Wie das Chaos seinen Lauf nahm
“Also erzähl. Was ist das zwischen euch?”
Kari seufzte auf, als sich Yolei zu ihr beugte und sie durch ihre Brillengläser mit funkelnden Augen musterte. “Das weißt du ganz genau.” antwortete die Braunhaarige und sah zu ihrem Digimon, das neben ihr lief. Gatomon sah zu ihrer Partnerin auf und sah ihr in die Augen, sagte jedoch nichts. Beide wussten, dass wenn Yolei anfing, dass man sie am besten einfach reden ließ.
Yolei seufzte ebenfalls laut auf. “Die Sache mit `wir sind nur beste Freunde´, die nimmt euch doch sowieso niemand mehr ab. Das vorher war doch wieder so ein Beweis.” erklärte die Brillenträger.
“Was soll denn gewesen sein? Es war doch alles ganz normal.” Kari sah verwirrt zu ihrer Freundin.
“Na als du gestolpert bist. Sofort war T.K. an deiner Seite und hat dir aufgeholfen. Und dazu noch sein besorgter Gesichtsausdruck. Solche Männer braucht die Welt. So hilfsbereit.” schwärmte Yolei.
Kari zog ihre Augenbrauen hoch. “Er hat sich über mich lustig gemacht.” erklärte sie und sofort schnellte Yoleis Kopf zu ihr. “Was?”
Kari nickte. “Er hat gemeint, dass man mich ja gar nicht mehr alleine lassen darf, sonst nehme ich noch Davis Job ein und mache alles in der Digiwelt kaputt.”
Yolei sah ihre beste Freundin mit großen Augen an. “Wirklich?”
Kari nickte mit roten Wangen. Wie als ob es nicht schon peinlich genug gewesen wäre, dass sie vor allen anderen gestolpert und hingeflogen war, nein, dann musste ausgerechnet noch er kommen. Im ersten Moment hatte sie auch gedacht, dass in Takerus Blick Sorge um sie gestanden war, aber dann hatte er gegrinst, ihr aufgeholfen und dabei genau das gesagt. Ihr Blick wanderte zu dem Blonden um den es ging. Der lief einige Meter weiter vorne neben Cody. Patamon flatterte neben ihm her. Das was er dann noch gesagt hatte, das hatte sie Yolei verschwiegen, denn die würde da gleich etwas ganz anderes rein interpretieren. Als Takeru ihr aufgeholfen hatte, hatte er ihre Hände noch einen Moment länger als vermutlich notwendig festgehalten und gemurmelt, dass er am besten immer bei ihr bleiben sollte, dass er auf sie aufpassen konnte. Dann hatte er ihre Hände losgelassen und war wieder dorthin zurück gegangen, von wo er zu ihr gesprungen war, als sie über die Wurzel gestolpert war. Sie könnte schwören, dass er bei seinem letzten Satz rote Wangen bekommen hatte, aber sie wollte sich nicht auf irgendetwas versteifen, was vermutlich nicht so war. Denn auch wenn sie immer sagte, dass Takeru nur ihr bester Freund war, so wusste sie doch, dass es in ihr ganz anders aussah und dass sie inzwischen mehr für ihn empfand als nur Freundschaft. Aber sie wusste, dass er nichts anderes empfand als Freundschaft. Leise seufzte sie auf. Als ihr das bewusst wurde, schielte sie vorsichtig zu ihrer besten Freundin neben sich, hoffentlich hatte diese ihr Seufzen nicht gehört. Dann richtete sie ihren Blick wieder nach vorne zu Takeru. Dieser sah in dem Moment zu ihr nach hinten und als sich ihre Blicke trafen, zwinkerte er ihr lächelnd zu. Kari erwiderte das Lächeln.
“Bingo! Ich habe es genau gesehen!” erklang neben ihr und Kari riss ihren Kopf herum um Yolei zweifelnd anzusehen.
“Was hast du gesehen?”
“Ihr flirtet miteinander!”
“Wir… Was?” Ungläubig starrte Kari die Lilahaarige an.
“Ja das gerade eben!”
“Was soll da gerade eben gewesen sein?”
Yolei hob ihren Zeigefinger in die Luft. “Du und T.K. Den intensiven Blick den ihr getauscht habt. Das Lächeln und wie er dir zugezwinkert hat. Ach ja,” Yolei seufzte auf. “Ihr wärt so ein tolles Paar.”
