Paralysis
Anmerkung der Autorin: Joaa...ich weiß eigentlich nichts dazu zu sagen...außer: Viel Spaß beim lesen...^^
Kapitel 1: Paralysis
"Beeindrucken."
"impress."
"Unterhalten."
"entertain."
"Ähm... Roman?"
"novel"
"Und Zweck, Absicht?"
"purpose."
Seufzend klappte Neil das Vokabelheft zu und sah Jack genervt an, der ihn nur frech angrinste. "Du kannst die doch alle, ich weiß gar nicht, warum du dich immer so anstellst!", meckerte er und blätterte in seinem Englischbuch, "Und ich dachte immer gut aussehende Leute müssten strohdoof sein!" Da grinste Jack nur noch breiter. "Tja, vielleicht bin ich ja eine Ausnahme!", lachte er und fuhr mit dem Finger über das verdreckte Fensterbrett.
Er saß im weit geöffneten Fenster und genoss schon die ganze Zeit, die warmen Sonnenstrahlen die seine Wangen wärmten. Nur ab und zu sorgte ein kleiner Windhauch für Erfrischung.
"Es ist total warm draußen. Der Sommer wird dieses Jahr wieder verdammt schön!", schloss er und ließ seinen Blick über die blühenden Blumenbeete unter ihrem Fenster schweifen. Von hier oben, aus dem vierten Stock, hatte man einen herrlichen Ausblick auf den wunderschönen kleinen Park hinter dem Jungeninternat. Alles grünte und blühte. Die Bäume zeigten sich in ihrer vollen Pracht und die Blumen schienen sich gegenseitig in ihren Farben übertreffen zu wollen.
Jack hielt die Nase in den Wind und sog die frische Frühlingsluft ganz tief ein.
"Und dabei haben wir erst Mai!", fügte Neil hinzu und stellte sich zu Jack ans Fenster, "Toll, und wir dürfen für diese beschissene Englischarbeit lernen!"
"DU, nicht ich!", lachte Jack und knuffte seinem besten Freund in die Seite, der kichernd zurückwich.
"Das ist gemein, ich darf schuften und du weißt alles schon!"
"Tja, ich hab das alles hier drin...!", Jack deutete auf seine Stirn und wischte nebenbei beiläufig eine störrische Haarsträhne seines schwarzen Haars beiseite, das an den Spitzen in ein grelles rot übergingen.
Neil stützte sich auf dem Fensterbrett ab und besah sich die grünen Wiesen und den kleinen Teich in der Nähe.
Hier kamen wenige der Schüler hin, obwohl es so schön ruhig und gemütlich war. Die meisten hielten sich vor dem Schulgebäude auf, wo auch Bänke und Tische standen oder auf dem Bolzplatz wo sie Fußball spielen konnten.
Aber so hatten Jack und Neil immer ihre Ruhe, wenn sie sich dann auf den Rasen legten und sich einfach nur entspannten. Und das taten sie so oft es ging.
Nach einer Weile richtete sich Neil wieder auf und schlürfte zu seinem Bett, schmiss sich lang darauf und begann wieder im Englischbuch zu blättern. Dabei murmelte er immer wieder irgendwelche Grammatikregeln und Vokabeln vor sich hin.
Jack widmete sich lieber der Natur als dem Lernstoff...oder vielmehr, der Person die da auf der Bank in der nähe des Teiches saß. Ein Junge hatte seine Füße hochgelegt und las in einem, ziemlich dicken, Buch. Seine recht langen, glatten blonden Haare kräuselten sich im Wind und fielen ihm in die Augen.
Jack hatte ihn schon die ganze Zeit beobachtet, wie er so dasaß und einfach nur las.
Doch nun legte er das Buch beiseite und besah sich den Teich und die vielen Enten, die dort schwammen.
"Hey...Neil, komm mal!", meinte Jack irgendwann und sah seinen Freund scharf an, der ihn verdutzt musterte, "Hier...kennst du den Jungen da?"
