Zum Inhalt der Seite

Dies ist unser Ninjaweg, dattebayo!

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo und herzlich willkommen zu dieser FF. Sie entstand aus einem RPG von einer guten Freundin und mir. Da mit der Plot gefiel und meine anderen Fanfiction momentan etwas in einer Blokade stecken, versuche ich mich halt an Naruto. OC sind ja meist ein schwieriges Thema, doch diese 2 wurden nicht kreirt um unbedingt eine Romanze zu erzwingen. Gerade die zwischen Neria und Neji wird sehr lange brauchen und mit vielen Turbulenzen haben. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das Dorf im Sand

Geschichten von Monster sind so alt wie die Menschheit selbst. Es war ein Versuch die Grausamkeit der Realität ein Gesicht zu geben und eine Erklärung zu finden in dem, was willkürlich erschien. Oft war die Dunkelheit die Heimat eben jener Monster, denn dort lauerten stets Gefahren und was war gefährlicher als Monster?

Doch irgendwann, im Lauf der Geschichte, begann die Menschen alles, was anders erschien als Monster zu bezeichnen. Selbst Menschen, die ja nach Definition nicht Monster sein konnten. Es wurde zur Bezeichnung von allen Lebewesen vor denen man Angst haben musste. Ob diese Bezeichnung gerechtfertigt war hinterfragte kaum einer mehr und so wurden oft Monster nur aus deren Bezeichnung geboren.

Eben jenes Phänomen ereignete sich einem kleinen Dorf im Reich des Windes mit dem Namen Sunagakure. Vor einigen Jahren hatte es einen großen Krieg gegeben geboren aus eben jener Angst. Sunagakure hatte schwere Verluste erlitten und wurde am Ende in die Kälte der Verbannung geschickt. Keines der anderen Dörfer wollte mit ihm verhandeln und so war es auf sich gestellt. Die Niederlage hatte die Menschen verzweifeln lassen und der Kazekage, das Oberhaupt des Dorfes, war gezwungen zu handeln. Die Menschen waren verängstigt und verlangten nach Schutz, damit sie sicher waren. Er brauchte eine ultimative Waffe, die Sunagakure für alle Zeit beschützen sollte. Lange dachte der Mann nach, doch er war in die Ecke gedrängt. Alle erwarteten eine Lösung von ihm und somit erschuf er ein Monster um die Welt das Fürchten zu lehren.

~*~

Es war ein heißer Tag in dem kleinen Wüstendorf. Die Luft flimmerte erbarmungslos zwischen den hohen Felsklippen, die es gegen seine Feinde schützen sollte. Trotzdem rannten die Kinder fröhlich durch die Straßen und spielten ausgelassen auf dem Spielplatz. Laute Rufe hallten über die Dächer der Lehmhütten und ihr fröhliches Lachen erhellte die stickige Luft. Kinder waren rein und ließen sich von den Schatten der Vergangenheit nicht beeindrucken. Dies sollte man zumindest meinen.

„Morgen! Ich habe einen neuen Ball von Mama bekommen. Wollen wir den ausprobieren?“ Ein Mädchen von ungefähr sechs Jahren rannte aus den Schatten der Häuser hinaus. Ihr brauner Zopf flatterte hinter ihr her. Ein breites Strahlen lag auf ihrem Gesicht, als sie schnell atmend vor ihren Freunden stehen blieb.

Die anderen Kinder hatten in der Zwischenzeit mit dem Spielen innegehalten und liefen zu ihr um den neuen Ball zu bestaunen.

„Der sieht aber toll aus, Yuri.“, sagte ein blondes Mädchen ehrfürchtig. Seit dem Krieg betrieb Sunagakure keinen Handel mit den anderen Ninjadörfern und somit waren Bälle eine Rarität. Stolz nickte Yuri und ihre Augen funkelten.

„Hier fang, Neria!“ Mit diesen Worten warf Yuri ihrer besten Freundin den Ball zu. Sofort warf das blonde Mädchen ihn weiter und schnell entstand ein Spiel mit einer Mischung aus Fuß- und Handball.

Niemand von ihnen bemerkte den rothaarigen Jungen, welcher mit seinem Teddybären auf der Schaukel saß, und sie mit traurigen Augen beobachtete. Zu sehr waren sie auf den Ball fokussiert, der zwischen ihren Beinen tanzte.

Plötzlich versprang der Ball und rollte genau für die Füße des Jungen. Anstelle ihn jedoch zu holen, verharrten die Kinder verängstigt. Einige begannen sogar zu zittern.

„Karu, du holst den Ball.“, motzte Yuri. „Schließlich hast du ihn verschossen.“

„N…Nein…“, stotterte einer der ältesten Jungen und wich zurück, als der rothaarige Junge den Ball aufhob.

„Was ist denn los mit dir?“, fragte Neria verwundert und neigte ihren Kopf.

„Da---das ist Gaara.“, sagte Karu, als ob das alles erklären würde. Neria und Yuri jedoch sahen sich bloß verwirrt an.

„Und?“

„Kennt ihr die Geschichte von Gaara nicht?“, raunte Mara in das Ohr von Yuri.

„Er ist ein Monster!“, bekräftigte auch Karu. Neria runzelte die Stirn und betrachtete den Jungen. Verschüchtert, mit gesenktem Kopf, stand er da und hielt den Ball umklammert.

„Was ein Monster?“, wiederholte sie ungläubig und schüttelte den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Junge ein Monster sein sollte. Wie konnte ein Mensch überhaupt ein Monster sein und vor allem dieser? Er wirkte doch ebenso verängstigt wie sein Gegenüber.

„Mama hat gesagt, er ist ein Monster.“

„Dann redet deine Mama Blödsinn.“, entgegnete Yuri, die zum gleichen Schluss gekommen war wie ihre Freundin. „Ich geh ihn holen.“

„Tu das nicht!“ Mara zupfte an ihrem Ärmel. „Er wird dich verletzen.“

Die beiden Mädchen warfen Mara nur einen ungläubigen Blick zu und liefen dann zu dem Jungen. Seine eisblauen Augen sahen sie für einen kurzen Moment mit einer seltsamen Mischung aus Verwunderung und Angst entgegen. Hastig senkte er wieder den Blick und drückte den Ball an sich, al würde er ihn vor den Kindern beschützen. Irritiert sah Neria ihm entgegen. Würde ein Monster Angst vor einfachen Menschen haben? Unglaube machte sich in ihr breit.

„Hey.“, sprach Yuri ihn mit sanfter Stimme. „Könntest du mir bitte meinen Ball wiedergeben?“

Verunsichert blickte der Junge zu ihr auf. Seine hellblauen Augen schienen zu zittern, als erwarte er jeden Augenblick, dass sie ihn so behandeln würden wie ihre Freunde. diese nicht selbst überprüfen konnten. Verwundert warf Neria ihrer Freundin einen Blick zu. Schließlich beugte sie sich hinab, sodass sie auf Augenhöhe mit ihm war. Sie schätzte ihn auf ungefähr ihr Alter, doch er war kleiner als sie.

„Wie heißt du?“

„Ga…Gaara.“, nuschelte er leise.

„Hallo, Gaara. Das ist Yuri. Mein Name ist Neria. Weiß du, Yuri hat den Ball heute erst geschenkt bekommen und sie wäre sehr traurig, wenn sie ihn nicht wiederbekommt.“

„Oh..uhm…“ Unsicher blickte Gaara wieder zu Boden.

„Magst du Ballspiele?“, fragte Yuri.

„Ähm…ja.“

„Willst du dann vielleicht mitspielen?“, bot das braunjährige Mädchen mit einem lieben Lächeln an. Die blauen Augen von Gaara wanderten zu den anderen Kindern, welche versuchten sich hintereinander zu verstecken. Angst ging von der kleinen Gruppe aus und ihre Augen waren weit aufgerissen. Traurig senkte er den Blick und schüttelte den Kopf.

„Ich denke das ist keine gute Idee. Die Anderen…“

„Egal.“, fuhr Yuri dazwischen und schnaubte verärgert. „Es ist mein Ball und ich entscheide wer mitspielt.“

Kurz entschlossen ergriff Yuri seine Hand und zog den verunsicherten Gaara hinter sich her. Neria sah ihnen kichernd nach, doch wenige Augenblicke später rannte sie ihnen nach.

„Ich habe aber noch nie gespielt.“

„Was?“, wiederholte Neria ungläubig. „Dann wird es aber höchste Zeit. Wir werden es dir zeigen.“

Mara, Karu und die anderen hingegen wichen zurück und klammerten sich aneinander. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihr Körper zitterten stärker.

„Also, das ist Gaara und er spielt mit.“, erklärte Yuri bestimmt und verschränkte ihre Arme vor der Brust.

Mara schüttelte fassungslos den Kopf und versteckte sich hinter Karu. Gaara senkte betrübt den Blick und wollte sich abwenden, doch Yuri hielt ihn noch immer eisern fest. Ungläubig blickte Neria ihre Freunde an und schüttelte den Kopf. Bisher hatte sie sie ja wahrlich gemocht, doch langsam wurde sie von ihnen enttäuscht. Sie hätte nicht von ihnen erwartet, dass sie so gemein waren.

Plötzlich drehten sich ihre Freunde um und stoben wie aufgescheuchte Hühner auseinander. Gaara sah ihnen nach und senkte den Blick, während er mit dem Stoff seines grauen T-Shirts nestelte.

„Sie mussten sicher nur nach Hause.“, meinte Neria und versuchte ihn mit einem Lächeln aufzumuntern, doch der wehleidige Blick blieb in dem blassen Gesicht. Sie wusste, dass dies Gaara nicht zum ersten Mal passierte. Mitgefühl machte sich in ihr breit. Sie spürte, dass er ein sensibler Junge war, der nur versuchte Anschluss zu finden. Sie blickte zu ihrer Freundin, welche sie nur nachdenklich ansah.

Im nächsten Moment jedoch bekamen die beiden Kinder zu sehen, warum Gaara als Monster in ihrem Dorf galt. Es unheilvolles Knistern ging durch die Luft und plötzlich wirbelte der Sand hinter den Kindern auf und schoss hinter ihnen her. Mara schrie, als der Sand sie an den Knöcheln packte und zu Boden warf. Auch Neria und Yuri erschraken, als sie sahen, wie der Sand sich gleich Schlangen an den Beinen des Mädchens hochwanderte und sie brutal über den Boden zurückzog. Das Mädchen schrie und wand sich, versucht mit Tritten den Sand zu lösen. Es war jedoch sinnlos.

Zum Glück waren die beiden jungen Mädchen von ihren Eltern zur Kameradschaft und Mut erzogen worden. Sie fingen sich schnell wieder, denn ihre Freundin brauchte ihre Hilfe. Während Yuri zu Mara lief um ihr zu helfen, stellte sich Neria in das Blickfeld von Gaara, der ebenfalls geschockt die Szenerie betrachtete. Mit bittenden Augen sah sie ihn an und flüsterte:

„Bitte, Gaara, hör auf! Das macht man nicht.“

Gaara erschrak und sie holte ihn somit zurück und löste sich aus der Starre.

„I…ich kann nicht.“, wimmerte er verzweifelt. Neria stellte sich daraufhin kurz entschlossen in den Weg des Sandes und fing den nächsten Angriff ab. Wie eine Peitsche schloss die Sand auf sie zu. Sie zuckte zusammen, als ihre Haut und Kleidung zerrissen, doch sie biss sich auf die Lippen.

„Doch du kannst es!“, sagte sie und kein Funken Zweifel lag in ihrer Stimme. „Ich bitte dich, Gaara-chan. Verschon meine Freundin.“

Beim Klang der liebevollen Anrede, erschrak Gaara erneut. Er fasste sich an den Kopf und begann zu zittern. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer schmerzverzerrten Fratze, doch schließlich fiel der Sand zu Boden. Kreischend sprang Mara auf und rannte davon. Traurig starrten blauen Augen ihr hinter her und Gaara umarmte seinen Teddy fester gegen seinen Körper.

„Gaara.“, erklärte Neria sanft, als sie sich vorsichtig wiederaufrichtete. „Wenn du mit Jemanden spielen willst, dann musst du sie fragen und selbst, wenn sie es nicht wollen, ist das nicht schlimm. Wir spielen mit dir.“

Überrascht blickte er auf. Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass sie nun auch Angst vor ihm hätten. Dass sie allerdings noch immer freundlich waren, schien er nicht zu kennen. Kein Wunder, dass er so verunsichert war.

„Ihr wollt mit mir spielen?“, fragte er erstaunt und seine Augen weiteten sich.

„Sicher, aber ich muss erst nach Hause um meine Wunden zu desinfizieren.“, stellte Neria fest, während sie die Schürfwunden begutachtete. Einige Bluttropfen rannen wie Tränen ihren Arm hinab liefen. Sie bemerkte außerdem, dass Gaara diesen Anblick bewusst mied.

„Nein, geh bitte nicht.“, bat er sie leise. Yuri, welche mittlerweile wieder neben ihnen stand, beobachtete ihn verwundert, doch dann lächelte sie.

„In der Zeit können wir beide doch schon einmal anfangen. Neria ist sicherlich nicht lange weg.“

Gaara sah zwischen den beiden hin und her und nickte dann. Neria strahlte vergnügt, bevor sie ihre Freundin zurückließ.

~*~

Die Häuser in Sunagakure waren beinahe identisch. Jeder außenstehende, der nicht zur Kazekagevilla wollte, würde nie das passende Haus finden. Diese befand sich im Zentrum des zentrisch angeordneten Dorfes und überragte sämtliche Häuser um zwei Stockwerke. Neria hingegen suchte sich sicher ihren Weg durch die runden Lehmhäuser, welche trotz der Hitze einigermaßen kühl blieben.

Hastig öffnete sie die Tür. Die kleinen Klingeln, welche am Rahmen angebracht waren, schellten und verrieten ihre Ankunft.

„Hallo, Mama!“, rief sie in den Raum, der die gesamte untere Etage bildete. Links von ihr befand sich die offene Küche zusammen mit dem Essbereich, weiter hinten das Bad und rechts war der Bereich zum Wohnen. Eine Treppe führte nach oben in den zweiten Stock, wo sich die Schlafzimmer befanden.

Eine Frau mit langen, braunen Haaren, welche sie typischerweise hochgesteckt hatte, hielt beim Abwasch inne. Sie trug einen kurzen Kimono im Beerenton mit den typischen Netzleggins. Ihr Stirnbind trug sie über ihren schrägen Pony und bloß zwei störrische Strähnen fielen über es.

„Hallo, Schatz.“, grüßte Rao Shiranui, die Mutter von Neria. „Was machst du denn schon hier? Hotaru erzählte, sie hätte Yuri einen neuen Ball geschenkt.“

Die Familien Shiranui und Kinou gehörten zu den Ältesten und Angesehensten Familien in Sunagakure und waren bereits seit langer Zeit miteinander eng befreundet. Auf Grund dessen wuchsen Neria und Yuri beinahe wie Schwestern auf.

„Ja.“ Neria nickte bejahend und ließ sich auf einen der hölzernen Essstühle fallen. „Aber ich bin beim Sandball spielen blöd umgeknickt und gefallen. Könntest du mit bitte ein Pflaster geben?“

Verwundert sah Rao ihre lebhafte Tochter an und bemerkte erst jetzt die kleinen Schürfwunden, die sich über die Arme und Beine zogen. Für einen Moment fragte sie sich, ob diese Wunden wirklich bloß von einem Sturz stammten, doch sie wusste auch mit wie viel Engagement ihr Kind in die Spiele legte und dadurch ein größerer Sturz durchaus möglich war.

Schnell verschwand Rao im Bad und kehrte schließlich mit Pflastern und Desinfektionsmittel zurück. Neria zischte, als der Alkohol ihre Haut traf und brannte. Schließlich klebte Rao die Pflaster auf die Wunden und verbrauchte dabei gleich die gesamte Packung. Als das Letzte schließlich klebte, küsste sie die Wunde sanft und strich über das Knie.

„Du musst beim Spielen vorsichtiger sein, meine Kleine.“, sprach sie liebevoll und sah zu Neria auf. Diese lächelte jedoch nur vergnügt.

„Aber wir müssen doch abhärten, wenn wir große Kunoichis werden wollen.“ Rao lachte und schüttelte ihren Kopf. Yuri und Neria hatten seit sie sprechen konnten den großen Traum in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und große Ninjas zu werden um ihr Dorf zu beschützen. Rao war stolz über diese Leidenschaft, die ihre Tochter und ihre beste Freundin zeigten.

„Da hast du Recht, Neri.“

„Nenn mich nicht so. Bin kein Baby mehr.“, schmollte Neria. Rao lachte und stand auf um den Abwasch zu beenden. Sie rechnete eh damit, dass ihr Kind gleich aus dem Haus stürmen würde um weiter mit Yuri zu spielen.

„Mama?“

„Ja?“

„Haben wir noch Kakao? Ich würde gerne den anderen eine Tasse mitbringen?“ Rao hielt inne und seufzte.

„Es tut mir leid, mein Schatz, aber wir haben keinen mehr. Wir müssen bis nächste Woche warten, wenn die nächste Lieferung aus dem Feuerreich kommt.“

„Oh.“, stieß Neria enttäuscht aus. Sie hätte gerne Gaara einen Kakao mitgebracht- Sie munterte das seltene, warme Getränk immer auf, wenn sie traurig war. Etwas sagte ihr, dass Gaara einen gebrauchen könnte.

Rao sah ihren traurigen Blick und seufzte. Hastig kramte sie durch die Hängeschränke ihrer Küche.

„Also, ein bisschen ist noch da, aber er reicht nur noch für eine Tasse.“, erklärte sie, währen die sie letzten Reste aus dem Beutel klopfte.

„Dann mach die bitte, Mama.“

~*~

„Yuri, Gaara!“, rief Neria wenige Minuten später, als sie endlich wieder zum Spielplatz zurückkehrte. Vorsichtig balancierte sie die dampfende Tasse in ihren Händen. Ihre beiden Freunde spielten zu ihrer Überraschung nicht Ball, sondern saßen auf den Schaukeln und unterhielten sich. Augenblicklich hielten die beiden inne und sahen ihr entgegen.

„Hier!“ Neria strahlte, als sie keuchend vor Gaara stand und ihm die Tasse entgegenhielt. Der junge zuckte zusammen und betrachtete das braune Getränk neugierig.

„Was ist das?“

„Kakao. Schmeckt lecker.“, erklärte Neria, während sich ihr Brustkorb schnell hob und senkte.

„Bist du gerannt?“, fragte Yuri amüsiert und strich sich eine feine, braune Strähne hinter das Ohr. Neria nickte eifrig und strahle noch immer, als sie ihm auffordernd die Tasse hinhielt.

„Ka…kao?“, wiederholte Gaara, als hätte er dieses Wort noch nie gehört.

„Ja. Das ist ein ganz spezieller aus dem Feuerreich. Super lecker. Ist die letzte Tasse bis nächste Woche.“

„Wa…warum gibst du sie mir dann?“

„Weil ich es möchte. Wir sind Freunde und Freunde teilen.“, erklärte Neria das mit einem Schulterzucken. Für sie war das völlig normal, doch sie wusste nicht wie viel das für Gaara bedeutete. Sie wussten nicht, dass er noch nie einen Freund gehabt hatte und selbst seine Familie ihn fürchtete. Er weitete die Augen und sah sie an, als wären sie Gespenster.

„Fr…Freund?“

„Klar.“ Yuri hatte sich mittlerweile seitlich auf die Schaukel gesetzt und bewegte sie vor uns zurück.

„Also trink aus, damit wir endlich spielen können.“ Noch einmal stieß Neria Gaara beinahe mit der Tasse an und schließlich nahm der rothaarige Junge die Tasse vorsichtig an. Vorsichtig trank er einen Schluck und starrte dann erstaunt in die Tasse, als das wohlige Gefühl warmer Schokolade seinen Rachen hinunterrann.

„Siehst du, gar nicht übel, oder?“, stellte das blonde Mädchen triumphierend fest. Gaara nickte zögerlich und nahm den nächsten Schluck. Nach einigen weiteren hatte er endlich die Tasse geleert, sodass sie endlich miteinander spielen konnten.

Zunächst war Gaara unsicher und wusste nicht, was von ihm in diesem Spiel erwartet wurde. Auf Grund dessen beschränkte er sich zunächst darauf zu beobachten wie Neria und Yuri sich den Ball gegenseitig zuspielten. Jedoch ließen die beiden Mädchen dies nicht lange zu und begannen ihn anzuspielen. Irritiert sah er auf den Ball, der vor seinen Füßen lag und trat vorsichtig dagegen. Vielleicht war Gaara ein Naturtalent oder es war schlicht Anfängerglück, doch der Ball landete genau vor Yuris Füßen. Die beiden staunten über Gaaras tollen Schuss und der Junge wurde rot auf Grund der Komplimente. Irgendwann jedoch schaffte er es seine Zweifel gegen die freundlichen Mädchen abzulegen und ein lebhaftes Spiel begann. Wie zu Beginn des Tages hallte lautes Gelächter und aufgeregte Rufe durch das Dorf, doch keiner der Dorfbewohner beachtete es. Sie würden, wenn sie wüssten, wer gerade da spielte, doch sie hatten Gaaras Stimme zu selten gehört um diese zu erkennen.

Schließlich versank die Sonne hinter den schützenden Klippen und für Neria und Yuri war es Zeit nach Hause zu gehen. Keiner von beiden wollte gehen. Das Spiel mit Gaara hatte großen Spaß gemacht, doch sie hatten ihren Eltern versprochen pünktlich bei Sonnenuntergang sich auf dem Heimweg zu machen.

Auch Gaara schien enttäuscht zu sein. Ein trauriger Schatten legte sich über sein Gesicht, als er hörte, dass es Zeit war für sie zu gehen. Yuri bot ihm an noch etwas zu bleiben, da sie näher am Spielplatz wohnte als Neria, doch er verneinte. Er wollte Niemanden zur Last fallen.

„Treffen wir uns denn morgen wieder zum Spielen.“, fragte Neria hoffnungsvoll.

„Au ja!“, pflichtete Yuri ihr begeistert bei. „Das hat riesig Spaß gemacht.“

Gaara zögerte und senkte den Blick.

„Ich weiß nicht, ob ich darf.“, erklärte er leise.

„Oh…“, stießen seine neuen Freunde enttäuscht vor.

„Weißt du was? Wir warten hier auf dich, okay?“ Wieder zögerte er, doch schließlich nickte Gaara. „Und wenn du bis zum Mittag nicht da bist, dann holen wir dich einfach.“

„Neria! Yuri!“, erklang eine Stimme hinter ihnen. Die Mädchen drehten sich um und bemerkten Rao auf zu zuschreiten.

„Mama, was machst du hier?“

„Dich zum Abendessen holen, sonst hättest du es wieder verpasst und schließlich kommt Papa heute nach Hause.“, erklärte Rao freundlich. Gaara nahm sie gar nicht wahr. „Ach und Yuri, leider musste deine Mutter heute auf Mission und dein Vater wird wohl erst morgen zurückkommen, deshalb bleibst du heute bei uns.“

„Oh, okay.“, Das war nichts Ungewöhnliches für Yuri. Die Eltern von ihnen gehörten zu den höchsten in der Anbu Einheit. Ihre beide Familie besaßen ein großes Ansehen in Sunagakure und schätzten das Wohlwollen des Kazekage. Allerdings hatte Neria diesen noch nie gesehen. Für sie war er mehr wie eine schemenhafte Gestalt in der Ferne, über die sie so viele Geschichten gehört hatte. Es kam also häufig vor, dass die Eine bei der Anderen übernachtete, wenn die Eltern ihre Missionen wahrnehmen mussten.

„Na kommt, lasst uns gehen.“ Sanft legte Rao die Hände zwischen die Schulterblätter ihrer Tochter und deren Freundin. Erst als sie sich umdrehte, entdeckte sie Gaara, der mit seinem traurigen Blick die Szene beobachtete. In diesem Moment huschte ein Ausdruck der Angst über das Gesicht von Rao. Die beiden Kinder bemerkten es nicht, Gaara jedoch schon. „Beeilt euch, sonst wird das Essen kalt.“

Ohne sich noch einmal umzuschauen, liefen sie nach Hause. Gaara hingegen blieb zurück und der Schmerz in seiner Brust war auf einmal stärker, als jemals zuvor.

Das einsame Monster

2. Kapitel: Das einsame Monster
 

Die Schwüle hing träge in der Luft. Selbst sie hatte keine Lust sich zu bewegen. Auch die Sonne hatte sich bisher kaum über die schützenden Klippen gehievt. Neria und Yuri schliefen noch, doch allmählich begann das Licht ihre Augen zu kitzeln und die Zeit war kostbar, bevor die Sonne die Felsen überwunden hatte. Ab diesem Zeitpunkt war es unglaublich heiß und jede Bewegung ermüdend. Man hatte das Gefühl als würde man schmelzen.

Zudem waren die beiden unglaublich aufgeregt. Immerhin wollten sie sich heute wieder mit Gaara spielen. Obwohl alle ihn Monster nannten, fanden sie bloß faszinierend und wollten ihm helfen. Sie ertrugen das Leid nicht, welches so schwer in seinen Augen lag. Als Neria sich aufsetzte und ihre blonden Haare aus dem Gesicht strich, fragte sie sich was dieses Leid verursachen könnte. Traurig starrte sie aus dem Fenster, wo sie ein wolkenloser Himmel unschuldig ansah. Es war für sie unvorstellbar wie es wäre, wenn jeder Angst vor ihr hätte. Sie konnte den Gedanken kaum ertragen. Das musste schrecklich sein. Sie seufzte leise.

„Yuri, bist du wach?“, flüsterte sie nach einigen Momenten leise, als sie zur ihrer eingerollten Freundin sah. Die braunen Haare waren über der gesamten Matratze verteilt. Yuri grummelte, doch dann drehte sie den Kopf zu ihrer Freundin. Die blauen Augen blinzelten sie träge an, doch dann merkte sie schnell, dass ihre Freundin etwas bedrückte.

„Nea, was ist los?“ Das braunhaarige Mädchen setzte sich auf und betrachtete sie besorgt. „Du bist traurig.“

Neria seufzte erneut und ließ die Beine von der Bettkante baumeln.

