Zum Inhalt der Seite

It's your Song

Sadie Mao x Mizuki
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Neben der Spur

09.04.2013
 


 

Sadie

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
 

[Kapitel_1]
 


 

Es war ein Tag wie jeder andere auch, als sich der Sänger der Band Sadie an jenem Morgen auf den Weg ins Studio machte, dabei ziemlich angefressen auf der Innenseite seiner Unterlippe herumkaute und die rechte Hand fest um das Leder des Lenkrades griff, als würde es von alleine nicht halten. Die linke Hand erhob sich immer wieder vom Schalthebel, um diverse mahnende Gesten aufzuweisen, da das Augenpaar dem Gehirn mitteilte, dass alle – wirklich ALLE - Menschen zu blöd zum Fahren waren. Ein fauchendes, durch die Zähne gepresstes „Gott verdammt nochmal! WAS könnt ihr eigentlich?!“ verließ die schönen Lippen des Fahrers, der einfach nicht verstehen konnte, wie unfassbar dämlich sich manche Autofahrer anstellten! Der Blick wütend auf das übernächste Auto vor sich gereichtet, dann abschweifend zur Ampel die gerade von Grün, auf Gelb wechselte ...

Im Normalfall wäre er locker noch drüber gekommen, doch kaum startete der zweite Wagen vor ihn den Motor nach seinem Absaufen erneut, da blieb er auch schon wieder stehen, anstatt aufs Gas zu treten!
 

„OAH! WIE BITTE?! ICH FASS ES DOCH EINFACH NICHT!“
 

Wut und Frust wurden am Lenkrad ausgelassen und ergaben einen immer wiederkehrenden dumpfen Ton, sobald Faust auf Hartleder traf. Und das mehrmals und auch ziemlich euphorisch aufeinander folgend. Wütend war kein Ausdruck dafür, was Mao in jenen Momenten ans Tageslicht brachte. Er war aggressiv, und das nur, weil er wieder ewig mit seinem Schweinehund diskutiert hat, anstatt einfach aufzustehen!
 

Er würde noch zu spät kommen!
 

Fast wie jeden Morgen klingelte der Weckton des Smartphones unzählige Male ehe sich der träge Körper aus den Federn erhob. Wirklich nie hatte er Lust aufzustehen und musste sich daher immer wieder gut zureden und den inneren Schweinehund mit ganz viel Süßholz zu raspeln, dass dieser ihn endlich aufstehen ließ. Ohne ihn, so war sich Mao sicher, würde er ganz ohne Probleme aufstehen. Diese morgendlichen Diskussionen mit seinem inneren Ich nervten tierisch und ein jedes Mal gewann der Schweinehund! Er ließ den Sänger nie rechtzeitig aufstehen, füllte seinen Körper mit Blei und deckte ihn mit den Eigenwillen der Hände wieder brav zu.
 

Und das lief jeden beschissenen Morgen so ab! Sein Magen erinnerte ihn dann eine Stunde später daran, endlich mal was Vernünftiges zu bekommen, da er ans Frühstück, nach solch morgendlichen Problematiken gar nicht denken brauchte! Der Biss ins Brot erledigte sich zwischen aufstehen, anziehen und losgehen. So auch vorhin erst wieder geschehen, wie ihm in den Sinn kommt, als er sich kurz schwer seufzend und resignierend über die Stirn fuhr und der Schmerz ihn daran erinnerte, wie sehr er seinen Vermieter hasste ...
 

Er wird sich wohl noch dran gewöhnen müssen, dass die Hauseigentümer die Seiten der Haustür getauscht haben. Da, wo doch sonst die eigentliche Schwingtür war, befand sich seit guten zwei Monaten ebenso eine Schwingtür- allerdings war diese fest verriegelt, sodass die andere Seite der Tür genutzt werden musste. Welchen Sinn das alles hatte wusste der Schwarzhaarige nicht, aber er stellte so ziemlich jeden Morgen fest, dass er seinen Vermieter Aufgrund dessen, und zahlreichen anderen Dingen, hasste.
 

Immerhin schlug der ihn jeden Morgen ein Brett vor den Kopf!
 

„Arschloch!“, hatte Mao nur nochmals von sich gefaucht, trat gegen den weißen Plastikrahmen der Tür und beleidigte sie erneut, indem er ihr die Zunge herausstreckte. Durchaus war er sich dessen bewusst, dass all seine Flüche und Beleidigungen keinerlei Anklang bei einem totem Gegenstand fanden, doch sobald sich der Sänger das dämliche Gesicht des alten Sacks ins Gedächtnis rief, der es wirklich extrem hasste, zerstörte man sein Eigentum und fand Dinge scheiße, die er wiederum toll fand, konnte Mao nicht anders als mit dem ersten Schritt nach draußen vor der Tür loszulachen. Für manch außenstehende musste er den Eindruck erwecken nicht ganz dicht zu sein – lachte er fast jeden Tag mit dem ersten Schritt nach draußen einfach los, ohne Grund, aus fremden Sicht betrachtet.
 

Wenn er bewusst darüber nachdenken würde und sich einmal bildlich seine Erscheinung am Morgen vor das innere Auge führen würde – wie er da fast immer gehässig lachend aus der Haustür kam, hin und wieder fluchend dabei oder nochmals von draußen die Tür tretend, aber stets lachend, dann würde er sich selbst wohl auch als Geistesgestört betiteln. Dass die Nachbarn ihn schon seltsam ansahen, war ihm nicht entgangen und so langsam wusste er auch warum.
 

Er war ein Freak.
 

Natürlich war er das, er war Musiker!
 

Änderte jedoch nichts daran, dass auch ein Freak nicht nur lachend gegen Glastüren trat, sondern ebenso gut im Auto abgehen konnte, weil er jetzt wieder gefühlte sieben Monate hier stehen würde, bis diese verfluchte Ampel seine Lieblingsfarbe des Straßenverkehrs aufzeigen würde. Um sich selbst etwas bessere Laune zuzurufen, versuchte der Sänger es mit den Filmtrick und pustete, in der Hoffnung sein Zauberpuster würde ankommen und das Plastik mit der grünen Lampe erleuchten. Doch stattdessen leuchtete das Display seines Smartphones auf, welches auf einem Pad auf dem Armaturenbrett lag. Darauf groß und deutlich der Name des Anrufers.
 

Aki!
 

Kurz beugte sich der Sänger nach vorn um sich zu vergewissern, dass er das richtig lesen würde, als auch gleich beim zweiten Mal ‚Aki‘ lesen die Brauen hochschnallten und der Blick auf die Uhr fiel. Ja, verdammt, er war spät dran, aber noch hatte er etwas Zeit! Noch war er nicht zu spät, warum rief Aki ihn dann an? Der meckerte ihn ganz bestimmt wieder voll, da war sich Mao sicher, weswegen er beschloss besser nicht dran zu gehen und dabei nun begann an seiner Kette herumzuspielen. Der Anhänger wurde fest zwischen Zeigefinger und Daumen geklemmt um immer wieder rasselnd über die Glieder der Kette geschoben zu werden. Das Augenmerk weiterhin auf das Display gerichtet – der Bassist blieb hartnäckig.
 

Verdammt!
 

Es machte den Sänger nervös, der immer wieder zwischen Ampel und Smartphone hin und her wanderte mit seinem Blick und sich dann doch dazu entschloss, den Anruf entgegen zu nehmen.
 

„Man was ist denn? Ich bin gleich da“, nahm Mao schließlich ab und begann gleich mit einer Art Entschuldigung.
 

„Danke, ich habe auch ganz bezaubernd geschlafen, Prinzessin“, bekam er daraufhin nur trocken von seinem Bassisten zu hören, was dazu führte dass sich die Brauen skeptisch anhoben und anschließend tief ins Gesicht zogen.
 

Kein Gemecker?

Ironisches Geplänkel?

Hatte der etwa gute Laune?
 

„Ich wollte eigentlich nur wissen wo du die Entwürfe für die Tour Shirts hingeschmissen hast, aber wenn du ja sowieso gleich da bist ...“
 

Deswegen rief er ihn an?
 

„Ähw ... ich hatte die noch nicht mal gesehen.“

„Nicht? Räumst also meinen Kram weg ohne es dir mal anzusehen?“

„Ich habe nichts weggeräumt!“

„Hast du nicht? Du weißt nur gerade nicht wo du`s hinhast, richtig?“

„Nein!“

„Was ‚nein‘?“, hakte der Bassist ihn nachäffend nach. „Nein, ich weiß es nicht, oder nein, ich habe es nicht weggeräumt?“

„Aki! Du provozierst mich gerade!“

„Ja?“

„...“

„Kei meinte du hast dich am Stapel vergriffen.“

„Welchen Stapel denn? Ich habe weder was weggeräumt noch weggeschmissen.“

„Will ich dir auch raten, sonst leg ich dich auf die Streckbank mein Freundchen.“

„... Pf.“
 

Was bitte wollte der denn noch? Mao entsann sich nicht daran dass er jemals irgendwelche Entwürfe gesehen hatte! Folglich hat er sie auch nicht weggeräumt! Erneut in den Hörer schnaufend wechselte der Blick vom Lenkrad und seinen darüber wandernden Zeigefinger erneut auf die Ampel, als diese im selbigen Moment tatsächlich schon wieder von Rot auf Gelb wechselte. Überraschend schnell für den Sänger, der einfach den Lautsprecher einstellte und das Smartphone zurück auf das Haftpad legte.
 

„Das war schwarzer Karton, der ist auf der Rückseite weiß. Da hab ich Anmerkungen hingeschrieben und wichtige Daten und die brauch ich dann, wenn ich nach oben gehe zu den ‚Großen‘.“

„Ich. Habe. Nichts“, führte der Schwarzhaarige seine alte Leier fort, während er endlich mit Gaspedal und Kupplung spielen konnte, um die ersten Zentimeter Richtung Ziel zu passieren.

„Schwarzer Karton, Mao. Schwarzer. Karton! Der kann doch nicht einfach verschwinden!“

„Oh man, Aki, bitte, ich ...“
 

Moment mal.
 

Mao unterbrach sich selbst, als ihm bewusst wurde, dass der Bassist von schwarzen Karton mit weißer Rückseite sprach. Sein Blick wanderte schlagartig auf seine Rückbank, wo er im nächsten Augenblick scharf die Luft einsog, beim Feststellen, dass da schwarzer Karton lag. Etwa DER schwarze Karton? Der war so schäbig ausgeschnitten und hinten mit Hieroglyphen versehen, dass er glaubte dass er sich das unter den Nagel reißen könnte, für Eigenzwecke.
 

„Mao?!“

„Hm?“ Schnell wandte er sich wieder dem Straßenverkehr zu, der in seinen Augen viel zu langsam war und ihn längst wieder stresste! Noch immer konnte er das leuchtende Grün der Ampel sehen, was bedeutete, dass der Wagen die Grenze der Ampel noch nicht überschritten hat!
 

Ein Stoßgebet zum Verkehrsherrscher wurde gesandt mit einem unterdrückten Fluchen, welches mit der Faust auf dem Lenkrad eintreffend Luft bekam. Es gab mehr, als nur einen Gang, könnte das jemand diesen Typen da vorn am Steuern mal sagen?
 

Mao war kurz vorm Explodieren!
 

„Mao?“, erklang die Stimme des Bassisten erneut fragend in seinem Ohr und wieder bekam dieser nur ein „Hm?“ von ihm zu hören, da er damit beschäftigt war innerlich vollkommen abzudrehen und sein Lenkrad zu schlagen, weil die Menschheit einfach nur zum Kotzen war!

„Ich fragte wo du bist, was machst du denn?“

„Ich? Wieso, wo soll ich denn sein?“

„Ach komm schon, lass den Kindergarten zu Hause.“

„Hä?“

„Sag mal, was so-“
 

Okay.
 

Er hatte jetzt noch gute Zehn Minuten Zeit sich zu überlegen wie er diesen Karton mit Akis Sauklaue verschwinden lassen konnte, nur um ihn dann unverhofft, gewollt, wieder auftauchen zu lassen. Doch beim Schalten vom ersten in den zweiten Gang, huschte sein Blick erneut für wenige Sekunden auf die Rückbank, um anschließend den Kopf zu schütteln. „Pf. Tour Shirt Entwürfe ... will der mich eigentlich verarschen? DAS nennt Mister Meckerziege und Strenggenau ENTWÜRFE? Ich fass es nicht ...“, nuschelte der Sänger ungläubig über diese Tatsache vor sich her, während der Bassist ihm gerade nochmal erklärte, was genau sie wegen der Shirts besprochen hatten und ob Mao nicht noch weiß, welche Maße und Schriftgröße sie zum Druck nehmen wollten.
 

Im Augenwinkel passierte der Wagen endlich die Grenze von vor der Ampel, hinter die Ampel und gelangte damit endlich wieder auf die Straßen der Welt und des Lebens, als dem Schwarzhaarigen irgendetwas im Hinterkopf sagte, dass sie tatsächlich über die Shirts und die Entwürfe gesprochen haben ... sollte er die Entwürfe davon auch gesehen haben und hatte diese Tatsache einfach mal vergessen? Wo war nur sein Hirn geblieben in letzter Zeit?
 

„MAO! SAG MAL HÖRST DU MIR ZU?!“, blaffte ihn die Stimme des Bassisten von der Armatur entgegen, worauf der Blick sofort gelegt wurde, mit einer grimmigen Schnute. Der konnte ihn gerade mal kräftig am Arsch lecken mit seinem dämlichen schwarzen Karton! Genau diese Worte sollten den Bassisten erreichen, nachdem kräftig und wütend Luft geholt wurde, als es einen dumpfen Knall gab, ein heftiger Ruck seinen Oberkörper durchzog und der Wagen im nächsten Moment direkt vor einen Leitpfosten geschoben wurde.
 

Im ersten Moment registrierte der Sänger gar nichts mehr, umklammerte vor Schreck einfach sein Lenkrad mit beiden Händen und starrte auf die eingedellte und leicht hochgeschobene Motorhaube, die eben Freundschaft mit einem Pfosten geschlossen hatte. Erst dann sah er langsam und irgendwie abwesend zur Seite und stellte fest, dass ihn jemand reingefahren ist, während nach und nach die Geräusche seiner Umwelt wieder auf ihn einprasselten.
 

Hupen.

Rufe.

Akis Stimme.
 

Wie benebelt sah sich der Sänger wieder um, betrachtete erneut seine Motorhaube und die neu gewonnene Kühlerfigur, dann wanderte der Blick nochmals zu den Wagen, der ihn ganz wunderbar in die Beifahrerseite geknallt war und begann kaum merklich den Kopf über diese Tatsache zu schütteln. Das durfte doch einfach nicht wahr sein ...

„Mao, ich dreh hier gleich durch, jetzt antworte doch mal! Was war das für ein Knall?! Mao!“

Akis Stimme leitete den Kopf des Schwarzhaarigen und führte das Augenmerk in den Fußraum, wo das Smartphone hingefallen war. Geistesgegenwärtig hoben sich die Augenbrauen, als fände er das jetzt ziemlich lustig, dass Aki ihn zu Füßen lag und dies noch nicht einmal wusste. Doch dann beugte er sich, ergriff das Smartphone und starrte nur wieder fassungslos den fremden Wagen in seiner Beifahrertür an.
 

„Ich ... bin grad ... zwischen …“ Er war zu benommen für ganze Sätze. „Park und ... Schrein ...“

„Was?“

„Kann mich ... jemand holen?“

„Hä? Alter, ich raste gleich aus, rede jetzt endlich mal einen ganzen Satz verdammt nochmal!“

„... mein Auto ist kaputt.“
 

***
 

„Liebes Tagebuch,

erinnre mich bitte dran, dass ich demnächst einfach liegen bleibe.

Sollte ich dennoch aufstehen, mach doch bitte, dass mein Hirn verlangt mit der Bahn zu fahren und mein Verstand diesen Wunsch nachgeht!“
 

***
 

„Ich weiß, ich muss jetzt unglaublich einfühlsam sein, aber ... willst du MICH verarschen?“, schimpfte der Bassist und hielt den, mit Halskrause geschmückten Sänger, die Entwürfe vor die Nase, die er beim Abholen des Unfallengels auf dessen Rückbank entdeckte. Demonstrativ wedelte er das schwarze Hab und Gut vor den Augen des Sängers hin und her, der nur genervt die Augen verdrehte und im Studio auf der Couch hing, wie dreimal überfahren und falsch zusammengeschraubt.
 

„N ... sicher nich` ...“, nuschelte Mao Aki entgegen und verstand nicht so Recht was der andere von ihm wollte. Aus müden und glasigen Augen heraus, sah er zu seinem Leaderpartner auf und gab ihn somit zu verstehen, dass er gerade wirklich nicht aufnahmefähig war. Und wenn – dauerte es um einiges länger, als man von ihm gewohnt war. Offensichtlich hatte es keinen Sinn, was Aki dann auch wieder milde Stimmte und die Entwürfe auf den Tisch ablegte, auf welchen sich gesetzt wurde.
 

Aki und Tsurugi haben ihn schließlich geholt. Da Aki allerdings einen Termin hatte, kümmerte sich Tsurugi darum mit Mao ins Krankenhaus zu fahren, wie es von der eintreffenden Polizei empfohlen wurde. Zunächst hatte Mao auch keine Schmerzen und wehrte diesen Vorschlag ab, doch je länger sie da standen und alles klärten, umso beschissener fühlte er sich. Blöderweise war sein Denken zu diesem Zeitpunkt schon abgestellt, sodass er zuließ, dass Aki mit seinem Wagen zum Gutachter fuhr, weil der genau zwei Straßen von ihrem Studio entfernt war. So musste der Wagen nicht abgeschleppt werden, wenn er ohnehin noch fahrtauglich war und mit Hilfe von Polizeiaufsicht in die Werkstatt und zum Gutachter gefahren werden konnte. Zudem war es möglich dass der Bassist so seinen Termin pünktlich wahrnehmen konnte, und Tsurugi schließlich mit Mao und den eigenen Wagen zum Röntgen fuhr.
 

Erst als man den Sänger später untersuchte, bemerkte er dass sich der Gurt ziemlich kräftig ins Schlüsselbein gebohrt hatte und einen tiefen blutigen Striemen zurückließ. Zudem bekam er Kopfschmerzen, sowie Rücken- und ganz besonders Nackenschmerzen. Auch war ihm leicht Übel und schwindelig und als er nach gefühlten zwanzig Stunden erneut in Tsurugis Wagen saß mit Halskrause, und Kühlpflaster am Schlüsselbein, bemerkte er, dass ihm die Müdigkeit einfach aus der Realität riss, ohne dabei einzuschlafen. Tsurugi erzählte und erzählte und irgendwie schien Mao auch zu antworten, aber jetzt, wo er realisierte dass er im Studio auf der Couch hing, wusste er nicht einmal mehr, wie er eigentlich hier her gekommen ist!
 

„Wieso hast du ihn nicht nach Hause gefahren?“, wandte sich der strenge Leader dann an den Gitarristen, der gerade im hinteren Teil des Raumes einige Kabelstränge sortierte und endknotete.

„Wollte ich doch. Hab sicher vierundachtzigtausendmal gefragt.“

„Ah ja? Beim fünfundachtzigtausendsten Mal willigt er meist ein.“

„Er hat mir in die Brustwarzen gekniffen, alter!“

„...“ Aki schien überrascht über dieses Detail, dennoch musste er schmunzeln und schüttelte leicht den Kopf. „Du hast ihn doch nur dazu angestiftet, gib’s zu.“

„Ja genau. Ich überlege schon seit drei Tagen wie ich ihn dazu bekomme, mich zu kneifen“, stieg der Gitarrist in die vorgelegte Ironie ein und rollte mit den Augen. Wenn der Bassist wüsste wie unglaublich anstrengend Mao gewesen ist, nachdem das Schmerzmittel wirkte! Der wollte auf Teufel komm raus nicht nach Hause gebracht werden. Angeblich war es dort zu langweilig.
 

„Eh ... Ihr wissd schon ... ich binnich tot ... ich sitz hier. Auch wenn‘s nich so ausschaut ... aba... ich bin da ...“, wies Mao mit einem Fingerzeig auf seiner selbst nur lasch darauf hin, dass er den Wortwechsel der beiden vollkommen mitbekam und es den Anschein erweckte, als haben sie das gänzlich vergessen. Mehr als ein kurzer Blickkontakt fand daraufhin nicht statt, waren sich die beiden doch darüber im Klaren, dass sie über Mao sprachen, während der auf der Couch hing.

„Was ... kam jetzt eigentlich raus wegen den Shirts?“, versuchte er einen neuen Gesprächsanfang aufzubauen, richtete sich sogar etwas auf um deutlicher zu reden, doch bekam er daraufhin nur eine abwinkende Hand und ein spitzbübisches Nicken vom anderen Leader geschenkt, der sich sogleich wieder dem Gitarristen zuwendete.
 

Was sollte das denn?

War er jetzt etwa nichts mehr Wert nur weil er hier hing und nicht so aussah, als würde er morgen auch nur noch ein winziges Detail von diesem Tag wissen?
 

„Heeyyy ... nennt uns Helden der Nation!“, ertönte es im nächsten Augenblick hinter der Studiotür, die mit Schwung geöffnet wurde und sich der Held Mizuki mit hochgestreckten Armen präsentierte. Kräftig nickte der Kopf, die Lippen wurden aufeinander gepresst und der heldenhafte Anblick vom Drummer zerstört, der ihn einfach nur rüpelhaft beiseite schob, um endlich den Raum betreten zu können. „Wisst ihr? Der hat allen Ernstes um einen Platz an der Plakatwand gepokert dieser Mistkerl!“, sprudelte es euphorisch aus Kei heraus, dessen Finger ganz aufgeregt immer wieder auf den selbsternannten Helden verwies und bekam zeitgleich von Drummer und Gitarrist ein, mit tief gezogenen Brauen, fragendes „Hä?“ an den Kopf geworfen.
 

Es war im Grunde nichts Besonderes an irgendeiner Plakatwand zu hängen, doch war es um einiges Vorteilhafter neben einer Band zu plakatieren, die sehr erfolgreich war und bald auf Tour gehen würde. Vielleicht wurde der ein oder andere dadurch dann wiederum auch auf sie Aufmerksam, auch wenn Sadie nun wirklich kein unbetiteltes Blatt mehr war. Trotzdem konnte es, laut Mizuki, nicht genug Promotion für die eigene Band geben, in einem Land, wo der Markt nur so boomte von solchen Bands, wie sie es waren. Da zählte voller Körpereinsatz und Individualität, um nicht schnell mit anderen verglichen zu werden!
 

„Ich versteh’s grad nicht“, gab Tsurugi überfragt von sich und sah die beiden Heimkehrer mit skeptischen Blick an. „Wie kann man um einen Platz an der Plakatwand pokern?“

Kei seufzte und schüttelte den Kopf, erneut mit dem Fingerzeig auf Mizuki, der eben die Tür hinter sich zuzog und die Hände in die Hüften stemmte.

„Indem man sieht, wie die Plakate aufgehängt werden ... the GazettE und ScReW entdeckt und dann unbedingt zu den armen Menschen rennen muss, der sicher mega Bock auf den Scheiß hatte, um den das Grieva Plakat zu entreißen und zu nörgeln, dass er doch bitte, bitte, bitte bei Rui kleben mag. Und das auch nur, weil die wiederum neben dem Tour Plakat von Gazette angebracht wurden“, schüttelte er unverständlich den Kopf und zeigte abermals abwertend auf den Gitarristen, der nun ziemlich empört über die Darstellung seiner Mission berichtete. „Ey, kommt schon Leute, so wie er’s erzählt klingt‘s echt scheiße.“

„Zu zutrauen wär’s dir aber“, gab Aki Brauen hebend von sich und musterte den Gitarristen, der sich nun vor ihn hinstellte und eine wunderbare Schnute, á la Mizuki zog.

„Und? Was war nun der Einsatz?“, wollte Tsurugi grinsend wissen und sah erwartungsvoll zu Mizuki, der sich zunächst räusperte und die Arme vor der Brust verschränkte. „Tja ... nur ein geschenktes VIP für die nächste Tour.“

„Definiere ... nur ‚ein‘ VIP ...“, bat der Bassist hochnäsig und bissig um eine genauere Erklärung.

„Na ja ... der Jungspund meinte seine Freundin wäre ein riesen Fan von uns und dass sie sich äußerst über ein VIP freuen würde. Also ... für ... jedes Konzert“, hustete er die letzten Worte hinter vorgehaltener Hand und brachte den Bassisten dazu, aufzustehen. Doch bevor dieser empört darüber schimpfen konnte, wehrte der Brünette mit stetigen Händewedeln alles ab. „Warte, warte, warte, bevor du explodierst“, wurde der Zeigefinger erhoben und der Bassist mit zusammengepressten Lippen stumm geschalten, der sein Gegenüber sehr hochnäsig und angepisst ansah und auf eine plausible Aussage wartete. „Wenn wir innerhalb von zwei Monaten, Dank der Platzierung an der Wand jetzt mindestens 1000 Klicks mehr haben“, fing er an zu erklären. „DANN ...“ so hob er den Zeigefinger wieder und begann triumphierend zu schmunzeln, „Sind wir dem Typen nur 21 VIPs schuldig.“
 

„OH MIZUKIIII!“
 

Der gesamte Planet müsste nach Akis Ausraster Bescheid wissen, dass sich der Gitarrist mal wieder viel zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Trotzdem fand es Mao äußerst amüsant und auch Tsurugi konnte sich das Lachen einfach nicht verkneifen, weil es Mizuki in gesamter Blüte war, der da vor ihnen stand und den strengen Leader gerade zum Explodieren brachte. Es war erstaunlich wie viel Aki reden konnte, in voller Euphorie mit nahezu hysterisch wirkenden Handbewegungen und alle im Raum damit amüsierte. Auch Mao konnte nun nicht mehr anders, als zu lachen und lenkte erstmalig Mizukis Augenmerk auf sich.
 

Na richtig, wegen Mao sind er und Kei eigentlich nochmal ins Studio gekommen, nachdem sie von seinem Unfall erfahren haben. Normalerweise wären sie beiden heute nicht hier, aber Kei würde später ohnehin mit Aki noch zu einem Radiointerview fahren und beschloss dann kurzerhand, dass sie gleich nach dem Magazin zurück ins Studio fahren würden, da Mizuki seinen Wagen sowieso schon zwei Tage im Hinterhof geparkt hatte.
 

Sobald also Akis Stimme wieder ruhiger wurde und dieser sich einer Diskussion mit Kei hingab, steuerte der Gitarrist nun zielstrebig die Couch an und setzte sich zu Mao, der ihn verschlafen aus kleinen Augen heraus ansah und sich von seiner Mehlsackposition leicht quälend erhob, um sich ohne Umschweife an den Blümchenhosenträger kuschelte. Der reagierte sogleich offen auf den Sänger und legte seinen Arm vorsichtig um ihn mit einem sanften Kuss auf die Stirn.

„Was machst du nur wieder? Mit dir wird’s zur Zeit echt nicht langweilig ...“

Verschlafen und überrumpelt blickte Mao zu Mizuki auf, auch wenn er ihn nicht richtig ansehen konnte und seufzte schwer.
 

Ja, da mag er Recht haben. In letzter Zeit stand Mao komplett neben sich. Trotzdem freute er sich wahnsinnig dass der große Chaot endlich da war. Nur deswegen wollte er nicht nach Hause, sonst hätte er ihn heute nicht gesehen.
 

Bescheuert.
 

„Mizuki, die ... sin ... alle ganzfurchbar gemein zu mia ...die ganze Welt ...alle ...“, nuschelte er ihm nur entgegen und schmiegte sich noch etwas mehr an den anderen Körper.

„Ohhhw, armer Schatz ...“

„Schimpf sie aus.“

„Mach ich.“ Und sah mit diesen Worten schmunzelnd zu Aki, der nur kokett die Brauen hob so nach dem Motto: ‚Ja ja, lass ihn reden, ich spiel mit.‘
 

„Kann man dich überhaupt anfassen? Oder fällst du auseinander?“

„Ich bin so drauf ... ehrlich.“ Was wohl bedeuten sollte, dass er ohnehin nichts mehr merkte.
 

„Leichtes Schleudertrauma, das hält er schon aus“, warf Aki nur plump in das Gespräch des Schmusepärchens ein.
 

„Siehst du? Siehst du ... Mizuki, sie sind alle gegen mich.“

„Ja, der böser Aki wieder. Der ist doch gegen jeden, nimm dir das nicht so zu Herzen.“
 

Mit einem kopfschüttelnden „Pf“, augenrollen und einem belustigten Schmunzeln wendete sich der Bassist schließlich den Drummer zu, der bislang noch nichts weiter von sich hören lassen hat, bis zu diesen Moment, als ein Niesanfall von ganzen dreizehn Wiederholungen den Raum Stimmhaft erhellte.
 

„Pollenflug, was?“, fragte Tsurugi nach und bekam nur ein schniefendes Kopfnicken als Antwort.

„Lass mich raten, du warst auch noch nicht wieder beim Arzt dieses Jahr deswegen?“

„Ach man, wann denn?“, bekam er die Gegenfrage nasal an den Kopf geworfen. „Gestern bis weit nach Mitternacht im Studio gewesen, wie die letzten Wochen auch schon, zwischendrin die Termine beim Radio, dann bei der Rock’nRead. Gestern war`n wir kurzfristig bei Dwangya - jetzt sag mir mal bitte ... wann ... ich ...“ Er drehte sich weg, nießte zweimal in die Armbeuge und schnaubte sich anschließend zum gefühlten tausendstens Male an dem Tag aus.
 

„Ja komm, was steht Morgen an? Da war das Interview oder?“, richtete sich die Frage von Aki an Tsurugi, der gerade den Kabelsalat löste und nickte.

„Mao fällt ohnehin auch aus, also geh morgen Früh und hol endlich deine Anthi nies Tabletten da“, wedelte der Bassist mit der Hand.

„Tropfen. Es sind Tropfen.“

„Ja von mir aus.“
 

„Wieso fall ich aus?“

„Hallo?“, empörte sich Mizuki auf Mao hinabblickend.

„Ja, was? Ich kann mich wohl dahin setzen oder nicht?“

„Ach ja?“, hob Aki kokett die Brauen. „Na das will ich sehen mein Goldengel. Ich wette mit dir, dass du morgen nicht einmal mehr deinen kleinen Zeh bewegen kannst.“

„So ein Quatsch, geht doch jetzt auch.“
 

Schmunzelnd schritt Aki auf den Invaliden zu, ging vor ihm in die Knie und sah ihn mit einem breiten Grinsen an. „Um was wetten wir? Einen Monat Leader Dasein, du allein? Und ich bekomme frei?“

„Ohoho ... da pokert aber jemand hoch. Du würdest kein Auge zubekommen, wenn du mir das wieder alleine überlässt.“

„Stimmt. Wies scheint ist dein Hirn doch noch zu gebrauchen, auch wenn‘s zur Zeit nicht den Eindruck auf mich macht“, lachte er verhalten auf und tätschelte den Sänger dabei vorsichtig.

„Mizuki ... schimpf ihn aus, los“, quengelte der Schwarzschopf und brachte den Bassisten, sowie auch den Gitarristen zum Lachen.

„Na, na. Prinzeschen ist nur verwirrt, hm?“, tätschelte Aki den Sänger erneut, der einfach nur niedlich war, wenn er ein Wehwehchen hatte.
 

Ein ganzer Mann also.
 

Ebenso wie Kei, der sich nun auf einen Hocker niederließ und begann zu jammern. „Ohh, meine Nase tut schon ganz weh vom Schnauben. Und schau mal, ich sehe aus wie dieses Viech vom Weihnachtsmann!“

„Viech vom Weihnachtsmann?“, lachte Tsurugi und schloss die Kabel nun nach und nach an die richtigen Instrumente und Boxen an, um zu testen ob sie einen weg hatten oder noch funktionstüchtig waren. „Meinst du das Rentier oder was?“

„Genau! Wie hieß das noch?“

„Sicherlich nicht Kei, denn es mochte seine Nase“, warf Aki dann nur wieder trocken ein, als er sich aus seiner knienden Position erhob.

„Nein! Nein, das stimmt nicht, der mochte seine Nase erst nicht, weil sie so rot war!“

„Ach komm, später fand er sie echt obergenial, weil er der einzige war, der dem Weihnachtsmann den Weg weisen konnte in der Nacht.“

„Ist das jetzt dein Ernst? Du kennst Rudolph?“, wollte Mizuki lachend wissen und war ziemlich baff, dass der kühl wirkende Aki so ein liebevolles Tier, wie Rudolph kannte.

„Was soll das denn heißen? Ich war auch mal klein und niedlich, natürlich kenne ich Rudolph.“

„Ohhh nein, wie süß!“, belustigte sich Mizuki erneut über den Bassisten, dem das jetzt doch etwas peinlich war und das Gespräch mit einem abwertendem Laut und hochnäsigen Blick beendete.
 

„Ach, ihr habt doch alle ein weg“, meckerte Kei dann nur gespielt und tupfte sich ganz eitel an der Nase herum mit einem Taschentuch. „Was ist nun mit morgen? Du lässt mich gehen, ja?“, wollte er nochmals von Aki bestätigend hören und sah diesen auf direktem Wege an.

