen eine Säule und suchte hinter dieser ebenfalls verzweifelt Schutz.

„Kannst du mir bitte erklären was los ist?“, gab Nagisa im schmollenden Tonfall von sich und befreite sich von Sousuke. Vorsichtig wagte sich der Braunhaarige ein wenig aus der Deckung hervor. Sein Blick sondierte die Menge. Wie ein Raubtier, das seine Beute erspähen wollte, suchte er zwischen den Leuten nach seinem besten Freund, dessen rote Haare eigentlich nirgendwo zu übersehen waren.

„Rin und Rei sind hier…!“

Kurz nachdem Nagisa nach Luft geschnappt hatte, entglitt diesem ein Schimpfwort, das Sousuke bei diesem noch nie gehört hatte. Doch die Kinnlade rutschte dem Größeren erst runter, als sein Begleiter ihm beschwichtigend auf den Oberarm klopfte. Nagisa wirkte entspannt. Allerdings konnte Sousuke in dem Auflachen des Kleineren den leisen Hauch der Hysterie erkennen.

„Das nennt man Karma, Sou-chan. Du hättest es ihm eben von Anfang an sagen müssen.“

„Nagisa, das ist nicht witzig!“, raunte der Braunhaarige mit zusammen gepressten Zähnen. „Ich kann es ihm nicht sagen. Unsere ganze Freundschaft hängt davon ab.“

„Er würde dir schon nicht den Kopf abreißen…“, seufzte der Jüngere.

„Ich kenne ihn ein kleinwenig länger als du und ich weiß, wie empfindlich er auf solche Themen reagiert!“

 

Es war schon schlimm genug, dass ausgerechnet der Blonde hinter sein Geheimnis gekommen war. Sousuke konnte sich mittlerweile nicht einmal erinnern, wie er es überhaupt geschafft hatte diese Information aus ihm heraus zu kitzeln. Bestimmt war es in einem Moment der Unachtsamkeit geschehen – was er geradezu tiefst bereute! Er war ein erwachsener Mann und eigentlich sollte er sich nicht für seine Gefühle schämen – doch leider war dies ein Punkt, bei dem selbst er weiche Knie bekam. Noch einmal durchsuchte sein Blick die Menge.

„Sousuke… Du solltest Rin endlich mal aufklären… Ihr seid doch beste Freunde, oder? Ich glaube, wenn du noch länger wartest, würde es ihn echt verletzen. Er hat letztens echt traurig ausgesehen, weil du ihm deswegen aus dem Weg gehst. Du tust so, als bräuchtest du erst den Segen von ihm.“

 

Sousuke spürte das Handy in seiner Hosentasche vibrieren.

 

„Ich bin dabei es ihm zu sagen. Herr Gott nochmal!“

„Der kann dir jetzt auch nicht mehr helfen…“

Sousuke funkelte zornig den Blonden an, der seinen Blick mit einem gelassenen Schulterzucken abschüttelte. Seufzend drehte Nagisa die Handflächen nach außen.

„Es gibt eben ein paar Tage, wo man solche Themen nicht auf den Tisch packen sollte… Geburtstage und Weihnachten… Neujahr eventuell auch nicht gerade…“

Sousuke seufzte harsch und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, eh er genug Mut gesammelt hatte, um die SMS zu lesen.

„Warum nehme ich überhaupt Ratschläge von dir an.“ Seine Worte verhallten jedoch nur einen Augenblick später, als er mit bloßer Faust gegen die Säule schlug.

 

Rin: Du bist ein verdammt mieser Lügner, weißt du das? Das geht mir auf den Sack.

 

Er war geliefert.

 

„Du bist echt süß, wenn du verknallt bist. Hat man dir das schon mal gesagt, Sou-chan?“, säuselte Nagisa und zupfte herausfordernd an seinem Ärmel.

„Noch ein Wort und ich werde dafür sorgen, dass du nicht mehr so dämlich grinsen kannst!“, knurrte Sousuke und löste sich vorsichtig aus seiner Deckung. „Wir müssen es ungesehen zum Juwelier schaffen. Komm schon!“

 
 

♦♦

 

Weihnachten war beschissen.

Das hatte er ab sofort für sich geschlossen. Diese Entscheidung würde ihm keiner mehr nehmen können!

