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Bloody Eternity

von

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Der Vampir aus der Gasse

Ein nächtlicher Windhauch umspielte Janes lange, tiefbraune Haare und ließ diese über ihre leicht geröteten Wangen streichen. Ihre grünen Augen schweiften über die Gegend, während sie durch die nächtliche und beinahe schon menschenleere Russell Square-Straße schlenderte.

Fast keiner, jedenfalls kein normaler Mensch, wagte es noch, zu dieser nächtlicher Zeit alleine nach draußen zu gehen. Schon gar nicht, wenn man eine junge Frau war. Immerhin war es zurzeit eiskalt und so manch komische, angetrunkene und auch gewalttätige Gestalten konnten auf den Straßen Londons umherwandern. Doch das war Nichts, wovor sich diese spezielle junge Frau fürchten musste. Es wäre ihre kleinste Sorge, wenn ein Mann versuchen würde, sie zu überfallen.

Viel schwieriger und lebensgefährlicher war die Aufgabe, die sie sich selbst seit ihrer Kindheit auferlegt hatte. Sie spürte blutrünstige Vampire auf und tötete sie - wobei sie hierbei nur ein Ziel verfolgte: Den Vampir aufzuspüren und umzubringen, der ihr im Kindesalter ihren Vater geraubt und grausam getötet hatte. Sie wollte Rache - auch wenn sie dabei möglicherweise sogar ihr Leben aufs Spiel setzte. Das war es ihr wert. Natürlich machte sich ihre Mutter jedes Mal Sorgen, wenn sie wieder verschwand, um ihren 'Nebenjob' - wie sie ihn ironisch nannte - zu erledigen. Jedoch hatte Elizabeth mittlerweile gelernt, immer mehr Vertrauen in ihre Tochter zu haben und dementsprechend an ihre sichere Rückkehr zu glauben.

Leise atmete Jane aus, sodass sich ihr Atem weiß färbte und sichtbar wurde, ehe sie nach einem Stück Papier griff, welches sie in ihrer Lederjacke verstaut hatte. Es war eine Karte, auf der ungefähr der Ort eingezeichnet war, wo zwei Menschen innerhalb von etwa einem Monat auf mysteriöse Art und Weise verschwunden und nur einige Stunden später blutleer wieder aufgetaucht waren. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ein Vampir hier am Werk gewesen war. Wer sonst hätte so etwas verrichten können? Sie glaubte kaum, dass ein normaler Mensch das Blut eines anderen Menschen ausgepumpt hätte. Zumindest war es nicht möglich - nicht ohne gewisse Spuren zu hinterlassen.

"Hier muss es sein...", murmelte die Jägerin, als sie das Papierchen wieder verstaute und sich umsah. Sie musste auf der Hut sein, denn wer wusste schon, wann und wo ein solches Wesen auftauchen würde oder wie stark es sein konnte. Immerhin konnte es ein relativ alter Vampir mit viel Erfahrung sein, aber vielleicht auch ein sehr junger Vampir, der kaum eine Ahnung besaß und halbwegs Amok lief.

Eine Straßenlaterne am Ende der Gasse flackerte und sie konnte erkennen, dass dort jemand lag. Ein Betrunkener? Sie musste dem nachgehen und fluchte dann auch leise, als sie sah, dass es sich um eine weitere, blutleere Leiche handelte. Vorsichtig kniete sich die Brünette runter und untersuchte die tote Frau, wobei ihr zwei langsam verblassende Stichwunden an der Halsbeuge auffielen, worauf sie ihre Augen verengte. Sie hatte also Recht gehabt. Hier war vor nicht allzu langer Zeit definitiv ein Vampir am Werk gewesen.

Noch während sie über die Leiche gebeugt war, konnte die Vampirjägerin die Präsenz einer weiteren, fremden Person wahrnehmen, weshalb sie sich langsam erhob und umsah. Behutsam umschloss sie dabei den Griff ihres Osmium-Messers, welches an der rechten Seite ihres Gürtels befestigt war.