„Na sicher. Kann doch nicht verantworten dass du das nächste Mikro vollsabberst.“

„Ich sabbere nicht.“

„Aber du sprudelst nur so von dir.“

„Entschuldige? Ich niese immer in meine Armbeuge rein, da!“, wies er rechtfertigend mit einem Fingerdeut auf seine Fürsorge hin.

„ja, ja, ja, schon gut.“
 

Mao konnte nicht mehr folgen, war beim Wort Prinzessin ausgestiegen und besah sich in Mizukis Armen noch eine Weile das ganze Spektakel von reifen, gut aussehenden Männern, welche gerade ernst zu nehmende Gespräche führten, bis er merkte, dass sich die Lider brennend immer wieder und immer ein Stück mehr, über die Pupillen legten. Auch sein Körper wurde von jeglicher Anspannung gelöst und sackte allmählich am Körper des Zweitgitarristen ein. Der spürte das zwar, rutschte aber nur etwas tiefer, um Mao am Ende auf seinem Schoß liegen zu haben, der sich ganz unbewusst einen Arm vom Größeren schnappte, um diesen um sich zu legen und festzuhalten, wie es einst mit der Bettdecke getan wurde.
 

...
 

„Warum hast du dich nicht gleich von Tsurugi nach Hause bringen lassen?“, fragte Mizuki den Sänger schließlich, als er diesen endlich in seine Wohnung kutschierte und ihn selbstverständlich auch noch bis ins Bett begleitete.

„Weiß nicht.“

„Na gut“, seufzte der Gitarrist und warf die Bettdecke über den Sänger. „Wenn was ist ruf an, ok?“

„Mach ich.“

„Soll ich Krankenbesuch machen morgen?“

„Ja.“

„...“ Mizuki musterte das kleine Häuflein Elend lächelnd, wurde dann allerdings ernster. „Hör mal Mao ich ... mache mir n bisschen Sorgen um dich.“

Tief zogen sich die Brauen des Liegenden ins Gesicht, der nun fragend zum Brünetten aufsah und ihn somit zeigte, dass er ihm doch zuhörte und nicht einfach nur dahingesagt reagierte.

„Ich mein, du bist zur Zeit ziemlich neben der Spur“, gab Mizuki ihn zu verstehen und brachte Mao zum schweren Seufzen.

„Hmmm, stimmt.“
 

Warum sollte er eine Feststellung leugnen?
 

„Hat also keinen bestimmten Grund?“, versuchte der Brünette auf indirektem Wege zu erfahren und sah nach wie vor auf den Liegenden hinab, der ziemlich mitgenommen wirkte. War natürlich kein Wunder nach so einem Tag, aber trotzdem transportierte Maos Aura noch andere Wellen zu Mizuki, die ihm mitteilten, dass da was ganz anderes noch im Argen lag. Nur wusste er nicht was.

„Eigentlich ... nicht.“

„Hm.“ Mizuki war etwas ratlos, denn er merkte, dass bei Mao irgendwas nicht stimmte. Es musste ja nichts Schlimmes sein, aber da war etwas, was ihn wohl ziemlich aus der Bahn warf. Und Mizuki wollte wissen, was es war, um ihn vielleicht etwas Stützen zu können. „Weißt du. Letzte Woche setzt du das Studio fast in Brand. Bei den Proben singst du alle Passagen die von Englisch wieder in Japanisch geschrieben wurden, dennoch in Englisch, und das, obwohl DU den Song abgeändert hast, weil es sich schöner Singen lässt. Dann fährst du statt nach Shibuya nach Shinjuku vor zwei Tagen und heute der Unfall. Und was wolltest du mit den Entwürfen für die Tour Shirts?“ So komplett neben der Spur hatte er Mao noch nie erlebt, der nur wieder seufzte und anschließend tief Luft holte.
 

„Oh man ... ich wusste doch nicht mal dass es Entwürfe sind ...“

„Nun, wir haben darüber gesprochen Mao Schatz.“

„...“ Das war ja das Schlimme daran, wie Mao selbst schon feststellte, bevor ihn dieser Idiot reingefahren ist! Er musste feststellen, dass ihm dieser blöde Karton doch bekannt vorkam und je mehr Aki darüber sprach, umso mehr leuchtete die Lampe in seinem Hinterstübchen wieder auf.
 

Es war erschreckend.
 

***
 

„Liebes Tagebuch,

ich bin zur Zeit so unglaublich müde...“
 

***
 

„Was ist mit dem Mädchen?“, lenkte er lasch das Thema um und fuhr sich über das Gesicht, während es diesmal Mizuki war, der fragend auf den anderen hinabsah.

„Na, du triffst dich doch mit einer.“

„Achso! Ja. Ja, na ja, das ...“ Er schmunzelte verschmitzt. „Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen aber ich glaube so langsam wird’s ernst.“

Ein Lächeln huschte über Maos Lippen, ehe er sie fest aufeinander presste und ein „Oh, das ist ja ... toll“, hervorbrachte.
 

Nein.
 

Es war nicht toll. Nicht weil er es Mizuki nicht gönnte oder er selbst scharf auf die schöne Brünette war, aber da war jemand der seinen Gitarristen in Anspruch nahm. Da war jemand, der ihn glücklich machte. Jemand ... Anderes.
 

„Also“, Mizuki erhob sich mit einem sanften Händeauflegen auf Maos Stirn und sah kurz auf die Uhr, „Dann schlaf dich mal gut aus und wie gesagt. Melde dich, ja? Ansonsten komm ich morgen nochmal vorbei. Soll ich viell-“ Mizuki verstummte, sobald sich der Zeigefinger von Mao vor seine Augen stahl und begann darüber zu schmunzeln. „Ja bitte?“

„Das Nicoding ... ist doch erst um Zehn, nicht?“

„Äh, ja“, bestätigte er und schmunzelte noch immer darüber, wie süß Mao sein konnte.

„Kommst du zum Frühstück?“

Die Frage war nicht sonderbar, kam aber dennoch unerwartet, sodass eine skeptische und zugleich überraschte Mimik aufgelegt wurde. „Zum Frühstück?“, wiederholte Mizuki spitzbübisch und hob die Schultern kurz an, während er nachdenklich die Lippen nach vorn schob. Vor hatte er nichts, also, „Soll ich was mitbringen?“, sagte er zu.

Doch Mao schüttelte leicht den Kopf, ehe ein „Na ja ... frische Brötchen“, von ihm kam und er dabei zu Mizuki aufblickte, der ihn anlächelte und nur nickte.

„Bekomm ich hin.“

„... gut.“
 

Erneut strich er den Sänger dann sanft durchs Haar und legte seine Hand für einen Moment an dessen Wange, um den Daumen über diese zu führen. „Mal sehen ob ich dich füttern muss“, scherzte Mizuki leise auf Maos Beweglichkeit am morgigen Tag, woraufhin auch dieser sanft lachen musste. Er war überzeugt davon, dass er sich auch morgen noch bewegen konnte, während er schon am Einschlafen war und sich die Lider schwer über die Pupillen zogen und den Ohren ein liebevolles „Schlaf gut“ zugeflüstert wurde.
 

Ganz bestimmt würde er sich auch morgen noch bewegen können.
 

Ganz ... bestimmt.
 

***
 

„Liebes Tagebuch,

ich bin so müde und durcheinander, weil ich mich verliebt habe.

Nach all den Jahren ist es passiert …
 

Mein Küken ist erwachsen geworden. Und ich Schwuchtel habe mich wie aus dem Nichts Hals über Kopf verliebt!
 

In Mizuki ...“
 

***
 

Vielleicht warteten die Hormone und die tiefgehenden Gefühle jedoch auch nur auf den einen Augenblick, in welchem es angebracht schien, sich endlich in ihn verlieben zu dürfen …
 

---------

Next?

Face to Face

25.06.2013
 


 

Sadie

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
 

[Kapitel_2]
 


 


 


 

“Kaerenai kawarenai nigedasu doa ni tewo futta

maybe I cry again

Destroy the weakness and survive in your sigh
 

I los-”
 

“Stop, stop, stooop!”, hallte die Stimme des Managers durch den Osaka Castle Park und hielt die Hände zum Zeichen eines Cuts nach oben mit einem Kopfschütteln, sodass stufenweise alles verstummte und gestoppt wurde. „Mao, was ist denn los? Dreimal ‚maybe‘, nicht nur einmal“, schüttelte er erneut den Kopf und schien perplex darüber zu sein, dass der Sänger es zum vierten Male in Folge verpatzte und sie deswegen erneut anfangen mussten. „Du hast den Text doch geschrieben, hör mal. Schalt dein Hirn jetzt ein.“

Schwer seufzend fuhr sich Mao über den Nacken, war sein Gesicht schließlich komplett geschminkt und sein Haar gestylt, sodass er nicht einmal in aller Ruhe eine verzweifelte Geste von sich weisen konnte und selbst dabei nachgedacht werden musste, wie er den Frust am besten herausließ.

Die Hände in die Hüfte gestemmt kam der Manager schließlich auf ihn zu, klopfte den Sänger auf die Schulter und schüttelte zum dritten Mal den Kopf mit einem schweren Seufzen und einem ebenso vielsagenden Laut, der Mao mitteilte, dass er doch ziemlich genervt war, weil sich das Ganze hier in die Länge zog. „Mach Pause“, wies er ihn bestimmend aber ruhig an, nickte dann dem Bassisten entgegen, der zusammen eine Szene mit Tsurugi haben wird im Video und holte diesen somit schweigend zu sich. „Hol deinen Zweitgitarristen, wir verschieben Maos Szene“, sah er sich bei der Erklärung mit tief ins Gesicht gezogenen Brauen um und rümpfte fragend die Nase. „Wo ist eigentlich Mizuki?“

„Noch nicht da“, meinte Aki dann locker und mit einem Schulternheben, dabei kochte er innerlich vor Wut. Er mochte es gar nicht wenn man zu spät kam. Schon gar nicht, wenn Videodrehs anstanden!

„Wie, noch nicht da?“, kam es verblüfft von dem Älteren der Aki mit großen Augen ansah und die Hand schließlich erhob mit einem fordernden Daumenzeig über die Schulter hinweg. „Sieh zu dass der rankommt, ich glaub’s doch wohl nicht. Was ist nur los mit euch? Rosa Wattestäbchen im Arsch oder was?“

„Tz. Schön wär’s“, hob der Bassist arrogant die Brauen und zückte sein Smartphone, welches durch Keis Hand den Besitzer wechselte. „Lass mal, ich mach schon. Wenn er deine Nummer sieht wird er vielleicht eher rangehen“, gluckste der Drummer von sich und brachte den Bassisten erneut zum arroganten Brauenheben. Dennoch musste er dabei schmunzeln und nickte einfach auf Keis Vorschlag. Im nächsten Moment drehte sich dieser auch schon um und wählte schließlich die Rufnummer von Mizuki an, in der Hoffnung dieser verliebte Vollidiot würde abnehmen.
 

Der saß nämlich mit seiner brünetten Flamme ganz romantisch im Mc Donalds und hat schlichtweg die Zeit vergessen. Noch immer waren die beiden in der Ausgehphase, weil der Gitarrist einfach nicht den Mut dazu fand, sie direkt zu fragen. Dabei schlug ihn das Herz bis zum Hals und er freute sich immer wieder sie zu sehen.

Naoko.

Eine bildhübsche junge Tourismusstudentin, die obendrein auch noch musikalisch begabt war und in ihrer Freizeit einer Musicalgruppe angehörte, welche zweimal im Monat sogar Auftritte vor Publikum hatte. Sie konnte sich also zu allem positivem Überfluss auch noch phantastisch bewegen – erst deswegen wurde der Brünette auf sie aufmerksam.

„Du, Mizuki?“, lehnte sich die hübsche Frau galant auf die Tischplatte, um das Kinn auf der Handfläche abzustützen. „Was machst du heute Abend?“

Ein Schmunzeln stahl sich auf die Lippen des Gefragten, der kurz die Schultern hob und eine Antwort stillschweigend ausließ.

„Hey“, kicherte sie ihn mit einem Beinanstoß entgegen und verzog die Mundwinkel. „Jetzt sag schon.“

„Kommt ganz drauf an, was du geplant hast“, schmunzelte der Großgewachsene von sich und sah die junge Frau erwartungsvoll an, als ein geräuschvoller Luftausstoß seine Kehle verließ und der Kopf geschüttelt wurde. „Sicher werden wir bis spät in die Nacht am Videodreh sitzen“, sagte er ihr wieder einmal ab und presste die Lippen aufeinander. Er hasste es so sehr. Immer wieder musste er ihr absagen, nur selten fanden sie Zeit füreinander. Eigentlich musste Naoko das wissen, immerhin war ein Musiker eben kein Geschäftsmann, der zu geregelten Zeiten nach Hause kam und morgens das Haus verließ. Es gab auch kein Wochenende und eigentlich auch kaum Freizeit. Vielleicht war das der Grund, weswegen sich Mizuki nicht traute sie zu fragen? Denn jetzt, wo er in ihr enttäuschtes aber verständlich nickendes Gesicht blickte, konnte er den Gedanken einfach nicht ertragen, dass er sie mehr alleine lassen würde, als für sie da zu sein.

„Naoko, ich-“

„Ist schon okay“, unterbrach sie ihn lächelnd und presste die Lippen missmutig aufeinander. „So ist das eben. Dann ein anderes Mal, ja?“
 

Sie war zauberhaft.
 

Es tat Mizuki leid, der gerade darauf antworten wollte, als sein Smartphone in der Hosentasche vibrierte und ihm die zurechtgelegten Worte einfach stumm schlucken ließ. Mit einem Fingerzeig, dass er kurz um einen Moment bat um zu telefonieren, ging er schließlich ran und wurde unüberhörbar von Kei und nicht wie erwartet von Aki in die Schranken gewiesen, was kurze Zeit zu offensichtlichen Irritationen führte.

„Kei?“

„Ah, super, du kennst mich noch“, gab er ironisch von sich und wiederholte seinen Redefluss einfach, den er eben schon einmal losgeworden ist, es aber anscheinend nicht beim Gitarristen ankam. „Alter, wo bist du?“

„In Shiromi, warum?“

„WAS tust du da? Siehst du bitte mal auf den Shedule? Videodreh, neue Single und so?“

„Ich weiß dass das heute ist.“

„... Dann sieh auf die Uhr“, kam es schwer atmend von Kei der den Kopf schüttelte und Mizuki dazu brachte das Handy kurz vom Ohr zu nehmen, um sich sein Display zu besehen.

12:55 Uhr.

12:30 Uhr war Start.

11:30 Uhr sollten sie in die Maske.

„Mizuki, Aki ist verdammt gelassen“, räusperte sich Kei und verzog dem Gitarristen damit das Gesicht. Wenn Aki verdammt gelassen war, dann brannte es ganz gewaltig!

„Ich hab da grad spontan eine Idee!“

„...“

„Wie wär‘s, wenn du deinen Arsch einfach zum Castle Park schwingst und mit uns arbeitest?“

„Ja, ist ja gut, tut mir leid. Ich hab die Zeit vergessen.“

„Man, sag das bloß nicht wenn du hier auftauchst, der Manager ist auch schon angefressen weil Mao nichts gebacken bekommt.“

„Hm?“ Wieso bekam Mao schon wieder nichts gebacken?

„Erst waren nur Soundaufnahmen und Spielereien mit der Kamera, aber weil er noch nicht ganz fit ist musste das schon gefühlte hundert Mal wiederholt werden und dann ...“ Kei machte eine Pause, sah sich am Set um, nicht dass er auch noch eins auf den Deckel bekam, beobachtete aber, wie Aki und Tsurugi eben ihren Part einspielten und die Aufnahmen begannen, sowie Mao, der sich mit einer Kippe einfach auf einen Stuhl des Staffs niederließ und sich den Nacken rieb. „Sag mal ... weißt du was mit ihm los ist?“, dämmte er seinen Redefluss schließlich ein, als der Sänger so niedergeschlagen und unweit von ihn Platz nahm.

Mizuki hingegen gab ihn darauf keine Antwort, hatte er dazu ohnehin keine parat und gab nur ein „Gib mir 15 Minuten“, von sich, womit das Gespräch beendet wurde.

„Mizuki?“ Verdutzt blickte Kei das Smartphone an. Das Gespräch wurde beendet und zwei wunderschön geformte Brüste wurden im Hintergrund des Bildschirmes erleuchtet und lösten sofortiges Entzücken beim Betrachter aus. Er konnte nicht anders als sie solange anzusehen, bis sich das Display abdunkelte und schüttelte erst dann gespielt entsetzt den Kopf darüber.
 

...
 

„So, dann nochmal“, wurden die Worte schwer ausatmend hervorgepresst und der Sänger mit erhobenen Brauen angesehen. „Konzentrier dich, okay?“, bat der Manager direkt an Maos Verstand gerichtet und nickte zu seinen Worten und den Zweifinger-Zeig zwischen den Seinen und den Augen des Sängers. Ein lasches Nicken folgte um zu vermitteln, dass er verstanden hatte, dann umgriff er das Mikro, lockerte seine verspannten Nackenmuskeln die noch immer schmerzten und hob ein paar Male die Schultern.
 

Okay.
 

„Uuuund, Action!“
 

Konzentration!
 

„Look back at past days.

The days were gathered pain.

Sadamerareta answer
 

Bring me back another day

I have a lot of the deepest lies.

Hakidase nai emotion
 

My god, save me again, please.

I know the meaning of life, wants proof of existence.

My god, save me again, please.

I know the meaning of life, wants proof of existence.”
 

***
 

„Liebes Tagebuch,
 

ich bin schon wieder so unglaublich müde.

Ich finde keine Freude mehr an der Arbeit.

Ich stehe auf und zähle die Stunden, bis ich wieder ins Bett gehen kann.
 

Was ist nur los mit mir?
 

Es soll aufhören ...“
 

***
 

„Kanashimi no breath oto wo tatezu tsugunai no namida kakushita

Hizumi yuku days sora miagete naki tsuduketa
 

Kaerenai kawarenai nigedasu doa ni tewo futta

maybe, maybe, maybe I cry again

Destroy the weakness and survive in your sigh.
 

I lost shine to find the way.

Don't be left alone again.

Nozomarenai order
 

Take me away never end.

I wanna forget the dirty life.

Karami tsuku caution“
 

Fest schloss Mao die Augen, ließ die Atmosphäre auf sich Wirken und schaltete Kameras, Teams und auch alle Gedanken ab, die ihn daran hinderten richtig zu arbeiten. Vor seinem inneren Auge tauchte das Skript auf, mit welchem er damals begonnen hatte diesen Song zu schreiben.

Es hat geregnet und er war angetrunken, als ihm genau diese Zeilen in den Sinn kamen. Dabei hatte er vorgehabt schlafen zu gehen. Doch dann hatte Mizuki ihn ein süßes „Schlaf gut mein kleiner Teddy <3“ geschrieben, weil er nicht minder angetrunken war und Mao an jenem Tag ein Lavendelfarbenes Oberteil mit Bärchen trug. Ganz bewusst kleidete sich Mao tagtäglich, ganz wie er Lust und Laune hatte. Manchmal leger, manchmal bunt, manchmal süß. An diesem Tag war es eben süß und fand ganz wunderbaren Anklang beim Gitarristen, der sich über die Bärchen auf seinem Oberteil lustig machte. Angeblich sahen sie aus wie Mao, wenn er noch nicht richtig wach war.
 

„My god, save me again, please.

I know the meaning of life, wants proof of existence.

My god, save me again, please.

I know the meaning of life, wants proof of existence.
 

Sutesatta fake kaze wo ukete tsutae tai kotoba narabeta

Hibi wareru lip itamu hodoni ai mamireta
 

Modorenai todokanai toonoku subete ga kowa katta

save me, save me, save me by yourself

Destroy the weakness and survive in your sigh.”
 

Seine Nachricht an den Sänger hatte im trunkenen Zustand ganz seltsame Gefühle ausgelöst. Gefühle, die dem Älteren nicht unbekannt waren, aber in diesem Augenblick nicht mehr gesteuert und unterbunden werden konnten. Schon länger berieselte ein merkwürdiges Gefühl das Gemüt, sobald der Brünette ihm auch nur mit dem Rücken entgegenstand. Man war doch nicht blöd, versuchte aber jegliche komischen Anwandlungen abzuweisen, die einem plötzlich überkamen ohne dafür gegebenen Grund!

Mizuki – er kannte ihn doch schon längere Zeit! Sie wohnten zusammen, haben vieles durchgemacht und eine harte Zeit hinter sich. Wieso keimten solche berauschend schönen Gefühle erst Jahre später in ihm auf? Das ergab doch keinen Sinn.
 

„Why did you know well should believe your way?

Because I did not bend the belief.

Shoot at the enemy into your brain.

Its have your face as you are.

Why did you know well should believe your way?

Because I did not bend the belief.

Shoot at the enemy into your brain.

Its have your face as you are.”
 

Er habe da etwas am Laufen, mit dieser schönen Unbekannten der Musicalgruppe einer Universität für Tourismus ...bla. Mao merkte sich solch Fachwissen nicht. Nicht, wenn es ihn nicht betraf oder er irgendwie etwas damit zu tun haben sollte. Mizuki und Naoko saßen eine Woche nach dem Auftritt, an einem freien Nachmittag in einem Café der Innenstadt und hatten so etwas wie eine zufällige Verabredung.

Wenn man sich eben per Zufall über den Weg lief.

Per Zufall Zeit hatte und jeweiliges Interesse an dem anderen zeigte.

Dann traf man sich eben für ein spontanes Zusammensein. Eigentlich wollte Mao auch ganz schnell wieder verschwinden als er Mizuki mit dieser Frau entdeckte und ebenfalls aus einem Zufall heraus in jenem Café landete.
 

Na gut.
 

Er hatte sie von der anderen Straßenseite beobachtet, nachdem er gerade aus einem Mediacenter herauskam, und kurzfristig beschloss, sich genau in diesem Café einen Café to Go zu holen. Nicht um zu spionieren! Er wollte einfach nur mal nachsehen, ob es wirklich Mizuki war und diese Musicaldarstellerin. Sie haben ihn zum Glück nicht gesehen, sodass er sich klangheimlich aus den Staub machen konnte und mit seinem Pappbecher irgendwo in den Straßen Osakas verschwand.
 

Getrunken hat er ihn nicht.
 

„Kaerenai kawarenai nigedasu doa ni tewo futta

maybe, maybe, maybe I cry again

Destroy the weakness and survive in your sigh. “
 

Da kamen erstmalig diese Gefühle in ihm auf, die sich nach und nach immer mehr festsetzten und auch an Häufigkeit zunahmen. Weil sich sein süßer kleiner Mizuki in eine wunderschöne Frau verliebte und ihr schöne Augen machte.
 

Manchmal musste man etwas, was man noch gar nicht besaß, zunächst einmal verloren haben, um zu bemerken, wie wichtig es einem war.
 

Lange hatte der Sänger damals überlegt, ob sich die Bandsache überhaupt lohnt. Lange hat er mit Aki zusammengesessen und überlegt wie es weitergehen soll, bis er schließlich auf Mizuki aufmerksam gemacht wurde, der wiederum von seinem damaligen Kumpanen einfach im Stich gelassen wurde. Es war der perfekte Zeitpunkt um ihn zu kontaktieren, nachdem seine Fähigkeiten geprüft waren und für Gut empfunden wurden. Doch so locker und lässig, wie der Gitarrist im ersten Augenblick auf ihn wirkte, als ihn aufnahmen gezeigt wurden, war er gar nicht. Mizuki war verdammt schüchtern und Mao musste eine gefühlte Ewigkeit auf ihn einreden, um ihn zu bekommen. Musste tausendmal nachfragen, ob er nun einsteigen wolle oder nicht und hat ihn nur noch mehr verschüchtert. Aber er wollte ihn unbedingt haben. Er wollte Mizuki einfach haben und hat ihn letzten Endes bekommen.
 

Doch auch da war noch nicht klar wie lange diese Bandsache halten würde. Sicher war zunächst immer noch nichts, aber es bildete sich wieder eine Band, mit kleinem aber treuem Fankreis. Mizuki und Mao zogen zusammen, schliefen aber auch zwischenzeitlich in Waschhäusern, weil sie keinen einzigen Yen mehr besaßen und mussten oft überlegen, wie sie Woche für Woche über die Runden kamen. Der wohl emotionalste Moment war, als sie ihr vorerst letztes Konzert gaben damals. Sie hatten kein Geld, mussten zu ihren Auftritt trampen und waren im Glauben, dass es vorbei war. Es fand sich kein Manager, kein Label und der Fankreis wuchs auch nicht. Geld war nicht vorhanden und somit stand die Band vor dem Aus. Es war ein scheußliges, aber auch sehr intensiv emotionales Gefühl gewesen, welches Mao durchlebte.

Er möchte diese Erfahrungen dennoch nicht missen. Er möchte es nicht missen, wie er den heulenden Mizuki an die Hand nahm, ihn zu sich auf das Podest an der Stirnseite der Bühne zog und einfach das sagte, was ihm durch den Kopf ging. Er ließ alles raus.
 

Worte.

Gefühle.

Und auch Tränen.
 

„Modorenai todokanai toonoku subete ga kowa katta

save me, save me, save me by yourself

Destroy the weakness and survive in your sigh.”
 

„Okay, super!“, kam es von einem Filmproduzenten, als auch der Manager begeistert und zugleich erleichtert in die Hände klatschte. „Jawoll! DAS wollt ich haben Mao! Gefühl! Erzähl uns was in dir vorgeht, genau DAS!“ Die Hand zu einer Faust geformt und sie wie ein Sieger mimend sah er sich die bereits ersten überspielten Minuten dessen auf dem Laptop an, immer wieder nickend und die Lippen fest aufeinander pressend.

Ohne es mitzubekommen hat Mao eben ein ganz wundervolles Schauspiel abgeliefert. Spielte mit der Kamera, gestikulierte und erzählte seine Geschichte. Es war fabelhaft.
 

„Alter, was war’n das?“, klopfte Tsurugi ihm auf die Schulter und zog ihn kurz seitlich an sich. „Wahnsinn. Da war er ja wieder“, kniff die Hand in die gepuderte Wange. Mao hatte zumindest seinen Zweitgitarristen eben sehr glücklich gemacht mit seinem Auftritt. Dabei sollte dieser sich bei Mizuki bedanken, der in der Zwischenzeit endlich aufkreuzte und eben in die aufgebaute Maske gescheucht wurde. Eine Braue hob sich nach dessen Erkenntnis skeptisch, als Kei seufzend zu ihnen trat - die Hände in die Hüfte gestemmt. „Aki wird ihm dann sicher in den Arsch treten“, nuschelte er zu Tsurugi und Mao, als der, über den gesprochen wurde, den Drummer von hinten die Hände auf die Schultern legte und ihn kräftig durchknetete mit einem ebenso kräftigem Körperschütteln.

„Aaach“, stieß Aki von sich und zog eine Schnute. „Das macht er schon niiiicht.“
 

Und wie er das tun würde.
 

„Mao, sehr schön!“, ertönte da auch schon wieder die Stimme des Managers mit einem Daumenzeigen, was den Sänger in jenem Moment bestärkte. Das hatte er gebraucht. Ein Lob. Nachdem er ständig so viel Mist verzapfte.

„Ich würde deine positiven Schwingungen jetzt nutzen und mit dir weitermachen, ja?“, bekam er eher einen Befehl, als eine Frage an den Kopf geworfen von der Technikseite. „Nochmal die Einzelaufnahmen für den Schnitt. Bleib bitte bei der Sache. Und bis dahin ist Mizuki dann hoffentlich fertig, dass wir dessen Aufnahmen machen. Und dann schlag ich vor, alle zusa-“
 

Wieder fiel der Blick hinter in die Maske, als ein Assistent zu Mao kam, nochmals die Haarpracht zurechtrückte und an ihm herumzuppelte, während der Manager das Gespräch längst nicht mehr an den Sänger richtete, sondern an das Team. Eigentlich wollten sie nur heute im Castle Park sein. Die Sperrung für Besucher wurde auch nur für diesen Tag ausgeschrieben, doch dadurch dass Mao so viele Patzer hatte anfangs und Mizuki stolze zwei Stunden zu spät kam, mussten sie morgen entweder nochmal her oder sie schafften es mit der nötigen Beleuchtung bis spät in die Nacht hinein die Aufnahmen für den Teil im Kasten zu haben. Auf jedenfall stand fest, dass das nicht nur zwei, drei Stunden dauern würde. Doch das waren sie gewohnt. Zudem machten Videodrehs Spaß – eigentlich. Vielleicht würde Mao am nächsten Tag, wenn sie, wie geplant, am Hōkoku Shrine waren wieder mehr Freude an dem Ganzen finden.
 

...
 

„Wo bleibst du denn?“, wollte Mao von Mizuki wissen, als dieser endlich fertig war und sie einen Augenblick hatten, um sich zu unterhalten.

Verlegen wurde sich an der Wange gekratzt und die Schultern gehoben. „Ich war im Business Park in Shiromi“, klärte er Mao kleinlaut auf, der jedoch nur eine fragende Mimik aufwies und sich gerade einen Glimmstängel aus der Schachtel fischte. „Was willst’n da?“, nuschelte er mit eingeklemmter Kippe und dem zurückpacken der Schachtel in die große Hosentasche, aus welcher im Tausch gegen die Pappschachtel ein Feuerzeug hervorgezogen wurde.

„Na ja ...“, druckste Mizuki beschämt von sich. „Naoko hatte heute Morgen Proben im Theater BRAVA“, holte er tief Luft und zog die Luft forsch durch die Nase ein. „Na ja und das liegt um die Ecke.“

Mao schüttelte unverstanden den Kopf, nahm den ersten tiefen Zug seines Lasters und ließ das Feuerzeug nach einer kurzen fragenden Geste wieder in der Hosentasche verschwinden. „Ja“, stieß der Sänger ironisch hervor und griff sich in den Nacken, welcher schmerzte. „Das erklärt natürlich was du im Business Park machst.“ Er war etwas stinkig.

„Es war weniger im Center, als im ... MC Donalds“, flüsterte Mizuki, da er dem Team sowas natürlich nicht erzählen konnte, wie Kei ihn schon am Telefon riet.

„Ahh“, dehnte sich die Erleuchtung aus den Lippen heraus. „Natürlich, wie kann ich da nicht selbst drauf kommen!“ Ein Klaps seiner selbst an die eigene Stirn folgte und der Kopf wurde enttäuscht darüber geschüttelt, nicht von allein auf diese Idee gekommen zu sein. Mizuki hingegen war wirklich enttäuscht. Nicht, dass der andere diese ironisch logisch betitelte Schlussfolgerung nicht allein erdachte, sondern weil dieser angefressen war.
 

Zu recht.
 

„Hör mal, ich weiß du bist sauer, aber ... es tut mir Leid.“

„Lass gut sein.“

„Ach komm jetzt“, maulte Mizuki mit einer Schnute und ging den anderen hinterher, der sich schon einige Schritte fortbewegte. „Mao, jetzt sei doch nicht so.“

„Halt die Schnauze.“

„Oh! Sei nicht so fieß, man.“

„Ja, dann lass mich doch in Ruhe und geh BigMÄC essen.“
 

Hoppla, das klang zickig.
 

„Du hast mich angesprochen und wolltest wissen wo ich war“, rechtfertigte sich der Gitarrist, welcher sich nun direkt vor Mao stellte und rückwärts ging, da dieser nicht stehen blieb und angefressen zu ihm hinaufsah.

„...“

„Hättest du denn Lust auf‘n BigMÄC?“

Der Frage wurde keine Antwort erteilt, weil sie augenscheinlich fehl am Platz war. Stattdessen wurde der Weg stur fortgesetzt, stets mit dem Anblick auf den Gitarristen vor der Nase.

„Ich lad dich ein.“

Ein skeptischer Blick wurde ihm zuteil, doch wurde weiterhin geschwiegen.

„Ja?“, nickte Mizuki voller Hoffnung und schob die Lippen schmal nach vorn.

„Hast du sie auch eingeladen?“ Wieso sagte er nicht einfach ja?

„Ja, schon ... aber ... wieso ...“ Doch dann unterbrach sich der Redefluss durch ein ertapptes Auflachen und den Fingerzeig auf den Sänger, der die eben hochgehaltene Hand, welche auf ihn zeigte, wieder wegstieß. Immer und immer wieder – weil Mizuki natürlich nicht locker ließ und nur noch mehr grinste. „Ahw, bist du eifersüchtig? Du bist eifersüchtig!“

„Halt den Rand, man!“

„Ohw“, dehnte Mizuki entzückt aus und kniff den geschminkten Sänger in die Wange.

„Lass das!“

„Dann lass dich einladen. Und sei wieder lieb.“

„Ich bin lieb! Und nur weil du sie einlädst, musst du mich nicht auch einladen!“

„Mh?“ Überfragt aber sofort ins Gelächter verfallend sah Mizuki zu den Kleineren hinab und hielt sich kurz den Bauch, was Mao endlich dazu brachte stehen zu bleiben und nur aufgebracht an seinem Glimmstängel zu ziehen. „Was denn?“

Doch mehr außer einem herzlichen Lachen bekam Mao nicht vom Brünetten, was ihn nur ebenfalls wütend werden ließ. „Ach, du hast sie doch nicht mehr alle“, fauchte er augenverdrehend und stieß Mizuki bestimmend beiseite. Als hätte er nicht einfach einen Schritt weiter zur Seite gehen können, um an ihn vorbeizugehen. Doch das drückte die Laune des Jüngeren in keinsterweise, der sich einfach die Freiheit heraus nahm und Mao mit einer Umarmung vom Gehen abhielt.

