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Love me like a Drama, Boy

von

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Kapitel 8

Kapitel 8

 

Jacek

 

Montag schaffte ich es, das Zusammentreffen mit Chris gekonnt zu überspielen.

Dienstag war es schon fast vergessen.

Mittwoch hielt ich es für einen dummen Scherz und mich für total bescheuert, dass ich so heftig darauf reagiert hatte.

„Jago, kommst du?“

„Hm?“ Verwundert stellte ich fest, dass das Klassenzimmer fast leer war und meine Freundinnen mich abwartend musterten.

Hatte wohl das Pausenklingeln verpasst.

„Ja klar. Geht ihr schon mal vor? Ich komm gleich nach. Muss nochmal pinkeln und…“

„Schon klar.“ Abwehrend hob Bryn die Hände. „Keine Details. Wir warten am Schultor auf dich.“

Ich wartete bis ich sicher sein konnte, dass sie weg waren, ehe ich mich erhob und tatsächlich zur Toilette schleppte.

In der Kabine schloss ich mich ein, setzte mich auf den geschlossenen Deckel und kramte mein Telefon aus der Tasche.

Hatte mich den ganzen Tag noch nicht getraut auf das Gerät zu schauen.

Würde mich das gleiche erwarten wie gestern? Vorgestern?

Das kleine Lämpchen blinkte wie wild.

Ich wollte kotzen…

Ohne sie zu lesen schob ich die Nachrichten beiseite. Für keine der 39 Stück fühlte ich mich bereit.

Es wäre so einfach seine Nummer zu blockieren… mir eine andere Nummer zuzulegen. Doch was würde das über mich aussagen?

Wollte ich wirklich so kindisch sein? Mir solche Mühe wegen einem Kerl machen, der es nicht wert war?

Nein verdammt!

Ungehalten trat ich gegen die Kabinentür, öffnete die Nachrichten nun doch und schrieb zurück.

>Lass mich in Ruhe!<

Ganz einfach. Genauso einfach wie es für ihn gewesen wäre drei Wörter zu äußern, von mir aus auch vier…‘Ich bin schwul‘ ‚Das ist mein Freund‘ So leicht.

>Du wolltest es so. Nun leb damit.<

Ich war fertig mit ihm.

Hoffte ich…

Er antwortete beinahe augenblicklich. Hatte er nichts zu tun auf Arbeit?

Keine Einsicht zu sehen in seiner Nachricht.

Zeitverschwendung…

Ohne zu antworten, es hatte einfach keinen Sinn, steckte ich das Telefon zurück, wusch mir Hände und Gesicht mit kaltem Wasser und setzte eine fröhliche Miene auf.

Perfekt… wenn man nicht zu genau hinsah.

 

Langsam, fast unwillig hier raus und zu den anderen zu kommen schleppte ich mich nach draußen. Am Rande merkte ich, wie Pascha mich von irgendwoher grüßte und begann irgendetwas zu erzählen.

„Alles ok mit dir? Tut dir die Nase wieder weh? Siehst kacke aus…“, unterbrach Noah sowohl meine abschweifenden Gedanken als auch Pawels Geplapper.

„Stimmt jetzt wo du es sagst… Vielleicht solltest du zur Schulschwester…“

„Hab eh Schluss“ wehrte ich ab ehe ich mich halbherzig von den beiden verabschiedete und auf den Schulhof hinaus trat.

Eine Maschine zum Teleportieren bräuchte ich jetzt. Zack, wäre ich zuhause und könnte mich in meinem Bett verkriechen und hoffen, dass Morgen alles besser ist.

Meine Füße wollten mich stur zur Haltestelle tragen, doch mein Kopf hämmerte mir ein, dass es besser für meine Gesundheit wäre, nach den beiden Grazien Ausschau zu halten. Mein Kopf gefiel mir ganz gut dort wo er jetzt saß.

Via ging in Menschenmengen ständig unter, weshalb ich nach Bryn Ausschau hielt. Zwar war sie sie kleinste Person die mir je an dieser Schule begegnet ist, dennoch… ihre fast weißblonden Haare und die schrillen Blümchenblusen –heute waren Narzissen aufgedruckt- wirkten wie ein Leuchtfeuer.

Schon nach kurzem überfliegen der wartenden Schüler –die armen Idioten mussten sich noch weiter quälen während ich schon nach Hause durfte- erhaschte ich einen Blick auf diese Horrorbluse. Zaghaft lugte sie hinter einem Schrankartigen Rücken hervor. Wild gestikulierend unterhielt der Lockenkopf sich mit meinen beiden Freundinnen.

Wen hatten sie denn da aufgegabelt?

Noch während ich dies dachte machte es klick.

Solche widerspenstige Locken hatte nur einer, selbst wenn er die Haare extrem kurz hielt!

„Tommy!“

Wie ein Fünfjähriger, der den Weihnachtsmann entdeckt hatte rannte ich los, nahm Anlauf und landete grazil auf dem breiten Rücken. Die Arme im Würgegriff um den Hals meines Bruders geschlungen. Was mir im Nachhinein Leid tat, da es höllisch wehtun musste, war immerhin keine fünf mehr…

„Lass mich leben Kleiner“, auf sein Krächzen hin lockerte ich meinen Griff, ließ jedoch nicht von ihm ab.