„Hast Recht.“, gestand sie ein und kämmte sich ihre Haare mit den Fingern. „Es geht um Gaara. Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es ist, wenn alle Angst vor dir haben. Wenn man komplett alleine ist. Man…man muss sich doch vorkommen wie ein Geist.“

Einige Tränen glitzerten in den Augen von dem sensiblen Mädchen. Yuri blickte sie mitfühlend an. Sie kannte ihre Freundin seitdem sie geboren waren. Sie zwar älter, aber nur vier Monate. Neria war sensible und harmoniebedürftig. Noch nie hatte sie Leid und Ungerechtigkeit ertragen können. Wie die Menschen von Sunagakure mit Gaara umgingen, musste sich für sie anfühlen als ob ihr das angetan wurde. Vermutlich hatten deswegen ihre Eltern ihr nicht von Gaara erzählt. Sanft legte die Ältere einen Arm um sie und bettete ihren Kopf auf ihre Schulter.

„Mhmm.“, stimmte Yuri ihr zu. „Aber das wird sich ja jetzt für ihn ändern.“

Neria drehte ihren Kopf zu ihrer Freundin und sah sie verwundert.

„Wir sind doch jetzt seine Freunde.“, erklärte Yuri schlicht. „Und nachher spielen wir ja zusammen.“

„Du hast Recht.“, nickte Neria. „Dann lass uns frühstücken.“
 

~*~
 

Nerias Stimmung besserte sich dann deutlich, als sie die Treppe hinunterging. Am Küchentisch saß ihr Vater, der wohl in der Nacht von seiner Mission wiedergekehrt war.

„Papa!“, rief sie aus und übersprang die letzten beiden Stufen. Toshiro sah auf und lachte, als er seine Tochter auf ihn zu rannte und in seine Arme stürmte. Strahlend drückte sie ihren Kopf an ihn.

„Hallo, mein Spatz.“, sagte er sanft, während er ihre Haare wuschelte. Neria streckte sich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hallo, Toshiro.“

„Hallo, Yuri.“, grüßte er freundlich. „Schön dich wieder zu sehen.“

„Papa, wo warst du? Verlief die Mission gut?“

„Du weißt doch, dass ich es dir nicht erzählen darf.“, lachte Toshiro über die Neugierde seines Kindes. Gespielt schmollend löste sie sich und ließ sich auf den Stuhl vor ihm nieder. Jedes Mal versuchte sie ihm etwas zu entlocken, doch ihr Vater ließ sich nie darauf ein. Dabei fand Neria das Leben der Shinobi spannend und wollte doch bloß ein paar Geschichten hören.

„Aber ich habe dir etwas mitgebracht!“, erklärte ihr Vater grinsend und hob ein kleines, verpacktes Päckchen unterm Tisch hervor. Neria strahlte und nahm es hastig entgegen. Sie zerriss das Papier. Sie holte eine kleine Schneekugel hervor, allerdings trug sie keinerlei Landschaft. Verwundert betrachtete Neria sie. Zwar gab es in Sunagakure kaum Schneekugeln, doch sie hatte gehört, dass es dort Schnee geben sollte, wenn sie geschüttelt werden. Sie hatte noch nie Schnee gesehen und hätte es nun gerne gesehen.

„Weißt du, das ist eine ganz besondere Schneekugel.“, erklärte ihr Vater. „Sie ist mit einem Genjutsu belegt. Wenn du sie schüttelst, erscheint ein Nebel und sie zeigt Geschichten.“

Mit großen Augen betrachtete sie die Kugel und begann sie zu schütteln. Dann hielt sie sie die Kugel zwischen Yuri und sich, damit sie es auch sehen konnte. Sofort erschien ein dunkler Nebel und wenn man genau hineinsah, konnte man kleine Schemen erkennen, die sich bewegten und miteinander interagierten. Staunend beobachteten Yuri und Neria wie die Schatten miteinander tanzten.

„Wow, danke, Papa!“ Toshiro lachte und wuschelte sie erneut, als sie ihn fest umarmte.

„Aber nun lasst uns essen.“

Schließlich fingen sie aber alle an zu frühstücken. Wie immer schmeckte es hervorragend und eine heitere Stimmung herrschte. Das Geschirr klapperte und sie unterhielten sich angeregt, auch wenn Neria ruhiger war als sonst.

„Du, Papa…“, setzte sie nach einiger Zeit zögernd an. Toshiro legte seine Essstäbchen ab und betrachtete sie verwundert. „Was weißt du über Gaara?“

Die grünen Augen ihres Vaters weiteten sich vor Schock und er betrachtete seine Tochter beinah schon verängstigt.

„Woher kennst du ihn?“

„Die anderen Kinder haben von ihm gesprochen. Sie erzählten uns er sei ein Monster. Aber wieso?“ Bittend sah Neria ihren Vater an. Alles was sie wollte, waren Antworten von ihrem Vater. Das Gesicht seines Vaters entgleiste nur noch mehr und auch Rao saß steif auf ihrem Stuhl.

„Das ist egal.“, sagte ihr Vater zu langsam. Rao bemerkte, dass ihr Ehemann sich zusammenriss, doch sie spürte seine Angespanntheit. „Das musst du nicht wissen. Halte dich in jedem Fall fern von ihm. Hast du mich verstanden.“

Neria sah ihn mit großen Augen an. So hatte sie ihren Vater noch nie erlebt.

„Aber Papa, ich möchte es doch nur verstehen.“

„Diese Unterhaltung ist hiermit beendet.“, sagte Toshiro entschieden. Seine Augen verengten sich und er sah sie durchdringend an. „Halte dich fern von ihm. Er ist ein grausames Monster, dass man meiden muss.“

„Aber wie, Papa?“, fragte Neria verzweifelt. „Wie kann ein kleiner Junge ein Monster sein?“

„Es reicht!“, schrie er und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Du hältst dich von ihm fern, verstanden?“

Neria saß mit weitaufgerissenen auf ihrem Stuhl und zitterte. Ihr Vater wurde nie wütend, besonders nicht ihr gegenüber. Ein Zittern rann durch ihren Körper und sie starrte ihn fassungslos an. Auch Yuri neben ihr saß verängstigt auf ihrem Stuhl.

„Neria…“

„Ja, Papa, habe verstanden.“, flüsterte sie leise.

„Nun schrei sie doch nicht an, Toshiro.“, sagte Rao sanft und legte ihre Hand auf die seine. „Du machst ihr Angst.“

Toshiros Züge entspannten sich und er wirkte plötzlich müde.

„Entschuldige, aber ich mache mir nur Sorgen. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert, mein Schatz.“ Seine Stimme klang traurig und auch seine Augen sahen so traurig an.

„Ich will es doch einfach nur verstehen.“, erklärte Neria niedergeschlagen.

„Das Thema ist vorbei, Neria, versteh es endlich. Du bist ja schlimmer als deine Mutter damals.“

Verwundert sah Neria ihn an, während ihre Mutter ihm einen vernichtenden Blick zuwarf.

„Was meinst du, Papa? Was war damals?“ Ihr Vater jedoch schwieg und sah sie nur mahnend an. Fassungslos starrte sie ihn an. Er hatte sie verletzt. Warum verweigerte man ihr die Antworten?

„Ich bin kein Baby mehr!“, schrie sie ihn an und stürmte dann aus dem Haus. Sie hörte nicht mehr wie Yuri ihr hinterher rief, dass sie warten solle und sie sah auch nicht mehr wohin sie lief. Alles verschwamm in einem Schleier aus Tränen ihre Sicht reduzierte. Wieso antwortete ihr Vater ihr nicht? Wieso bevormundete er sie? Sie war noch jung, aber sie war nicht dumm und empathisch. Hätte er Gründe gehabt, sie hätte es verstanden. Und was hatte diese Andeutung zu bedeuten gehabt?

Schließlich erreichte sie die Schaukel und ließ sich darauf fallen. Sie war sauer und trat deshalb in den Sand. Sie begriff es nicht wie man Gaara als Monster sehen konnte. Sicher, sein Umgang mit dem Sand könnte gefährlich sein, aber es war ihr gestern erschienen, als könnte er ihn selbst nicht kontrollieren.

„Neria…“ Sie blickte auf, als sie einen Schatten bemerkte, der ihr Gesicht verdeckte. Yuri betrachtete sie besorgt. Neria hingegen schlug die Augen nieder.

„Er ist nicht hier.“, sagte sie.

„Wer?“, frage Yuri, obwohl sie die Antwort schon kannte.

„Gaara…“ Sie wollte nur das Thema wechseln.

„Es ist noch früh.“, meinte Yuri aufmunternd, doch ihr selbst hing das Frühstück noch in den Knochen. Sie wusste aber auch, dass dies sie nicht aufhalten würde. Sie liebte ihre Eltern, aber genau das ließ sie Gaaras Leid nur stärker sehen. Sie verstand nicht, warum seine Eltern ihm nicht halfen. Wie konnten sie nur zusehen wie ihr Sohn daran zu Grunde ging. „Vielleicht kommt er ja noch.“

„So früh ist es nicht mehr…“

„Du kennst ihn erst seit gestern. Freundschaft scheint neu für ihn zu sein. Vielleicht muss er es verarbeiten.“

„Ja, vielleicht.“ Neria klang nicht überzeugt und starrte noch immer zu Boden. Yuri betrachtete sie nachdenklich.

„Warum dein Vater wohl sauer war?“, sagte Yuri nachdenklich.

„Ich weiß es nicht. Die Sache ist seltsam.“ Yuri nickte. Sie war wie eine jüngere Schwester für sie und Yuri hatte den starken Drang sie zu beschützen. Sie spürte auch instinktiv, dass alles mit Gaara entweder für sie in etwas Tollem enden oder aber Neria zerstören würde. Schließlich fingen beide an zu Schaukeln und hingen ihren Gedanken nach. Beide spürten, dass sie in etwas Großes in diesem Dorf hineingeraten war. Die Frage war, ob eine eventuelle Freundschaft zu Gaara all diese Probleme wert war.

„Kam dir Gaara gestern wie ein Monster vor?“

„Nein. Nicht wirklich, aber das mit dem Sand war unheimlich.“

Neria nickte und umklammerte die Kette ihrer Schaukel fester.

„Das stimmt, aber es erschien mir, als wollte er Mara nicht absichtlich wehtun. Wäre das nicht aber, was ein Monster wollte?“ Neria blinzelte langsam und schien nachdenklich zu sein.

„Ich werde mich trotzdem mit ihm treffen.“, erklärte sie nach einer Weile.

„Nea, wir sollten das nicht tun. Was wenn dein Vater es herausfindet?“

„Das wird er nicht.“

„Was wenn doch? Wenn du Hausarrest kriegst.“

„Mir egal.“, erklärte Neria ernst. Es war selten, dass sie so ernst wurde, doch Yuri wusste, dass sie sich dann nicht mehr abbringen ließ. „Was mit Gaara passiert, wenn wir nicht kommen, ist weit schlimmer.“

„Du wirst riesigen Ärger bekommen, Nea.“

„Wir haben es ihm versprochen, Yuri. Wenn wir ihn enttäuschen, dann fängt er vielleicht an zu glauben, dass er wirklich ein Monster ist und wird zu einem.“ Überrascht sah Yuri ihre Freundin an. So hatte sie das noch gar nicht gesehen. War es wirklich so, dass das Schicksal von Gaara in ihren kleinen Händen lag?

„Ich glaube, er glaubt es bereits schon und mit dem Sand, vielleicht ist er sogar eins.“

„Mag sein.“, gab Neria zu. „Aber wenn, dann will ich das selbst herausfinden. Das werde ich nicht glauben, solange ich ihn nicht kenne.“

Neria hatte wirklich einen Punkt, musste Yuri zugeben.

„Gut, dann werden wir ihn suchen. Anscheinend kann er ja nicht kommen wie er sagte. Ich glaube kaum, dass er uns hängen lassen würde.“

„Dann gehen wir ihn suchen.“, erklärte Neria und sprang von der Schaukel. Yuri folgte ihr und beide begannen sich aufzuteilen. Sie versprachen, sich wieder an der Schaukel zu treffen um die Ergebnisse auszutauschen.
 

~*~
 

Mittlerweile stand die Sonne in ihrem Zenit und strahlte gnadenlos auf das Dorf nieder. Neria zog das Tuch, was alle Einwohner um ihren Hals trugen, enger um ihren Nacken von den UV-Strahlen zu schützen. Schweiß ran von ihrer Stirn und sie wischte ihn hastig ab, bevor er in die Augen tropfte. Die Luft begann zu zittern und sie schluckte hart. Zwar war sie hier aufgewachsen, doch die Mittagshitze war noch immer anstrengend. Allerdings musste sie es durchhalten. Als Kunoichi konnte sie deswegen auch nicht jammern und musste kämpfen. Außerdem war sie gerade auf einer Mission. Da durfte sie nicht daran denken.

Aufmerksam blickte sie sich um. Ihre Eltern hatten bereits in ihren frühen Jahren angefangen sie zu sensibilisieren. Sie hatte scharfe Sinne und ihre Augen huschten hin und her. Als sie bereits beinahe ihr eingeteiltes Suchgebiet durchgrast hatte, passierte sie die Kazekagevilla. Da sie gerade jedoch eines der Nachbarhäuser im Blick hatte, bemerkte sie nur in der peripheren Wahrnehmung ein rotes Schlieren. Sie blieb stehen und blinzelte. Waren das Gaaras rote Haare gewesen? Sie drehte sich um und ging zurück. Tatsächlich konnte sie im dritten Stock für einen kurzen Augenblick Gaara sehen, bevor dieser sich erschrak und anschließend verstecke. Verwundert runzelte Neria die Stirn, doch schließlich drehte sie sich ab und rannte zurück zum Treffpunkt. Yuri erwartete sie bereits.

„Ich habe ihn nicht gefunden.“, erklärte sie direkt niedergeschlagen.

„Ich aber. Ich habe ihn in der Kazekagevilla gesehen.“

„Die Villa? Echt? Na ja…“, grübelte Yuri und rieb sich über das Kinn. „Er sieht ja dem Kazekage ähnlich. Vermutlich ist er sein Sohn.“

„Ja, da hast du nicht unrecht. Also müssen wir uns nur in die Kazekagevilla schleichen.“, seufzte Neria resigniert. „Ich hoffe nur er will uns noch sehen.“

„Wie kommst du darauf?“ Irritiert drehte Yuri ihren Blick zu ihr um und sah sie fragend an.

„Er hat mich gesehen und sich versteckt.“

„Hmm…wir finden es nur raus, wenn wir zu ihm gehen.“, stellte Yuri fest.

„Da hast du Recht. Na los. Schleichen wir uns in die Kazekagevilla.“
 

~*~
 

Einige Minuten später standen beide in den Schatten einer schmalen Gasse zwischen zwei Häusern. Von hier waren sie nicht direkt zu sehen für die Einwohner. Zudem war das Fenster von hier aus einsehbar. Ein heißer Wind wehte in ihr Gesicht und Nerias Armhaare stellten sich auf.

„Du hast Recht. Da ist er.“ Yuri deutete auf das Fenster. Hinter den wehenden Vorhängen konnten sie einige feuerrote Haarsträhnen entdecken. Direkt unter dem Fenster wanden sich Efeu nach oben. Diese Pflanzen waren die ideale Kühlung. Bei starken Sonnenlicht streckten sie sich dem Sonnenlicht entgegen und spendeten Schatten. Bei Dunkelheit senkten sie sich wieder und isolierten das Haus. Mit etwas Geschick wäre es möglich daran hinaufzuklettern. Allerdings war das Fenster direkt neben dem Eingang und dieser wurde von zwei Jo-Nin bewacht.

„Zwei Wachen…“, murmelte sie. „Wenn wir die ablenken, haben wir eine Chance.“

„Neria, das könnte nicht nur uns, sondern auch unseren Eltern in Schwierigkeiten bringen.“, flüsterte Yuri und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Neria biss sich auf die Lippe. Sie wusste das. Die Lage in Sunagakure war ohnehin angespannt. Alleine konnte das Dorf kaum überleben. Dies konnten selbst die Kinder spüren. Wenn sie nun in die Villa des Oberhauptes schlichen, dann könnte es als Rebellion oder gar Verrat ausgelegt werden. Ihr Kage war dafür bekannt, dann nicht zimperlich zu sein.

„Ich weiß, Yuri.“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch und ihre Augen blickten ihre Freundin traurig an. Sie wusste auch, dass es dumm war all das auf Spiel zu setzen für einen Jungen, den man gerade einmal seit gestern kannte. Ein ernster Gesichtsausdruck lag auf ihren feinen Zügen. „Ich habe nur das Gefühl, dass alles viel schlimmer wird, wenn Gaara selbst anfängt zu glauben, er ist ein Monster und ich so verhält. Wir scheinen die einzigen zu sein, die bereit sind das zu verhindern.“

Lange sah Yuri ihre Freundin an, doch sie sah wie ernst es ihr war. Sie beide waren noch klein und mussten sicherlich noch viel lernen. Trotzdem besaßen sie bereits ein feines Gefühl und gute Instinkte. Ihre Eltern hatten sie stets in Politik und strategischen Denken unterrichtet und von daher konnten sie die Konsequenzen ihres Handelns einschätzen für ihr Alter.

„Dann sollten wir uns besser nicht erwischen lassen.“ Yuri zog die Augenbrauen hinab. „Ich lenke die Wachen ab und du kletterst rauf. Ich versuche nachzukommen.“

„Du hilfst mir dennoch?“

„Klar wir sind doch Schwestern. Ich lass dich nicht hängen.“

Kurz umarmte Neria ihre Freundin, bevor diese sich aus der Gasse stahl. In vollem Sprint klaute sie einen der Schals von dem Jo-Nin und sofort folgte derjenige ihr. Während der andere ihnen nachsah, nutzte Neria die Chance um schnell an dem Pflanzengitter aus Holz hinaufzuklettern. Zum Glück liebten die beiden es auf den Klippen zu klettern. Noch bevor die Wache es bemerkte, war sie über seinen Kopf geklettert und erreichte das Fenster.

Der große Raum, der vermutlich Gaaras Kinderzimmer war, war mit sämtlichen Spielzeug ausstaffiert, was man in Sunagakure kaufen konnte. Auf dem ersten Blick schien es diesem Junge an nichts zu fehlen, doch der Anblick, den Gaara ihr bot, ließ anderes vermuten. Er saß zusammengekauert auf seinem Bett. Die Beine hatte er bis vors Kinn gezogen und seine Augen starrten traurig auf dem Boden. Nein, dieser Junge war ein Häufchen Elend. Ihr Herz verkrampfte sich für einen Moment und ihr Entschluss ihm zu helfen festigte sich. Schnell klopfte sie gegen das Fenster.

Gaara erschrak und blickte auf. Seine Augen weiteten sich, als er Neria erkannte, die grüßend die Hand hob. Noch immer blieb er wie angewurzelt sitzen. Er schien nicht glauben zu können, dass sie wirklich da war. Unruhig sah Neria nach unten, doch die Wache starrte noch immer stur geradeaus. Erneut klopfte sie gegen das Fenster und betete, dass Gaara endlich das Fenster öffnete. Erleichterung durchflutete sie, als Gaara aufstand und zum Fenster eilte.

„Du?“, flüsterte er, als er es öffnete und sie hastig hineinhuschte.

„Wir hatten doch gesagt wir kommen dich holen, wenn du bis Mittag nicht zur Schaukel gekommen bist.“, erklärte sie lächelnd und fuhr sich durchs Haar. „Yuri ist auch gleich hier.“

„Sie kommt auch?“

„Sicher. Wir wollten doch mit dir spielen.“ Neria blieb in der Mitte des runden Raumes stehen und sah sich um. Gaaras Zimmer war so groß wie ihr gesamtes Wohnzimmer. Die verschiedensten Stofftiere stapelten sich.

„Aber...das geht nicht.“, stieß er unsicher aus und blickte beinahe verängstigt zur Tür. Neria betrachtete ihn verwundert und ließ sich im Schneidersitz in der Mitte des Raumes wieder.

„Warum nicht?“, fragte Neria und neigte ihren Kopf.

„Wenn mein Vater euch entdeckt…“ Ehrliche Furcht lag in seinen Augen, aber sie erkannte, dass diese Angst ihnen galt und nicht ihm.

„Was ist hier eigentlich los, Gaara?“ Der Junge schloss die Augen und setzte sich ihr gegenüber.

„Mein Vater ist der Kazekage.“, begann Gaara zögerlich. Neria nickte.

„Zu der Vermutung sind Yuri und ich auch mittlerweile auch gekommen. Aber warum denken die Menschen, dass du ein Monster bist?“

Gaara zögerte und rang mit seinen Händen und schien mit sich zu hadern.

„Kennst du die Legende der Bijus?“, fragte er leise und seine Stimme begann zu zittern. Sie blinzelte und neigte ihren Kopf.

„Nein.“

„Dann vergiss es, aber ihr müsst euch von mir fernhalten.“

„Nein, das werde wir nicht.“, sagte Neria entschieden und starrte ihn an. „Gaara, du hast recht. Wir begeben uns in Gefahr. Yuri und ich sind dazu bereit, aber wir müssen wissen was los ist.“

Wehleidig sah Gaara sie an, doch dann seufzte er.

„In mir lebt ein wahrhaftiges Monster. Der Ichibi. Sein Name ist Shukaku.“

„Shukaku?“, wiederholte sie. „Wie in der Geschichte des Schutzkranich des Sandes?“

„Ja.“ Er nickte. „Er ist in mir versiegelt.“

„Kannst du deswegen den Sand beherrschen?“

Gaara senkte den Blick und nickte erneut. Offensichtlich schämte er sich für seine besonderen Fähigkeiten.

„Die Kinder wissen es, oder?“, fragte Neria vorsichtig. Langsam wurde ihr die Bedeutung seines Schicksals bewusst. Für jeden, der nicht genau hinsah, musste die Kontrolle des Sandes unheimlich wirken. Sie hingegen sah hinter dieser Schale aus Sand einen verängstigten Jungen. „Sie wollen deshalb nicht mit dir spielen.“

„Sie haben es von ihren Eltern gehört.“, nuschelte Gaara. „Und seitdem haben sie Angst. Haben eure Eltern euch nie von mir erzählt?“

Neria rutsche etwas näher an ihn heran. Sie verspürte den Drang ihre Hand an seinen Arm legen, doch sie wusste nicht ob es ihn überfordern würde.

„Nein, haben sie nicht. Warum hätten wir sonst all diese Dinge gefragt?“

„Menschen sagen vieles, wenn sie denken, dass ich es höre möchte. Vieles davon ist nicht wahr.“ Flehend sah er wieder zu ihr auf und seine Augen bettelten darum, dass sie nicht log.

„Mag sein. Manche sind Idioten, aber Yuri und ich lügen nicht.“ Blaue Augen blickten sie lange an, doch er schien nur das zu finden, was er für Ehrlichkeit hielt. Allerdings kannte er nur die Beschreibung von Gefühlen, nicht die Wahrheit. Neria hielt seinem Blick stand und eine ruhige Stille lag in ihrer Iris. Konnte es sein, dass Gaara zum ersten Mal freundliche Menschen gefunden hatte?

Als er nach einigen Momenten immer noch keine Erwiderung sagte, da ließ sie ihren Blick durch das Zimmer wandern. Sie erblickte noch mehr Stofftiere, doch eines bemerkte sie besonders. Einen kleinen, abgenutzten aber wohlbehüteten Teddybär, der auf dem Bett saß. Es war eben jener, den er auch am gestrigen Tage bei sich hatte.

Seine Augen folgten den ihren und schließlich stand er auf. Vorsichtig hob er den Teddy hoch und drückte ihn an sich. Er war sein einziger Halt in dieser Dunkelheit auf Verdammnis. Er hatte sich sein Schicksal nicht erwählt, doch wer hatte das je? Die Kinder litten unter Entscheidung getroffen von anderen für sie.

„Mr. Sprinckles war mein einziger Freund.“, erklärte er und strich über den Kopf des Teddys wie er so oft gesehen hatte, dass es Eltern bei ihren Kindern tat.

„Er war dein einziger Freund…“, wiederholte sie leise. „Aber er ist es jetzt nicht mehr. Du hast nun zwei mehr.“

„Etwa euch?“ Überraschte wandte er sich um und starrte sie an. Neria lächelte vom Boden aus zu ihm hoch und von ihrem Gesicht ging ein warmes Licht aus.

„Ich kann nicht für Yuri sprechen, aber ich denke sie sieht es genauso wie ich.“

Genau in diesem Moment klopfte es erneut am Fenster und Neria eilte hinüber und Yuri hineinzulassen. Schnell sprang die junge Kunoichi hinein.

„Eure Wachen sind lustig.“, meinte sie grinsend. „Mit denen kann man wundervoll spielen. Wow, hast du viel Spielzeug.“

„Hey, Yuri.“ Neria legte eine Hand auf ihre Schulter und half ihr auf. „Ging alles glatt?“

Yuri nickte und kicherte leise.

„Das war lustig.“ Fröhlich blitzten ihre Augen und sie ließ sich ebenfalls auf den Teppich fallen. „Und was habt ihr so gemacht?“

„Wir hatten Recht, Yuri, er ist der Sohn des Kazekage.“, erklärte Neria. Yuri nickte und setzte sich in den Schneidersitz. Danach brachte Neria ihre Freundin auf den neusten Stand. Sie erzählte sogar den Grund, warum sie ihn als Monster bezeichneten. Natürlich fühlte sie sich nicht gut, wenn sie es erzählte, während er dabei war, aber bisher hatte er kein Wort gesagt. Stattdessen starrte er ihn nur an.

„Also, ich finde nicht, dass du ein Monster bist.“, erklärte Yuri und zeigte die gleiche Ehrlichkeit wie Neria vorhin. „Im Gegenteil. Ich denke, du bist etwas Besonderes, weil du sowas Tolles mit dem Sand kannst.“

Gaara schien es nicht so zu sehen wie sie, doch sein Wunsch einmal nicht als Monster gesehen zu werden, war groß.

„Also hast du nun zwei neue Freundinnen.“ Er nickte zögerlich.

„Und ihr auch.“ Zum ersten Mal huschte etwas wie ein Lächeln über das verunsicherte Gesicht, als er seinen Teddy hob. Neria und Yuri lachten und begrüßten den Teddy fröhlich. Schon bald entwickelte sich wieder ein aufgeregtes Spiel. Alle drei hatten viel Spaß zusammen, verstellten ihre Stimmen und spannen die fantastischen Geschichten. Es war einer der wenigen Momente in denen Gaara vergaß, dass er ein Monster sein sollte. Nun war er nur ein Kind, das mit seinen Freunden Spaß hatte.