„Mizuki!“

„Verstoß mich nicht, bitte verstoß mich nicht.“

„Mizuki, was ma-“

„Tu mir das nicht an, bitte, ich hab doch sonst niemanden!“

„Oh, Mizuki, jetzt la-“

„Niemand will mich haben, wenn du mich jetzt auch noch vor die Tür setzt ... wo soll ich denn hin?“

Mao versuchte grummelnd den Größeren von sich zu weisen, was sich als schwierig erwies und er nach wenigen Minuten des Schauspiels kapitulierte und ihn einfach auch umarmte. Erst dann gab Mizuki tatsächlich Ruhe und schien wieder zufrieden mit der Welt zu sein, als er den Sänger fest an sich drückte und dennoch so tat, als habe er ihn eben ernsthaft verstoßen wollen.
 

Dieser Idiot!

So ein Schauspieler!
 

„Uuuund“, nuschelte der Jüngere, ließ etwas vom Älteren ab und blickte ihn treudoof an. „Lässt du dich jetzt einladen?“

Schwer seufzend und total genervt rollte Maos Augenpaar nach links und zog die Lippen gleich mit sich. „Von mir aus.“ Nur, wie kam er denn jetzt zu einer Einladung?

„Na en-“

„Ah, ah“, schüttelte der Sänger den Kopf und hob den Zeigefinger. „Kein BigMÄC.“

„Kein BigMÄC?“

„Kein. Big. MÄC.“

„Curry?“

„Curry.“
 

***
 

„Liebes Tagebuch,
 

ich bekomme neuerdings schlagartig schlechte Laune,

wenn ich mal nicht müde bin.
 

Danach werde ich aber wieder müde ...
 

PS.:

Gehe Curry essen mit Mizuki <3 :3 … is cool.“
 

***
 

Die konzentrierte Führung der Kugelschreibermiene über das Blatt Papier wurde durch hektisches Ankommen im Proberaum vehement unterbrochen und lenkte das Augenmerk Maos auf Tsurugi, der klitschnass in den Raum hineinplatzte und unverständliche, aber hörbar missfallende Geräusche von sich stieß und angefressen einen Berg durchnässter Aktenordner in die nächstbeste Ecke katapultierte.

„So eine Scheiße! SO. EINE. SCHEIßE!“, schimpfte der Gitarrist aufgebracht von sich und deutete auf die weggeworfenen Ordner, die nur stumm von Mao beäugt wurden mit einem Brauenheben, als auch schon wild gestikuliert wurde, als wolle Tsurugi damit bewirken, dass sie wieder trocken wurden.

„Jetzt schau dir das doch mal an! Ich hab das extra noch kopiert alles, dass wir das vollständig hier haben und dann fängt das an zu pissen! Alter! Es war strahlend blauer Himmel als ich los bin! BLAU! BLAU! Verstehst du?“, zeigte er den Sänger den Vogel und sah ihn total entsetzt und euphorisch an, als habe Mao den Regen herbeigerufen, der nur mit selbigen Gesichtsausdruck wie eben zweimal nickte und sich auch kaum bewegte, aus Angst, das wildgewordenen Tier, würde wie eine Katze plötzlich in Angriff gehen und ihn erschlagen.

„BLAHAU! Wo kommen da auf einmal Wolken her? WO? Is ja auch nicht so, dass gerade KEINE Bahn fuhr und ich auch zehn Schirme dabei hatte, weil ... Alter, die SONNE HAT GESCHEINT!“
 

Nur sehr langsam legte der Sänger den Kugelschreiber auf das Blatt, um keine aggressiven Schwingungen zum Anderen zu transportieren, der sich herzlich amüsant aufregte, als habe ihn jemand eine Delle ins Auto gefahren. Es war selten, dass sich Tsurugi so derart ausließ, aber wenn, dann musste auch schon vorher etwas schief gelaufen sein, dass er sich jetzt über ein paar durchnässte Ordner so aufregte.

„Zum Glück war ich noch nicht beim Friseur, ey, aber dann, ich schwör dir! Dieser Tag ist so derart die Bitch, ehrlich!“, schimpfte Tsurugi weiter, bückte sich, um die Ordner doch wieder aufzuheben und schimpfte erneut über das Phänomen des Wetters, als Aki und Kei den Proberaum betraten und fragende Blicke auf den Gitarristen warfen.

„Bitch?“, wollte Aki sogleich amüsiert als Begrüßung wissen und ließ Maos Hände heben, die den beiden flach auf und ab wedelnd mitteilten, den anderen wohl besser nicht zu provozieren.

Doch Tsurugi sprang selbst darauf an, drehte sich grummelnd um und gab Aki ein angepisstest „Die hättest du wohl gerne, was?“, entgegen, der nur die Brauen hob samt Hände und kurz auflachte.

„Liebling, ganz ruhig. Ich will nur dich.“

„Ha ha!“, entgegnete der Gitarrist nur grummelnd, hob den letzten Ordner auf und warf den Stapel anschließend auf den Tisch, direkt neben Maos Arbeit, der kurzerhand einen Schock bekam, weil er dachte Tsurugi zerstöre seine mühselige Arbeit, die bis eben in aller Ruhe gemacht wurde.
 

Damit war’s jetzt wohl vorbei.
 

„Zeig mal her“, nahm sich der Bassist die eben entdeckte Arbeit an und stemmte eine Hand in die Hüfte, während mit den Zähnen etwas an der Unterlippe herumgezupft und das Geschriebene durchgelesen wurde.

„Ich war noch nicht ganz fertig, aber ich denke so müsste es harmonischer sein“, gab Mao seine Gedanken frei, lehnte sich nach vorn und nahm sich seine Kippenschachtel, aus welcher ein Glimmstängel gefischt wurde. Danach landete die Schachtel wieder auf dem Tisch und Maos Körper zurück im Polster der alten Couch, wo einige Zeit einfach nur mit der Zigarette zwischen Mittel- und Zeigefinger gespielt wurde, weil die Anspannung auf Akis Auswertung den Kleinsten ziemlich nervös machte. Doch viel konnte man aus der Mimik des Bassisten nicht herauslesen, außer dass er mehrmals stumm nickte, weiter an der Lippe kaute und eben konzentriert die Noten und Änderungen verglich.

Tief atmete Mao ein, beobachtete Aki und klemmte sich den Filter zwischen die Lippen – es dauerte ihm dann doch zu lange, ehe der mal was von sich hören ließ. Dabei legte er sehr viel Wert auf dessen Aussagen, die er noch nie geduldig abwarten konnte.
 

„Ja“, war das erste Wort was Akis Kehle schließlich verließ, als er aufblickte und sich seinen Trupp besah. „Mir fällt da ein, wir sollen nochmal ins Studio kommen heute Nachmittag, wegen dem Schnitt fürs PV. Sind wohl ziemlich zufrieden damit“, teilte er recht trocken, aber ebenso zufrieden mit, was reges Kopfnicken auslöste - bei Mao aber kurzzeitig die Lider schließen ließ und ein innerliches Seufzen die Fehlaussage hinnahm.
 

Arsch.
 

„Find ich gut. Ich würde sagen wir proben dass dann gleich mal“, sah sich der Bassist um, und ehe Mao es begriff, dass er seine Arbeit endlich lobte und die Songänderungen für Gut befand, kam Aki schon ein etwas zynisch gefragtes „Wo ist Mizuki schon wieder?“, über die Lippen.

Ohne ihn waren die Proben nahezu sinnlos, doch im selben Moment öffnete sich schon die Tür und der, nach dem gefragt wurde, trat herein. „Nennt mich Mädchen, aber es hat plötzlich geregnet und dann hab ich einfach gewartet, bis es wieder aufgehört hat!“, rechtfertigte sich der Große gleich und brachte Mao tatsächlich zum Schmunzeln, der nun zu Tsurugi sah und seine Kippe endlich anzündete.

„Gar nicht so doof. Wieso hast du dich nicht untergestellt?“, wollte Mao genuschelt wissen, nahm den ersten Zug und fing sich einen sehr bösen Blick von Tsurugi ein, der nun auch von Kei schief angesehen wurde. „Na eben. Du hättest dich ja unterstellen können, da kannst dir echt ein Beispiel an Mizuki nehmen“, nickte dieser amüsiert und entlockte Tsurugi einen grimmigen Laut, der sich setzte und ...
 

Schmollte.
 

Mizuki hingegen war nur leicht nass geworden, nahm seine Tasche ab und ließ sich neben Mao auf der Couch nieder. Ein tiefer Atemzug wurde genommen, als habe er drei Tage Weg hinter sich und wurde daraufhin ebenso fragend vom Sänger angesehen.

„Was bist’n so fertig?“

„Ach!“, seufzte der Große wieder schwer und fuhr sich über das Gesicht. „Mein Bruder war heute Früh bei mir, plus Neffe, auf dem ich aufpassen musste, weil meine Nichte irgendwie krank ist und dann hat er ihn schnell bei mir zwischengeparkt“, klagte der Gitarrist sein Leid und lehnte sich gar gänzlich ins Polster. „Also“, ein Finger wurde gestikulierend für die Erklärung als Unterstützung gehoben und von Mao beobachtet. „Er ist mit meiner Nichte nur zum Arzt, nichts Schlimmes, aber ... boah ...“

Kei lachte auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Der hält dich auf Trapp, was?“

„Und wie“, jammerte Mizuki nur von sich und seufzte. „Außerdem wollte ich mal länger schlafen. Und dann frisst der mir mein Pudding weg, aber ... nein kann ich auch nicht sagen, dann nörgelt er nur rum und das nervt mich...“

„So wie du jetzt.“, gab Aki trocken dazu bei und legte den Zettel schließlich zurück auf den Tisch, ehe in die Hände geklatscht wurde. „Lasst uns mal anfangen. Aber vorher gehst du mal hoch und siehst nach, ob wir noch Klamotten da haben, so kannst du unmöglich proben“, gab er Tsurugi zu verstehen, der nickte und schon aufstand. Irgendwelche Klamotten fanden sich zum Glück immer bei ihnen. „Ach, Kei, dein neues Hi-Hat ist da, fällt mir gerade wieder ein, die haben mich vorhin angerufen.“
 

Während sich also alle sammelten und ihre Wege gingen, blieb Mao sitzen und warf einen Blick auf den Gitarristen, der trotz frühmorgendlichen Neffen gute Laune zu haben schien und ekelhaft zufrieden aussah. Sicher war er spät in der Nacht nochmal bei Naoko. Oder sie trafen sich gestern Morgen vorm Dreh wieder. Und heute würden sie sich bestimmt auch sehen. Jeden verfluchten Tag würden sie sich sehen!

„Und?“, wollte der Sänger wissen, lehnte sich nach vorn, um abzuaschen, während Mizuki die Augen öffnete und den Kopf zu ihm drehte. „Hm?“

Doch Mao lehnte sich zunächst zurück, zog am Laster und vermied es dabei den anderen anzusehen.

„Du und Naoko. Seid ihr schon ein ,Wir‘?“

Mizuki musste auflachen und fuhr sich mit dem Finger unter der Nase lang. „Eh? Ein ,Wir‘?“

„Du weißt was ich meine“, murmelte der Ältere vor sich her und zog abermals an der Kippe.

„Ich wollte sie fragen gestern, aber ... ich hab mich nicht getraut, weil wir uns nur kurz gesehen haben und ich einfach zu müde war für Dinge die dann ... na ja, du weißt schon.“ Mit einem kessen Schmunzeln drehte sich Mizuki wieder nach vorn und setzte sich schließlich auf, während sich in Mao alles zusammenzog und er glaubte für einen Moment keine Luft zu bekommen.

Da durchfuhr ihn ein heftiges Gefühl der Niederlage und des Verlustes, welches jetzt aber nicht beachtet werden durfte! Er musste es schnell verdrängen, sich die auftauchenden Bilder in seinem Kopf verbieten! Tief holte er Luft, drückte die Kippe aus, weil er gerade schlichtweg nicht weiterrauchen konnte und räusperte sich dann verhalten, mit sanftem Nicken.

„So.“ Mehr brachte er nicht zustande.
 

Sein Küken.
 

Sein Küken ist pflücke und macht mit schönen Frauen rum! Das wäre auch alles ganz prima, wenn er sich nicht in Mizuki verliebt hätte!

Ob sie schon miteinander geschlafen haben? Mao hoffte innständig, dass es noch nicht passiert ist und sie auf seine Frage mit ,nein‘ antworten würde - aber das war nicht fair! Er sollte sich für Mizuki freuen oder nicht? Er sollte doch glücklich sein, wenn er es auch war, warum nur missgönnte er ihm sein Glück?
 

„Weißt du Mao“, durchbrach die Stimme des Kükens die Gedankengänge des Sängers, der auf der Kante der Couch saß – bereit aufzustehen, sich dann aber zum Gitarristen wendete. „Ich überlege schon lange hin und her, ob das überhaupt Sinn machen würde.“, sah er ihn schwer seufzend an. „Ich meine, sie ist im Musical, ist viel unterwegs, und ich bin Musiker. Du weißt selbst, was das heißt, viel Zeit hätten wir also nicht füreinander.“

„Aber ... du bist verliebt in sie, oder nicht?“, fragte der Schwarzschopf leise nach und bekam ein ehrliches Nicken geschenkt, was erneut diese starken Trennungsgefühle in der Brust auslöste. Trotzdem musste sich Mao beherrschen, konnte nicht nach seinen Gefühlen gehen, sondern musste sich den Gedanken der Gefühle seines Gitarristen anpassen. „Dann frag sie einfach.“ Schmal wurden die Lippen aufeinandergepresst und der Zeigefinger kurz gegen Mizukis Wange gedrückt, mit einem lieblichen Lächeln.

„Meinst du?“

Stumm nickte der Sänger nur abermals, stand dann schließlich auf und wäre am liebsten heulen gegangen. Was dachte er sich auch? Dass sich Mizuki auch in ihn verlieben könnte? Wieso sollte er? Das wird wohl ein unerfüllter Traum bleiben und vielleicht war es auch besser so. Irgendwann, so hoffte Mao, würde er sich neu verlieben – nur fiel ihm das reichlich schwer. Wen lernte man als Musiker schon großartig kennen, den man ausgiebig daten konnte und der einem das Gefühl von Vertrauen und Wohlbefinden schenkte? Das war schwer! Kein Wunder dass es in vielen Bands Pärchen gab – einfach, weil man zusammen war den Großteil seines Alltags.
 

„Guten Morgen da hinten!“, appellierte die Stimme des Bassisten an die beiden Trödler, welche sich auch sogleich auf den Weg machten.

Dabei wollte Mao jetzt einfach nur nach Hause gehen, heiße Schokolade trinken und Frust schieben.
 

...
 

Drei Stunden später war die Probe beendet für den Tag. Es lief alles glatt, jeder war zufrieden und da Aki und Kei noch ins Center mussten, konnten sie etwas früher Schluss machen.

Mit verzogenem Gesicht ließ sich Mao auf die Couch sinken, griff sich in den Nacken und begann diesen leicht zu massieren. Noch immer hatte er Schmerzen, die sich zwar in Grenzen hielten, doch besonders nach den Proben, war es fast schon wieder unerträglich. Schuld war er selbst, kam er doch nach wenigen Tagen zurück um zu arbeiten, anstatt sich ordentlich auszuruhen. So hatte sein Körper kaum eine Chance sich richtig vom Unfall zu erholen und wurde, wie in jenem Moment auch, einfach mit Schmerzmitteln lahm gelegt.

„Denkt ihr dann dran? In drei Stunden im Studio, ja? Ich fahr mit Kei ins Musiccenter“, ließ Aki verlauten und stieß auf Kopfnicken und Aufmerksamkeit, außer von Mao, der sich eben eine Tablette aus dem Silber drückte und diese mit seiner Wasserflasche hinunterspülte. Der Bassist schüttelte über diesen Anblick nur leicht den Kopf und Seufzte, als die Basstasche über die Schulter gehängt wurde. „Hör mal Mao, wenn das nicht besser wird bis zur Tour, trete ich dir in die Weichteile.“ Was wohl so viel heißen sollte, dass er sich gefälligst öfter ausruhen sollte, als ständig zu arbeiten. „Hör auf deinen Körper. Wenn der nicht will, dann will er nicht.“

„Ja“, nickte Kei dann nur verständlich, der ebenso seine sieben Sachen zusammenpackte und die Jacke überzog. „Ich hab dir doch den Flyer gegeben von meiner Cousine. Geh mal hin. Ist zwar pervers so von ihr zu schwärmen, aber sie machts echt geil“, lachte der Drummer, und brachte auch die anderen für einen Moment zum Auflachen – auch Mao, der die Flasche eben wieder zuschraubte und nur verhalten steif nickte.
 

Physiotherapeutin.
 

Vielleicht sollte er Keis Ratschlag annehmen und sich mal durchkneten lassen. So viel er weiß bietet sie sogar autogenes Training an, was Mao schon eher interessierte. Denn sich hinlegen und massieren lassen von einer Frau – na ja. Schon nette Vorstellung, aber es war Keis Cousine, die wiederum für den Sänger etwas Übrig hatte. Sich dann also gewillt, halbnackt vor ihr niederlassen? Das war Mao bislang etwas zu Unbehagen, wie er zugab, als er sich die verdiente Zigarette zwischen die Lippen klemmte, um die Wartezeit, bis die Tablette anschlug sinnvoll zu nutzen.

„Am Ende vergewaltigt sie mich noch, und dann? Hab ich das nächste Trauma“, nuschelte der Kleinste von sich und brachte den Rest zum Lachen, als Kei auch schon beim Vorbeigehen auf dessen Schulter klopfte – beabsichtigt mit Nachdruck, dass es der Sänger auch spürte, und sich zu diesen nach vorn beugte. „Ach komm schon, tief in deinem Inneren wünscht du es dir, dass sie dich auspeitscht.“

„Oho, sicher nicht!“, winkte Mao schnell ab, während Kei sich an ihm vorbeischlängelte und zum wartenden Aki hinüberschritt, der ungeduldig an der Tür stand, um endlich zu gehen.

„Na mal Ernsthaft, willst du deiner Cousine das da etwa antun? Nachher hat sie das Trauma und nicht er“, gab Aki nur gewohnt plump von sich, und brachte lediglich eine Braue des Sängers zum Heben, der nichts mehr darauf gab – die anderen jedoch mussten herzlich lachen, verabschiedeten sich untereinander, als auch Tsurugi nochmal zurück kam, dessen Klamotten halbwegs getrocknet waren in den drei Stunden, um seine Tasche samt Jacke einfach unter die Arme zu klemmen. Vom Tisch noch schnell einen Keks genommen, die Mizuki später noch hinstellte, als sie Pause machten, dann wurde die Hand gehoben und fragend zwischen Mizuki und Mao der Blick gewechselt.
 

Es ging ums Zusperren.
 

„Ja, mach ich schon“, gab Mao verraucht von sich, als sich schließlich verabschiedet wurde und nur noch er und Mizuki übrig blieben.

„Soll ich noch auf dich warten?“, fragte das Küken, nachdem er die letzte Saite bespannte, die beim Proben gerissen war, und gerade seine Gitarre verstaute, als auch schon ein „Brauchst du nicht“ von Mao als Antwort kam, der da einfach nur saß und vor sich hin qualmte.

Er war immer der Letzte seit seinem Unfall. Fast immer dieselbe Szene - alle verkrümelten sich, und Mao wartete dass seine Tablette anschlug, um nach Hause gehen zu können.

Nein.

Nein, das konnte Mizuki heute nicht ertragen, weswegen er sich galant über die Couchlehne warf, um direkt neben den Älteren zu landen, der sichtlich überrascht über diese Aktion war und ihn irritiert darüber ansah.

„Was?“, schmunzelte Mizuki.

„Hast du kein Date oder so?“

„Naoko? Nein, sie ist mit ihrer Gruppe heute in Tokio. Aber wenn du vor hast wieder nach Shibuya, statt nach Shinjuku zu fahren, kannst du mich gerne mitnehmen“, neckte er den Sänger und ließ einen Finger gegen Maos Schulter tippen, der sich jedoch wieder wegdrehte und seinen Rauch aus den Lungen entließ.

„Was ist los mit dir?“, wollte der Großgewachsene dann schließlich wissen, winkelte ein Bein an und schob die Hand in Maos Nacken, wo die Fingerkuppen sanft über die weiche Haut strichen und eine angenehme Gänsehaut über den Körper zogen.

„Was soll denn sein?“, flüsterte die Sängerstimme, während das Augenpaar nun von den Lidern bedeckt wurde, um das angenehme Gefühl, samt dieser Berührung die von Mizuki kam, aufzunehmen und zu genießen.

„Ich weiß auch nicht. Du wolltest mir letztens schon nicht sagen was los ist, aber irgendwas bedrückt dich doch. Und sag nicht wieder, dass da nichts ist, ich kenne dich langsam ziemlich gut Mao.“

Ein sanftes Lächeln war es, welches sich bildete, sowie ein verpuffter Laut, der aus der Nase entglitt, der einer Kapitulation glich - doch kam nur ein leises „Scheint so“, vom Sänger, der die Lippen des Gitarristen damit schmal nach vorne schob und seufzen ließ.
 

Eine ganze Weile saßen die beiden einfach nur da und sagten nichts. Während Mao an seinem Glimmstängel zog, kraulte Mizuki den in Mitleidenschaft gezogenen Nacken und glaubte damit dem anderen etwas Gutes zu tun. Wenn er schon nicht reden wollte, blieben nicht viele Optionen offen, um für ihn da zu sein. Zumindest beschlich den Jüngeren das eigenartige Gefühl, dass Mao sowas brauchte. Der Seufzte nach einiger Zeit nur wieder schwer, rutschte nach vorn an die Kante um besser den Aschenbecher zu erreichen, drückte die Kippe darin aus und legte sich kurzerhand mit dem Kopf auf Mizukis Schoß. Das angewinkelte Knie wurde bewusst von der Sitzfläche gewiesen, um sich zu strecken, dass er sich endlich legen konnte. Er musste diese Naoko freie Zeit nutzen ...

„Manchmal möchte ich einfach meine Koffer packen und auswandern“, flüsterte die Sängerstimme mit geschlossenen Augen von sich, als Mizuki seine Hand flach an dessen Stirn legte um anschließend durch das schwarze Haar zu streichen. Es war immer so schön weich, wenn er sie nur platt nach unten hängen ließ, was ein sanftes Lächeln auf die Lippen des Jüngeren zauberte. Gerade heute sah Mao wieder jünger aus, als Mizuki. Nicht geschminkt, platte Haare – einfach nur süß.

„Und wohin?“, fragte die Gitarristenstimme ebenso leise nach, während die Hand durch die schönen weichen Haare strich. Immer und immer wieder.

„Weiß auch nicht“, wurde gemurmelt. „Singapur. Oder Moskau.“

„Eh?“ Es wurde leise belacht. „Singapur geh ich mit, aber Moskau?“

„Zu den Russen. Warum nicht? Oder meinst du, die würden mich niedertrampeln?“

Wieder musste Mizuki leise auflachen und nickte diesmal. „Ich glaube tatsächlich, die würden dich nicht für voll nehmen ... Chibi.“

„...“ Mao lächelte endlich milde.

„Ich würde gern mal nach Prag. Oder Norwegen.“

„Prag“, wiederholte Mao schläfrig. „Wo ist das? In Europa?“

„Ding, ding, ding, hundert Punkte.“

„Blödmann ...“
 

Wann genau hat er sich eigentlich verliebt?

Mizuki.

Wie lange treffen er und Naoko sich schon und wann wird er sie wohl fragen?

Gleich Morgen?
 

„Wie wärs heute mit Curry?“, flüsterte Mizuki schließlich unabhängig vom eigentlichen Thema und öffnete Maos Augen damit.

Das hatte er fast schon wieder vergessen!

„Ich mach’s sogar selber. Limited Edition.“, prahlte das Küken und Mao lachte endlich wieder mit erhobenen Brauen.

„Oh, oh, ohh!“, gab er euphorisch von sich. „Na da kann ich nicht nein sagen.“

„Dann nehme ich dich aber gleich nach’n Studio mit zu mir, wer weiß wann wir da rauskommen“, beschloss der Gitarrist kurzerhand und sah das breite Lächeln auf Maos Lippen, was wohl eine stumme Zusage sein sollte.
 

Der Plan ging also auf.

Der Plan, für Mao da zu sein und ihn abzulenken – wovon auch immer.
 

„Siehst du, jetzt hab ich’n Date.“

Nur hatte es nicht Ansatzweise die Bedeutung, die sich Mao wohl erträumte.
 

***
 

„Liebes Tagebuch,
 

ich habe mich gefragt, wieso ich so müde bin.

Ich glaube, Mizuki macht mich so müde ...
 

Er hat schöne Hände ...

Er macht mich traurig ...“
 

***
 

Wo sollte das nur enden?
 

-----------------------------------------
 

Next?
 

C Lyrics, by Sadie

Ein süßer Vollidiot

30.09.2013
 

Sadie

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
 

[Kapitel_3]
 


 

Auffrischender Wind, welcher den Geruch von gebrannten Mandeln und Zuckerwatte mit sich trug, strich durch das braune, leicht angenässte Haar und trug die heiteren Melodien der Musik der Fahrgeschäfte in Maos Ohren. Der Blick verschlossen hinter den Lidern, um den Ohren mehr Welt zu öffnen, welche zu ihm sprach, und Stimmen von fröhlichen Kindern hervorzauberte, die vor dem inneren Auge lachten und sich um den besten Platz im Riesenrad rangelten. Mütter, die ihre weinenden Babys durch die Massen schoben und an einer Losbude hielten, um mit dem Zeigen auf einem süßen Plüschtier deren Welt wieder in Ordnung zu bringen. Manch einer versuchte sich am Schießstand, beim Büchsenwerfen, beim Angeln und was es nicht alles gab. Wieder andere waren einfach nur da, um sich das alles zu besehen und sich auf andere Leute kosten zu amüsieren. Selbst als es zu regnen begann, konnte die heitere Stimmung auf dem Rummel nicht getrübt werden. Kurzerhand holte man Schirme hervor oder Regenmäntel – manch einer tat auch einfach gar nichts und störte sich nicht an den Launen der Natur.
 

Ebenso wie Mao.
 

Der Sänger saß nahezu einsam und verlassen im Schneidersitz auf der steinernen Mauer der Sakai-sujie Brücke, welche direkt über dem Nakanoshima Park führte und blickte nun hinab auf das bunte Treiben. Sowohl unter ihm, als auch hinter ihm, über die Auto- und Fußgängerbrücke hinweg, erstreckte sich der Rummel, der den Stadtteil bis weit in die Nacht hinein in ein buntes Lichtermehr tauchen würde. In ein Meer voller Spaß und Heiterkeit. In ein Meer voller Leckereien und schallendem Gelächter. Niemand ging allein auf einen Rummel, und wenn doch, dann fand Mao dies ziemlich traurig – weswegen er sich nicht ins bunte Treiben stürzte, sondern auf der Mauer sitzen blieb, eine nach der anderen rauchte und eigentlich den Eindruck eines Penners vermittelte. Ob es nun an seiner Haltung lag, oder die drei bereits leergetrunkenen Flaschen Bier neben ihm – die tatsächlich ihm gehörten - mochte dahin gestellt sein. Dem Sänger war ohnehin egal was die Leute von ihm dachten, als er sich schon die nächste Kippe hervorholte und ebenso auch sein viertes Bier, welches er eben von einem echten Penner zugeschoben bekam, mit dem Feuerzeug öffnete.
 

„Na, Jung“, wurde er mit tiefer Raucherstimme angesprochen, als sich der wesentlich ältere Mann neben ihn an die Mauer lehnte, sich mit einem Elenbogen abstützte und ebenso hinab auf die Meute blickte. Er hatte etwas von einem gestrandeten Seemann, wie Mao fand, als sein Blick gläsern zu ihm hinüberglitt, um den Schenker zu Mustern, dessen Hände viel zu erzählen hatten und richtig klumpig wirkten. Zwischen den Fingern bewegte sich ein Zigarillo hin und her. Ein weiß-grauer Schnauzer zierte die Oberlippe - ungepflegt, aber stets nach oben gespitzt an den Seiten der Lippe, welche gänzliche hinter dem Bart verschwand. Ebenso verschwanden die wenig grauen Haare die er auf dem Kopf hatte hinter einem schwarzen Matrosenmützchen, welches aus der weiten Hosentasche den Weg in die Welt fand, weil es stärker begann zu regnen, und die Zigarillo mit einem kräftigen Zug in den Mundwinkel geschoben wurde. Dabei konnte man den Dreck unter den Nägeln sehr gut erkennen, welche gerillt und gebrochen waren. Und dennoch ...
 

Dennoch widerte es Mao in jenem Augenblick kein bisschen an, dass dieser Mann neben ihm lehnte und sich jetzt wohl mit ihm unterhalten würde. Im Gegenteil, er strahlte etwas Ruhiges, aber auch sehr Lebendiges aus, was wohl dem Gemüt des Sängers in jenem Augenblick zusagte. Dieser Mann strahlte unglaublich viel Menschlichkeit aus, und das war es, was Mao lächeln ließ, dessen Hand nun die Bierflasche anhob und sie gegen den Hals der noch stehenden seines Gegenübers anstieß, um gleich darauf den ersten Schluck zu sich zu nehmen.
 

Ein tiefes Räuspern folgte, dann fuhr sich der Mann mit dem Handrücken unter der Nase entlang und gab einen amüsanten Laut von sich, ehe er seufzte und ironischerweise dazu mehrmals seicht nickte.

„Weißt du. Bevor du hier gesessen bist, war wunderschönstes Wetter“, begann er im ernsten Tonfall und nahm wieder einen tiefen Zug seines Lasters, woraufhin erneut ein ebenso tiefes Räuspern folgte.

„Siehst du den Burschen da unten am Schießstand?“

Ein Finger deutete nun auf die besagte Richtung und den genannten Jungen, welcher zum siebten Mal versuchte, unter völliger Konzentration, den weitentferntesten Punkt zu treffen.

„Der war gestern auch schon da und ist erst nach Hause, als er kein Geld mehr hatte“, erklärte der alte Mann, der dabei schon wieder an seinem Laster zog, woraufhin, wie erwartet, ein tiefes Räuspern folgte und diesmal sogar ein rauchiges Aufhusten.

„Er wird gleich wieder nach Hause gehen, weil sein Geld alle ist und genau denselben Blick aufweisen, wie du ihn hast“, sprach die rauchige Stimme weiter und brachte die Brauen des Jüngeren im selbigen Augenblick dazu sich tief und fraglich ins Gesicht zu ziehen, während das glasige Augenpaar nun beobachtete, wie konzentriert dieser Jungspund da unten versuchte, sein Ziel zu treffen.

Die Zunge zwischen die Lippen geklemmt und ein ehrgeiziger Gesichtsausdruck.

Er wollte es unbedingt, was den Sänger nur seufzen ließ mit einem milden Lächeln, ehe sein Blick wieder über das gesamte Treiben schweifte, und er sich fragte, wie langweilig einem wohl sein musste, um sich so etwas anzutun.

„Aber weißt du, was der Unterschied ist, zwischen euch beiden?“, räusperte sich der Mann erneut und richtete sich leicht auf, um abermals mit einem Fingerzeig, welcher vom Alkohol getränkten Augenpaar des Sängers nun verfolgt wurde, auf den Jungen zu deuten.

„Er wird wiederkommen, im Gegensatz zu dir.“
 

Hm?
 

Mao verstand nicht worauf der Fremde hinauswollte und konnte diesen auch nur mit einem eben solchen Blick ansehen, als dieser begann zu lachen und den Kopf schüttelte.

„Die Jugend von heute ...“, sprach er leise, atmete tief ein und wieder aus und nickte zum wiederholten Male. „Der Bursche da, der zeigt trotzt diesen Rückschlag noch den Willen, etwas bewirken zu wollen. Du allerdings …“, und dabei wurde der Blick nun direkt auf Mao gelegt, der ebenso auf den Mann hinabsah und nur fragend dreinblicken konnte. „Du allerdings hast den Blick der Kapitulation auf dir liegen. Das spürt man regelrecht. Und genau deswegen“, deutet er mehrmals auf Mao und zog an der Zigarillo. „Genau deswegen, regnet es jetzt“, wurde die Theorie abgenickt und dem Sänger damit die Augen herausgedreht vor Unverständnis und -
 

Was?

Wieso sollte er schuld daran sein, dass es regnet?
 

Nun war es also Mao der sich stillschweigend räusperte und den Blick wieder nach unten in die Menge lenkte, aber nicht einen einzig klaren Gedanken schöpfte. Zu benebelt war das Hirn von Schmerztabletten und Alkohol. Und wenn der weise Mann sagte, dass Mao den Regen herbeirufen konnte, dann würde das wohl so sein. Er war um einiges älter als der junge Sänger, wieso also, sollte der ihn anlügen?

„Sie sin … voll gebiled“, lallte Mao voller Überzeugung, als die Hand die dunkle Flasche an die Lippen führte, und der Kehle wieder ein spritziges Erlebnis verschaffte.

Der Mann allerdings lachte heißer darüber auf, nickte wieder seicht dazu und musterte den jungen Kerl neben sich, der da im Schneidersitz auf der Mauer herumlümmelte.

