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Aliens

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
An diesem Kapitel hatte ich persönlich wieder sehr viel Spaß. Besonders zum Schluss hin. Einfach... zu viele... Gefühle. :,D

Einen persönlichen Danke möchte ich an dieser Stelle zudem meinen beiden regelmäßigen Kommentarschreibern Zebran20121 und blackNunSadako aussprechen. Ihr seid echt toll. Macht weiter so mit euren Kommis, das freut mich. ^^

So, jetzt aber gehts weiter. Viel Spaß beim Lesen. ^^ Komplett anzeigen

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Memory 5

Erwartungsvoll sah Baby 5 mich an. Mir war klar, dass sie auf eine Antwort wartete, doch für einen Moment hatte ich mich tatsächlich in meinen Erinnerungen verloren. Big Reds Feder blitzte strahlend rot vor meinem inneren Auge auf, wie sie langsam durch die Luft segelte. Immer und immer wieder. Als wäre es gestern gewesen. Würde ich sie mir heute letzten Endes doch holen?

»Law? Alles in Ordnung?«

Ich blinzelte, dann erwiderte ich nüchtern Baby 5s Blick.

»Ja....«, ein letztes Mal taumelte die Feder durch meine Gedanken, »Ja, alles in Ordnung. Was wolltest du?«

Eine überflüssige Frage.

»Wissen, ob ich dir behilflich sein kann.«

»Also, um ehrlich zu sein...«

Eigentlich wollte ich meine routinemäßige Ablehnung aussprechen. Jedoch wurde mir just in diesem Moment bewusst, dass ich mir diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen durfte.

»...gibt es da tatsächlich etwas, was du für mich tun kannst«, fuhr ich fort, »Ich werde in ungefähr einer halben Stunde das Kryogenlabor für mich beanspruchen und möchte dort ungestört bleiben. Wenn du also den gesamten Trakt räumen lassen und nur mit meiner Schlüsselkarte zugänglich machen könntest, wäre das Hilfe genug.«

»Aber selbstverständlich! Wird sofort erledigt!«

Sie zog sich hinter die Glaswand zurück, hinterließ dabei eine dünne, weiße Rauchfahne und machte sich sogleich an ihren Schaltpulten zu schaffen. Als ich mich bereits zum Gehen abgewandt hatte, steckte sie allerdings ihren Kopf noch einmal aus dem ovalen Raum hervor.

»Law, was ist mit den Assistenten?«

Kurz hielt ich inne. Natürlich. Irgendjemand musste den schweren Ilexx auf einer Hoverliege aus der Zelle und durch die Gänge transportieren.

»Ich mache die Türen zum Kryogentrakt mit einem Einwegcode zugänglich«, beschloss ich kurzerhand, »Sobald sie ihn brauchen, sollen sie mich über den Telekommunikator in Labor 5 kontaktieren. Ich werde dort noch ein paar Dinge vorbereiten müssen.«

»Geht klar, Law! Freut mich, dir eine Hilfe zu sein!«

Stumm und ohne ein Wort des Danks ging ich weiter. Baby 5 war die beste Anlaufstelle, wenn man ein dringendes Anliegen hatte, doch auf die Dauer war sie mir zu anstrengend.

In den geräumigen Aufzug, der zum Sicherheitstor des Zellentrakts führte, schob ich meinen Hoverwagen hinein, unten angekommen wieder hinaus. Das Tor selbst öffnete sich nach dem Eintippen einiger Passwörter, dem Scannen meiner Schlüsselkarte und einer Netzhautüberprüfung. Ich schritt hindurch und fand mich in dem Gewirr aus Zellenblöcken wieder. Oft hatte ich diesen Weg schon zurückgelegt – manchmal einfach nur, weil ich einer Pflicht nachkommen musste, manchmal aufgeregt wie ein Kind an Weihnachten – doch noch nie war er mir so endlos lang erschienen. Es war, als realisiere ich erst jetzt nach und nach, was auf mich zukam. Big Red würde bereits in weniger als einer Stunde nicht mehr hier sein, aus meiner Welt verschwunden, unwiderruflich. Eine Schande, denn ich hatte durch ihn riesige Fortschritte in meinen Forschungen gemacht und gleichzeitig einen faszinierenden Gesprächspartner in ihm gefunden. Ein wenig vermissen würde ich ihn, das musste ich mir eingestehen, als ich vor der Tür von Zellenblock F8 Halt machte. Ich öffnete sie und holte im Inneren angelangt erst einmal eine Flasche mit Desinfektionsspray aus dem Terrarienraum. Diese stellte ich zu dem Tablett auf den Hoverwagen, danach zog ich ihn hinter mir her in den mit Zellen gesäumten Gang hinein.

Big Red lag auf dem Bett mit einem Handrücken auf seiner Stirn und starrte die Decke an, als ich mich mit meiner Schlüsselkarte dem digitalen Tastenpanel neben der Tür näherte. Sie öffnete sich und das letzte Mal erklang das Zischen von sich vermengenden Luftmassen. Wärme schlug mir entgegen und ich betrat mit meinem Wagen die Zelle.

»Ist es etwa schon so weit?«

Er wandte sich nicht um, als er sprach, und bewegte sich auch sonst nicht, obwohl ihn außer den Ringen um Handgelenke und Schwanz nichts mehr festhielt. Ob er sich seinem Schicksal gefügt hatte, war schwer zu erkennen. Sicher war nur, dass er ganz genau wusste, was unmittelbar bevorstand; darüber hatte ich ihn bereits eine Woche zuvor in Kenntnis gesetzt.

»Ist es«, antwortete ich ernst. Unausgesprochene Dinge lagen mir auf der Zunge, doch keines davon fand den Weg hinaus. Mein Bedauern, mein Dank, meine Unsicherheit, ein Funke der Sehnsucht – rasch waren sie durch meinen Kopf gerauscht, blieben für immer stumm und würden bald schon in den eiskalten Untiefen meines Herzens begraben sein.