Ob die Bestie noch immer ihr Unwesen trieb? Vielleicht war es aber auch nur eine Falle und man hatte auf ihr Erscheinen gewartet... Egal, was es war - es gefiel ihr nicht.

Janes Sinne arbeiteten in jenem Moment auf Hochtouren, wobei sie vor allem ihrem Gehör besonders große Beachtung schenkte und versuchte, jedes nicht passende Geräusch in der Umgebung auszumachen. Dabei blieb sie zunächst erfolglos, da sie nur den Wind heulen hörte, der immer wieder über ihren Kopf hinwegblies und diese Nacht so unangenehm kalt machte. Ob sie sich vielleicht geirrt hatte? Wohl kaum. Schließlich hatte sie sich bisher immer auf ihr sensibles Gefühl verlassen, welches ihr schon oftmals aus brenzligen Situationen herausgeholfen hatte. Es MUSSTE sich also gleich in der Nähe ein Vampir befinden - es konnte gar nicht anders sein! Nur wo?

Leicht knirschte die Brünette mit ihren Zähnen, wollte sich erneut in Bewegung setzen, um die Gegend ein wenig besser zu erkunden, als sie auch schon ein dumpfes Geräusch hinter sich vernehmen konnte, welches sie dazu veranlasste, sich ruckartig umzudrehen. Dabei stellte sie sich instinktiv breitbeinig, mit den Händen vor ihrem Gesicht überkreuzt und dem Messer in der rechten Hand, hin. Schließlich konnte sich die Vampirjägerin nie sicher sein, ob im nächsten Moment gleich ein Angriff folgte.

Als sie jedoch weder Schmerz noch Bewegung wahrnehmen konnte, runzelte Jane die Stirn und blickte den Vampir vor sich etwas irritiert an. Kein Angriff? Nicht einmal ein Schritt auf sie zu? Wie konnte das sein? Gerade als sie ihren Mund aufmachen und ihn regelrecht anfauchen wollte, wurde sie durch seine leise, aber tiefe Stimme unterbrochen - und was sie hörte, gefiel ihr ganz und gar nicht.

„Jane...?“, flüsterte, als spräche er mit einem Geist. „Jane.“

"Woher weißt du meinen Namen?!", kam es ungehalten und ziemlich laut über ihre Lippen, wobei ihr Gesicht ein wenig erblasste.

Hatte er sie etwa beobachtet und sie dann hierhergelockt? Die Tatsache, dass er wusste, wie sie hieß, machte ihr wirklich Angst, denn das bedeutete, dass er vielleicht auch wusste, wo sie lebte und dies wiederum konnte heißen, dass ihre geliebte Mutter in Gefahr war - ihre einzige, offene Schwachstelle. Während sie daran dachte, verstärkte sich ihr Griff um das Messer, wobei ihr Gesichtsausdruck deutlich härter und angespannter wurde. Unter keinen Umständen würde sie freiwillig zulassen, dass ihrer Familie etwas geschah. Da musste man schon über ihre Leiche gehen. Sie würde eine gewaltsame Trennung von noch einem Elternteil nicht verkraften. Immerhin litt sie noch heute darunter, dass ihr Vater von einem Vampir umgebracht worden war.

"Wie könnte ich deinen Namen vergessen?", antwortete er, wie in Trance ihr Gesicht fixierend.

Janes Augen verengten sich zu feinen Schlitzen und hätte sie es gekonnt, dann hätte sie den Vampir vor sich tausend Mal mit ihrem Blick erdolcht - da konnte er auf Menschen noch so attraktiv und anziehend wirken; Jane fiel auf diese Masche schlichtweg nicht mehr herein.

Während sie ihn musterte und sein Aussehen - Das markante Gesicht unter dunkelblondem, welligem Haar, die blauen Augen, die massige Statur - In ihr Gedächtnis einbrannte, lösten seine, obwohl leise ausgesprochenen, Worte, bei ihr eine innere Unruhe aus.

