Sora
Nachdenklich stand Kari vor der Haustüre des Hauses, in dem Sora wohnte. Sie hatte sich vorgenommen, dass sie ihre Freundinnen fragen wollte, was ein Mädchen machen musste, dass sich ein Junge in sie verliebte. Und wer wäre da besser als Sora? Ihre älteste Freundin trug nicht nur das Wappen der Liebe, nein, sie war auch schon einige Jahre mit Matt zusammen. Also wenn sie ihr nicht helfen konnte, wer dann?
Entschlossen drückte Kari auf die Klingel neben “Takenouchi”.
“Ja?” erklang es aus der Sprechanlage.
“Kari hier, hast du Zeit für mich Sora?”
“Natürlich, komm hoch.”
Ein paar Minuten später saß die Braunhaarige in Soras Zimmer auf deren kleinem Sofa, in ihren Händen eine Teetasse. Sora saß vor ihr auf dem dicken Teppichboden, ebenfalls eine Teetasse in ihren Händen.
“Was kann ich für dich tun Kari?” fragte die Rothaarige.
Kari sah mit roten Wangen auf. Sie musste es einfach fragen. “Ich… ich wollte wissen, was einem Jungen an einem Mädchen gefällt.” Sora sah die Jüngere mit großen Augen an. Bevor sie etwas sagen konnte, redete Kari bereits weiter. “Ich würde einfach gerne wissen, was ich machen soll, wenn ich einen Jungen mag.” murmelte sie.
Ein Lächeln breitete sich über Soras Gesicht aus. “Sag es ihm doch einfach.”
Sofort schüttelte Kari ihren Kopf. “Das kann ich nicht.”
“Warum nicht?”
Kari sah sie mit großen Augen an. “Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, dass ich meine Gefühle zeigen kann, ohne dass ich etwas sage?”
Sora sah ihre Freundin verständnisvoll an. “Natürlich kannst du das. Du könntest einen Brief schreiben oder auch ein Gedicht.”
Karis Wangen wurden rot. Ihre Gedanken gingen zurück zu dem Liebesgedicht, dass sie vor ein paar Tagen bekommen hatten. Es war wunderschön gewesen. Aber es war nicht von demjenigen, von dem sie es gerne bekommen hätte. Erst hatte sie sogar überlegt, es wegzuwerfen, aber das hatte sie nicht übers Herz gebracht. Auch wenn es nicht von Takeru war, so war es zumindest das erste Liebesgedicht, das sie in ihrem bisherigen Leben bekommen hatte. Also hatte sie es tief in einer ihrer Schreibtischschubladen vergraben.
“Ich kann nicht so gut mit Worten.” murmelte sie und sah Sora an. “Gibt es noch eine andere Möglichkeit?”
Sora nickte. “Natürlich.” Gleich nahm das Gesicht der Rothaarigen einen verzückten Gesichtsausdruck an. “Ich habe Matt damals Plätzchen gebacken und sie ihm gebracht. Damals hatte er mit seiner damaligen Band diesen Bandauftritt… Der dann wegen dem Digimonangriff abgebrochen wurde.” Sora seufzte auf. “Auf jeden Fall war das meine Liebeserklärung an ihn. Und sie hat ja auch funktioniert.” Die Rothaarige sah Kari aufmunternd an. “Probiere doch so etwas.”
Begeistert nickte Kari. “Das hört sich gut an. Ich glaube, dass ich das mache.”
Eine Weile saß die Braunhaarige noch bei ihrer Freundin und redetet mit dieser über alles mögliche. Nachdem sie sich von dieser verabschiedete, machte sie sich auf den Weg nach Hause und an die Arbeit.
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“Hey Keru.”
Der Angesprochene hob seinen Kopf und lächelte seine beste Freundin an.
“Was kann ich für dich tun Hika?”
Die Braunhaarige setzte sich neben ihn und legte eine Dose auf seinen Schoss. Verwundert nahm Takeru die Dose in die Hand und sah die Braunhaarige fragend an. Sie hatten Pause und beide saßen gemeinsam auf einer Bank auf dem Schulhof.
“Was ist das?” fragte Takeru neugierig nach.
Kari neben ihm rutschte unruhig hin und her.”Ich habe Kekse gebacken. Und ich dachte, dass ich die dir mitbringe.”
Mit großen Augen sah der Blonde seine beste Freundin an. “Für mich?”
Sofort nickte sie wie wild. “Ja. Komm, probiere einen Keks.” Sie griff auf seinen Schoss und öffnete die Dose, ohne sie von dem Platz zu entfernen, auf dem sie stand. Takeru bekam rote Wangen, während sie über seinem Schoss hing. Sie hatte Kekse gebacken. Extra für ihn! Als Kari die Dose geöffnet hatte, drehte sie sich zu ihm herum und hielt ihm einen Keks entgegen. “Hier. Mund auf.”
Takeru tat, wie im geheißen wurde und öffnete seinen Mund. Kari schob den Keks hinein und beobachtete gespannt, wie ihr bester Freund zu kauen begann.
“Und?” fragte sie und wollte unbedingt wissen, ob Takeru ihren Liebesbeweis verstand.
Der Blonde hatte in dem Moment nur einen einzigen Gedanken. Wollte Kari ihn umbringen?!