Für außenstehende musste es äußerst merkwürdig anmuten, wie ich da an diesem armen Kerl hing. Da er aber nichts dagegen unternahm…

„Was machst du hier?“

„Mich bei deinen Freundinnen einkratzen, damit ich dich entführen kann, auch wenn geplant war, dass du heute mit zu Vivianne fährst.“

„Ach so.“ Ich hob den Blick von der stoppeligen Wange meines Bruders zu den Mädels. „Darf er?“

Beide musterten mich erst streng, grinsten dann jedoch und wünschten uns viel Spaß. Jedoch nicht ohne mir das Versprechen abzunehmen nachher zu berichten was so wichtig war, dass Tomasz sich frei nahm.

 

„Will ja nicht unhöflich klingen aber… warum bist du eigentlich hier?“

Tommy hielt neben seinem Auto an und ich rutschte von seinem Rücken. Auch mit -grade so- siebzehn machte das Tommy-Taxi noch immer Laune. Dürfte er immer machen, wenn es in der Schule nicht so bescheuert aussehen würde.

„Steig ein. Erzähl ich dir beim Eis essen.“

Oh, oh… Eis essen war fatal… Manchmal.

Er lud mich immer zum Eis essen ein wenn etwas Schlimmes passiert war. Beispielsweise als sie Minka einschläfern lassen mussten, oder als meine Babysitterin weggezogen ist und so nicht mehr auf mich aufpassen konnte –Susi… eine der wenigen Frauen von denen ich behaupten konnte ich hätte sie abgöttisch geliebt…- Oder aber es war etwas Gutes. Beispielsweise, dass ich im Sommer doch in den Schauspielkurs gehen konnte, da sich ein anderer Teilnehmer das Bein gebrochen hatte und so ein Platz für mich frei wurde…

Da wir weder Haustiere noch Babysitter besaßen hoffte ich einfach, dass er wegen unserer Nachbarn keinen so großen Aufwand betreiben würde und wir wegen etwas gutem Eis essen gingen.

Er fuhr an der Eisdiele vorbei, in der ich mit Bryn und Via immer einkehrte. Stattdessen hielt er vor der kleinen, original Italienischen Eisdiele an, in der eine Kugel so sündhaft teuer war, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam sie nur anzusehen.

Oh Gott… Hatte mein Arzt angerufen? Hatte ich eine schreckliche Krankheit und musste sterben? Hatte Tommy eine schreckliche Krankheit und musste sterben?

Panik kam in mir auf, bis Tomasz mir lachend gegen das Ohr schnippte und mich bat, endlich die Horrorszenarien beiseite zu schieben. Stattdessen sollte ich meinen Arsch doch bitte da rein bewegen und uns einen Tisch krallen, während er ein Parkticket zog.

 

Einen Tisch zu finden, war schwerer als erwartet. Trotz der Horror-Preise war das Lokal mehr als gut besucht. Die schnuckelige –wie ich vermutete ebenfalls original Italienische- Bedienung konnte mich jedoch an einem Tisch für zwei unterbringen. Dem Letzten wie es aussah.

Nett… So machte Sardine spielen Spaß.

Wie man es von einem Kerl wie Tomasz erwartete, stolzierte er durch das Lokal, ignorierte es, wenn Leute sich beschwerten, weil er sie angerempelt hatte und ließ sich zufrieden schnaufend mir gegenüber nieder.

Eine Schneise der Verwüstung hinter sich herziehend, wäre etwas übertrieben formuliert, doch die Leute die ihm im Weg gesessen hatten, sahen allesamt nicht glücklich aus.

Hob meine Stimmung gewaltig.

Brauchte ich nach meinem Chris-Tief und den Horrorvorstellungen, die mein Hirn sich ausgedacht hatte.

 

„Also?“ Abwartend stierte ich meinen Bruder an, da wir bereits bestellt hatten, er an seinem Kaffee nippte, jedoch noch nicht mit der Sprache herausgerückt war, warum wir eigentlich hier saßen.

„Ich…“

„Ja?!“ Seine dramatischen Pausen kotzten mich an. Wer zum Henker hatte ihm diesen Scheiß beigebracht?

„Hab den Rest der Woche frei und werde ab nächste Woche in der Waltherschen Werkstatt arbeiten.“

Das zufriedene Strahlen, das sich über sein Gesicht legte, ließ ihn Jahre jünger aussehen. Gut vielleicht nicht… Aber jetzt fiel mir auf, dass der Stress der letzten Zeit, wie weggeblasen schien.

Er wirkte ruhiger, entspannter und definitiv zufrieden.

„Schön.“ Ich brach nicht in Jubelgesänge aus, doch er wusste, dass ich mich für ihn freute.

„Ja, nicht?“ Der Bedienung, die unser Eis brachte wurde ein ebenso breites Lächeln geschenkt wie mir und der Frau, die noch immer versuchte Eis und Topping von ihrem Dekolletee zu kratzen –bei ihr war Tommy besonders überschwänglich an den Stuhl gestoßen und hatte ihren XXL-Busen gnadenlos in ihren Eisbecher gedrückt.

„Und rate mal wer auch wieder bei Walther angefangen hat!“, forderte er mich mit Löffel im Mund auf. Sämtliches erlerntes Benehmen wie weggewischt.

„Der Quotentürke…“

„Was… wieso… woher… Wenn du es errätst macht es keinen Spaß.“ Sein Schmollen brachte nun auch mich dazu debil zu grinsen.

„Hab Achmed letztens gesehen. Hat mir erzählt das er zurück ist…“

„Er heißt nicht Achmed. Warum nennst du ihn immer so?“ Das ‚Spielverderber‘, welches ihm offensichtlich auf der Zunge lag, wurde mit dem nächsten Löffel Eis hinuntergeschluckt.