Dass sie allerdings nicht bloß einfach Freunde waren, erfuhren sie nur wenige Minuten später.

„Gaara, was veranstaltest du für einen Krach?“, ertönte plötzlich eine dunkle Stimme und Jemand hämmerte laut gegen die Tür. Alle Kinder erschraken und sahen panisch zur Tür.

„Vater…“, flüsterte Gaara leise und wirbelte zu den Mädchen herum. Blanke Sorge entstellte sein Gesicht. „Versteckt euch unterm Bett!“

Neria und Yuri gehorchten ohne Protest und versteckten sich in den Schatten unter dem Bett. Keinen Augenblick zu früh. Die Tür flog auf und hineinkam ein Mann, der Gaara zum Verwechseln ähnlich sah. Es war ganz eindeutig der vierte Kazekage. Vor Wut schäumend stürmte der Kazekage auf Gaara zu. Gaaras Hände verkrampften sich in den Stoff und er zitterte.

„Hast du wieder mit diesen Mädchen gespielt? Das habe ich dir doch verboten.“ Für einen Moment verlor das Oberhaupt des Dorfes die Kontrolle. Er hole aus um seinen Sohn eine Ohrfeige zu geben, doch sofort ging der Sand dazwischen und beschützte Gaara. Neria und Yuri zuckten unter dem Bett zusammen und kniff die Augen zusammen. Beide konnten es kaum ertragen wie kalt der Vater mit seinem Sohn umging. Das kannten sie von ihren Vätern nicht.

Auch der Kazekage zuckte zurück, als der Sand seine Hand wegschlug und Gaara zutiefst verletzt zu ihm hochsah. Blanker Hass entstellte das Gesicht des Kazekage, aber die Kinder konnten auch Furcht spüren, die von ihm ausging.

„Und für ein solches Monster ist deine Mutter gestorben.“, knurrte er. Neria und Yuri warfen sich entsetzte Blicke zu. Was für dunkle Geheimnisse versteckten sich noch in dieser Familie? Sie hatten zwar gehört, dass die Ehefrau vom Kazekage nicht mehr lebte, aber keiner im Dorf wusste, dass sie bei Gaaras Geburt ums Leben gekommen war.

In diesem Moment drang ein gequälter Laut von Gaara unter das Bett. Der Junge begann zu zittern und krallte sich in die Haare. Schmerz quälte seinen Gesichtsausdruck. Auch der Kazekage zuckte zusammen und verließ das Zimmer.

Neria und Yuri verharrten noch einige Momente unter dem Bett, doch dann krabbelte die beiden unter dem Bett hervor. Sie sorgten sich um Gaara, der mittlerweile zu Boden gesunken war und am ganzen Körper zitterte.

„Gaara, alles in Ordnung?“, fragte Neria besorgt und wollte sich zu ihm knien, doch Gaara stieß sie weg. Unsanft landete sie auf dem Boden.

„Geht weg! Verschwindet sofort!“, presste er angestrengt zwischen den Zähnen hervor. Yuri sah zur Tür und zupfte an Nerias Ärmel.

„Vielleicht sollten wir wirklich gehen. Die Sonne geht bereits unter.“, erklärte die Ältere. Sie mussten bald nach Hause um keinen Verdacht bei ihren Eltern zu erwecken. Aber Gaara krümmte sich immer mehr und Nerias Drang ihm zu helfen wuchs.

„Aber…wir können nicht...Gaara…“, stotterte sie und sah hilflos zwischen ihrer Freundin hin und her. Sie wollte Gaara nicht zurücklassen. „Nein, ich werde nicht gehen.“

Erneut ging sie zu Gaara, welcher mittlerweile vor Schmerzen wimmerte. Seine Hand hatte er in den Stoff über seinen Herzen gekrallt und seine Schmerzen schienen immer stärker zu werden.

„GEHT!“, schrie er. Neria warf ihrer Freundin einen Blick zu, dann kniete sie sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. Zunächst wehrte er sich, doch zu Nerias Überraschung griff der Sand nicht an. Sie hatte damit gerechnet. Irgendwann jedoch entspannte sich der arme Junge und begann zu weinen. Schließlich umarmte ihn auch Yuri und beide Mädchen drückten Gaara ganz fest.

„Alles wird wieder gut, Gaara.“ Neria versuchte aufmunternd zu klingen, doch auch ihre Stimme war bedrückt.

„Nein!“, erwiderte entschieden, denn was die Mädchen nicht wussten war, dass es in dieser Nacht einen Vollmond geben sollte. „Haut ab!“

„Aber Gaara…“

„Lasst mich…“, wimmerte er. „Bitte geht…“

„Nein!“ Neria schüttelte den Kopf und Tränen begannen sich auch Tränen in ihren Augen zu sammeln. „Wir lassen dich nicht im Stich.“

„Neria, wir sollten gehen, sonst gibt es Ärger und wir bringen ihn nur noch mehr in Schwierigkeiten.“

Neria biss sich auf die Lippen, sah zu ihrer Freundin und dann Gaara an. Dieser schaffte es für einen Moment aufzublicken und ein Flehen lag in seinen Augen.

„Ne…ria…“, keuchte er. „Geh…“

Sie biss sich auf die Lippen, doch schließlich nickte sie. Nun ließ sie Gaara los und beide eilten zu dem Fenster. Noch einmal sahen sie zu Gaara, der er beachtete sie nicht einmal mehr.

„Wir kommen wieder, Gaara. Wir lassen ihn nicht hängen.“, sagte Neria noch, bevor sie und Yuri aus dem Fenster sprangen. Hastig eilten sie in eine Seitengasse um den Blick der Wache zu entgehen. Sie keuchten und sahen bekümmert zu der Villa des Kazekage.

„Gaara wollte nicht, dass wir seine Schwäche sehen. Er wollte kein Schwächling sein.“, erklärte Yuri, als sie sich gegen die Wand lehnte. Neria nickte. Auch das hatte sie mittlerweile verstanden. Gaara hatte nie gelernt, dass Menschen ihm auch helfen und ihn nicht verurteilen würden. Um seine Freunde zu sein, mussten sie noch hart arbeiten.

„Lass uns nach Hause gehen. Heute können wir nichts mehr tun.“

Mit diesen Worten verließen Neria und Yuri die Villa und gingen nach Hause. Trotz allem ließen sie Gaara mit einem unguten Gefühl zurück, auch wenn es sein Wunsch gewesen war. Sie ahnten, dass es eine harte Nacht für ihn werden würde.

Der Kampf um die Freundschaft

3. Kapitel: Der Kampf um die Freundschaft
 

Yuri erwachte am nächsten Tag mit einem seltsamen Gefühl im Bauch. Sie fühlte sich hin- und hergerissen. Einerseits verstand sie Nerias Drang Gaara zu helfen nur zu gut. Er konnte am wenigsten für die Situation in der er sich befand. Andererseits war ihr bewusst, welches Risiko sie eingingen. Neria und sie riskierten das Ansehen ihrer Eltern. Yuri wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr war klar, dass Neria das ebenfalls wusste, doch Yuri war schon immer die Logische gewesen, während Neria eher emotional war. Das war der Grund, warum sie sich so gut ergänzten.

Seufzend stand Yuri auf und ging zu dem kleinen Frisiertisch in dem sie ihre Bürste, Haargummi und Spangen aufbewahrte. Müde ließ sie sich auf den Stuhl sinken und begann ihre Haare zu kämmen. Es hatte immer eine beruhigende Wirkung auf sie.

Schließlich zog sie sich an und ging hinunter zum Frühstück. Sie fragte sich, ob sie Gaara heute sehen würden und was der Tag für sie bereithielt. Würden sie noch weiter in die Sache verwickelt werden?

Es versprach ein etwas milderer Tag zu werden. Einige seltene Wolken trieben über dem Himmel. Der Wind wehte spielerisch durch die wenigen Blätter. Es würde ein schöner Tag zum Spielen werden. Yuri lächelte und schüttelte den Kopf. Es brachte nichts sich über all das Gedanken zu machen. Es würde ohnehin kommen wie es kommen würde.

„Hallo, meine Kleine.“ Überrascht wandte Yuri ihren Blick vom Fenster ab und strahlte bis über beide Backen. Seto Kinou senkte die Tageszeitung und lächelte seine Tochter fröhlich an. Die eisblauen Augen blitzten unter dem wilden Pony aus haselnussbraunen Haaren.

„Papa! Du bist zurück.“ Eilig rannte sie zu ihrem Vater und umarmte ihn so fest, dass ihm beinahe die Luft ausging. Seto lachte und strich ihr liebevoll über den Kopf. „Ist alles gut verlaufen?“

„Ja, alles verlief gut.“, flüsterte er sanft mit seiner tiefen Stimme und küsste in ihr Haar. Hotaru lächelte sanft, als sie in die Küche trat und dabei ihre Hände eincremte. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie in einem lockeren Knoten zusammengebunden. Yuri war wirklich ein Papakind. Sie liebte ihn über alles.

„Nicht so fest, Liebes.“, sagte Hotaru liebevoll. „Sonst zerdrückst du deinen Papa noch.“

Sofort löste Yuri sich und blickte ihren Vater entschuldigend an, der jedoch nur lachte.

„Alles gut, Yuri.“, sagte er sanft. „Du kommst gerade recht fürs Frühstück.“

Wenig später klapperte das Besteck eifrig über das Geschirr und Yuri schlürfte glücklich ihre kalte Nudelsuppe. Allerdings ließen ihr ihre eigenen Gedanken von heute Morgen sie nicht los.

Seto beobachtete sie und neigte seinen Kopf. Seine Tochter wirkte abwesend. Ihre Augen hingen irgendwo an der Wand. Fragend warf er seiner Frau einen Blick zu, doch diese seufzte nur.

„Kleines, was ist denn los?“

Yuri hielt inne und legte ihre Essstäbchen in der Tonschale ab. Traurige Augen sahen ihren Vater an.

„Papa, warum sollen wir uns von Gaara fernhalten?“ Überrascht blickte Seto seine Tochter an.

„Gaara? Woher weißt du von ihm?“ Yuri zögerte. Sollte sie es ihrem Vater offenbaren? Würde er zu Toshiro gehen und somit Neria die Möglichkeit nehmen Gaara zu treffen? Aber ähnlich ihrer Freundin brauchte auch sie Gewissheit. Sie musste und wollte es verstehen.

„Wir haben ihn getroffen.“, erklärte sie schließlich nuschelnd. Seto legte seine Stirn in Falten und überlegte, doch dann seufzte er.

„Ich werde es dir erklären, aber lass uns dazu in den Schaukelstuhl gehen.“

Yuri nickte. Der Schaukelstuhl befand sich auf einer kleinen Terrasse hinter dem Haus. Dort saß sie oft auf dem Schoß ihres Vaters, wenn er ihr Geschichten erzählte oder aber über die Struktur der Ninjawelt aufklärte. Es waren meist die besonders friedlichen Abende, die sie dort verbrachten.

Als sie hinaustraten, streifte ein kühler Lufthauch durch die Gassen. Auch wenn es tagsüber heiß war, so wird es in der Nacht oft bitterlich kalt. Sofort holte Seto noch eine Decke aus dem Haus und die beiden kuschelten sich in den gemütlichen Stuhl. Yuri schmiegte sich an ihn. In solchen Momenten hatte sie immer das Gefühl ihr Vater würde sie gegen alles Böse in der Welt abschirmen. Solange sie nur unter dieser Decke blieb, könnte ihr Niemand etwas anhaben.

„Wie du ja weißt, meine Kleine,“ begann Seto und streichelte durch ihre Haare. „Gibt es insgesamt neun Bijus. In Gaara ist der Biju des Ichibi versiegelt. Sein Name ist Shukaku.“

„Das hat Gaara uns schon erzählt.“, nuschelte Yuri gegen die Brust und schloss die Augen.

„Verstehe.“, sagte er ruhig. „Die Bijus sind konzentriertes Chakra. Während des Krieges wurden sie in Menschen versiegelt, damit diese mächtig wurden.“

„Dann…“, wiederholte Yuri langsam. „…ist Gaara eine Waffe?“

Seto schloss traurig die Augen und gab ihr einen sanften Kuss in ihr Haar. Ja, es war grausam, was der Kazekage und der Rat von Sunagakure Gaara zugemutet hatten. Sie hatten dem Kind noch bevor es geboren wurde das Recht des Menschseins aberkannt und ihn zu einer Waffe erkoren.

„Leider ja, meine Kleine. Nach dem Krieg mit Konoha ging es Suna sehr schlecht. Wir hatten große Verluste erlitten und vieles war zerstört. Konoha war viel zu mächtig gewesen und deswegen wurde das Verlangen nach Schutz immer größer. Ninjas auszubilden hätte lange gedauert und mit Gaara auf dem Weg…“ Seine Stimme erstarb und wurde von dem Wind hinfort geweht. Er wusste wie schrecklich es klingen musste. Damals war es pragmatische Entscheidung gewesen, doch nun, wo er die Auswirkungen auf den armen Jungen sah, klang es grausam. Wie schrecklich musste es für seine Tochter klingen, die gerade begann eine Freundschaft zu ihm aufzubauen? Wenn ihr etwas an Gaara lag? Wenn sie ihn als Mensch sah und nicht als Waffe?

„Das ist schrecklich.“, antwortete Yuri, die sichtlich erblasst war. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Für die Menschen in Sunagakure war er zunächst nichts weiter als eine Waffe gewesen und als er nicht funktionierte, wurde er als Monster deklariert.

„Shukaku wurde noch vor Gaaras Geburt in ihm versiegelt. Es wurde gehofft, dass er dadurch besser lernen würde ihn zu kontrollieren. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass das Monster zu mächtig für ihn war. Gaaras Psyche ist sehr instabil und Shukaku quält ihn um das zu bekommen, was er möchte.“

„Und was möchte er?“, fragte sie mit zitternder Stimme und ihre Hände krallten sich in das Hemd von Seto. Er holte zitternd Luft. Wie sollte er das bloß seinem Kind beibringen?

„Blut hauptsächlich…“, erklärte er leise und starrte zum Mond hinauf. „Gaara hat schon Menschen getötet, Yuri.“

Erschrocken riss Yuri die Augen auf und stieß sich von ihrem Vater ab.

„Gaara hat was?“ Traurig streichelte Seto durch ihre braunen Haare. „Das war der Sand. Er hat das nicht gewollt.“

„Das denke ich auch.“

„Du sprichst ganz anders von ihm als Toshiro.“

„Wir waren damals bei der Entscheidung beteiligt.“, erklärte Seto seufzend und seine Schultern sanken hinab. Es war einer der wenigen Tage, die ihn nicht mit Stolz erfüllten. Es war einige Nacht voller langer Diskussionen, Streits und verzweifelten Reden gewesen. „Deine Mutter und ich waren damals dagegen einem Jungen das anzutun, doch wir wurden überstimmt.“

„Rao und Toshiro waren dafür?“, fragte Yuri entsetzt.

„Rao enthielt sich, aber Toshiro war schon immer der logische Mensch. Gefallen hat es ihm sicher nicht, das hat Niemanden von uns, aber wir wussten auch, dass etwas getan werden musste.“

Geknickt senkte Yuri ihren Kopf und ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten.

„Das ist so gemein.“ Ihre Unterlippe zitterte verdächtig und sie drückte ihre Hände vor die Augen.

„Das ist es, Liebes.“ Er drückte ihr einen Kuss gegen die Schläfe. Für einige Momente betrachtete er sie nachdenklich. Seine Tochter war schon immer empathisch gewesen, doch wie sie reagierte, zeigte ihm, dass das mehr war als nur Neugierde. „Gaara beginnt dir wichtig zu werden, hmm?“

Yuri blickte zu ihm auf und zögerte. Sie vertraute ihrem Vater und wusste, dass sie eigentlich stets mit ihm reden konnte, allerdings hatte sie diesen Eindruck auch von Toshiro gehabt. Seine Reaktion jedoch hatte sie verängstigt. Am Ende entschloss sie sich jedoch ehrlich zu ihrem Vater zu sein. Sie nickte.

„Er ist im Grunde sehr schüchtern, verunsichert, aber lieb.“, sagte sie leise. „Neria und ich würde ihm gerne helfen.“

„Ach, meine gutherzige Yuri.“, seufzte Seto lächelnd und streichelte sie erneut. „Ihr seid wirklich gute Mädchen.“

„Du willst es mir nicht verbieten, Papa, dass wir ihn sehen?“ Verwundert runzelte er die Stirn und sah sie an.

„Hat Toshiro das denn?“ Yuri nickte hastig.

„Nein, Yuri, ich werde dir nicht verbieten mit Gaara zu spielen. Um ehrlich zu sein, denke ich, dass ihr genau das sein könntet, was er braucht. Ehrliche, liebe Kinder, die ihn als Mensch mögen und gerne mit ihm spielen. Das könnte ihm einen Funken geben, damit er vielleicht sogar Shukaku unter Kontrolle hält.“ Sanft bettete er sein Kinn auf ihren Kopf und umarmte sie sanft. „Ich will nicht sagen, dass ich mich nicht sorge…aber glaubst du, dass Gaara euch verletzen würde?“

Yuri überlegte eine ganze Zeit und ließ den Vorfall mit Mara Revue passieren. Die Frage ihres Vaters wollte sie nicht unbedacht beantworten. Mit den neuen Informationen war die Sorge nicht unbegründet, doch schließlich schüttelte sie den Kopf.

„Nicht ernsthaft, nein. Wir konnten ihm schon einmal helfen, die Kontrolle zurückzuerlangen.“

„Dann vertraue ich dir.“, sagte Seto sanft und küsste ihr Haar. „Wenn es sich gut für euch anfühlt, dann ist es richtig. Ihr seid in einem Alter, wo ihr eure eigenen Erfahrungen machen müsst. Das werde ich euch nicht nehmen.“

Yuri fühlte die warme, väterliche Liebe und war überwältigt von dem Vertrauen, welches ihr Vater ihr entgegenbrachte.

„Danke, Papa!“, sagte sie glücklich und umarmte ihn fest. Seto lächelte und setzte sie dann sanft auf dem Boden ab.

„Nun lauf. Du willst doch sicher mit Neria spielen.“ Yuri nickte lächelnd, gab ihren Papa noch einen Kuss auf die Wange und lief dann zum Spielplatz um sich mit ihrer Freundin zu treffen.
 

~*~
 

Neria erwartete sie bereits, als sie den Spielplatz erreichte. Nachdenklich blickte das blonde Mädchen gen Himmel, während die Schaukel sich in einem melancholischen Rhythmus vor und zurückbewegte. Yuri spürte, dass etwas nicht stimmte. Abwesend war nicht ein Zustand, den Neria häufig hatte.

„Hey…“

Neria löste ihre Augen vom Himmel und ihre blauen Augen starrten sie nachdenklich an, doch ein kleines Lächeln zuckte um ihre Lippen.

„Morgen, Yuri.“ Und schon begann ihr Lächeln zu flackern und erlosch. Yuri neigte ihren Kopf und setzte sich auf die andere Schaukel. Neria ergriff die Ketten ihrer und begann mehr Schwung zu holen. Es war, als meinte sie, so der Situation zu entfliehen. Der Wind spielte durch ihre brustlangen, blonden Haare. Yuri hingegen schwieg. Ihre Freundin würde reden, wenn sie es nicht mehr aushielt. So wie sie sie kannte, würde dies nicht mehr lange dauern.

„Ich habe Papa erzählt, dass wir Gaara kennen.“, erklärte sie schließlich so leise, dass Yuri sie beinahe nicht verstanden hätte. Allerdings hatte sie das schon vermutet, wodurch sie sie nicht hören musste.

„Ich auch.“ Yuri wusste, dass Neria sich schuldig gefühlt hatte. Für sie hatte es sich angefühlt wie ein Verrat an ihr, da sie dies ohne Absprache erzählt hatte. Ein erleichtertes Lächeln erschien auf den Lippen von Neria und sie atmete tief aus. „Toshiro war sicher nicht begeistert.“

„Nein.“, sagte sie zerknirscht. „Er wollte, dass ich ihn nicht mehr treffe.“

„Aber du konntest ihn überzeugen?“ Yuri hielt mit dem Schaukeln inne und wandte sich zu ihr um.

„Nein…aber ich habe zwei Stunden bekommen.“ Neria schloss die Augen und rann sich durch die Haare. „Wie hat Seto reagiert?“

Mit knappen Worten fasste Yuri zusammen, was ihr Vater am Morgen erklärt hatte. Sie sah wie die blauen Augen ihrer Freundin sich weiteten. Gaara war bereits nach zwei Tagen ein wichtiger Teil ihres Lebens geworden, doch in Nerias noch mehr als in dem ihren. Sie hasste Ungerechtigkeit und seine Art weckte in ihr einen Beschützerinstinkt. Wer auch immer Neria wichtig wurde, konnte ihre vollkommene Loyalität erwarten. Sie beschützte ihre Freunde egal wie schwer der Kampf werden würde. Woher dieses Streben kam, wusste Yuri nicht, aber sie wusste, dass es eine zweischneidige Eigenschaft war. Sie vergaß sich oft selbst dabei.

„Das ist schrecklich.“, sagte sie verärgert und trat in den Sand.

„Ja, aber deshalb sollten wir bei ihm fröhlich sein.“ Neria nickte. Sie schien zu verstehen, was Yuri ihr sagen wollte. Gaara litt genug. Was er brauchte war das Vergessen. Für einige kurze Augenblicke frei und Mensch zu sein.

„Du hast Recht.“

„Papa hat mir nicht verboten Gaara zu sehen. Er meint, ich soll meine eigenen Erfahrungen machen.“

Das Lächeln, was Neria nun zeigte, war bitter. Einerseits war sie froh, dass Yuri für Gaara da sein konnte, allerdings war in dem kleinen Ozean auch Enttäuschung versteckt.

„Das ist gut. Ich will mich lieber an die zwei Stunden Regel halten, sonst darf ich ihn gar nicht mehr sehen.“

„Das ist klug.“

So schaukelten beide für einige Zeit und hingen ihre Gedanken nach. Die Frage, die sich noch gestern stellte, hatten sie beide eigentlich schon längst getroffen. Allerdings zögerten sie noch immer. Sie waren doch nur zwei junge Kinder. Was für einen Unterschied konnten sie schon machen, wenn das ganze Dorf und gar ihre Eltern gegen sie waren? War es wert ihre anderen Freunde dafür zu verlieren? Allerdings waren beide sich nicht mehr sicher, ob sie mich solch blinden Menschen befreundet seien sollten. Anderseits verstanden sie die Angst. Weder Neria noch Yuri waren sich sicher, ob sie vor zwei Tagen zu ihm gegangen wären, wenn sie seine Geschichte gekannt hätten.

All das war jedoch vergessen, als sie Gaara kommen sahen. Etwas wacklig auf den Beinen kam er aus den Schatten der Häuser. Er wirkte erschöpft. Die dunklen Ringe unter seinen blassblauen Augen hatten sie noch tiefer in die Haut gegraben. Seine Haut wirkte aschfahl und ließ ihn mehr wie einen Geist wirken. Sofort sprangen beide Kinder von der Schaukel und eilten zu ihm herüber.

„Gaara, bist du in Ordnung?“, fragte Neria besorgt und legte unbewusst eine Hand auf seinen Arm. Gaara versteifte sich, doch stieß sie nicht weg.

„Es war nur eine harte Nacht.“, erklärte er matt und sah sie mit einem bröckligen Lächeln an. Den beiden Mädchen war bewusst, dass es nur eine Maske war. Allerdings hatten sie beide ebenfalls eine aufgesetzt. In diesem Moment, wo sie zusammen waren, beschlossen sie für einen Moment, dass die Realität aufhören sollte zu existieren und sie sich in eine Illusion zurückziehen wollten. In der kurzen Zeit, die sie hatten, war kein Platz für Schmerz.

„Und du willst nicht darüber reden, richtig?“, fragte Yuri und Gaara nickte.

„Ich möchte lieber schaukeln.“

So gingen Gaara und Yuri zur Schaukel, während Neria sich auf den Boden setzte und anfing kleine Burgen im Sand zu bauen. Auch wenn die gelöste Stimmung gerade eine Illusion war, die Kinder wussten, dass sich Gaara zu gern darin versteckte. Sie nahm kleine Steine, die noch nicht zermalmt worden waren, um Fenster und Türen darzustellen.

Sie blickte auf und zum ersten Mal sah sie etwas wie den Funken eines Lächelns auf Gaaras Gesicht. Der Wind fuhr sanft durch das feuerrote Haar und zerzauste es. Yuri lachte fröhlich und holte besonders viel Schwung. Sie liebte es zu schaukeln. Es fühlte sich an wie fliegen.

Plötzlich kippte die Stimmung jedoch. Gaara zuckte neben ihr zusammen und fiel von der Schaukel. Neria sprang sofort auf und Yuri ließ sich von der Schaukel fallen. Beide knieten sich neben Gaara, der sich auf dem Sand zusammenkauerte. Stöhnend krallte er die Hand in sein Haar und ein ungnädiges Zittern schüttelte seinen Körper. Es sah aus, als würde er von innen heraus zerrissen werden und mit den neuen Informationen, die sie erhalten hatten, wussten sie, dass Shukaku rebellierte.

„Gaara-chan…“, flüsterte Neria besorgt. Sie hob ihre Hand, doch wusste sie nicht, ob sie ihn berühren konnte und durfte.

„Geht…gleich wieder.“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Schweiß begann sich auf seiner Stirn zu bilden. Hilflos sah Neria zu ihrer Freundin, doch auch Yuri wusste nicht wie sie ihm helfen konnten.

Neria ballte die Hand zur Faust, die sie gerade noch ausgestreckt hatte. Wuttränen brannten in ihren Augen. Sie waren seine Freundinnen, doch in dem Moment, wo er sie dringend brauchte, waren sie machtlos. Hatten sie gar keine Handhabe gegen das Monstrum, welches in ihm war und ihn sosehr quälte? Es war fürchterlich frustrierend. Diese Machtlosigkeit machte sie wütend.

„Gaara…“, sagen beide im Einklang. Schließlich brachten sie beide den Mut auf sich gegen das Monster zu stellen und legte ihm eine Hand auf seine Schulter. Gaara zuckte zusammen. Qualvoll keuchte er auf und sackte in sich zusammen.