Er deutete aus dem Fenster und pustete sich wieder eine lose Haarsträhne aus den Augen. Das Haarspray schien nicht mehr alle seine Haare unter Kontrolle zu haben. Neil stand auf und trottete zum Fenster. Erst sah er eine Weile hinaus, dann meinte er nur: "Das ist doch der Kerl aus der 10. Klasse der Hauptschule, oder?"
"Keine Ahnung!", gab Jack zurück, "Deswegen frag ich dich ja...weißt du noch mehr über ihn?"
"Hast du dir wieder einen ausgeguckt?", lachte Neil und stupste Jack neckisch auf die Nasenspitze, "Du wechselst aber auch ständig deine Partner!"
"Das stimmt gar nicht!", verteidigte sich Jack und setzte eine beleidigte Miene auf, "Ich hab schon seid knapp einem Jahr keinen Freund mehr...und der da...interessiert mich einfach nur...klar? Also, was weißt du über ihn, du kennst doch sonst immer alle!"
"Hm...ich glaube der heißt Artemis Tremaine, ist wie wir sechzehn. Naja, mehr weiß ich nicht...Leroy hat mir mal von ihm erzählt...und das irgendwas mit ihm los war...frag mich aber nicht was das war...!"
"Artemis!", sagte Jack leise zu sich, und dann etwas lauter, "Das ist doch ein Mädchenname!"
Neil nickte und erklärte dann: "Stimmt, normalerweise ist Artemis ein Frauenname, nach der griechischen Göttin der Jagd. Doch ab und an taucht ein Mann auf, der wegen seines Talents für die Jagd das Recht erlangt, den Namen zu tragen."
"Bitte!", Jack hob abwehrend die Hände, "Verschon mich mit deinen Vorträgen! Und du sagst du wüsstest nichts!"
"Ich weiß immer nur das, was ich nicht für die Arbeiten brauche!", jammerte Neil, vertiefte sich abermals in sein Englischbuch und begann in ihrem Zimmer auf und ab zu gehen.
Jack starrte wieder aus dem Fenster. Artemis. Der Name passte irgendwie. Er konnte sich nicht erklären warum, aber er passte.
"Und du weißt echt nicht mehr was Leroy dir gesagt hat?", Jack wandte sich wieder seinem Freund zu, der urplötzlich stehen blieb und mit bösem Gesichtsaudruck von seinen Vokabeln aufsah. "Nein verdammt!", fauchte er, "Und jetzt lass mich in ruhe lernen. Im Gegensatz zu dir, hab ich das noch nicht gecheckt!"
Jack lächelte und sah ein, dass es wohl besser war die Klappe zu halten. Sein bester Freund war zwar dünn und knochig, konnte aber verdammt unerträglich werden wenn er wütend war.
In Gedanken spielte Jack mit den Zähnen an seinem Zungenpiercing und blickte wieder aus dem Fenster.
Artemis. Er saß immer noch ungerührt auf der Bank, vertief in seinen Roman. Er hatte etwas Beruhigendes und Angenehmes an sich. Als ob er und die Natur eins wären...er passte einfach perfekt in diesen warmen, sonnigen Sonntagmorgen.
Seufzend kramte Jack in der Brusttasche seines Hawaiihemdes nach seiner Zigarettenschachtel. "Hey Neil!", rief er seinem Freund zu, der endlich aufgehört hatte im Zimmer auf und ab zu gehen, "Kann ich dein Feuerzeug haben?"
Neil sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und seufzte dann theatralisch. "Wenn ich 'ne Kippe von dir krieg...!" Jack nickte, zündete sich seine Zigarette an und reichte Neil die Packung.
"Also, was war noch mal der Unterschied zwischen simple past und simple present?", Neil klappte mit einer Hand das Regelbuch auf und schnippte mit der anderen die Asche aus dem Fenster.