„Weil ich ihn nicht Andreas nenne! Mit Achmed klingt er wenigstens genauso undeutsch wie wir!“ War das nicht klar? Außerdem war das so unser Ding. Er war Achmed und ich war… was auch immer ihm gerade einfiel… Ganz einfach.

Tommy beließ es dabei, verdrehe jedoch die Augen, während er weiter löffelte.

„Habt ihr zwei eigentlich endlich mal ein Date oder stehst du immer noch so auf dem Schlauch, wie letztes Jahr?“

Wohlweislich wählte ich einen Moment, um diese Frage zu stellen, als mein Bruder nichts im Mund hatte, mit dem er mich vollprusten konnte.

„Was?“

Ich ignorierte seinen entsetzten Ausdruck.

„Lad ihn die Woche doch mal zu uns zum Essen ein. Freut ihn bestimmt… Und mich. Es ist witzig zu sehen wie er um dich herum tänzelt und du nichts merkst.“

„Andreas will nichts von mir. Kannst du es bitte einsehen?“

Genervtes Schnauben auf drei, zwei, eins… Danke Nase, perfektes Timing.

„Sicher. Und das tut er auch nicht schon seit ihr zusammen in der Lehre wart. Alles klar.“ Kopfschüttelnd machte ich mich weiter über mein Eis her, das drohte in eklige Suppe zu zerfließen.

„Lad ihn trotzdem ein. Ist ewig her, dass du mal Besuch hattest… und für jemand anderes kochen musstest als mich. Lässt langsam nach.“

„Bitte?“ Empört warf er mit einem Deko-Waffelröllchen nach mir. Den Kommentar zu Achmed –ich blieb dabei, er durfte nicht deutscher klingen als ich!- überging er, wie jedes Mal. Für manche Dinge war er einfach so blind…

Vermutlich dachte er noch er würde ihm einen Gefallen tun, wenn er es ignorierte und sie einfach weiter Freunde blieben…

Ich versuchte gar nicht erst, diesen Gedanken in Tommys Kopf zu korrigieren. Er würde selbst irgendwann sehen, dass Ignoranz keine Lösung war. Zumindest keine Gute.

„Hmm… mach ich dann.“

„Mach es jetzt, sonst drückst du dich.“

Er starrte mich an. Ich starrte zurück.

„Man… ich bin hier der reife Erwachsene. Hör auf mich anzusehen, als wäre ich ein dummes Kind, das irgendwas falsch gemacht hat“, zischte er missmutig, griff dennoch gehorsam nach seinem Telefon und tippte eine Einladung.

Demonstrativ hielt er es mir entgegen, damit ich sehen konnte wie er es abschickte.

„Zufrieden?“

„Nö… Lass uns ins Kino gehen… weil du grad so spendabel bist…“

Er verdrehte die Augen, sagte jedoch nichts gegen meinen Vorschlag.

 

 

Noah

 

Den ganzen morgen schon beschwerte Pascha sich darüber, wie scheiße ich war. Was konnte ich denn bitte dafür, wenn ich schlechte Laune hatte?

Einige würden sagen ‚viel‘. Ich war da aber anderer Meinung.

Meine schlechte Laune hatte nichts mit mir zu tun.

Womit dann?

Tja, wenn ich das wüsste.

„Du musst dir echt mal was zum Vögeln suchen. Ist echt nicht mehr auszuhalten mit dir…“ Kopfschüttelnd krachte Paschas Hand ein paar Mal auf meinen Rücken, ehe er sich verabschiedete und verschwand.

Heute würde er wohl nicht mehr vorbei kommen.

Danke auch.

Was für ein bester Freund…

Murrend machte ich mich auf den Weg zum Auditorium.

Vor mir bildeten die Schüler eine Schneise, wie man es sonst nur im Film sah. War ganz cool, hob meine Laune jedoch auch nicht. Nicht merklich zumindest.

Mit dunklen Haaren und Dreitagebart würde ich Mr.BigBadAlphawolf der beliebten Teenie-Serie abgeben… Oder Grumpy Cat… Kein großer Unterschied.

 

Als ich im Auditorium ankam waren alle anderen schon da –seltener Anblick, ehrlich- und schienen bereits fleißig am Proben zu sein. Zumindest versuchte Jago irgendwas zu diesem… wie hieß er… Leon… Lars… nee Lukas, zu sagen, doch dieser plapperte weiter fröhlich in den Raum hinein und reagierte gar nicht auf den Anderen.

Ja… gehörte definitiv zum Stück. Im echten Leben würde er sich nie so über den Mund fahren lassen…

Dämlicher Arsch…

Felicitas warf mir einen bösen Blick zu, als ich mich knurrend auf einen der Sitze fallen ließ. War eh noch nicht dran, bis Milla floh und durch den Wald irrte… konnte noch dauern.

 

Als ich dann doch auf die Bühne musste, war sämtlicher Elan, den ich heute eh nicht besaß verschwunden. Demnach konnte ich zwar meinen Text aufsagen ohne grobe Fehler dabei zu machen, doch selbst ich merkte, dass jeder Stein mehr Ausdruck hatte als ich.

Immer wieder versuchte Jago mich anzustacheln endlich ordentlich zu spielen. Klappte aber nicht. Sodass er schließlich aufgab und das Beste daraus machte.

Zumindest bis Feli die Faxen dick hatte und die Probe unterbrach.