Für einen kurzen Moment hatte sie dabei sogar fast das Gefühl, dass ihr Gesichtsausdruck entgleiste und sie ihn panisch, fast geschockt ansah. Was um alles in der Welt sollte das heißen? War das nun wirklich eine Falle? Verdammt aber auch! Wenn dem so war und er wusste, wer sie wirklich war, dann konnte das nur bedeuten, dass er sie beobachtet hatte und wahrscheinlich auch wusste, wo sie lebte und mit wem sie zusammenlebte.

Ihr Griff um das Messer wurde deutlich stärker, sodass sie wegen des Kraftaufwandes sogar ein wenig zitterte. Sie musste sich wirklich zurückhalten, ihm nicht gleich direkt an die Gurgel zu springen und das Messer mehrere Male in den toten Körper zu rammen. Nur ihre Erfahrung hielt sie von einer derart unbesonnenen Reaktion ab; zuerst musste sie herausfinden, woher er sie kannte.

"Ich glaube kaum, dass wir uns bereits jemals begegnet sind. Ansonsten würdest du schon längst unter der Erde liegen und friedlich schlummern. Immerhin erledige ich meine Aufgaben feinsäuberlich!", erwiderte die Brünette biestig. „Also sprich, du verdammte Bestie! Hast du mich absichtlich hierher gelockt, um mich zu töten? Welches perverse Spiel wird hier getrieben?", fauchte die junge Frau den Vampir hasserfüllt an, wobei sie sich deutlich beherrschen musste, um ihm nicht gleich an die Gurgel zu springen. Schließlich wusste Jane in dem Moment noch nicht, wie viele Vampire sonst noch anwesend waren und welcher Moment dementsprechend für einen Angriff am günstigsten war.

"Aber ich spiele keine Spiele. Ich wusste bis vor einer Minute nicht mal, dass du lebst", beantwortete die Kreatur ihre Frage mit bedeutend sanfterer Stimme als sie.

Er hatte nicht gewusst, dass sie noch am Leben war? Was sollte das nun wieder bedeuten? War dieser Vampir vielleicht verwirrt? Konnten Vampire Alzheimer oder ähnliche Krankheiten bekommen? Zumindest schien er in ihren Augen deutlich neben der Spur zu sein, da er überaus eigenartige Dinge von sich gab. Nun gut, das sollte Jane nicht aufhalten. Um ehrlich zu sein, würde das - wenn er nun wirklich verwirrt war - die ganze Arbeit nur erleichtern.

"Ich weiß zwar nicht, mit wem oder was du mich verbindest, aber ich habe nicht vor, unser 'Wiedersehen' - oder wie auch immer du das nennen magst - mit weiterem Geschwätz zu 'feiern'", zischte die junge Frau leise und ließ ihren Blick über Umgebung schweifen, um andere Vampire ausfindig zu machen. Als die Jägerin jedoch keine entdecken konnte, grinste sie nur leicht und ging langsam, aber sicher in ihre Angriffshaltung.

"Jedoch hätte ich nichts dagegen, deine abgetrennten Körperteile mit einer feierlichen Stimmung zu verbrennen!"

Mit diesen Worten stieß sich Jane schnell vom Boden ab, um den Vampir vor sich anzugreifen. Dabei hielt sie das Messer mit ihrer rechten Hand leicht über ihren Kopf, sodass sie jeden Augenblick zustechen konnte.

Ein kleines, hämisches Grinsen legte sich auf Janes Lippen, als sie praktisch schon direkt vor dem Vampir stand und sich sicher war, dass sie ihr Osmium-Messer ohne Probleme in seine linke Brust rammen konnte. Jedoch wurde die Brünette nur eine Sekunde darauf eines Besseren belehrt: Gerade, als sie noch ein wenig Schwung holen und sein Herz erdolchen wollte, wich der Vampir in nur einem Wimpernschlag aus, sodass ihr Angriff ins Leere ging und sie ihr Gleichgewicht erst wiederfand, als sie eine kleine Hechtrolle machte und anschließend breitbeinig versetzt auf dem Boden kniete. Wie immer hielt Jane ihre Hände wieder schützend vor sich - man wusste ja nie.