„Haltet Abstand!“, befahl er ihnen, doch sie blieben, wo sie waren. Sie beide hatten unbewusst schon vor langer Zeit entschieden, dass sie nicht weichen würden. Auch wenn alle anderen vor ihm wegrannten, Neria und Yuri würden es nicht.

„Du kannst gegen ihn ankommen, Gaara.“, sagte Neria ernst.

„Nein…kann ich nicht.“, zischte er.

„Doch, du kannst!“, sagte sie entschlossen und umarmte ihn fest. Sand zischte auf und schlug nach ihr. Mit aller Macht, versuchte er Neria zu entfernen, doch sie hielt Gaara eisern fest. Mit geschockten Augen sah er sie an. „Du hast ihn schon einmal aufgehalten. Du hast Mara nicht verletzt. Du kannst es wieder.“

„Gaara-chan.“, mischte sich auch Yuri ein. „Wir glauben an dich.“

„Du kannst es, Gaara…“ Neria kniff die Augen zusammen, als die Attacken des Sandes immer aggressiver wurden, doch sie zeigte keine Schmerzen. Gaara brauchte gerade keine Schuldgefühle. Er brauchte Kraft. Also öffnete sie mit aller Kraft ihrer Augen und sah ihn freundlich an.

Gaara holte tief Luft und versuchte sich zu konzentrieren. Die Wut von Shukaku war beinahe übermächtig, allerdings beruhigte die Wärme, welche von Neria ausging, ihn. Ebenso gaben ihre Worte ihm Kraft. Ruhig schloss er die Augen und drängte Shukaku mit aller Kraft zurück. Erleichtert atmete er aus, als die bedrohliche Präsenz verschwand. Es war, als würde Stille nach einem Sturm einkehren.

„Siehst du…“, keuchte Neria und ihre Mundwinkel zuckten. Sie hatte Schmerzen durch die Wunden, die der Sand ihr zugefügt hatte, doch er sollte es nicht bemerken. „…wir wussten doch, dass du es kannst.“

„Neria…du bist verletzt…“, stellte Gaara betrübt fest. Er ergriff ihren Arm und betrachtete die Wunde.

„Ach, das ist halb so wild.“ Sie lächelte aufmunternd. Auch Yuri drückte sanft seine Schulter, als das blonde Mädchen Gaara losließ. Erleichterung flutete durch ihren Körper, da nichts Ernstes passiert war. „Heilt bald wieder, keine Sorge.“

Neria lächelte vergnügt und versuchte Gaara aufzumuntern.

„Du hast Schmerzen, Neria. Du…brauchst Salbe.“ Schwankend stand er auf, doch brach sofort wieder zusammen. Seine Freundinnen fingen ihn auf und stützen ihn.

„Gaara, du musst dich schonen. Du hast viel Kraft verbraucht.“ Yuri sah ihn tadelnd an. „Neria ist nicht schwer verletzt.“

„Genau.“, nickte Neria zustimmend. „Ist bald wieder gut.“

Vorsichtig dirigierten sie Gaara zurück auf eine Bank und setzten sich neben ihn.

„Wie…fühlt es sich an?“, fragte er plötzlich und blickte zwischen ihnen hin und her. Irritiert runzelten diese die Stirn und sahen ihn fragend an.

„Wie fühlt sich was an?“ Yuri blinzelte verwirrt.

„Schmerzen.“, konkretisierte Gaara seine Frage. Das half den Mädchen aber nicht besonders. Im Gegenteil. Es verwirrte sie nur noch mehr. Wieso fragte Gaara sie wie sich Schmerzen anfühlten?

„Wieso fragst du?“

„Der Sand beschützt mich…ich habe noch nie Schmerzen gefühlt. Wie ist es, wenn man verletzt ist?“

Unbehaglich schauten Neria und Yuri sich an. Zwar konnte sie nun verstehen, warum Gaara das fragte, doch wie erklärte man das einem Menschen, der noch nie Schmerzen empfunden hatte? Wie fasste man dieses Gefühl in Worte?

„Das ist nicht leicht, Gaara…“

„Bitte, versucht es!“, flehte er verzweifelt und sah sie aus großen Augen hast. Vermutlich wollte er verstehen, was er Neria und so vielen anderen angetan hatte. Er wollte verstehen, was die Konsequenzen von seinem Handeln sind.

„Also schön…“, seufzte Neria und kratzte sich am Kopf. „Weißt du Gaara, wenn einem etwas wehtut, dann ist es kein gutes Gefühl. Schmerzen sind als Warnsystem da, wenn etwas mit deinem Körper nicht stimmt. Wenn dich zum Beispiel Shukaku angreift…dann scheinst auch du Schmerzen zu haben.“

Gaara blinzelte träge und schien über das Gesagte nachzudenken und sich zu erinnern wie es sich anfühlte. Dann zuckte er zusammen und sah Neria an.

„Es tut mir leid, Neria.“ Sie lächelte und schüttelte hastig den Kopf.

„Ach was, schon in Ordnung, Gaara. Hauptsache ich konnte dir helfen.“ Überrascht sah Gaara sie an und wieder huschte das kleine Lächeln um seine Lippen.

„Kö…könntest du deinen Ball holen, Yuri? Ich würde gerne damit spielen.“ Yuri lächelte vergnügt und nickte.

„Na klar.“

„Dann haben wir noch ungefähr eine Stunde.“ Verwirrt blickte Gaara sie an.

„Warum eine Stunde?“

„Wir haben unseren Eltern erzählt, dass wir dich kennen.“, erklärte Neria betrübt.

„Und nun…dürft ihr nicht mehr mit mir spielen?“

„Doch.“, widersprach Yuri. „Nur gerade Nerias Vater ist besorgt und hat ihr nur erlaubt zwei Stunden mit dir zu spielen.“

„Tut mir leid, Gaara.“, sagte Neria zerknirscht und senkte den Kopf. Gaara zuckte zusammen. Sie war traurig, das sah er, doch sie sollte nicht traurig sein.

„Schon gut, Neria…“, sagte er. „Zwei Stunden sind immer noch besser als keine.“

Er versuchte sie aufzumuntern. Yuri sah es ihm an, doch auch sein Lächeln flackerte. Er wollte froh sein, überhaupt jemanden zum Spielen zu haben, aber wie alle Menschen wünschte er sich nun auch mehr.

„Mach dir keine Sorgen.“ Wieder versuchte er sich an einem Lächeln, doch es war unheimlich.

„Also, ich gehe nun den Ball so schnell wie möglich holen und dann spielen wir.“, versuchte Yuri die Situation aufzulockern. Gaara und Neria nickten. Schnell rannte Yuri los.
 

~*~
 

Enttäuscht hob Yuri eine Stunde später den Ball hoch. Wie auch die zwei Tage zuvor hat das Spiel mit Gaara viel Spaß gemacht. Er war wirklich geschickt in Ballspielen. Leider war auch diese Illusion der Freiheit nur von kurzer Dauer und Nerias Zeit war abgelaufen. Als sie sich zum Gehen wandte, hatte Gaara den Blick traurig gesenkt und sah sie nicht an.

„Hey, Yuri. Du könntest noch bleiben. Dein Vater hat es dir nicht verboten.“, schlug Neria vor, während sie Gaara beobachtete. Yuri schüttelte jedoch den Kopf.

„Das wäre dir gegenüber nicht fair.“

„Jetzt geht es aber nicht um mich, sondern um Gaara.“

„Trotzdem.“, widersprach sie energisch. „Dann bist du traurig. Außerdem möchte ich Papa auch nicht unnötig Sorgen bereiten.“

„Auch wieder wahr.“, nuschelte sie. Trotzdem blickte sie wehleidig zu Gaara hinüber. Yuri mochte zwar recht haben, doch es tat weh Gaara so zu sehen. Vorher hatte er nur Einsamkeit gekannt. Er wusste nicht wirklich, was es bedeutete Freunde und Spaß zu haben. Somit konnte er es nicht vermissen. Nun jedoch hatte er es erfahren und der Entzug wurde dadurch nur noch schwerer. Neria fand es unfair. Er konnte schließlich am allerwenigsten dafür, was ihm angetan wurde Er hatte Shukaku nie gewollt und dennoch wurde er für die Fehler anderer bestraft.

„Wir sollten uns verabschieden.“

Neria nickte erneut und lief mit ihrer Freundin zu ihm. Schüchtern blickte Gaara auf und reichte Yuri ohne Umschweife ihren Ball. Diese lächelte ihn dankbar an und drückte ihn an sich.

„Wir sehen uns morgen wieder, oder?“, fragt er hoffend und sah sie beide an. Ohne zu zögern nickten sie und verabschiedeten sich von ihm. Die Sonne brannte, als sie Gaara zurückließen. Sie waren bereit für ihre Freundschaft zu ihm zu kämpfen, doch sie würden für den Sieg Zeit brauchen. Wenn sie zeigen könnten, dass spielen mit ihm ungefährlich war, dann könnten sie vielleicht die Erwachsenen überzeugen. Man konnte nur hoffen, dass sie diese Zeit auch hatten.

Die Blume der Freundschaft

4. Kapitel: Die Blume der Freundschaft
 

Einige Wochen vergingen im immer gleichen Rhythmus. Neria und Yuri nutzten jeden Moment, der ihnen erlaubt war, um ihn mit Gaara zu verbringen. Mit jedem Mal, wenn sie gingen, wurden die Schmerzen in Gaaras Herzen stärker. Er spürte dann umso mehr, was ihm fehlte und dass er seine Freundinnen nur auf Grund der Gnade ihrer Eltern hatte. Seitdem versuchte er sich möglichst still und gut zu verhalten. Das kleine bisschen Vertrauen, was ihre Väter in das Urteilsvermögen ihrer Kinder gelegt hatten, wollte er nicht enttäuschen. Er könnte es nicht ertragen, wenn er sie völlig verlieren würde. Allerdings gefiel Shukaku die Entwicklung nicht, die er nahm. Tief in der Nacht quälte er ihn, verlangte immer stärker nach seiner Opfergabe, doch Gaara wollte nicht nachgeben. Es würde Neria und Yuri nur verängstigen. Er wusste, dass sie in ihrer restlichen Zeit alles versuchten um ihn zu helfen, um seinen Ruf zu verbessern und andere zu überzeugen mit ihm zu spielen. Bisher war es nicht von Erfolg gekrönt und mittlerweile begann es Konsequenzen für die Mädchen zu haben. Mehrere Male hatte er nachmittags beobachtet wie ihre anderen Freunde begannen sie zu schneiden. Zwar hatten sie ihm stets versichert, dass sie dann keine wahren Freunde waren, doch es bereitete ihm Sorge. Er fragte sich, ob es richtig war sich an sie zu klammern, allerdings war er sehr egoistisch. Für ihn war es normal immer das zu bekommen, was er wollte. Etwa aufzugeben war nicht seine Stärke. Auch wenn es für dieses Etwas vielleicht besser war.

Die Schaukel quietschte an diesem kühlen Januar Tag. Neria saß im Sand und baute verschiedene Burgen und Figuren. In der vergangenen Nacht hatte sie lange wachgelegen, da sie gemerkt hatte, dass es Gaara immer schlechter ging. Jedes Mal wurden seine Augen trauriger, wenn Neria und Yuri ihn verließen. Sie hatte sich gefragt, ob sie ihm wirklich etwas Gutes damit taten. Vielleicht verschlimmerten sie seine Situation nur.

Sie biss sich auf die Lippen und kratzte ein Fenster in ihr Sandschloss. Diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen. Gaara hatte schon genug zu erdulden. Sie wollte es nicht noch schlimmer machen. Sollte sie mit ihm darüber reden? Oder erst mit Yuri? Vielleicht interpretierte sie auch zu viel, aber die Veränderungen in Gaaras Gemüt war nicht zu leugnen.

Bevor sie jedoch weiter in ihrem Gedankenkarussell versinken konnte, entdeckte sie den wohlbekannten Rotschopf wie er sich durch die Menschenmenge schlug. Zielstrebig steuerte er auf sie zu und ließ sich wie selbstverständlich neben ihr im Sand nieder. Neria blickte auf und lächelte ihn an, doch es flackerte wie eine Flamme im Wind. Gaara schien es nicht zu bemerken. Noch immer war er nicht sonderlich geschickt im sozialen Umgang. Sarkasmus oder Scherze verstand er selten.

„Guten Morgen, Gaara.“, sagte sie deshalb betont fröhlich. An diesem Tag fiel es schwer die Maske aufzuziehen, welche sie sonst einvernehmlich trugen. Vielleicht war es falsch ihm einen Schein vorzugaukeln, doch die grauen Seiten des Lebens kannte er zu genüge. Nur die Fröhlichen waren ihm fremd. Diese wollten Yuri und Neria ihm zeigen.

„Guten Morgen.“ Es war beunruhigend, wenn Gaaras Lächeln überzeugender als das Eigene war. Dann blickte er sich um und runzelte die Stirn. „Kommt Yuri später?“

Neria gefiel es nicht wie ihr Herz sich verkrampfte. Um ehrlich zu sein hatte sie sich darauf gefreut einen Tag mit Gaara alleine zu verbringen und er fragte gleich nach Yuri. Natürlich tat er das. Sie trafen ihn immer zusammen. Dennoch hatte es etwas wehgetan.

„Nein. Yuri ist mit ihrem Vater auf einem mehrtägigen Ausflug. Sie wollen Kräuter sammeln. Seto-san arbeitet mit Chiyo-sama im Gewächshaus, weißt du. Er ist Sanitätsninja.“

„Oh, achso.“ Gaara sah sie etwas wehmütig an. Neria lächelte verunsichert und zuckte mit den Schultern.

„Also wirst du die nächsten Tage mit mir Vorlieb nehmen müssen.“

Gaara schüttelte den Kopf und lächelte leicht. Vermutlich wollte er sie aufheitern.

„Nein, das ist in Ordnung. Ich freue mich mit dir zu spielen.“ Meine Güte, Gaara wusste sich möglichst diplomatisch auszudrücken. Neria sah ihn etwas bedröppelt an. Auf einmal erschien Unsicherheit in Gaaras Augen und hastig schlug er sie nieder. „Habe ich was Falsches gesagt?“

„Nein, Gaara.“, versicherte sie ihm eilig und lächelte nun ehrlich. „Alles ist gut. Lass uns spielen.“

So begannen sie beide im Sandkasten ihre Schlösser zu bauen. Neria war immer begeistert wie kunstvoll Gaaras waren. Sie waren voller kleiner Details und wirkten beinahe wie ein echtes. Sie lächelte anerkennend. Wenn der Sand von positiven Nutzen sein konnte, dann erschien Gaara wie losgelöst. Sie freute sich darüber.

Plötzlich jedoch wurde dieses friedliche Bild je gestört. Zwischen den Häusern tauchte eine kleine Gruppe von Kindern auf, die zielstrebig auf den Spielplatz zusteuerten. Sofort blickten Neria und Gaara auf und sie spürte wie er sich neben ihr anspannte. Sie warf ihm einen beruhigenden Blick zu und stand auf. Die Kinder waren mittlerweile stehen geblieben und musterten sie sowohl überrascht als auch verängstigt. Das Jüngste von ihnen klammerte sich an den Größten und ein Junge wich einige Schritte zurück. Dass sie Mara und Karu unter ihnen entdeckte, verwunderte Neria nicht.

„Da ist er, das Monster.“, stammelte ein kleines Mädchen. Gaara zuckte zusammen, als hätten sie ihn geschlagen. Wütende Blicke warf Neria ihren ehemaligen Freunden zu. Sie drückte Gaaras Schulter und stand auf. Ruhig klopfte sie sich den Sand von der Kleidung und lief ihnen entgegen. Gut eine Länge vor ihnen blieb sie stehen und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Der Wind pfiff durch ihre blonden Haare und ließ den Stoff ihrer Kleidung tanzen. Ernst sah sie sie an und die Kinder starrten zurück.

„Hört auf so einen Scheiß zu reden. Gaara…“ Sie betonte seinen Namen und warf ihnen vernichtenden Blicke zu. „…ist kein Monster.“

„Das hätte ich nicht von dir erwartet, Neria. Du warst mal nett.“, sagte Mara wütend. „Er hat mich angegriffen.“

Neria spürte Wut in sich brodeln. Diese dumme Pute wusste rein gar nichts. Sie verstand ihn nicht und versuchte es noch nicht einmal. Keiner tat das und dies füllte ihren Magen mit weißer Lava. Sie biss sich auf die Lippen bis sie Eisen schmeckte.

„Neria…“, hörte sie Gaara hinter sich, doch sie schüttelte unwirsch den Kopf. Er würde sie nicht beruhigen und davon abbringen.

„Haltet die Klappe und haut ab!“, rief sie den Kindern entgegen und wirbelte die Arme in die Luft, als wolle sie einen Marder verscheuchen.

„Wenn du mit Gaara spielst, sind wir keine Freunde mehr.“ Wollte Mara ihr drohen? Wollte sie sie so unter Druck setzen? Neria legte ihre Stirn in Falten und starrte sie an.

„Dann sind wir keine Freunde mehr. Auf solche wie du kann ich echt verzichten.“, erklärte sie giftig und wirbelte auf dem Absatz herum. Einen letzten Blick warf sie ihrer einstigen Freundin über ihre Schulter zu und sagte. „Und nun verschwindet, bevor das Monster euch angreift.“

Die Kinder sahen sich unsicher an und schließlich verschwanden sie. Neria schnaubte noch einmal und kehrte Gaara zurück. Der kleine Junge sah sie erstaunt an, als sie sich wie selbstverständlich neben ihn fallen ließ.

„Diese Idioten.“, murrte sie sichtlich verägert.

„Neria…“, setzte er an, doch sie lächelte nur. Gaara hielt inne und blickte zu Boden. „Beantworte mir bitte eine Frage.“

„Sicher.“

„Haben Yuri und du keine Angst vor mir?“ Verwundert blickte Neria ihn an und ließ eine handvoll Sand durch ihre Finger gleiten.

„Ich habe keine Angst vor dir.“, sagte sie ruhig und Gaara sah wieder diesen Ausdruck, den er für Ehrlichkeit hielt. „Für Yuri kann ich nicht antworten, aber ich glaube bei ist es auch so.“

„Aber ich bin doch ein Monster.“

„Nein, du bist keines, Gaara. In dir lebt eines. Das ist ein Unterschied.“

„Ich habe euch verletzt. Ich habe dir wehgetan.“

Neria lachte und schüttelte den Kopf, bevor sie Gaara freundlich ansah.

„Du solltest das doch vergessen, Gaara. Sieh doch!“ Sie schob ihre Ärmel hoch und unverletzte Haut war zu sehen. Nicht die kleinste Spur erinnerte an die Wunden, die er ihr vor einiger Zeit zugefügt hatte.

Er rutschte näher und strich ungläubig über ihren Arm.

„Siehst du? Es ist alles wieder verheilt. Alles wieder gut.“

„Aber…“ Er tippte mit den Fingern unsicher gegeneinander. „Ich bereite euch nur Ärger. Eure Eltern, eure Freunde…ich bemerke, wie sie sich von euch abwenden.“

„Mara war keine Freundin, wenn sie so reagiert und unsere Eltern sind bloß besorgt. Das wird sich mit der Zeit geben.“

Gaara sah sie unsicher an und senkte dann die Augen.

„Neria…“

„Gaara, wir waren uns bewusst, welche Folgen unsere Freundschaft zu dir hat.“, erklärte Neria ernst und sie hockte sich vor ihn, damit er sie ansehen musste. „Wir haben es uns überlegt und dafür entschieden. Das ist freier Wille. Wir haben uns entschieden und somit ist nichts davon deine Schuld.“

Erstaunt sah er auf und betrachtete sie. Diese freundlichen Mädchen hatte sich wirklich dafür entschieden seine Freundinnen zu sein. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er sich bedanken müsste, doch ein einfaches Wort wie Danke schien nicht auszureichen. Fieberhaft überlegte er, doch dann fiel ihm ein wie sie immer strahlte, wenn er mit seinem Sand ein Schloss baute. Er schloss die Augen und konzentrierte sich. Langsam begann der Sand um seine Wand zu wirbeln. Verwundert drehte Neria sich zu ihm um, als sie das Knistern vernahm. Gebannt beobachtete sie wie der Sand sich in Gaaras Handfläche sammelte und am Ende eine kleine Blüte erschuf. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Blüte betrachtete. Sie hatten die Form einer Seerose. Die kleinen Blütenblätter waren in einem helleren Sand gefertigt, als die größeren Kelchblätter. Sogar die Stempel waren dargestellt.

„Ich…ich möchte sie dir gerne schenken. Der Sand ist besonders stabil. Sie…wird nicht kaputtgehen.“ Gaara sah sie verunsichert an. Bisher hatte Neria kein Wort gesagt, sondern nur mit weit aufgerissenen Mund die Blume betrachtet. „Ma…Magst du sie nicht?“

Erstaunt sah Neria ihn an und schüttelte dann hastig den Kopf.

„Nein, sie ist wunderschön.“, sagte sie schnell. „Ich danke dir, Gaara. Ich werde sie in Ehren halten.“

Vorsichtig streckte sie ihre Hände aus und nahm ehrfürchtig die Blume an. Behutsam strich sie über die Oberfläche. Sie war rau. Ebenso wie der Sand, der ihre Heimat wie einen Schutzmantel umgab.

Gaara lächelte unsicher, doch auch Freude blitzte in seinen Augen auf. Es fühlte sich gut an Jemanden ein Geschenk zu machen und wenn dieser sich darüber freute.

„Sie wird nicht kaputtgehen?“ Gaara schüttelte erneut den Kopf. Neria lächelte und steckte die Blume vorsichtig in ihre Tasche.

„Dann ist sie ab jetzt mein Glücksbringer. So wie der Sand unser Dorf beschützt, soll sie mir Glück bringen.“ Neria lächelte fröhlich und strahlte ihn an. Gaara lächelte verlegen und es erschien, als würde er erröten.

„Du willst sie wirklich als Glücksbringer nehmen?“, fragte er sie erstaunt. Seine blauen Augen wurden zu Spiegel in eine Seele, die langsam einen Pfad im Leben bestritt.

„Sicher, denn sie ist ein Geschenk von dir, meinem Freund.“ Noch immer konnte Gaara kaum die Worte begreifen, die sie ihm sagte. Wie warm sich Worte anfühlen konnten, war für ihn kaum zu glauben. War das dieses Gefühl der Liebe von dem Yashamaru immer sprach? War das das Gefühl, dass die Welt bewegte? Wenn dem so war, dann glaubte er langsam zu begreifen weshalb. Es fühlte sich gut an Menschen zu haben, denen man wichtig war. Es gab einem etwas, woran man sich festhalten konnte und die Selbstzweifel schwanden. Wenn er mit Neria und Yuri spielte, vergaß er, dass er ein Monster sein sollte. Leider gefiel hingegen Shukaku diese Entwicklung nicht. Immer häufiger versuchte der Biju sich an die Oberfläche zu kämpfen und die Kontrolle über ihn zu übernehmen. Mit jedem Mal an dem er es versuchte, fiel es Gaara schwerer Neria und Yuri nicht anzugreifen. Allerdings gab ihre Nähe ihm auch Kraft sich gegen das Monster zu wehren. Er wollte seine Freundinnen nicht verletzten. Sie waren ihm wichtig.

Neria betrachtete ihn währenddessen verwundert. Gaara wirkte abwesend. Bereits seit einigen Minuten schaute er bloß in den Himmel.

„Gaara-chan?“, fragte sie deshalb vorsichtig. Gaara zu erschrecken oder aus den Gedanken zu reißen, hatte sich mehrfach als tückisch erwiesen. Mehr als einmal hatte sich der Sand wie eine drohende Schlange vor ihnen aufgebaut. Kurz zuckte Gaara zusammen, schüttelte seinen Kopf und blickte sie an.

„Entschuldige, Neria…“, sagte er kleinlaut. Neria schüttelte den Kopf.

„Schon in Ordnung.“ Sie lächelte freundlich und setzte ihre Arbeit an ihrer Burg fort. Allerdings brach einer der Türme, den sie errichtete, immer wieder zusammen. Der Sand war einfach zu weich und Wasser war zu wertvoll um es zu nutzen. Gaara sah wie sehr sie sich bemühte und rutschte schließlich näher heran. Mit der Hilfe seines eigenen Sandes baute er einen eindrucksvollen Turm. Neria strahlte ihn an und dankte ihn.

Die Sonne begann langsam unterzugehen und Sunagakure mit einem blutroten Anstrich zu versehen. Neria und Gaara hatten sich absichtlich für später verabredet, denn heute wollten sie sich gemeinsam die Sterne ansehen.

„Wollen wir los?“, fragte sie schließlich mit einem Seitenblick auf Gaara. Der Junge blickte zu dem sich verfärbenden Himmel und nickte schließlich.

„Ich kenne einen guten Ort. Kommst du mit?“

„Ja, na klar.“ Sie lächelte ihn freundlich an und stand auf. Vorsichtig klopfte sie sich den Sand von der kurzen schwarzen Hose und dem braunen T-Shirt, welches sie trug. Anschließend hielt sie Gaara ihre Hand hin, der sie nur verwundert ansah. „Na komm, ich helfe dir.“

„Ich brauche keine Hilfe.“, sagte er, doch seine Augen verließen ihre ausgestreckte Hand nicht.

„Vielleicht brauchst du sie nicht, aber du kannst sie dennoch annehmen. Man muss Hilfe nicht nur in Anspruch nehmen, wenn es gar nicht mehr anders geht, Gaara.“

Verwirrt sah Gaara sie an und schien einige Zeit zu zögern. Es war schwer für ihn zu begreifen, was Neria versuchte ihm zu sagen. Sie wollte ihm damit sagen, dass er nicht alles allein tragen musste, bis das Fass schließlich überlief. Wenn er sie etwas mittragen lassen würde, könnte er Shukaku vielleicht besser kontrollieren.

„Neria…“

„Komm, Gaara!“

Noch immer zögerte Gaara. Er kannte es nicht, dass es ihm erlaubt war Hilfe anzunehmen. Er galt als die stärkste Waffe. Er musste doch alles alleine schaffen. War es ihm erlaubt ihre Hand zu ergreifen? Selbst im übertragenen Sinne? Er wusste nicht warum, aber es fühlte sich für ihn an, als wäre das ein großer Schritt und ein Vertrauensbeweis.