»Dann kann ich genauso gut hier liegen bleiben«, beschloss Big Red und senkte mit einem schweren Seufzen seine Augenlider. Kein orangerotes Funkeln mehr – letztendlich hatte ich ihn gebrochen.

Kurzzeitig überkam mich ein Zögern. Die Art und Weise, wie Big Red vor mir lag, erschütterte mich. Ich hatte mit Widerstand gerechnet, hatte gehofft, es werde sich auf einen Kampf hinauslaufen, während dessen Hitze ich froh sein konnte, dass ich es überhaupt irgendwie schaffte, dem Ilexx die Spritze zu verabreichen. Seine Resignation jedoch ließ mir viel zu viel Raum für Gedanken. Mein Blick wanderte dabei von seinen geschlossenen Augen über die matt glänzenden Schuppen hinweg bis hin zu den gefiederten Schultern. Eine ungewollte innere Wärme durchzuckte mich. Ich wusste genau, wie weich diese Schultern waren. Genauer als mir lieb war. Und doch konnte ich die Stunden nicht verteufeln, in denen das Schicksal es zugelassen hatte, dass Big Reds weinrote Federn ihre unsichtbaren Spuren auf meiner Haut hinterließen....

..

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Ich konnte nicht mehr länger warten. Die Stille und das Dämmerdunkel, die in meinem Zimmer vorherrschten, erdrückten mich mit jeder weiteren Minute, die verging. Seit zwei Tagen fehlte im gesamten Gebäude jegliche Energie und nichts funktionierte mehr so wie es sollte. Erst waren es nur die Hauptgeneratoren gewesen, seit gestern lieferten auch die Notstromaggregate keine Elektrizität mehr. Sämtliche Techniker der Forschungsstation waren auf der Suche nach dem Fehler, die Sicherheitsvorkehrungen wurden verdreifacht und man hatte Einheiten zur kalten Seite Punk Hazards losgeschickt, die eingefrorenes Material dort zwischenlagern und bewachen sollten. Das Essen wurde zudem knapp, da die Vorräte an organischen Lebensmitteln nicht groß waren, und an Forschung war sowieso nicht zu denken. In den höher gelegenen Stockwerken hatte sich eine stickige Hitze breit gemacht, während die Tiefgeschosse langsam abkühlten. Versuche mussten abgebrochen werden, Menschen in der Krankenstation starben, die Türen ließen sich nur noch manuell öffnen, einfachste Gerätschaften waren nutzlos. Kurzum: Es herrschte Chaos, in welches Kommandant Vergo mit Mühe und Not Ordnung zu bringen versuchte.

Vollkommen in enge, dunkle Kleidung gewandet machte ich mich an meinen Schreibtischschubladen zu schaffen. Zum Vorschein brachte ich zwei kleine und ein etwas größeres Fläschchen, deren Inhalt ich für genau einen solchen Fall andauernder Finsternis hier aufbewahrt hatte. Zunächst schraubte ich die mit Luminol versetzte Natronlauge auf, dann fügte ich Wasserstoffperoxidlösung hinzu. Die beiden Stoffe vermengten sich und waren in Kürze bereit für den Katalysator. Kaum hatte der erste Tropfen die Oberfläche der Flüssigkeit durchbrochen, zog er einen blauen Lichtschein nach sich, der erst zu Boden trudelte und sich schließlich schlierenartig in der Flasche ausbreitete, bis ein gleichmäßiger Schein das Gefäß erfüllte. Ich hatte mir mit Hilfe einer einfachen chemischen Reaktion eine provisorische Taschenlampe gebastelt, die ich nun wieder fest verschloss. Wirklich erpicht war ich nicht darauf, versehentlich leuchtende Flecken zu hinterlassen. Ein ungefähres Zeitfenster von drei Stunden stand mir zur Verfügung, danach würde das Licht verblasst sein. Drei Stunden reichten jedoch völlig, um meinen Plan in die Tat umzusetzen.

Von meinem Schreibtisch nahm ich ein fest verkorktes Reagenzglas, in dem sich eine Substanz befand, die ich zum genaueren Studieren mit hierher genommen hatte. Sie stammte aus dem Hinterleib eines auf diesem Planeten heimischen Insekts und reagierte mit Sauerstoff zu einem betäubenden Gas, das auch in geringen Mengen seine Wirkung nicht verfehlte. Manche hätten es einen glücklichen Zufall genannt, dass ich das Reagenzglas ausgerechnet jetzt und hier zur Hand hatte und es in meine Hosentasche schieben konnte. Doch war ich Meister darin, einen Nutzen aus allem zu ziehen, was meinen Weg kreuzte, und hätte bei Bedarf schnell eine andere Lösung gefunden. Diese hier befand ich allerdings für die eleganteste.

Mit über den Kopf gezogener Atemmaske, wie sie im Notfallequipment eines jeden Zimmers zu finden war, und dem leuchtenden Fläschchen in der Rechten schlich ich zur Tür hinaus. Der Wohntrakt lag stockdunkel und wie ausgestorben da. Nur aus einem der Gemeinschaftsräume drangen Gesprächsfetzen und Gelächter zu mir herüber. Der Stromausfall sorgte unter anderem dafür, dass man sich ein wenig mehr Zeit für zwischenmenschliche Beziehungen nahm. Nicht wirklich etwas, das meinem Interesse entsprach. Ich stahl mich lieber klammheimlich durch die finsteren Korridore, hinaus aus dem Bereich, in dem wir Forscher während der Notstandsituation verweilen sollten. Ab hier musste ich mit großer Vorsicht weiter vorgehen, denn das patrouillierende Sicherheitspersonal durfte mich auf überhaupt gar keinen Fall bemerken. Weniger wegen dem Ärger, der mir dann blühte, sondern viel mehr, weil meine Chancen, in den Zellentrakt zu gelangen, weit gegen Null fallen würden. Und das wäre Big Reds Tod. Er brauchte Wärme und die würde ich ihm geben. Lange genug hatte ich gezögert, in der Hoffnung, dass die Energie bald in unsere Systeme zurückkehrte und ich nicht zu solch riskanten Methoden greifen musste. Doch da die Problemlösung auch nach 60 Stunden noch in weiter Ferne lag, sah ich mich zum Handeln gezwungen. Schließlich konnte ich es nicht einfach akzeptieren, mir zuerst eine Verlängerung für meinen Ilexx erkämpft zu haben, nur, um ihn dann eine Woche später an die Kälte zu verlieren.