Verdammt. Hätte sie doch einfach ihre Klappe gehalten und ihn ohne weiteren Ankündigung angegriffen! Dann hätte sie diese unverschämte Bestie bestimmt schon längst auseinander genommen und müsste sich jetzt nicht überlegen, wie sie aus dieser äußerst misslichen Lage herauskam.

Diese ganze Situation ging ihr gegen den Strich und kratzte deutlich an ihrem Ego, weshalb sie mit den Zähnen knirschte und den scheinbar jungen Mann vor sich mit hasserfüllten Augen ansah, wie er da lässig neben seinem Abendessen – Alias dem toten Mädchen – stand und sie mit missbilligend gerunzelter Stirn betrachtete. Dass er soeben mehr als fünf Meter vor ihr zurückgewichen war, hatte ihn kein bisschen aus der Puste gebracht, und von ihren Waffen wirkte er ebenfalls nicht beunruhigt.

Da sie sich kaum noch zurückhalten konnte und ihm am liebsten direkt an die Gurgel gehen wollte, setzte sie schon zu einem weiteren Angriff an.

"Jane, lass das", tadelte er, als würde er zu einem Kind sprechen, und ließ sie dadurch tatsächlich mitten in der Bewegung innehalten. "Ich denke, wir haben viel zu besprechen. Du solltest diese Waffe weglegen, dann können wir uns über alles unterhalten."

Sowohl Janes Gesichtsausdruck als auch ihr Griff um das Messer verhärteten sich deutlich. Wie konnte dieses Ungetüm es bloß wagen, so mit ihr zu sprechen?!

"Ich wüsste nicht, was ich mit so einem Monster wie dir zu bereden hätte!", fauchte die Brünette ihn regelrecht an, wobei sie ihn, noch immer kniend, von unten her ansah. Fast kam es ihr vor, als wäre er bei dem Wort ´Monster` ein wenig zusammengezuckt, aber das konnte nicht sein. Beleidigungen trafen diese Bestien mit Sicherheit nicht – Und selbst wenn, wäre es Jane nur recht. "Und ich glaube nicht, dass du mir sagen kannst, was ich zu lassen habe und was nicht. Es ist meine Bestimmung, euch ekelhaften Vampire aufzuspüren und zu töten, um die Menschheit vor euch zu beschützen!"

Mit diesen Worten stand die Vampirjägerin langsam auf, wobei sie nie ihre Verteidigung locker ließ und ihr Gegenüber stets im Auge behielt. Schließlich schien er in ihren Augen ein abgekartetes Spiel zu spielen. Woher sonst sollte er ihren Namen kennen und so vertraut mir ihr sprechen? Irgendetwas war doch daran faul!

"Und wer wird DICH beschützen?", fragte er leise nach, scheinbar völlig unbeeindruckt von ihrer aggressiven Haltung.

Seine beinahe geflüsterten Worte ließen sie stutzen. Für einen kurzen Moment hatte die junge Frau keine Kontrolle mehr über ihren Gesichtsausdruck und man sah ihr an, dass sie aufgrund seiner Worte etwas überfordert war, doch dann warf Jane im nächsten Augenblick aus heiterem Himmel ihren Kopf lachend in den Nacken. Dabei ließ sie von ihrer Verteidigung ab und legte ihre Hände auf den Bauch. Eine kurze Zeit lang konnte man in der Gasse nur Janes Lachen hören, ehe sie sich beruhigte und die eine Hand an ihre Hüfte stemmte, während die andere noch immer das Messer festhielt.

"Mich beschützen? Als ob ich so etwas wie einen Beschützer bräuchte!", zischte die junge Frau dann auch wieder ernst, wobei sie das Wort 'Beschützer' mit ziemlicher Verachtung aussprach.

Wie kam dieser elende Vampir bloß auf so eine absurde Idee? Sie war eine Rang 12 Jägerin, hatte seit ihrem zwölften Lebensjahr die beste Ausbildung zur Vampirjagd genossen und auch sonst hatte sie niemanden gebraucht, der auf irgendeine spezielle Weise auf sie hätte aufpassen müssen - und das würde nach Jane auch so bleiben. Immerhin brauchte sie niemanden, der ihr folgte oder glaubte, sie vor jedem Unheil oder jeder Gefahr abschirmen zu müssen. Sie war eine emanzipierte, starke und selbstbewusste Frau, die die Dinge selbst in die Hand nahm und sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte.