"Keine Ahnung...mussten wir nicht present perfekt und presend progressive lernen?", Jack blies den Zigarettenqualm durch die Nase wieder aus, "Aber mich muss es ja nicht interessieren."
"Egoist!", kommentierte Neil und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, "Ich kann's nicht...wäre nett wenn du mir helfen würdest...!"
Jack grinste fies, "Hab aber kein Bock...außerdem bin ich genug damit beschäftigt darauf aufzupassen das uns kein Pauker sieht...wir dürfen, falls du es vergessen haben solltest, nämlich nicht in unseren Zimmern rauchen."
"Du bespannst doch nur diesen Artemis!", meckerte Neil, schmiss genervt das Heft auf sein Bett und zog einmal kräftig an der Zigarette.
Jack zog es vor nicht zu antworten. Er hatte ja auch in gewisser weise Recht. Aber dieser Typ ließ ihn einfach nicht mehr los.
"Weißt du eigentlich wie mir dieses rumgeschwule auf den Keks geht?"
"Rumgeschwule?, lachte Jack und verengte schmunzelnd die Augen, "Das Wort steht nicht zufällig im Lexikon oder?"
"Doch, direkt neben >Homosexualität ist scheiße<...ey...wie kann man nur auf Männer stehen?", Neil sah Jack angewidert an, dessen Lachen allmählich verblasste, "Ich versteh das echt nicht!"
"Tja, was bleibt dir auf einem Jungeninternat schon übrig!?", flachte Jack, drückte seine Zigarette auf dem Fensterbrette aus und schmiss sie dann ins Blumenbeet unter sich.
"Ich meins wirklich ernst...!", gab Neil zurück und schmiss seine Kippe hinterher, "Du könntest so viele gut aussehende Mädels bekommen...warum wimmelst du die alle ab?"
"Weil ich auf Männer stehe?", Jack rollte mit den Augen. Das war doch wohl mehr als einleuchtend.
Neil lehnte sich etwas aus dem Fenster. "Und der Kerl ist doch nun wirklich kein Traumtyp!"
Nun wurde Jack wütend. Dieses Gerede ging ihm allmählich auf die Nerven.
"Was regst du dich eigentlich so auf? Das ist doch meine Sache in wen ich mich verliebe oder? Das hat dich doch gar nicht zu interessieren."
Neil hob abwehrend die Hände, "Ist ja gut...ich mein ja nur...also ich finde den Typ hässlich!"
"Halt die Klappe!", fauchte Jack und versetzte seinem Freund einen etwas zu kräftigen Tritt mit dem Fuß, so dass der sich keuchend zusammenkrümmte. "Wichser!", meinte Neil nur und ließ sich, den Bauch haltend, auf sein Bett fallen, "Du wirst immer gleich Gewalttätig!"
"Wenn du meine Gefühl beleidigst!", konterte Jack, doch Neil schien keine Lust mehr auf einen Streit zu haben. Er ließ sich schmollend lang auf sei Bett fallen und vertiefte sich in sein Englischbuch.
Jack seufzte. Es regte ihn immer auf wenn Neil dieses Thema ansprach. Und das kam leider viel zu häufig vor.
Neil hielt sich für den perfekten Mann...stand ausschließlich auf Mädchen und verachtete Schwule. Und dabei war er so was von schüchtern gegenüber Fremden. Und seine kurzen braunen Haare und seine blau-grünen Augen waren auch nicht gerade übermäßig attraktiv. Dazu kam das er mehr als nur unsportlich war und Partys verabscheute. Der sollte sich mal nicht so anstellen.
Jack fuhr genervt mit dem Finger übers Fensterbrett.
Und dabei war er selber auch nicht gerade ein Traumtyp. Er ging zwar jedes Wochenende in die Stadt in die Jugenddisco, aber dafür kam er dann auch immer total betrunken wieder. Nicht gerade das was man hätte toll finden können.