Wie ein Schatten huschte ich durch Gänge, Hallen und die selten benutzten Treppenhäuser, immer dem blauen Schein meines Fläschchens hinterher. Mehr als nur einmal glaubten meine aufmerksam gespitzten Ohren dabei Geräusche wahrzunehmen, welche eine Patrouille ankündeten. Jeder dieser Momente ließ mein Herz bis zum Hals schlagen und ich barg das Licht in meiner Hosentasche. Ein Warten und Lauschen folgte, eng mit dem Rücken gegen die Wand gepresst, bis ich mir sicher war, in der Dunkelheit nur meinen eigenen Atem zu hören. Danach setzte ich leisen Schrittes meinen Weg fort. Tiefer und tiefer führte er mich hinab und endete schließlich vor einer schweren Glastür, neben der tote Leuchtbuchstaben die Worte »UG 2, Zellentrakt« bildeten. Rasch riskierte ich einen Blick durch die Scheibe hindurch, konnte aber außer Schwärze nicht viel erkennen. Dafür aber umso mehr hören.

»Hast du das eben auch gesehen?«

»Was?«

»Das Licht.«

Hastig suchte ich Schutz hinter der Wand, die mich von den beiden Soldaten trennte.

»Wo?«

»Na, draußen bei der Treppe.«

Mit einer Hand in der Hosentasche ließ ich mich auf den Boden sinken, dann zog ich mein Reagenzglas voll Betäubungsflüssigkeit hervor. Jetzt zählte jede Sekunde und jeder Handgriff.

»Ist da jemand?!«

Die erste Stimme erklang, lauter als zuvor.

Ich schwieg. Mich noch mehr zu verraten als ich es bereits getan hatte, kam nicht in Frage. Stattdessen entkorkte ich meine chemische Waffe und beugte mich zur Tür hinüber, um diese einen Spalt breit aufzuschieben.

»Du hast dir bestimmt was eingebildet«, meinte nun die zweite Stimme amüsiert, »Die schwarze Suppe hier unten macht dich allmählich etwas mürbe, eh, Ed?«

»Das ist nicht witzig!«

Minderbemitteltes Gelächter des zweiten Soldaten ertönte und ich packte die Gelegenheit sofort beim Schopf, das Reagenzglas mit einem leisen Klirren in den Raum hineinrollen zu lassen.

»Haha, Stromausfall und dann schicken die mich zusammen mit dir hier runter, du Schisser. Haste Vergo nich erzählt, dass du zum Einschlafen immer dein kleines Nachttischlämpchen brennen lässt?«, lachte der Soldat weiter, ganz zu Eds Missfallen.

»Sei still!«, herrschte er seinen Kameraden an, »Hier ist jemand. Ich bin mir sicher. Riechst du das nicht auch?«

Kaum war er verstummt, wieherte der andere auch schon wieder los.

»Klar! Da hat einer nämlich tüchtig einen fahren lassen!«

Meine Mundwinkel kräuselten sich hinter der Atemmaske zu einem mitleidigen Lächeln. Das Klischee vom dummen Soldaten hatte sich hiermit einmal mehr bestätigt.

»Jetzt halt endlich deine Fresse!«, Schritte näherten sich und augenblicklich erstarb mein Lächeln, »Ich geh nachsehen, was das war!«

Das war nicht gut. Damit das Gas wirken konnte, mussten beide im Raum bleiben. Schnell war ich wieder auf den Beinen und drückte mich an die Wand. Ganz gleich, wie dumm ein Soldat war, eines besaßen sie, was ich ganz sicher nicht hatte: Muskelkraft. Wer mich erwischte, für den wäre es ein Leichtes, mich niederzuringen. Weshalb ich meine Leuchtflasche tief in der Hosentasche versenkt hielt und mich langsam immer weiter von der Tür wegschob. In dieser undurchdringlichen Dunkelheit würde sich ein jeder zu seiner Orientierung an die Wände halten. Bevor ich allerdings sagen konnte, welche der beiden der Soldat wählen würde, wäre es unklug, einfach meinen Standort aufzugeben.

»Du bist ein viel größerer Schisser, als ich dachte!«, kam es von Eds Kumpan, doch zu mehr war er nicht mehr fähig, bevor er in einen heftigen Hustenanfall ausbrach. Gleichzeitig hörte ich genau, wie die Tür aufging und jemand mit schwer klimpernden Waffen daraus hervortrat. Immer noch durchzuckte das Husten die Stille, nichtsdestotrotz hielt ich meinen Atem flach. Ohne auch nur das Geringste sehen zu können, war ich gänzlich auf meinen Gehörsinn angewiesen. Ebenso wie der Soldat selber auch.

»Scht! Hör auf zu husten!«, fauchte der gerade, »Ich bin mir sicher, dass hier jemand oder etwas herumschleicht!«

Die Schritte begannen sich vorsichtig in meine Richtung zu bewegen, was mich in kalten Schweiß ausbrechen ließ. Ich durfte meine Mission nicht vermasseln. Alles, was mir übrig blieb, war von der Wand wegzutreten – so rasch und so leise wie nur möglich. Im freien Raum ohne auch nur einen Anhaltspunkt fühlte mich in der Finsternis verloren und musste dem Drang widerstehen, mein Licht hervorzuholen.

Weiterhin erklang das Husten und mir wurde bewusst, dass ich das Risiko eingehen und mich darauf zubewegen musste. Der Lärm, den ich dabei machte, ließ sich nicht vermeiden, und entging auch Ed nicht.