Der Vampir seufzte und sein Blick kotzte Jane einfach nur an. Fast, als hätte er Mitleid mit ihr. "Du hast dir offenbar einen gefährlichen Beruf ausgesucht - Einen, der nicht für ein Mädchen geeignet ist, wie ich anmerken möchte", fügte er noch hinzu, wie, um diesen Gedanken endlich von der Zunge zu bekommen.

"Ich bin kein Mädchen!", entgegnete die Brünette sofort, da ihr bei der Aussage sichtlich der Kragen platzte. Wie konnte er sie bloß so bezeichnen? Das war doch eine Beleidigung! Sicherlich, sie war eine Frau, doch das hieß nicht, dass sie gleichzeitig ein kleines, hilfloses und zerbrechliches Mädchen war! Sie konnte sich ausgezeichnet selbst verteidigen und auch wenn sie nicht so viel aushielt, wie sie gerne wollte, so hatte sie eine gewisse körperliche Ausdauer, die sie sich in den letzten zehn Jahren angeeignet hatte.

Ein amüsierter Ausdruck trat an die Stelle des Mitleids auf seinen Zügen und nervte sie mindestens genauso sehr. "Nun, für mich siehst du aber wie eines aus“, erklärte er, wobei er ganz ungeniert den Blick über Janes Körper wandern ließ. „Allerdings schätze ich, dass sich heutzutage jeder so nennen kann, wie er will… Aber wenn du die Jagd für deine ´Berufung` hältst, irrst du dich, das ist sie nicht“, verkündete ihr dieser Fremde dann, als wüsste er viel besser, was gut für sie war.

Es war doch völlig absurd, welche Worte der Vampir von sich gab! Für wen hielt er sich eigentlich? Es wäre nicht ihre Berufung, die Menschheit vor Vampiren zu beschützen, obwohl sie ganz genau wusste, dass solch bestialische Kreaturen existierten und die Existenz der Menschheit bedrohten? Das konnte doch einfach nur ein Witz sein.

Ihre leere Hand löste sie langsam von ihrer Hüfte, während sie ihm zuhörte, wobei sie nicht anders konnte, als diese zu einer Faust zu ballen. Dabei wandte sie einen ziemlich hohen Kraftaufwand an, so dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

Jedoch dauerte es nicht lange, bis die junge Frau erneut ziemlich verdutzt dastand und ihn mit gerunzelter Stirn ansah, als er fortfuhr: „Du bist eine Königin und als solche verdienst du besonderen Schutz."

Ihre Anspannung verflog (mal wieder) für einen kurzen Moment. Sie, eine Königin? Wovon sprach er bitteschön? Das war doch beinahe zum Mäusemelken! Frustriert fuhr sich die Brünette dann auch durch die Haare, ehe sie schwer aufseufzte und den Kopf schüttelte.

"Noch einmal zum Mitschreiben: Ich weiß nicht, wovon du redest", erklärte die Vampirjägerin erneut, wobei sie ihn weiterhin mit ihren Augen fixierte. "Und ich habe auch nicht vor, den Inhalt deiner Worte zu verstehen!"

Während sie so mit ihm sprach, atmete sie kurz durch, sodass sie ihre Fassung wiedererlangte und sich ein wenig anspannte. Schließlich musste sie - trotz dieses eigenartigen Gesprächs - auf der Hut sein und sich auf jegliche Änderungen gefasst machen.

Ein gequälter Ausdruck, den sie nicht nachvollziehen konnte, huschte über das Gesicht des Vampirs. "Wenn du mich nur erklären lassen würdest, Jane...", versuchte er es erneut.