Bevor er zusammen mit Haru vor ein paar Monaten nach Australien geflogen war, hatte Sousuke ihm unbedingt etwas sagen wollen. Unter vier Augen. Doch dazu war es nie gekommen, weil der Abflug sich als stressiger entwickelte hatte als erwartet.

„Ich versteh immer noch nicht, warum du ausgerechnet einen Tag vor Weihnachten noch bummeln gehen willst… Wenn wir nicht aufpassen, werden wir noch über den Haufen getrampelt.“

Rin schnalzte mit der Zunge und vergrub seine Hände ein Stück tiefer in seiner Jackentasche. Desinteressiert wanderte sein Blick über die verschiedenen Schaufenster. Er hatte sich so sehr auf Weihnachten gefreut, doch jetzt stieg ihm bei dem Anblick der Festtagsstimmung förmlich die Galle hoch.

„Alleine gehen ist doch auch beschissen“, murrte er leise und sah zu Rei, der ihn sorgenvoll betrachtete.

„Darf ich dich etwas fragen?“ Rei sah dabei aus, als würde er seine Worte mit größter Sorgfalt wählen.

„Was denn…?“ Eigentlich hatte er sich erhofft, niemand würde ihn auf seine Laune ansprechen.

„Naja… Kann es sein, dass du in Sousuke ein wenig-?“

 

Sousuke!

Allein schon wenn er diesen Namen nur hörte, flammte die Wut in seinem Körper wieder auf und brannte hinter seinem Brustbein, wie das Höllenfeuer persönlich. Seufzend vergrub er sein Gesicht ein wenig mehr in seinem Schal. Eigentlich war er nicht wütend… Enttäuscht war wohl das richtige Wort.

Dieser Kerl konnte ihm trotzdem gestohlen bleiben!

 

„Wenn du mir versprichst, es niemandem zu sagen?“, murmelte der Rothaarige halb laut und schaute nur kurz zu Rei, um sich zu vergewissern, dass dieser nickte. Ruckartig schaute er hinunter zu seinen Füßen und holte einmal tief Luft.

„Schon… ein wenig…“, gestand der Rothaarige verlegen.

Leider konnte Rin das leichte Lächeln nicht sehen, dass sich auf den Lippen des Blauhaarigen fast schon vor Erleichterung ausbreitete.

„Wann ist es dir bewusst geworden?“

„In Australien erst so richtig… Es tat einfach weh ihn zu vermissen“, gestand Rin leise. Sein Begleiter schien den brüchigen Ton in seiner Stimme zu hören und zog den Älteren ein wenig zur Seite.

„Rin, hör mal…“

„Es ist okay, ja? Darüber brauchen wir nicht diskutieren…!“ Hoffnungslos zog Rin seinen Kopf einen wenig zwischen seine Schultern. Morgen würde er zusammen mit Nagisa, Rei und Sousuke Weihnachten feiern und er wusste genau, wie es ablaufen würde. Nagisa und Rei würden alles dafür tun, nicht das Pärchen raushängen zu lassen, während Sousuke ihn vermutlich weiterhin ignorieren würde.

Er wollte eigentlich wirklich nicht über dieses Thema reden, doch gerade war er froh, dass Rei an seiner Seite war. Der Blauhaarige hatte schließlich damals den Mut aufgebracht, ihm ein Geheimnis anzuvertrauen, sodass er sich nun verpflichtet fühlte dieses Vertrauen zu erwidern.

„Ich hab mit Haru oft darüber gesprochen… Ich hab sogar Makoto angerufen und jetzt weißt du es ja auch… Also was sonst noch? Ich habe immer geglaubt, Sousuke und ich seien beste Freunde und können uns alles sagen… Aber er geht mir nur noch aus dem Weg… Ich meine, es ist dumm zu erwarten, dass er mir permanent schreibt, während ich weg bin. Aber… ständig hat er mich mit Ausreden hingehalten. Ich weiß, wenn er lügt, und ich will doch nur endlich es aus seinem eigenen Mund hören, dass er ne Freundin hat!“

 

Rei wusste wirklich nicht, was er daraufhin noch sagen sollte.