»Halt! Ich hör dich ganz genau! Bleib stehen und gib dich zu erkennen!«

Sorry, ist heute ganz einfach nicht im »Umgang mit Soldaten«-Paket mit inbegriffen.

In der Hoffnung, meinem Verfolger nicht geradewegs in die Arme zu laufen, stürzte ich auf die Tür zu. Oder vielmehr dorthin, wo ich sie vermutete. Klar und deutlich war dabei zu vernehmen, wie jemand auf die Knie fiel und das Husten urplötzlich abbrach. Die betäubende Wirkung des Gases hatte wohl endlich eingesetzt. Ich ertastete in der Dunkelheit den Türrahmen und stahl mich hindurch. Dass sich schräg rechts von mir das Sicherheitstor befand, das zu den Zellenblöcken führte, war nicht zu erkennen. Gerne hätte ich nun weiteren Gebrauch von meinem Leuchtfläschchen gemacht, aber hinter mir befand sich immer noch ein zweiter Soldat. Polternd verschaffte auch er sich Zutritt. Seine schweren Stiefel waren zum Schleichen nicht wirklich geeignet und darin sah ich meinen Vorteil.

Glaubte ich.

Auf leisen Sohlen hatte ich mich von der Tür wegbewegt, dabei immer im Hinterkopf, die Stelle zu meiden, wo ich den Ohnmächtigen vermutete. Noch bevor ich es ganz realisierte, war ich dabei seitlich an etwas gestoßen, das sofort seine Hände nach mir ausstreckte.

»Hab ich dich also doch noch erwischt!«

Der Soldat Ed war kaum größer als ich, aber wie erwartet um einiges stärker. Mit stahlhartem Griff packte er beide meiner Arme und drehte sie mir auf den Rücken. Ich biss die Zähne aufeinander, um keinen Schmerzenslaut von mir zu geben.

»Wer bist du und was tust du hier?!«, herrschte er mich an, »Weißt du nicht, dass nur Sicherheitspersonal die Befugnis hat, sich während des Powerdowns hier unten aufzuhalten?!«

Eine Antwort kam für mich nicht in Frage. So dumm war ich nicht, dass ich ihm die Gelegenheit gab, meine Identität per Spracherkennung in Erfahrung zu bringen.

»Antworte gefälligst!«

Ich wurde grob geschüttelt, blieb aber immer noch stumm.

»Muss ich erst damit drohen, dich zu... gah-!«

Er brach in ein schmerzhaft klingendes Husten aus und sah sich somit gezwungen, mich loszulassen. Mit einem Lächeln voller Genugtuung wandte ich mich um. Mein Gegner ging lautstark zu Boden und ich zog triumphierend das Fläschchen aus meiner Tasche hervor. Unter dem bläulichen Licht war klar und deutlich zu erkennen, wie Ed die Arme um den Brustkorb geschlungen dalag und sich zusammenkrampfte. Ein wenig auf die Zunge beißen musste ich mir bei diesem Anblick, da ich mich sonst mit einem hämischen Kommentar doch noch verraten hätte. Stattdessen leistete ich mir ein leises Kichern, dann stieg ich über die niedergestreckten Körper hinweg. Das Insektengas hatte das Seine getan und mir somit den Zugang zum Sicherheitstor gewährt. Seit dem Versagen der Notstromaggregate ließ es sich weder öffnen noch schließen und das war der Hauptgrund, weshalb man Wachen davor postiert hatte. Wobei ich es seltsam fand, dass man diesen Wachen nicht wenigstens eine Taschenlampe überlassen hatte. Manche Umstände allerdings verlangten viel mehr danach, dankbar für sie zu sein, anstatt sie lange zu hinterfragen.

Dem Schein meiner Flasche hinterher zwängte ich mich seitwärts durch den engen Durchgang, den das halb geöffnete Tor freigab. Hätte sich die Energie ausgerechnet in diesem Augenblick dazu entschlossen, in unsere Systeme zurückzukehren, wäre ich wohl Mus gewesen. Nach wenigen stresserfüllten Atemzügen war ich jedoch der potentiellen Knochenpresse entronnen und stand tatsächlich unversehrt im Zellentrakt. Jetzt konnte mich nichts mehr aufhalten – der Rest des Weges war ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was bereits hinter mir lag. Einzig die Türen zu und in Block F8 leisteten ein wenig Widerstand. Dem kam ich mit einem kurzen elektrischen Impuls aus meinem Taser und einem zeitgleich genau abgestimmten Verwenden der Schlüsselkarte bei, schließlich war ich an meinem Ziel angelangt.

Die Kälte, die im Untergeschoss vorherrschte, ließ sogar mich frösteln, und als sich die Tür zur Zelle öffnete, blieb das übliche Zischen aus. Big Red lag unter der dünnen Decke auf seinem Bett, hatte mir den Rücken zugewandt und rührte sich nicht. Sofort reagierte ich, indem ich mir zuerst die Atemmaske vom Gesicht riss und sie dann zusammen mit Lichtflasche und Taser auf dem kleinen Tisch abstellte. Die Wasserversorgung hier unten war gewährleistet (insofern die Leitungen nicht gefroren waren) und Ilexx hielten es erstaunlich lange ohne Nahrung aus, weshalb ich die Temperatur für seine Reaktionslosigkeit verantwortlich machte. Schnell war ich bei ihm und hatte bereits eine Hand nach der Decke ausgestreckt, doch ein dumpfes Grollen brachte mich zum Innehalten.

»Wage es ja nicht!«

Ausdruckslos stand ich da und starrte die Federn an, die unter dem Stoff hervorlugten. Was genau hatte ich mir eigentlich dabei gedacht, als ich hierher aufgebrochen war?