„Erklären lassen...? Erklären lassen?!", erwiderte Jane sofort empört, wobei ihr Tonfall beim zweiten Mal deutlich lauter und höher wurde und sie ihn mit einem entsetzten Gesichtsausdruck ansah. Was beim Teufelsnamen wollte er ihr bitteschön erklären? Wollte er ihr vielleicht erzählen, wie er sie und ihre Mutter 'sanft' töten wollte? Na, bei dem Gedanken konnte die Brünette fast schon wieder hämisch auflachen - jedoch unterdrückte sie es nur und biss sich leicht auf die Unterlippe. Es war weder der richtige Ort, noch der richtige Zeitpunkt, um sich über so etwas zu amüsieren.

Die Jägerin wurde schließlich aus ihren Gedanken gerissen, als sie eine Bewegung seinerseits wahrnahm, gerade so, als wolle er einen Schritt auf sie zu machen und die Hand nach ihr ausstrecken. Ihr Körper spannte sich sofort an und ihre Augen verengten sich ein wenig, ohne ihn dabei irgendwie aus dem Fokus zu verlieren. Zwar reagierte Jane auf seine Bewegung mit Anspannung, doch mehr machte sie nicht. Sie wich keinen einzigen Schritt zurück, sondern verharrte an derselben Stelle wie zuvor. Sie wollte ihm nicht die Genugtuung geben und zurückweichen, weil sie - im Gegensatz zu ihm - ein Mensch und ihm grundsätzlich körperlich unterlegen war. Nein, so etwas würde sie niemals tun. Dazu war Jane viel zu stolz und starrköpfig, weshalb es auch ein ziemliches Wunder war, dass sie aus so manch brenzliger Situationen doch noch heil raus kam.

„Es gibt nichts, was einer wie du mir erklären könnte“, zischte sie herablassend. "Und nenn mich nicht so vertraut beim Namen! Verrate mir lieber, woher du weißt, wer ich bin!", verlangte die Brünette schroff, da dies ihr innerlich noch immer Sorgen bereitete. Sie hoffte einfach inständig, dass es bloß Zufall oder dass er der zumindest der einzige war, der wusste, wer sie war. So würde sich immerhin die Gefahr für ihre Mutter um einiges verringern, als wenn bereits schon mehrere Vampire über ihre Existenz Bescheid wussten.

"Erinnerst du dich wirklich nicht mehr, Jane?", ignorierte er sowohl ihren Befehl, sie nicht mehr beim Namen zu nennen, als auch ihre Frage. Sein einer Schritt blieb die einzige Bewegung des Vampirs, sonst hielt er sich völlig regungslos, die Arme locker neben dem Körper, den Kopf leicht gesenkt, die blauen Augen in ihre grünen gebohrt. "Ich verstehe, dass du mich hasst, weil ich dich nicht beschützen konnte... Obwohl du mir glauben musst, dass ich alles versucht habe. Aber du kannst mich doch nicht vergessen haben."

Dieser durchgeknallte Blutsauger sah sie an, als suchte nach in ihrem Gesicht nach etwas, aber da war nur Hass. Als er das erkannte, wurden seine Züge tieftraurig, aber das war Jane gleichgültig. Sie wollte ihn nur endlich umbringen, und wenn es nur wäre, um diese lächerliche Unterhaltung zu beenden.

"Hör mal gut zu. Ich weiß nicht, wovon du redest und ehrlich gesagt, habe ich auch nicht vor, dich in irgendeiner Hinsicht zu verstehen, weil du anscheinend irgendwelche makabren Spielchen mit mir spielen willst. Es gibt keinen Zeitpunkt in meinem Leben, an ich jemals etwas mit einem Vampir wie dir zu tun gehabt habe - abgesehen vom Jagen und Töten natürlich. Also lass diesen Mist! Ich habe keine Zeit für so etwas! Sei also brav und lass dich von mir auseinander nehmen, damit ich dich danach schön verbrennen kann", sprach Jane dann schließlich, wobei ihr Tonfall - trotz der grotesken Worte - normal und ruhig blieb.

