Aussprache
Kaum war Kari in ihrem Zimmer aus dem Computer gekommen, wollte sie sich auf den Weg zu Takeru machen. Ihr Blick fiel auf ihr Bett, wo der Pullover noch lag. Kurzentschlossen griff sie nach diesem und zog ihn über ihren Kopf. Auf diese Art und Weise musste sie ihn nicht in der Hand tragen, versuchte sie sich einzureden. Sie schüttelte ihren Kopf, nein, die Wahrheit war, dass er nach Takeru roch und dass sie so das Gefühl hatte, dass sie ihm nahe war. Als nächstes griff sie zu ihrer kleinen Handtasche, in die sie ihr Digiterminal und ihr Digivice sowie ihr Handy warf. Kurz überlegte sie, ob sie Takeru schreiben sollte, ob sie kommen konnte, entschied sich dann aber dagegen. Nein, sie würde einfach zu ihm gehen, dann hätte er auch nicht die Chance, vorher zu verschwinden. Sie verließ ihr Zimmer, ging in den Flur und zog ihre Schuhe an. “Mama?” rief sie laut. “Ich muss nochmal weg.”
Yuuko sah aus dem Wohnzimmer heraus und bekam nur noch mit, wie die Wohnungstüre zufiel. Auch Tai steckte seinen Kopf aus seinem Zimmer.
“Weißt du, wohin sie noch muss?” fragte Yuuko ihren Sohn.
Der zuckte mit seinen Schultern. “Nein, aber ich kann es mir denken.” antwortete er grinsend. Gestern hatte er mit seinen besten Freunden geredet, natürlich, wenn sie schon gemeinsam unterwegs waren, dann redete man auch miteinander. Und da hatte Tai Matt erzählt, dass Takeru bei ihm gewesen war und auch von dessen Frage. Erstaunt hatten Matt und Sora ihm zugehört. Matt hatte entgegnet, dass Takeru ihn das auch gefragt hatte und Sora hatte rausgelassen, dass Kari bei ihr gewesen waren. Und so waren sie darauf gekommen, dass die beiden Jüngeren wohl doch sich meinten.
“Warten wir einfach mal ab, was ist wenn sie wieder kommt.” Tai grinste und verschwand wieder in seinem Zimmer.
Yuuko sah ihm noch einen Moment verwundert nach, entschied dann aber, dass sie ihrem Sohn einfach vertrauen würde. Sie selbst wollte in die Küche gehen, immerhin wollte sie noch ein neues Kuchenrezept ausprobieren. Dieses beinhaltete neben Kirschen auch Blaukraut und Fenchel, es würde sicher lecker schmecken. Und für Tai wollte sie noch Rote-Beete-Schokoladen Muffins backen.
---
Als T.K. in seinem Zimmer angelangt war, war ihm klar, dass er sofort mit Kari reden musste und dass er es nicht mehr aufschieben durfte. Er hatte sich in sie verliebt und er musste es ihr sagen, ungeachtet der Konsequenzen.
Er machte sich sofort auf den Weg zu ihr und rannte den kompletten Weg. An einer Stelle hatte er die Möglichkeit, eine Ampel zu nehmen oder über eine Brücke zu gehen. Er entschied sich für die Brücke, da er keinen Kopf dafür hatte, an einer Stelle stehen zu bleiben und zu warten, bis die Fußgängerampel grün wurde. Als er etwa in der Mitte der Brücke war, sah er von dort oben eine ihm sehr bekannte Person.
Kari war den ganzen Weg gerannt. Nicht mehr weit, dann wäre sie bei ihm.
“Hika, hey Hika!” klang da ihr Name an ihr Ohr. Verwundert blieb sie stehen und sah sich um. “Hika, hier!”
Sie hob ihren Kopf und sah ihn da oben auf der Brücke stehen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie seine blonden Haare im Sonnenlicht erkannte.
“Warte, ich komm runter.” rief er und Kari blieb wie angewurzelt an der Stelle stehen, an der sie stand. Kurz darauf stand er vor ihr.
“Hey.” murmelte sie und sah ihn unsicher an.
“Hey.” erwiderte mit dem gleichen Tonfall und dem gleichen Blick. Ein paar Minuten sagte keiner von beiden etwas. “Ich… ich war auf dem Weg zu dir.” gab er schließlich von sich.
Ihr Blick hellte sich auf. “Wirklich? Ich war nämlich auf dem Weg zu dir.”