„Jago… lass die anderen Atem- und Sprechübungen machen. Sie sind eingerostet. Und Noah…“ Böse schaute sie mich an. Versuchte es zumindest. Der Türkisfarbene Kajal um ihre Augen ließ sie jedoch nicht sehr böse dabei aussehen. Eher wie das hilflose Opfer eines Farbunfalls.

„Wir versuchen jetzt etwas an unserem Ausdruck zu ändern, ja?“

Mit wir meinte sie sich mit uns meinte sie mich. Ganz klar. Ärzte redeten auch immer so als wären sie in irgendeiner Weise an einer Krankheit beteiligt…

Nervig!

Dennoch versuchte ich zu lächeln –nicht gerade begeistert- und die ganze Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.

Mit Jago zu üben wäre mir echt lieber. Seine Stimme war nicht so nervig schrill, sondern konnte einen richtiggehend einlullen. Wenn man als schon nix verstand konnte man wenigstens mit beruhigenden Klängen abschalten.

„Noah… Noah!“

„Ja?“ Erschrocken fuhr ich zusammen. Seine Stimme funktionierte auch durch pures Vorstellen. Sollte ich mir merken, falls ich mal wieder nicht schlafen konnte.

„Könntest du mit deinen Gedanken in dieser Sphäre hier schweben?“ So wie sie fauchte, war es eindeutig keine Bitte.

Stumm seufzend versuchte ich mich auf sie zu konzentrieren.

Ging nicht lange gut.

Gerade wenn sie einmal zufrieden nickte, da ich irgendwas richtig gemacht hatte –keine Ahnung wie oder was überhaupt, aber immerhin- brach eine gewisse Person hinter mir in Gelächter aus oder sprach eine seiner Textpassagen völlig seltsam oder Atmete einfach, sodass ich es mitbekam.

Es war zum Haare raufen!

„Noah…“ Und wieder mein Name. Diesmal jedoch leise, beinahe verzweifelt klingend. „Was war heute los mit dir? Bisher hast du dich wirklich gesteigert… aber heute…“ Theatralisch seufzte Felicitas, warf mir noch einen unzufriedenen Blick und ein ‚versuch es morgen wieder besser hinzubekommen‘ entgegen, ehe sie sich an die anderen wandte, die noch immer wie verrückte irgendwelche Pferdelaute und Hechelgeräusche von sich gaben.

„Schluss für heute meine Lieben. Morgen steigen wir frisch ein. Dann will ich brillante Ergebnisse sehen!“ Die Rothaarige klatschte ein paar Mal kurz und kräftig in die Hände und war schließlich eine der ersten die verschwand.

 

„Ist irgendwas passiert?“

„Nh…“

„Redest du nicht mit mir?“

„Hm…“

„Hab ich dir irgendwas getan?!“ Wurde ich schließlich angefahren, schaute jedoch nicht auf, sondern warf mir den Rucksack über.

„Nerv jemanden der älter ist als ich. Deinen Freund beispielsweise.“

„Meinen was…?

„Ich bin zu jung für dich. Also lass mich einfach in Ruhe“, fauchte ich den Brünetten ungehalten an und ging auf den Ausgang zu.

Keine Ahnung wo das plötzlich her kam. Im Nachhinein war mir das ganze mehr als nur peinlich.

„Bleib stehen du Arsch! Du wirst mich nicht hier stehen lassen, nachdem du so eine gequirlte Scheiße von dir gegeben hast!“

Egal ob ich wollte oder nicht, der Befehlston fraß sich in meine Knochen und ließ mich in der Bewegung gefrieren.

„Komm her…“ Wieder der Befehlston und wieder hörte ich aufs Wort.

Hatte ich nun nicht nur eine Vagina von Zeit zu Zeit, sondern war auch noch ein gut dressierter Hund?

„Und jetzt: was war das gerade? Das war echt zu hoch für mich.“

Knurren wollte ich –und dann zum Kätzchen mutieren und fauchen- doch der irre Blick, den er mir zuwarf als ich den Mund öffnete, riet mir die Klappe zu halten und gut drüber nachzudenken was ich als nächstes sagen würde.

Gut. Wie er wollte.

Ich atmete tief durch.

Sammelte meine Gedanken.

Und bat ihn höflich mir nicht auf den Sack zu gehen. „Ich hab heute schlechte Laune und echt keinen Nerv für dich. Geh und fall deinem Freund auf den Wecker!“

Ich hatte mir fest vorgenommen mich umzudrehen und davon zu stolzieren. Wie eine dieser Diven im Fernsehen.

Doch da Jago wohl die einzige Diva weit und breit war, wusste er das gekonnt zu vereiteln.

Seine Finger schlossen sich in einem schraubstockartigen Griff um meinen Oberarm –nein nur einen Teil davon, tse- quälend langsam zog er mich daran zurück in meine Ausgangsposition und ließ mich schließlich los. Die Hände sinken lassend, bis die Daumen sich in seine Taschen hakten.

„Ich ignorier deinen Ton einfach mal. Schlechte Laune ist verständlich… Aber … Welcher Freund?“

Wollte der mich für dumm verkaufen?

Meinen Blutdruck auf 180 treiben? Zu spät, da war er schon längst! Und soweit drüber hinaus, dass ich in Großbuchstaben denken wollte! GOTT!

„Der alte Sack mit dem du auf dem Schulhof rumgeschmust hast…“

„A…ha“, machte er knapp, zog die Daumen aus den Taschen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Warum denkst du, dass das mein Freund war?“

Zähl bis zehn Noah. Zähl bis zehn. Oder besser gleich bis hundert. Der will dich nur zur Weißglut treiben!