»Ich warne dich!«, knurrte Big Red weiter, »Ich reiß dich in Stücke!«

Der Moment, in dem mir tatsächlich das erste Mal deutlich bewusst wurde, dass ich mich ohne nennenswerten Schutz mit einem ungesicherten Ilexx in einem Raum befand. Meine Überlebenschancen lagen bei etwa fünfzehn Prozent; vielleicht zwanzig, da Big Red sich aufgrund der Kälte nur langsam bewegen konnte. Für einen vernünftigen Menschen wäre die Sache klarer als klar gewesen und er hätte sich zurückgezogen, um das Alien seinem Schicksal zu überlassen. Doch weder war ich vernünftig, noch würde ich es zulassen, dass Big Red vor seiner Zeit den Löffel abgab. Ich brauchte ihn immerhin noch.

»Versuch das ruhig«, erwiderte ich deshalb dreist und ließ mich auf der Bettkante nieder. Wieder ertönte ein Knurren, doch mehr geschah nicht.

»Ich mache mir sicher nicht die Mühe, mich durch diese Finsternis hierher zu dir durchzukämpfen, nur damit du dann lieber erfrierst anstatt dir helfen zu lassen«, fügte ich hinzu, während ich die Decke ein wenig zurückschlug, um mir ein Bild von Big Reds Zustand zu machen. Er hatte sich halb zusammengerollt und die Arme um sich geschlungen. Deutlich war zu erkennen, dass die Wärmeorgane einen blaugrünen Farbton angenommen hatten. Sie hatten fast restlos die gespeicherte Wärmeenergie an den Körper abgegeben und dieser war sicherlich bereits auf die Umgebungstemperatur abgekühlt. Nicht mehr lange und er würde einem Herzstillstand erliegen.

»Verdammt! Bleib bloß wach, hörst du?«

Ohne ein Zögern entledigte ich mich meiner Handschuhe, dann brachte ich eine Hand auf seiner zu liegen. Er zuckte und gab ein wütendes Zischen von sich.

»Wenn das einer deiner Versuche ist, kleiner Scheißer, dann schwöre ich dir – sobald ich mich wieder bewegen kann, schlitze ich dir den Bauch auf!«

»Reg dich ab«, antwortete ich kühl, »Das ist ein Stromausfall. Den hat sich sicher keiner hier ausgesucht. Bis die Ursache dafür gefunden und behoben ist, ist es unmöglich, die Wärme zu regulieren.«

»Dann lass mich frei!«

»Selbst wenn ich wollte, könnte ich das gegenwärtig nicht.«

Ein ungeduldiges Schnauben entwich ihm.

»Du bist also hier, um mich vor dem Kältetod zu retten? Wirklich großzügig von dir.«

Der Sarkasmus entging mir nicht, doch ich reagierte nicht darauf. Meine Aufmerksamkeit war vollkommen auf das Wärmeorgan unter meiner Handfläche gerichtet. Zarte, fast schon membranartige Haut, die heftig zu pulsieren begonnen hatte, kaum, dass meine Wärme sie berührte. Gierig nahm es alles davon auf, was es bekommen konnte, und pumpte das nun wieder aufgeheizte Blut umgehend durch die Gefäße des Ilexx. Wie lange es dauern würde, die blaugrüne Farbe wieder zu einer roten oder wenigstens gelben werden zu lassen, konnte ich dabei nur mutmaßen, da noch niemand getestet hatte, in welchem Ausmaß die Ilexx dazu in der Lage waren, Wärmeenergie durch bloßen Hautkontakt mit einem anderen Lebewesen aufzunehmen.

Plötzlich entzog sich Big Red meiner Berührung und drehte sich zu mir um. Blitzende Augen durchbohrten mich und für einen unendlich scheinenden Moment setzte mein Herzschlag aus. War das nun das Ende? Sah so mein Tod aus? Zerfetzt von meinem eigenen Forschungsobjekt?

»Glaubst du wirklich, das reicht aus, um mich aufzuwärmen? Mach es entweder richtig oder lass es bleiben!«

Nach dieser Ansage blieben mir alle schlauen Kommentare erst einmal im Hals stecken und meine Augen weiteten sich kaum merklich. Ich wusste, was Big Red meinte. Und ich wusste auch, dass er Recht hatte – simples Händchenhalten würde dem Erfrieren nicht lange vorbeugen.

Mit meiner üblichen Maske der Nüchternheit hob ich die Decke an und legte mich darunter. Danach näherte ich mich vorsichtig dem immer noch mürrisch dreinblickenden Big Red an. Achtete darauf, dass die Wärmeorgane an seinen Oberschenkeln und am Bauch mich ausreichend berührten und nahm beide seiner Hände in die meinen. Das Ganze ließ er anstandslos über sich ergehen und keiner von uns verlor währenddessen ein Wort. Dann lagen wir einander gegenüber da und starrten uns in die Augen. Wieder traf Feuer auf Eis, obwohl es doch ich war, der ihn wärmte. Wieder tauchte ich tief ab in die hasserfüllten Abgründe seiner Seele, wobei ich jedoch feststellen musste, dass sich seit dem Tag unseres ersten Aufeinandertreffens etwas grundlegend verändert hatte. Etwas, das Neugierde sein konnte, das zwar unbeherrscht war, aber das Spiel aus Dominanz, Widerstand und Abhängigkeit mit ihm erst spielenswert machte. Fühlten sich so Soldaten im Kampf, wenn sie einen Gegner gefunden hatten, der ihnen ebenbürtig war?

Ich wandte den Blick ab und senkte den Kopf. Im bläulichen Schein der Leuchtflasche glänzten die Krallen des Ilexx zwischen meinen Händen. Seine Pranken waren riesig, ich bedeckte mit meinen Handflächen gerade ausreichend seine Wärmeorgane, die weiterhin angeregt unter meiner Berührung pulsierten. Kühl und glatt waren die Schuppen, die ich sachte umschlossen hielt, und um sein rechtes Handgelenk spannte sich ein Goldreif. Er lag so eng an, dass ihn niemand entfernen konnte, ohne ihn zu beschädigen oder Big Red unnötig zu verletzen. Filigrane Gravuren zierten ihn und ich erinnerte mich, dass die meisten unserer gefangenen Ilexx dieses Schmückstück besaßen.