“Wirklich?” erwiderte er, woraufhin sie nickte. “Gut, dass wir uns getroffen haben, denn sonst würdest du bei mir vor der Türe stehen und ich bei dir und keiner von uns wäre zu Hause.” lachte Takeru auf.
Auch Kari musste leise lachen. “Das stimmt.”
Wieder sahen sie sich ein paar Minuten schweigend an. “Wollen… wollen wir in den Park gehen?” fragte der Blonde und sah Kari an.
Die nickte. “Gerne.”
Sie gingen gemeinsam durch den Park, schweigend. Schließlich ließen sie sich auf eine Bank fallen, die an der Seite des Weges stand. Sie hatten selten so wenig miteinander geredet, wie gerade.
“Das mit gestern tut mir leid.” stießen beide plötzlich hervor. Sie sahen sich überrascht an und lachten dann los. Langsam lockerte sich die Stimmung zwischen ihnen wieder.
“Das ist total schief gelaufen.” murmelte Kari und sah mit roten Wangen geradeaus.
“Irgendwie schon.” stimmte Takeru zu.
Wieder herrschte Schweigen, allerdings nicht mehr ganz so angespannt wie zuvor.
“Darf ich dich etwas fragen? Und ich will, dass du ganz ehrlich darauf antwortest.”
Der Blonde sah zu dem Mädchen neben sich. “Natürlich.”
Kari sah ihn mit roten Wangen. “Und du versprichst mir, ehrlich zu mir zu sein?”
Takeru nickte.
“Gut.”
Gespannt wartete Takeru auf die Frage, die ihm prompt Röte in die Wangen trieb.
“Wie fandest du mein Kleid gestern Abend? Und sei ehrlich.”
Mit großen Augen sah Takeru das Mädchen an, das eine ehrlich Antwort erwartete. Was sollte er sagen? Die Wahrheit? Die lautete, dass das Kleid nicht toll gewesen war, dass sie gestern nicht so gut ausgesehen hatte wie sonst, dabei hatte sie vermutlich noch besser aussehen wollen. Als ihm das klar wurde, begann sein Herz stärker zu schlagen. Hatte sie sich für ihn so aufgebrezelt?
“Also?” Abwartend sah Kari ihn immer noch an.
Er musste ehrlich sein, aber er wollte sie ja auch nicht vor den Kopf stoßen. “Es war… es war sehr… ähm… speziell.”
Kari hielt sich beide Hände vors Gesicht. Weinte sie jetzt etwas? Der Blonde riss seine Augen auf.
“Es war schrecklich.” hörte er plötzlich hinter ihren Händen und dann schielte sie zwischen ihren nun geöffneten Fingern zu ihm hinüber.
“Was?”
“Das ist doch die Wahrheit. Das Kleid ist vielleicht ganz nett, aber nicht an mir. So etwas kann Mimi anziehen aber mir steht es nicht. Und auch die ganze Schminke.”
Enttäuscht ließ sie ihre Hände sinken und schloss ihre Augen.
Als sie eine Hand unter ihrem Kinn spürte, öffnete sie ihre Augen wieder und als Takeru ihren Kopf sanft zu sich gedreht hatte, sah sie ihn mit roten Wangen an.
“Du hast das doch gar nicht nötig. Du bist wunderhübsch und da brauchst du dich nicht so zu schminken. Und das Kleid…” nun bekam er rote Wangen und zog seine Hand zurück, “mein Pullover stand dir besser.” Er sah zu ihr und zupfte an dem Pullover, den sie trug. “Tut er auch jetzt noch.”
Sofort liefen ihre Wangen noch röter an. “Entschuldige. Ich werde ihn die nächsten Tage waschen und bringe ihn dir dann.”
“Das musst du nicht. Von mir aus kannst du ihn behalten. Du gefällst mir so.”
“Wirklich?”
Takeru nickte. “Ja.”
Kari lächelte. “Ich fühle mich auch viel wohler in deinem Pulli als in dem Kleid.”
“Das ist gut. Es gefällt mir, wenn du mich in meinen Sache wohl fühlst.” Als er vorsichtig zu Kari hinüber sah, erkannte er, wie diese ihn mit roten Wangen und glänzenden Augen ansah. Seine Wangen färbten sich rot, während er ihren Blick erwiderte. “Ich… ich mag dich Hika.” brachte er mit kratzender Stimme hervor, während sein Herz wie wild in seiner Brust schlug.
Er erkannte, wie ihre Augen sich überrascht weiteten. “Ich mag dich auch Keru.” antwortete sie leise.