Kari blieb abrupt stehen. “Wir haben nicht geflirtet!”
Auch Yolei blieb stehen. “Habt ihr nicht?” fragte sie enttäuscht.
“Nein, haben wir nicht. T.K. ist mein bester Freund. Dass wir uns da auch mal anlächeln ist ja normal.”
Yolei zog ihre Augenbrauen zusammen. “Du würdest es mir aber sagen, wenn da mehr wäre, oder?”
“Wir sind da!” erklang plötzlich Davis laute Stimme von weiter vorne und Kari seufzte erleichtert auf, als Yoleis Kopf nach vorne schnellte.
“Wir sind da!” rief die Lilahaarige laut auf und griff nach Karis Hand, um die Braunhaarige mit sich zu ziehen. “Endlich! Lasst uns gleich schwimmen gehen!” rief Yolei, als ihr Blick auf den See fiel, zu dem sie unterwegs gewesen waren. Und in dem Moment war alles vergessen, was die Lilahaarige gerade eben noch gefragt hatte. Eine Tatsache, über die Kari wirklich glücklich war.
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Takeru saß an einen breiten Baum gelehnt da, vor sich ein Notizblock, in seiner Hand einen Stift und neben sich, auf dem Rücken liegend, ein schnarchendes Patamon. Der Blick des Blonden richtete sich auf das Digimon, dessen kleine Beinchen in der Luft zuckten, während es träumte. Mit einem Lächeln sah er auf und ließ seinen Blick erneut über seine Freunde im Wasser schweifen. Die zweite Generation der Digiritter hatte entschieden, heute gemeinsam einen Ausflug in die Digiwelt zu machen, ohne die Älteren.
“Hallo Keru.”
Takerus Blick schnellte in die Höhe, wo die einzige Person stand, die ihn so nannte und auch nennen durfte. “Hallo Hika.” begrüßte er sie lächelnd und richtete sogleich seinen Blick wieder aufs Wasser in der Hoffnung, dass er nicht rot werden würde. Immerhin stand sie nur in einem Bikini vor ihm. Und auch wenn es nicht das erste Mal war, dass er sie in einem Bikini sah, so war es für ihn doch noch etwas anderes, denn seit einiger Zeit spürte er, dass sie ihn im noch andere Empfindungen auslöste als nur Freundschaft. Und das war sicherlich nicht das Beste, immerhin war er für sie nur ihr bester Freund.
“Kann ich mich zu dir setzen?” fragte sie unsicher. Vielleicht wollte er gerade auch seine Ruhe haben, immerhin hatte er seinen Blick so plötzlich abgewandt.
“Klar kannst du dich setzen.” antwortete er jedoch und deutete auf seine rechte Seite, da Patamon auf der linken lag.
Kari legte das Handtuch, dass sie in der Hand gehalten hatte, auf seine Seite und setzte sich neben ihn. “Was machst du?” fragte sie ihn.
Er hob das Notizbuch hoch. “Habe nur ein paar Gedanken aufgeschrieben. Aber jetzt wo du da bist”, er klappte das Buch zu und legte es samt dem Stift zur Seite, bevor er seinen Blick auf ihr Gesicht richtete. “verbringe ich die Zeit doch lieber mit dir.” Ein Lächeln zog sich über sein Gesicht.
Auch die Braunhaarige lächelte. “Das freut mich doch.”
Takeru zögerte einen Moment. Dann erwiderte er: “Für meine beste Freundin mache ich doch alles.” Er hoffte, dass sie darauf vielleicht etwas antworten würde wie “nur deine beste Freundin?”, denn dann könnte er ihr sagen, dass er doch etwas mehr für sie empfand.
Das Einzige was sie erwiderte war jedoch: “Man sagt seiner besten Freundin nicht, dass sie wie Davis ist.”
Verwirrt runzelte Takeru seine Stirn. Wie kam sie denn jetzt darauf? Dann fiel es ihm wieder ein. Vorher als sie gestolpert war, da hatte er sie mit Davis verglichen. “Das war wohl eine Beleidigung?” murmelte er.
Kari nickte und schlug ihm scherzhaft eine Faust zwischen die Rippen. “Und was für eine.” entgegnete sie und lachte leise.
Darauf stieg Takeru gleich ein und lachte ebenfalls. “Entschuldige bitte. Das wollte ich eindeutig nicht.”