„Vielleicht wartet er auf den richtigen Zeitpunkt… Vielleicht will er es nicht unbedingt an Weihnachten dir sagen“, sagte Rei, obwohl er wusste, diese Worte würden den Rothaarigen tief treffen. Eine andere Erklärung hatte er jedoch für Sousukes Verhalten nicht. Ihm war schon aufgefallen, dass der Braunhaarige sich seit einiger Zeit merkwürdig verhielt. Nagisa und er hatten ausgiebig darüber gesprochen, doch der Rätsels Lösung waren sie gemeinsam nicht näher gekommen. Rei seufzte leise und wünschte sich irgendwie helfen zu können; allerdings hatte er Rins Vermutung bisher nicht in Betracht gezogen. Was war, wenn es stimmte? Yamazaki mit einer Freundin – die Vorstellung behagte ihm nicht.

„Sollen wir weiter? Du wolltest dich ja ein wenig ablenken…“

Rin nickte nur stillschweigend.

 
 

♦♦

 

Sousuke fragte sich ernsthaft, warum er ausgerechnet mit Nagisa unterwegs war - ständig wurden wurde er aufgehalten, weil Nagisa mit großen Augen und vollster Begeisterung, die Schaufenster begutachtete.  Auf der anderen Seite beruhigte es ihn ein wenig, dass der Blonde seit den letzten Monaten sein Geheimniswahrer war. Der Blonde hatte zwar nicht die passende Ausstrahlung für jemanden, der seine Klappe unter jeglichen Umständen halten konnte, aber bisher war sein Geheimnis auch nicht an die Oberfläche gedrungen… Also was wollte er mehr?

Nitori konnte seine Klappe nicht halten, weil er ein solches Nervenbündel gegenüber Rin war.

Makoto hätte es sofort Haru erzählt, um irgendwo seine Freude auszulassen, mit den Worten „Du darfst es aber nicht Rin sagen, okay?“ und letzten Endes hätte Nanase sich doch verplaudert, weil er einfach nicht nachdachte.

Bei Rei hätte es vermutlich genauso ausgesehen.

Und mit Nanase über seine Gefühle reden? Im Leben nicht!

 

Er wollte das Thema so behutsam wie nur möglich angehen, um Rin im schlimmsten Fall nicht zu verletzen. Sousuke glaubte mittlerweile, dass sein bester Freund bald kein Wort mehr mit ihm wechseln würde, wenn er so weiter machte. Aber was sollte man schon von ihm erwarten? Es war verdammt nochmal nicht leicht, jemandem sein Herz auszuschütten, den man seit seiner Kindheit kannte.

 

Wahrscheinlich war es seine eigene Schuld gewesen, dass Nagisa es nun überhaupt wusste. Als Strafe dafür, dass er es so lange vor sich her geschoben hatte. Rin war extra aus Australien zurückgekommen, um zusammen mit ihnen das Fest zu feiern. Allerdings war Sousuke auf dem besten Wege, ihm dies zu ruinieren, wenn er so weiter machte. Und das machte ihn allmählich nervös.

„Wie kannst du so ruhig bleiben, obwohl du weißt, dass Rei hier irgendwo rumläuft?“, fragte Sousuke beiläufig. Die Beiden machten keinen Hehl mehr daraus, dass sie zusammen waren. Zumindest nicht, wenn sie sich in ihrem engsten Freundeskreis befanden. Auf eine gewisse Art und Weise beneidete er in diesem Punkt Nagisa.

Bis zu dem Verkaufsstand des Juweliers waren es nur noch ein paar Meter. In leicht geduckter Haltung schlängelten sie sich zwischen den Leuten hindurch, die ebenfalls ihre letzten Weihnachtseinkäufe tätigten.  

 

Wenn Sousuke den Laden richtig in Erinnerung hatte, bildeten die gestressten Einkäufer, die Verkaufsflächen und die übermäßig kitschige Weihnachtsdekoration einen perfekten Sichtschutz. Von außerhalb des Ladens würde man sie also nicht sehen können!

Etwas schwerfällig löste sich Nagisa von dem überaus bunten Dekor und schaute zu Sousuke auf. Dem Größeren glitt ein kalter Schauer über den Rücken, da Nagisas Augen mittlerweile genauso funkelten wie die vielen Lichterketten um sie herum.

„Weil ich zu ihm gesagt hatte, dass ich bereits ein Geschenk habe. Und – oh Mann! – er wäre eh nie dahinter kommen, was ich gleich für ihn kaufen werde!“ Nagisa strahlte dabei über das ganze Gesicht und sorgte dafür, dass Sousuke einen halben Meter von ihm weg wich.