„Ich bin schon viel gereist und habe viel erlebt“, begann er lächelnd. „Im Laufe des Lebens entwickelt man eine Art Gespür für seine Umwelt, wenn sie einen wirklich interessiert. Und du mein Junge, strahlst unsagbar viel Traurigkeit aus. Und irgendetwas sagt mir, dass du hier gar nicht sein solltest.“
 

Hart musste der Sänger auf diese Worte schlucken, starrte aber weiterhin auf die Menge des Rummels, die sich trotz des Regens die Stimmung nicht verderben ließ.
 

„Ich schätze dich auf Ende Zwanzig, Anfang Dreißig. Meine Güte, das war meine Blütezeit. Da hatte ich keine Zeit so ein langes Gesicht zu ziehen. Damals haben wir uns über mehrere Regentage sogar gefreut, als wir als junge Soldaten in Afghanistan eingesetzt wurden. Wir hatten eigentlich nicht einmal die Zeit dazu uns zu freuen“, lachte er heißer. „Aber die haben wir uns einfach genommen. Und wenn es nur ein einziger Augenblick war, der mit dem nächsten Wimpernschlag verstrich – die Zeit, die man hat, die kommt nie wieder.“ Er lachte wieder heißer und regte Maos versoffene Gehirnzellen nun doch zum Denken an.

„Da vorn am Bahnhof“, deutete der alte Mann mit einem Fingerzeig auf das Gebäude, worüber er sprach, „Saßen gestern Jugendliche, die nichts mit sich anzufangen wussten. Zu meiner Zeit wären wir doch niemals auf die Idee gekommen uns mit einem Bier an einem öffentlichen Platz niederzulassen und die Zeit einfach sinnlos verstreichen zu lassen. Früher haben wir den kleinen Erdenbürgern beigebracht, wie man sich Älteren gegenüber benimmt, und heute? Du musst sie nicht einmal ansehen und trotzdem finden sie etwas an dir, was sie stört, um dich zu beleidigen.“

Womit der alte Mann wohl Recht hatte. So war sie, die heutige Jugend.

Ein tiefer Zug des Sängers folgte diesmal, welcher nur langsam aus der Lunge entlassen wurde und Maos Herz zum kräftigeren Schlagen brachte, während der andere weitersprach.

„Da frage ich mich schon“, seufzte der Fremde schwer. „Was die nachfolgende Generation wohl falsch machte. Doch das traurige daran ist doch eigentlich nur, dass keiner etwas daran ändert. Alle nehmen es hin, sprechen aber davon so Vieles verändern zu wollen. Wir haben damals nicht darüber gesprochen, wir machten unsere Gedanken einfach wahr, indem wir handelten“, lachte er wieder in Erinnerung schwelgend auf und fuhr sich mit dem Daumenrücken über die bereits nass geregnete Stirn.

„Hach ja“, seufzten sich die Worte über die Lippen. „Ich finde, das solltest du auch machen, anstatt hier zu sitzen und Trübsal zu blasen.“
 

Doch Mao konnte darüber nur lasch Lächeln, mit dem Wissen, dass die gesagten Worte die reinste Wahrheit waren. Und sie beide wussten das, was die Situation und die Sache an für sich nicht unbedingt leichter machten.

Im Gegenteil.

Es verdeutlichte ihn nur umso mehr, wie unerreichbar sein Ziel doch war. Und dabei war es sehr viel näher vor ihn in vielen Situationen, als jenes, welches der Junge da unten versuchte zu treffen, der so eben sein letztes Geld ausgab für diesen Tag.
 

„Ich hatte damals Frau und Kind, als ich in deinem Alter war. Stell dir doch mal vor, ich hätte so dagesessen im Katastrophengebiet. Meinst du ich hätte auch nur einen Tag überlebt?“
 

Wohl kaum.
 

„Das Einzige was ich tun konnte war, mich einmal im Monat auf Post von ihnen zu freuen. Da bekam jeder sein Päckchen aus der Heimat. Meist mit langen Briefen von den Frauen und Bildern von den heranwachsenden Kindern.“
 

Bildhafte Erinnerungen formten sich in Worte und malten auch, Dank der Emotion die dahinter steckte, vor Maos inneren Auge die Welt des alten Mannes in einen bunt bemalten Film, der ihn nur noch trauriger werden ließ, weswegen er sich erneut zu ihm drehte und ihn kurz musterte.
 

Wie alt war er wohl?

Schon in den Siebzigern?
 

„Ich habe meinen Sohn nie kennen gelernt. Kurz nach dem Krieg, als wir nach Hause kehrten, ist sie mit meinem Bruder abgehauen.“
 

Da sprach er wohl von seiner damaligen Frau, nahm der Jüngere an, der den Blick nicht abwenden konnte in jenem Moment und sich den gespitzten Oberlippenbart besah.
 

„Er gehörte einer anderen Armee an und verbrachte sehr viel mehr Zeit mit meiner Familie, als ich. Aber weißt du Jung ... solche Erlebnisse prägen dich“, nickte er schließlich entschlossen, was Mao jedoch nur wieder schlucken ließ, da der Film in seinem Kopf so realistisch ablief, dass er glaubte dabei zu sein und nun ebenso schwer seufzte.

„Sie han ja aber doch … sicher wem neus gefunn?“

Wieder lachte der Mann verraucht auf und schüttelte den Kopf amüsiert. „Nein. Nein, danach begann meine Rüpelzeit. Ziemlich spät mit fast 40, was?“ Belustigt stieß er dem Sänger in die Seite und brachte ihn damit für einen Augenblick zum schmunzeln. Aber eben nur für einen Augenblick, denn das Gesagte nahm ihn doch mehr mit, als es wahrscheinlich sollte.
 

„Das heißt dann aber, dass sie für ´ne Sache kämpfdn, die sie nachher doch velorn habn. Wieso han sie dann nich eifach füwas Neus gekämpfd?“
 

Gott, war er besoffen.
 

Der Blick des alten Mannes verengte sich, und nur langsam drehte dieser den Kopf wieder seicht nickend zu dem Sänger, als bringe er es auf dem Punkt.

Und das tat Mao unbewusst auch. Er brachte das Gespräch auf den Punkt und hatte ganz genau verstanden, worum es dem alten Mann ging, nur wusste das der Sänger noch nicht, weswegen er ihn nur irritiert ansehen konnte und die Schultern hob.

„Findest du es denn Sinnvoll für eine neue Sache zu kämpfen, wenn man in seinem Kopf ganz viele böse Bilder beherbergt, die aus schlechten Erfahrungen heraus entstehen?“

Wieder konnte der Brünette den alten Mann nur fraglich ansehen, der immer mehr begann zu grinsen und schließlich auflachte, was dann im rauchigen Husten erstickte und Mao ihm einfach unbewusst auf den Rücken klopfte, worüber der Mann erneut heißer auflachte, ehe seine Gedanken abdrifteten.
 


 

Ein Rückschlag.
 

Er kommt überraschend, könnte erahnt werden, wird jedoch mit der Hoffnung verbannt.

Schlimme Gedanken leiten die Gefühle und Handlungen dazu, Dinge zu tun und zu sagen, die gar nicht von Nöten waren, weil es ausgedachte Szenen waren, die es in der Realität gar nicht geben würde. Und dennoch schafften es die Menschen, sich derart in Dinge und Situationen hineinzuversetzen, dass sie am Ende nicht mehr unterscheiden konnten, was nun Realität, und was der pure Wahn der eigenen Sinne war.
 

Noch während die Band im Studio saß, um Rücksprache wegen dem neuem PV zu halten, beklemmten Maos Glücksgefühle die Schatten seiner dunklen Gedanken, sodass er kaum in der Lage war ihrem Manager richtig zuzuhören. Dabei lobte dieser die Jungs diesmal in hohen Tönen, und das, obwohl der Sänger anfängliche Schwierigkeiten hatte, Mizuki zu spät erschien und Kei sich ebenso gefühlte dreißigtausend Male verspielte. Doch dazu folgten keine Standpauken, es wurde nur erwähnt dass so etwas nicht wieder vorkommen solle und der Rest wurde in hohen Tönen gelobt. Eigentlich genau das, was die Band brauchte, und doch konnte Mao einfach nicht aufhören daran zu denken dass Mizuki den Abend nur mit ihm verbringen wollte, weil Naoko mit ihrer Musicalgruppe in Tokio hauste für ein paar Tage.
 

Hätte Mizuki ihn auch einfach so eingeladen?

Wenn Naoko in Osaka wäre?

Hätte er ihn eingeladen?
 

Immer und immer wieder kreisten diese Gedanken in Maos Kopf umher, als er sich nach dem Studio nochmals von allen verabschiedete und er mit dem Gitarristen ausmachte, dann nachzukommen. Kei meinte, er habe seine Schwester gefragt, was noch helfen kann bei einem schmerzenden Nacken, und somit machte sich Mao auf den Weg in die Apotheke, um eine pflanzliche Creme zu besorgen. Da er allerdings kein Geld weiter dabei hatte und seine EC Karte zu Hause lag – sich aber auch nichts leihen wollte – stürzte er nahezu nochmal los, um alles zu erledigen, als ihm eine SMS von Mizuki erreichte nachdem er die Haustür hinter sich zuzog.
 

Alles in ihm verkrampfte sich, sein Herz schlug schneller und er musste hart schlucken, nachdem allein die Betreffzeile gelesen wurde.
 

„Klappt leider nicht ...“, stand da auf dem Display und ohne die Nachricht ganz zu öffnen, wurde das Handy zurück in die Jackentasche geschoben und die Türklinke angestarrt, welche er komischerweise noch immer festhielt. Als könnte er ohne diese Klinke einfach umfallen, weil ihm so flau im Magen war und sich das beklemmende Gefühl gar gänzlich ausbreitete.
 

Wegen Naoko?

War sie doch schon wieder zurück?

Hatte er keine Lust mehr?
 

Ganz egal was es auch war, es traf den Älteren in jenem Moment ziemlich heftig. Und das nur, weil er ganz anders an die Sache heranging, als sein Gitarrist.
 

...
 

Das Lachen des alten Mannes drückte sich immer wieder durch das rauchige Husten, ehe Mao ihm erneut auf den Rücken klopfte, und dieser abermals anfing zu lachen und die Hand hob, um abzuwinken.
 

„Aaach!“, dehnte er belustigt von sich. „Du scheinst nicht verstanden zu haben, dass du längst verstanden hast, worauf ich hinaus will.“ Die Tränen, welche sich vom Lachen bildeten wurden mit den klumpigen Händen aus dem Gesicht gewischt, ehe er sich das Mützchen wieder richtete und erneut einen belustigten Laut hervorstieß.

Der Sänger wirkte irritiert und schüttelte nun leicht den Kopf.

„Hör mal“, begann der andere wieder räuspernd. „Es lohnt sich immer für Etwas zu kämpfen. Auch wenn man der Meinung ist, dass es vielleicht Quatsch ist, aber einfach alles hinzunehmen, weil die Welt sagt: „Nein“, das ist nicht richtig. Ich habe für neue Dinge gekämpft, aber nicht noch einmal für eine Familie. Und das, mein Jung, das war der größte Fehler den ich gemacht habe. Ich meine, sieh mich an. Ich habe nichts. Ich habe mir nichts mehr aufgebaut, nachdem ich vor einigen Jahren von der See kam, und soll ich dir sagen wieso? Weil es da schon viel zu spät war. Das hätte ich vorher tun sollen.“

„Siesin ´n Seemann?“, fragte Mao verwundert nach, als ginge es um genau das.

„Gewesen, ja“, nickte der andere und drückte nun den qualmenden Rest Gestopftes, mit Daumen und Zeigefinger aus dem Filter seines Zigarillos. Während der Filter in der alten Jackentasche verschwand, löschte der Regen das Überbleibsel an glühender Asche, was Mao daran erinnerte, auch mal wieder an seiner Kippe zu ziehen, die sich von alleine rauchte, und dann ebenso, nach dem letzten erzwungenen Zug, ausgedrückt wurde, ehe der Sänger aufgluckste, sich etwas zu den Fremden beugte und den Finger hob.

„Wussdich“, meinte er stolz und brachte den alten Matrosen wieder zum heißeren Lachen, der im Anschluss über seine Zeit auf See erzählte, nachdem er die Armee verließ, der Krieg vorbei war und seine Rüpelzeit dann ebenfalls hinter sich ließ.

Für Mao war der Fremde nach all den Erzählungen gefühlte 187 Jahre alt, der sein Ziel nicht verfehlte, und das Hirn des jungen Musikers zum intensiven Nachdenken anregte.
 

. . .
 

Wie lange Mao da noch saß, wusste er nicht, nachdem der Mann ihn verließ, aber die Zeit hatte er so ganz gut rumgebracht, wie er fand.

Beim Überblicken des Rummels stellte er auch fest, dass der Junge am Schießstand längst weg war und auch an den Autoscootern sammelten sich nun die älteren Kids, die ohne Mama und Papa raus durften. Wenn Mao an seine Jugend zurückdachte war er meist damit beschäftigt Musik zu machen in irgendeiner Form, und das, wenn möglich, heimlich.

War immerhin peinlich am Anfang, wenn man noch nichts konnte.
 

Aber jetzt?
 

Jetzt konnte er sich sehen und hören lassen, wie er fand, war auch ganz stolz darauf da zu sein, wo er war und-

Nein.
 

Er seufzte schwer, zog erschwert sein Handy aus der nassen Jeans und besah sich die über zwanzig abwesenden Anrufe und die unzähligen Nachrichten. Viele davon waren von Mizuki, der sich schlichtweg Sorgen machte. Es wurde bereits dunkel und vor über zwei Stunden hätte er bei ihm sein sollen – eigentlich. Immerhin hatte Mizuki, so glaubte Mao, abgesagt. Umso stutziger wurde er also, dass er ihn dann sooft anrief und aus einer Betreffzeile die Worte: „Wo bleibst du de …“ hervorstachen, als er mit dem Daumen die Nachrichten schnell durchscrollte, ob etwas Wichtiges dabei war.
 

Die Brauen zogen sich zusammen, dann hob er den Kopf, zog die Nase hoch und stieg zunächst leicht schwankend von der Mauer, als ein heftiger Schmerz im Nacken darauf aufmerksam machte, dass er eindeutig viel zu lange, viel zu unorthopädische Haltungen ausübte und es obendrein seine Muskeln hatte völlig auskühlen lassen. Die einzige Bierdose, die er getrunken hatte und noch halb voll neben ihm stand, landete beim reflexartigen heben der Hand in den Nacken auf dem Asphalt und wurde mit einem schweren Seufzen und Schulterzucken liegen gelassen.

Musste ja nicht er gewesen sein und die ganzen Bierflaschen standen immerhin noch, und waren zum Glück nicht umgefallen. Doch kaum hatten diese ihn abgelenkt und ihn dazu verleitet sie im Suff durchzuzählen – ganze fünf Flaschen – war er doch verdutzt darüber und widmete sich lieber im Stehen, erneut schwer seufzend, wieder seinem Handy, lehnte sich dabei an die Mauer, massierte sich den Nacken und ging nun Nachricht für Nachricht schnell durch. Bis er bei der aller ersten ankam, und auch erst dann alles andere, was er da zu lesen bekam einen Sinn ergab, was ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das Herz begann zu klopfen und Nervosität machte sich breit. Hilfesuchend sah er sich um, als könne ihn jemand ein besseres Gefühl geben, aber die Leute gingen zielstrebig im Regen ihren Weg und beachteten den Sänger gar nicht, dem soeben bewusst wurde, was hier passiert war.
 

***
 

„Ich weiß es nihicht!“, wurden die Worte fast schon verzweifelt in den Hörer gefaucht, als der Bassist den Sänger ebenso wenig erreichte seit dem Nachmittag und nun beim Jüngsten anrief. Bei ein bis zwei Stunden war alles noch okay, doch jetzt war Mao schon wieder über vier Stunden ohne Lebenszeichen mitten in Osaka verschollen und keiner wusste wo er war.

Da war leichte Panik und Sorge gar nicht so abwegig, passierte ihm doch in letzter Zeit immer wieder etwas. Zuletzt sein Autounfall, und das auch nur, weil er einfach nicht achtsam genug war.
 

„Sag mal Mizuki, ihr seid doch verheiratet“, gab der Bassist trocken von sich, als sich der Jüngste gegen die Küchenzeile lehnte und ungesehen die Brauen hob.

„Was zum Teufel ist los mit ihm? Redet er mit dir auch nicht, oder was?“, wollte Aki wissen, woraufhin Mizuki den Kopf schüttelte und erst dann ein „Nein“ von sich gab. „Ich hab versucht Etwas aus ihn heraus zu kitzeln, aber …“, ein schweres Seufzen trat über die Lippen. „Keine Chance.“

„Kann doch nicht wahr sein. Ich mach mir normalerweise eher weniger ´n Kopf, wenn sich jemand von euch über mehrere Stunden nicht meldet, aber bei Mao muss man ja zur Zeit mit Wattebällchen hinterherlaufen, um sie werfen zu können wenn er stürzt, dieser Idiot!“, schimpfte Aki augenscheinlich den Jüngsten von ihnen aus, der jedoch kurz durch die Nase aufgluckste, dann aber nickte.
 

Weil er Recht hatte.
 

Aki schnaubte, wandelte seine Wut in ein Seufzen und kratzte sich am Kopf. „Na, pass auf, sobald er bei dir aufkreuzt oder du irgendwie ein Lebenszeichen vernimmst, sag mir Bescheid, ja?“

„Ja. Aber was ist we-“
 

Aufgelegt.
 

Tief Luft holend klappte der Gitarrist sein Handy also zu, indem er das Gehäuse des Displays an sein Kin drückte und sich das Telefon damit schloss.

Das Augenpaar wanderte währenddessen umher, als suche es eine Lösung, die längst aufgeschrieben an der Wand versteckt hing. Man musste nur genau hinsehen und man würde sie erkennen. Vielleicht war Mao ja gar nicht verschollen, sondern steckte in einem Funkloch. In Tenma hatte man meist schlechten Empfang, wenn er also dort war, dann könnte er einfach nur mit jemanden die Zeit vertrödelt haben, und –

Nein.

Nein, es sah Mao schlichtweg nicht ähnlich, dass er so lange Zeit nicht auf sein Handy sehen sollte. Wenigstens die Uhrzeit müsste ihm doch längst gesagt haben, dass Mizukizeit war! Und weil sie in mancher Hinsicht wirklich verheiratet waren, würde Mao sofort losstürzen, wenn ihm die Uhr diesen Satz vor Augen führte. Da war sich Mizuki einfach sicher, weswegen er nun schnaubend die Arme vor der Brust verschränkte, den Kopf sinken ließ und schließlich Zeigefinger und Daumen fest an sein Nasenbein legte mit geschlossenen Augen.

Mal davon abgesehen dass Mao schon fast zwei Stunden zu spät war, machte sich der Gitarrist schlichtweg Sorgen um den anderen. Es könnte sonst was passiert sein schon wieder, so abwegig war das bei Mao tatsächlich nicht, da hatte Aki mit seiner Wattebällchentheorie schon Recht.
 

Leider.
 

Und auch wenn Mizuki noch sooft versuchte, etwas vom Älteren zu erfahren, blockte dieser ständig ab. Aber es beschäftigte ihn etwas, das sahen nun auch die anderen, die sich ebenso sorgten um Mao. Und sollte dieser doch noch hier aufkreuzen und es ginge ihm gut, würde Mizuki ihn einfach mit in seine kalt gewordenen Ramen schneiden – als Beilage. Und er hoffte so sehr, dass er das tun könnte, und nicht doch noch eine Nachricht von der Polizei oder einem Krankenhaus kam.

Vielleicht ging es ihm auch nicht gut und er hatte sich hingelegt? Dann würde er zu Hause sein und schlafen, was auch okay wäre, denn Ruhe tat Mao sicherlich gut, aber –
 

Die Klingel.
 

Mizuki erstarrte einen Moment, als es an seiner Wohnungstür klingelte und der Blick anschließend auf die Uhr huschte, dann auf sein Handy.

Nichts von Mao drauf.

Geknickt seufzte Mizuki über diese Erkenntnis, schob sich von der Küchenzeile und ließ das Handy in seiner Hosentasche verschwinden, auf dem Weg zur Tür, deren Klingel erneut gedrückt wurde, und der Gitarrist skeptisch das Gesicht verzog.

Wer war denn bitte so penetrant und konnte nicht warten?
 

Mit diesem Gedanken schritt der Großgewachsene auf die Tür zu, legte die Hand auf die Klinke und öffnete diese schließlich, als ihm auch schon die Augen beinahe aus dem Gesicht fielen.
 

„Mizuki! Mizuki, chbin … chbin su spät, chweiß … aber …“, haspelte es ihn hektisch entgegen in gebeugter Haltung, weil der Klingelbube wohl gerannt war – die schwere und hörbar abgemühte Atmung verriet es den Gitarristen, der einfach nur wie angewurzelt dastand und auf den penetranten Klingler sah.
 

Mao.

Gott sei Dank …
 

„Aber … aber ich hab gelsn, dass du absagst“, pfiff er weiter lallend aus dem letzten Loch, was die Brauen des Größeren nun erneut ins Gesicht zog, während er angestrengt den Worten lauschte. „Also … dachdich … ich dachte … dassu absagst, chhab eifach die Nachricht nich gelesn un … und außerdem dachich … chhab … Mizuki es … stu mir leid!“
 

Mao war stockbesoffen.
 

„Zuki! Bitte … bitte sei mir … nich böse … ´ch … stu mir leid … ehrlich ich- … bah, smir schlecht jetz …“

„Man scheiße verflucht, wo bleibst du denn?“, fauchte Mizuki jedoch los und fuchtelte nun auch mit den Armen wie wild umher, nachdem die Schockstarre abklang. „Ich dachte dir ist schon wieder sonst was passiert! Wieso gehst du nicht an dein verfluchtes Handy?! Ist es zu viel verlangt zu sagen, dass man später kommt? Aki hat auch versucht dich zu erreichen! Und was lallst du denn bitte davon dass ich abgesagt habe? Wann denn?“

„Hn? Na … du ha-“

„Und wieso bist du so nass?“, wetterte das Küken gleich dazwischen und ließ Mao dadurch charakterlich auf seine Körpergröße schrumpfen von Wort zu Wort. „Hattest du keinen Schirm? Man! Mao! Betrunken bist du auch, was soll das denn?“, drückte er ihn nun an sich und brachte den Sänger damit urplötzlich zum Heulen und sein eigenes Herz zum schnelleren Schlagen, weil er sich solche Sorgen machte und der andere nun auf diese Weise doch noch bei ihm aufkreuzte.
 

Betrunken!
 

Wieso Herrgott noch mal, war er betrunken?

Was beschäftigte Mao so sehr, dass er sich anscheinend betrinken musste? Was brachte ihn dazu, vor Mizuki loszuheulen, wie ein kleiner Junge? Das war absurd und befremdlich und … tat weh. Besonders dann, als Mizuki ihn von sich weisen wollte, um mit ihn reinzugehen. Mao ließ nicht los, klammerte sich stattdessen nur noch mehr an Mizuki und schüttelte den Kopf, als Zeichen dafür dass er ihn nicht loslassen sollte.
 

Das zerriss den Jüngeren nahezu das Herz.
 

„M-mao ... was ...“

Doch Mao schüttelte erneut den Kopf. Er wollte nicht reden. Nicht jetzt. Und auch sonst würde er ihn niemals sagen können, dass er es war, der ihn dazu trieb. Dass Mizuki es war, der ihn zum Heulen brachte und der ihn in die Arme des Alkohols getrieben hatte. Doch Mizukis Arme waren um einiges besser, wie Mao feststellte. Und er … er war so dumm! Er war so furchtbar dumm, er könnte sich in den Arsch treten! Hätte er die Nachricht doch gleich gelesen, dann wäre er weder besoffen, noch zu spät bei seinem Küken aufgekreuzt.

Er hasste sich so sehr in jenem Moment, denn alles was Mizuki schrieb, war lediglich eine Art Entschuldigung dafür, dass er etwas anderes auf die Speisekarte packte.
 

„Klappt leider nicht mit dem Curry, ich habs eben versaut. =_____= Ich mach Ramen, ist das auch okay? Dafür gibt’s auch mizukischen Nachtisch <3“
 

„Jetzt komm erst mal rein“, hauchte Mizuki sanft von sich, um Mao nicht noch mehr aufzuwühlen. Anhand seines Herzschlages konnte er recht gut erahnen, wie sehr er innerlich bebte und zog ihn somit in die Wohnung. War auch nicht sonderlich schwer, so wie der sich an ihn geschweißt hatte. Mizukis Klamotten wurden selbst schon ganz klamm, was ihn wieder aufmerksamer auf die nasse Kleidung reagieren ließ. „Du solltest heiß duschen gehen und dir trockene Sachen anziehen.“

„Gib‘s noch … gib‘s noch mizukischen … Nachtisch?“, schniefte Mao jedoch von sich, und brachte den Jüngeren zum Schmunzeln. „Natürlich. Ich kann auch die Ramen noch mal warm machen, wenn du magst.“

Mao nickte nur.

„Gut. Aber erst wird geduscht.“

Wieder nickte der Sänger und wischte sich nun die Tränen vom Gesicht, ehe er zu Mizuki aufblickte und ihn entschuldigend anlächelte.

Weil es ihm leid tat.

Das alles.

Er wollte nicht, dass Mizuki sich wieder Sorgen machte, es war doch nur … es war doch nur ein blödes Missverständnis, was sich Mao ganz alleine zurecht gesponnen hatte, weil er so verliebt war.

Und genau in diesem Augenblick, als Mizuki seicht zurücklächelte und ihn über die Arme strich zur Aufmunterung, wusste er auch wieder warum.
 

Mizuki war hübsch und groß. Er war lustig, aber auch genauso ernst, wenn es drauf ankam. Er folgte seinen Zielen sehr gewissenhaft und klemmte sich hinter seine Arbeit. Auch an sich selbst arbeitete er hart, um besser zu werden. Ein jedes Mal besser, als das Mal zuvor. Er war zuvorkommend und wirklich ein verdammt guter Freund. Nicht zu vergessen dass er unbeschreiblich niedlich aussah wenn er schlief und auch seine Schnute, wenn er bockte oder schmollte – und das konnte er verdammt gut – war äußerst süß. Durch ihn wurde Mao bewusst, dass Blümchenhosen durchaus sexy aussehen konnten, wenn sie am richtigen Arsch saßen – und das taten sie beim Jüngsten.
 

Und wie sie das taten …
 

Mizuki war ein reinster Würfelzucker.

Wie sollte man sich da, als schwuler Typ, nicht verlieben?

Vielleicht, wenn man sich einberief, dass der andere, ganz davon abgesehen dass sie Kollegen und damit tabu waren, ein kleiner Weiberheld war? Vielleicht sollte sich Mao einreden dass Mizuki längst mit Naoko zusammen war und-

Nein!

Nein, das konnte er beim besten Willen nicht, als er spürte, wie sich Mizuki abwendete und ihn kurzerhand Richtung Badezimmer schob, und wohl deutete, ihn gleich frische Klamotten zu bringen.
 

Heiß duschen. Ja, das sollte er wohl wirklich, sein Nacken wird’s ihm danken, der erneut einen heftigen Schmerz durch seinen Körper jagte und die Hand wieder fest zu massieren begann, als Mao seufzend einige Zeit zurückdachte, beim Betreten des Badezimmers, wo er auch gleich damit begann sich auszuziehen.
 

Noch vor kurzer Zeit, als Mizuki zu ihm zum Invalidenfrühstück kam, hieß es, sie seien noch nicht zusammen. Zwar fragte der Sänger ihn nicht tausendmal und quetschte ihn diesbezüglich auch nicht aus, aber wenn der Brünette ihm sagte, da sei noch nichts Festes, dann ging er davon aus, dass es auch einige Tage später noch der Fall war. Auch heute Vormittag hatte er ihn erst gefragt, ob es denn Sinn machen würde eine Beziehung mit Naoko einzugehen, also konnten sie einige Stunden später auch nicht zusammen sein.
 

War das dumm?

Natürlich war das dumm, aber was sollte er schon machen, wenn er sich doch eingestand in Mizuki verliebt zu sein, der schöne Augen einer Frau interessanter fand! So war es doch auch normal. Zudem war sie wirklich verdammt hübsch! Da hatte Mao doch überhaupt keine Chance!

Ach, was dachte er da nur wieder?

Eine Chance?

Wie lächerlich! Die würde er auch ohne diese Büstenhalterträgerin niemals haben!

Und gerade, als diese Frau lachend vor seinem inneren Auge auftauchte und der nasse Pulli zu Boden geworfen wurde, wurde ihm Dank des Alkohols und wohl auch hauptsächlich Dank seines schmerzenden Nackens schwindlig, sodass er sich irgendwo Halt suchen wollte und kurzerhand auf die Glastür der Dusche zustürzte. Die Duschstange dahinter schien ihn zu sich zu winken, um ihm ihre Hilfe anzubieten, doch da die Duschkabine noch geschlossen war …
 

„Mao! Mao, pass doch auf! MAO!“
 

Und wieder war es eine verschlossene Tür, die dem Sänger seine vorgehabten Taten verweigerte. Mal davon abgesehen dass es wirklich unheimlich blöd ausgesehen haben muss, hat der Zusammenstoß zu keiner Bewusstlosigkeit geführt, sodass sich der Sänger in Grund und Boden schämte, als Körper und Fliesen aufeinandertrafen und der dumpfe Knall am Hinterkopf dann wenigstens etwas Sternchen und Ameisen vor seine Augen zauberte. Bis sich aus dem ganzen Gezwitscher und Getrampel in seinem Kopf plötzlich das hübsche Gesicht seiner süßen Zahnlücke vor ihm abbildete.
 

„Mh … Zuki ... duhas ... harte Fließfn …“

Völlig neben der Spur war er, was den angesprochenen tief seufzen ließ mit tief ins Gesicht gezogenen Brauen, die sich allerdings im nächsten Moment des Schweigens und sich der Tatsache betrachtend erhoben und losgeprustet wurde.

Harte Fließen hatte er also … es war schon zu süß, als dass er sauer sein könnte, weswegen der Kopf belustigt geschüttelt wurde und sich die Hände nach dem Unfallopfer ausstreckten.

„Du bist einfach unglaublich, Mao ...“ Und mit diesen Worten half er den Trunkenen schließlich wieder auf die Beine, wobei nun auch der Schluckspecht lachen musste, der doch noch so viel Verstand besaß, dass ihm sein Unterbewusstsein mitteilte, dass er sich heftig zum Idioten machte.

Ändern konnte und wollte der Sänger daran aber nichts, ließ sich im Anschluss auch bei der Dusche helfen, weil er schlichtweg zu betrunken dafür war und die Worte „Mein Nackn … stut ech … wehwieder“, es schafften, Mizuki nun Geschichten in seinen Kopf abspielen zu lassen, wie Mao es schaffte, sich unterm Duschstrahl zu ertränken.
 

So ein süßer Vollidiot.

Der bekam nach dem Duschen zu große Blümchenklamotten angezogen und wurde sicher auf der Couch geparkt – zusätzlich wie eine Roulade in einer Decke eingewickelt, während die Ramen nochmals aufgewärmt wurden und der Nachtisch – Eis mit Himbeersoße, was Mao so sehr liebte - als Vorspeise diente, die reingewurzelt wurde, als habe der Sänger Wochenlang nichts zu beißen bekommen.

„Hassu davon no mehr?“, wollte Mao wissen, noch gar nicht aufgegessen und schon den nächsten Löffel zwischen die Kiemen geschoben, was Mizuki kurz auflachen ließ.

„Ma-chan, du kannst dir ruhig Zeit lassen, ich hab sogar noch viel zu viel da. Kannst essen bis du platzt“, schmunzelte der Gitarrist, der keinen Hunger auf den ursprünglichen Nachtisch hatte. Und eigentlich war ihm auch nicht zum Lachen zumute, denn die Tatsache dass Mao sich betrunken hatte machte ihn traurig. „Warum … redest du nicht mit mir?“, versuchten ruhige Worte nachzuforschen was los war, weswegen der Ältere kurz aufhörte zu schaufeln und stattdessen schluckte. „Ist es so schlimm, dass du mir das nicht sagen kannst? Meinst du ich bin zu Jung dafür, oder sowas? Oder … ist etwas zu Hause passiert?“

Mao schüttelte zögerlich den Kopf, senkte ihn samt Eisschale in den Händen. „Nein“, meinte er leise. „Alles oke su Hause … glaub ich …“

Er hatte schon länger nicht angerufen, wie ihm auffiel. Aber wenn etwas nicht in Ordnung sein sollte, würde man ihm wohl Bescheid geben. Seine Mama sollte er dennoch mal anrufen. Am besten gleich Morgen, auch wenn sie schimpfen wird, dass er sich wieder so lange nicht meldete.
 

„Hör mal Mao, wenn du dich das nächste Mal schlecht fühlst dann … na ja, komm doch lieber zu mir und weine von mir aus, oder geh zu Tsurugi, Kei oder Aki, aber … betrink dich nicht, okay?“

Wieder hielt Mao nur inne, holte tief Luft und nickte seicht. Wieder griff er sich dabei in den Nacken, um diesen leicht zu massieren, jedoch passierte dies recht halbherzig und unbewusst.
 