„Du hingst an ihm wie ausgekauter Kaugummi. Dir flogen förmlich Herzchen aus den Augen“, knurrte ich ihm entgegen, in der Hoffnung dass es endlich reichte und ich nach Hause durfte. Ich musste mich mit Eiscreme und Co. abreagieren.

„Okay… so absurd und witzig… -und erwähnte ich absurd?- das auch gerade ist… Und ich dich wirklich zu gerne weiter so ausrasten sehen würde… Ich hab beim besten Willen keine Zeit dafür.“ Kopfschüttelnd strich er sich durch die Haare, welche sich heute als Vogelnest tarnten. Hatte nach der letzten Nacht wohl keine Zeit sich hübsch zu machen. Zum kotzen wenn man Leuten ihr Liebesleben ansah!

„Außerdem…“ Er griff nach seiner Tasche, drängte sich an mir vorbei und blieb, mit der Hand am Türknauf, stehen. „…dieser ‚alte Sack‘ ist erstens gerade mal 26…“

Tse, klar. Grade Mal. Du warst noch minderjährig du…

„…und zweitens mein Bruder.“

Aha, sag ich doch … was? Nein warte. Halt. Stopp. Hä?

Wie Bruder, was?

Mir schlief spürbar das Gesicht ein. Bruder. Bruder… Bruder. Wieso verdammt hatte er einen Kack-Bruder? Warum verhielt er sich so mit ihm und weshalb… war mir das nicht ganz einfach scheißegal… es war Jago. Und sein Bruder.

„Oh…“

„Ja, oh. Und das nächste Mal, wenn du eifersüchtig wirst… dann prüf vorher ob es einen Grund zur Eifersucht gibt.“

Klar. Mach ich. Beim nächsten Mal ist jeder schlauer.

Erneut ratterte mein Hirn auf Hochtouren und brauchte dennoch eine Ewigkeit um das Gesagte zu kapieren.

„EIFERSÜCHTIG!? Was zum… Ich bin nicht eifersüchtig! Worauf bitte?“, schrie ich ihm hinterher, als er den zweiten Fuß durch die Tür gesetzt hatte und drohte die Tür hinter sich zu fallen zu lassen.

Vorsichtig schob er den Kopf zurück in mein Blickfeld.

Eine Augenbraue wanderte nach oben, schrie mir fast schon ein „Ganz sicher?“ entgegen, ehe sich ein Grinsen auf sein Gesicht schlich und er sich mit einem „Das solltest DU am besten wissen, Schnucki“ verabschiedete.

Ganz toll echt.

Stand ich wie der Depp vom Dienst alleine hier rum.

Mit schlechter Laune und der Anschuldigung eifersüchtig zu sein.

Pah.

Davon träumte er doch nur.

Wie ein dreijähriger stampfte ich wütend auf, richtete meinen Rucksack und verließ schließlich im Sturmschritt die Schule, nur um meinen Bus vor meiner Nase wegfahren zu sehen.

„Ganz toll…“ Das Wetter wurde, wie meine Laune, immer schlechter, während ich die zwanzig Minuten auf den nächsten Bus wartete.

Grollen hallte durch die Straßen.

Ein anderer Idiot der den Bus verpasst hatte schaute mich schräg an. Nein das Grollen kam nicht von mir und jetzt schau wo anders hin.

Er brauchte ein paar Sekunden, um meinen gedanklichen Befehl auszuführen.

Ging doch.

Als der erste Tropfen fiel, mir regelrecht bösartig auf die Stirn klatschte, war ich froh den Bus an der Ecke zu sehen. Einen weiteren Tritt hätte der Mülleiner zu meiner Rechten nicht ausgehalten.

 

Die Busfahrt blendete ich lieber aus.

Ich hasste Busfahren ja schon immer, doch heute war es besonders schlimm. Als hätten alle Leute meine Laune im Voraus geahnt und sich deshalb vorgenommen besonders bescheuert zu sein.

Selbst der kurze Fußmarsch von der Bushaltestelle nach Hause stellte sich als Arschloch heraus. Sämtliche Steine stellten sich mir in den Weg. Irgendwer hatte seine dämliche Fußhupe frei laufen lassen welche mich die ganze Zeit kläffend verfolgte, jedoch zu klein war um zum Beißen anzusetzen. Diverse Vögel starteten einen Angriff auf mich. Alles zum Verrückt werden.

Manche würden jetzt vielleicht sagen ich übertrieb… Die waren aber auch nicht dabei. Also Ruhe….

 

„Hallo?“ Keine Reaktion.

In der Küche ließ ich meinen Rucksack auf einen der Stühle fallen und entdeckte einen grässlich rosafarbenen Zettel auf meinem Platz.

„Komm heute später. Das Büro hat angerufen. Heute ist stress“

Bah. Großartig. Durfte ich alleine kochen.

Backofen und Mikrowelle waren leer, was meine Vermutung bestätigte.

Heute war echt alles gegen mich. Es war zum Schreien.

Hätte ich nicht solche Hemmungen und die Befürchtung dass einer der Nachbarn die Polizei rufen würde, wäre das vielleicht auch meine nächste Handlung. So aber bewaffnete ich mich mit der Eispackung meiner Mutter und verzog mich damit auf mein Zimmer.

Auf halbem Weg die Treppe nach oben fragte ich mich, ob der große Löffel reichen würde oder ob ich doch nach der Suppenkelle hätte greifen sollen.