„Gaara?“, fragte sie nun verunsichert. Schockiert sah er sie an und schluckte, als er die Unsicherheit in ihren Augen sah. Hastig nahm er ihre Hand und ließ sich hochziehen. In dem Moment, wo er freiwillig ihre Hand nahm, breitete sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie ahnte wohl, welche große Bedeutung es für ihn hatte. „Also, wohin wollen wir?“

„Es ist nicht weit.“, erklärte Gaara und zog sie schließlich durch das Dorf. Neria interessierte es nicht, dass die Dorfleute sie verwundert ansahen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf den Weg, der sie durch die Schluchten der Lehmhütten schlängelte und zu der Klippe der Kazekageabbilder führte. Ganz unkonventionell nahmen sie nicht die Treppen, denn dafür hatten sie in die Kazekage Villa gehen müssen. Dies wollten sie allerdings vermeiden. Also begannen sie an den Klippen hinaufzuklettern. Zum Glück beherrschten beide schon die Grundlage der Chakrakontrolle. Neria zeigte großes Geschick im Erklimmen der Klippen. Gaara hingegen hatte wenig Übung und wollte auch nicht seinen Sand nutzen um unnötiges Aufsehen zu vermeiden. Oft bedurfte er die Hilfe von Neria um die Klippen zu erklimmen, doch dieses Mal fiel es ihm schon etwas leichter. Mit ihrer Unterstützung erreichten sie schließlich den Kopf des Yondaime Kazekage. Schnaufend sanken sie beide auf die Knie und sahen sich lächelnd an. Gemeinsam hatten sie es geschafft dieses Hindernis zu überwinden und Stolz schwellte in ihrer beider Herzen.

Neria ließ sich fallen und stützte sich auf ihre Hände um in den Nachthimmel zu sehen. Mittlerweile war die Sonne untergegangen und die Sterne strahlten vom klaren Himmel auf sie hinab. Ein angenehm kühler Wind strich über ihre erhitzte Haut und ließ sie kurz frösteln. Die Wüste war wirklich ein Ort der Extreme in vielerlei Hinsicht. Wer hier überleben wollte, musste zäh sein.

Schließlich setzte sich auch Gaara neben sie und betrachtete den Himmel.

„Und welchen Sinn hat das? Warum hast du das vorgeschlagen?“

„Ich finde, es hat etwas Entspannendes die Sterne zu beobachten.“, erklärte Neria, während sie sich genüsslich langstreckte und die Arme hinter dem Kopf verschränkte. Hell und klar strahlten die Sterne friedlich auf sie hinab. Manchmal lag Neria hier und fragte sich, ob sich noch mehr hinter diesem Himmel verbarg. Wie viel gab es noch jenseits der Mauern ihrer Welt

„Worüber denkst du nach, Neria?“ Gaaras überraschend dunkle Stimme durchdrang ihre Gedanken. Sie schreckte auf und sah ihn entschuldigend an.

„Nichts Spezielles. Sorry, Gaara. Ich werde einfach nur nachdenklich, wenn ich in den Himmel sehe.“

„Darf ich dich fragen, was du siehst? Für mich sind es bloß Sterne.“

Neria rutschte näher an ihren Freund heran und hob ihren Arm um auf eine Formation der Sterne direkt über ihnen.

„Ich finde, wenn du diese Sterne verbindest…“ Sie fuhr die Linien des imaginären Bildes nach. „…dann sieht sie aus wie ein Wiesel, findest du nicht?“

Gaara legte seine Stirn in Falten und versuchte angestrengt zu sehen, was Neria sah. Leider blieben sie schlicht gelbe Punkte. Das stimmte ihn beinah traurig. Er wünschte sich, er könnte das sehen, was Neria sah. Nicht nur in den Sternen, sondern auch in der Welt. Bisher hatte er nur die Dunkelheit gesehen und nicht das Licht. Sie beide lebten zwar im selben Dorf, aber in unterschiedlichen Welten. Dies wurde ihm nun bewusst. Traurig schloss er die Augen. Hatte ihre Freundschaft überhaupt so eine Chance? Er spürte das nagende Gefühl der Zweifel an sich.

„Gaara?“

„Neria…ich…“ Gaara zögerte und sein Herz hämmerte wild gegen seine Brust. Er wollte Neria und Yuri nicht weiter in seine Dunkelheit ziehen, aber er hatte einfach nicht die Kraft sie abzuweisen. In den vergangenen Wochen hatte er die Zeit mit den beiden Mädchen zu sehr genossen. „Ihr solltet…nicht mehr Zeit mit mir verbringen.“

„Was?“ Entsetzt setzte Neria sich auf und starrte ihn fassungslos ab. Ihre großen, blauen Augen begannen zu zittern. „Aber…Gaara…“

„Es ist nicht so, dass ich euch nicht mag, Neria…aber ihr…ich bringe nur Probleme.“

„Gaara, Freundschaft kann man nicht erzwingen und ebenso wenig kann man sie nicht einfach töten.“ Sie wusste, dass er das nicht tun wollte, sondern es nur gesagt hatte um sie zu beschützen. Vor sich selber. Sie sah die Trauer tief in seinen Augen. Sie zögerte einige Momente, doch dann rutschte sie an ihn heran und umarmte ihn liebevoll. „Ich danke dir für deine Sorge, doch Yuri und mich wirst du nicht los. Wir bleiben für immer deine Freunde.“

„Versprochen?“, nuschelte er leise gegen ihre Schulter. Neria richtete sich auf und hielt ihm den kleinen Finger hin.

„Fest versprochen, Gaara.“ Verwirrt sah er sie an. „Du musst einhaken.“

„Oh, ‘tschuldige.“ Etwas verwundert hakte er schließlich ein und Neria schüttelte ihre Hände.

„Versprochen, Gaara, wir bleiben für immer deine Freunde.“

Das Schöne an einem Geburtstag

5. Kapitel: Das Schöne an einem Geburtstag
 

Neria saß oben auf einer der Klippen am äußersten Grenze von Sunagakure. Die Sonne schien gnadenlos auf ihren Nacken und wenn ihre Haut nicht durch den Schal geschützt wäre. Es war mittags und die meisten Einwohner des Dorfes hatten sich in den kühlenden Schatten zurückgezogen. Kaum Jemand wollte sich der Hitze aussetzten. Sie hingegen wollte ihren Platz nicht verlassen und hatte auch kein Interesse daran sich abzukühlen. Stattdessen betrachtete sie den Horizont, der zeitgleich auf die Grenze ihrer Welt war. Es war einer von Yuris und ihrer Lieblingsplätze. Hier hatten sie sich oft gefragt, was wohl hinter ihrem Horizont lag. Sie hatten dann hier gesessen und zusammen ihrer Fantasie freien Lauf gelassen. Ein wenig beneidete sie Yuri, da diese mi ihrem Vater bis an die Grenze des Windreiches vorgedrungen und gestern mit ihrem Vater zurückgekehrt war. Umso neugieriger war sie auf die Geschichten, die Yuri ihr gleich erzählen würde. Schließlich waren sie für nun verabredet.
 

Ihre Ohren vernahmen das Klacken von Steinen, die zu Boden rollten. Sie wandte den Kopf und erblickte, die neben ihr an der Klippe hochkletterte. Ihre Stirn glänzte von Schweiß auf Grund der körperlichen Anstrengung, doch es machte ihr wenig aus. Ein freudiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie ihre Freundin entdeckte und sie fiel ihr um den Hals. Neria lachte und umarmte ihre Freundin. Schließlich lösten sich die beiden voneinander und Neria starrte Yuri gebannt an. Neugierde glomm in ihren Augen und sie hibbelte vor Aufregung. Zu gerne würde sie wissen, was hinter dem Horizont von Sand verborgen lag.

Neria neigte sich zur Seite und kramte in einer Tasche, die sie mit hier hoch geschleppt hatte. Mit einem breiten Grinsen holte sie Kekse heraus, welche ihre Mutter gebacken hatte. Yuri liebte Kekse und Süßigkeiten. Sie hatte sich für einfache Butterkekse entschieden, da diese nicht in der Sonne schmelzen. Yuri strahlte, als sie die gelblichen Kekse entdeckte.
 

„Hast du sie für mich mitgebracht?“, fragte sie.
 

„Na klar. Ich dachte, so kannst du mir deine Reise noch besser erzählen.“
 

„Du bist neugierig, hmm?“
 

„Total!“
 

„Also schön…“ Yuri lächelte und nahm den ersten Bissen von ihrem Keks. Neria hingegen nahm einen Schluck von dem kühlen Tee, den sie ebenfalls eingesteckt hatte. Der angenehme Geschmack von Zitrone rann ihre Kehle hinab. „Es war einfach unglaublich. Wir sind bis an die Grenzen des Feuerreiches vorgedrungen“
 

„Wow…“, sagte Neria erstaunt und sah sie voller Begeisterung an. Das war das Aufregendste was einer bisher erlebt hatte. Ihr Herz schlug aufgeregt, denn sie wollte sich vorstellen, was Yuri gesehen hatte. Ihr Vater wollte sie nie mitnehmen, wenn er auf eine Mission außerhalb des Dorfes musste und auch generell wollte er ihr die Welt hinter den Klippen nicht zeigen. Insgeheim hoffte Neria aber, dass ihr Vater sie mitnehmen würde, wenn sie älter war. „Wie ist es dort?“
 

„Ganz anders als hier.“, erklärte Yuri mit leuchtenden Augen und nahm einen weiteren Bissen. „Im Grenzbereich gibt es einen Wald. Riese, grüne Bäume und Gras. Es ist unglaublich.“
 

Mit ihren Armen umfing Yuri die Größe der Bäume. Nerias Augen weiteten sich vor Staunen. In Sunagakure gab es nicht mehr als knochige Bäume und kniehohe Sträucher. Bloß in ihrem Gewächshaus gab es ein paar Bäume, aber einen ganzen Wald kannte Neria nur aus einem Bilderbuch, aus dem ihre Mutter ihr immer vorgelesen hatte. Es soll wie ein grünes Meer aus Blättern sein. Allerdings hatte Neria auch noch nie das Meer gesehen. Hier gab es noch nicht einmal Rinnsale. Das Wasser für die Versorgung des Dorfes wurde aus unterirdischen Wasseradern gewonnen und verbrauchtes durch Maschinen wiederaufbereitet.
 

„Einen Wald? Wirklich?“ Yuri nickte und ihre blauen Augen strahlte. „Das musst du mal sehen, Neria. Sie sind so groß und mächtig. Es macht unglaublichen Spaß von Ast zu Ast zu springen.“

„Man...das klingt toll…ich werde glatt neidisch.“ Neria lachte und reichte Yuri die Flasche mit dem Tee. Dankbar lächelte ihre Freundin und nahm einen Schluck.
 

„Da war es auch kühler und nicht so heiß wie hier.“
 

„Das klingt noch besser.“, lachte das blonde Mädchen und band sich diese zu einem tiefsitzenden Knoten. Unter ihren Haaren staute die Hitze sich bisher zu sehr. Sicherlich waren sie Hitze gewöhnt, doch das hieß nicht, dass man sie nicht mehr wahrnahm.
 

„Ich habe viel Neues gesehen und gelernt. Eines war jedoch nicht toll.“
 

„Was denn?“ Neria runzelte die Stirn und sah sie verwundert an. Yuris Gesicht verfinsterte sich und ihre Augen wanderten zum Himmel. „Es war der letzten Tag unserer Suche. Am Abend wollten wir die Rückreise beginnen, da hat uns ein Jo-Nin aus Konohagakure gestellt.“
 

Neria verschluckte sich fast an ihrem Tee und sah Yuri mit großen Augen an.
 

„Ein Jo-Nin aus Konoha?“ Yuri nickte und biss sich auf die Unterlippe.
 

„Ein großer, weißhaariger, dessen linkes Auge von einer Maske und seinem Stirnband bedeckt war.“
 

„Klingt unheimlich.“, sagte Neria unbehaglich. „Wieso hat er euch gestellt.“
 

„Er wollte wissen, was wir im Grenzbereich wollten. Er war so gemein zu Papa.“ Yuri verzog das Gesicht.
 

„Aber er ließ euch gehen.“, sagte Neria aufmunternd und tätschelte ihre Hand. Yuri sah sie an und musste beim Anblick ihres Lächelns ebenfalls lächeln. „Gaara hat dich vermisst.“
 

Yuris Lächeln flackerte und ein trauriges erschien auf ihrem Gesicht.
 

„Wie geht es ihm?“
 

„Soweit ganz gut. Ich habe jeden Tag mit ihm gespielt.“ Unwillkürlich wanderte ihre Hand zu der Tasche in ihrer Kleidung in der sie die Blume aufbewahrte. Bisher war sie noch nicht zerbrochen und wie angekündigt trug sie sie immer bei sich. „Aber zwei Tage sind wenig und er wird mit jedem Tag trauriger, wenn ich gehe.“
 

„Wollen wir dann zu ihm gehen? Du hast ihn heute noch nicht getroffen oder? Und ich möchte ihm auch von meiner Reise erzählen.“
 

Neria schüttelte den Kopf. Gaara hatte ihr gestern ohnehin gesagt, dass er morgens keine Zeit hätte. Außerdem hatte sie vermutet, dass er beide von ihnen eh lieber sah. Er hatte nicht so ausgeglichen und fröhlich mit ihr alleine gewirkt. Sie seufzte leise. Immer wieder fühlte sie bei diesem Gedanken einen Stich. Was war das nur für ein Gefühl in ihr? Sie erkannte sich selbst kaum wieder. Ihre Augen senkten sich kurz hinab.
 

„Wollen wir dann los?“, frage Yuri und Neria nickte. Schnell verstauten sie die Kekse und den Tee in ihrer Tasche und rannten dann los um ihren Freund zumindest für eine kurze Zeit aus der Dunkelheit zu retten.
 

~*~
 

Wenige Minuten später erreichten sie die Villa der Kazekagevilla. Mittlerweile kannten sie den Wachplan ganz genau und konnten genau abpassen, wann sie am besten in Gaaras Zimmer schleichen konnten. Neria ergriff einen kleinen Stein, der noch nicht zu Sand gemahlen wurde. Zielsicher warf sie ihn gegen das Fenster und fing ihn auf, als er zu Boden fiel. Für einen Moment geschah nichts. Während Yuri sicher stellte, dass keine Wache kam, warf Neria erneut den Stein.
 

Endlich öffnete sich das Fenster und Gaara spähte verwundert nach unten. Neria blickte hoch, grinste und winkte. Der Junge runzelte die Stirn und schien sichtlich verwundert, dass sie ihn besuchten. Neria hingegen pfiff das vereinbarte Zeichen, damit Yuri wusste, dass das Fenster geöffnet war. Nacheinander kletterten sie das Pflanzengitter hinauf. Monatelange Übung hatten sie noch schneller werden lassen. Neria erreichte den Sims und schwang sich galant in den Raum, wo sie sofort erstarrte. Der Raum war über und über mit Luftballons gefüllt, sodass die Decke gar nicht mehr zu erkennen war. Geschenke stapelten sich bergeweise und drohten wie der schiefe Turm zu kippen. Ihre Augen weiteten sich und plötzlich wurde ihr heiß und kalt. All das konnte nur eines bedeuten und der Gedanke bereitete ihr massives Unbehagen.
 

„Gaara...was?“, stotterte Neria und blickte umher.
 

„Hallo, Gaa…“ Auch Yuri sprang und realisierte das Gleiche, was Neria wenige Augenblicke wahrgenommen hatte. „…ra.“

Gaara stand verschüchtert im Raum. Ihm war dieser Überfluss sichtlich unangenehm. Nerias und Yuris Familie waren nicht arm, doch gegen die Stellung des Kazekage war ihr Lebensstil nichts.
 

„Ich konnte euch heute Morgen nicht treffen…“, setzte er langsam an und ließ seinen Blick schweifen. Es war nicht schwer zu übersehen, dass die Geschenke eine Bürde für ihn waren und ihm kein Glück schenkten. Gaaras Familie glaubte, dass Liebe zu kaufen wäre. So könnten sie das Monster ruhigstellen ohne ihm nahe zu sein. So war ihre Vorstellung. Dass sie Gaara damit nur verletzten und verängstigten, war ihnen wohl nicht klar oder aber es war ihnen egal. „…war, dass ich heute Geburtstag habe.“
 

Erstaunte Stille herrschte in dem Raum. Neria und Yuri sahen sich sprachlos an und schämten sich. Seit Monaten waren sie nun mit Gaara befreundet und sie hatten noch nie daran gedacht ihn nach seinem Geburtstag zu fragen. Was waren sie nur für Freunde? Unbehaglich sahen sie sich an.
 

„Gaara…es tut uns leid, wir wussten nicht…“, stotterte Yuri nervös.
 

„Wir haben gar kein Geschenk für dich.“
 

Gaara schüttelte schnell den Kopf und zum ersten Mal seit sie durch das Fenster geklettert waren, sah er sie an.
 

„Das stimmt nicht. Ich habe es zu früh bekommen.“ Ein Lächeln flackerte um seine Lippen. „Eure Freundschaft ist euer Geschenk.“
 

Neria und Yuri sahen ihn verwundert an, doch sein Gesicht zeigte, dass er die Wahrheit sprach. Ihn bedeutete ihr Wohlwollen mehr als alle Geschenke, die sich in seinem Zimmer türmten. Sie hatten ihm das Einzige geschenkt, was man nicht kaufen konnte und doch etwas war, dass er brauchte. Da fiel Neria etwas ein.
 

Hastig begann sie wieder einmal in ihrer Tasche zu kramen, bis sie fand wonach sie suchte.
 

„Hier, ich habe noch von Mama gebackene Kekse. Möchtest du sie haben?“, fragte sie und hielt ihm die kleinen Hafertaler hin. Sie lächelte verunsichert, als sie zitternd darauf wartete, ob er die kleine Gabe annahm oder nicht.
 

„Kekse, die deine Mutter gebacken hat?“, wiederholte Gaara erstaunt und betrachtete die Kekse, als wären sie ein Wunder. Neria nickte und hielt sie ihm hin. Vorsichtig nahm Gaara sie, drehte sie wie eine Kostbarkeit in den Händen.

„So etwas habe ich noch nie gegessen?“
 

„Hat deine Mutter dir nie Kekse gebacken?“, fragte Yuri verwundert. In diesem Augenblick verfinsterte sich Gaaras Blick und er wandte sich von ihnen ab. Einige Momente herrschte eine eiserne Stille in denen sich Neria und Yuri verwundert ansahen.
 

„Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben…“, erklärte Gaara schließlich mit kalter Stimme. Die Mädchen hingegen erstarrten. Das hatten sie nicht gewusst, doch sie hätten es können. Immerhin hatten sie noch nie von der Frau des Kazekage gehört. Wäre sie noch am Leben, wäre sie im Dorf bekannt.
 

„Das tut uns leid, Gaara.“, sagte Neria betroffen und ließ die Schultern sinken.
 

„Ich habe sie nie kennengelernt, aber Temari und Kankuro sagen, dass sie nett war.“ Traurig schloss er die Augen und holte tief Luft. Neria und Yuri sahen sich an, dann gingen sie zu ihm, legten ihre Arme um seine Schultern und lehnten ihre Köpfe gegen ihn.
 

„Es tut uns leid, Gaara.“, sagte Yuri erneut. „Wir wollten die Stimmung nicht ruinieren.“
 

„Schon gut…ihr wusstet es nicht.“ Gaara holte tief Luft und war sichtlich darum bemüht ruhig zu bleiben. Neria und Yuri konnten nur vermuten, was Shukaku in ihm gerade anstellte. Über seinen Kopf hinweg sahen sich die beiden an und begannen ein Geburtstagslied zu singen, welches in Sunagakure Tradition war. Tränen begann in Gaaras Augen zu brennen, doch es waren Tränen des Glücks. Leicht lehnte er sich an seine Freunde und beiden zogen ihn auf den Boden. Yuri ergriff einige Blätter Papier und Buntstifte und so begann jeder von ihnen zu malen. Erstaunlicherweise begann jeder von ihnen das Gleiche zu malen. Jedes ihrer Bilder zeigte sie drei zusammen. Sie lachten und hatten Spaß, während sie anschließenden mit den Bauklötzen spielten. Es war dieser Augenblick in dem Neria wirklich glaube, dass sie ihr Versprechen halten könnte. Sie verstanden sich so selbstverständlich und natürlich. Endlich taten sie ihm gut. Neria fühlte sich glücklich bei diesem Gedanken. Wie konnte sie auch nur ahnen, dass ihr Versprechen eher zerbrechen würde, als sie es dachten?

Der Sturm

6. Kapitel Der Sturm
 

Der Abend senkte sich über Sunagakure und hüllte das Dorf in einen dunklen Schatten. Angespanntheit lag in der Luft. Es war als wartete es nur darauf, dass etwas Schreckliches geschehen würde. Die Erwachsenen schienen es zu spüren, denn sie zogen sich mit ihren Kindern in die Häuser zurück. Es war ein Verhalten, das normalerweise bei einem aufziehenden Sandsturm an den Tag gelegt wurde. Es war jedoch keine bedrohliche Wolke am Himmel zu sehen.
 

Neria und Yuri hatten sich vor einige Stunden von Gaara verabschieden müssen. Der Kazekage war in das Zimmer gestürmt und hatte sie unter heftigen Protest entfernen lassen. Gaara hatte solch einen traurigen Blick gehabt, dass sie ihn nicht hatten allein lassen wollen. Letztendlich konnte sich aber Niemand gegen den mächtigsten Mann in Sunagakure stellen. Nun saß Neria an ihrem Fenster und starrte den dunklen Himmel an. Sie spürte von der Anspannung des Dorfes nichts, jedoch machte sich ein ungutes Gefühl in ihrem Magen breit. Der Ausdruck in des Kazekages Augen hatten sie beunruhigt. Die Kälte in ihnen war leider schon trauriger Normalzustand, doch heute waren sie beängstigend.
 

Verzweifelt überlegte Neria wie sie die Situation für Gaara verbessern könnte. Irgendwie musste es doch möglich sein den Dorfbewohnern etwas die Angst zu nehmen. Soweit sie wusste, hatte Gaara Geschwister. Diese mussten doch ähnlich wie sie denken oder nicht? Das war zumindest wie Neria es sich vorstellte. Die Bindung zwischen ihnen musste noch stärker sein als zwischen Yuri und ihr. Allerdings war die Beziehung vom Kazekage zu seinem Sohn auch nicht wie man sie sich vorstellte. Galt das auch für Gaaras Geschwister? Neria wusste es nicht, denn bis vor Kurzem noch nie von ihnen gehört. Ihre Eltern sorgten wohl dafür, dass nichts potenziell Gefährliches an ihre Kinder drang. Je ahnungsloser im Bereich der Politik, desto unbeschwerter die Kindheit.
 

Jedoch waren sie dadurch feinfühliger geworden, ohne dass ihre Eltern es bemerkten. Unbewusst hatten sie stets die angespannte Atmosphäre wahrgenommen und nach ihren eigenen Antworten gesucht. Neria hatte das Gefühl, dass sie sie noch immer nicht gefunden hatten, doch sie waren näher, als sie dachten.
 

Sie seufzte und strich über das Glas ihres Fensters, welches sich langsam abgekühlt hatte. Sie wusste nicht wie lange sie die Balance zwischen ihren Eltern und ihrer Freundschaft zu Gaara zu halten. Wann werden sie vor eine Entscheidung treffen müssen?
 

„Gaara, was können wir bloß tun? Wir sind doch bloß Kinder. Wir haben keinen Einfluss.“, sagte sie und atmete tief ein und aus.
 

Innerlich verspürte sie den Drang nach Gaara zu sehen. Allerdings würde sie sich damit gegen die ausdrückliche Anordnung von ihrem Vater stellen. Dies wiederum könnte dafür sorgen, dass sie ihren Freund gar nicht mehr sehen dürfte. Was aber, wenn Gaara sie brauchte? Niemand sollte an seinem Geburtstag allein sein. Neria biss sich auf die Unterlippe. Innerlich kämpfte in ihr der Drang eine gute Tochter zu sein und ihrem Freund beizustehen. Immerhin hatte Gaara sich sehr über ihren Besuch gefreut. Sie seufzte. Sie wusste wirklich nicht, was sie tun sollte.
 

Genau in diesem Moment erblicke sie Gaara. Mit gesenktem Kopf und traurigen Augen lief der jüngste Sohn des Kazekages an ihrem Fenster vorbei. Neria bemerkte sofort, dass etwas vorgefallen war, denn er wirkte niedergeschlagen und zeitgleich angespannt.
 

Bei diesem Anblick fiel Nerias Entscheidung. Sie wirbelte herum und hastete eilig die Treppe hinunter.
 

„Bin kurz draußen.“, rief sie ihren Eltern zu ohne ihnen die Möglichkeit einer Erwiderung zu geben. Selbst zum Schuhe anziehen hatte sie keine Zeit und lief stattdessen barfuß hinaus. Der Sand unter ihren Füßen schürfte die Sohle auf, doch das interessierte sie nicht. Für sie zählte bloß, dass sie Gaara nicht aus den Augen verlor.
 

„Gaara!“ Ihre Stimme hallte durch die Gasse, doch der rothaarige Junge war verschwunden. Erneut rief sie seinen Namen, während sie durch die Straßen lief um nach ihm zu suchen. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Was war bloß vorgefallen, dass er dermaßen erschrocken ausgesehen hatte?
 

Das Geräusch ihrer Schritte hallte von den Häuserwänden wieder, doch sie versuchte dennoch zu lauschen um eventuell Gaara zu hören. Weit konnte er noch nicht gekommen sein. Doch wo steckte ihr Freund?
 

„Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten?“, sagte eine eisige Stimme in ihrem Nacken. Neria erstarrte und drehte sich langsam um. In dem Schatten von einem Haus stand der Kazekage. Seine blauen Augen waren hart wie Stahl, als er das junge Mädchen betrachtete. Augenblicklich begann sie zu zittern. Es war der gleiche Blick mit dem er Gaara am Morgen angesehen hatte. Er ließ das Blut in den Adern gefrieren.
 