Der Keks war das widerlichste, was er je in seinem Leben gegessen hatte. Und das musste etwas heißen, denn er hatte schon Essen ihrer Mutter gegessen und bis vor wenigen Sekunden hatte er sich gedacht, dass es nichts schlimmeres gäbe. Kari schien die Kochkünste, Verzeihung, die nicht vorhandenen Kochkünste ihrer Mutter geerbt zu haben. Yuuko Yagami könnte ein Kochbuch schreiben und dieses an Lebensmüde verkaufen.
“Und?” erklang Karis Stimme und Takeru wollte gerade etwas sagen, als er ihre großen, erwartungsvoll glänzenden wunderschönen Augen sah. Sie hatte einfach die schönsten Augen der Welt. Und er konnte sie nicht verletzen, dazu liebte er sie zu sehr. Er zwang sich, die widerliche Pampe in seinem Mund herunter zu schlucken.
“Mmh, das ist der leckerste Keks, den ich jemals gegessen habe.” brachte er es fertig, zu lügen ohne dabei rot zu werden. Das Strahlen, das sich daraufhin über ihr Gesicht ausbreitete, entschädigte ihn für alles.
“Wirklich?” fragte sie ungläubig. “Das sind Sellerie-Rotwein-Kekse. Ich habe das Rezept von meiner Mutter bekommen. Eigentlich sollten die Kekse mit Weißwein gemacht werden, aber wir hatten nur noch Rotwein zu Hause und meine Mutter meinte, dass Rotwein sowieso besser schmecken würde.” Karis Blick wanderte zu Takerus Gesicht. Der Blonde sah sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. “Mach dir wegen dem Alkohol keinen Kopf. Der wurde verkocht. Das hat zumindest meine Mutter gesagt.”
“Sie sind… wirklich lecker.” brachte Takeru nochmal hervor und versuchte, dabei so glaubwürdig wie möglich zu klingen. “Ich werde die Kekse später essen. Dann habe ich so lange wie möglich etwas davon.” fügte er hinzu und wollte die Dose schließen.
“Das musst du nicht. Ich habe noch einige Kekse zu Hause. Du kannst also soviel wie möglich davon essen.” Sie griff in die Dose, nahm einen Keks und schob ihn Takeru in den Mund.
“Wirklich lecker.” murmelte dieser mit Schweißtropfen auf der Stirn.
Kari klatschte begeistert in ihre Hände. “Ich freue mich, dass sie dir schmecken.” erklärte sie und schlang kurzerhand ihre Arme um den Blonden. Dieser verschluckte sich vor Schreck und fing an zu husten. Noch bevor er etwas sagen konnte, hatte sie ihre Arme wieder von ihm gelöst und schlug ihm auf den Rücken, um ihm zu helfen.
“Hika…” murmelte Takeru, als er sich wieder beruhigt hatte.
“Ja Keru?” Mit leuchtenden Augen sah sie ihn an.
“Hast du die Kekse extra für mich gebacken?” fragte er, nachdem er seinen ganzen Mut zusammengenommen hatte. Kari wurde rot und begann zu stottern.
“Oh Kekse!” rief plötzlich eine Stimme und ehe einer von beiden reagieren konnte, griff eine Hand in die Dose auf Takerus Schoss, ergriff drei Kekse und schon landeten alle drei gleichzeitig im Mund des Ankömmlings. Überrascht sahen Kari und Takeru auf. Davis Gesichtsausdruck verzog sich. “Was sind denn das für…” begann er. Takeru schüttelte wild seinen Kopf und deutete hinter Karis Rücken auf die Braunhaarige. Glücklicherweise reagierte Davis rechtzeitig, etwas, was fast schon unglaublich war. “Was sind das denn für leckere Kekse?” brachte der Braunhaarige hervor.
“Du magst sie auch?” fragte Kari und klatschte erneut begeistert in ihre Hände. “Die hab nämlich ich gebacken. Extra für…” Ihr Blick glitt zu Takeru. “Einfach so.” gab sie dann von sich.
“Sind das die ersten Kekse, die du gebacken hast?” fragte Davis.
Kari nickte. “Ja, das sind meine allerersten.”
“Hast du sie vorher probiert?” fragte Takeru vorsichtig nach.
Nun schüttelte die Braunhaarige ihren Kopf. “Nein, ich wollte, dass du … dass ihr die ersten sind, die sie probieren.”
“Das erklärt einiges…” murmelte Davis leise.
“Was hast du gesagt?” fragte Kari neugierig, die ihn nicht verstanden hatte.
“Nur, dass du gut backen kannst.” antwortete Davis.
“Danke dir vielmals.” strahlte das Mädchen den Braunhaarigen an. Sie griff in die Dose auf Takerus Schoss, nahm noch ein paar Kekse hervor und drückte sie Davis in die Hand.
“Ich habe auch noch welche zu Hause. Ich bring dir morgen welche mit.” erklärte sie.
Takerus Laune ging in den Keller. Sie hatte die Kekse nicht für ihn gebacken sondern einfach so. Und er hatte schon gehofft... Er seufzte leise auf.
“Keru? Ist bei dir alles in Ordnung?” Als er ihre Frage hörte und ihre Hand auf seinem Unterarm spürte, sah er auf. “Ja doch, alles in Ordnung. Danke für die Kekse.” erklärte er, als er ihren sorgenvollen Blick sah. Er lächelte sie an.
“Ich freue mich, wenn sie dir schmecken.” murmelte sie und lächelte ihn ebenfalls mit roten Wangen an.