„Scheiß Theaterbubi… färbt auf dich ab…“, murmelte ich mir selbst zu als ich im Flur am Spiegel vorbei ging und mir genervt die Zunge rausstreckte.

 

Die Packung Eiscreme besserte meine Laune erheblich, auch wenn ich ahnte, dass mir das Zeug in spätestens einer Stunde auf den Magen schlagen würde, wenn ich Pech hatte.

Anders als heute Morgen (und Mittag und gestern Abend) war ich gelassen, ruhig. Die Gedanken ausgeglichen. Wer brauchte schon Joga, wenn er Eis hatte?

„Aber mal ehrlich, warum hattest du schlechte Laune?“

Mir war bewusst, dass es mehr als nur seltsam war mit sich selbst zu sprechen, doch mir half es mit mir selbst klar zu kommen.

Zumindest wenn keiner in der Nähe war, der es hätte mitbekommen können. Eine Überweisung zu Mamas Lieblingspsychoheini musste ich nicht auch noch kriegen.

„Keine Ahnung…“ Ich seufzte, starrte an die Decke und überlegte wann das ganze angefangen hatte.

Gestern. In der Schule. Definitiv. Meine Mutter hatte mich zuhause schon wegen meiner Laune ausgequetscht.

War es meine letzte Stunde? Nein, Kunst war ok. Hatte zwar null Talent, doch die Lehrerin drückte ganz gerne einmal, bei so talentfreien Nieten wie mir, ein Auge zu. Vielleicht weil ich Paschas bester Freund war und der wiederum ihr bester Schüler?

Nein, an Kunst lag es nicht.

Sollte es wirklich an Jago und seinem F… Bruder liegen? (Ich kaufte ihm das „Bruder“ nicht ab. Ernsthaft. Wie soll einer so riesig sein und der andere so… Jago halt? Außer einer war adoptiert…)

Schwachsinn… dann hätte der Blödmann recht. Und ich war nicht eifersüchtig. Nie. Na gut… manchmal… Aber doch nicht wegen ihm.

Und was wenn doch? Was wenn ich wirklich eifersüchtig wäre? Dann wäre ich ja schwul. Nein…

Panisch setzte ich mich auf und zerdrückte dabei eines meiner Kopfkissen zwischen den Fingern.

Aber Gott, was wenn ich doch auf Kerle stehe? Mein Leben ist vorbei! Ich müsste von der Schule abgehen. Pascha würde nie mehr ein Wort mit mir reden, meine Mutter würde mich enterben, mein Vater mich auf die Militärschule schicken (na vielleicht doch nicht, zu viele Kerle die mir gefallen könnten). Ich würde einsam und allein und ohne Arbeit sein, da ich die Schule schmeißen und keine Arbeit kriegen würde. Ich wäre die männliche Katzenlady. Nur meine 100 Katzen würden mich lieben… und mich vermutlich bei lebendigem Leibe auffressen, da ich mir kein Katzenfutter leisten kann aber…

Gott, Noah schalt die Vagina aus. Und deine übersprudelnde Fantasie… (Da sollte mein Deutschlehrer nochmal sagen ich wäre nicht kreativ!)

Du bist nicht schwul. Ganz einfach. Und wenn doch wäre es kein Weltuntergang. Schwul sein ist normal. Es ist kein Verbrechen. Es gehört sogar essenziell du Monicas Wahlprogramm!

Da, alles prima. In schwul wäre ich der perfekte Stiefsohn für sie.

Seufzend lehnte ich mich zurück, strich das malträtierte Kissen glatt und versuchte logisch zu denken.

„Denk rational, Noah. Hast du schon jemals Interesse an Männern gezeigt?“

Außer an diesem einen Model, dass sich im Nachhinein als Transgender geoutet und zur Frau hat um operieren lassen?

Nein nicht wirklich. Er… Sie, war aber auch verdammt niedlich. Hilft aber auch nicht weiter. Wenn überhaupt verwirrte es mich. Stand ich nun auf ihn vor dem Outing oder auf sie danach?

Verdammt! Vergiss das Model und denk weiter nach.

Standest du jemals irgendwie auf Kerle?

….

„Nein… immer noch… Nein. Aber es muss doch einen Grund für das Ganze geben…“

Vielleicht erinnerte ich mich nur nicht korrekt.

Vielleicht stand ich ja total auf Kerle und ging deshalb immer als letzter in der Schule duschen. Vielleicht sponn sich mein Gehirn den Ekel vor diesen Idioten nur zusammen, da es insgeheim richtig scharf auf die Typen war und ich sie nie würde haben können…

Ok. Ich übertrieb schon wieder… Eindeutig. Aber die aus meinem Sportkurs waren vielleicht auch nicht geeignet um festzustellen ob man auf das eigene Geschlecht steht.

Doch wie fand man so etwas dann raus?

Rausgehen und wildfremde Kerle abknutschen? Zu einer dieser Gay-Partys gehen?

… Erstens Eklig und zweitens zu langwierig. Ich musste es schnell herausfinden. Am besten sofort!

„Warum komm ich nicht gleich drauf?“ Über mich selbst die Augen rollend schwang ich mich aus dem Bett, warf mich an meinem Schreibtisch vor den Computer und wartete gefühlte Stunden bis dieser hochgefahren und das Internet geöffnet hatte.

Voller Elan flogen meine Finger über die Tasten. Kitzelten aus der allseits beliebten Suchmaschine ein paar einschlägige Seiten hervor und fingen schließlich an zu zittern.