„Ka…Kazekage-sama.“, stotterte sie verängstigt. Sie versuchte wirklich sich nicht einschüchtern zu lassen, doch sie wollte nicht wissen was der Kazekage tun würde, wenn er die Geduld mit ihr verlor. Für wen sollte sie sich entscheiden? Für ihren Freund oder ihre eigene Sicherheit? „Wo ist Gaara? Er sah nicht gut aus. Es ist etwas passiert.“
 

„Was an haltet euch von ihm fern versteht ihr nicht?“, wiederholte er und seine Stimme wurde noch eisiger.
 

„Er ist doch kein Monster, Kazekage-sama.“, entfuhr es ihr plötzlich und sie schlug die Hände vorm Mund. Was erlaubte sie sich? Aber auf die Art und Weise wie er von seinem Sohn gesprochen hatte, hatte sie erschrocken. Sie konnte es nicht ertragen wie er sein eigenes Fleisch und Blut behandelte. Wie konnte er dann gut für das Dorf sein.
 

„Was erlaubst du…“
 

„Kazekage-sama, bitte verzeihen Sie die Worte meiner Tochter. Sie hat es nicht so gemeint.“ Bevor Schlimmeres passieren konnte schritt Toshiro ein und stellte sich vor seine Tochter. Ehrfürchtig verneigte er sich vor dem Oberhaupt des Dorfes. Der Kazekage betrachtete den Anführer der Jo-Nin von Sunagakure einige Zeit lang, doch dann nickte er. Erleichterung durchflutete Nerias Vater und seine Anspannung löste sich merklich. Sofort ergriff er die Hand seines Kindes und führte sie zurück zu ihrem Haus.
 

„A…aber, Papa…ich muss zu Gaara! Etwas ist passiert.“ Neria hatte ihre Schwierigkeiten das schnelle Tempo ihres Vaters zu halten und stolperte ihm mehr hinterher, als dass sie lief.
 

„Sei still! Ich will diesen Namen nicht mehr hören.“, fuhr Toshiro an und blieb abrupt stehen. Mahnend sah er zu ihr hinunter. „Hast du eine Ahnung in was für eine Gefahr du dich gebracht hast?“
 

„Aber was für eine Freundin wäre ich, wenn ich aufgeben würde, wenn es hart wird. Papa, er braucht mich jetzt. Er ist mein Freund. Hättest du früher nicht das Gleiche für Seto getan?“
 

Toshiro blieb stumm für einen kurzen Augenblick. Er wusste, dass sie Recht hatte, aber sie war noch schlicht zu jung um die Konsequenzen dieser Freundschaft zu überblicken. Toshiro hatte Angst um sein kleines Mädchen. Die Loyalität zu ihren Freunden hatte sie von beiden Eltern vererbt bekommen. Natürlich war das eine gute Eigenschaft, aber sie konnte für Shinobi auch zu einem Problem werden. Als Ninja musste man manchmal auch bereit seinen Kameraden zurückzulassen, wenn die Mission es erforderte. Außerdem fragte sich Toshiro, ob diese Freundschaft all den Mut wert war, den seine Tochter in diese frische Beziehung steckte. Einerseits konnte er nicht verneinen, dass er sie für all diesen Mut bewunderte, denn er hatte die Angst seiner Tochter gesehen. Bis zu einem gewissen Maß war sie in der Lage zu begreifen, was es bedeutete sich gegen den Kazekage aufzulehnen und dennoch wagte sie es. Sie würde später eine starke junge Frau werden, dessen war er sich sicher. Auf der anderen Seite jedoch war Toshiro nicht bereit seine Tochter für das Monster von Sunagakure zu verlieren. Egal wie sehr er versuchte eben dieses nicht zu sein.
 

„Darum geht es nicht, Neria.“, seufzte er. „Du weißt nicht worauf du dich einlässt.“
 

„Freundschaft sollte dann aber nicht enden.“, sagte sie trotzig und stemmte die Hände in die Hüften.
 

„Du kennst ihn doch kaum.“ Toshiros Stimme wurde lauter und er sah wie sie deutlich zusammenzuckte.
 

„Du aber auch nicht! Du kennst ihn kaum. Du hast Gaara nie eine Chance gegeben.“, erwiderte sie ebenso laut wie ihr Vater. Ihre kleinen Nasenflügel zitterten, als sie wütend ausatmete. Auch hier musste Toshiro zugeben, dass sie recht hatte. Er hatte Gaara nie eine Chance gegeben. Sogar war er einer jener Jo-Nin gewesen, die für die Versiegelung von Shukaku in ihm gewesen war. Mit Rao hatte er sich damals heftig darüber gestritten, aber Sunagakure hatte damals einen sehr wackeligen Stand gehabt und hatte wieder Stabilität erlangen müssen. Shukaku erschien ihm damals als einzige Möglichkeit. Vielleicht wollte er deshalb nicht Gaara näher kennenlernen. Er fürchtete sich davor die Ausmaße seiner damaligen Entscheidung zu erfahren. Schließlich war er das Zünglein an der Waage gewesen. Bevor er abgestimmt hatte, hatte es Gleichstand gegeben. Rao, Seto und Hotaru waren allesamt dagegen gewesen. Meisterin Chiyo, Meister Ebizo, der Kazekage und er hingegen dafür. Das hatte für viel Zwietracht zwischen seinen Freunden, seiner Frau und ihm geführt, aber am Ende hatten sich die anderen geschlagen geben müssen. Nun begann er allerdings sich zu fragen, ob es die richtige gewesen war. Ohne Shukaku wäre die Freundschaft seiner Tochter zum jüngsten Sohn des Kazekage eine wundervolle Sache.
 

„Neria, ich diskutiere nicht mit dir darüber. Du kommst jetzt mit nach Hause und dann sehen wir weiter.“
 

„Nein!“ Ihre Augen funkelten ihn an und sie reckte trotzig das Kinn nach vorne.
 

„Keine Widerrede. Es ist genug.“
 

„Ich gehe zu…“ Es knallte und Neria taumelte erschrocken zurück. Mit weitaufgerissenen Augen starrte sie ihren Vater an, der ebenso erschrocken war wie sie. Noch nie hatte er seine Tochter geohrfeigt, aber er wusste nicht mehr wie er gegen ihre Sturheit ankommen sollte. Er fühlte sich machtlos ihr gegenüber. Er wollte sie doch bloß beschützen. Warum verstand sie es nicht?
 

Sofort kniete er sich zu ihr hinunter und nahm sie in den Arm.
 

„Neria, es tut mir leid. Ich sorge mich doch bloß um dich. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert.“, flüsterte er leiser und man hörte erstickte Tränen in seiner Stimme. Neria verstand ihn sogar zum Teil, doch warum versuchte er nicht auch sie zu verstehen?
 

„Papa…“
 

„Lass uns nach Hause gehen.“ Ohne weitere Widerworten eine Chance zu geben, nahm er ihre Hand und führte sie nach Hause. Unter heftigen Protesten seiner Tochter schickte er sie auf ihr Zimmer. Irgendwann sah Neria ein, dass es hoffnungslos war. Ihr Vaters Wille sie zu beschützen machte ihn blind und taub gegenüber ihren Wünschen. Jedes Argument würde an diesem Drang abprallen. Seufzend ließ sie sich auf ihr Bett nieder und schlang die Arme um ihre Beine. Sie sorgte sich um Gaara. Sie wusste nicht was geschehen war, aber es musste mehr als der tägliche Horror gewesen sein. Er hatte ausgesehen, als wäre er einem Geist begegnet. Einem, der nicht in seinem Körper lebte. Alles in ihr schrie, dass sie nicht aufgeben durfte. Ihr Freund brauchte sie nun und sie müsste kämpfen, doch sie wusste nicht mehr weiter. Sie war doch erst sechs Jahre alt? Was konnte sie denn schon tun. Ihre Grenzen wurden ihr doch schon von ihren Eltern gesetzt. Die Gesetzte der Welt konnte sie nicht ändern. Aber war das ein Grund, warum es ihr erlaubt war aufzugeben? Oder bedeutete nicht Freundschaft, dass sie dennoch gegen die Mauern anrannte? Vermutlich ja, aber sie fühlte sich dem nicht gewachsen. Wenn sie ehrlich war, fühlte sie sich überfordert und ihr war zum Heulen zu Mute.
 

Schluchzend vergrub sie den Kopf in den Knien und sie wurde wütend auf sich selbst. Sie wollte eine Kunoichi werden, da konnte sie doch jetzt nicht heulen. Hastig wischte sie sich die Tränen aus den Augen. Nein, wenn sie sich weiterhin im Spiegel ansehen wollte, dann durfte sie nun nicht weichen. Entschloss hob sie den Kopf. Jetzt war nicht die Zeit um zu verzweifeln, sondern nun war die Zeit zu handeln.
 

Abrupt stand Neria auf und schlich leise zu ihrem Fenster. Hastig öffnete sie es und kletterte auf die Fensterbank. Zum Glück befand sich ihr Zimmer im ersten Stock und sie somit ungefähr drei Meter oberhalb des Bodes. Es würde zwar kein schöner Aufprall werden, aber mit den erlernten Techniken würde sie sich nichts tun. Trotzdem bekam sie ein mulmiges Gefühl, als sie zu Boden blickte und schluckte leicht. Einige Augenblicke später jedoch kratzte sie all ihren Mut zusammen, holte noch einmal tief Luft und sprang dann. Mit einem Aufschlag, der gefühlt ihre Knochen erzittern ließ, landete sie auf den Boden. Kurz klingelte es in ihren Ohren, doch nachdem sie den Kopf kurz geschüttelt hatte, war alles wieder normal.
 

Sie rappelte sich auf und blickte noch einmal kurz zu ihrem Fenster hinauf. Das schlechte Gewissen meldete sich kurz in ihr. Sie wollte sich wirklich nicht der Anordnung ihrer Eltern widersetzen, doch Gaara hatte Niemand anderen, der ihm nun beistand. Was auch immer geschehen war. Yuri wusste davon schließlich noch nichts. Also lag es an ihr, ihren Freund beizustehen. Die Frage allerdings, die ihr erst jetzt in dem Sinn kam, war, wo sie ihn überhaupt finden würde. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Gaara Schutz in der Villa des Kazekage suchen würde. Der einzige Ort, der ihr in den Sinn kam, war der Spielplatz an dem sie ihn kennengelernt hatten. Schließlich kam Neria zu dem Schluss, dass sie keine andere Idee hatte. Es war somit die beste Möglichkeit, die sie hatte und so machte sie sich auf dem Weg. Dieses Mal rief sie seinen Namen nicht um nicht schon wieder ungewollte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
 

Fünf Minuten später erreichte sie völlig außer Atmen den Spielplatz, doch er war vollkommen verlassen. Einsam schwang eine der Schaukeln im Wind und Sand bewegte sich über den Boden. Enttäuscht ließ Neria die Schultern sinken, doch dann bemerkte sie etwas in den Augenwinkeln. Auf dem kleinen Trampelpfad, der an dem Spielplatz vorbeiführte, sah sie etwas glitzern. Sie drehte sich um und lief hin. Was sie sah, verschlug ihr die Sprache. Vor ihr im Sand waren mehre rote Blutflecken, welche allmählich zu trocknen begannen. Was war hier nur geschehen? Für einen einfachen Sturz war es zu viel Blut. War das der Grund gewesen, warum Gaara so verstört gewirkt hatte? Hatte Shukaku wieder jemanden angegriffen? Ihr Herz begann zu rasen und ein Knoten bildete sich in ihrem Hals.
 

„Oh, Gaara…welche Last trägst du nur?“, flüsterte sie, als sie sich niederkniete um das Blut zu betrachten. Sie glaubte mittlerweile fest daran, dass Gaara in diesem Vorfall verwickelt gewesen war. Prügeleien waren unter den Kindern von Sunagakure mehr als unüblich. Sie schloss die Augen und spürte wie ihr Herz schwer wurde. Warum nur musste diesem armen Jungen nur so etwas angetan werden? Das konnte sie einfach nicht verstehen. Ihr wurde noch einmal mehr bewusst, dass sie ihn nun finden musste. Der einzige andere Anhaltspunkt, der ihr in den Sinn kam, war die Kazekage Villa. Eigentlich hatte sie gehofft nicht dorthin zu müssen, allerdings schien ihr keine andere Wahl zu bleiben.
 

Wieder einmal kratzte Neria all ihren Mut zusammen und nahm kurz auf das riesige Haus im Zentrum ihrer Welt. Bedrohlich baute es sich am Horizont auf und in ihrer kindlichen Fantasie erschien es ihr beinah wie ein Monster. Sie schluckte, doch setzte strammen Schrittes ihren Weg fort. Jedoch sollte sie die Villa nicht erreichen.
 

Gerade, als sie die letzte Seitengasse passierte, die vor der Villa lag, schlangen sich Arme um sie und zogen sie zurück. Erschrocken keuchte Neria auf und wirbelte herum. Sie sah in die sanften, grünen Augen von Hotaru. Die Mutter ihrer besten Freundin kniete sich zu ihr herunter und umfasste sanft ihre Arme.
 

„Nea, bitte geh dort nicht hin.“
 

„Du verstehst nicht, Hotaru!“, rief Neria verzweifelt aus und begann sich gegen die Hände an ihren Armen zu wehren. „Etwas ist mit Gaara passiert. Bitte, lass ich zu ihm!“
 

„Ich verstehe deine Sorgen, Nea, aber der Kazekage ist bereits genug. Wir sollten ihn nicht weiter provozieren.“
 

„Du weißt davon?“, fragte sie erstaunt. Hotaru nickte.
 

„Er war vorhin bei uns und meinte wir sollen dafür sorgen, dass ihr euch von Gaara fernhaltet.“
 

„Aber wieso?“ Ihre Stimme klang verzweifelt. Ihre Augen begannen zu zittern. All das wurde ihr zu viel. Sie wollte doch einfach nur ihrem Freund beistehen, doch es stellte sie vor unerwartete Herausforderungen. „Ich will ihm doch nur helfen.“
 

„Das ehrt sich auch, Neria.“, sagte Hotaru ruhig und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Aber das kannst du morgen ebenso. Wir sollten den Kazekage heute nicht weiter verärgern. Auch wenn ich froh bin, dass Gaara in euch Freundinnen gefunden hat, so ist es doch gefährlich.“
 

„Ich weiß.“, flüsterte Neria leise und senkte ihren Blick. „Aber was für Freunde wären wir, wenn wir nun zurückschrecken?“
 

„Das sollst du ja gar nicht.“ Die Stimme von Yuris Mutter blieb ruhig. „Ihr sollt es nur vertagen auf morgen, wenn sich die Situation beruhigt hat.“
 

„Weißt du, was passiert ist, Hotaru?“ Die schwarzhaarige Frau schüttelte den Kopf.
 

„Nein, ich weiß nichts.“, sagte sie leise. „Aber ich weiß es ist nichts, was sich nicht morgen auch regeln lässt. Bitte, Neria. Lass es ruhen für heute. Komm erst einmal mit zu uns und lass uns mehr Informationen einholen.“
 

Neria sah die Sorgen in den Augen ihrer Zweitmutter. Schließlich willigte sie ein. Würde sie dem Kazekage nun begegnen, würde die Situation vermutlich eskalieren. Vielleicht war es sinnvoll, dass sich zunächst ihre Eltern dieser Situation annahmen.
 

„Okay…“, gab sie klein bei und versuchte das nagende, schlechte Gewissen zu ignorieren, was sich sofort meldete. Hotaru hingegen stand auf und nahm ihre Hand um sie mit zu sich nach Hause zu nehmen. Kurz blickte Neria noch zu der Villa des Kazekages, dann folgte sie ihr.
 

~*~
 

Wenige Minuten später betrat Neria auf Hotaraus Geheiß hin das Zimmer von Yui. Das schwarzhaarige Mädchen blickte von ihrem Zeichenblock auf und strahlte, als es seine beste Freundin erblickte. Yuri dachte, dass Nerias Eltern auf Mission wären und sie wie so häufig bei ihr übernachten würde.
 

Als Neria allerdings den Kopf hob, bemerkte sie sofort ihren finsteren Blick. Ärger, Frustration und Verzweiflung hatten die Lebensfreude in den blauen Augen erstickt. Soweit Yuri sich erinnerte, hatte sie noch nie solch einen harten Ausdruck in den Augen ihrer Freundin gesehen.
 

„Nea, was ist passiert?“, fragte sie besorgt und sah wie Neria als Antwort mit dem Kiefer mahlte. „Nea?“
 

Yuris Stimme wurde zögerlicher, als Neria mit schweren Schritten auf sie zuging. Sie seufzte verstimmt, als sie sich neben Yuri niederließ. Jedoch antwortete sie nicht sofort. Stille hing schwer zwischen ihnen und ließ die Luft und Zeit zäh erscheinen. Statt Yuri aufzuklären, starrte Neria in das Nichts und hielt sich in der Welt ihrer Gedanken auf. Um ehrlich zu sein nahm Neria ihre Freundin gar nicht richtig wahr. Ihr Blick war von den rasenden Gedanken in ihrem Kopf getrübt. Sie wusste nicht woher diese dunkle Ahnung kam, die sich wie ein Schatten über sie legte, jedoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie bald entscheiden würden, welcher Natur ihre Freundschaft zu Gaara war. Handelte es sich hierbei um Neugierde oder schlimmer gar um Mitgefühl oder um eine Freundschaft, die selbst einen Sturm überwand? Sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Test ihnen nun bevorstand. Jedoch waren ihre Eltern dabei diesen nach ihren eigenen Vorstellungen zu entscheiden und das gefiel Neria nicht.
 

„Etwas ist mit Gaara vorgefallen.“, erklärte Neria endlich trocken und sah ihre Freundin mit ernsten Augen an.
 

„Wie meinst du das?“
 

„Vor ungefähr zwei Stunden lief er vor meinem Fenster vorbei. Er wirkte völlig erschüttert und verängstigt. Ich bin ihm hinterhergeeilt, doch er war schon fort.“, begann sie zu erzählen. Yuri hingegen stützte ihren Kopf auf ihre Hände und hörte ruhig zu. „Ich wollte ihn suchen, doch sowohl der Kazekage als auch Papa hielten mich auf.“
 

„Ist Kazekage-sama noch immer gegen unsere Freundschaft mit ihm?“
 

„Mehr denn je.“ Neria schluckte und verbarg kurz verzweifelt den Kopf in den Händen. „Und ich denke etwas mit dem zu tun, was geschehen ist.“
 

„Denkst du Gaara hat Jemanden umgebracht?“, flüsterte Yuri und erbleichte schlagartig. Allein der Gedanke jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Er erschien so irreal und wollte einfach nicht zu dem Bild passen, welches sie von Gaara hatte. Er hatte ein sehr sanftes Wesen, welches sie je kennengelernt hatte. Vermutlich war er deswegen solch ein leichtes Opfer für das Monster war.
 

„Entweder das oder aber schwer verletzt. Ich bin ein zweites Mal von Zuhause ausgebüxt um ihn zu suchen. Ich habe Blut am Spielplatz entdeckt. Viel Blut.“ Äußerlich blieb Nerias Stimme sachlich und ihre Augen ungerührt, doch Yuri kannte sie besser. Neria wurde stets so, wenn sie die Nacht der Emotionen nicht anders ertragen konnte. Es war ihr letzter Schutzmechanismus, bevor sie zusammenbrach. Die Ruhe vor dem Sturm.
 

Plötzlich trommelte Sand gegen die Fensterscheibe von Yuris Kinderzimmer. Beide Kinder erschraken und liefen zum Fenster. Der Himmel über Sunagakure hatte sich schlagartig verdunkelt. Ein Sandsturm war aufgezogen und wütete durch das Dorf. Weder Neria noch Yuri mochten es, wenn diese Urgewalt ihre Welt vereinnahmten und für kurze Zeit verschlangen. Sie fürchteten sich vor dem Ungeheuer der Wüste wie sie es nannten. Instinktiv rutschten die beiden Kinder näher zusammen, während sie beobachteten wie die einst mächtigen Steine wieder zur Gefahr wurden.
 

In weiter Ferne hörten sie dann ein schmerzerfülltes Heulen. Es war tief, beinah grollenden und urtümlich. Verwundert sahen sich die beiden Mädchen an. Dies war keines der typischen Geräusche, die ein Sandsturm üblicherweise machte. Dieses war animalisch und fremd gewesen. Das dunkle Grollen schien die Häuser erzittern zu lassen. Neria und Yuri streckten und verbogen sich um irgendwie aus dem Fenster. Auf einmal erstarrte Neria und ihre Augen weiteten sich. In weiter Ferne, beinahe am anderen Ende des Dorfes, zeichnete sich ein riesiger Schatten vom Sturm ab. Neria konnte nicht genau sagen, woran die Form sie erinnerte, doch es lebte eindeutig, denn die Konturen wanden und veränderten sich.
 

„Yuri…“, flüsterte sie und deutete auf die Ecke. Yuri blickte in die angedeutete Richtung und kniff die Augen zusammen um etwas zu erkennen. Dann jedoch zog sie tief die Luft ein. „Shukaku…“
 

„Da…Das ist das Monster, was in Gaara lebt?“ Erschrocken drehte sich Neria zu ihrer Freundin um, die nickte.
 

„Papa hat mir erzählt, dass Shukaku das Aussehen eines Maderhundes hat.“
 

„Oh Gott, Gaara…“, stieß Neria keuchend aus. „Was ist bloß passiert, dass ihn so aufgewühlt hat?“
 

~*~
 

Was Neria und Yuri nicht wussten, war, dass Nerias Eltern unten im Wohnzimmer saßen um zusammen mit Hotaru Kriegsrat zu halten. Den Eltern war bewusst, dass die Situation immer gefährlicher wurde und sie nun wirklich einschreiten mussten. Die Frage jedoch war in welcher Art. Würden sie sich hinter ihre Kinder stellen und sich gegen den Kazekage auflehnen oder sollten sie ihre Kinder vor einer potentiellen Gefahr schützen? Ratlos saßen die Drei um den Tisch und hielten ihren dampfenden Tee in der Hand.
 

„Gaara hat also Mara schwer verletzt…“ Schließlich war es Hotaru, die die angespannte Stille durchbrach. Toshiro seufzte schwer und strich sich durch sein kurzes, blondes Haar, bevor er nickte. „Was ist denn genau geschehen?“
 

„Ich weiß es nicht genau.“ Toshiro schlug ein Bein über und umfasste das Knie mit seinen Händen. „Ich war nur zufällig dabei, als sie zu Seto gebracht wurde. Soweit ich gehört habe, wollte die Kinder nicht mit ihm spielen und rannten weg. Da ist Shukaku eingeschritten und Mara attackiert. Bloß wegen Yashamarus beherzten Eingreifen konnte er wieder zur Besinnung gebracht werden.“
 

Stille herrschte im Raum ebenso wie im Zimmer über ihnen. Jeder Elternteil fühlte sich nicht wohl bei diesem Gespräch. Alle hatten durch ihre Kinder einen anderen, unvoreingenommenen Blick auf Gaara bekommen. Sie bereuten ihre Entscheidung von früher, doch das Wohl ihrer Kinder ging noch immer vor und dafür mussten sie vermutlich Gaara in den Abgrund stürzen.
 

„Ich muss wohl nicht sagen, dass Kazekage-sama diese Freundschaft nicht duldet.“, fuhr Nerias Vater fort.
 

„Nein…“ Hotaru schüttelte den Kopf und seufzte schwer. „Dabei verstehe ich nicht warum. Ich habe sie ab und an beobachten können. Yuri und Neria scheinen ihm gut zu tun.“
 

„Vermutlich befürchtet er, dass sie Gaara vermenschlichen.“ Rao nahm einen Schluck von ihrem Tee und starrte gedankenverloren in die Küche. „Dass er später keine Waffe mehr sein kann.“
 

„Wie falsch das klingt.“, sagte Hotaru niedergeschlagen und fuhr sich durch ihren schwarzen Bob. „Ein Kind als Waffe…als Rettung für unser Dorf, doch im Endeffekt haben wir nur drei gequälte Seelen.“
 

Rao nickte bekümmert.
 

„Dennoch müssen wir uns überlegen wie wir damit umgehen. Gaara ist eben nicht ein normaler Junge, sondern durchaus eine potentielle Gefahr.“ Beide Frauen sahen ihn etwas bedröppelt an, als Toshiro sie in die Realität zurückholte. Nerias Vater war schon immer eher ein Pragmatiker gewesen und war nicht so sensible wie die Frauen.
 

„Ich finde wir sollten weiter abwarten.“, sagte Hotaru und nahm einen Schluck Kamillentee. „Es ist furchtbar, was mit Mara passiert ist. Daran besteht kein Zweifel. Allerdings war das nicht Gaara, sondern Shukaku.“
 

„Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er vielleicht irgendwann Neria oder Yuri angreift.“, entgegnete Toshiro entscheiden.
 

„Bisher hat er das aber nicht.“, wandte Rao ein und blickte ihren Mann an. „Und ich glaube, dass die Wahrscheinlichkeit mit der Zeit sinken wird. Immerhin wird die Bindung zwischen ihnen immer stärker werden.“
 

„Zudem werden unsere Kinder später ohnehin in Gefahr sein, sollten sie tatsächlich Kunoichi werden so wie sie es sich wünschen. Wir können sie nicht immer beschützen.“
 

„Dennoch sollten wir einen Plan haben für den Fall, dass Gaara eines Tages Shukaku nicht mehr kontrollieren kann. Was tun wir dann?“ Fragend blickte Toshiro zwischen Hotaru und Rao hin und her. Beide blickten bekümmert drin.
 

„Dann müssen wir den Plan durchziehen, den wir ohnehin schon gemacht haben.“, sagte Rao langsam und es war ersichtlich, dass ihr dieser Gedanken Unbehagen bereitete.
 

In diesem Moment zog der Sandsturm auf und hämmerte gegen die Fensterscheiben. Die Erwachsenen blickten sich verwundert an. In den vorherigen Stunden hatte auf einen Sandsturm hingedeutet. Ein ungutes Gefühl breitete sich kollektiv in dem Bewusstsein der Erwachsenen aus. Hotaru, die besonders empfänglich für die feinen Emotionsveränderungen in der Umgebung war, lief ein Schauer den Rücken hinunter. Etwas hatte sich verändert. Die Stimmung von Sunagakure hatte sich schwarz verfärbt und auch dann vernahmen sie das tiefe, schmerzerfüllte Gebrüll, was die Luft erzittern ließ. Entsetzt starrten sie sich an. Beinah wie versteinert saßen sie da, denn sie ahnten, was dieser Schrei zu bedeuten hatte.
 