Wenn Mizuki nur wüsste.
 

Der bemerkte natürlich dass Maos Nacken schmerzte, rutschte näher an ihn heran, nahm ihm die Schüssel ab, um sie auf den Tisch zu stellen und blickte anschließend in zwei trunkene Glitzeraugen, die fragten, was er vorhatte und nahezu empört darüber waren, dass man ihm sein Lieblingseis wegnahm!

Doch Mizuki schmunzelte nur, drückte den Sänger einen Kuss auf die Stirn und lehnte sich dabei so sehr gegen ihn, dass Mao gezwungen war sich hinzulegen und den anderen mit erschrocken großen Augen ansah. Sein Herz klopfte wie verrückt.

Wie oft hatte er diese Szene in seinem Kopf, wo Mizuki sich über ihn beugt und-

„Umdrehen.“

„!“ WAS?

Ein freches Schmunzeln bekam er entgegengeworfen, dann setzte Mizuki seine Aufforderung selbst in die Tat um, drehte Mao auf den Bauch und setzte sich kurzerhand auf dessen Hintern.

„Du bist bestimmt Knochenhart“, zog der Gitarrist wissend die Decke bis über die Schulterblätter nach unten, und auch der Pulli wurde am Kragen nach unten gezogen soweit es ging, damit Maos Nacken frei lag, der unter seinem Küken lag und begann zu glühen. Das Herz schlug immer kräftiger und polterte heftig gegen die Brust, als seine Ohren die Worte aufnahmen und dadurch hitzig rot anliefen – glaubte er zumindest, bis er schnallte, wovon Mizuki eigentlich sprach.
 

Eine Nackenmassage.

Als würde er ihn urplötzlich hier auf der Couch in diesem Zustand-
 

„Ahh! Ah, aua, aua, auaaa!“, jammerte der Ältere auch sofort los, als sich die grazilen Finger an die verhärteten Muskeln legten und ganz leicht begannen zu massieren.

„Siehst du … kein Wunder“, meinte Mizuki wissend und legte die Hände flach auf die weiche Haut um den Nacken entlang bis zum Haaransatz nach oben und wieder nach unten zu streichen, um zunächst genügend Wärme auszustrahlen für die geschändeten Muskeln. Spürbar verhärtet war alles, und weil sich der andere einfach keine Ruhe gönnte, kurierte sich der Nacken seit seinem Unfall nie richtig aus.

„Weißt du Mao, manchmal bin ich davon überzeugt dass eigentlich ICH der Ältere von uns beiden bin. Unsere Körper sind nur vertauscht worden durch einen Meteoriteneinschlag oder sowas in der Art.“

„Mh … aaach.“ Er sollte nicht so einen Blödsinn reden, während Mao hier unter ihm lag, die Augen langsam zufielen wegen des Wohlgefallens und diese Berührungen genoss, welche ihm sein heimliches Herzblatt schenkte.

„Doch“, behauptete Mizuki felsenfest. „Ich bin völlig davon überzeugt.“

„Duspinns …“

„Und du bist betrunken.“

„Oh hija … aber s schön … ´chmein … wassu machs …“, wurde genuschelt.

„Gut, dann gibt’s eben eine mizukische Massage nach dem Essen“, beugte sich der Gitarrist nach unten und hauchte einen Kuss in Maos Nacken, der ihn die Lider schlagartig öffnete und eine eiskalte Gänsehaut über den Rücken wandern ließ.

Wenn er doch nur nicht solch einen Hunger hätte, dann würde er liegen bleiben und Mizuki sagen, dass er jetzt weitermachen sollte, aber … Mizuki als Nachtisch?

„Okay … aber … aber Zuki?“, wandte er den Blick nun suchend zu Mizuki, der sich noch etwas nach vorn beugte, um Mao ansehen zu können. „Kann‘ch … kann ich bei dir schlafn?“
 

Die Brauen des Jüngeren zogen sich erneut ins Gesicht, ehe sie sich erhoben und die Lippen zu lächeln begannen. „Du musst sogar bei mir schlafen. Ab 0,1 Promille ist es Gesetz, dass ein Sänger bei seinem jüngsten Gitarristen schläft“, nickte das Küken nun schmunzelnd, der prompt von Mao die flache Hand ins Gesicht gedrückt bekam, nachdem sich umständlich etwas zur Seite gedreht wurde.
 

Mizuki war so unbeschreiblich toll.
 

***
 

Liebes Tagebuch,
 

Heute bien ich estrem extrem mühde.

Zuki <3 <3 <3 <3 ´s soooo hüpsch … willl nich dasIer

Also Mizuki mein ich o.o

Will nich das er mit der Tusie (Tussie Tusih Tussi?????) geht.
 

Bin betrunken Liebe seinä Hende

Ich bin sau doof!!! Nich wegen Allkohohl

IMMER
 

Mizuki <3
 

Muss dringd unschwul werden!

Wie wird man unschwul?
 

***
 

Nachdem zu später Stunde gegessen wurde und noch ein weiteres Eis herhalten musste, ließ sich Mao nur allzu gerne von der bekannten Bett- und auch Alkoholschwere in das Polster ziehen, wo er eigentlich darauf wartete, dass die wunderschönen Hände ihre Arbeit wieder aufnahmen. Doch zunächst räumte der Gitarrist den Tisch ab und nahm anschließend einen Anruf entgegen, woraufhin er sich mehr oder weniger in die Küche verkrümelte und Mao darüber nur ungeduldig aufseufzte. Er hoffte sehr, dass dieses Telefonat nicht lange dauerte, drehte sich währenddessen schon mal auf den Bauch, schob sich ein Kissen unter den Kopf und versuchte krampfhaft seine schweren Lider offen zu halten, als ein: „Ich freue mich auch, wenn du zurück bist“ dafür sorgte, dass die Augen weit geöffnet wurden und das glasige Augenpaar die Kante des Wohnzimmertisches anstarrte.
 

Naoko!
 

Ein heftiger Stich in der Brust folgte, dann schlug das Herz viel zu schnell und viel zu hart gegen diese, machte das Gemüt unruhig und verbreitete Panik und auch das Gefühl gleich loszuheulen.

Mizuki telefonierte mit Naoko und wahrscheinlich teilte sie ihm mit, dass sie ihn vermisste - und Mizuki schien sie auch zu vermissen, umsonst freute man sich doch nicht auf einen anderen!

Waren sie etwa doch schon zusammen und Mao hatte davon nichts mitbekommen? Vielleicht wollten sie die anderen auch noch im Dunklen tappen lassen? Wollte Mizuki es ihm sagen? Und wenn ja, wie wollte er es ihm sagen? Einfach so? Nebenbei erwähnen oder …
 

Mao schluckte hart, presste die Lippen aufeinander und wollte einfach aufstehen und gehen. Wenn diese Trägheit ihn nur nicht an das Sofa genagelt hätte - schien sein Körper doch nicht seiner Meinung zu sein und bewegte sich deswegen auch keinen Zentimeter, als sich im Gedankenstrudel über Naoko, kleine Mizuki-Kinder und Mizuki als Bräutigam, die Lider unbemerkt wieder schlossen und tausende Filme liefen. Filme, die ihm zeigten, wie es werden würde, wären Naoko und Mizuki ein Paar. Bald brachten sie das erste Kind zur Welt, heirateten und dann würde Mizuki die Band verlassen. Er würde Mao auslachen, weil er immer noch Single war und ihm nachlief wie ein Trottel, weil Mao ihm vor der Hochzeit endlich gestand in ihn verliebt zu sein. Aki war furchtbar sauer deswegen, denn allein wegen Maos unreifen Verhalten ging die Band zu Bruch und am Ende saß der Sänger wieder auf seiner Mauer, trank Bier und rauchte eine nach der anderen. Er würde wieder kein Geld mehr haben, keine Zukunft und niemand würde zu ihm kommen, um ihn abends zuzudecken.
 

So, wie es Mizuki tat, als er bemerkte, dass der Ältere wohl eingeschlafen war, während er mit seiner Mutter telefonierte, die zur Zeit in Amerika war. Sie pflegten ein sehr gutes Verhältnis zueinander.

Ebenso, wie sie beide auch, als der Gitarrist die Decke über Mao legte und dessen Hand plötzlich nach ihm griff, um ihn festzuhalten.
 

„Geh nich …“, bat Mao murmelnd und gar traurig, während Mizuki auf ihn hinabsah und sich wunderte, dass der andere wohl doch noch wach war.

Irgendwie.

„Ich gehe nicht“, beruhigte er ihn schließlich sanft, strich ein paar Haarsträhnen hinter das Ohr und stieg letzten Endes über Mao hinweg, um sich hinter ihn, mit dem Rücken an die Sofalehne liegend, niederzulassen. Dabei zog er die zweite Couchdecke zu sich, die zum Glück unweit von ihnen über der Lehne hing, und schmiegte sich schließlich an seinen Suffkopf der zufrieden über die Situation aufseufzte. Etwas, was sehr normal zwischen ihnen geworden war nach all der Zeit – ohne dass sie es selbst für Voll nahmen.
 

Genauso nahm Mao die Berührungen nicht mehr voll wahr die man ihm schenkte - aber hatte man ihm doch eine Nackenmassage versprochen und die bekam er dann auch.

„Schlaf gut Mao Schatz“, flüsterte Mizuki gegen dessen Nacken und brachte Mao erneut sehr tief zum Seufzen. Unbewusst ließ es ihn gut fühlen und lullte den Sänger damit immer mehr ein, bis er schon nach kurzer Zeit zufrieden einschlief. Zufrieden darüber, dass sein Küken bei ihm war und nicht bei ihr. Dass er für ihn da war und nicht für sie. Dass er ihn berührte und nicht … sie.
 

Nur ihn – niemals Naoko.

Nie …
 

Auch wenn Mizuki kaum an etwas Anderes dachte derzeit, so war es Mao, der ihm seine Sinne in jenen Stunden raubte.
 

Weil er endlich wissen wollte, was mit ihm los war.

Weil er endlich wissen wollte, warum er sich betrunken hatte und wie er darauf kam, dass Mizuki ihm absagte. Das stand doch in keiner Weise irgendwo geschrieben, und sollte das mit Mao so weitergehen dann ... dann wusste Mizuki auch nicht mehr weiter, obwohl er doch für ihn da sein wollte. Ihn helfen wollte, ihn gar selbst brauchte!

Als Freund.

Als sehr viel mehr, als nur einen Freund.

Mao war nicht einfach nur irgendjemand, er war das Wichtigste überhaupt an Mizukis Seite geworden. So unglaublich wichtig, dass er selbst bei den Dates mit Naoko über Mao sprach.
 

Wieso nur sprach er wiederum nicht mit ihm?
 

"Ach Mao ..."

Der Jüngere konnte über all den Trubel in seinem Kopf nur seufzen und Trübsal blasen, während er dabei zusah, wie seine Finger mit dem dunkelbraunen Haar spielten, welche im Nacken hingen und eigentlich nur beiseitegeschoben werden sollten. Doch jetzt spielte er verträumt mit den Strähnchen, weil er sich zu große Sorgen machte. Auch darüber, wenn es mit Maos Nacken nicht besser wurde. Sie hatten am kommenden Wochenende ein Live. Wenn sich Mao bis dahin nicht die nötige Ruhe gönnte, dann würde es doch ein reinstes Desaster werden! Mal davon abgesehen konnte sich auch der Sänger selbst auf Dauer schädigen und das wollte Mizuki nicht.
 

Er wollte, dass Mao glücklich war.

Er wollte, dass es Mao gut ging - so wie jetzt in jenem Augenblick, als dieser tief Luft holte und in die fluffige Traumwelt eintauchte, die voller bunter Ponys war. Bunte Ponys, viel Eis mit Himbeersoße und ganz viel Blümchenhosen. Blümchenhosen an sexy Hinterteilen. Sexy Hinterteilen auf Plakatwänden in der ganzen Stadt verteilt, die Mao begann abzureißen und einzupacken - es war sein beblümter Mizuki Hintern!
 

„Zuki …“
 

-----------------------------------------
 

Next?

Liebeskummer

21.04.2014
 

Sadie

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
 

[Kapitel_4]
 


 

Strahlend blauer Himmel und schönster warmer Sonnenschein lockten die Menschen nach draußen. Nach draußen an die Badeseen, nach draußen auf die Märkte und in die großen begrünten Parkanlagen Osakas. Kinder lachten und tollten herum, Schmetterlinge flatterten unbekümmert über die bunten Blumen hinweg und Radfahrer breiteten ihre mit eingepackte Decke auf der Wiese aus, um eine Rast einzulegen. Nahe des Großstadttumults herrschte Dank des schönen Wetters Heiterkeit und Frohsinn, welche durch die schweren und schnellen Schritte eines jungen Mannes fast schon zerstört wurden.
 

„Hey!“, rief eine junge Mutter hinter dem jungen Mann her, welcher die Tochter, die gerade erst seit wenigen Tagen laufen konnte, beinahe über den Haufen rannte. „Passen sie doch auf!“
 

„Entschuldigung!“
 

Es war Mao, der hastig und in Eile durch die Parkanlage stolperte, nicht darauf achtend ob er den Weg nutzte, oder über Stock und Stein sprang, um schnellstmöglich die Grünanlage zu durchqueren, als er beinahe eine ältere Dame mit Rollator umrannte - im letzten Moment jedoch auswich und stattdessen in eine junge Frau hineinrannte, die sich gerade mit Yogaübungen aufwärmte und schließlich mit ihr zu Boden fiel.

Die Hand dabei auf der Brust der Brünetten liegend, ja fast schon festhaltend aus Reflex, traf Maos Blick auf den der wohl gleichaltrigen Frau, welche das Ganze mit einer sehr kräftigen Ohrfeige dementierte, während die ältere Dame ihren Zeigefinger hob und zu schimpfen begann.
 

„Sie Flegel! Haben sie denn gar keine Augen im Kopf? Das ist ja eine Unverschämtheit ist das ja!“, wetterte die Alte mit drohendem Finger von sich, während sich der Sänger nach der eingesteckten Ohrfeige einfach aufrichtete, hastig entschuldigte und schließlich das Weite suchte. Es blieb keine Zeit dafür der Frau auf die Beine zu helfen oder sich gar zu entschuldigen. Er musste unbedingt noch rechtzeitig ankommen, weswegen wenige Momente später rote Ampeln überrannt und gar die Schranken der ein oder anderen Bahnstation missachtet wurden.

Seine Ausdauer und seine Sprungkraft waren an jenem Tag top in Form, wofür er sehr dankbar war. Doch hielt sich die Freude und das Glück über die eigene Kondition in Grenzen, als er völlig außer Atem vor der Kirche stehen blieb, die sich plötzlich wie aus dem Nichts vor ihm auftürmte.

In der Einfahrt geschmückt mit Blumen und Luftballons, ebenso die Autos der Gäste und Familien waren feierlich hergerichtet, sowie eine edle Limousine, die inmitten des Hofes stand.
 

War es zu spät?
 

Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts und plötzlich befand sich der Sänger im hinteren Teil der Kirche. Vor ihm auf den Bänken all die geladenen Gäste - darunter auch Aki, Kei und Tsurugi, im feinsten Fummel.
 

Der Blick wanderte an sich selbst herunter. Eine zerrissene Jeans - besudelt mit Sojasoße und irgendeiner Dipsoße für die Chips, sowie ein zu groß geratener und längst waschmaschinentauglicher Pullover von Adidas. Alte Turnschuhe, die Haare nicht gemacht und ein frischer Grasfleck vom Sturz gerade eben schlossen Maos Erscheinungsbild immer mehr vom Rest der Gesellschaft aus, als der Blick beim Erhören der Pfarrerstimme wieder nach vorn schnellte.
 

Längst schon stand Naoko im Brautkleid neben Mizuki vor dem Pfarrer, ganz so, wie man es aus amerikanischen Filmen kannte. Die Braut, ganz in weiß, mit wunderschöner Haarpracht und tollem Make Up, hielt beide Hände des Bräutigams, der schöner nicht hätte aussehen können. Schlips und Kragen vom Feinsten, ein weißes Hemd unter dem schwarzen Anzug und das Haar ganz fein, aber dennoch etwas gewellt bis auf die Schultern hinabhängend, blickte Mizuki verliebt und aufgeregt in die Augen seines Gegenübers. Auch der Sänger war aufgeregt, glaubte in jenem Augenblick sogar zu ersticken, weil sich plötzlich ein unglaublicher Druck in der Brust ausbreitete, und den gesamten Körper lähmte.
 

Mizuki.

Mizuki, er würde-
 

„Nun möchte ich die hier anwesende Miss Nagano Naoko fragen. Möchten Sie den hier anwesenden …“
 

Nein!

Maos Augen weiteten sich, sahen sich um, ob nicht jemand anderes der Gäste auch so dachte wie er. Dass das nicht ging, dass Mizuki das nicht durfte und dass die beiden einfach abartig, abartig schön zusammen aussahen! Dass sie zusammenpassten, dass sie ein tolles Paar abgaben und dass-
 

„Ja, ich will.“

Es waren die Worte Mizukis, die Mao nun den Boden unter den Füßen wegzerrten. Der Mund stand weit offen, die Augen ebenso, der Kopf schüttelte sich unverstanden über die Situation und das Gesagte, während der Sänger versuchte Luft zu holen. Luft zu holen, um Mizuki zu fragen warum er das tat! Warum er ihm das antat! Doch kein Ton kam über die bebenden Lippen.

Warum sagte denn keiner etwas, warum ließen alle Anwesenden diese Sache durchgehen? Kannte Mizuki Naoko schon lange genug, um tatsächlich zu heiraten? War Naokos Vater damit einverstanden?

Mizuki war doch absolut nicht Ehemännlich!

Nein verdammt, das war er nicht!

Er war sein Gitarrist!

Er war Maos bessere Hälfte!

Er-
 

„Sollte es jemanden der hier Anwesenden geben, der gegen diese Eheschließung ist, so möge er jetzt sprechen, oder für imm-“
 

„ICH!“, hallte Maos Stimme durch den Saal, sodass sich alle Blicke auf ihn richteten und das Herz bis zum Halse schlug. Auch Mizukis verwirrter Blick ruhte auf ihn, schien aber nicht wirklich überrascht über den plötzlichen Ausruf. Eher war der Gesichtsausdruck entnervt und das Augenrollen verriet, dass er fast schon damit gerechnet hatte, als er dem Priester etwas zusprach.
 

„Mizuki! Mizuki tu‘s nicht, bitte, ich-“

Die Worte brachen, als zwei Hände nach ihm griffen, um ihn nach draußen zu bringen, da er kein geladener Gast war und demnach auch nichts zu melden hatte. Sein Einwand verpuffte wie ein geplatzter Luftballon. Man wusste dass er da war, war aber nicht traurig darüber, dass er im Müll landete.
 

„Mizuki! Mizuki, nein! Mizuki!“ Panisch streckte sich die Hand nach den Gitarristen aus, der nur hämisch über Maos Verhalten lachen konnte. Auch Naoko amüsierte sich köstlich, sodass der Rest des Saals spöttisch anfing zu lachen. Sie bäumten sich über den Sänger auf, machten sich über ihn lustig, während dieser versuchte aus den Griff der beiden Männer zu entkommen. Voller Panik und Verzweiflung zog und zerrte er an allem was er zu packen bekam, gewann dann jedoch immer mehr Abstand zu Mizuki und Naoko, die ihre Liebe und Ehe nun mit einem Kuss besiegeln sollten.
 

„NEIN! NEIN, MIZUKI! MIZUKI NEIN! TUS NICHT! MIZUKI TUS NICHT!“
 

Spott.

Verzweiflung.

Erniedrigung.
 

Man lachte Mao aus.
 

Auch Mizuki lachte Mao aus, der nichts auf dessen Worte gab und der wunderschönen Braut einen innigen Kuss stahl. Ein Meer voller Kirschblüten wurde freigelassen und setzte das Bild richtig in Szene, während man Mao in die dunkelste Ecke verbannte, von wo aus er dabei zusehen musste, wie er einen Großteils seines Lebens verlor.

Wie er Mizuki verlor.

Den Mann, den er liebte.

So sehr, dass er glaubte nun mit dessen Lebenswandel langsam zugrunde zugehen.
 

. . .
 

„-o. Mao.“

„Mizuki … Mizuki, nein …“

„Mao, jetzt wach endlich auf. Mao!“, tätschelte Aki die Wangen des Sängers, welche vor Aufregung ganz hitzig waren und den Eindruck vermittelten, der Sänger hätte Fieber. Doch die Stirn gab Entwarnung, als die flache Hand des Bassisten darauf Platz fand, der daraufhin erneut versuchte den jämmerlich Schlafenden zu wecken, indem er ihn etwas fester am Oberkörper rüttelte.

„MAO!“ Kräftig war die Stimme und holte den Kleineren nun ebenso kräftig schockiert aus dessen Schönheitsschlaf, wobei sich der Körper binnen Sekunden anspannte und er plötzlich in der Senkrechten saß mit bebender Brust.

„WAS? Was, was, was, was …“, puffte es aus der Kehle, die klägliche Erstickungslaute von sich stieß und Aki dazu verleitete gedanklich den Notarzt zu rufen.

„Hey, ganz ruhig, ganz ruhig“, hob er die Hände flach an, um sie langsam wieder zu senken, dass Mao sich beruhigte, der augenscheinlich den Schock seines Lebens erlitt. „Ruhig, ich wusste ja nicht dass du dich so ins Hemd zitterst.“

„W-was?“ Große erschrockene Kulleraugen blickten zu Aki auf, welcher sich nun neben dem Sänger platzierte und mit der Faust gegen dessen Schulter stieß. „Ey, ich wollte dir jetzt keinen Herzinfarkt schenken“, gluckste er doch recht belustigt auf, ehe er sich räusperte und einen Blick auf die Uhr an der Wand warf. „Ich dachte nur ich hol dich lieber mal aus deiner Traumwelt, bevor‘s peinlich wird.“

„Was?“

Mao stand vollkommen neben sich, weswegen der Bassist nun mit den Augen rollte und den Kopf schüttelte. „Alter … werd` wach“, brummte dieser und wuschelte durch Maos Haar, der sich panisch seiner Umgebung bewusst werden musste.
 

Wo war Mizuki?

In den Flitterwochen?

Mussten sie ohne ihn weitermachen?

Waren die beiden schon weggefahren?

Aber wo waren die ganzen Menschen hin? Und Akis Anzug! Aki hatte seinen Anzug schon ausgezogen?
 

Zittrig sah sich der Sänger um, stellte fest dass er sich auf der Couch im Proberaum befand und wurde sich darüber im Klaren, dass Aki ihn eben geweckt hatte. Dies wiederum ließ darauf schließen, dass er hier eingeschlafen sein musste und-
 

„Ahhhh!“, ertönte plötzlich Keis in Lautwiedergabe gefasste Entdeckung, der so eben durch die Tür trat. „Aki, hier bist du. Ich hab noch mal nachgedacht, wegen der Tonspur und hab voll die gute Idee, und bevor du wieder nein sagst, hör`s dir wenigst-“

„Nein.“

„Aki!“ Kei war empört und nörgelte zugleich. „Jetzt komm schon, ich hab’s sogar so gemacht wie du gesagt hast.“

„…“ Das Augenpaar des Bassisten richtete sich nun interessiert zum Drummer, der seine Chance witterte sich endlich zu erklären, als Mizuki schon durch die Tür trat und den kompletten Wind aus den Segeln des Älteren nahm – wie so oft.

„Jaaa!“, nickte der Großgewachsene ironisch auf. „Den Anfang hat er so gemacht, wie du‘s gesagt hast, aber den Rest hat er dann wieder komplett umgeschrieben, um dir zu zeigen, wie cool das ist.“

„OAH, MIZUKI! Du bist ein absoluter Mistkerl, weißt du das?!“

„Er ist ehrlich“, gab Aki schulterhebend zu verstehen, welcher Kei die Zettel aus der Hand nahm und Mao von alle dem schon wieder so überfordert war, dass er gerade nur eines feststellte:
 

Mizuki!
 

Er blinzelte, beobachtete aus schlaftrunkenen Augen den Gitarristen, wie er den Drummer aufzog und ihn nach seinem Trinkpäckchen hüpfen ließ, was Dank Mizuki einige Zentimeter über dessen Kopf umherschwirrte und stellte fest, dass der weder verheiratet war, noch mit Naoko auf irgendwelchen Liebesinseln herumgondelte, um kleine Mizukis zu machen.
 

Kleine Mizukis … wie die wohl aussahen?

Große Schmolllippe und bunte Blümchenwindeln?

Eine Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen und genauso frech, wie der Große hier?
 

Bezaubernd.
 

„Halloho!“, wedelte Aki vor Maos Gesicht herum, der nur noch kleine Mizukis herumhüpfen sah und die Vorstellung ganz herzallerliebst fand, nun aber das Augenmerk auf Keis Änderungen warf. „Kannst du das so singen in der Tonlage? Eigentlich find ich‘s nicht mal so scheiße was er da gemacht hat“, gab Aki zu und brachte Mao zum Nicken, der die Änderungen beim Überfliegen ebenso nicht schlecht fand, hob dann jedoch die Schultern. „Muss ich probieren.“

„Was denn?“, warf sich Mizuki dann auch schon im selbigen Moment neben Mao auf die Couch und legte einen Arm um diesen, während sich der Körper nach vorn beugte um neugierig zu erspähen, worum es ging. Doch war es nichts Neues, wie er schnell feststellte, und nur mit einem Seufzen nickte. „Achsoooo“, gähnte sich das Wort über die Lippen, als der Arm den Körper des Sängers mit sich zog, nachdem sich der Gitarrist nach hinten lehnte und ganz unverblümt mit den Fingerkuppen über die Brust des Schwarzhaarigen wanderte.

Ungewöhnlich war die Situation nicht und keiner schenkte dem aus diesem Grund weitere Beachtung.

Keiner bis auf Mao.

Dem war die Sache keineswegs unangenehm, doch brannte die plötzlich aufkeimende Frage in ihm, ob seine süße Zahnlücke das auch bei dieser bescheuerten Theatertante tat.

Zog er sie an sich und hielt sie fest?

Schenkte ihr genau solche Berührungen?

Hatten die beiden längst diese Ebene erreicht, wo er bereits mit Mao war?

Oder waren die gar schon viel weiter?
 

Oh, ihre funkelnden Augen sollte man ihr auskratzen!
 

„Findest du‘s denn ok?“, wollte Mao nun von Mizuki wissen, meinte zwar die Änderungen von Kei, doch schwirrte auch nach wie vor der Gedanke in ihm umher, wie man Naoko die Augen mit einer Gabel aus den Augenhöhlen scharrte.
 

Makaber.

Eifersüchtig.
 

Mao war eifersüchtig und er spürte es mit jedem verdammten Tag mehr!
 

„Ja“, nickte der Gitarrist und drückte Mao noch etwas mehr an sich, weiterhin die Fingerkuppen über die Brust wandernd und taktisch beginnend darauf zu klopfen.

Das tat er neuerdings oft und war neu.

Ob das an den Hormonen lag?

War es der Naoko-Rhythmus? Wenn ja, dann sollte Mizuki das bitte lassen, auch wenn Mao jede Berührung von seinem Gitarristen genoss, ebenso jede Minute, die er bei ihm war und seine Beachtung geschenkt bekam. „Ich mein, das ist mal was Neues, wir sollten das heute gleich noch austesten.“

Mao nickte im Strudel seiner Welten und reflektierte diesen Vorschlag einfach auf die Flamme seines Kükens, der dann wiederum damit einverstanden wäre, würde man Naokos Augäpfel im Ozean versenken.
 

Natürlich würde Mao so etwas niemals tun, aber er brodelte vor Eifersucht und nahezu Verzweiflung, gar auch so etwas wie Angst. Angst vor dem Tag, wenn Mizuki ihm sagte, dass sie beide nun ein Paar waren. Wie sollte der Sänger damit umgehen? Konnte sich der andere nicht einfach wieder etwas für eine Nacht suchen? Damit konnte Mao wesentlich besser umgehen, denn diese Bespaßung dauerte gerade mal einige Stunden, wenn‘s gut lief, und keine Monate, vielleicht sogar Jahre!
 

Mao war ein furchtbar schlechter Mensch.

Er fühlte sich scheußlich, weil er sich nicht einfach freute und seinem Küken kein Glück bei der Sache wünschte – im Gegenteil. Mao hoffte dass die ganze Sache gegen die Wand lief.

War das fair?

War das etwas, was ein Freund sich wünschte? Ein Freund, ein erwachsener Mann?

Zwölfjährige sollten solche Gedanken gewährleistet sein, da sie noch nicht wussten wie man mit Emotionen und ragen Gefühlen umgehen konnte - doch bei einem Erwachsenen? Es sollte verboten werden als Erwachsener Mensch überhaupt solche Gedanken zu haben. Sogleich müsste eine höhere Staatsgewalt kommen und ihn so dermaßen die Fresse polieren, dass er sich beim nächsten Mal gar nicht getraute auch nur im Entferntesten solche Gedanken zu haben.
 

Eigentlich eine nette Idee, wie Mao fand, dann aber schwer seufzte und den Kopf an Mizukis Schulter bettete, dessen Kinn keine zwei Sekunden später auf dem Schopf lag, um anschließend einen Kuss darauf zu hauchen.

Deutlich spürte er, dass sein Sänger nach wie vor mit einer Sache beschäftigt war, worüber er ihn noch nicht in Kenntnis setzte und setzte ganz in Gedanken darüber einen viel längeren Kuss auf dessen weichen Schopf.
 

Was war denn nur los mit Mao?

Was beschäftigte ihn so sehr, dass er Mizuki zum Lügen verleitete vor lauter Dummheit?

Er log Aki an und sagte, dass Mao sich verquasselt hatte Vorgestern, als man nach ihm suchte und er sich auf der Mauer die Kante gab. Dabei bat der Sänger nicht einmal darum dass man für ihn log. Und trotzdem tat Mizuki es.
 

Um Ärger aus dem Weg zu gehen?

Gerede zu ersparen?

Was auch immer es war, Mao war dem Jüngsten sehr dankbar dafür.
 

„Ach neiiiin“, dehnte Tsurugis Stimme einen entzückten Laut durch den Raum, nachdem er diesen betrat. „Jetzt hab ich schon wieder die Patronen für den Drucker vergessen!“

„Mh“, brummte stattdessen Aki und warf einen weniger entzückten Blick auf den Gitarristen. „Hab ich‘s hier eigentlich nur mit Idioten zu tun? Der eine pennt die ganze Zeit, der andere macht mit den Texten was er will, der nächste zieht sowieso alles ins Lächerliche und wenn dir der Kopf nicht angewachsen wäre, müsste ich ihn dir wahrscheinlich unter den Arm binden!“

Aki war genervt.

Tsurugi jedoch nach wie vor entzückt, weswegen dieser nur darüber aufgluckste, auf den Bassisten zuschritt und sich gar getraute diesen über den Kopf zu streicheln. „Och, och, Aki mein süßer kleiner Schatz, denk an den Blutdruck, hm? Wir sind auch keine jungen Hasen mehr, du zartes Blümchen.“

„Sag mal“, sah angesprochener nun skeptisch auf. „Seid ihr alle besoffen heute, oder was ist los?“

„Akiii“, belustigte sich Tsurugi und kraulte den Bassisten unterm Kinn. „Schau nicht so grummelig, das macht Falten.“

„…“ Die waren doch bescheuert alle miteinander!
 

„Zarte Blume“, zitierte Mizuki dann belustigt, als auch seine Leitung den Satz endlich zum Hirn durchstellte und den Gitarristen zum Lachen brachte, was wiederum auch Keis Mundwinkel nach oben schob, je öfter Mizuki die beiden Worte wiederholte und sich herzhaft darüber amüsierte.

Nur Mao brachte mal wieder nicht mehr als ein Schmunzeln zustande und ein Schnaufen durch die Nase, auch wenn er seine Band genau aus diesen Gründen so sehr liebte.
 

„Pass auf, bevor du jetzt weiter vor dich hingrummelst“, informierte Tsurugi Aki schulterklopfend und zog dabei aus der Jackentasche die besorgten Patronen hervor, als von Mizuki ein gackerndes „Du zartes Blümchen“ als Ergänzung fiel, und die restlichen Münder zum Schmunzeln verzog. „Ich hab dich verarscht. Hier sind sie. Zweimal Schwarz, zweimal Bunt, und das Restgeld hab ich für ein Eis rausgeschmissen, weil du mich dazu eingeladen hast.“

„Eh?“ Aki fühlte sich wahrlich herzlich verarscht an jenem Tag.

„Ja. Es sagte mit deiner Stimme: ‚Gönn dir was, Tsurugi, gönn dir was, du liebenswerter Freund und Kollege.‘“

„Du hast sie echt nicht mehr alle beisammen heute, kann das sein? Hattest du endlich mal wieder Sex oder was ist los mit dir?“, wollte der Bassist staubtrocken wissen, hob allerdings eine Braue dabei an.
 

Jetzt musste Mao doch auflachen, wurde daraufhin allerdings mit einem bösen Blick seitens seines Bassisten gestraft und verstummte augenblicklich.
 

Diese Jungs waren so unglaublich bescheuert!
 