Scheiße.

Was machte ich da?

Ich konnte doch nicht…

Ertappt schaute ich mich um. Vermutete, dass meine Mutter kopfschüttelnd in der Tür steht. Doch ich war alleine. Und würde es noch eine ganze Weile bleiben.

„Du hast alle Zeit der Welt. Keiner kommt vorbei und die Nachbarn können nicht in dein Zimmer spannen“, beruhigte ich mich selbst soweit, dass ich endlich einen der zillionen Links anklicken konnte und…

Mich fragte ob ich tatsächlich weiter machen sollte.

Dürre Bubis die mit alten Säcken zu Gange waren….?

Nein Danke…

Lang und dürr mit lang und dürr. Alt mit Alt. Alle zusammen und keiner so wirklich ansehnlich…

Zurück zur Suchmaschine und einen anderen Link nehmen.

Der sah nicht viel besser aus, doch immerhin schreckten mich hier nicht alle der Titel und/oder Vorschaubilder ab.

Todesmutig klickte ich auf einen Videolink, dessen Titel ich nicht lesen konnte, da ich nie Russisch gelernt hatte. Ein relativ nichtssagendes Gesicht blickte mir auf dem Standbild entgegen.

Der würde gehen. Durchschnitt. Nichts Besonderes… Gut hier vielleicht schon, da mir nicht zuerst sein Arsch und/oder Schwanz präsentiert wurde.

 

Schreie halten durch mein Zimmer und ich hoffte, keiner der Nachbarn würde die Polizei rufen.

In schockstarre versetzt schaffte ich es weder, das Video auszuschalten –wie konnte ein harmlos aussehender Kerl nur so etwas tun?!- noch den Ton leiser zu stellen.

Erst als die Viertelstunde Schrecken vorüber war und das Video zurück zum Anfang ploppte und darauf wartete erneut abgespielt zu werden schaffte ich es den Link zu schließen und durchzuatmen.

„Das war wohl nichts… vielleicht doch ein Video mit einem obszönen Bild nehmen… da weiß man wenigstens was kommt…“

Keine Ahnung ob ich einfach nur bescheuert war oder wirklich die Hoffnung hatte, dass es nicht schlimmer kommen konnte.

Nur zur Info… es kam schlimmer. Wieder. Und wieder. Und wieder.

Nach einer Stunde der Tortur gab ich auf, lehnte mich im Drehstuhl zurück und zog den Bund meiner Jogginghose mit dem Daumen ein Stück nach vorne.

„Regt sich kein Stück“, stellte ich trocken fest, als ich meine untere Hälfte so betrachtete und insgeheim froh war, dass mir vor Schreck abgefallen nichts oder eingeschrumpelt war.

„Dann stehst du wohl doch auf Frauen… oder?“

Ich konnte mich nicht wirklich dran erinnern jemals irgendwas an irgendeiner Frau interessant gefunden zu haben…

„Wenn ich einmal dabei bin…“ Schulterzuckend schaute ich zur Uhr, stellte fest dass noch genug Zeit war und begab mich erneut mit der Suchmaschine auf die Pirsch.

 

Leider wirkten HotCassy und Co nicht weniger abschreckend, als die Kerle zuvor.

Erneut schaute in an mir herunter.

Wenn ich nicht wüsste, dass er heute Morgen noch funktionstüchtig war, würde ich ihn für kaputt halten.

Vielleicht fand er weibliche Genitalien jedoch auch einfach nur so abschreckend wie ich? Da soll ich rausgekommen sein? Das Ding sah eher aus als würde es jeden Moment rasiermesserscharfe Zähne ausfahren und jeden Eindringling fressen können.

Die Ausgeburt eines Horrorfilms!

Schaudernd löschte ich meinen Browserverlauf –nur falls meine Mutter sich doch einmal an meinen PC verlaufen sollte- und fuhr das Gerät herunter.

War sehr aufschlussreich meine Suche.

Entweder gab es ein drittes Geschlecht, dass ich noch nicht kannte, auf das ich jedoch stand oder ich stand einfach auf gar nichts.

 

„Vielleicht hättest du es aber auch doch nur anders recherchieren sollen?“ Gackernd ließ Pascha sich auf mein Bett fallen.

Die vergebliche Suche schien einen Impuls in mir ausgelöst zu haben, diesen Idioten anzurufen, ihn herzubitten und ihm den ganzen Schlamassel zu erzählen.

Dümmste Idee aller Zeiten. Direkt nach der Suche selbst.

„Bist du fertig?“

„Gleich…“

Missmutig ließ ich mich neben ihn auf mein Bett fallen und wartete, bis er aufhörte mich auszulachen.

Ein paar tiefe Atemzüge, ein ernstes Gesicht und schon war er ruhig und schaute mich durchdringend an.

„Also… du stehst auf nichts… Ja?“ Er wartete mein Nicken-Schulterzucken-Handgewedel ab, ehe er weiter redete.

„Aber das Ding funktioniert, oder?“

„Ja…“, murrte ich genervt und schob demonstrativ ein Kissen auf meinen Schoß. Sein Blick ätzte förmlich die Hose weg. Und auch wenn er bereits alles an mir gesehen hatte… jetzt musste er es nicht!

„Okay… An was denkst du dann bitte wenn du dir einen runterholst?“ Er schien mit seinem Latein am Ende zu sein. Falls er so was überhaupt einmal besessen hatte. Konnte man Latein besitzen?