Ihre so selbstbewussten Worte seines Todes bezüglich vertrieben nicht nur die Trauer aus seinen Augen, sondern brachten den Vampir sogar zum Lächeln. Er senkte den Blick und schüttelte den Kopf. "Ich fürchte, du irrst dich in mehreren Punkten. Ich bin ein Teil deiner Vergangenheit, du musst ihn nur zulassen. Das ist kein Spiel, sondern die Wahrheit und du kannst nicht davor weglaufen. Sie findet dich." Er holte tief Luft, sodass sich seine Schultern langsam hoben und senkten, und schloss die Augen. "Und ich fürchte, ich kann dir den Gefallen, mich von dir ´auseinandernehmen` zu lassen, nicht tun. Ich muss jetzt gehen und klären, wieso du hier bist..." Bei diesen Worten sah er sie intensiv an, als würde die Antwort doch noch in ihren Augen erscheinen. "Aber wir sehen uns wieder und dann kannst du es ja mal versuchen", schloss er mit einem Lächeln, als würde er nicht von seinem eigenen Ableben sprechen.

"Wenn du glaubst, dass ich dich einfach so gehen lasse, dann hast du dich geschnitten! Ich werde dafür sorgen, dass du gleich in der Hölle schmoren wirst!", knurrte Jane laut und setzte erneut zu einem Angriff an, wobei sie sich wieder vom Boden abstieß und mit dem Messer auf ihn losging. Jedoch traf ihre Klinge nur das Leere, sodass sie schlussendlich wieder allein in der Gasse stand und nur noch wütend fluchen konnte. Das konnte doch nicht wahr sein!

Leicht knirschte die Brünette mit den Zähnen, ehe sie tief durchatmete und sich dann auch ohne weiter zu Zögern zu ihrem Wagen begab und mit Vollgas nach Hause fuhr. Zwar hatte die Bestie niemals angedeutet, dass er ihre Mutter aufspüren oder verletzen wollte, doch ließ es der jungen Frau keine Ruhe. Außerdem hatte er angedeutet, sie ´wiederzusehen`, was für sie einer Drohung gleichkam. Dementsprechend stürmte sie praktisch ins Haus, als sie bei der Villa ankam. Erst als ihre Mutter auf sie zukam und sie begrüßte, beruhigte sich Jane langsam, sodass sie es sogar schaffte, Elizabeth sanft anzulächeln und zu umarmen. Sie war in Sicherheit und ihr ging es gut - das war alles, was für Jane zählte.
 

Am nächsten Morgen riss Jane ein nervtötender Wecker aus dem Schlaf, worauf sie leise, aber schwer aufseufzte und sich durch die Haare fuhr. Es war Mittwoch und wie jeden Mittwoch hatte sie leider eine Vorlesung am Morgen, bei der sie nicht fehlen durfte.

Ja, wenn Jane nicht gerade auf der Jagd nach Vampiren war, verbrachte sie ihre Zeit damit, ihrem Wirtschaftsstudium nachzugehen.

Für Außenstehende mochte es eine verwirrende Mischung sein, die die junge Frau zwischen der Jagd nach Unsterblichen und etwas so Banalem wie frühem Aufstehen hin und her trieb, doch Jane empfand das nach all den Jahren als normal. An den Vorfall der letzten Nacht dachte sie höchstens noch mit leichtem Zähneknirschen, aber jetzt war ihr Fokus auf etwas anderes gerichtet.

So begab sich die Brünette auch schon ins Badezimmer, machte sich frisch, ging nach unten und nahm wie immer einen Toast zu sich. Ihr Frühstück verspeiste sie im Gehen, während sie ihrer Mutter einen kleinen Kuss auf die Wange hauchte. Weiterhin essend und gleichzeitig die Jacke anziehend lief die Studentin nach draußen zu ihrem Wagen, mit dem sie jeden Tag zur Uni fuhr und ihre Freunde traf.

Fünfzehn Minuten zu früh parkte die junge Frau ihren Wagen vor dem Campus des King's College und begab sich dann auch gleich in den Vorlesungssaal, wo sie ihre Freunde - Kate, Cynthia, Benjamin und Logan - erblickte, die wie immer einen Platz für die Brünette frei hielten. Ohne zu zögern ließ sich Jane am Rand der Gruppe nieder und begann damit, sich ein wenig mit ihren Freunden auszutauschen. Dabei dauerte es nicht lange, bis auch endlich der Professor eintrat und mit der Valuation-Vorlesung begann.