»Wozu trägst du den Armreif?«, fragte ich, den Blick weiterhin auf die schimmernden Windungen des Metalls gerichtet. Der breite Brustkorb des Aliens hob und senkte sich daraufhin einige Male, bevor die tiefe Stimme erklang, ruhiger als zuvor.

»Ich bin Jäger«, sagte Big Red schlicht, »Nur Jäger tragen einen Goldreif.«

»Ihr seid also nicht alle Jäger?«, hakte ich nach und hob dabei den Kopf wieder, um mein Gegenüber eindringlich anzusehen. Hatten wir etwa ein völlig verkehrtes Bild vom Zusammenleben der Ilexx?

»Sind wir nicht«, ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, »Wir tragen den Reif von einem Alter von zehn bis zur Volljährigkeit. Nur, wer es bis dahin schafft, dass er sich nicht mehr lösen lässt, kann Jäger werden. Unsere Aufgabe verlangt Stärke und Ausdauer von uns ab, die ein Hüter nie haben wird.«

»Hüter?«

»Sie hüten unsere Häuser und Familien. Erbauen unsere Dörfer, stellen her, was wir zum Leben brauchen, und treiben Handel mit den Horug. Wir Jäger gewährleisten im Gegenzug Schutz und sorgen für Nahrung.«

Ausdrucksstark wölbte sich jeder einzelne Muskel Big Reds und unterstrich das Gesagte auf eine Weise, die mir das Bild einer Ilexx-Frau in den Kopf projizierte, die zuhause auf ihren Krieger wartete. Zu schade, dass ich mein Holoboard nicht bei mir hatte. Der rote Riese war heute außerordentlich gesprächig.

»Und du...?«, begann ich ernst und sah wieder auf unsere Hände hinab, »Hast du... eine Familie? Einen... Hüter?«

Anspannung durchfuhr ihn wie ein Zittern. Hatte ich das falsche Thema angeschnitten?

»Nein«, sagte er knapp und beließ es dabei. Er wollte nicht darüber reden und ich ging auch nicht näher darauf ein. Meine Position dicht an dicht mit ihm konnte mir schnell zum Verhängnis werden, wenn ich ihn unüberlegt reizte.

Eine lange Stille folgte. Nur unsere gleichmäßigen Atemzüge waren zu hören und ich beobachtete fasziniert, wie die Wärmeorgane unter meinen Händen langsam ihre Farbe von blaugrün zu einem gelbgrün wechselten. Ganz langsam schienen meine Bemühungen Wirkung zu zeigen, doch reichten sie aus? Ein aufmerksamer Blick Big Reds schuppigen Körper hinab genügte, um sagen zu können, dass nur jene Wärmeorgane von meiner Nähe profitierten, die mich auch tatsächlich berührten. Fror er denn nicht unwahrscheinlich? Warum zog er mich nicht gierig nach Wärme an sich? War es ihm unangenehm, mehr von mir zu verlangen? Wollte er sich seine Schwäche selbst nicht eingestehen?

Er ist ein genauso sturer Bock wie du, Law. Du müsstest ihn eigentlich lesen können wie ein Buch.

Mir entwich ein ungeduldiges Seufzen, dann nahm ich einfach einen seiner Arme und legte ihn um mich. Auf diese Weise war es mir möglich, mich mit angenervt geschlossenen Augen noch viel enger an ihn zu drängen, bis ich seine Schulterfedern an meinem Gesicht spürte. Eine meiner Hände lag an seiner Brust, die andere hatte ich unter das Kopfkissen geschoben.

»Du...?«

»Sei einfach still, du Esel«, brummte ich ohne weitere Erklärung in die Federn hinein. Meine Lage war schon lange nicht mehr eine so verletzliche gewesen, aber was nahm man nicht alles auf sich, um ein Forschungsobjekt vor dem Tod zu bewahren? Meine einzige Genugtuung an der Sache war, dass sich Big Red ebenso viel Blöße wie ich geben musste – wenn nicht sogar mehr – und demzufolge mit Sicherheit ein nicht minder verdrießliches Gesicht zog. Bestätigt wurde meine Annahme dadurch, dass ich nur einen Moment später mit einem Griff fest wie ein Schraubstock an ihn gedrückt wurde. Letztlich hatte er meiner Wärme wohl doch nicht mehr widerstehen können.

Wieder machte sich das Schweigen zwischen uns breit. Er hatte sich mit dem Kopf leicht seitlich an den meinen geschmiegt, so dass das Wärmeorgan nahe der rechten Wange meine Haare berührte. Unter meiner Hand nahm ich seinen Herzschlag wahr, der beständig im selben Rhythmus pochte und sich nach und nach dem meinen anglich. Wohl, um die Wärmeaufnahme zu beschleunigen, während ich in seinen Armen lag und die völlige Gänze seines Körpers an meinem spürte. Sehnige Gliedmaßen, der muskulöse, breite Brustkorb, Schuppenkleid und pergamentweiche Haut gleichermaßen, die mächtige Schwere zwischen seinen Beinen und ein kaum hörbares Grollen, das mit jedem Atemzug seiner Kehle entwich und mich in eine eigenartige Ruhe bettete. Ich fühlte mich nicht unwohl hier, obwohl jeder menschliche Instinkt mir eigentlich sagen sollte, dass Gefahr von dem Alien an meiner Seite ausging. Dann jedoch wiederum – wer von uns war das Alien? Hatte ich in der Vergangenheit nicht bewiesen, dass es Gründe genug gab, mich ebenso zu fürchten wie ihn? Meine harten Gesichtszüge wurden sanfter, während ich still und heimlich das Gefühl von unfassbar weichen Federn an meiner Wange genoss. Lange war es her, dass ich mit jemandem das Bett auf diese Weise geteilt hatte. Noch sehr viel länger, ohne dabei sexuelle Absichten zu hegen. Und vielleicht war die Frage gar nicht, wer von uns beiden das Alien war. Sondern, ob wir uns gegenseitig als fremde Lebensformen akzeptierten.