„Ihr habt alle so ein gestörtes Wesen.“ Aki erhob sich kopfschüttelnd und sah seinen Haufen Chaoten an, den er jedoch keineswegs eintauschen wollen würde, ehe er in die Hände klatschte. „Los jetzt. Du spuckst den Clown aus, sonst erschlag ich dich“, weiserte er Tsurugi an. „Und die Turteltäubchen hören jetzt auch mal auf zu schnurren. Lasst uns das von Kei mal proben, ein Versuch ist es wert.“

„Ohw, wirklich?“ Der konnte es kaum glauben, dass Aki das Ganze nicht gleich wieder in die Tonne trat und sich schlichtweg weigerte das wenigstens einmal zu versuchen.

„Ja“, seufzte Aki aus. „Die zarte Blume hat grad bock drauf sozial zu sein.“

Kaum waren die Worte ausgesprochen, klammerte sich Tsurugi an das Blümchen mit einem breitem Grinsen. „Ist er nicht süüüß?“

„Tsurugi?“

„Ja?“

„Spuck ihn aus!“
 

Den Clown …
 

. . .
 

„Wollen wir noch in die Karaoke Bar gehen?“, fragte die Stimme des älteren Gitarristen an den jüngsten Gitarristen gewandt, welcher unweit von ihm seine Sachen zusammensuchte und die Lippen aufeinandergepresst vorschob ganz in Gedanken, bis sich die Frage im Großhirn entfaltete und leicht verzögert eine Reaktion hervorrief.

„Ah, sehr coole Idee, aber … na ja, Naoko kommt doch heute wieder, und ich habe ihr versprochen sie vom Flughafen abzuholen.“ Die Hand strich durch das helle, brünette Haar, der Kopf nickte einmalig, als müsse die Aussage bestätigt werden und versetzte dem Herz des Sängers einen heftigen Stich, der das Gespräch natürlich, wie alle anderen auch, mitbekam.

„Ohohoo. Verstehe, verstehe, das geht vor! Danke für die Abfuhr“, zwinkerte Tsurugi und auch Kei hob vielsagend die Brauen mehrmals, so nach dem Motto: Na, da geht doch was, da geht doch was.

„Hey!“, beschwerte sich Mizuki einmalig mit einem frechen Schmunzeln. „Aber behalte den Vorschlag im Hinterkopf, ja? Dann gehen wir demnächst wieder hin“, freute sich der Gitarrist, zog den Reißverschluss seiner Tasche zu und gab noch einen Wink in den Raum, sowie ein „Bis Morgen dann!“, ehe er verschwand, ohne auch nur darauf zu warten, ob und was man ihm antwortete.
 

Bei Mao hätte der Gitarrist lange warten können, kam dem Sänger nicht ein einziger Ton über die Lippen. Auch die Hand hob sich nicht, umklammerte stattdessen den dicken Hefter mit einigen Songs und Albumideen noch fester, während das Augenpaar lange Zeit auf die Tür starrte, durch welche der Jüngste verschwunden war.
 

Naoko.
 

Sie war jetzt präsent in Mizukis Welt, in welcher Mao gerade keinen Platz mehr fand. Allein dieses Lächeln auf seinen Lippen, und die Art und Weise wie er gerade nahezu fluchtartig das Gebäude verließ zeigten Mao, wie sehr sich der andere auf diese Frau freute. Wie sehr er sich freute sie endlich wieder zusehen und zeit mit ihr zu verbringen, dass er einige Momente brauchte, um aus seiner Schockstarre zu erwachen, nur um aus dem Fenster zu sehen - in der Hoffnung Mizuki noch einmal zu Gesicht zu bekommen. Doch der war längst ein Stück weit näher an seinem Ziel. Und der Abstand wurde immer geringer und geringer pro Minute, sodass die Kehle hart schluckte und das Herz kräftig und schmerzlich gegen die Brust schlug.
 

Morgen.
 

Mao ging davon aus dass Naoko erst morgen wiederkäme und hatte sich darauf eingestellt, und nun teilte Mizuki ihn binnen Sekunden so ganz beiläufig mit, dass er sie heute schon wiedersah. Und in genau jenem Augenblick war er auf den Weg zu ihr. Bald würden sie sich wiedersehen, in den Armen liegen, sich küssen und …

Nein.

Nein, er durfte nicht daran denken, auch wenn er sich genau diese Gedanken für Morgen längst schon vorbereitet hatte – einfach, um besser damit umzugehen, doch zog sich ein Gefühl von Ironie, Kummer und Verzweiflung durch das Innere des Körpers, welche wiederum dem Bewusstsein sagten, dass das völliger Quatsch war!
 

Er war so dumm!
 

Wie konnte er nur glauben besser damit umgehen zu können wenn all das, was jetzt gleich passieren würde, erst morgen eintraf? War es denn nicht genauso schlimm, egal wann es passierte? Ganz gleich wann immer Mizuki ihn verlassen würde, der Sänger konnte und wollte das einfach nicht akzeptieren und zulassen. Dabei war kein Wunsch größer, als jener, dass es Mizuki gut ginge. Es sollte ihm gut gehen, er sollte glücklich sein, ganz gleich was auch immer dies für Mao bedeutete - und doch konnte er es einfach nicht ertragen. Er konnte es nicht ertragen dass er nicht der Mensch war, den Mizuki neben sich haben wollte sobald er einschlief und sobald er aufwachte. Wollte es nicht wahrhaben, dass er für eine schöne Frau schnell seine Sachen packte, und nicht einfach sagte, dass es unwichtig sei, wer auf ihn wartete, um bei Mao zu bleiben.
 

So verliebt war er.

So verliebt, dass es ihn in den Wahnsinn trieb! In den Wahnsinn, voller Selbstzweifel, Selbstmitleid und Selbstverachtung. Selbstverachtung dafür, dass er einfach nicht glücklich sein konnte. Nicht für sich selbst und nicht für Mizuki, dabei war kein Lächeln so schön, wie jenes, wenn sein Küken so unbekümmert und voller Glück strahlte wie er es eben getan hatte.

Nur galt dieses Lächeln nicht Mao.

Genau dieses Lächeln … es würde niemals Mao gelten. Dabei fand er genau das so unbeschreiblich schön. Es machte die Züge des Gitarristen ganz weich und sanft, sodass der Drang in ihn aufkam, mit den Händen über die Wangen streichen zu wollen, ihn festzuhalten und ihn zu sagen, wie unfassbar hübsch er war.

Ja.

Solche Gedanken und Sehnsüchte keimten in Mao auf, seitdem ihm klar wurde, was mit ihm los war.
 

***
 

„Liebes Tagebuch,
 

Ich hab gehofft, dass ich damit umgehen kann, wenn ich mich darauf einstelle.

Ich kann`s nicht.

Diese Mizukiklauerin kam schon heute zurück! Und er hat sich so gefreut!

Es fühlt sich schrecklich an! Ich könnte heulen!

Ich mein, hallo? ICH könnte heulen! Ich bin ein Mann und 30 Jahre alt, ich kann und

darf wegen so einer Scheiße doch nicht heulen!
 

Ist das normal?
 

Hab ich Liebeskummer?

Muss dringend was dagegen tun!


 

***
 

Nach Hause gehen kam für den jungen Mann nicht in Frage. Kein Auge würde er zumachen, ständig nur daran denken, ob die beiden wohl schon zusammen waren oder nicht und was sie taten, sodass Mao beschloss im Proberaum zu bleiben. Er war ohnehin derjenige der wieder einmal abschließen sollte, doch ehe er das tat, suchte er sich einige Kerzen, plünderte den gemeinsamen Kühlschrank nach etwas Essbarem und zog sich dann schließlich gemütlich mit Stift und Zettel auf die Couch zurück.

Eine gute Gelegenheit um sich an einen neuen Song zu setzen.

Eine Ballade sollte es werden und ohne weiter darüber nachzudenken, setzte die Mine Wort für Wort auf das Papier, strich Fehler durch und korrigierte sie, ehe ganz konzentriert weitergearbeitet wurde.
 

Schmerz und Trauer ließen sich mit Balladen nicht immer gut verarbeiten, doch diesmal machte es mehr Sinn, es in einer Solchen zu verarbeiten, um eventuell sobald wie möglich damit abzuschließen. Es sollte nichts kaputt gehen zwischen Mizuki und Mao, und auch nicht zwischen Mao und der Band. Wenn er sich jetzt nicht darum kümmerte endlich zu lernen damit umzugehen und sich vielleicht sogar zu entlieben, dann könnte das ein großes Durcheinander geben, was am ende der ganzen Band schaden würde. Das durfte nicht passieren.
 

Doch kaum waren einige Zeilen ausgebessert, schnörkelte die Mine des Kugelschreibers alles mit blauer Tinte zu, ehe die Hände den Rest erledigten, das Papier schließlich zerknüllten und wegwarfen.

Wie viele Versuche der Schwarzschopf schon brauchte um endlich einen klaren Kopf zu bekommen wusste er nicht, aber der Blick im Proberaum umherschweifend zeigte auf, dass nahezu längst ein ganzer Block verteilt auf dem Boden liegen musste.
 

Das frustrierte jedoch nur noch mehr, sodass auch das eben neu herangenommene Blatt, welches völlig unbefleckt und unbeschrieben vor ihm lag, sinnfrei mit der Mine des Kugelschreibers zugeschnörkelt wurde, um anschließend im Meer der toten Songtexte zu landen.
 

„Ach, scheiße! Scheiße, scheiße, scheiße!“, fluchte der Sänger von sich, vergrub die Hände verzweifelt im Haar und ließ den Körper zurück ins Polster sinken.
 

Nichts, wirklich gar nichts klappte, weil die ständigen Bilder im Kopf das logische und freie Denken ausschalteten! Immer und immer wieder sah er dabei zu, wie Mizuki die Tanztussi vom Flughafen abholte. Mit einem Lächeln, welches so unbeschreiblich schön war, dass Mao es am liebsten einfrieren wollte.

Noch lieber würde er allerdings die Theatertante einfrieren, sobald sie sich in Mizukis Arme begab, sich an ihn schmiegte und glücklich darüber war ihn wieder bei sich zu haben. Dann würden sie sich verliebt ansehen, genauso vom Platz gehen, um wahrscheinlich gleich zu ihr oder gar zu ihm nach Hause gehen. Oder in ein Hotel? Es war im Grunde egal wohin sie gehen würden, denn sie würden gemeinsam an diesen Ort gehen wo sie ungestört waren. Sich küssten, in den Armen lagen und-
 

„Verdammt, Mao!? Wie sieht‘s denn hier aus?“
 

Akis brummige und zugleich schockierte Stimme hallte durch den Gehörgang des Sängers, der augenblicklich den gesamten Körper vor Schreck herumriss, die Augen weitete und mit der rechten Hand eine Kerze zu Boden warf.

„W-! Aki?!“ Wo kam der denn her zum Teufel?!

„Mao!!“, deutete dieser jedoch hastig auf die herabgefallene Kerze, welche genau zwischen einen angesammelten Berg zerknüllter Ideen landete und nun schnell vom Sänger aufgehoben wurde, der nach einem Kontrollblick auf den Boden, den kräftigen Herzschlag in der Brust bemerkte vor Schreck.
 

„Sag mal, was machst du hier? Ich dachte schon hier tummelt sich gerade sonst welches Gelumpe!“

„Gelumpe?“, wiederholte Mao noch immer erschrocken und schüttelte nun etwas wütend über den Schock des Abends den Kopf. „Könnt` ich dich auch fragen“, nuschelte er beleidigt und stellte die Kerze zurück auf den Tisch.

„Hab Licht gesehen von draußen. Dachte schon du hast nicht zugesperrt“, kam der Bassist nun ganz rein und kickte einige Papierknöllchen beiseite, ehe er sich bückte, um eines davon aufzuheben und zu entfalten.

„Nicht zugesperrt …“, brabbelte Mao noch immer beleidigt über den kräftigen Herzschlag von sich mit erneutem Kopfschütteln, ehe sich das Augenpaar auf die Züge des Bassisten legte im seichten Kerzenschein, um ihn zu mustern. Dieser schritt nur langsam ohne jegliche Mimik auf ihn zu, als nur ein simples „Das ist neu“ nachdenklich über die Lippen des Bassisten huschte, der versuchte unter dem Geschnörkel das eigentlich Geschriebene zu entschlüsseln, als er das Blatt sinken ließ und auf den Sänger sah.

Der jedoch wandte den Blick nun ab, griff nach der Zigarettenschachtel und schob den Hintern seufzend mehr nach hinten ins Polster der Couch.
 

„Willst du reden?“

Mit Aki?!

„Du läufst nicht ganz rund seit einiger Zeit, glaub mal nicht dass uns das entgangen ist.“

Ach so. Wussten es die anderen also auch schon, oder wer war mit ‚uns‘ gemeint?

„Und das was ich hier lese bekommst du nur zustande, wenn dir etwas ziemlich zusetzt.“

Ja. Mochte Aki streng sein und eher kühl wirken, so kannte er seine Pappenheimer und war durchaus ein wirklich guter Freund. Aber mit Aki darüber reden?

Ging gar nicht!

Mao konnte mit niemanden darüber reden! Noch nicht einmal mit Byou, der hatte nämlich selbst gut zu tun – privat und beruflich. Und trotzdem könnte Mao zu jederzeit bei ihm aufkreuzen, dessen war er sich bewusst, aber …

„Stumm geworden?“, ließ sich der Bassist schließlich neben dem ebenfalls Schwarzhaarigen nieder und musterte dessen Züge, als Mao aus den Gedanken gerissen zu ihm sah, den Blick dann jedoch wieder teilnahmslos abwendete.
 

War doch alles einfach nur scheiße!
 

„Was willst du denn hören?“, starrte Mao vor sich her, während die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger vor sich hin qualmte und Aki dazu verleitete, sich nun ebenso eine anzustecken.

„Na ja“, fischte er in der Hosentasche nach der Schachtel um diese herauszuziehen, während das entfaltete Papier auf den Tisch platz fand. „Das Problem hätte ich gerne gewusst, welches dich fernsteuert.“

„Das wüsste ich auch gern.“

Ein skeptischer Seitenblick traf den Sänger, der daraufhin schwer seufzte. „Ich weiß … ich weiß gerade mal wieder nicht was und wer ich bin und wohin ich gehöre“, gab Mao nachdenklich zu verstehen und zog eine Braue von Aki damit in Richtung Haaransatz, während der schwarze Glimmstängel an die Flamme des Feuerzeugs geführt wurde.

„Ich weiß“, sprach Mao dann weiter als wüsste er genau was Aki sagen würde. „Ich gehöre genau hier hin, wo ich bin. Ja, so ist es, aber … ach ...“ Die Hand erhob sich zu einer abweisenden Geste und stellte das Reden damit ein.
 

Zumindest von Maos Seite.
 

„Wieso zerknüllst du das hier alles?“, setzte Aki das Gespräch fort, als sei diese Thematik der Kern des Ganzen.

„Hm?“

„Das ganze Papier. Die armen Bäume, die wegen dir sterben und jetzt hier wegen drei Zeilen zerknüllt auf`m Boden landen. Schäm dich.“

„…“ Sehr witzig. Aki nahm Mao nicht für voll oder was sollte der Scheiß jetzt?

„Weißt du Mao, als es damals darum ging die Band hier am Laufen zu halten warst du voller Tatendrang und Ehrgeiz. Allein wie du Mizuki Wochenlang hinterhergerannt bist, nur um ihn endlich bei uns in der Band zu wissen, und jetzt? Schau dich mal an. Seit Wochen hängst du durch und steckst den Kopf beim kleinsten Scheiß in den Sand, in der Hoffnung der Orkan übersieht dich, der auf dich zukommt. Das geht so nicht Mao. Wenn du morgen das Live vergeigst, zieh ich dir die Ohren lang, bis du drüber fällst. Du hast heute beim Proben schon wieder alles verkehrt gesungen.“

„…“ Ein Seufzen glitt über Maos Lippen, dann nickte er seicht.
 

Ja.
 

Ja, Aki hatte Recht mit allem was er sagte, aber wenn der den eigentlichen Grund dahinter wusste, dann würde er ihn nicht nur die Ohren langziehen - er würde ihn kastrieren!

Wobei …

Vielleicht entschwulte Mao das ja, und die Welt war wieder in Ordnung?

Moment mal! Zog er damit gerade seine eigenen komplett verblödeten Gedanken etwa tatsächlich in Erwägung? Meine Güte, wie verzweifelt war er bitte?
 

„Bei deiner Familie ist aber alles ok?“

„Ja, denk schon.“

Ups, er hatte gar nicht angerufen, obwohl er sich das vornahm. Nun gut, dann würde eben nicht Aki, sondern seine Mutter ihm die Ohren langziehen, also war es gleich was er tat und sagte, den Satz heißer Ohren bekam er ja doch.
 

Unfair.
 

„Gefrustet wegen deinen Nacken?“

„Nein.“

„Hm.“ Dann musste es auf anderen Ebenen zu finden sein. Das Problem. „Aber das wird doch langsam mal besser, oder?“

„Ja.“

„Hm.“ Schön, aber was war dann bitte das Problem?
 

***
 

„Liebes Tagebuch
 

Hab keinen Hunger und kann nicht schlafen.

Muss dauernd daran * was er macht.

Was SIE machen … ich will das nicht, er soll bei mir sein.

Warum kann ich nicht Naoko sein?

Warum fühle ich mich so fremd mir selbst gegenüber?

Die ganze Zeit stehe ich unter Strom, dabei bin ich so müde!

Einfach A L L E S ist so komisch, ich will das nicht mehr!
 

Will die Zeit zurückdrehen …
 

Es soll aufhören!

*denken
 

***
 

„Liebeskummer“, stieß Aki dann recht plausibel hervor, als das Augenpaar in aller Ruhe auf den Text sah, welcher auf den Tisch lag.
 

Von leeren Blicken war die Rede. Von stummen Schmerz, der durch ein seidiges Tuch jemanden entgegenlächelt, um zu zeigen, das alles in Ordnung war, in einer Welt aus Schutt und Asche. Dass man sich bewusst war, dass Vieles wie gedacht und erhofft, niemals sein würde und auch, dass Welten von Emotionen so nahe beieinander und doch wiederum so weit auseinander lagen. Das man sich berühren konnte, ohne auch nur annähernd Nähe zu spüren.
 

Wenn also bei Mao zu Hause alles in Ordnung und auch sonst im Freundeskreis nichts weiter Schlimmes passiert war – und das hätte man wohl mitbekommen – dann konnten solche Zeilen doch nur auf ein trauerndes Herz deuten. Ein Herz, welches um keinen Nachlass trauerte, sondern darum das es keinen Anklang fand. Die Haltung des Sängers und das verwirrte Auftreten wiesen ebenso darauf hin und wenn Aki zurückdachte, erkannte er den Schwarzschopf von vor einigen Jahren wieder, als er diesen älteren Typen wie ein kleines Hündchen hinterhergelaufen ist. Immer wieder warnte Aki Mao davor dass der nur mit ihm spielte, aber er war so blind vor lauter Schmetterlingen, dass er nur kurze Zeit später heftig enttäuscht wurde.

Galt dieser Song vielleicht dem damaligen Erlebten, und nicht dem jetzt und hier? Warum aber erst fast 7 Jahre später? Das ergab kaum Sinn im Kopf des Bassisten, der sich nun etwas zur Seite drehte um Mao anzusehen, der auf dessen Aussage hin nichts sagte, sondern plötzlich wie von der Tarantel gestochen aufstand, um alle Zettel einzusammeln, die kurz und klein gerissen im Papierkorb landeten.
 

Lag Aki also richtig?
 

„Ein Mann oder zur Abwechslung mal eine Frau?“

Für Aki stand fest dass er Recht hatte mit seiner Theorie. Er kannte Mao viel zu gut nach all den Jahren. Und wann bitte saß er allein im Proberaum bei Kerzenschein und textete solche Zeilen?

Saß verträumt auf der Couch?

Schlief ständig ein, weil er wohl nachts nicht schlief?

Wann schlief er nachts nicht? Wenn er Probleme hatte. Probleme die sehr Emotional waren.
 

„Pf, ne Frau!“, tippte sich der Sänger energisch an die Stirn. „Frauen machen doch alles kaputt! Sie schminken sich, machen ihre Haare, kleben noch Wimpern ran und bunte Strähnchen, ziehen kurze Röcke an und- Bah! Ekelhaft! Frauen sind ekelhaft! Nicht zu vergessen die operierten Brüste, wo du teilweise Angst haben musst dass sie dir gleich ins Gesicht fallen – worauf ihr ja alle so abfahrt! Das ist ekelhaft! EKEL.HAFT!“, echauffierten sich die Worte genauso energisch mit reichlich Widerwillen durch den Proberaum, während sich der Körper sogar leicht schüttelte.
 

Nein.

Nein, Frauen waren so gar nicht Maos Ding.
 

„Ok, also ein Mann.“ Der Bassist lehnte sich gelassen zurück, überging den Ausbruch, als fände er nicht statt und besah sich erneut rauchend die geschriebenen Zeilen.

„Pf, ein Mann! Ist das nicht eigentlich egal? Jeder Schwanzträger der Hirn besitzt, will Brüste beglücken, die sowieso nicht echt sind! Ich mein, was soll das denn? Das ist doch alles nur Schein!“

„Wie unsere Szene auch“, blieb Aki ruhig und schmunzelte still in sich hinein.

„Aber wir zeigen uns auch mal ungeschminkt vor der Kamera und keiner läuft weg!“

„Das weißt du doch gar nicht“, gluckste Aki leise auf, musterte den anderen nun erneut und dachte nach.

„Ist mir auch scheiß egal! Frauen kannst du jedenfalls nicht mit unserer Szene vergleichen! Unsere Fans zum Beispiel finden’s total toll, wenn wir uns ungeschminkt in Jeans zeigen. Vielleicht finden die meisten uns als Künstlerfigur schöner, aber trotzdem rennt keiner Weg, wenn wir nicht in der Maske waren! Wenn das ne Frau macht und dann noch das nette Lächeln ablegt, dann ist aber die Hölle auf Eis gelegt mein Freund! Aber denkt MANN da vorher dran? Nein! Natürlich denkt MANN da nicht dran, und ehe MANN sich versieht vergeht ihm aber schneller als gedacht das süße Lächeln und dieses Gerede von: ‚Eh, ich weiß gar nicht wie ich‘s ihr sagen soll, ohne dass es doof rüberkommt‘! Was soll das denn? Immer dieses allen Rechtmachen wollen, um gut dazustehen, verstellt man sich da nicht? Kann man nicht einfach so sein wie immer? Und was soll bitte doof rüberkommen? GAR NICHT soll er`s sagen, verdammt nochmal!“

„…“

„Da schaut er sogar drauf was er anzieht und wie die Haare liegen, wenn er sie sieht! Ist das zu fassen? Man sollte sich in den Menschen verlieben, wie er ist, und nicht in den, den er stundenlang mit Haarspray und Make-Up modelliert, Herrgott nochmal! Wer hat die ganze Scheiße eigentlich erfunden? Der gehört erschlagen! Scheiß Fortpflanzungshormone! Familie gründen, Kinder kriegen! So ein SCHEIß!“

„…“
 

Amüsiert, aber mit ruhigen Zügen, besah sich Aki den Kleineren, um dessen Körper tausende Papierschnipsel herumflogen, während die Hände und Arme heftig gestikulierten.

Nur von wem sprach er wohl?

Es war also ein Mann, der sich eher für eine Frau interessierte, als für Mao. Nur musste er dem Sänger doch irgendwie Hoffnungen gemacht haben, oder wieso regte er sich so auf? War er einfach nur sauer auf sich selbst, weil er sich nach langer Zeit wieder verliebt hatte, oder weil man ihn Hoffnung machte und nun abblitzen ließ?

„Hast du dich wieder in eine Hete verliebt?“, vermutete der Bassist trocken, als dass er es hinterfragte.
 

Oder sollte er gleich plump mit der Tür ins Haus fallen und fragen, ob es um den Gitarristen ging, der seit einiger Zeit mit dieser Tourismusstudentin was startete?
 

Interessant ...
 

Aber eine Hete?

Mao hatte keine Ahnung was Mizuki war. Er war … Mizuki eben!

„Ach!“, stieß der Sänger gefrustet hervor. „Ich bin nicht verliebt! Ich bin nie wieder verliebt, das macht nur ärger und setzt Fett an Stellen an, die ich noch gar nicht kannte!“

„Fett?“, puffte es nun lachend aus Aki heraus, der gerade einen Zug seines Lasters nehmen wollte und belustigt zu Mao sah. „Ey, jetzt werd mal nicht tuckig.“

„Bin ich das?“ Mao war schockiert und wirbelte herum, um Aki mit großen Augen anzusehen. Die Frage war ernst gemeint, doch der Bassist lachte nur erneut auf, schüttelte dann aber zu Maos Erleichterung den Kopf.

Oh, gut. Wenigstens eine Sache bekam er auf die Reihe – als Schwuler nicht schwul zu wirken.
 

Aber selbst wenn, wäre es denn ein Verbrechen?
 

„Dann triffst du dich jetzt auch nicht mehr mit ihn, dann gibt’s keinen Ärger und fett wirst du auch nicht“, meinte Aki kopfnickend und aschte gerade ab, als der Sänger sich bückte, um die daneben gefallenen Schnipsel aufzusammeln, die endlich den Weg in die Blechrolle fanden.
 

Ihn nicht mehr sehen. Aki wusste ganz genau, dass das unmöglich war, sollte er mit seiner Vermutung richtig liegen und Mao sprach von keinem anderen als Mizuki.
 

„Das …“ ging nicht. „Wird wohl das Beste sein, ja“, schlichen sich kleinlaute Worte aus der Kehle, als sich der Körper langsam erhob und der Blick traurig über Aki hinweg nach draußen fiel, der doch so langsam eins und eins zusammenzählte, sich jedoch bedeckt hielt. Doch hielt er es ebenso für besser Mao nicht weiter auszufragen und ihm Zeit zu geben damit klar zu kommen, der schon wieder ganz verträumt, wenn nicht sogar traurig aus dem Fenster sah.
 

Ob sie wohl schon im Hotel oder bei einen der beiden zu Hause waren?

Hielten sie Händchen oder saßen auf der Couch?

Würde er sie genauso berühren, wie er es beim Sänger tat?

Küssten sie sich gerade, lagen zusammen im Bett und hatten alles um sich herum vergessen?

Hat Mizuki Mao gerade völlig aus seiner Welt gestrichen, weil er nur noch Augen für Naoko hatte?

Weil nur sie gerade wichtig war?

Und wichtig bleiben wird?

Warum nur quälte sich Mao immer wieder selbst mit solchen Gedanken und Vorstellungen? Er sollte sich ablenken, nicht daran denken und-
 

Huch?
 

Der Sänger hob den Blick, als sich eine Hand auf die Schulter legte und ihn aufbauend, gar freundschaftlich stützend drückte.

„Schreib weiter“, sprach Aki lächelnd zu ihm und nickte. „Aber tu mir einen Gefallen und setz die Bude nicht in Brand, ja?“
 

Das war Aki.

Er fragte nicht viel nach, bohrte nicht und gab seinen Beistand und seine Fürsorge auf eine ganz andere Art und Weise zu verstehen, worüber Mao in jenem Moment sehr glücklich war. Und ohne zu hinterfragen oder den Bassisten zu bitten es niemanden zu sagen, ließ der Kleinere den anderen auch mit seiner Fluppe im Mundwinkel abziehen, der doch längst ahnte, was nun tatsächlich mit seinem Frontmann los war.
 

Er war verliebt.

In Mizuki.
 

***
 

„Liebes Tagebuch
 

Aki weiß einfach alles! A L L E S!

Noch bin ich aber ein ganzer Mann, denn wüsste er auch noch

dass ich von Mizuki gesprochen habe, würde ich jetzt bluten!
 

Mizuki … was er wohl gerade macht …

INTERESSIERT MICH NICHT!!! Jhcg vewiuk ihiwe
 

----

Nachtrag: DOCH, verdammt, es interessiert mich!!!!
 

Ich vermisse ihn, wenn er nicht da ist … bin ich bescheuert?

Warum Mizuki, warum ausgerechnet Mizuki?
 

Nachtrag2: Hab jetzt 20 Minuten Löcher in die Luft gestartgestarrt

und folgendes dabei festgestellt:

Jetzt vermiss ich sogar Aki :,(
 

***
 

--------------

Next?

Byouttaro ♥

16.08.2015
 

Sadie

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
 

[Kapitel_5]
 


 

„Okay danke!“ ertönte die Stimme eines Mitarbeiters, als sie den Soundcheck hinter sich gebracht hatten. Zum Erstaunen aller war Mao relativ fit – zumindest machte er den Eindruck, es zu sein und bekam genau aus jenen Grund einen Klaps auf den Hinterkopf seitens Aki, der daraufhin strafend angesehen wurde.

„Was soll das denn jetzt?“

„Du machst mir Sorgen, Mao. Sorgen.“

„Eh?“ Er hatte doch alles richtig gemacht!

„Du hast nichts falsch gemacht, bitte lass das kein schlechtes Omen für das Live nachher sein“, winkte er die verdutzte Miene des Sängers ab und ließ diesen mit eben jener einfach stehen, was die Kinnlade dessen nur noch weiter gen Erdboden fallen ließ.

„Sag mal spinnst du? Du solltest mich loben!“, stampfte er bockig auf den Boden, bekam jedoch keinerlei Reaktion darauf geschenkt. Im Gegenteil. Aki rief Tsurugi zu sich, um etwas zu besprechen, als hätte es Maos Protest nie gegeben.

Das war doch wohl unglaublich!

„Pha! Wie unverschämt!“, schimpfte der Schwarzschopf von sich, schüttelte den Kopf und legte das Mikro auf den Bühnenboden, als sein Augenmerk beim Aufrichten direkt in das schmunzelnde Gesicht des jüngsten Gitarristen traf.
 

Mizuki.

Seine süße kleine Zahnlücke, die seit gestern Nacht wohl wieder schneller zum reifen Mann heranwuchs, als ihm lieb war.
 

„Du warst echt gut“, meinte der Größere lächelnd und zwinkerte Mao entgegen, der zunächst verstummte, sich am Haar herum zuppelte und sich schließlich ein paar Male in Folge räusperte, weil er plötzlich nervös wurde.
 

Seit Mizukis Abgang gestern haben sie kaum ein Wort gewechselt. Das Nötigste, von wegen „Guten Morgen“ und „dein Wasser steht noch hinten“ war bislang alles gewesen, was sie miteinander an Worten wechselten. Auch als sich Mizuki auf die Couch im Backstagebereich zu Mao gesellte, fiel dem ganz spontan ein, dass er doch eben nach draußen musste, weil: MUSSTE einfach!

Er ertrug die Nähe des anderen kaum mehr, jetzt, wo er doch solche Filme von ihm und Naoko im Kopf hatte. Wie sie sich küssten, sich Liebesgesülze zu säuselten und gemeinsam im Bett lagen.
 

Widerlich war das!

Einfach widerlich!
 

„Ich weiß“, scherzte der Sänger schließlich, in der Hoffnung so normal wie möglich zu wirken, wobei er feststellte, wie hübsch Mizuki heute wieder aussah. Dabei war der noch gar nicht in der Maske, außer Make-Up und Concealer.

„Dir scheint es ja wieder besser zu gehen, hm?“, erkundigte sich die Zahnlücke beim zurückgehen in den Aufenthaltsraum, während er die Knöpfe an den Ärmeln des Outfits öffnete, um diese wiederum anschließend nach hinten umzuschlagen. Sie störten ihn wohl in jenem Moment, wie Mao beobachtete, der zum selben Augenblick nur daran denken konnte, wie weit die beiden jetzt schon gegangen waren. Mizuki und dieses Individuum mit zwei Brüsten – bah!
 

Haben sie es getan?

Vielleicht nicht nur gestern, auch schon viel früher?

Waren sie schon so richtig zusammen?
 

Je mehr sich der Sänger in seine einzig kreierten Szenarien hineindachte, umso wütender und verzweifelter wurde er auf Gott und die Welt, weswegen zunächst nur ein abwertendes Schnauben durch die Nase kam, um anschließend ein pampiges „Wenn du meinst“ von sich zu geben.

„Na ja, schon“, stellte Mizuki schmunzelnd fest, der den Eindruck vermittelte ebenso gut gelaunt zu sein.

Also gut GUT.

Nicht einfach nur 'Mizuki-gut', es war wohl eher 'Naoko-gut', und das wiederum ging Mao grandios gegen den Strich, der von jetzt auf gleich schlagartig schlechte Laune bekam.

'Naoko-schlecht' verstand sich.

„Ja“, gab er deswegen aus gegebenem Grund bissig von sich. „Dann wäre ja alles super, hn?“

„Eh … ja.“

„Sonst noch was? Ich finde nämlich du warst eher weniger gut. Außerdem hast du dich ganze zweimal verspielt. Du solltest mal besser mehr bei der Sache sein.“
 

War er jetzt eigentlich komplett verblödet? Seit wann tadelte er Mizuki Aki-like?
 

Genau das fragte sich der Gitarrist eben auch, der stehen blieb und Mao nur verdutzt nachsah einige Schritte lang und nicht so recht wusste, ob er das gerade als Scherz oder Ernst einordnen sollte, ehe er seinen Gang fortsetzte und den anderen einholte, um wieder gleichauf mit diesem zu sein.