„Und wenn er dich hier sieht?“ Es nervte Sousuke buchstäblich, dass der Blonde sich keinerlei Sorgen machte.

„Pff…! Als ob! Die Abteilung, wo ich gleich hingehe, der würde sich Rei-chan keine hundert Meter nähern.“ Sousuke fragte sich für einen kurzen Augenblick, ob er vor dem Zwinkern des Kleineren Angst haben sollte oder nicht – Schließlich musste er diesen Ort dann auch betreten. Auch das „Wir kriegen das schon hin, keine Sorge!“ trug nicht gerade zu Sousukes Beruhigung bei.

 

Etwas außer Atem näherten sie sich dem Juweliergeschäft.

„Du gibst mir Rückendeckung und ich schau mich um!“, zischte der Größere leise und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Sortiment. Vor einem Monat war er bereits hier gewesen, während er mit seinen eigenen Gefühlen gekämpft und das Richtige gesucht hatte. Erleichtert atmete er aus. Damals hatte schon etwas seine Aufmerksamkeit erregt, doch in vielen endlosen Stunden hatte er überlegen müssen, ob er diesen Kauf tatsächlich machen wollte, doch jetzt-

„Kann ich Ihnen weiterhelfen?“

Sousuke stieß mit seiner Stirn gegen die Kante der Vitrine, als er plötzlich von der Seite angesprochen wurde und er sich ruckartig aufrichtete.

Vor ihm stand eine junge Verkäuferin, die nicht unwesentlich älter sein konnte, als Nagisa und her. Normalerweise war er ein Mann der souveränen Wortwahl, aber gerade bekam er nicht mehr als ein zittriges Einatmen zustande. Als die Frau seinen Zustand bemerkte, hob sie nur ihre Hände um ihn zu beruhigen.

„Keine Sorge, auch last-minute Einkäufe lassen sich leicht regeln. Suchen Sie etwas Bestimmtes?“

„Ehm… ja… nein, nicht direkt. Wissen Sie ich möchte… möchte meiner… Freundin eine Kette schenken… Und… naja…“ Mit ausladenden Bewegungen versuchten seine Hände ihn gestikulierend bei seiner Wortwahl zu helfen.

 
 

♦♦

 

„Rin, warte mal kurz…“ Fragend zogen sich die Brauen des Brillenträgers zusammen, eh er sich herum drehte und einige Schritte nach hinten machte. Kurz hatte er geglaubt, im Augenwinkel etwas bemerkt zu haben, das allerdings nicht stimmen konnte. „Ist das nicht Sousuke…?“ Ohne bemerkt zu werden, schaute er vorsichtig durch das Schaufenster in das Innere des Geschäftes, das in seinen Augen reichlich nobel aussah.

 

„Als ob… Der ist zu Hause und hilft seiner Familie“, Rin winkte ab.

„Nein, ehrlich… Schau doch mal.“ Rei packte den Anderen am Ärmel und zog ihn zu sich ran. Rins Gesichtsausdruck wirkte mit einmal komplett versteinert.

„Verdammte scheiße… Was macht er da?“, zischte er leise und versuchte eine bessere Sichtposition zu bekommen, doch Rei hielt ihn zurück. „Ich hab’s gewusst, Rei… Ich hab’s einfach gewusst, dass er mich anlügt. Ich sagte doch, er hat ne Freundin!“

 

Eine Weile lang beobachteten sie Sousuke, wie er wild gestikulierend der jungen Frau scheinbar etwas erklären wollte. Noch nie hatte er seinen besten Freund gesehen, wie er mit Händen und Füßen redete. Das war jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Ständig wischte sich die Verkäuferin ihre Haarsträhnen hinter das Ohr und warf dem Braunhaarigen ein mehr als nur charmantes Lächeln zu. Je länger er den Beiden zuschaute, desto mehr glaubte Rin ein Messer in seiner Brust zu spüren. So nervös hatte Sousuke noch nie erlebt… Kein Wunder, dass er dieses lächerliche Balzverhalten vor ihm geheim halten wollte!

 
 

♦♦

 

„Und Sie sind sich sicher mit der Gravur…?“

Sousuke rückte sich den Schal zurecht, nur um seine nervösen Hände an irgendeiner Stelle seines Körpers zu beruhigen.

