#24. Vertrauen [Kinomiya Takao]
Kinomiya Takao war wohl vor allem dafür bekannt, laut zu sein. Überall, wo er hin kam, musste er im Mittelpunkt stehen und er scheute selten das Rampenlicht.
Doch noch mehr zeichnete ihn sein Vertrauen aus. Sein Vertrauen gegenüber anderen Beybladern und dem Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten. Wenn letzteres auch leider manchmal zu einem geschwollenen Ego führt.
Takao vertraute fest darauf, dass der gegnerische Blader, wie er selbst, immer fair kämpfte. Fair kämpfte und Spaß am Spiel und an dem Wettkampf hatte. Dieses Vertrauen führte dazu, dass Takao bei jedem Kampf, ob nun ein offizieller Turnierwettkampf oder ein einfacher Trainingskampf, alles gab. Eben, weil er darauf vertraute, dass sein Gegner ebenfalls alles gab und es damit verdiente, dass er das auch tat. Und das führte oft dazu, dass Takaos Gegenspieler während der Kämpfe mit Takao an Grenzen kamen, bis zu denen sie bei anderen Gegnern nie gehen mussten.
Das war mitunter einer der Gründe, warum so viele Beyblader ihre Kämpfe mit Takao so genossen.
#04. Wut [Hiwatari Kai]
Hiwatari Kai war nicht unbedingt besonders bekannt dafür, offen seine Gefühle zu zeigen. Nein, das genaue Gegenteil war da schon eher der Fall. Seine Teamkameraden von den Bladebreakers, allen voran natürlich Kinomiya, waren zu Beginn ihrer „Zusammenarbeit“ sogar fest davon überzeugt gewesen, dass Kai überhaupt gar keine Gefühle hatte.
Doch eines wurde seinen neuen Teamkameraden schon nach kurzer Bekanntschaft klar: Kai hatte Gefühle und die, die er am häufigsten zeigte, neben Gleichgültigkeit, waren Wut und Ärger. Wenn er beybladete, wurde er praktisch nur von seiner Wut angetrieben. Sie brannte in seinem Magen wie Dranzers Feuer, das die Beyblades seiner Gegner zu Asche verbrannte.
Anders, als die Flammen von Kais BitBeast, ließ das heiße, weiße Feuer der Wut in seinem Magen jedoch keine Asche zurück, sondern das wunderbare Gefühl von Macht und Kontrolle. Und dieses Gefühl würde Kai um nichts in der Welt eintauschen wollen, denn dadurch fühlte er sich lebendig.
#03. Neid [Tachibana Hiromi]
Bis vor mehr als einem Jahr hätte Hiromi sich niemals gedacht, dass sie mal als Managerin eines Team aus sechs Jungen in einem Beybladestadion sitzen und einen ihrer Teamkollegen, der an der Arena in der Mitte des Stadions stand, anfeuern würde. Sie hatte das Beybladen immer für ein hirnloses Spiel für hirnlose Jungs gehalten.
Inzwischen hatte sich jedoch nicht ihre Einstellung zu Beybladern geändert – sie hatte gesehen, dass weit mehr hinter diesem Sport steckte, als einfach nur planlos einen Kreisel durch Plastikschüsseln kreisen zu lassen – sondern auch die zu dem Sport selbst. Hiromi hatte gelernt, welchen Einfluss die Spitze eines Blades auf seine Ausdauer und seine Angriff- oder Defensivfähigkeiten hatte oder wie entschieden wurde, in welche Richtung sich der Beyblade drehte, wie der Gewichtsring den Ausgang eines Kampfes beeinflussen konnte und den Unterschied zwischen Angriffs-, Ausdauer- und Verteidigungsblades.
Und je mehr Hiromi in diese Sportwelt hineingezogen wurde, desto weniger reichte es ihr, nur an der sprichwörtlichen Seitenlinie zu stehen und zuzusehen. Sie wollte selbst bladen, wollte wissen, wie es sich anfühlte, wenn man vor hunderten von begeisterten Zuschauern kämpfte, sich auspowerte und alles gab. Sie wollte wissen, wie es war dort zu stehen und zu gewinnen.
Leider hatte Hiromi bereits sehr früh gemerkt, dass sie überhaupt kein Talent zum beybladen hatte. Sie hatte sich von Kyoujyu einen einfachen Beyblade ohne viel Schnick-Schnack bauen lassen – heimlich, denn Takao durfte davon nichts erfahren, er würde sie nur damit aufziehen – und in einem Teil des Stadtparks, in den sich selten jemand verirrte, einen Nachmittag trainiert. Es war ein Desaster gewesen. Sie hatte dann Kyoujyu darum gebeten, ihr bei den Grundlagen zu helfen. Doch sie bekam den Dreh einfach nicht raus. Sie scheitere schon daran, mit dem Beyblade überhaupt die Arena zu treffen – der Boden um die Arena war schon bald mit kleinen Kuhlen versehen, die ihr Beyblade immer dann schlug, wenn sie die Arena verfehlte – geschweige denn, dass sie sich Gedanken darum machen konnten, wie der Blade lief. Schließlich gaben sie es auf.