Auf einmal erklang seine tiefe Stimme direkt neben meinem Ohr. Er sprach leise und beinahe so, als bereue er seine Worte, noch bevor er sie ausgesprochen hatte.

»Sie war meine Eimutter.«

Fast wollte ich fragen, wen er meinte. Doch die Erkenntnis kam schneller über mich als ich Sätze formen konnte.

Shakuyak.

Ich hielt vollkommen still und sagte nichts. Er hatte sich genau jetzt dazu entschlossen, mir zu erzählen, was nur er wusste, und ich glaubte nicht, ihn noch einmal wieder in dieser Gefühlslage zu erwischen.

»Meine Eltern haben mir von ihr erzählt. Ich selbst habe sie nie gesehen. Sie liebte diesen Menschen namens Rayleigh und wollte ein Friedensabkommen mit seinem – deinem Stamm schließen. Aber sie hat alle betrogen. Sie sagte, sie werde sich dem Menschen-Alpha unterwerfen, sie sagte, alle Ilexx seien nun Gefangene der Menschen. Keiner hat ihr Handeln jemals verstanden, doch es führte noch an Ort und Stelle dazu, dass man sie ihres Postens entmachtete. Danach entbrannte ein Kampf, bei dem viele Ilexx und auch Menschen ihr Leben lassen mussten. Es heißt, Shakuyak wurde dabei ebenfalls getötet.«

Meine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. Dasselbe erzählte man sich hier von Prof. Rayleigh. Ich wusste nicht, wie zufrieden mich diese Geschichte stimmen sollte. Die Textpassagen aus den Aufzeichnungen des Professors, die Alpha Shakuyak beschrieben, waren zwar zweifelsohne ein wenig zu voll mit Lobpreisungen, doch hinterhältiges Handeln wollte dennoch nicht zu ihrem Charakter passen. Sie habe immer das Beste für ihren Stamm im Sinne gehabt, so betonte Rayleigh mehrere Male. Ich glaubte ganz einfach nicht, dass Big Reds Erzählung die vollkommene Wahrheit war. Sowohl die Menschen als auch die Ilexx kannten jeweils nur einen kleinen Teil davon, doch was sich wirklich zugetragen hatte, blieb ein Rätsel. Vielleicht musste ich mich mehr anstrengen, noch tiefer in den Archiven graben.

»Ich bin ihr einziger überlebender Nachkomme«, erklärte Big Red weiter, »Vielleicht aber auch nicht. Das weiß ich nicht. Jeder andere würde es genauso wie ich geheim halten. Niemals sonst würden mir die anderen vertrauen und zur Jagd folgen.«

Er legte unter der Decke seinen Schwanz auf meinen Schuhen zurecht, dann fügte er grimmig an: »So. Jetzt weißt du, warum wir Rayleigh hassen und es keinen Frieden zwischen uns und euch geben kann.«

»Eine Interessante Geschichte, in der Tat. Aber eines hast du ausgelassen«, meinte ich mit einem frechen Lächeln, »Und zwar den Teil, wo Professor Rayleigh euch unsere Sprache beibringt.«

»Pah! Als ob wir das nötig hätten!«, harte Krallen auf meinem Rücken erinnerten mich daran, dass ich meine Großspurigkeit eventuell ein wenig zügeln sollte, »Was du da als deine Sprache hörst, ist eigentlich die unsere. Wir können jede Lebensform, die kompatibel mit unseren Gehirnwellen ist, im Glauben lassen, dass wir ihre Sprache sprechen.«

Diese Information wischte mir einmal mehr die Selbstgefälligkeit vom Gesicht.

»Aber meine Gedanken lesen kannst du nicht«, murrte ich. Dass sich jemand Zugang zu meinem Gehirn verschaffte, behagte mir nicht.

»Nein, das nicht«, schnaubte Big Red, »Und darum bin ich sogar froh. Wer weiß, was in einem Kopf vor sich geht, der aussieht wie der Arsch eines Gauoron.«

»Selber Arsch.«

»Fusselkopf.«

»Idiot.«

»Kleiner Scheißer.«

Mein Lächeln kehrte zurück bei dieser wenig intelligenten Konversation. Noch nie hatte ich eine Person getroffen, die mir auf diese Weise Kontra gab. Neider, Bewunderer, Nervensägen und Angsthasen war ich gewohnt, doch dieser Ilexx schaffte es als erster, mich immer wieder gleichermaßen sowohl auf die Palme als auch zum Lächeln zu bringen. Es war ein Gefühl, von dem ich mir sicher war, dass ich es schon viel früher hätte kennen lernen sollen. Etwas, was dem Kind in meinem Inneren eine tiefe Zufriedenheit spendete und die Einsamkeit besiegte.

Nur wenig später erlosch das bläuliche Licht und ließ Big Red und mich in einer völligen Finsternis zurück. Er hatte seine Stirn an meine gelegt und obwohl bald schon seine Wärmeorgane in einem klaren Rotton zu leuchten begannen, rührte sich keiner von uns. Die Stunden, die uns blieben, bis der Strom zurückkehrte, waren die Stunden, in denen wir es zuließen, uns vollkommen fallen zu lassen. Ohne ein Wort lagen wir nebeneinander und wussten, dass es eine Situation wie diese – so friedlich und ungezwungen – zwischen uns nie mehr wieder geben würde. Sobald die Normalität Einzug hielt, wären wir auch wieder Feinde. Bis es jedoch so weit war, schmiegte ich mich an seine gefiederte Schulter und gab mich der Illusion hin, ich könne in dieser kurzen Zeit den Schmerz vergessen, den meine Familie in meinem Herzen hinterlassen hatte, als sie aus diesem Leben schied.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Uhh... vorm nächsten Kapitel hab ich echt schon Angst. Einfach... weil... ach, es wird traurig werden. So viel zur Warnung.