Nur wenige Augenblicke später stürzte Seto zur Eingangstür. Keuchend stützte er sich am Türrahmen ab und seine Kleidung klebte ihm an Körper. Er musste in einem wahnwitzigen Tempo, selbst für Ninjastandards, hergerannt sein. Mit Angst in den Augen wandten sich die weiteren Erwachsenen zu ihm um.
 

„Wir müssen den Plan umsetzen. Sofort!“, stieß Seto nur mühsam zwischen seinen schnellen Atemstöße hervor. Hotaru stand sofort auf und eilte zu ihrem Gatten hinüber.
 

„Aber warum, Seto? Was ist geschehen?“ Hotaru war bewusst, dass etwas wahrlich Schreckliches geschehen war, denn er war stets gegen den Plan gewesen.
 

„Kazekage-sama…hat das Experiment mit Gaara…“ Langsam kam Seto wieder zu Luft. „…als gescheitert eingestuft und befahl Yashamaru ihn zu töten.“
 

„Was?“ Hotaru erbleichte und auch den Eltern von Neria lappte die Kinnlade herunter. Sie konnten es nicht glauben, dass der Kazekage das nun offiziell verkündet hatte und sogar Gaaras Onkel mit dem Mord zu beauftragen. Es war klar, dass es darum ging möglichst großen Schaden an der Psyche des Jungen zu verrichten, denn Yashamaru würde keine Chance haben Gaara zu töten. Es sollte darum gehen Gaara in seinen Grundfesten zu erschüttern und ihm das Gefühl der Liebe für immer auszutreiben. Hoffte der Kazekage so doch noch an seine Waffe zu kommen? Nun wurde auch klar, was das Gebrüll gewesen war. Gaara hatte sich vollständig verwandelt und Shukaku freigelassen.
 

„Yashamaru ist tot?“, wiederholte Rao ungläubig und der braunhaarige Mann nickte.
 

„Gaara hat ihn getötet, wenn auch in Unkenntnis seiner Identität. Ich denke wir wissen alle, was das für unsere Kinder bedeutet.“ Ja, es war ihnen allen bewusst. Yashamaru war alles für Gaara gewesen, bevor er ihre Töchter kennengelernt hatte. Sein Onkel wurde für Gaara die Definition von Liebe, denn er war der Einzige, die sie ihm zeigte. Etwas Anderes kannte er nicht. Sie wussten auch, dass Gaara ihn über alles geliebt hatte. Immerhin war er die einzige freundliche Person, die keine Angst vor ihn hatte. Bei ihm hatte Gaara sich wohlgefühlt und Yashamaru war der Einzige gewesen, der ihn hatte kontrollieren können. Nun hatte der Kazekage bewusst dieses letzte Kontrollwerkzeug aufgegeben und gar gegen ihn verwendet. Nun würde Gaara glauben, dass es keine Liebe für ihn gab. Dass jeder sie nur vorspielte und am Ende sich gegen ihn wenden würden. Für Gaara würde diese aufhören zu existieren und das brachte auch ihre Kinder in Gefahr. Der arme Junge würde in diesem Moment zerbrechen und die Gefahr war groß, dass er sich nun gegen Neria und Yuri wenden müssten.
 

In diesem Moment hörten die besorgten Eltern wie ihre Kinder seinen Namen riefen. Auch ihnen war bewusstgeworden, dass das Monster im Zentrum on Sunagakure ihr Freund war, der außer Kontrolle geraten war. Die Eltern mussten nun handeln oder aber ihre Kinder würden davonlaufen und nicht mehr lebend zurückkehren.
 

Hotaru straffte ihre Körperhaltung und nickte niedergeschlagen ihren Freunden zu. Den Plan Umzusetzen war ihre Aufgabe. Schließlich ging sie die Treppe hinauf und trat in das Zimmer ihrer Tochter. Gerade noch rechtzeitig. Sowohl Neria als auch Yuri hantierten schon mit dem Fenster herum. Sie konnte es ihnen noch nicht einmal übelnehmen. Sie in ihrem Alter hätten für Toshiro, Seto oder Rao das Gleiche getan.
 

„Ihr könnt jetzt nicht zu ihm.“, sagte sie sanft und ging auf die Kinder zu. Diese erstarrte, da sie ertappt wurden und drehten sich hastig um.
 

„Aber Mama…etwas Schreckliches ist passiert.“, sagte Yuri verzweifelte und gestikulierte wild mit den Armen. „Wir müssen ihm helfen.“
 

„Das verstehe ich.“ Noch immer blieb Hotarus Stimme ruhig und sie begann mit ihrem Jutsu die Stimmung etwas zu manipulieren. Die Kunoichi hatte die Fähigkeit in kleinem Maße die Stimmung in einem Raum in eine gewisse Stimmung zu verändern. Emotionen waren auch nichts Anderes als Schwingungen, die Energie erzeugten und diese konnte Hotaru lenken. Es waren nur feine Nuancen, doch waren oft bei Verhandlungen nützlich oder um Eskalationen vermeiden. Die betroffenen bemerkten die Beeinflussung nicht. Auch hier nutzte sie ihr Kekkegenkai um die Kinder zu beruhigen. „Aber selbst ihr könnt momentan nicht zu Gaara durchdringen. Shukaku hat vollkommen die Kontrolle übernommen.“
 

„Dann müssen wir erst recht zu ihm.“, protestierte Neria. „Was, wenn er ihm was antut. Vielleicht können wir zu Gaara durchdringen.“
 

Hotaru schüttelte traurig den Kopf.
 

„Das könntet ihr nicht, aber ich kann euch beruhigen. Shukaku würde Gaara nicht töten. Sollte Gaara sterben, muss er wieder in ein Tongefäß zurück und ist noch mehr eingesperrt als jetzt. Das würde er nicht riskieren.“
 

„Aber Mama…“, schniefte Yuri. „Gaara wird unter den Folgen leiden. Egal wie es ausgeht. Er wird sich hassen.“
 

„Ich weiß, meine Kleine.“ Hotaru hockte sich vor ihn und legte die Arme um beide Kinder. „Aber ich bitte euch jetzt nicht zu gehen. Shukaku würde euch etwas antun und das würden wir nicht ertragen. Der Kazekage wird nicht zulassen, dass er dem Dorf schadet. Überlasst das bitte ihm. Morgen könnt ihr zu Gaara und ihm helfen mit den Folgen fertig zu werden.“
 

Neria und Yuri zögerten, doch eigentlich war es auch egal. Hotaru musste nur ein gewisses Level an Ruhe erzeugen, damit sie den Plan umsetzen konnte. Schließlich aber nickten Neria und Yuri zu ihrer Überaschung und das machte die Umsetzung des Plan umso schwerer.
 

„Ich danke euch…“, flüsterte Hotaru und umarmte beide fest. Zärtlich umfasste sie die Hinterköpfe der Kinder und fuhr fort: „Es tut mir leid.“
 

Mit diesen Worten leitete sie gezielt Chakra in die Köpfe der Kinder. Die Kinder versteiften sich für den Bruchteil einer Sekunde, dann sackten sie bewusstlos in die Arme der traurigen Mutter. Kurz küsste Hotaru in die Haare der beiden. Die Ohnmacht würde nicht lange andauern, doch wenn sie wieder aufwachten, würden Neria und Yuri sich nicht mehr an ihr Leben in Sunagakure erinnern.

7. Kapitel: Ein neuer Lebensweg

7. Kapitel: Der neue Lebensweg
 

„Suiton, Teppodama.“

Shikamaru Nara sah die Wasserkugel auf sich zu fliegen, bevor ihre Wucht ihn zu Boden warf. Schnaufend blickte er auf, doch seine nassen Haare hatten sich aus seinem Haarband gelöst und versperrten ihm die Sicht. Er konnte nur vermuten, dass Neria grinsend vor ihm stand und den Ball unter den Fuß geklemmt hatte.

„Das ist voll unfair, Neria.“, maulte er und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Tatsächlich stand das blondhaarige Mädchen vor ihm. Ein vernichtender Blick seinerseits war die Antwort, während er das Wasser von seiner Hand schüttelte.

„Ach, und als du mich mit deinem Kagemane no Jutsu festgehalten hast, war das was andres?“, erwiderte sie keck und reckte den Kopf vor.

„Jetzt stell dich nicht so an, Shikamaru. Du bist doch nur nass.“, stöhnte Kiba Inuzuka, der die Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte. Sein Hund Akamaru schaute neugierig aus seiner Weste hervor. „Du suchst doch nur einen Vorwand um abzubrechen.“

„Ach ja?“

„Wir kennen dich, Nii-san. Leugnen ist zwecklos.“ Yuri verschränkte locker ihre Arme, während die anderen zustimmend nickten. Shikamaru war mit Yuri und Neria seit ihrem sechsten Lebensjahr befreundet und obwohl er stets genervt tat, so schätzte er die Mädchen sehr. Im Gegensatz zu den meisten anderen waren sie nicht immer anstrengend.

Yuri hatte er als erstes kennengelernt, nachdem sie nach langer Krankheit und schwachen Immunsystem endlich hinausdurfte. Zu ihr hatte er neben Choji Akimichi, seinem anderen Jugendfreund, die stärkste Bindung. Die Tochter des Kinou Clans war ruhig und besonnen, während Neria vor Lebensfreude und Energie strotzte.

„Ich kann dich allerdings auch trocknen.“ Das Grinsen auf Nerias Gesicht wurde immer breiter und Shikamaru rutsche wohlweislich etwas von ihr weg.

„Untersteh dich! Ich will nicht in die Nähe deines Katon kommen.“

„Dann mache ich es halt.“ Nun ging Yuri auf ihn zu und schob die Ärmel hoch. Shikamaru zog eine Augenbraue hoch.

„Dein Fuuton ist auch nicht besser, Yuri.“

Für einen Moment sahen sich die beiden Freundinnen an, doch dann lachte Neria laut und hielt ihm die Hand hin.

„Na komm, lass uns weiterspielen.“ Ergeben seufzend ließ sich Shikamaru hochziehen. Kiba hatte Recht gehabt. Er hatte nur nach einer Möglichkeit gesucht um aus den Fußballmatch herauszukommen. Allerdings auch eher, weil es einfach seine Art war und nicht, weil es ihm keinen Spaß machte.

Es war ein warmer Tag wie so oft in Konohagakure. Die Leute liefen beschäftigt, aber entspannt durch die Straßen. An Tagen wie diesen trafen sich die Fünf immer um den Tag zusammen zu verbringen. Meist endete es damit, dass sie Ball spielten und anschließend sich im Grad niederließen um zu entspannen. Shikamaru musste zugeben, dass es Schlimmeres gab. Einen Tag zu Hause mit seiner Mutter zum Beispiel.

Schließlich klopfte er sich den Sand von der Hose und lächelte. Abwartend sahen ihn seine Freunde an und er nickte. Neria begann zu strahlen und spielte sofort den Ball zu Yuri, die auf das Tor zustürmte in dem Choji stand, der noch hastig versuchte seine Chipstüte zu verstauen.

Bald war das Spiel wieder so fröhlich wie zuvor und ihre Rufe und Gelächter erfüllten Konoha mit der Lebensfreude, was dessen Essenz war. Das Dorf versteckt hinter den Blättern war ein wundervoller Ort um aufzuwachsen. Ebenso wie die meisten Tage hier, waren auch die Atmosphäre und Menschen warm und friedlich. Geschützt von hohen Mauern und dichten Wäldern, waren die Einwohner behütet. Kaum etwas erinnerten an den Großen Ninjaweltkrieg, der erst vor fünfzehn Jahren gewütet hatte. Die Narben waren kaum mehr sichtbar und nur noch tief in den Seelen der Erwachsenen verborgen. Für die Kinder hingegen war er bloß ein Phantom. Nicht mehr als ein Schauermärchen, was ihre Eltern kaum mehr erzählten. Konoha war für sie der Inbegriff von Sicherheit und Spaß. Der dritte Hokage hielt schützend seine Hand darüber und sorgte dafür, dass es so blieb.

Im Dorf sprachen alle ehrfurchtsvoll vom Hokage. Der alte Mann war weise und voller Güte. Alles was für ihn zählte, war es den Frieden und den Willen des Feuers zu bewahren. Die Menschen sollten sich gegenseitig respektieren und unterstützen. Es war ihm wichtig, dass die Einwohner glücklich waren.

Neria und Yuri liebten ihr Leben in dem Dorf und konnten es kaum erwarten mit ihren dreizehn Jahren bald etwas zurückgeben zu können.

Als Neria gerade zum Torschuss ansetzte, sah sie etwas aus den Augenwinkeln. Sie stoppte den Ball unter ihrem Fuß und sofort erstarb das Spiel. Ihr Blick glitt nach links. Am Fuß der Treppe, die zum Fußballplatz führte, stand ein Junge mit blondem Wuschelhaaren und meeresblauen Augen. Sehnsüchtig und traurig schien er sie seit einiger Zeit zu beobachten. Neria kannte ihn. Ihr Blick glitt zu Yuri, die ihn sofort erwiderte. Das blondhaarige Mädchen nickte und Yuri tat es ihr nach.

„Hey, Naruto!“, rief sie und hob den Arm, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. „Willst du da den ganzen Tag rumstehen oder spielst du endlich mit?“

Naruto Uzumaki ging mit ihnen gemeinsam zur Ninjaklasse und war von ihnen allen der Schlechteste. Soweit Neria und Yuri wussten, waren seine Eltern bei seiner Geburt gestorben und er lebte alleine. An sich war er unauffällig, doch viele Erwachsenen fürchteten ihn und verbaten ihre Kinder mit ihm zu spielen. Ihre Eltern jedoch nicht und Neria und Yuri wussten auch nicht, warum er gemieden wurde. Ja na klar, er konnte manchmal anstrengend und in sozialer Interaktion ungeschickt sein, doch woher sollte er es auch gelernt haben?

„Wirklich? Ihr wollt wirklich, dass ich mitspiele?“ Hastig lief er die Treppe hinauf und auf sie zu. Dann räusperte er sich. „Ich meine, natürlich wollt ihr das. Ich bin großartig. Hehe.“

„Oh man, nun mach nicht so eine große Sache draus.“, murrte Shikamaru und schüttelte den Kopf. „Spiel einfach mit.“

„Also, du spielst bei Yuri und mir mit. Die Jungs sind eh in der Überzahl.“ Mit diesen Worten kickte Neria Naruto den Ball zu. Akamaru bellte aufgeregt und sprang aus Kibas Weste, um mitzuspielen. Noch kurz zögerte der Blondhaarige, sah zu dem schwanzwedelnden Hund, doch dann zuckte er mit den Schultern und spielte zu Neria. Lachend nahm das Mädchen den Ball an und rannte auf das Tor zu. Sofort stürmten Kiba und Akamaru los und versuchten ihr den Ball abzujagen. Neria hingegen warf einen kurz nach hinten und sah wie Yuri Shikamaru hinter sich gelassen. Gekonnt spielte sie mit der Fußspitze den Ball in die Luft, sprang hinterher und kickte den Ball zu ihr hinüber. Die beiden Mädchen kannten sich auswendig und so war es nicht verwunderlich, dass Yuri den Ball ohne Probleme annehmen konnte. Naruto hingegen stand mittlerweile in Torschussweite und wedelte aufgeregt mit den Armen. Choji hingegen versuchte verzweifelt auszumachen, welcher der Drei schießen würde und wann. Es war immer wieder das Gleiche. Im Fußball hatte eigentlich nur Kiba ein Talent, Choji und Shikamaru spielten bloß mit, weil es den Mädchen so viel Freude bereitete. Okay, es war schon ganz lustig, das würden sie aber niemals zugeben.

Yuri hatte inzwischen Naruto angespielt, der auch ohne Umschweife zum Schuss ansetzte. Leider traf der Ball die Latte und hüpfte in die Hälfte seiner Mannschaft zurück. Niedergeschlagen und entschuldigend sah er zu den Mädchen herüber, doch diese fingen nur an zu lachen und rannte dem Ball hinterher.

„Nicht schlimm, Naruto. Versuch’s nur weiter.“, rief Neria über ihre Schulter, während sie versuchte Kiba den Ball abzujagen. Bald hatte der Junge des Neunschwänzigen genug Selbstvertrauen gefasst um mit aller Kraft für den Sieg seines Teams zu spielen. Schon bald wurden die zugerufenen Kommandos lauter, das Spiel schneller und kämpferischer. Der Ehrgeiz beider Teams war geweckt und keiner wollte verlieren.

Und so wiederholte sich, was vor vielen Jahren einst in Sunagakure geschah. Wieder schlossen Neria und Yuri Freundschaft mit einem Jinchuuriki und halfen diesem mit der Einsamkeit zurechtzukommen, die diesem Status unweigerlich folgte. Dieses Mal jedoch wagten ihre Eltern nicht, das zu verhindern. Zu groß war die Angst von ihnen, dass es die versiegelten Erinnerungen wieder hervorrufen würde. Außerdem schätzten sie Naruto als weniger gefährlich ein, da der Biju mit einem Siegel gebunden war und der Hokage versprochen hatte, dass jeder Shinobi ein Auge auf sie hatte. In diesem neuen Lebensabschnitt durften die Kinder befreundet sein, selbst wenn es wieder ein Jinchuuriki waren. Ihre Eltern hatten ihre Lektion gelernt und außerdem wussten nicht, wohin sie flüchten sollten. Konoha war zwar mit Sunagakure verfeindet gewesen, als sie von Gaara geflohen waren, doch sie hatten mit der Warmherzigkeit des Hokage gerechnet. Zu ihrem Glück- und nach einer Überprüfung von Inoichi Yamanaka, der ihre Geschichte bestätigte- willigte dieser ein ihnen Schutz zu gewähren. Die Shiranuis und Kinous waren sich sicher, dass sie in keinem anderen Shinobi Dorf dieses Glück haben würden.

Plötzlich durchdrang ein strenges Räuspern die Luft, als Yuri gerade zum nächsten Angriff aufs Tor ansetzte.

„Shikamaru, Yuri, Neria.“ Die Angesprochenen erstarrten sofort und zogen schuldbewusst die Schultern hoch, obwohl sie nicht einmal wussten, wofür sie gleich ausgetadelt würden. Sie drehten sich um und erblickten Shikaku Nara, der streng zu ihnen heraufsah. Auch Naruto hielt inne und sah erschrocken zu dem Vater von Shikamaru. Er vermutete, dass er ihnen nun verbieten würde, mit ihm zu spielen. Allerdings hatte Shikaku es Shikamaru bisher nie verboten. Die drei Angesprochenen liefen in der Zwischenzeit allerdings zu dem Erwachsenen. Shikaku betrachtete seinen Sohn und seine beiden Freundinnen. Er konnte sich nicht erwehren zu denken wie groß sie geworden war. Für Shikaku erschien es noch gar nicht lange her, dass Shikamaru ihm seine neuen Freunde vorgestellt hatte, doch mittlerweile war es sieben Jahre her.

„Was gibt es, Vater?“ Shikaku beugte den Kopf und blickte in die fragenden Gesichter des beinah unzertrennbaren Trios.

„Ihr solltet vielleicht etwas leiser sein. Man hört euch durch das ganze Dorf.“

„Was, wirklich?“ Neria sah ihn erstaunt an und Shikaku nickte. „Oh, tut uns leid, Shikaku-san.“

Shikaku schüttelte den Kopf und tätschelte sanft ihren Kopf, was Neria nur mit einem Augenrollen abtat. Sie mochte Shikaku. Er war über die Zeit zu einer Art Onkel für die Mädchen geworden, den sie immer wieder um Rat fragte. Er war sehr besonnen und nahm jedes ihrer Anliegen ernst.

„Aber vielleicht solltet ihr für heute aufhören. Morgen ist immerhin ein großer Tag und ihr braucht eure Kräfte.“

„Stimmt. Morgen werden wir endlich offiziell Ge-Nin.“ Freude strahlte in den Augen von den beiden. Sie waren furchtbar aufgeregt, dass sie morgen die Einteilung in ihre Teams erfahren würden. Natürlich hofften Neria und Yuri in ein Team zu kommen. Es war unwahrscheinlich, da Teams meist aus zwei Jungen und einem Mädchen bestanden, aber vielleicht waren sie ja die Ausnahme. Dass sie nicht mit Shikamaru oder in Choji zusammenkommen würden, war beinahe sicher. Immerhin waren bereits die Eltern von Shikamaru, Choji und Ino in einem Team gewesen und soweit man hörte, harmonierte die Ino-Shika-Cho Formation perfekt. Das würde der Hokage mit ihren Kindern vermutlich wiederholen. Umso spannender war die Frage für Yuri und Neria.

„Ich habe ohnehin Hunger.“, sagte Choji und schüttelte wehleidig den letzten Kartoffelchip aus der Verpackung in seiner Hand.

„Wir haben doch gerade eben erst gegessen.“ Kiba sah ihn genervt an, während er Akamaru wieder in seiner Jacke verstaute.

„Ich habe dennoch Hunger.“, erwiderte der Spross des Akimichi Clans trotzig. Genervt sahen sich Shikamaru, Yuri und Neria an, aber schließlich seufzten sie und drehten sich um.

„Na kommt, genug gespielt. Lasst uns ins Grillhaus gehen. Ich gebe eine Runde aus. Gehört, Choji? Eine.“

„Ich weiß jetzt gar nicht, warum du mich dabei so ansiehst.“, erwiderte Choji. Neria drehte sich zu ihm um und zog bloß eine Augenbraue hoch.

„Sicher doch.“

„Du solltest vielleicht noch definieren, was eine Runde umfasst.“, riet ihr Shikamaru. Schließlich fingen alle an zu lachen und schlenderten in Richtung des Grillhauses. Auch Naruto folgte ihnen nach kurzem Zögern. Wenn die Einladung ihn nicht umfasst hätte, hätten sie sicherlich etwas gesagt.

~*~

Der Mond war aufgegangen und tauchte die Straßen Konohas in ein mystisches, weißes Licht. Weite Schatten veranstalteten ein Schauspiel auf dem Asphalt. Trotz der kühlen Atmosphäre und der späten Stunde ging Neria frohen Mutes nach Hause. Die letzten Stunden hatte sie noch einmal die Freiheit als Kind in letzten Zügen genossen, bevor morgen die schwere Bürde des Shinobi Dasein folgte. Das träumerische Bild, welches sie noch vor einige Jahren vom Ninjadasein hatte, hatte sich in letzter Zeit verflüchtigt. Sie wusste mittlerweile, dass weit mehr dahinterlag als die abenteuerlichen Geschichten ihrer Eltern. Wo es die Sonne gab, so gab es auch dem Mond. Beide waren die Seiten der gleichen Welt. Ihr war bewusst, dass ihr neuer Beruf ihr Leben bestimmen und sie häufig an ihre Grenzen führen. Ein wenig beunruhigen tat es sie schon. Morgen war ein Tag, der ihre Zukunft in eine Weise bestimmen würde, die sie vermutlich noch nicht erkennen konnte. Sie hoffte inständig, dass sie zumindest zusammen mit Yuri ein Team bilden würde. Auch, dass ihre Freunde mit ihnen gemeinsamen diesen Schritt gehen würden. Egal was auch geschehen würde, Shikamaru, Choji, Naruto und Kiba würden an ihrer Seite sein. Sie würde ihre Erfahrungen miteinanderteilen.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund ging Neria einen Weg nach Hause. Sie lebten in Ost Konoha und das grillhaus befand sich westlich der Hauptstraße. Statt wie gewohnt einmal quer durch Konoha zu laufen, hatte sie Naruto noch begleitet, war sie nach Norden gegangen um noch einmal einen Blick auf die Felswand zu werden, aus der die Gesichter der bisherigen Hokage ernst über das Dorf wachten. Sie waren die größten Ninjas, die dieses Dorf je gesehen hatte. Als Neria ihnen so ins Gesicht geblickt hatte, hatte sie sich gefragt, ob sie ihnen und Meister Sarutobi Ehre erweisen würden. Würde sie in der Lage sein ihrem Dorf zu dienen?

Nun wanderte sie durch die verwinkelten Gassen von Ost Konoha gen Süden um zurück nach Hause zu gehen. Erstaunt sah sie sich in dieser noblen Gegend um. An diesem Ort lebten nur die angesehensten Leute von Konoha, da sich das Viertel nah an der Hokage-Villa befand. Sie war kaum durch das Viertel gewandelt, als ihr ein besonderes Anwesen in Auge fiel. Umgeben von einer hohen, weißen Mauer und geschützt durch ein massives Tor aus Eisen, wurde ein gesamtes Gebiet des Viertel vom Rest abtrennte. Hinter ihnen konnte sie nur die Dächer von traditionellen, japanischen Häusern erahnen, die sich dort verbargen. Erstaunt blieb stehen und betrachtete sie es voller Bewunderung. Noch nie hatte sie sowas Prachtvolles gewesen. Sie fragte sich wohl, wer in diesem Gebäude hauste.

Noch für einige Zeit lief sie an der weißen Mauer entlang um dann mit Verwunderung festzustellen, dass das nächste Tor offenstand. Der südliche Anwesenteil was kleiner und weniger beeindruckend, als der nördliche, doch sie waren im gleichen Stil erbaut und gehörten eindeutig zum selben Clan. In diesem Moment bekam sie einen Anflug von Neugierde. Welchem Clan gehörte dieses Anwesen? Als sie hineinspähte, erblickte sie jedoch nichts, was ihr ein Hinweis wäre.

Gerade als sie beschloss nach Hause zu gehen und ihre Eltern zu fragen, vernahm sie ein Geräusch. Irritiert blieb sie stehen und da erblickte sie auf einmal Jemanden. Im hinterem Teil des Anwesens war ein Junge. Der Vollmond stand genau über ihn, sodass sein dunkelbraunes Haar beinah silbern erschien. Fasziniert blieb Neria stehen und beobachtete wie er trainierte. In eleganten, fließenden Bewegungen ging er von einer Kampfposition in die nächste. Es wirkte wie beinah wie ein Tanz und war unglaublich schön mit anzusehen. Beinahe kam das junge Mädchen ins Schwärmen. Noch nie hatte sie einen Kampfstil mit einer solchen Anmut gesehen.