Nach geschlagenen zwei Stunden wurden die Studenten dann endlich entlassen, sodass die Fünfergruppe ihre Sachen zusammenpackte und den Saal verließ, um in die nächste und gleichzeitig letzte Vorlesung für den Tag zu kommen. Dabei unterhielten sich alle angeregt, wobei Logan sich neben Jane stellte und sie anlächelte.

"Was hältst du davon, wenn wir die Seminararbeit zusammenschreiben?“, schlug er ein Thema an, das die meisten Studenten gerade umtrieb. „Ich habe noch keinen Partner und wenn ich mich richtig erinnere, bist du auch noch in keiner Zweiergruppe?", schlug der braunhaarige und großgewachsene Kommilitone vor, worauf die Angesprochene kurz überlegte und lächelnd nickte. Wieso auch nicht? Logan war ein angenehmer Zeitgenosse und hatte gute Noten, was doch ziemlich für eine Zusammenarbeit sprach.

Gerade, als die Brünette ihren Mund öffnen und etwas sagen wollte, konnte sie Kate und Cynthia aufgeregt tuscheln hören. Etwas irritiert hob die junge Frau die Augenbrauen an, ehe ihr Blick zu der Person schweifte, die sie am Vorabend am liebsten brennen gesehen und hier nie im Leben erwartet hätte.

Der Vampir aus der Gasse war zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Zeichenfeder
2016-02-25T20:31:12+00:00 25.02.2016 21:31
Oh la la, eine neue Fanfiction ;)
Bevor ich dir sage wie mir das 1. Kapitel gefallen hab muss ich leider was ganz doofes sagen und weil das ja ne FF über ein RPG ist, muss ich mich wohl bei 2 Leuten entschuldigen... aber ich werde es ewig bereuen, wenn ich es nicht tue....

Bei der Beschreibung:

Vor genau zwölf Jahren hatte Jane den Tod ihres Vaters mitansehen müssen, weil ein Vampir ausser Kontrolle geraten war. Zu dem Zeitpunkt war sie neun Jahre alt gewesen und doch hatten sich die blutroten Augen und das abscheuliche Grinsen für immer in ihrem Gedächtnis eingebrannt ...

LONDON 2016 - EIGENTLICHE HANDLUNG


Im Alter von zehn Jahren hatte Jane die unterirdische Basis der Vamirjäger aufgespürt und sich ihnen angeschlossen. Nach unzähligen Trainingsmethoden und Vorbereitungen, hatte sie es zur Rang 12 Vampirjägerin
geschafft und seit jeher unzählige Vampire in den Gassen Londons unschädlich gemacht - stets mit dem Hintergedanken, den Mörder ihres Vaters zu finden und ihn zur Strecke zu bringen.


Kommt schon.... Das ist schon irgendwo... Batman? Und als ich den komplizierten Zusammenhang zwischen Fledermäusen und Vampiren begriffen hab, musste ich so heftig ... kichern, dass ich mich erst beruhigen musste und mir Tränen aus den Augen wischen musste, bevor ich das erste Kapitel lesen konnte... Ich meine Nanananananananananananananana...Jane!
Sorry, aber das musste raus ;)


Zum Kap an sich:
Also ich finde es spannend^^ Ich mag aber auch generell Lovestorys die auf einer absurden Grundlage basieren. Und hier ist es halt richtig schön, dass die Widergeburt seiner Liebsten eine Vampirjägerin ist. Das verspricht lustig-kitschig zu werden^^. Die Namen für die Figuren finde ich sehr schön^^ Die sind nicht so ausgelutscht ;) (ich verdiene pro dummen Witz übrigens Geld oder zumindest hätte ich das gerne) Die Charas selbst sind auch toll beschrieben. Ich kann mir die Szene in der Gasse schön vorstellen. Da er fragt wer sie beschützt, bin ich gespannt ob er mit ihr auf Vampir jagd geht und ob er das überhaupt verkraftet. Viele Fragen bei wenig Kapiteln. Ich hoffe, dass bald das 2. Kappi kommt^^




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