“Dein Glück.”
Kurz sahen sie sich in die Augen, ehe beide wieder ihren Blick auf den See richteten. Kari biss auf ihrer Lippe herum. Warum hatte er die Sprache wieder darauf gebracht, dass sie nur seine beste Freundin war? Hatte sie es sich nur eingebildet? Nein, sie musste es wissen.
“Du Keru?” brachte sie leise hervor.
“Hmm?” erwiderte er und sah zu ihr hinüber.
Sie hingegen hatte ihren Blick immer noch fest auf den See gerichtet. “Vorher, als du mir aufgeholfen hast…”
“Ja?” Worauf wollte sie hinaus?
“Da meintest du, dass du am besten immer bei mir bleiben solltest und mich nicht mehr alleine lassen darfst…”
Takeru wurde rot, als er an den Moment dachte. Dabei hatte er sich fast verquatscht.
“Was genau hast du damit gemeint?” fragte Kari leicht undeutlich und sofort spürte Takeru, wie seine Wangen warm wurden.
Er konnte ihr jetzt doch nicht einfach sagen, dass er sie mehr mochte, als nur als beste Freundin. Immerhin hatte sie gerade eben ja auch nicht reagiert sondern es ignoriert. “Ähm… ich…” fing er an.
“Kari! T.K.! Kommt ihr? Wir müssen langsam zurück!”
Überrascht sahen beide auf. Sie hatten gar nicht bemerkt, wie die Zeit herumgegangen war.
“Na dann.” Takeru rappelte sich auf und hielt Kari seine Hand entgegen, um ihr ebenfalls aufzuhelfen.
Verwundert sah sie ihn an, ergriff dann aber seine Hand und ließ sich hochziehen. “Danke.” murmelte sie leise.
“Ich gehe mich schnell anziehen.” erklärte sie ohne ihm in die Augen zu sehen.
“In Ordnung.” Takeru seufzte auf, als Kari davon ging. Er war Yolei sehr dankbar, dass sie ihm in dem Moment unterbrochen hatte, denn so hatte er keinen Blödsinn anstellen können.
“Warum sagst du ihr nicht einfach, dass du sie magst?” piepste neben ihm plötzlich eine Stimme und erschrocken drehte Takeru seinen Kopf zur Seite, wo Patamon saß und ihn ansah.
“Was?”
Das orangene Digimon flatterte auf und ließ sich auf seinem gewohnten Platz auf Takerus Kopf nieder. “Du magst sie doch.”
Der Blonde schluckte. Dass sogar Patamon das gemerkt hatte. “Ich glaube nicht, dass sie so für mich empfindet wie ich für sie. Sie hat es doch selbst gesagt, dass sie meine beste Freundin ist.”
Patamon versuchte Takeru von seiner Position aus in die Augen zu sehen. Er rutschte ein Stück nach vorne. Da das nicht ausreichte, noch ein Stück und im nächsten Moment stürzte er bereits ab. Takeru hielt ihn gerade noch fest. Patamon drehte sich in seinen Händen herum und sah seinem Partner so in die Augen. “Dann musst du es ihr eben zeigen.”
“Ihr was zeigen?”
“Ja dass du sie magst!” erklärte Patamon, befreite sich aus Takerus Griff und flatterte wieder zurück auf dessen Kopf.
Der Blonde sah verwirrt zu Kari, die sich gerade vollständig angezogen aus dem Wald kam. Ihr zeigen, dass er sie mochte? Dass er sie mehr mochte, als nur als Freundin? “Und wie soll ich das machen?” fragte er leise.
Patamon hielt auf seinem Kopf plötzlich inne. “Ich weiß nicht.”
“Na dann danke für den Tipp.” gab der Blonde unter dem Digimon schnaufend von sich.
“Ich bin doch nur ein Digimon.” gab das Digimon auf Takerus Kopf beleidigt von sich. “Woher soll ich wissen, wie ihr Menschen das macht. Frag doch einen anderen Menschen.”
Takeru versteifte sich und gleich darauf hob er Patamon von seinem Kopf, das ihn schmollend ansah. “Das ist eine prima Idee. Danke dir Patamon.”
Nun legte das Digimon verwirrt seinen Kopf zur Seite. “Was ist eine prima Idee?”
Takeru grinste. “Ich werde einfach die anderen Jungs fragen, was Mädchen an Jungs mögen und dann werde ich das machen, damit sie merkt, dass ich sie mag.”