“Nein… ich meine… also ich will damit sagen, dass ich dich sehr, sehr gerne mag Hika.” versuchte er zu erklären.
Sie lächelte. “Ich mag dich auch sehr, sehr gerne Keru.” antwortete sie mit ebenfalls stark schlagendem Herzen.
“Du…” Fassungslos sah der Blonde Kari an.
Sie wand ihren Blick unsicher zur Seite. “Die letzten Wochen habe ich die Mädchen ständig ausgefragt, was Jungs wohl an einem Mädchen toll finden, weil ich wollte, dass du mich eben mehr als nur als beste Freundin magst. Sogar Tai hat mir Tipps gegeben. Und das habe ich gestern versucht umzusetzen… Aber du hast ja selbst gemerkt, dass alles schief gegangen ist…”
Takeru sah sie auf ihr Geständnis überrascht an, dann lächelte er. “Ich habe die Jungs ausgefragt… Da kamen aber auch nicht die perfekten Tipps raus, das hast du gestern gemerkt. Und das zu enge T-Shirt ist auf Tais Mist gewachsen. Dein Bruder meinte, dass Frauen auf enge Kleidung stehen.”
Kari lachte auf. “Er meinte auch, dass Männer es toll finden, wenn die Kleidung der Frauen sehr eng ist… und tief ausgeschnitten… und kurz… und fast nicht da.”
Langsam griff Takeru nach ihrer Hand. Kari sah ihn mit großen Augen an, als er seine Finger zwischen ihre gleiten ließ. “Du musst dich nicht verstellen Hika, niemals. Ich bin glücklich, dass du die Person bist, bei der ich mich nie verstellen muss. Ich kann bei dir sein wie ich bin, ohne Einschränkungen. Und ich hoffe, du bei mir auch. Ich will dich Hika, so wie du bist, niemand anderen. Und so wie du bist…” Intensiv sah er in die Augen, während er das Gefühl hatte, dass sie sein Herz doch hören musste, so laut und stark wie es in ihm schlug. “So habe ich mich ja schließlich auch in dich verliebt.”
Kari sah ihn einen Moment mit großen ungläubigen Augen an, ehe Begreifen in ihren Blick trat und ihre Augen zu leuchten begannen. “Ich mich auch in dich.” erwiderte sie freudestrahlend, aber leise und drückte seine Hand sanft.
Takeru konnte sein Glück kaum fassen. Sie war auch in ihn verliebt. Und er hatte sich so dumm benommen, um sie zu etwas zu bringen, wo sie schon längst war. Er griff ihre Hand noch fester. “Heute hat mir jemand gesagt, dass man jemanden so mögen muss, wie er ist…”
“denn sonst kann es nicht funktionieren.” beendete Kari seinen Satz voll.
Takeru nickte. “Genau.”
Kari rückte näher an ihn heran. “Dann ist es ja gut, dass ich dich so mag, wie du bist.” sagte sie leise.
“Und ich dich so, wie du bist Hika.”
Sie saßen eng beieinander und sahen sich tief in die Augen. Schließlich senkte Takeru seinen Kopf langsam, fast zögerlich. Als er bemerkte, dass die Braunhaarige ihm entgegen kam, schloss er seine Augen. Als sich ihre Lippen das erste Mal sanft berührten, festigten sich ihre Griffe an ihren Händen. Beide Herzen schlugen heftig gegen ihren Brustkorb und alles kribbelte in ihren Körpern, als sie ihren ersten Kuss teilten. Vorsichtig öffnete Takeru seine Lippen und spürte, wie Kari es ihm gleich tat. Wenig später trafen sich ihre Zungen das erste Mal und beide hatten das Gefühl, dass ein Feuerwerk in ihnen explodierte.
Nach langer Zeit lösten sie sich voneinander und der Blonde lehnte seine Stirn an ihre. “Ich liebe dich Hika.” brachte er heiser hervor. “Ich liebe dich auch Keru.” erwiderte sie leise, aber glücklich.
Und so erfüllte sich der große Wunsch von beiden. Und dabei hatten sie viel gelernt. Man musste sich nicht verstellen, um jemanden zu zeigen, dass man ihn mochte. Man musste man selbst sein, denn wie Gatomon und Patamon gesagt hatten, wenn der Andere dich nicht so mag wie du bist, dann kann es niemals funktionieren. Trotzdem hatten Kari und Takeru auch einige Dinge gelernt, dass sich der Partner über kleine Überraschungen freute, dass man gerne beieinander war, dass es schön war, kleine Komplimente zu bekommen, dass man ehrlich sein sollte…