„Ganz sicher…“

„Ich spreche kaum Englisch, aber wenn es um ihre Freundin geht, dann sieht mir das schon etwas falsch aus.“

 

Sousuke lachte aufgesetzt, um über die Situation hinweg zu spielen.

 

„Doch, alles richtig… Wissen Sie, das ist so eine kleine Sache zwischen mir und meiner Freundin.“

„Freund! Seinem Freund!“, warf Nagisa ein, der sich jedoch nicht von dem Kaufhausgeschehen löste und nah am Eingang des Geschäftes Wache hielt. Allerdings machte es ihn selbst langsam nervös, denn wegen ein paar Pfeiler direkt vor der Glastür, konnte er nicht jeden Winkel im Gang überschauen.

„Ja, Freundin, genau…“, korrigierte Sousuke ihn, strich sich – mit einem Versuch gelassen zu wirken – durch die kurzen Haare. Die Verlegenheit war trotzdem quer über sein Gesicht geschrieben. Die Verkäuferin bedachte ihn mit einem langen kritischen Blick, dem Sousuke mühselig versuchte standzuhalten, während er sein Portemonnaie zückte.

„Okay… Ich werde es gleich fertig machen, wird nicht lange dauern. Soll ich es Ihnen danach gleich ein wenig verpacken? Welche ist denn die Lieblings Farbe ihres Freundes?“

„Meine Freundin mag rot“, gab Sousuke von sich und lächelte dabei – Vermutlich hatte die Frau sich gerade nur versprochen… oder er hörte schon nicht mehr richtig… Eines von Beidem.

 

Nervös trommelten seine Finger auf dem Tresen herum, während vom Nebenraum des Geschäftes das metallische Geräusch der Graviermaschine zu hören war. Nur etwa zehn Minuten musste er diese Hölle des Wartens aushalten. Mehrfach wechselte er Blicke mit Nagisa, der ihm jedoch jedes Mal ein Zeichen für „reine Luft“ gab.

Kaum, dass die junge Frau zu ihnen zurückkehrte, erhob Nagisa direkt das Wort.

„Entschuldigung, das mag vielleicht etwas direkt klingen, aber ich hätte eine kleine Bitte an Sie. Hätten Sie gleich kurz für mich Zeit? Nur, wenn Sie wollen, versteht sich.“

Eine Braue im Gesicht der Verkäuferin hob sich verwundert, doch schenkte sie dem Blonden aufmerksam ihr Gehör, während sie das Geschenk verpackte.

 
 

♦♦
 

„Nagisa?!“ Für einen kurzen Augenblick glaubte Rei seine Brillengläser seien beschlagen. Das konnte doch nicht wahr sein! Rin, der sich dicht neben ihm an das Schaufenster drückte, gab ein verärgertes Knurren von sich.

„Wusstest du, dass er hier ist?“

Rei schüttelte den Kopf.

„Er hat mir nur gesagt, dass er noch ein paar Weihnachtseinkäufe machen müsste. Für morgen und so…“

Die beiden Jungs beobachteten das seltsame Trio mit argwöhnischen Blicken. Rin seufzte frustriert, als die Frau mit einmal auf ihre Uhr schaute und kurz darauf Sousuke ein beinah liebevolles Lächeln zuwarf. Nur allzu gerne hätte er sich näher heran gewagt, nur um wenigstens das Gespräch mit anhören zu können. Doch die Scheiben und der Lärm des Trubels um sie herum, machte dies schier unmöglich.

„Haben die gerade ein Date ausgemacht oder wie…? Dieser beschissene Mistkerl…!“ Rin knirschte mit seinen Zähnen und auch Rei musste sich mehrfach räuspern, als könne er das soeben Geschehene nur schwer herunter schlucken.

 

„Sie scheinen uns noch nicht bemerkt zu haben… Sollen wir ihnen nachgehen?“, fragte Rei vorsichtig und zog den Rothaarigen ein Stück von der Scheibe weg, da dieser aussah, als würde er bald durch eben diese vor Wut hindurchbrechen zu wollen. „Vielleicht ist es ja gar nicht so wie es ausschaut. Würde dich das ein wenig beruhigen?“

 
 

♦♦

 

„So ich kann Ihnen eine halbe Stunde meiner Mittagspause opfern.“ Die junge Frau vom Juwelier traf pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt ein. „Wissen Sie… eine so ungewöhnliche Bitte habe ich noch nie gehört, aber Sie haben so nett gefragt.“

 

Sousuke schaute sich vorsichtig um, als könnten ihm die vielen Ständer mit der extravaganten Lingerie jederzeit gefährlich werden. Nagisa hatte Recht… Als Schuljunge hätte er diese Abteilung wohl aus Neugierde und Spaß durchwühlt, wenn er mit seiner Mutter in einem Modegeschäft einkaufen war… Doch gerade glaubte er, sich in seinem ganzen Leben noch nie so deplatziert gefühlt zu haben.