Das orangene Digimon sah ihn noch einen Moment verwirrt an, lächelte dann aber glücklich. “Au ja, mach das.”
“Werde ich. Danke Patamon.”
Das Digimon schmiegte sich an seinen Partner. “Das mache ich doch gerne T.K.”
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Kaum waren sie in Kens Zimmer aus dem Computer gekommen, von dem aus sie zusammen in die Digiwelt gereist waren, verabschiedete Takeru sich von seinen Freunden.
“Wollen wir nicht gemeinsam nach Hause laufen?” fragte Cody verwundert nach, wohnten er, Yolei und der Blonde doch im gleichen Haus.
“Ich muss noch zu Matt. Das hatte ich total vergessen.” erwiderte Takeru mit roten Wangen. Sein Blick wanderte zu Kari, die ihn fragend ansah. Sie hatte wirklich gehofft, dass sie vielleicht noch etwas zusammen machen könnten. “Also dann, bis morgen in der Schule.” verabschiedete Takeru sich und war dann schon auf und davon.
Kari sah ihm verwundert nach.
“Kari?”
Als sie ihren Namen hörte drehte sie sich um.
Davis stand vor ihr und kratzte sich unsicher am Hinterkopf. “Hättest… hättest du noch Lust was zu unternehmen?” fragte er.
Die Braunhaarige sah ihn mit großen Augen an. Noch bevor sie antworten konnte, hakte Yolei sich bei ihr ein. “Entschuldige Davis, aber Karis Abend ist bereits für mich reserviert.” rettete die Lilahaarige ihre beste Freundin.
Die nickte. “Das stimmt, tut mir leid Davis, vielleicht wann anders.”
Der Braunhaarige sah sie geknickt an. “Dann wann anders.” murmelte er enttäuscht.
“Also wir gehen, bis dann.” rief Yolei laut in den Raum und zog Kari mit sich. Auch Cody folgte den beiden Mädchen.
Kaum standen sie vor der Türe, atmete Kari auf. “Danke für die Rettung, Yolei.” richtete sie an ihre beste Freundin.
Die grinste sie an. “Kein Problem. Aber irgendwann musst du Davis sagen, dass du jemand anderen mehr magst als ihn.”
Cody, der hinter den beiden Mädchen lief, blieb stehen. Warum war er mit ihnen mitgegangen? Jetzt führten sie diese typischen Mädchengespräche, mit denen er nichts anfangen konnte.
Kari senkte ihren Kopf mit glühenden Wangen. “Davis sollte es doch schon längst bemerkt haben…” murmelte sie.
“Dass du etwas für einen anderen empfindest?” Yolei sah grinsend zu der Braunhaarigen.
Diese schüttelte ihren Kopf mit großen Augen. “Nur, dass ich ihn nicht so mag.”
Yolei hob ihre Arme hinter ihren Kopf. “Irgendwann wird er es schon merken. Oder du sagst es ihm einfach. Oder, und das wäre auch eine Möglichkeit,” erklärte sie grinsend, “du stellst ihm einfach deinen Freund vor.”
“Welchen Freund?” Karis Wangen wurden noch röter.
Yolei zuckte mit ihren Schultern. “Die Antwort darauf solltest du selbst wissen.” Yolei blieb an der Kreuzung stehen, an der sie sich voneinander trennen mussten. “Vielleicht musst du selber einfach nochmal drüber nachdenken.” erklärte die Lilahaarige dann noch, bevor sie sich von der Jüngeren verabschiedete.
Die verabschiedete sich noch von Cody und machte sich dann nachdenklich auf den Weg nach Hause. Ihre Gedanken drehten sich um das, was Yolei gesagt hatte. Ihr Freund… Es gab nur einen einzigen, den sie sich als ihren Freund vorstellen konnte. Aber der sah in ihr nur seine beste Freundin. Rein eine Freundin… Vielleicht musste sie ihn davon überzeugten, dass sie nicht nur eine tolle beste Freundin wäre, sondern auch eine Frau, in die man sich verlieben könnte. Doch wie sollte sie das machen? Da kam es ihr. Sie musste einfach nur ihre Freundinnen fragen, was Männer an Frauen interessant fanden und dann würde sie Takeru dazu bringen, dass er sich in sie verliebte. Entschlossen nickte Kari. Doch, Takeru würde sich in sie verlieben.