Lasst Kommis da, wenn ihr Bock drauf habt. Die les ich gern. ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  TK-Rabe
2016-07-24T14:55:53+00:00 24.07.2016 16:55
Was ist mit dem Reagenzglas?
Das könnte wer finden~
Antwort von:  SimonStardust
24.07.2016 17:45
Hat sicher wer gefunden. xD
Law hatte aber Handschuhe an. Weiß keine Sau, von wem das war.
Vielleicht haben sie auch Law gefunden. In der Zelle drin.
Also... entweder hats nie einer rausgefunden, wers war, oder Law hat Ärger bekommen, oder den beiden Wachen war es überhaupt zu peinlich, zuzugeben, dass sie überrumpelt worden sind. xD
Antwort von:  SimonStardust
24.07.2016 17:56
Ich kann aber auch... nur für dich... ne Geschichte um das Reagenzglas schreiben. Damit du ganz genau weißt, was damit passiert ist. *an einen ganz gewissen Schokokuchen denkt* xDDD
Antwort von:  TK-Rabe
24.07.2016 18:42
Das war eine Schokopfefferminz-Torte :P kein Kuchen... Tortäääää xD
Antwort von:  SimonStardust
24.07.2016 18:48
Ich weiß. Kuchen geht schneller zu schreiben als... Schokopfefferminz-Torte....
Na, jetzt hab ichs doch geschrieben. xD
Antwort von:  TK-Rabe
24.07.2016 18:51
Haha!
Dein größter Fan will mehr Stoff!
Antwort von:  SimonStardust
24.07.2016 18:52
Du bist mein größter Fan?
Hmm... müsste ich nachmessen.... x,D
Antwort von:  TK-Rabe
24.07.2016 18:55
Jo.
xD
Von:  blackNunSadako
2016-07-23T01:14:10+00:00 23.07.2016 03:14
Huhu, ich mal wieder :D (*Stammplatz am Stammtisch einnehm* xD)
Erstmal vielen lieben Dank für die Namens-Nennung,das puscht einem doch gleich mal das Selbstwertgefühl hihi :)
So jetzt zu deiner super spannenden Story :) die ich immernoch feier wie Weihnachten xD
Das Kapi war wirklich schön, gerade ab der Mitte (als Law sich durch die Dunkelheit geschlichen hat) hatte ich ein dickes Lächeln auf den Lippen. Die Gefühle kommen richtig gut rüber und haben mich wirklich berührt :)
..Und jetzt zu deiner Warnung... Drama x.x neeein so viele TaschenTücher werd ich gar nicht auf Vorrat haben *schnief*
Ich freue mich auf jeden Fall immer wieder auf deine Kapitel ^-^ ich hoffe insgeheim dass der liebe Big Red nicht stirbt... Mein armes Herz x.x
Aber natürlich bist du die liebe Autorin des ganzen und du machst deinem Job alle Ehre :D
Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende, bis zum nächsten Mal ^.^
Antwort von:  SimonStardust
23.07.2016 08:37
Hallo auch am Stammtisch. xD
Na, ich dachte mir mal, so viel Fleiß muss belohnt werden. Immerhin freu ich mich immer über Kommis. ^^
Vielen Dank. Mir hat das auch unheimlichen Spaß zu schreiben gemacht. Erst Law... der da rumschleicht... und dann Big Red retten geht. Ah... ich würd das Kapitel fast gern nochmal schreiben. xDDD
Also... ich sag mal so viel, dass es ja immerhin noch drei Kapitel werden sollen. Ganz gleich, wie schlimm das nächste ist. ^^
Oh, das ehrt mich sehr. Vielen Dank nochmal dafür.
Grüße zurück. ^^
Bis dann.
Von:  Zebran20121
2016-07-21T14:19:00+00:00 21.07.2016 16:19
Hallo

also erstmal dass du mich im Vorwort des Kapitels erwähnst ist was neues für mich und bei dem ganzen Lob werd ich ja ganz rot.

jetzt zum Kapitel: es ist unglaublich süß geworden ich hatte das Bild wie sie eng aneinander gekuschelt waren richtig im Kopf gehabt und klar vorm geistigem Auge. Die Geschichte von Shakuyak und Rayleigh da hab ich irgendwie das Gefühl dass da was nicht stimmen kann. Shakuyak wollte wie mann sagte immer das Beste für ihren Stamm, da wird sie wohl kaum alle Ilex in die Menschliche Gefangenschaft befördern und vergessen wir mal nicht wem der Laden dort gehört und wer dort arbeitet. Ich bin mir fast sicher dass Doflamingo irgendwas damit zu tun hatte damit krieg dort kein frieden zwischen Menschen und Ilex bestehen kann. Motiv wäre ziemlich simpel dass sie sonst nicht mehr an den Ilex experimentieren könnten. Und zu dem Nachwort: Ich kann es mir schon fast denken was im Nächsten Kapitel passieren könnte sag mir bitte dass du Red nicht draufgehen lässt wenn doch dann komme ich zu dir und mache es wie ein Wendigo und fresse dich mit Haut und Haaren. Ich will ein Happy End (Happy End süchtig). Bin schon auf das nächste Kapitel gespannt ( mann hab keine lust drauf zu warten). Bis die Tage.

LG Zebran
Antwort von:  SimonStardust
21.07.2016 16:40
Hi auch. ^^

Ach, ich fand das durchaus lobenswert. Immerhin krieg ich nicht allzu viele Kommis und freu mich deswegen riesig über jeden einzelnen. ^^

Ja, unglaublich süß. Genau so muss es sein. :3
Joar... da bist du nicht allein. Law dachte auch schon, dass da was faul ist. Wobei... Doflamingo wohl eher nur indirekt... also... sehr indirekt etwas damit zu tun hat. ^^
Also... ich verrat zumindest so viel, dass ich selber ein Fan von Happy Ends bin. ;)

LG, Simon


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