Egal. Ich sollte auf ihn reagieren, sonst wiederholte er die Frage noch und das machte sie auch nicht besser.

„Weiß nicht. Nichts?“

Ich versuchte wirklich mich an heute Morgen zu erinnern… oder gestern Abend. Oder die paar Mal am Dienstag –ich bin 18 verdammt ich darf das!- und stellte fest: ich konnte mich nicht dran erinnern woran ich gedacht hatte. Entweder litt ich an Alzheimer oder ich hatte Recht und ich war asexueller als jeder Stein.

Moment: konnte man asexuell sein und trotzdem drei Mal am Tag das Bedürfnis haben an sich selbst rumspielen zu müssen? Sollte ich vielleicht auch mal recherchieren.

„Geht das überhaupt?“ Kopfschüttelnd musterte Pascha mich, begann dann jedoch zu grinsen.

Nicht gut. Nein gar nicht gut. Warum hatte ich ihn gleich nochmal herbeordert anstatt einsam vor mich hinzuleiden?

„Vielleicht sollten wir rummachen und gucken ob sich dann bei dir was tut…“

„Eklig!“ Unsanft schlug ich ihm gegen die Schulter. Ächzend versuchte er das Gleichgewicht zu halten und nicht aus dem Bett zu purzeln. „Für so was kenn ich dich echt zu lange…“

Abwehrend hob er die Hände und suchte sich eine Position in der ich ihn nicht vom Bett stoßen konnte wenn es sein musste.

„Dann halt nicht…“ Die Augen verdrehend fischte er sich sein Telefon aus der Hosentasche und tippte vor sich hin ohne mich weiter zu beachten. Zumindest glaubte ich das und wähnte mich in Sicherheit, bis er mir erneut grinsend das Handy entgegen streckte.

„Und was ist hiermit?“ Abwartend drückte er mir das Gerät noch immer fast ins Gesicht. Ich traute mich eigentlich nicht so recht zu schauen. Ich ahnte nichts Gutes.

Dennoch nahm ich ihm das Telefon aus den Fingern und riskierte einen Blick.

 

Wie in Zeitlupe konnte ich Hitze meinen Hals hinauf und über meine Wangen kriechen spüren.

„Was zum…“

Starrte ich das Bild an? Ja…

War es genauso schrecklich wie die anderen Erlebnisse des heutigen Tages?

…irgendwie… nicht…

„Wie… dürfen die das überhaupt… geht das… was?“

Automatisch legte ich den Kopf schief. Vielleicht aus einem anderen Blickwinkel.

„Und?“ Abwartend legte Pascha mir den Kopf auf die Schultern, musterte erst mein Profil, dann das Bild äußerst zufrieden.

Bärte waren nicht meins… aber das… ja… nein… doch… ich… tat das nicht weh?

„Das ist…“, setzte ich an, wusste jedoch immer noch nicht, was genau ich davon halten sollte.

„…heiß?“, schlug mein bunthaariger Freund vor und zu allem Überfluss schien ihm meine untere Hälfte zuzustimmen.

Ganz klasse. Jetzt reagierst du mieser Verräter… Hätte das vorhin nicht funktionieren können? Du wolltest doch nur das Pascha in diese peinliche Situation hineingezogen wird und sie noch peinlicher macht!

„…verstörend… Warum hast du so was?“ Ich konnte wenigstens versuchen das Ganze zu überspielen und ein bisschen meiner Würde zu behalten.

„Ach…“ Er zuckte die Schultern, grinste jedoch noch immer vor sich hin. „Man weiß ja nie wann man so was braucht. Oder?“

Er wartete nicht auf eine Reaktion meinerseits, sondern schaute zur Uhr und erhob sich ächzend. „Sollte langsam wieder los. Ma killt mich wenn ich ihr das Auto zu spät zurück bringe. Außerdem kocht sie heute mein Lieblingsessen… kann ich nicht verpassen.“

Ohne große Verabschiedung ließ er mich alleine in meinem Zimmer zurück. Alleine mit meinen Gedanken.

Alleine mit meinem Telefon, dass keine fünf Minuten später ein unheilvolles fiepen von sich gab und eine Nachricht ankündigte.

Wollte ich wirklich…?

Augen zu und durch.

Zum zweiten Mal heute todesmutig, öffnete ich die Nachricht und starrte dem Bild von eben entgegen.

Pascha du….

Mein Hirn konnte nicht mal mehr das ‚Arsch‘ produzieren, welches ich denken wollte, sondern fixierte sich auf dieses Bild.

Erneut kroch mir Hitze ins Gesicht, doch ich schaffte es nicht wegzusehen. Das war…

…wie ein Verkehrsunfall. Man wollte es nicht sehen, wegschauen schaffte man aber auch nicht.

Details wabberten langsam aber sicher in mein überhitztes Hirn.

Dunkle Haare, helle Haut mit vorwitzigen kleinen Leberflecken besprenkelt, den Blick zum anderen gerichtet und ein Arsch mit dem man Paranüsse knacken konnte…

„Scheiße!“

Ächzend segelte mein Telefon ans Bettende.

„Warum? Das geht doch nicht…“ Missmutig starrte ich auf das Zelt in meiner Hose.

„Kacke… verdammt…“ Ich vergrub das Gesicht unter meinem Arm und hoffte, dass wenn ich die Augen wieder öffnete, dieser blöde Witz endlich vorbei wäre und ich feststellte, dass es alles nur Einbildung war.

 

 



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