Sein Begleiter hatte anscheinend weniger Probleme damit. Während sie hier auf die junge Frau gewartet hatten, war Nagisa, wie ein Junge im Spielzeugladen, zwischen den Reihen der ausgestellten Unterwäsche umher gelaufen und sich bereits ein paar Modelle zu Recht gesammelt.

„Ich will gar nicht wissen, wofür das ist“, murmelte Sousuke mehrfach vor sich hin, wie ein Mantra, das ihn bei vollem Bewusstsein halten würde.

„Es ist ein Geschenk für Rei und mich“, erklärte der Blondhaarige und übergab die kleinen Bügel der Verkäuferin. Sousuke hörte bewusst weg, um etwaigen bildlichen Vorstellungen nicht die Gelegenheit zu geben seine Gedanken zu kreuzen.

„Wären Sie so freundlich und würden Sie das einmal anziehen…? Wissen Sie, ich habe überhaupt keine Ahnung und kann mir das nicht so gut vorstellen, wie es angezogen dann überhaupt aussehen würde.“

Die junge Frau lachte auf und zog bereits den Vorhang zur Umkleidekabine zur Seite.

„Wie ich schon sagte… Ungewöhnlich…! Aber gerne, ich helfe wo ich kann.“ Mit diesen Worten verschwand sie in der Kabine und zog energisch den Vorhang hinter sich zu.

 

 

„Darf ich dich was fragen?“

Nagisa nickte, löste dabei aber nicht seinen kritischen Blick von der Verkäuferin, die sich ihnen bereits zum fünften Mal vor der Umkleide mit einem unterschiedlichen Modell präsentierte.

„Hast du es Rei gestanden… oder du ihm- Ihr! IHR!“ Sousuke schielte zur der Verkäuferin, räusperte sich leicht nervös. Zum Glück hatte sie nichts von ihrem Wortlaut gehört, denn Sousuke wagte es nicht in aller Öffentlichkeit von ihrer Neigung zu sprechen.

„Er mir! Ohh und seinen hochroten Kopf hättest du dabei sehen müssen! Danke, ich glaube das werde ich nehmen.“

Ein Schatten legte sich über Sousukes Gesicht.

Er konnte es nicht fassen, wie ungeniert der Kleinere darüber redete. Erst als die junge Frau wieder angezogen aus der Kabine kam, löste sich der Braunhaarige aus seiner Starre. Dankend nahm Nagisa die Unterwäsche entgegen und machte Anstalten zu gehen, doch die Verkäuferin trat mit einem Zwinkern näher.

 

„Sie haben also einen Freund?“, fragte sie mit gedämpfter Stimme. Nagisa verschränkte die Arme vor der Brust und grinste stolz, während Sousuke unruhig von einem Fuß auf den Anderen trat.

„Keine Sorge, ich behalte Ihr kleines Geheimnis für mich. Ich bin auch vom anderen Ufer. Und Sie?“

Sousuke wurde schwindelig, als er mit einmal so direkt angesprochen wurde. Mit zittrigen Fingern lüpfte er an seinem Schal, während die andere Hand sich fast schmerzhaft eng um den Griff der Tüte schloss.

„Ich meine… Tut mir leid, wenn ich Ihnen zu nahe trete, aber… Ist die Kette wirklich für Ihre Freundin…?“

„JA!“ Sousukes Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, doch sein Deckmantel wurde binnen weniger Sekunden zerrissen, als sich Nagisas Ellenbogen schlagartig zwischen seine Rippen bohrte. Seufzend gab er klein bei. „Nein…“

 

Lange konnte er dieses Versteckspiel wohl nicht mehr aufrechterhalten. Sousuke hatte das Gefühl, alles um ihn herum würde wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.

„Ich kann Ihnen sagen, der erste Schritt ist vielleicht schwierig. Aber… trauen Sie sich ruhig.“

Sousuke wollte gerade etwas sagen, als das Handy jedoch wieder vibrierte, verschluckte er sich an seinem eigenen Speichel.