Das war der Zeitpunkt, an dem sich in Hiromis Begeisterung immer etwas Neid mischte. Neid darauf, dass ihre Freunde geschafft hatten, was ihr nicht gelingen wollte und sie damit verdammt war, immer nur untätig zuzusehen. Der Neid und die Eifersucht brodelten manchmal in ihrem Magen wie ein ekelhaftes Gebräu und Hiromi wusste, es hätte eine giftgrüne Farbe.
Doch trotz dieses beunruhigenden kleinen Gefühls gelang es Hiromi nicht, sich von dem Spiel abzuwenden. Sie liebte es dafür einfach viel zu sehr.
#23. Bewunderung [Minami Yuuya]
Yuuya war schon immer ein begeisterter Beyblader gewesen. Mit sieben Jahren nur ein Fan, aber dann bekam er zu seinem achten Geburtstag von seinem Vater seinen ersten eigenen Beyblade. Freilich nur unter der Bedingung, dass seine Schulleistungen nicht unter „diesem Spielzeug“ litten. Schließlich sollte der Junge irgendwann die millionenschwere Reederei seines Vaters erben. Und zweitklassige Noten duldete dieser nicht. Also litten Yuuyas Leistungen nicht darunter. Denn Yuuya war ein folgsames Kind. Mehr als kleine, unspektakuläre Kämpfe mit seinen Klassenkameraden in den Pausen kamen für ihn also nie in Frage.
Als Yuuya dreizehn Jahre alt war, durfte er sich die japanische Meisterschaft im Stadion ansehen. Und dort sah er zum ersten Mal Hiwatari Kai. Er schien cool, er schien unnahbar, er schien stark und sein Kampfstil war elegant und präzise.
Yuuya war beeindruckt. Dieser Junge war genauso alt wie er. Und doch so ganz anders. Und jetzt durfte er sogar Japan bei den internationalen Wettkämpfen präsentieren. Yuuya verfolgte alle diese Wettkämpfe. Und mit jedem von Kais Kämpfen, den er sich an sah, wuchs Yuuyas Bewunderung für den andern Jungen. Er wäre so gerne genauso.
#25. Misstrauen [Team Neo Borg]
Misstrauen war etwas, was die Mitglieder von Team Neo Borg zu umgeben schien, wie eine Wolke. Manchmal schien das Misstrauen, das sie der Welt und allen, die in ihr lebten, entgegenbrachten, fast zum Greifen zu sein.
Vermutlich kein Wunder, wenn man ihren Hintergrund bedachte. Sie kamen alle aus zerrütteten Elternhäusern oder, wie in Sergeis Fall, aus gar keinem Elternhaus, und waren alle von der Straße in die Abtei gekommen. Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und ein wenig Geborgenheit.
Nur wurden sie auch hier wieder enttäuscht. Statt Verständnis und Wärme fanden sie Gewalt und Sadismus. Aber sie hatten keinen anderen Ort, an den sie sonst könnten und Vertrauen in öffentliche Stellen hatten sie bereits vor ihrem Einzug in die Abtei verloren.
Also blieben sie. Trotz Schlägen und Muskelkater hatten sie ein Dach über den Kopf und drei Mahlzeiten am Tag. Meistens zumindest.
Leider führte ihr Misstrauen gegen die Welt nicht dazu, dass sich ihr Vertrauen ineinander stärkte. Trotz allem gemeinsam überstandenen Drills und Wettkämpfen, hatten sie nie Vertrauen ineinander finden können.
#22. Scham [Team Barthez Soldiers]
Es war eine Sache, einen fairen Wettkampf zu verlieren.
Eine ganz andere war es, einen fairen Wettkampf mit unfairen Mitteln zu gewinnen.
Alle vier Mitglieder von Team Barthez Soldiers konnten bereits vor der Entlassung ihres Coaches sagen, dass sie sich schämten. Dafür, dass sie unfair spielten. Dafür, dass sie unfair gewannen.
Aber vor allem schämten sie sich dafür, dass sie das so lange mit sich hatten machen lassen.
Als sie dann endlich von ihrem Coach trennten, war es für sie alle eine Erleichterung, auch wenn es letztendlich dazu führte, dass sie ihre folgenden Wettkämpfe während der Weltmeisterschaft verloren und ausschieden.
Dafür konnten sie sich im Spiegel jetzt aber wieder in die Augen sehen.
#21. Genugtuung [Julia Fernandez]
Julia konnte noch so eine gute und bekannte Beybladerin sein, ihre männlichen Sportkameraden unterschätzen sie vor einem Kampf immer. Pfiffe und anzügliche Rufe von dem – vor allem männlichen – Publikum war in der Regel ebenfalls vorprogrammiert.
Julia nahm das jedes Mal mit einem herausfordernden Lächeln hin, auch wenn sich in ihrem Magen der Zorn zu einem heißen Ball zu formen schien. Beyblade war nun einmal ein Sport, der vor allem von Jungen betrieben wurde und viele Jungen glaubten, dass Julia als Mädchen einfach zu besiegen wäre.
Doch Julia hatte noch jeden von ihnen geschlagen.
Und wenn sie ihre Gegner nach ihrem Sieg auf allen vieren und heulend vor zerstörten Beyblades sah, dann wurde aus dem heißen Zornball das triumphierende Gefühl von Genugtuung.