„Hab ich … jetzt irgendwas Falsches gesagt? Ich meinte das Ernst, ich wollte dich nicht foppen“, gab er gleich eine Rechtfertigung ab, obwohl das absolut nicht von Nöten sein sollte. Doch verhielt sich Mao seltsam, weswegen sich Mizuki dazu berufen fühlte sich zu erklären.

„Ja, ja“, winkte Angesprochener jedoch ab, als glaube er dem Jüngsten nicht eine Silbe und ließ diesen dann auch ziemlich betreten darüber zurück.
 

Was war denn das jetzt?
 

. . .
 

Bis Mao außer Sicht war, blieb Mizuki stehen und glaubte bis zur letzten Sekunde noch daran, dass der andere scherzte, umdrehte und ihn auslachte. Aber das passierte einfach nicht, weswegen der Gitarrist zwanzig Minuten später alles andere als gut gelaunt nach seiner Jacke griff, eine Schachtel Zigaretten hervorholte und schließlich grübelnd – gar deprimiert - den Weg nach draußen antrat.
 

Erst war Mao Tagelang, wenn nicht sogar Wochen, deprimiert, stand neben der Spur und baute einen Unfall nach den nächsten – was ihm nun gar nicht ähnlich sah – und jetzt motzte er den Gitarristen am laufenden Band an?

Hatte Mizuki etwas getan, was Mao nicht passte?

Hatte er etwas doofes gesagt?

Und wenn ja, was sollte das gewesen sein, dass Mao derart abweisend auf ihn reagierte? Bis gestern war doch alles noch in Ordnung gewesen zwischen ihnen beiden.

Was hatte er nur getan? Was hatte er Mao bloß getan, dass er ihn so derart blöd kam? Etwa seinen Stolz verletzt? War er zu frech gewesen in einem Punkt?

Ging er ihn auf die Nerven, weil er sich um ihn kümmern wollte?

Wobei kümmern das falsche Wort wäre, er wollte einfach für ihn da sein. Und er war auch in der Annahme es immer zu sein – auch jetzt – doch Mao wies ihn von sich.
 

Die Gedanken des Gitarristen überschlugen sich, sodass er seine Umwelt schon gar nicht mehr für voll nahm und völlig in gedanklicher Verzweiflung versunken nicht darauf achtete, dass das Geländer, welches in jenem Club sonst immer am Hinterausgang am Treppenaufstieg befestigt war, diesmal durch Bauarbeiten nicht angebracht war. Ein Schild an der Tür, außen, sowie innen, wies auch wirklich ziemlich aufmerksam darauf hin, doch irgendwie übersah Mizuki das gekonnt, öffnete seine Schachtel Zigaretten und wollte sich in gewohnter Manier draußen am Geländer anlehnen, als ihn Maos Stimme aus den Gedankengängen riss – und die Schwerkraft wiederum zu Boden.

„Mizuki pass auf!“

Das Gleichgewicht schwand.

Der erwartete Rückhalt blieb aus und noch bevor der junge Mann diesen Schreck aus der Kehle entweichen ließ, landete der Körper schon längst auf den Boden zwischen den Müllcontainern.
 

„Mizuki!“

Mao, der unten an der Treppe stand und ebenso eine rauchte, hatte alles aus nächster Nähe miterlebt und streckte sogar aus Reflex die Hände nach Mizuki aus, als könne er ihn von dort aus, wo er stand, davon abhalten zu fallen. Doch kaum ertönte das Geschepper von Tonnen und ein zerknautschter Laut seitens des Gitarristen, warf der Sänger die Kippe beiseite und eilte nach hinten zu seinem abgestürzten Küken.

„Oh Mizuki, was machst du denn? Hast du das Schild nicht gesehen?“ Mao war wohl erschrockener darüber, als der Gitarrist selbst, der ganz benommen aufsah und noch gar nicht begriff was passierte, während die Augen des Sängers jede Regung scannten. „Kannst du aufstehen?“

Meine Güte hatte er sich erschrocken!

Mizuki hingegen nickte nur Geistesabwesend, blickte nun direkt zu Mao auf, der näher kam und ihn seine Hand entgegenhielt, als es den Gitarristen plötzlich in den Nacken fuhr.
 

Ein Stich.

Ein Schmerz.

Es tat unglaublich weh!
 

„Mh! Oh … aua, aua, aua, aua.“

„Hm?“ Maos Augen wurden groß. „Was, was, was, was?“

„Mein Nacken! Oh mein Nacken, aua!“

„Dein Nacken? Verklemmt? Dann lass locker, nicht anspannen!“, weiserte Mao hastig an, als er begriff, dass Mizuki gerade wohl dank verzerrter Muskeln eine Nackenstarre ereilte, und nahm dessen Kopf ganz behutsam in die Hände, um ihn zu lenken. „Nicht bewegen jetzt. Wo tut‘s weh?“

„Hier … hier hinten …“, gab er fast schon weinerlich von sich und deutete auf die Stelle die am meisten schmerzte. „Oh, aua.“

„Was machst du denn auch wieder?“ Eine rein rhetorische Frage, weil: es war Mizuki. Darauf gab es keine plausible Antwort, außer: Mizuki.

Punkt.

Also begann Mao den Nacken ganz vorsichtig aber mit bestimmten Handgriffen etwas zu lockern, rieb vorher mit den Handballen ein paar Male über die Haut, um die Muskeln anzuwärmen und bekam immer wieder ein wimmerndes „Ah, au, au, au“ zu hören.

„Ach, au, au, au‘“, mimte der Ältere das Schauspiel nach, tat so, als sei das Gejammer nicht angebracht, gar übertrieben – dabei wusste er am aller besten derzeit, dass solche Art Schmerzen wirklich sehr fieß waren und Mizuki weiß Gott allen Grund und jedes Recht hatte, dies zu bejammern. Und dennoch ...

„Jetzt sei mal nicht so zimperlich.“

„Oah, was? … Mao … sei nicht so grob zu mir.“

„Ey, ich bin extrem liebevoll zu dir, ja?“

„Ach ja?“

„Selbstverständlich! Als sei das je anders gewesen, hör mal!“

„Ah! Aua, aua, aua! Aua! Wirklich … das tut echt wahnsinnig weh … Mao, bitte …“

„Aua, aua, aua“, äffte dieser ihn stattdessen erneut unverständlich nach, ehe er sich ganz zu ihn auf den Boden kniete und nun beide Hände links und rechts an den Hals legte, um diesen zu wärmen. „Jetzt komm mal her und halt still, Mäuschen. Ich wärme das böse Aua jetzt weg, okay?“

„Nh …“
 

...
 

„Liebes Tagebuch,
 

ich scheine mich zu verändern, seit Naoko.

Ja, Himmel, ich wusste doch schon immer dass ich mich

zu Mizuki hingezogen fühle, aber ich dachte doch niemals, dass

ich jemals zu einer Furie mutiere, wenn mein Zuki jemanden findet und

sich verliebt. War doch sonst auch kein Problem für mich!
 

Hielt ja auch nie lange.
 

Boah, bin ich abartig, oder? Als missgönne

ich ihm das! Aber ...
 

Scheiße, ich zergehe vor Eifersucht, ich erkenne mich kaum wieder!
 

Ob ich Byou anrufen soll? Soll ich ihm schreiben? Ich habe mich ewig

nicht gemeldet. Hm … er aber auch nicht, aber er wurde ja auch letzten Monat

operiert. Mal davon abgesehen hat er 'bin ich nun in Kazuki verliebt, ja, nein, bitte ankreuzen' Probleme. Keine Ahnung ob die beiden es endlich mal auf die Reihe gebracht haben zusammen zu sein. Nur weil der Herr 'Ich bin tue(!!!) Obercool, und tue Mackerhaft' sich selbst nicht traut, sich das selber zu sagen.

Ne, warte mal ... also, Byou traut sich nicht, sich einzugstehen (BOAH, was denn los heute?!) einzugestehen, dass er sich halt in seinen Gitarristen verschossen hat. Weil der eben

kein dummes, blondgefärbtes und falsche dreifach E Brüste habendes Weibsbild ist.

Bah!

Kotz, echt! Allein, wenn ich mir vorstelle, wie Mizuki bei Naoko OH GOTT NE, ICH

MUSS MICH KURZ SAMMELN!!!!
 


 

Also: Kazuki liebt Byou nämlich auch, ist hat aber die gleichen Probleme, von wegen 'Byou ist keine Frau, außerdem mein Kollege', bla, bla, bla ...

Meine Güte, es ist so offensichtlich, wieso bekommen die beiden das nicht gebacken?
 

Irgendwie sind wir alle in der Szene ein bisschen schwul habe ich gerade das Gefühl. Ich glaube sogar Aki könnte schwul sein, wenn er wollen würde. o.o Aber ich denke Aki möchte nicht. Aber er könnte!
 

Ich sollte ihn wenigstens schreiben. Byou, meine ich.

Er fehlt mir.

Traurig dass mir das erst jetzt bewusst wird, wo ich Mizuki verliere an diese …
 

Ach, scheiße ist das alles!
 

Muss mich zusammenreißen!
 

Und mich bei Byouttaro ♥ melden!“
 

...
 

„Okay“, seufzte Mao leise auf. „Ich gebe dir dann meinen Schal, den wickelst du gut drum, dass das wärmt. Und nicht blöd bewegen in der Zeit, dann wird’s hoffentlich gehen bis zum Auftritt.“

Mizuki schwieg, während Mao ihn ein wenig reuevoll mit der Kuppe des Zeigefingers liebevoll gegen die Nase stupste, zur Aufmunterung. Vielleicht aber auch, um Kontakt herzustellen, er wusste es selbst nicht genau. „Sonst noch wo aua, aua, aua?“

Das angedeutete schmunzeln wirkte unecht, traurig, und Mizuki verneinte die Frage stumm, indem er kurz die Augen schloss und den Kopf nur wenige Millimeter schüttelte. Besser, er zwang Mao keine Fragen auf, was mit ihm los war oder ob er was falsch machte. Dieser schien allgemein gestresst zu sein und bekam gerade ein ganz furchtbar schlechtes Gewissen, als sich die Hand des Jüngeren auf dessen Brust legte, um geistesabwesend mit dem Zeigefinger auf das eigene Herz zu deuten. Um dem Anderen mitzuteilen, wo es noch weh tat, außer im Nacken, was dazu führte, dass auch Maos Herz verkrampfte und es ihm einen heftigen Stich versetzte.
 

Es war absolut nicht fair, wie er Mizuki behandelte. Und das nur, weil er seine Hormone nicht unter Kontrolle hatte! Es war doch Mizuki verdammt nochmal. SEIN Mizuki! Wie konnte er ihn nur so von sich weisen, wegen einer Frau? Vielleicht waren die beiden noch gar nicht zusammen, und selbst wenn, dann-

Nein.

Nein, solange Mizuki ihm das nicht direkt sagte, waren sie noch nicht zusammen, das musste Mao sich jetzt einfach einreden, sonst kam er nicht damit klar.

Er kam nicht damit klar, dass diese hübschen Kulleraugen eigentlich jemand ganz anderen lieber ansahen. Das durfte einfach nicht wahr sein!
 

„Hör mal … ich …“ Mao suchte nach Worten, räusperte sich und blickte von den großen Kulleraugen beiseite. Konnte man sich unmöglich antun in dieser Situation. „Ich wollte dich nicht so anmotzen. Es ist nur … ach weißt du, ich …“ Er seufzte schwer. „Is' einfach nich so meine Zeit … zur … Zeit.“

Wie sollte er es anders sagen?

„Ich liebe dich, das ist alles, und du machst mit dieser Tanztussi rum.“

„Es tut mir leid.“

Und wie sehr, das konnte Mizuki kaum erahnen, der erneut begann zu lächeln und den Kopf ganz seicht schüttelte. „Ist schon gut … ich weiß ja.“
 

Wusste er also.
 

Mao war vielleicht neben der Spur derzeit, aber dadurch nicht vollkommen verblödet. Natürlich bemerkte er Mizukis Bemühungen um ihn, als Freund. Aber eben genau das war Maos Problem, welches wiederum dazu führte, dem Menschen wehzutun, den er doch so unsagbar gerne hatte. Der ihm so unglaublich wichtig war und wahrlich so viel bedeutete, dass er allen Ernstes glaubte für Mizuki durchs Feuer zu gehen, sollte dies von Nöten sein.

Und nun kniete er bei ihm am Boden zwischen – zum Glück leeren! - Müllcontainern und stetig leisen Wimmern, ohne eine große Hilfe für sein Küken sein zu können.
 

„Hey ihr Pappnasen, wo bleibt ihr denn?“, zerstörte Akis Stimme das düstere Gedankenspiel des Sängers, welcher sich umdrehte und nach oben zu den Bassisten sah, welcher die Hände in die Hüfte stemmte und skeptisch zum „Restmüll“ hinab blickte - Der da aus zwei Membern bestehend, zwischen den Containern lag. Eine Braue zuckte bedenklich angespannt in Richtung Haaransatz, bevor ein mürrisches Seufzen über die Lippen glitt.

Offensichtlich war es diesmal Mizuki der sich diesen Platz aussuchte. Anders als bei Mao irritierte diese Tatsache den Älteren jedoch nicht im Geringsten, denn das war nun einmal Mizuki.
 

Ihr Tollpatsch vom Dienst.
 

Der wollte sich auch gar nicht großartig etwas anmerken lassen, doch schon der Versuch richtig nach oben zu sehen, wo Aki anstelle des Geländers den Beton beschwerte, scheiterte kläglich, sodass sich die Lider zusammenkniffen und die Lippen schmerzlich verzogen mit einem Zischen. Dies löste unweigerlich Augenrollen beim Bassisten aus, der sich nun die Nasenwurzel mit Zeigefinger und Daumen drückte und dabei tief Luft holte. Erst dann räusperte er sich und sah erneut auf die beiden Kollegen hinab, die bislang keinen Ton verlauten ließen.

„Okay“, fuhr er sich angespannt über die Lippen. „Ich will's gar nicht wissen. Bist du fähig zu spielen nachher oder soll ich nett darum bitten das Ding zu verschieben? Was ohnehin der Fall sein wird, wenn ihr euren Arsch nicht augenblicklich in die Maske bewegt? Wenn ihr für die Kosten des Ausfalls aufkommt, gut. Kein Ding, dann gebt Bescheid, ansonsten ...“

Eine künstlerische Pause schlich sich in die Atmosphäre, die augenblicklich düster und kühl wurde, weswegen Mizuki die Unterlippe einklemmte, um das Donnerwetter gleich ertragen zu könnne, welches sogleich folgte. „Ich weiß ja nicht, was die Herrschaften so denken, aber ihr habt hier verdammt nochmal KEINE ehelichen Sonderrechte! Also Bewegung, aber dalli! Wenn ich euch in zwei Minuten nicht hinten sitzen sehe, werde ich dafür sorgen, dass keiner von euch beiden in den nächsten Stunden auch nur annähernd sitzen KANN! Haben wir uns verstanden?! Und wie gesagt, ich will nichts hören, sieh zu dass du nachher fit bist, scheiß egal wie du das anstellst!“

Mao blinzelte verwundert, allerdings nicht über Akis Wortwahl, sondern deren Anzahl wegen und wusste nicht, ob er in Gelächter ausbrechen, oder der Worte stumm Folge leisten sollte, während Mizuki kleinlaut zu verstehen gab, dass es gehen würde und sich langsam erhob. Unter Akis Argusaugen gemustert, verkniff sich der Sänger nach wie vor das Lachen, während Mizuki entschuldigend zum Bassisten hinaufblickte, welcher abschließend nur argwöhnisch eine Braue spitz gen Haaransatz hob, und schließlich zurück in die Halle ging.
 

„Oh man“, nuschelte der Gitarrist sich den Nacken reibend, als auch Mao aufstand und diesen musterte. „Irgendwie glaube ich, dass alles schief geht, sobald ich mir etwas vornehme.“

„Bei dir geht auch alles schief, wenn du dir nichts vornimmst, Zuki“, schmunzelte Mao ehrlich und strich seiner Zahnlücke über die Schulter. Zur Aufmunterung. Der Nähe wegen.

„Mh“, gab dieser nur Stimmhaft betreten von sich mit einem erzwungenem Schmunzeln, ehe er abwinkte. „Schon. Aber gerade heute wollte ich einfach … na ja, weißt du, Naoko ist ja da heute. Ja, weißt du“, nahm er hastig vornweg, als sie die Treppen zur Hintertür hinaufstiegen. „Ich wollte einfach ganz besonders viel Talent heute abliefern. Stattdessen verhau ich die Probe und jetzt das“, deutete er auf seinen Nacken, ging weiter und brachte den Körper des Sängers zum Stillstand, welcher augenblicklich zu Eis gefror.
 

Da war sie wieder.

Naoko.

Die Eifersucht.

Der Hass!

Natürlich war sie heute da, Mao wusste davon, hatte das aber gut verdrängt bisweilen. Zumindest den fortführenden Gedanken daran, dass sie seinen Mizuki anhimmeln würde und der Idiot allein für dieses Weibsbild seine Hüften schwang auf der Bühne!
 

Dinge zu wissen und Dinge zu hören waren zwei unterschiedliche Welten. Etwas zu wissen bedeutete immer noch, dass man sich vieles schön-, und vor allem ausreden konnte. So lange, bis das Hirn glaubte was man sich selbst aus einer Story bastelte.

Etwas zu hören wurde jedoch so fest verankert, dass andere Gedanken und Beschwichtigungen seiner selbst nicht mehr möglich waren und man den Tatsachen ins Auge sehen musste. So weh es auch tat.
 

„Boah, es nervt!“, platzte es Mao im nächsten Augenblick unverfroren hervor, die Hände zur Faust geballt, fest an die Körperseiten gepresst, dass er nichts Blödes damit tun könnte. Mizuki zum Beispiel gleich noch einmal direkt zwischen den Containern landen lassen – am besten im Sondermüll, Deckel zu und-

Wow!

Wie konnten solche Gedanken und Vorstellungen nur wie aus dem Nichts aufkeimen? Wieso verspürte er nur solche Wut auf Mizuki – sollte er nicht lieber Naoko mit einem Anker im Meer versenken?
 

Unerfüllte Liebe war so abgrundtief ekelhaft und öffnete dem Sänger in jenem Moment die Augen, weswegen er seit seinem damaligen Hündchen dasein schwor, sich nie wieder in jemanden zu verlieben. Was ohnehin genauso bescheuert war. Als hätte man diesbezüglich Mitspracherecht! Die Gefühle hörten einfach nicht auf den Verstand, der fein säuberliche Regelwerke mit jedem Lebensjahr erstellte, doch allesamt wurden missachtet. Jahr für Jahr, Stunde um Stunde!
 

Entschwulen!

Mao musste sich einfach entschwulen und enthormonisieren – wo zum Teufel konnte man dies machen lassen in den nächsten fünf Minuten? Er war doch kein biestiges 17jähriges Schulmädchen!
 

Oder doch?

Steckte er vielleicht im falschen Körper und war eigentlich-

Krass, jetzt wurde es echt zu schräg im Hirn! Schluss damit!
 

„Ich mache das doch nicht mit Absicht“, verteidigte sich Mizuki allerdings maulig, gar etwas gekränkt von Maos Ausbruch, der nur unverstanden darüber den Kopf schüttelte und ihn abwertend ansah, sobald er nach oben stieg und die Türklinke schon in die Hand nahm, bevor Mizuki nach dieser greifen konnte.

„Ach, tust du nicht, hn?“

„…“ Was giftete Mao ihn denn jetzt schon wieder so an? Glaubte er allen Ernstes-

„Pass mal auf, wenn du deine scheiß Teenie Hormone nicht im Griff hast, und nur noch ans vögeln mit deiner Theaterbraut denken kannst, dann passiert sowas nunmal! Soll ich sie schnell holen, dass du mal etwas Druck abbauen kannst, um Platz für Klardenken und –sehen zu schaffen?!“, pfefferte er dem Jüngsten scharf entgegen und war selbst schockiert darüber, wie er agierte und mit Mizuki sprach.

Der war nicht minder geschockt über Maos Verhalten, hielt diesmal in seinem Gehen inne und starrte den Älteren aus großen Augen heraus an.

„ … Was?“, puffte es kaum Stimmhaft über die Lippen, fiel ihm darauf absolut nichts weiter ein, weil er nicht wusste wie er damit umgehen sollte und schüttelte kaum merklich den Kopf, als Mao nur die Hand hob, um das Gespräch abzuwürgen.

„Mein Gott. Mach’s Maul auf, frag sie endlich und geh endlich mit ihr, dass ihr glücklich werdet! Von mir aus! Und dann sei endlich wieder bei Verstand, dass sowas nicht passiert! Ausgerechnet heute und jetzt! Ganz prima, herzlichen Glückwunsch Mizuki!“

„…“ Er konnte nichts darauf sagen, erkannte Mao einfach nicht wieder in jenem Moment. Noch nie hatte dieser seinen Gitarristen derart in die Schranken gewiesen, gar beleidigt, ihn angefaucht. Wirklich, noch nie …

Hart schluckte das Küken die Worte hinab, fühlte eine bleierne Schwere in sich aufsteigen, welche plötzlich das Gefühl in ihm hervorrief Mutterseelen allein auf dem Planeten Erde umher zuwandeln.
 

Mao war sein Anker.

Schon immer gewesen – er brauchte ihn. Doch schien er diesen allmählich zu verlieren.
 


 

„Liebes Tagebuch,
 

ich hasse mich!

Und ich meine damit, dass ich mich HASSE!
 

Ich hasse mich!“
 


 

Gerade fertig bei der Visagistin, stieg der Sänger mürrisch gelaunt vom Hocker, zog das Handy hervor und setzte endlich einen Gedanken in die Tat um, welcher schon länger hätte passieren sollen. Byou eine Nachricht schreiben.

Aber wie fing er denn an? Eigentlich dachte er über solche Dinge niemals nach, doch jetzt schien eine einfache Nachricht die schwerste Aufgabe des Tages darzustellen. Und das nur, weil seine bessere Hälfte von der Band Screw sich auch nicht meldete seit gut einem Monat. Was war denn eigentlich Bestandteil des letzten Gespräches?

Seufzend fuhr er sich über die Stirn, klemmte eine Zigarette zwischen den Mundwinkel und scrollte den Verlauf ihrer Nachrichten hoch und runter. Letzter Stand war, wie zu erwarten, nur ein simples Daumenzeigen von Mao, auf die doch recht ausführliche Antwort des anderen Sängers, nach dessen Operation.

Tja Mao. Da brauchen keine Wunder geschehen zu sein, um zu erahnen, wieso der Kontakt bisweilen stillstand.
 

Er war so scheiße!

Und verzweifelt.
 

Fahrig kratzte er sich im Nacken, zündete das Laster an und scrollte erneut den Verlauf durch, als würden sich die Zeilen damit ändern, bis er schließlich auf das Textfeld tippte und blind geradeaus durch die Räumlichkeiten lief.

Er sollte sich entschuldigen für den Anfang. Den Gedanken abnickend, tippten sich die ersten Worte sichtbar auf das Display.

>Hey Byou, lange nichts gehört. Wie geht es dir inzwischen?<

Mao blieb stehen, besah sich die Worte, verzog das Gesicht und schnaufte auf. Wie eine Entschuldigung klang das nicht. War er denn jetzt sogar zu blöd ein verfluchtes 'Sorry' zu tippen?!

Löschen!

>Hey Byou. Wie geht es dir inzwischen? Bist du wieder zu Hause?<

Natürlich war er wieder zu Hause, er wusste es doch von Kei, der gut im Kontakt mit Jin, Screws Drummer, stand.

Löschen!

>Hey, hab mich lange nicht gemeldet. Geht es wieder Bergauf bei dir?<

Hey? Bergauf? Lange nicht gemeldet? Was waren sie, nur Bekannte? Er liebte diesen Kerl, da konnte er doch unmöglich mit einem verschissenen 'Hey' um die Ecke kommen!

Löschen!
 

Handy wegstecken – so wurde das nichts. Er hatte alles verlernt und sollte sich auf der Stelle abtreiben lassen, um noch einmal neu gezeugt zu werden! Das hielt man doch im eigenen Kopf nicht aus!
 

Ebenso, wie es Mizuki nicht aushielt, dass er augenscheinlich etwas getan hatte, was den Sänger wütend auf ihn sein ließ. Es nagte so sehr im Hinterstübchen, dass Mizuki die Chance nutzte, sobald Mao mit dem Handy fertig war, um diesen ohne Vorwarnung seine Gedanken mitzuteilen.

„Mao?“

Überrascht hob der angesprochene den Kopf. Wo kam der denn jetzt her?

„Mao, ich … also, du hast Recht. Zumindest damit, dass ich nicht ganz bei der Sache bin, wie ich es sein sollte. Ich verspreche dir das zu ändern. Dann bin ich wieder vollkommen da, wirklich. Es tut mir leid. Du hast wohl genug Probleme zur Zeit, ich weiß. Ich weiß zwar nicht was, weil du nicht mit mir redest, aber bitte glaube mir, du musst dir wegen der Band keine Sorgen machen. Es ist mir wichtig. Ehrlich, das musst du mir glauben, daran hat sich nichts geändert. Ich klemme mich gleich morgen wieder mehr dahinter, bitte denke also nicht, dass die Band jetzt irgendwie hinten angestellt ist bei mir. Das ist so nicht.“

Mizukis Worte fraßen sich unerwartet regelrecht in Maos Brustkorb, schienen ihn langsam und quälend auseinanderzureißen, während er sich ablenkend an der Verkabelung zu schaffen machte, nur um beschäftigt zu wirken. Nur, um nicht durchscheinen zu lassen, dass er derjenige war, der sich entschuldigen müsste. Und das nicht nur einmal.

Er tat Mizuki Unrecht, ließ ihn glauben, dass er der Band wegen und Mizukis verliebt sein nicht mehr daran glaubte, dass es dem Küken nach wie vor ernst damit war.

Dabei stellte er das absolut nicht in Frage – nahm jedoch seine eigenen verfangenen Gedanken und Emotionen, um sie gegen Mizuki einzusetzen.
 

Er war ein scheußlicher Mensch geworden in den letzten Tagen!

So, so abscheulich!
 

Mizuki hatte keinen Grund sich so derart zu entschuldigen. Im Gegenteil – er hätte das Recht Mao in den Arsch zu treten, ihm sauer zu sein, nie wieder mit ihm zu reden. Stattdessen aber zerfraß diesen das schlechte Gewissen, weil er ein falsches Bild von Mao hervorgerufen bekam.

Jener hasste sich in diesem Augenblick mehr und mehr. Würde am liebsten aus der Haut fahren, sich umdrehen, Mizuki packen und ihm sagen, dass er sich in ihn verliebt hat und die Eifersucht ihn komplett fernsteuerte. Er würde ihm sagen wollen, dass Mizuki keinerlei Fehler machte, und er das Arschloch von ihnen beiden war, aber er brachte zunächst nicht einen einzigen Ton hervor, während das Herz kräftig und schmerzvoll gegen die Brust schlug. Die Hände weiterhin beschäftigt am Outfit und an den Kabeln, die eigentlich gut saßen und nicht störten, während Mizukis Stimme gelauscht wurde.
 

Er war ein Idiot.
 

„Ich weiß, wie wichtig dir die Band ist Mao. Und glaube mir einfach bitte, dass es bei mir noch immer den selben Stellenwert hat, wie bei dir. Ich möchte auch in 30 Jahren noch Musik machen, am liebsten soll es Sadie geben, bis wir alt und grau sind. Ich wollte dich also wirklich nicht zusätzlich stressen, indem du glaubst, alles dreht sich nur noch um Naoko, oder meine Klamotten, oder was auch sonst derzeit im Fokus bei unseren Gesprächen stand. Sadie steht immer an erster Stelle. Ich will wirklich nicht, dass du es vielleicht bereust, mich in die Band geholt zu haben.“
 

„Mizuki …“, seufzte der Ältere schwer aus. „Du bist einfach so unglaublich naiv und sozial … das ist fast schon lächerlich.“
 

„Mehr wie entschuldigen kann ich mich nicht. Guck, ich kann auch den Kopf wieder bewegen und habe meinen Pullover drum gewickelt. Von mir aus finde das lächerlich, aber bitte … sei nicht … ich ertrag es nicht wenn du sauer auf mich bist.“
 

„Ich geh mich warm singen.“

Abgewürgt.
 

„…“

Traurig blickte der Jüngste der Band ihren Sänger nach und konnte nicht begreifen, wo diese unüberwindbare Schlucht zwischen ihnen plötzlich herkam.
 

„Vielleicht wird er jetzt ja doch tuntig“, schlich sich Akis Stimme nahe an Mizukis Gehörgang vorbei, schreckte ihn auf und zog die Stirn kraus. „Hn?“

„Ach“, schmunzelte der Bassist, klopfte Mizuki mit Nachdruck auf die Schulter und löste eine Gänsehaut aus. Aki schien bereits mehr zu wissen. Unklar ob gewollt, oder nicht, aber Aki … war eben Aki. Ihre Band-Hellseher-Leuchte. Grußelig! „Du wirst von selbst drauf kommen. Genauso wie du jetzt von selbst drauf kommst, dir die Haare machen zu lassen, richtig?“
 

Oh!

„Ehw … hija, ja, ja. Klar.“
 

Die Haare.
 

. . .
 

Drei Wochen ging das nun so. Dieses angestrengte Verhalten der Beiden, was sich zunehmend auf die komplette Band schlug.

Der Pausenclown Mizuki riss weniger Witze und versuchte es allen Recht zu machen, wie zu ihren Anfängen und Mao, der selbsternannte Außenseiter bevor es Sadie gab, mutierte zu eben jenen zurück – trotz Sadie.
 

Während Aki die beiden auf der Couch ruhig musterte, rauchend am Fenster des Proberaumes stehend, versuchte Tsurugi auf schön Wetter zu machen und die Jungs zu einem gemeinsamen Abend in einer Bar zu überreden. Doch selbst der sonst so gelassene Kei, welcher die Drummsticks unnötig hochpolierte bis kein Lack mehr zu sehen sein würde, blickte nur mürrisch mit einem tiefen Seufzen in die betretene Runde und hob mit skeptischer Mine die Brauen – sagte jedoch nichts. Dies wiederum löste ein resigniertes Seufzen beim Gitarristen aus, welcher mit Schwung zurück in die Couch sank und die Arme in die Luft riss. „Oh man!“, beschwerte er sich nun ebenso mürrisch und ließ die Hände geräuschvoll auf den Beinen sinken. „Was ist denn los, was habe ich schon wieder nicht mitbekommen? Wieso seid ihr alle so scheiße drauf seit zwei Wochen?“

„Drei“, korrigierte der rauchende Aki gelassen und erntete ein verächtliches Stöhnen, samt Augenrollen. „Dann eben drei! Wo ist der Unterschied?“

Noch bevor der Bassist eine passend zynische Antwort parat hatte, streckte sich ihm eine flache Hand entgegen und winkte ab. „Or, ne, lass es. Aber mal im Ernst, ihr beide macht voll schlechte Stimmung. Wieso?“, wollte Tsurugi von Mao und Mizuki wissen, die seither auf ziemlicher Distanz beieinander saßen. Es gab schon Wetten, wann sich der erste wohl auf einen Stuhl setzte, säße der andere bereits auf der Couch.

Und dann stand auch schon die Antwort aller Fragen mit einem breitem Grinsen im Raum – in der einen Hand ein abgedecktes Kuchenblech, in der anderen eine große Thermoskanne. „Hallo Jungs! Ich dachte ihr könnt ein wenig Stärkung gebrauchen in den letzten Zügen vor der Tour?“
 

Naoko.
 

Mao seufzte verhalten, verdrehte die Augen ungesehen und ließ den Kopf gen Handballen sinken, welcher Platz an der Stirn fand. Seit ihrem Konzert und Mizukis Containerabgang schien sie Teil ihres Equipments zu sein, ja, sogar zum Inventar zu gehören und verstand sich zudem auch noch blendend mit dem sonst so Wortkargen Aki! Mao hätte kotzen können, als er sie tagtäglich zu Gesicht bekam und fiel nahezu aus allen Wolken, als sie keine vier Tage später hier saß. Hier! In ihrem Proberaum, ihrem Heiligtum, ihrem Privat Areal!
 

Hier.

Auf Maos Platz auf der Couch. Neben Mizuki.
 

„Oh, wie toll!“, sprang Tsurugi auf, drückte das Tanzweib freundschaftlich zur Begrüßung und bat sie gänzlich herein.
 

„Ich dachte ihr seit heute am Proben?“, drehte sich Mizuki am andere Ende der Couch sitzend um, sah auf sein Handy, ob sie ihm eine Nachricht zukommen lassen hatte und bekam ein süßes Lachen geschenkt. „Hija, eigentlich schon, aber ich kann das alles schon perfekt meinte meine Mentorin, und dann durfte ich gehen. Weil ich ja sowieso nur Einzelszenen habe. Sie will jetzt lieber noch-“
 

Bla, bla, bla.