 

Rin: Können wir reden?

 

Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.

 

Souske: Morgen. Okay?

 
 

♦♦

 

Er konnte sich nur wiederholen. Weihnachten war echt beschissen!

Nur Nagisa und Rei zu Liebe versuchte er die gute Stimmung zu wahren und keinen Streit auszulösen. Doch eigentlich war ihm jeglicher Sinn für gute Stimmung und Freude vollkommen verloren gegangen. Stundenlang hatte er seine Mutter überreden müssen, nicht mit der Familie zu feiern, und gerade jetzt bereute er diese Entscheidung. Die ganze Nacht über hatte er kein Auge zugekriegt, da die vielen Gedanken in seinem Kopf einfach keine Ruhe geben wollten. Was hielt Sousuke nur davon ab, es ihm zu sagen? Er hatte ihm das Geheimnis mit seiner Schulter mit schwerem Herzen verziehen… Aber danach war er der Annahme gewesen, dass sie sich alles sagen konnten. Und solange sein bester Freund glücklich war?

 

Sousuke hätte lediglich einen besseren Zeitpunkt wählen können…

 

„Stop!“ Rins Stimme zerbrach die fragile Weihnachtsstimmung im Raum. „Bevor wir die Geschenke aufmachen… Sousuke, ich will endlich wissen was los ist! Der Tag ist eh für mich gelaufen! Schlimmer kannst du es nicht mehr machen, also sag es endlich! Hast du eine Freundin ja oder nein?!“

Sousuke spürte wie seine Wangen heiß wurden. Krampfhaft suchte er nach den passenden Worten, wobei er lediglich vor sich hin stottern konnte. Dem Rothaarigen waren die Tränen bereits ins Gesicht geschrieben. Genau dieser Anblick war es, der dem Braunhaarigen beinah das Herz zerriss. Das hatte Rin etwa die ganze Zeit von ihm gedacht?

 

„Mach vorher dein Geschenk auf…“

„SAG ES MIR ENDLICH!!“

„MACH ENDLICH DEIN VERDAMMTES GESCHENK AUF!“ Mit voller Wucht warf Sousuke das unscheinbare, kleine Päckchen gegen die Brust seines besten Freundes. Schweigend starrte Rin auf das Geschenk, das auf seinem Schoß gelandet war und sein ganzer Körper begann zu zittern.

„Rin…?“ Vorsichtig rückte er auf dem Sofa ein wenig näher, doch Rin rutschte sofort wieder von ihm weg. Sousuke litt förmlich unter dem Anblick, wie sein Gegenüber die rote Schleife mit bebenden Händen öffnete. Das Herz in seiner Brust machte mehrere schwere Sprünge hintereinander, als Rin langsam begann das Papier von der Schachtel zu lösen.

 

Er hätte so vieles verhindern können…

Wenn er sich nur eher getraut hätte, es zu sagen.

 

„Wow, eine Kette…“, gab Rin mit tonloser Stimme von sich und warf frustriert die Hände in die Luft. Sousuke musste schwer durchatmen, als er mit ansehen musste, wie sich eine Träne von den Wimpern des Rothaarigen löste und über die Wange perlte.

„Dreh sie bitte um“, antwortete Sousuke leise.

„Warum sollte ich… Sousuke, ich-“

„Mach es einfach. Bitte.“ Er hätte so vieles von Anfang an verhindern können. Und genau diese Schuldgefühle waren es, die sich nun schmerzend durch seine Brust fraßen. Was er für eine schöne Überraschung gehalten hatte, war nun zu einem Desaster geworden.

„Du kannst sie behalten. Es ist mir scheiß egal!“ Vollkommen enttäuscht warf Rin die Kette zu dem Mann, den er immer für seinen besten Freund gehalten hatte. Das überstieg gerade jegliche Grenzen.

„Wahrscheinlich gibst du nur mit die Kette, die eigentlich für deine Freundin war, weil du für mich kein Geschenk gefunden hast, was?“, brach es wuterfüllt aus Rin hervor, der aufgestanden war und die Wohnung verlassen wollte. „Es wäre besser gewesen, wenn ich in Australien geblieben wäre!“

„Rin“, dieses Mal war es Nagisa, der versuchte auf den Älteren sanft einzureden. „Sousuke hat Recht. Du solltest sie dir noch einmal ansehen…“

Rin schaute in die Runde, eh er nachgab und mit der Zunge schnalzte. Herrisch riss er Sousuke die Kette aus der Hand und drehte den schlichten Anhänger auf die Rückseite.