Jack atmete etwas lauter als gewollt aus und malte ein Herz in den Blütenstaub der sich auf dem Fensterbrett gesammelt hatte.
Und als er aufsah um wieder Artemis beobachten zu könne, erschrak er so sehr, das er fast aus dem Fenster gekippt wäre.
Ein Mädchen, mit langen dunklen Haaren kam gerade über den Rasen auf die Bank zugelaufen. Doch es war nicht das hübsche Mädchen was ihn so erschreckte, sondern das was sie vor sich her schob: Einen Rollstuhl.
Jack blieb der Mund offen als sie vor der Bank stoppte und Artemis liebevoll umarmte. Dann nahm sie sein Buch, steckte es in ihren Rucksack und stellte den Rollstuhl direkt neben Artemis. Sie nahm seine schlaffen Beine und stellte sie vorsichtig auf den Rasen. Dann legte Artemis seine Arme um ihren Nacken und sie hob ihn vorsichtig von der Bank in den Rollstuhl. Seine Beine drehten sich leblos mit. Wie die Beine einer Puppe. Ohne leben...ohne Gefühle.
Das Mädchen stellte Artemis Füße auf das kleine Brett am Rollstuhl und streichelte ihm dann über die schlaffen Beine.
Jack saß einfach nur da. Starrte wie in Trance aus dem Fenster.
Artemis... er saß im Rollstuhl. Im Rollstuhl. Sein Gehirn schien nicht begreifen zu wollen, was er da sah.
"Neil...Neil...komm mal schnell!", rief er nach ein paar Sekunden, in denen er sich erst einmal fassen musste, "Da...guck...schnell!"
Neil sah ihn vernichtend an und stand dann widerwillig auf und schlürfte zum Fenster. Doch als er hinaussah wurden auch seine Augen ganz weit.
"Oh!", brachte er nur hervor und ließ ganz langsam seinen Blick von Artemis auf Jack wandern, "Stimm...Jason hat mir erzählt das er im Rollstuhl sitzt...!"
"Weiß du warum?", flüsterte Jack, "Komm schon...streng dein Gehirn an."
Neil seufzte, "Ich glaube er hatte mal einen schweren Autounfall...und ist seid dem Querschnittsgelähmt!"
"Was heißt hier >Ich glaube<? Weißt du es, oder nicht? So was kann man doch nicht einfach vergessen?"
Neil sah Jack erst erschrocken an, dann wurde sein Blick mehr als hart. "Du musst mich doch nicht gleich anschreien. Ich kann doch auch nichts dafür, das dein kleines Püppchen ein Krüppel ist...!"
Das war zu viel. Ohne weiter darüber nachzudenken was er tat sprang Jack vom Fensterbrett und hetzte zur Tür. Er riss sie auf und drehte sich noch einmal zu Neil um. "Du bist so ein verdammter Arsch...nur ein Hirnamputierter hätte so was gesagt...!"
Mehr sagte er nicht, knallte nur noch die Tür zu und rannte den Flur des Internats entlang. Neil sollte selber darauf kommen was für idiotische Worte er da von sich gab.
Jack sprintete die Gänge entlang, hinunter in die Einganshalle. Er wollte zu Artemis. Mit ihm reden. Mehr über ihn erfahren.
Querschnittsgelähmt. Warum er? Warum gerade Artemis. Warum immer die, die er attraktiv fand?
Und warum zum Teufel war er ihm vorher noch nie aufgefallen. Jemand der im Rollstuhl saß und auch noch so verdammt süß aussah, konnte man doch nicht einfach übersehen...
Und als Jack die Tür zum Hof aufriss standen sie vor ihm. Artemis und dieses dunkelhaarige Mädchen...
Anmerkung der Autorin: *smile* Ich würde mich sehr über Kommis freuen...
...und ob es sich lohnt weiter zu schreiben...^^'