Erneut verdrehte Mao seufzend die Augen, holte tief Luft und fing einen amüsierten Blick seitens Aki ein, dem er am liebsten seinen Mittelfinger präsentieren wollte. Frisch gewaschen, Nägel gekürzt – er hätte ihn sicher gerne angesehen, doch der Sänger ließ es bleiben, wartete lieber regelrecht darauf, bis sich Naoko auf seinen Platz setzte, nur um erneut Hass und Wut gegen die Frau zu schüren. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass er sich einfach neben sein Küken setzen könnte. Es gab keine feste Platzordnung, lediglich bevorzugte Lieblingsplätze. Er war es doch selbst, der sich von Mizuki distanzierte, lud den Groll darüber gedanklich jetzt jedoch bei Naoko ab. Was natürlich besser war, als es an Mizuki herauszulassen, aber den ignorierte er ja Großteils. Was jetzt auch nicht die beste Lösung war. Um genau zu sein war es grauenvoll, das blödeste was er tun konnte, seit ihrem Konzert, aber eine Änderung blieb bislang aus. Das System lief weiterhin unter der Fehlermeldung 'Naoko'. Ein schlimmer Festplattenvirus, den sich der Sänger da eingefangen hatte. Und dieser dämliche Aki wusste das! Sie sprachen zwar nicht wieder über das Thema, aber Mao wusste einfach, dass Aki es wusste! Und Aki wusste, dass Mao es wusste! Sie wussten es also beide, spielten aber dieses 'Ich weiß nicht, dass du weißt, dass ich weiß' miteinander. Himmel Herr Gott, er drehte noch durch!
 

„Mao?“

Naokos zärtliche Stimme riss den Sänger aus den Gedanken und lenkte den Blick direkt auf das vorgehaltene Kuchenblech, auf welchem fein säuberlich handliche Stückchen geschnitten lagen. Süßlicher Duft von gebackenem Teig, sowie Äpfeln erreichte die Nase, bis Mao gänzlich zu Naoko aufblicken wollte, allerdings dank deren gebeugter Haltung prima Einblick in den doch ungewollt großen V-Ausschnitt bekam.

Urgh! Er kotzte ihr gleich auf's Blech!

Und Mizuki versank darin wahrscheinlich liebend gerne, oder? Wieso? Wieso fuhren Typen auf sowas ab?

„Mizuki-chan meinte du liebst Apfelkuchen“, lächelte die Frau freundlich, obwohl die Abneigung ihr gegenüber deutlich zu spüren war seit ihrer ersten, richtigen Begegnung. Doch es schien ihr nichts auszumachen, schien darüber hinwegzusehen und das bewunderte Mao tatsächlich. Er könnte so etwas nicht. Er konnte davon abgesehen, gar nichts mehr. Ein Wunder wie er alleine auf Klo gehen konnte – ehrlich! „Wir haben zwei Varianten gemacht. Hier vorn ist mit etwas Zimt, da hinten ohne. Greif zu, du kannst es vertragen.“
 

Der Blick huschte wie per Knopfdruck zu Mizuki, der ein zaghaftes Lächeln aufsetzte, als wollten sie Mao ein Friedensangebot machen. Aber dem ging nur durch den Kopf, wie die beiden zusammen Kuchen-
 

„Ihr backt?“, nahm ihm Kei den Gedanken hinter der Stirn heraus, beugte sich ein wenig über das Blech und stibitzte sich ein Stück mit Zimt, als Naoko überrascht den Kopf schüttelte. „Oh, nein, nein. Mein Bruder und ich“, kicherte sie, warf Mizuki einen Blick zu, der so zauberhaft süß schmunzelte, dass Mao am liebsten erneut mit den Augen gerollt hätte. „Acho“, biss Kei ein Stück des Gebäcks ab. „Ich gachde chon ...“

Wieder kicherte Naoko hinter vorgehaltener Hand und stellte sich dabei zu Maos Glück aufrecht hin. „Ich weiß gar nicht ob Mizuki backen kann? Kannst du?“

„Keine Ahnung“, hob jener die Schultern schmunzelnd, beobachtet von den Argusaugen des Sängers, dem allerdings erneut Ausschnitt und Kuchen vor die Linse gehalten wurden.
 

Das tat die doch extra, oder?
 

„Na los jetzt, Mao. Wir beide müssen keine engen Freunde werden, aber ich würde mich wirklich freuen, wenn der Apfelkuchen Spezialist ein Stück nimmt. Mein Bruder ist Konditor und ich habe lediglich die Apfelscheiben geschnitten, hm?“

Skeptisch konzentrierte sich der Kleinste der Runde auf das Blech, versuchte den Ausschnitt zu missachten und fragte sich, seit wann sie eigentlich Frauen hier her ließen. Seit wann brachte jemand generell seine derzeitige Liebelei mit in den Proberaum, und seit wann tolerierte Aki soetwas nicht nur, sondern verstand sich auf abstruse Weise auch noch blendend damit? Konnte es sein, dass Mao schon wieder träumte? Vielleicht lag er im Koma und war gar nicht hier? Vielleicht war der Autounfall viel schlimmer und seither hatte er die Augen nicht geöffnet? War das möglich?
 

Aber mal ehrlich, was für ein scheiß Koma hatte er da bloß bekommen?
 

„Ist schon gut, wenn er nicht will, dann lass ihn. War ja nur ein Vorschlag, dass er … das eigentlich gerne mag“, lenkte Mizuki ein, der reichlich enttäuscht klang, als verschmähe Mao seinen Kuchen. Als habe Mizuki diesen Kuchen gebacken. Dabei hatte Mizuki nur erwähnt, dass er Apfelkuchen mochte. Er dachte also an ihn. Trotz Naoko, dachte er an ihn.

Gerade wollte diese das Blech auf den Tisch stellen, da griff der Sänger hastig nach gleich zwei Stücken. Eines mit, das andere ohne Zimt und blickte bockig wirkend zu der Frau auf, die darüber unterhalten kicherte. „Ich hoffe es schmeckt dir.“
 

Murrend wandte der Sänger den Blick ab.

Mizuki-Dieb, blieb Mizuki-Dieb! Auch mit Apfelkuchen! Er nahm ihn ja nur, wegen Mizuki, der beim nächsten Augenaufschlag erneut vorsichtig, aber lieb zu ihm hinüber lächelte. Und Mao hatte nichts besseres zu tun, als die Lippen zu spitzen und wegzusehen.
 

Zicke!

Er war eine alte, häßliche, bockige, Zicke!
 

„Den Rest können wir morgen gleich einpacken und auf die Fahrt mitnehmen“, überlegte Tsurugi, bekam jedoch einen Klaps auf den Hinterkopf vom kauenden Drummer. „Füa“, wollte er verbessern, kräuselte damit aber nur Tsurugis Stirn. „Eh?“

Kei schluckte. „Für die Fahrt, nicht 'auf die Fahrt'.“

„Ach, und du bist jetzt unter die Grammatiker gegangen, huh?“
 

Würden sie Naoko wohl auch einpacken?

Mao nahm keinen Bissen von den beiden Stücken, doch sie verweilten auf seinen linken und rechten Knie. Er würde sie später essen, wenn alle weg waren. Wenn Mizuki mit seinem tanzenden Ausschnitt die letzte Nacht verbrachte.
 

Verflucht, es sollte endlich aufhören!
 

. . .
 

„Ich nehme an du bleibst noch?“ Eine rein rhetorische Frage von Aki, welcher drei Stunden später zu ihrem Sänger hinab sah, der im Schneidersitz neben dem Tisch verweilte und augenscheinlich schwer beschäftigt mit seinem Handy schien. Während alle anderen bereits ihre Sachen packten, schien es Mao nichts anzugehen es ihnen gleichzutun. Es war mittlerweile zur Normalität geworden seit dessen Autounfall. Immer blieb er zum Schluss zurück, ging sehr viel später erst in seine kleine Einzimmerwohnung, oder verbrachte die Nacht gänzlich im Proberaum, was die anderen jedoch nicht wussten.

Irgendwie schien er nicht mehr zu wissen, wohin er gehörte, konnte weder richtig schlafen noch essen – vom logischen Denken wollte er gar nicht reden. Das schien beim Unfall irgendwo auf der Kreuzung überfahren worden zu sein. „Sei pünktlich morgen früh, sonst nehmen wir einen anderen Sänger mit“, gab der Bassist nur noch trocken zu verstehen, hob Maos Blick skeptisch, sowie genervt und die Hand zum Abschied.

Auch Tsurugi und Kei sagten darauf nichts mehr, nachdem anfangs immer wieder Versuche starteten, Mao zum mitgehen zu bewegen.
 

„Wir gehen noch in die neue Sushibar, möchtest du nicht mitkommen?“, fragte Naoko Mao entgegen gebeugt, als ihr Blick auf die beiden Kuchenstücke fiel, die unberührt auf dem Tisch lagen. „Ich hätte nichts dagegen Mao, du kannst gerne mitkommen, wenn du möchtest“, bot sie abermals an, ließ sich nicht anmerken, dass sie von dessen Ignoranz enttäuscht war.

„Ich möchte nicht“, antwortete jener allerdings spitz, den Blick auf das Smartphone gerichtet und schwer am Grübeln.

Byou.

Eine Nachricht an Byou, es konnte doch nicht so schwer sein!
 

Mizuki stand bereits in der Tür, die Tasche über die Schultern geworfen und die Szene ebenso enttäuscht beobachtend. „Lass uns gehen“, wandten sich die Worte an die Tänzerin, die milde lächelte und sich von Mao verabschiedete, indem sie ihm viel Glück und alles Gute für die Tour wünschte. So schaffte sie es wenigstens für einen Moment Blickkontakt herzustellen, bekam ein Nicken und ging anschließend zu Mizuki. Ihre Hände verschränkten sich miteinander und obwohl der Sänger wusste, dass das Küken auf einen kurzen Blickaustausch wartete, um ebenso auf Wiedersehen zu sagen, starrte Mao vehement auf sein Handy.

Er wollte das nicht sehen.

Er wollte nicht sehen, wie sie Hand in Hand an der Tür standen, um gemeinsam den Raum zu verlassen!
 

So blieb ein Seufzer seitens des Gitarristen die Abschiedsgeste für jenem Abend.
 

Erst als Stille einkehrte wechselte das Handy aus der Hand auf den Boden und der Blick davon zur Tür. „Ja … geh nur. Immer geh und nimm ihre statt meine Hand ...“ Flüsternd, traurig schlich sich die Stimme durch den Raum, bevor Stille und Einsamkeit alles in Schweigen hüllten.
 

Minute für Minute.

Stunde um Stunde.
 

Wie lange es genau war konnte der Sänger nicht abschätzen, als das Öffnen der Tür die trübe Stille, sowie mittlerweile eingekehrte Dunkelheit durchbrachen. Wie in einer Art Trance saß Mao noch immer auf dem Boden neben dem Tisch, hatte absolut nichts getan, außer Löcher in die Luft zu starren. Vermutlich dachte er in all der Zeit nicht einmal über etwas nach. Zumindest riss ihn die plötzliche Realität zurück auf den Boden der Tatsache. Die Tatsache, dass der erschrocken hochgerissene Blick, direkt zu Mizuki führte, der in jenem Augenblick das verdammte Licht anknipste und eine bedruckte Tüte hochhielt.
 

Was zum …?
 

„Ich dachte, wenn du nicht mit in die Sushibar kommst, kommt wenigstens mein eigens gemachtes Curry zu dir. Diesmal noch warm und frisch.“ Die Tür fiel mit einem leisen Klick- Geräusch ins Schloss, während Maos Kinnlade sinnbildlich mit ordentlich Schwung auf den Boden aufschlug.

„Hn?“ Eine wahnsinns schlaue Antwort.

„Naoko musste nochmal ins Theater. Also bin ich nach Hause gegangen und habe Curry gemacht“, hob sich die Tüte in der Hand zur Verdeutlichung an, während Mao das Küken mit seinem Blick taxierte, jeden Schritt, jede Handlung die folgte, nicht außer Augen ließ, bis sie im Kerzenschein gemeinsam auf den Boden vor der Couch saßen. Ein Sixpack Bier unter dem Tisch gestellt, vor Maos Beinen eine abgedeckte Schale der Köstlichkeit, sowie ein in Folie verpacktes Himbeereis aus dem Supermarkt – und Mizuki nebenan.

Allein.

„Wie damals, oder?“ Lenkte die Stimme des Kochs ein. „Nur dass wir da billiges Dosenessen hatten und im Waschsaloon saßen.“

Den Blick hebend, begriff Mao noch immer nicht, dass Mizuki zurückgekommen war und blinzelte diesen nur überfahren an, bevor ein Nicken zustande kam.
 

Wieso?

Warum?
 

Wirklich?
 

„Ich hoffe es schmeckt.“ Die Abdeckung landete im Plastikbeutel. „Ich habe mich extra beeilt, dass es nicht zu spät wird, aber eigentlich ist es ja ega-“
 

Huch?

Verwundert sah Mizuki zu Mao, der sich unerwartet gänzlich heransetzte und eng an seiner Seite saß. So, wie früher. So, wie eigentlich immer. So, wie es sich normalerweise gehörte. Auch wenn er bisweilen kein Wort verlor, nahm er jedoch die Schale an sich und begann ohne Weiteres zu essen, worüber der Gitarrist zufrieden lächelte und erleichtert ausatmete.

Er hatte große Bedenken, ob der Plan funktionieren würde und er wenigstens auf diese Weise wieder Nähe herstellen könnte. All die Sorgen schienen umsonst gewesen zu sein.
 

. . .
 

Seit langem war der Magen des Sängers nicht so gefüllt gewesen, wie zu jenem Zeitpunkt, als die leere Schale bei den Plastikabdeckungen im Beutel landete und ein lang gezogenes Seufzen den Raum erfüllte. Tatsächlich hatte Mao alles aufgegessen, sodass er felsenfest der Überzeugung war, jedem Moment zu explodieren. Jedoch vollbrachte er mit dieser Leistung keinerlei Wunder, hatte Mizuki vorgesorgt und Maos Portion auf dessen derzeitiges Maximum reduziert. Nur weil der Ältere also glaubte auf Distanz zu gehen und sich auch mit den anderen nicht großartig unterhielt, hieß das noch lange nicht, dass ihnen dessen Leben entging – im Gegenteil, so achteten sie nur mehr aufeinander.
 

Im Grunde wusste Mao das.

Im Grunde ahnte Mao das.
 

Doch bewusst daran denken wollte er nicht.
 

Ebenso, wie er nicht mehr bewusst daran denken wollte, Byou eine Nachricht zu tippen, oder sich endlich bei Mizuki für das Essen zu bedanken. Da wurden zunächst zwei Flaschen Bier bevorzugt, die es anscheinend in kürzester Zeit auszutrinken galt. Zumindest lag Mizukis Stirn in Falten, als Mao bereits nach nicht einmal einer halben Stunde zur dritten Flasche griff. Was auch immer es war, Mao hatte hart an Etwas zu knabbern und schaffte es bisweilen nicht einen einzigen Ton verlauten zu lassen. Dank allein, war die leere Plastikschale im Müllbeutel – dennoch hätte Mizuki sich über ein kleines, ehrliches 'Danke' gefreut. Doch musste er einsehen, dass sich etwas zwischen ihnen änderte und damit musste er wohl oder übel leben.

So, wie auch Mao, der damit kämpfte, wie er zum Teufel noch Eins seinen Dank hierfür aussprechen sollte, wo er sich doch benahm, wie das letzte Stück Scheiße! Mal ganz davon abgesehen, war es außerdem von Nöten eine Entschuldigung auszusprechen, aber ausgerechnet jetzt waren seine Eier so klein, dass er behaupten wollte, sie im Leistenkanal erst einmal suchen zu müssen!
 

Wie erbärmlich!
 

„Ohhh Goooott, 'chkönnte … keine Ahnung ey“, stöhnte Mao langatmig von sich, ließ den Körper nach hinten gegen die Couch sinken und legte tief einatmend beide Hände mit festem Druck auf die Stirn. „Weißt du“, starrte das Augenpaar angestrengt, gläsern zur Decke. „Ich kapier einfach nich wie man so sein kann. Ich mein … du. Ich komm dir total blöde, und du entschuligst dich, verstehst du? S'doch falsch. 'Chmein … Ich. ICH muss mich doch entschuldigen, nich du. Oder dein Tanzweibchen. Wieso gibt sie mir Kuchen und sagt, ich kann mit Sushi essen kommen? Wieso? Mehr Anti-Auren kann ich ihr doch nich hinwerfen, ich hab nich mehr.“ Völlig verzweifelt darüber gluckste Mao auf, setzte sich wieder aufrecht hin und schaffte es nunmehr Mizuki direkt anzusehen.

Sein Küken.

Sein hübsches, süßes Küken, welches in jenem Moment milde lächelte und die Schultern andeutend hob. „Dir geht’s gerade eben nicht so gut“, antwortete jener leise und erntete ein verblüfftes Schnaufen.

„Und das is ok? Ich mein … ich weiß, ich mein gerade viel, aber Zuki … Das is doch keine Freifahrt, um … na ja … so scheiße zu sein, wie ich eben bin! Und jetzt kommst du her und hast Essen gemacht, und ich hab dir vorhin … ich hab dir nichmal tschüß gesagt und du machst mir essen, verstehst du, dass ich das nicht verstehe? Es verkompliziert alles noch mehr in meinem Kopf, weil … ich … fuck!“ Überfordert mit Allem sank der Blick gen Boden, doch der Körper schloss die Distanz zwischen ihnen und rutschte auf. So nahe, dass Mao selbst ein Bein über Mizukis legte, welcher sie seinerseits ausgestreckt auf den Boden langmachte und mit so viel Nähe wiederum nicht rechnete – jedoch sehr glüclich darüber war.

„Nh, Mao. Was, was soll ich denn machen? Dir geht’s, wie gesagt, nicht gut und du redest nicht mehr mit mir, und das muss ich irgendwie akzeptieren. Aber was ich nicht ertragen kann ist einfach, wenn ich dich enttäusche oder du böse bist auf mich, ich will das nicht. Und ich scheine vielleicht dazu beigetragen zu haben, dass du dich eben abwendest, und ich möchte das irgendwie … wieder … gut ...“
 

Eine sanfte Geste, welche eine warme Hand an Mizukis Kinn führte und wundervoll weiche Lippen, welche die seinigen küssten. Wundervoll weiche Lippen, die er schon so oft spürte, dass er zu jenem Zeitpunkt glaubte, es sei ihr erster Kuss, weil der letzte solange zurück lag.

Wann ist das alles passiert?

Und warum?

Warum tat Mizukis Herz so weh, als er feststellte, dass nicht mehr passieren würde. Dass es dabei blieb und keine Vertiefung gab, und wieso glaubte er einen heftigen Stich zu verspüren, sobald Mao ihm anschließend ein dennoch liebevolles „Tut mir leid“ entgegen hauchte?
 

„Seit wann … entschuldigst du dich dafür?“ Verblüfft blickte Mizuki zu Mao auf und begriff dessen Worte nicht. Noch nie entschuldigte sich jener für einen Kuss.

Warum jetzt?

Warum generell?

„Man sollte kein liebendes Herz Fremdküssen, hn“, schmunzelte der Sänger trunken im Mondlicht und lehnte die Stirn an die seines Gegenübers, auf dessen Schoß er mittlerweile saß.

„Wie meinst du das?“

„Ach Mizuki.“ Resigniert schmunzelte Mao abermals, tippte seinem Küken dabei mit dem Zeigefinger auf die Brust und schloss die Augen für einen Augenblick. „Dass da … ist sicherlich mehr damit einverstanden sind es die Lippen die dich küssen, jene der Person, die es selbst im kalten Winter warm werden lässt, richtig?“

Falsch. Totzdem widersprach er Mao nicht. „Wenn du angetüdelt bist… wirst du immer so Phinosofisch“, versuchte Mizuki stattdessen umzulenken, um eventuell dahin zu kommen, wo er hin wollte.

Unweigerlich musste Mao allerdings hinter vorgehaltener Hand auflachen, bevor er dem Jüngeren diesmal mit dem Zeigefinger gegen die Stirn tippte. „Philosophisch, Zuki. Phi-lo-so-phisch. Wie oft muss ich dir das eigentlich noch erklären?“
 

Ohne sich wegen des Versprechers irritieren zu lassen, zog Mizuki die Brauen tiefer ins Gesicht. „Von mir aus so lange, bis du mich wieder lieb hast und auch nüchtern wieder mit mir redest? Ich frage mich nämlich die ganze Zeit … also ...“ lenkte er das Thema wieder auf das Wesentliche, während Mao sich langsam löste und aufstand. „Hab ich dir wirklich nichts getan, was dich vielleicht gekränkt hat? Oder bin ich dir einfach zur Zeit tatsächlich zu jung und zu Hormon gesteuert, dass du einfach, ja, genervt von mir bist? Das war jedenfalls ernst gemeint, dass ich's nicht ertrage, wenn du sauer auf mich bist. Außerdem … na ja, ich … ich mach mir Sorgen um dich. Wir haben sonst immer über alles geredet Mao … und irgendwie warst du immer da … und jetzt bist du so … weit weg. Verstehst du, was ich damit sagen will?“

Schwer seufzend sank der Sänger zum selbigen Zeitpunkt auf die Couch und starrte aus den Fenster. „Eigentlich bist du es, der so unendlich weit weg ist, Zuki“, gab er leise zu verstehen mit einem milden Lächeln auf den Lippen. „Du bist unendlich weit weg. Nicht ich…“, lächelte Mao weiterhin, doch eine Antwort des Gitarristen blieb aus. Er verstand nicht.

Wie sollte er auch?

Mao war doch derjenige mit verquerten Gedanken, weswegen er abermals tief Luft holte und seine Eier wieder an Ort und Stelle brachte. „Natürlich verstehe ich was du mir damit sagen willst Mizuki. Und um ehrlich zu sein … war ich nie sauer auf dich, sondern auf mich selbst. Verstehst du? Ich hasse mich zur zeit abgrundtief. Wirklich, das ist mein Ernst. Ich kann auch echt mit niemanden reden, oder einfach mal alles raus brüllen … also … lass ich's völlig bekloppter Weise an dir aus. Dabei trifft dich gar keine Schuld für meine Denkweisen und meine Probleme, die ich mir dadurch selbst erschaffe. Deswegen tut’s mir, schon wieder, wahnsinnig leid, was hier passiert ist. Dass ich dich behandle wie den letzten Idioten, dabei bin ich der Idiot. Und trotzdem kommst du zu mir … das ist … oh man, Mizuki … du bist so ein toller Junge, wirklich. Behalte das bitte. Behalte bitte diesen Charakter und deine ganz eigene Ausstrahlung, es ist … wundervoll. Ich bereue nicht einen Tag, dass ich dir ewig hinterher telefoniert habe damals, um dich fast schon zu nötigen zu Sadie zu kommen. Wirklich nicht … du bist das Beste was mir passieren konnte Zuki.“

„…“
 

Ja.

Ja, Mizuki hatte auf einen Wortwechsel gehofft an diesem Abend, um nicht mit einem schlechten Gefühl in die Tour zu starten. Doch alles was er sich erhoffte, wurde just in diesen winzig kleinen Augenblick, durch so wundervoll gewählte und von Herzen ehrlich gemeinte Worte so dermaßen übertroffen, dass die bleierne Schwere in Mizukis Brustkorb mit einem heftigen Schlag auseinanderbrach und Platz zum Atmen schaffte.

Er war nicht Schuld.

Er war nicht Schuld, und Mao keineswegs sauer oder enttäuscht von ihm. Diese Gewissheit zu haben war ein unbeschreiblich schönes Gefühl, sodass Mizuki vollkommen überwältigt von einer Welle der Emotionen geleitet aufstand und seinen Schatten direkt auf den sitzenden Sänger fallen ließ. Jener starrte einen weiteren Moment sinngemäß durch den Gitarristen hindurch, bis er schließlich den Blick hob, direkt den des Kükens aufsuchte, der sich nun in die Hocke begab, die Hände auf Maos Oberschenkel legte und tief Luft holte.

„Mao?“ Es war nur ein Hauch.

„Hm?“ Es war kaum zu hören.

„Lauf bitte langsamer, wenn du schon meinst in die andere Richtung zu laufen. Sonst hol ich dich ja nie ein um dich wieder abzuholen. Gibt’s nicht irgendwo 'ne Bank in der Nähe? Setz dich und mach Pause. Ich bin schon … ich bin unterwegs.“ Erneut gehauchte Worte, erneut brach ein Felsbrocken entzwei. Jener gehörte diesmal Mao, welcher nicht an sich halten konnte und schwer zu atmen begann.
 

Weinen?

Schon wieder weinen, wie ein verschissenes Schulkind? Nur weil er so ein abartiger Loser war und Mizuki mit keinem Wimpernschlag jemals verdiente? Er verdiente diesen wunderbaren Menschen nicht, der vor ihm kniete, näherkam, eine Hand an seine Wange legte, so zärtlich, als seien sie frisch vermählt und-

„Scheiße, Mizuki“, schnieften sich die Worte verzweifelt und ergeben über die Lippen. „Ich hab keine Ahnung was mit mir passiert zur Zeit. Aber … hol mich bitte … hol mich bitte wieder ab, oder sag mir einfach … wo du gerade bist. Dann komm ich zu dir“, heiserte Mao verzweifelt von sich, bevor er die Aura seines Gitarristen so nahe spürte, wie schon lange nicht mehr und erwartend die Augen schloss.
 

Erwartend, glückselige Gefühle.

Erwartend, den zärtlichen Kuss, welcher mit dem Körpergewicht zusammen dafür sorgte, dass sie beide schließlich auf der Couch lagen.

Diese wundervoll große Hand erwartend, wie sie die seine suchte um die Finger miteinander zu verschränken, während die andere Schutz und Geborgenheit vermittelte, indem sie ihn einfach nur festhielt. So viel Körpernähe herstellte, wie möglich war und dieses absolut berauschende Gefühl erwartend, sobald sich ihre Zungen umgarnten, sobald warmer Atem seine Wange streifte.
 

Mehr.

Oh Gott, Mao wollte so viel mehr!

Und doch genoss er diesen Moment in vollen Zügen. Genoss dieses Privileg, welches ihm zuteil wurde und genoss ebenso die anschließende Kuschelstunde auf der Couch, bis Mizuki schlichtweg neben ihm eingeschlafen war und Mao bereits Wangenkrämpfe bekam von seiner Starrerei. Seiner, 'Über-beide-Ohren-grinsen-Starrerei'.
 


 

„Liebes Tagebuch,
 

er ist so unglaublich süß!

Er riecht so gut!

Schmeckt so gut!

Ich fasse ihn gerne an, fühle mich wohl und aufgehoben!
 

Er ist hier!

Er ist wirklich hier ich kann mein Glück kaum fassen!

Weil er HIER ist! Einfach nur hier ...
 

Ich drehe frei, ich möchte unendlich weit laufen, um

diesen Drang in mir zu stillen, um ins Bett zu fallen und zu schlafen, aber

ich kann nicht! Ich will nicht. Aber ich kann auch nicht.
 

Ich kann einfach nicht.
 

FUCK!

Ich schreib jetzt meinen Byouttaro!“
 


 

Fünf Flaschen Bier und dreiunzwanzig Versuche eine Nachricht zu tippen später, sollte endlich der Moment gekommen sein. Der Moment, eine saubere Nachricht an seinen besten Freund zu senden. Mit Alkohol und Autokorrektur schien diese Aufgabe zu bewältigen zu sein. Ohne Nachdenken, einfach den Finger tippen lassen, was die Gedanken mitteilen wollten und e voila! Eine Nachricht entstand!
 

>Liebe Byou. Bitte entschuldige, dass ich igh mich so lange nicht gemeldet habe. Meine letzte Antwort war auch sau Magier, es tut mir leid! Aber mein Kopf ist so voller, morgen starten wir die Tour und sind übrigens auch in Tokio! Können wir uns segeln ,? y darf ich dich versuchen kommen wenn es geht? Und wie geht es dir jetzt? Heilt die Kunde gut, kannst du wieder laufen, hören, alles Ebene? Ich muss dich sehen, du fehlst mir und ich schlage mich ganz ehrlich wirklich dafür, dass ich mich ewig nicht gemeldet habe (;__;) Wirkluch! Ich meune das Ernst! Ich liebe dich. (^//x//^)/“) Und ich liebe Mizuki. Also in schwul O_O aber sag das nich nicht, weil ich komm auf die zwei Tanztitten niucht klar! Hoofenlich bin ich noch nich tuckig weil Aki das gesagt hat!<
 

Zufrieden seufzend nickte der Sänger die Info auf dem Display ab, dass die Nachricht gesendet wurde und legte das Smartphone auf den Tisch. Na also, war doch gar nicht so schwer. Man müsste ihn doch nicht neu zeugen, welch gute Neuigkeiten für die Welt! Blieb nur zu hoffen, dass Byou ihm weder sauer war, noch-

.

.

.
 

Neue Nachricht von Byouttaro: >Ohne scheiß, bist du stoned oder nur besoffen?! Mao? Ich rufe dich jetzt an, ok? Du musst dann das rote Kreiselding auf dem Bildschirm nach rechts wischen! Schaffst du das?<
 

> jaT.+;T Ich liebe- dich<
 

Eingehender Anruf: Byouttaro ♥
 

----------------------------------------

Next?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kao
2020-08-29T06:46:25+00:00 29.08.2020 08:46
Hach ja~ ich musste die FF einfach nochmal lesen 😭
Sie ist einfach so schön~ die beste Sadie FF die ich je gelesen habe!
Und jetzt kommt noch Byou dazu *---*
Ich hoffe du schreibst iiiiirgendwann weiter und gibst sie nicht auf ^^
Ich liebe Mao und Mizuki! Zwei süße Spinner! 😍😍😍♥️♥️♥️
Von:  kaei
2017-11-01T20:03:25+00:00 01.11.2017 21:03
Oh my gosh... ;___; right in the feels!

First of all: ich bin soooo glücklich, dass du mal wieder Zeit für ein Kapitel gefunden hast <3 vielen herzlichen dank!!

So... und nun: was fällt dir ein mir das meinen Gefühlen anzutun? Man... ich liebe Mao und Mizuki so sehr... kann mir das so gut vorstellen wie Mao aus reiner Verzweiflung zu so einem bockigen Vollidioten mutiert und das kleine süße Monster nur nebenan unwissend und von Fragezeichen umzingelt dasitzt! Es ist so schön, dass sie sich annähern ♥ Nur Mao liebt den Alkohol zu sehr... dieser Phinosoph! (Oder eher Vino-soph? XD) Hach~ ich freue mich schon auf die Fortsetzung und den ratsamen Worten von Byouttaro ♥

Vielen Dank nochmal :3
Antwort von:  xManja
04.11.2017 15:46
Mei, wie süß von dir, danke für das liebe Feedback :3 Und dass obwohl so lange nichts passiert ist an der FF!
Von:  kaei
2016-10-19T06:55:33+00:00 19.10.2016 08:55
OMG ein neues Kapitel *______*
Gosh... so viele... feels ;__; Mao tut mir so leid, ich leide mit ihm! Ich kann ihm so nachfühlen wie er sich vorstellt der Alten die Augen auszukratzen, oder sie gleich im Meer zu ertränken u.u" Ich hasse diese Tussi...
Aber es ist schön, dass er endlich wenigstens ein bisschen Reden konnte und Aki ihn nicht verurteilt <3
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel! :33
Von:  Kao
2016-10-18T21:58:23+00:00 18.10.2016 23:58
OMG ein neues Kapitel *~* Gott sei dank hab ich nachtschicht! XD dann kann ich es gleich lesen und schreib dir noch ein Kommi xD
Antwort von:  Kao
19.10.2016 17:38
Sooo~ endlich fertig xD' hat etwas gedauert~
;___;~ Ich mag weinen~ armes Mao baby~ ;3;
Aki ist der beste Freund! *O*~ Schön das er sich so Zeit nahm und für Mao da war~ *O* <3
Ich bin gespannt wie es weiter gehen wiiiiird!!! *_______________*~
Von:  Kao
2016-07-03T09:05:51+00:00 03.07.2016 11:05
Wie süß! Wie süüüüüüß!!!!! *~*
Bitte meeeeeehr davon!!! *_________*
Antwort von:  xManja
24.07.2016 16:12
Kommt kommt (;
Von:  kaei
2016-06-21T11:42:25+00:00 21.06.2016 13:42
Wie kann diese Fanfic keine Kommentare haben? O.o

Also fang ich mal an u.u~
Es ist bewundernswert wie viele Details du in die FF gepackt hast. Angefangen von Mao's und Mizuki's Verhalten als Mao Sadie gegründet hat, über die Lyrics, bis hin zu Mizuki's Vorliebe für Blümchenmuster. Da ich selbst in den letzten Wochen viiiieeele Interviews gelesen habe ist das eine tolle Fanfic, die nicht einfach hingerotzt wurde, sondern wirklich von einem treuen Fan geschrieben wurde (dazu ist das Pairing einfach PERFEKT ♥)
Ich mag diese süßen "Liebes Tagebuch"-Absätze und das Gefühl was du vermittelst. Hin und wieder sind gerade die langen Sätze etwas holprig zu lesen, aber bei der Kapitellänge liest man die Sätze gern noch ein weiteres Mal :3

Ich freue mich schon auf deine Fortsetzung!

Antwort von:  xManja
29.06.2016 19:14
Oh, das freut mich jetzt übertrieben, dass es doch noch Menschen gibt, die sich auch mal mit Hintergrundwissen der Band befassen. T^T <3 Danke, danke für den ersten Kommi. Ich bemühe mich bei jedem Kapitel die endlos langen Sätze zu kürzen. (; Iwann schaff ich das auch noch ;D


Zurück