 

Nur ein leises Schniefen der Nase löste das endlose Schweigen auf, das sich im Raum ausgebreitet hatte.

 

For my…

 

„Ist das dein Ernst?“, fragte Rin leise, biss sich jedoch kurz darauf auf die Unterlippe.

Sousuke brachte im ersten Augenblick nicht mehr als ein ernüchtertes Nicken zustande.

„Ich wollte es dir am Flughafen gestehen… Aber als auf einmal die Anderen da waren, habe ich mich nicht mehr getraut…“

 

Beloved Shark Prince.

 

In Tränen aufgelöst, warf sich der Rothaarige Sousuke um den Hals und verbarg sein Gesicht an dessen Schulter.

„Und…? Nimmst du sie trotzdem noch an?“, fragte Sousuke zögerlich, während er seine Arme um den Kleineren legte. Er wusste nicht wie viele unterschiedliche Emotionen der Erleichterung sich gerade in seiner Brust zusammen ballten, als Rin mit einem Schluchzen antwortete.

„Warum ist mein Freund ein so riesen großes Arschloch“, war alles was man unter der Vielzahl aus genuschelten Worten von Rin heraushören konnte.

 

Verlegen räusperte sich Rei ein wenig, nachdem sich Rin endlich wieder beruhigt hatte und sein verweintes Gesicht an der Schulter des Größeren lehnte.

„Nagisa…“, sorgsam betastete er mit seinen Händen das Geschenk, das der Blonde ihm zuvor gegeben hatte. Doch egal an welchen Stellen er drückte, das Päckchen gab nur ein Rascheln von sich und er traf auf keinerlei Widerstand. „Darf ich…?“

Mit einmal leuchtete das Gesicht des Kleineren auf und er wechselte mehrfach ungeduldig seine Sitzposition, während Rei etwas wiederstrebend das Geschenk öffnete. Er durfte sich nichts anmerken lassen… Nagisa durfte unter keinen Umständen herausfinden, dass er schon wusste was sich in dem Geschenk befand. Ansonsten würde sich herausstellen, dass er Nagisa im Kaufhaus beobachtet hatte.

Ihm stockte ein wenig der Atem, als er die feine Spitzenunterwäsche auspackte. Rei räusperte sich erneut, während seine Hand zu seiner Brille schnellte, um diese zu Recht zu rücken – ein kläglicher Versuch sein hochrotes Gesicht zu verbergen.

„Freust du dich?“, hakte Nagisa direkt nach und versuchte einen Blick in die Augen seines Freundes zu erhaschen.

 

„Sag mir bitte, dass ich sie nicht anziehen muss…“

Nagisa lachte auf und formte mit seinen Fingern ein Victory-Zeichen.

„Nein… aber daraus auspacken wirst du mich nachher schon, oder?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Briciola
2016-01-30T14:34:47+00:00 30.01.2016 15:34
Du hast einen guten Schreibstil, der mir sehr gefällt. Er lässt sich so schön flüssig lesen. :)
Das war eine total niedliche FF. *.* Ich konnte mir an vielen Stellen ein "Aw" nicht verkneifen. Du hast die Charaktere toll geschrieben, hat mir sehr gut gefallen. Auch das du Nagisa und Rei mit eingebunden hast. Ich mag auch diese beiden als Pärchen.

Es ist so schwer, eine FF mit dem Paar SouRin zu finden. Ich habe mich wirklich wie ein kleines Kind gefreut, als ich deine FF gefunden hatte. Ich liebe Sousuke und Rin als Pärchen. Sie sind mein 2 Lieblingspärchen. :) Ich danke dir für die tolle FF.

LG,
Briciola
Von:  Tosho
2015-12-26T09:22:48+00:00 26.12.2015 10:22
Süß, echt süß!!!
Der Schreibstil gefällt mir echt gut, und die Idee ist toll!
LG, Tosho
Antwort von:  Nagakami
26.12.2015 17:57
Danke sehr :3
Freut mich zu hören, dass sie dir gefallen hat!
Frohe Weihnachten!

Gruß,
Kami


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