Erst in diesem Moment fiel Neria ein, dass sie ihm schon einmal begegnet war. Es war der Abend gewesen, nachdem Neria ihre Prüfung zum Ge-Nin bestanden hatte. Rao hatte ihr damals die Stoffe für ihr Ninjaoutfit ausgesucht. Ihre Mutter hatte ihr versprochen ihr gewünschtes Outfit zu nähen, sobald sie die Prüfung bestanden hatte. Auf dem Rückweg war ihr damals ein Jung aufgefallen, der an ihr vorbeigegangen war. Er hatte lange, braune Haare gehabt und seine Augen waren weiß und ohne Pupillen. Neria erinnerte sich, dass er wie aus einer fremden Welt für sie gewirkt hatte. Obwohl er wohl kaum älter als sie selbst war, wirkte er viel reifer und erwachsener als sie. Alles an ihm hatte Würde und Ernsthaftigkeit aus. Damals hatte sie ihre Mutter gefragt, ob sie wüsste, wer dieser Junge war. Rao hatte ihr erklärt, dass es sich wohl um einen Spross des Hyuuga Clans handelte.

Dann war das hier das Anwesen des Hyuuga Clans. Es war der älteste und mächtigste Clan in Konohagakure. Sie besaßen das mächtigste Kekkegenkai des Dorfes- das Byakugan. Neria wusste nicht wie es funktionierte, noch hatte sie es je in Aktion gesehen, doch was sie von den Erwachsenen hörte, musste es ein starkes Kekkegenkai sein.

„Es ist unhöflich, andere Leute auszuspionieren.“, erklang plötzliche eine kalte Stimme. Neria schrak aus ihren Gedanken und blickte in die nun völlig veränderten Augen des Jungen. Neria zuckte unmerklich bei dem Anblick zusammen. In den sonst leeren, weißen Augen zeichnete sich nun der Schatten einer Pupille ab. Adern traten prominent neben den Augen hervor, die wohl die Anstrengung jener Kunst verdeutlichten. Das war wohl das Byakugan. Ein kalter Schauer lief Neria den Rücken hinab. Auch wenn der Anblick wirklich befremdlich war, so war es doch der Ausdruck, der sie einschüchterte. Es war als würde der Spross sie durchschauen und zwar bis auf die tiefste Ebene ihres Seins. Plötzlich fühlte Neria sich nackt und unbehaglich.

„Wer bist du?“ Seine Stimme wurde noch kälter und schnitt beinahe wie ein Messer durch ihre Haut. Zu sagen, dass er verärgert war, wäre wohl noch eine Untertreibung gewesen. Unwirklich schluckte Neria und versuchte aus dem lähmenden Schrecken zu entkommen. Mit ruhigen Schritten trat der Junge näher an sie heran und musterte sie argwöhnisch. Misstrauen und Verachtung flammten in den sonst schneeweißen Augen. Noch nie hatte sich Neria mit solchen Emotionen konfrontiert gesehen.

„Es tut mir leid.“, sagte sie schnell in der Hoffnung etwas Wohlgesinnung wieder zu erlangen. Denn auch wenn er sie ängstigte, so blieb die Faszination tief in ihr erhalten. „ich hatte nicht vor zu starren. Mein Name ist Neria Shiranui. Ich wohne zwei Blocks südlich von hier. Auf dem Heimweg habe ich dich trainieren sehen und musste einfach innehalten. Dein Kampfstil sah einfach wunderschön aus.“

Neria errötete, als sie begriff, dass sie gerade die volle Wahrheit gesagt hatte. Den letzten Satz hätte sie lieber verschwiegen. Sie hoffte allerdings, dass die Erklärung reichen würde um den flammenden Zorn aus seinen Augen verschwinden zu lassen. Für einen Moment glaubte sie sogar erfolgreich gewesen zu sein, denn die Adern verschwanden wieder und seine Augen wurden wieder gewohnt leer.

„Komm nicht wieder her.“, sagte er jedoch streng und schloss mit einem dumpfen Knall das Tor. Verdatterte starrte Neria auf das silbern schimmernde Metall. Wirklich realisieren was gerade geschehen war. Sie blinzelte irritiert. War das sein Ernst? Was für unhöflicher Kerl. Ihre Augen wurden ernst und mit einem letzten bösen Funkeln in den Augen wandte sich Neria ab. Von so einem Idioten würde Neria sich den schönen Tag nicht vermiesen lassen. Vermutlich würde sie ihn ohnehin nicht mehr wiedersehen. Wenn sie nur wüsste…

Willkommen in der Ninjawelt

8. Kapitel Willkommen in der Ninjawelt

 

Die Sonne schien durch das Fenster und tauchte das typische Mädchenzimmer in einen goldenen Glanz. Es war noch früh am Morgen, aber Neria stand bereits vor dem Spiegel. Aufgeregt hämmerte ihr Herz gegen ihre Brust, als sie auf ihr Outfit schaute, dass an ihrem Kleiderschrank hing. Heute war der Tag auf dem sie sich freute seitdem sie denken konnte. Heute würde sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Das Stirnband von Konoha blitzte auf dem Schreibtisch. Heute begann offiziell ihre Laufbahn als Kunoichi. All das Training, all der Schweiß hatten sich ausgezahlt. In diesem Moment fühlte sie sich glücklich.

Vorsichtig nahm sie ihr Outfit vom Bügel und begann es anzuziehen. Immer wieder fragte sie sich mit wem sie wohl ein Team gründen wird? Wer würde ihre Kameraden werden mit denen sie alles durchstehen würde? Sie würde alles tun um ihnen eine gute Kameradin zu sein und ihr Bestes geben. Das hatte sie sich fest vorgenommen.  Sie würde ihren Weg gehen und Niemanden enttäuschen. Neria wusste nicht warum, aber tief in ihr hatte sie das Gefühl, dass sie niemanden erneut in Stich lassen durfte.

Schließlich streifte sie sich den letzten dunkelblauen Träger ihres Oberteils über ihre Schulter. Einen Moment lang nahm sie sich die Zeit sich zu betrachten. Sie trug ein schwarzes, hochgeschlossenes Top, welches sich eng an ihren Körper schmiegte und dessen Kragen sie mit einem Reißverschluss öffnen konnte. Darüber trug sie ein dunkelblaues Kleid mit weißen Paspeln, dass bis auf ihre Oberschenkel fielen. Es war in der Hüfte gerafft und ein Schlitz bis zur linken Hüfte sorgte für die benötigte Bewegungsfreiheit. Darunter trug sie eine schwarze Leggins an der sie ihre Werkzeugtasche angebracht hatte. Zusätzlich hatte sie sich eine Tasche auf den Rücken gebunden, die um ihre Hüfte festgeschnallt war. Ermutigend nickte sie sich im Spiegel zu. Sie war mit dem Resultat mehr als zufrieden. Der Stoff war weich und doch strapazierfähig. Neria spürte all die Hoffnung und guten Wünsche die ihre Mutter in diese Kleidung genäht hatte.

Neria nahm das Stirnband mit dem Symbol Konohas und strich mit dem Finger über die Gravierung. Viele Male hatte sie sich überlegt, an welcher Stelle sie es tragen würde. Schließlich hatte sie sich doch für die klassische Variante entschieden und band es sich um die Stirn. Ihr langes blondes Haar fiel wild in ihre Augen. Bisher hatte sie ihren langen Pony immer mit einer Spange gezähmt, doch und hatte sie das Gefühl, dass es doch zu kindlich war. Für einen Moment betrachtete sie sich und überlegte wie sie ihr Haar in den Griff bekommen sollte. Mit einem Lächeln nahm sie ihre vordersten Strähnen nach hinten und flocht sie locker ein, sodass sie ihr nicht mehr ins Gesicht fielen. Sie lächelte sich im Spiegel und nickte. Ja, nun sah sie aus wie ein Shinobi. Bereit durch die Tür zu schreiten und in die Welt der Erwachsenen zu treten. Ob sie sich fürchtete? Ein wenig, aber sie wusste, dass ihre Freunde und ihr Sensei auf sie Acht geben würden. Zudem wollte sie etwas für das Dorf tun in dem sie gerne lebte. Sie wollte es und die lieben Menschen beschützen. Noch einmal holte sie tief Luft und sammelte all ihren Mut. Sie war bereit.

Ihre Eltern blickten vom Esstisch auf, als sie die Treppe hinabging.

„Da ist ja meine Kleine.“, sagte Toshiro voller Stolz und Neria meinte sogar einzelne Tränen in seinen blauen Augen glitzern zu sehen. „Ich hole schnell den Fotoapparat.“

„Papa!“, rief sie verlegen aus und errötete. Das war ihr unangenehm. Sicherlich war es großer Tag für sie, aber ihr Vater musste immer daraus eine noch größere Sache machen. Rao sah ihrem Gatten mit einem Schmunzeln hinterher und ihre dunkelblauen Augen blitzten amüsiert.

„Du weißt doch wie dein Vater ist.“, sagte sie sanft und zog ihre Tochter in die Arme. Zärtlich drückte sie Neria einen Kuss ins Haar und flüsterte: „Ich bin stolz auf dich, Schatz. Du wirst eine wundervolle Kunoichi.“

„Glaubst du das, Mama?“

„Wir wissen es.“, antwortete Toshiro, der eben wieder zurückkehrte. Neria lächelte dankbar und nickte. Wenn ihre Eltern an sie glaubte, dann würde alles gut werden.

„Ich muss dann jetzt auch los. Ich will mich noch mit Yuri, Shikamaru und Choji treffen. Wir wollen gemeinsam hingehen.“

„Aber nicht bevor ich mein Foto habe.“

„Papa…“, seufzte Neria ergeben und lächelte. Es dauerte nur wenige Augenblicke bis sie der Blitz blendete, aber ihr Vater schien zufrieden. Er drückte sie fest an sich und küsste ihre Stirn. „Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg.“

„Danke, Papa. Danke, Mama. Ich werde mein Bestes geben, um euch nicht zu enttäuschen.“

„Das wirst du nie.“ Beide ihrer Eltern sahen sie voller Stolz an, der ihr Herz erwärmte. Sie war froh solch liebevolle Eltern zu haben, die sie stets unterstützten.

Hastig zog sie sich ihre hohen Stiefel mit dem Schlitz am Fußgelenk an. Neria lächelte und winkte ihren Eltern ein letztes Mal, bevor sie aus der Tür hinaus in ihre Zukunft stürmte.

~*~

Auf dem Marktplatz im Zentrum von Konoha herrschte reges Treiben. Die verschiedensten Menschen durchquerten ihn auf den Weg zur Arbeit oder erledigten Einkäufe. Neria trat aus eine der Seitengassen. Sie nahm sich gerne hin und wieder die Zeit sie zu beobachten. Sie liebte die Ruhe und den Frieden, die hier herrschte und sie war froh hier aufgewachsen zu sein. Auch wenn sie die ersten sechs Jahre leider kaum rausgekommen war, da sie anfällig für Krankheiten gewesen war, so hatte sie nun gute Freunde gefunden und fühlte sich sichtlich wohl.

„Neria!“, ertönte eine Stimme rechts von ihr und übertönte den üblichen Trubel. Neria lächelte ihren Freunden entgegen und winkte aufgeregt. Yuri strahlte ebenso sehr wie sie selbst. Choji futterte wie üblich seine Chips und Shikamaru hatte gelangweilt die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die beiden Jungs trugen dieselben Outfits wie sonst auch. Shikamaru trug sein Stirnband um den rechten Arm und Choji über seinen Kopf.

Yuri hingegen trug ebenfalls ein von ihrer Mutter gefertigtes Outfit. Ähnlich wie Neria trug sie langes, schwarzes Oberteil, welches auf beiden Seiten ab der Hüfte geschlitzt war. Einen farblichen Kontrast bildete eine rote Paspel und die kurzen Shorts. Über ihre Arme hatte sie Stulpen gezogen. Neria hatte das kurzzeitig überlegt, doch eine ihrer Chakrennaturen war das Feuer und das war ihr zu heikel. Ihr Stirnband trug sie als Schal. Auch sie hatte sich für hohe Stiefel entschieden. Normalerweise trug Yuri ihr rabenschwarzes Haar offen, doch nun hatte sie es zu einem hohen Zopf gebunden.

„Du siehst großartig aus, Yuri.“, sagte Neria begeistert, als sie sie erreicht hatte. „Die Kombination aus Schwarz und Rot steht dir wirklich gut.“

„Danke.“, gab Yuri lächelnd zurück. „Aber Rao hat sich bei deinem auch übertroffen. Es sieht wirklich chic aus.“

„Mädchen.“, stöhnte Shikamaru genervt und rollte genervt mit den Augen. Neria und Yuri lachten hingegen unbeeindruckt und harkten sich bei ihm unten.

„Man sieht wirklich wie nahe ihr euch steht.“, sagte Choji zwischen zwei Bissen. „Eure Outfits sind sich wirklich ähnlich.“

„Tja, wir sind ja auch wie Schwestern.“ Neria lächelte vergnügt und sah zu Yuri hinüber, die nur zustimmend nickte.

„Tja, heute ist dann wohl unser großer Tag. Wie nervig.“

Neria und Yuri sahen Shikamaru an und begannen laut zu lachen, bevor sie alle zusammen zur Verkündung der Teamaufteilungen liefen.

~*~

Im Gegensatz zu sonst war es ungewöhnlich ruhig im Klassenzimmer. Nach den üblichen Giftfreien zwischen Sakura und Ino, sowie einer äußerst amüsanten Situation zwischen Sasuke und Naruto, hätte man eine Stecknadel fallen hören. Alle warteten darauf, dass Sensei Iruka den Raum betrat. Es war eine wichtige Entscheidung, da ihre Teamkameraden eine zweite Familie werden würden und alle hofften, dass sie mit Jemanden ein Team bildeten, den sie leiden konnten. Alle, bis auf Shikamaru. Der zunächst desinteressiert aus dem Fenster geschaut hatte und nun döste. Neria sah zu ihrem Freund herüber und schüttelte amüsiert den Kopf. Es war doch immer wieder das Gleiche. Manchmal fragte sie sich, ob er überhaupt Ninja werden wollte. Ein Blick zu Yuri hingegen verriet ihr, dass se ebenso gespannt war wie sie selbst. Beide hofften inständig gemeinsam in ein Team zu kommen.

Schließlich öffnete sich die hölzerne Schiebetür und Sensei Iruka trat herein. In seinem Arm hielt er ein Klemmbrett. Somit begann es Dieser entscheidende Moment, der ihr Leben zu einem großen Teil bestimmen wird. Namen um Namen wurden von Sensei vorgelesen.

Naruto Uzumaki, Sasuke Uchiha, Sakura Haruno unter Sensei Kakashi Hatake. Team 7.

Shino Aburame, Kiba Inuzuka, Hinata Hyuuga unter Sensei Kurenai Yuhi. Team 8.

Ein weiteres Team, deren Mitglieder Neria und Yuri kaum kannten. Langsam warf Neria ihrer Freundin einen unruhigen Blick zu. Dann, wie zu erwarten Shikamaru Nara, Choji Akimichi und Ino Yamanaka unter Sensei Asuma Sarutobi. Team 10. Somit waren alle, die sie kannten, bereits einem Team zugeteilt. Neria rutsche ihr Herz in die Hose und ihr wurde flau im Magen. Mit ihren Freunden würden sie also kein Team bilden. Zumindest war Yuri bisher nicht aufgerufen.

Yuri beantwortete ihren Blick ebenso besorgt. Seitdem sie sich zurück erinnern konnten, hatten sie stets nur ihre Freunde gekannt. Sie hatten ihnen Sicherheit gegeben vor etwas, was sie selbst nicht benennen konnten, aber sich anfühlte wie ein bedrohlicher Abgrund. Dass sie nun mit Fremden zusammenarbeiten mussten, stimmte sie unruhig. Neria streckte ihre Hand unterhalb der Schulbank nach Yuri aus, die diese sofort ergriff.

„Nea, ich bin beunruhigt.“, flüsterte Yuri leise.

„Ich auch, Yui. Alle wurden bereits zugeteilt.“

Wie gebannt starrte Neria Sensei Iruka an, als er weitere Namen vorlas. Mit jedem weiteren Namen, der fiel, drückte sie die Hand ihrer Freundin fester. Würde der Hokage auch sie beide trennen?

Allerdings kam es weitaus schlimmer, als die beiden es sich ausmalen konnten. Sensei Iruka räusperte sich, als er die letzten Namen vorlas und rollte die Schriftrolle zusammen. Neria und Yuri waren nicht aufgerufen worden. Die Anzahl ging nicht auf. Yuri und sie blieben über.

In diesem Moment zerbrach etwas in Neria. Anscheinend hatte der Hokage beschlossen, dass sie noch nicht bereit für den Ge-Nin Rang. Dabei hatten sie ihre Abschlussprüfung mit guten Noten bestanden. Wieso also wurden sie zurückgewiesen? Auch Yuri war wie versteinert. Shikamaru hatte die Situation ebenfalls erkannt und warf ihnen einen nachdenklichen Blick zu.

Nein! Das konnte nicht sein. Es musste einen Grund geben, warum sie nicht eingeteilt wurden. Neria konnte nicht glauben, dass ihr Traum verzögert oder gar vorbei war. Allerdings war Sensei Iruka dabei das Klassenzimmer zu verlassen.

„Ähm, Sensei Iruka?“ Mit all ihrem Mut hob Neria ihre Hand. Augenblicklich lag die gesamte Aufmerksamkeit inne. Selbst Sasuke sah sie mit herablassenden Blick an.

„Ja?“ Sensei Iruka hielt inne. Er drehte sich um und sah stirnrunzelnd zu Neria.

„Was ist mit Yuri und mir? Wir wurden nicht einem Team zugewiesen.“

„Wirklich nicht?“ Sensei Iruka war sichtlich verwundert und las noch einmal nach. „Ah hier. Das habe ich ja glatt übersehen. Offenbar stellt ihr einen Sonderfall dar. Es haben nicht genug die Ge-Nin Prüfung bestanden, damit die üblichen 3’er Teams aufgehen. Allerdings sollte euch der Rang nicht wieder aberkannt werden.“

„und was ist nun mit uns?“, fragte Yuri.

„Ihr bildet ein eigenständiges 2’er Team, allerdings bekommt ihr keinen eigenen Sensei, sondern werdet nach Bedarf einem der anderen Teams als Unterstützer zugeteilt. Zu Beginn ist das Team 7 unter Sensei Kakashi.“

Neria und Yuri waren überrascht. Soweit sie wussten, hatte es so etwas noch nie gegeben. Allerdings waren sie sicher, dass der Hokage sich etwas dabei gedacht hatte. Sie wollten seine Weisheit ja wirklich nicht anzweifeln, aber Team 7? Nun gut, Naruto kannten sie und mit ihm konnten sie umgehen. Sakura hingegen kannten sie kaum. Sie wussten nur, dass sie eine gute Schülerin war und eine seltsame Beziehung zu Ino Yamanaka hatte. Und Sasuke? Sasuke war der mysteriöse Junge aus Konoha. Ein Waise, der nicht mehr sagte, als unbedingt notwendig. Ausgerechnet sie sollten ihre Kameraden werden? Neria hatte ein ungutes Gefühl. Naruto war laut und oft anstrengend, aber er war loyal gegenüber seinen Freunden. Bei Sakura und Sasuke waren sie sich nicht sicher.

Trotz des seltsames Gefühls verbeugten sich Neria und Yuri höflich vor Sensei Iruka und setzten sich wieder. Damit war die Klasse endgültig entlassen und ihre Zeit als Schüler der Akademie beendet. Sie sollten nun ihr Team und ihren Sensei kennenlernen.

Beim Verlassen des Klassenzimmers trafen sie auf Shikamaru und Choji.

„Man, was für ein Schreck.“, sagte Choji. „Ich dachte kurz sie würden euch den Rang aberkennen.“

„Die Befürchtung hatte ich auch.“, sagte Yuri und Neria nickte zustimmend.

„So dumm konnten sie nicht sein.“ Shikamaru streckte ich träge und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Es wäre eine Verschwendung von Potential gewesen. Da hätten sie eher Naruto wieder degradiert.“

„Dafür schienst du aber sehr überrascht, als unsere Namen nicht genannt wurden.“

„Ist doch nun irrelevant.“ Yuri strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und die neckische Stichelei erstarb sofort.

„Zumindest lagen wir bei eurer Teamaufstellung richtig.“

„Ausgerechnet Ino.“ Shikamaru klang genervter als sonst.

„Wer wäre dir denn lieber gewesen? Sakura?“, fragte Neria, während sie den Gang hinunterliefen.

„Nein…Hinata vielleicht. Sie ist nett, nur etwas schüchtern.“

Dann war es Zeit sich zu trennen. Shikamaru und Choji begrüßten Ino und verschwanden in ein Klassenzimmer. Neria und Yuri wandten sich nach rechts, um ihre Zukunft kennenzulernen.

~*~

„Und wie war dein Eindruck?“ Neria und Yuri liefen durch die Straßen von Konoha. Es waren einige Stunden vergangen, seitdem die Teamaufteilung mitgeteilt wurde. Die Sonne ging mittlerweile unter und tauchte die Straßen in warmes Orange.

„Von unserem Team?“, fragte Yuri. Neria nickte.

„Nun, Naruto kennen wir ja. Er ist impulsiv, laut und anstrengend. Nun Sasuke scheint so arrogant zu sein wie wir ihn eingeschätzt haben. Allerdings wissen wir, dass er talentiert ist. Das Teamwork mit ihnen könnte schwierig werden, da Sakura in Sasuke verknallt ist und Naruto in Sakura.“

„Ja, und Naruto kann Sasuke nicht ausstehen. Wir werden sicherlich einige Zeit benötigen, bis wir wirklich ein Team sind.“, stimmte Neria ihr zu und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Allerdings betrachtete sie Yuri nachdenklich aus den Augenwinkeln. „Sag mal, Yuri, warum hast du so seltsam reagiert, als du Sensei Kakashi gesehen hast?“

Nachdem Sensei Kakashi auf Narutos kindischen Streich mit dem Schwamm auf der Tür hereingefallen war, hatten sie ihren Sensei das erste Mal richtig ansehen können. Als Yuri ihn jedoch ansah, hatte sie ihre Augen aufgerissen und beinah entsetzt gewirkt. Als hätten sie sich schon mal gesehen. Mehr hatte sie sich allerdings nicht anmerken lassen. Nur Neria war es aufgefallen. Soweit Neria es hatte einschätzen können, hatte auch ihr Sensei sie wiedererkannt.

„Erinnerst du dich noch daran wie Papa mich mal zum Heilpflanzensammeln mit zur Grenze des Windreiches genommen hatte?“

„Ja und ein Jo-Nin aus Konoha hatte euch nicht als Dorfbewohner erkannt und…“ Neria hielt inne, als ihr Yuris Beschreibung des Jo-Nin in den Sinn kam. Sie blieb stehen und starrte Yuri mit offenem Mund an. „Das war Sensei Kakashi?“

Yuri nickte und blickte gedankenverloren zum Himmel hinauf. Der Vollmond verlor langsam seine Größe. Ihre schwarzen Haare wehten in die sanften, abendlichen Briese.

„Deshalb wollte ich ihn nach dem Kennenlernen sprechen.“

„Hat er dich wiedererkannt?“

„Ja, und er hat sich entschuldigt. Es war ihm sichtlich unangenehm.“

„Dann scheint Sensei Kakashi ein guter Mensch zu sein.“ Neria schien erleichtert. Sie selbst hatte Sensei Kakashi nicht einschätzen können. Ebenso wie sein Gesicht verbarg er auch sein Wesen. Allerdings hatte er die Größe bewiesen sich bei einem rangniedrigen Menschen zu entschuldigen und seinen Fehler eingestanden. Das rechnete sie ihm hoch an.

„Zumindest ist er loyal gegenüber Konoha.“, sagte sie.

„Ich denke Hokage-sama hat sich etwas dabei gedacht, wen er als Sensei auserwählt.“ Yuris Stimme ist beruhigend und voller Vertrauen. Es beschwichtige Neria, denn auch sie achtete den Hokage sehr für seine Weisheit und Güte.

„Du hast Recht, Yuri. Es wird alles gut.“

Schließlich erreichen sie die Weggabelung an der sie sich trennen mussten. Morgen, in aller Frühe, wollte Sensei Kakashi sie und ihre Fähigkeiten kennenlernen.

„Also dann, wir sehen uns morgen zum Training, Neria.“

Neria nickte entschlossen und lächelte freudig.

„Schlaf gut, Yuri. Wir sehen uns morgen.“ Sie umarmte ihre Freundin liebevoll und so verabschiedeten sie sich.

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Damit ist der Prolog der Geschichte beendet und wir verlassen Sunagakure. Seid gespannt auf den nächsten Abschnitt auf dem Shinobido von Neria und Yuri :)

Außerdem sorry, dass es solange gedauert hat, aber das Kapitel ist mir echt schwer gefallen. Ich wollte Gaara das nicht antun. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
2018-12-15T20:05:39+00:00 15.12.2018 21:05
Wann kommt gaara endlich wieder?
Antwort von:  Jeanne-Kamikaze-
05.01.2019 10:10
hi lieb dass du fragst :) es folgt jetzt erstmal der normalen naruto story, wobei ich aber auch einige dinge überspringen werde^^ musst also leider bis zur chu-nin Prüfung warten.
2017-10-12T13:00:07+00:00 12.10.2017 15:00
Schreib weiter
Antwort von:  Jeanne-Kamikaze-
12.10.2017 19:32
Hallo, danke erst einmal. Dir scheint die FF ja gut zu gefallen. Ich schreib die ff defintiv weiter, nur hält mich mein RL gerade ziemlich ab und somit komme ich nicht in die richtige Stimmung zum Schreiben, aber sie ist definitiv nicht abgehakt.
2017-09-04T11:47:39+00:00 04.09.2017 13:47
Schreib bitte weiter

Von:  MadMatt
2016-07-31T19:10:30+00:00 31.07.2016 21:10
Hallöchen 😀 Wieder ein wirklich schönes Kapitel. Liebevoll geschrieben und wirklich toll ausgearbeitet. Mir besonders gut gefallen, wie du das Denken der Kinder dargestellt hast, empfand ich wirklich authentisch. Auch wie der junge Gaara beschrieben ist, fand ich wirklich klasse. Ich bin gespannt wie es weiter geht und Gaaras Charakterwandel ausgearbeitete wird, denn die ersten beiden Kapitel klingen wirklich toll.

Liebe Grüße

MadMatt
Von:  MadMatt
2016-07-27T19:18:00+00:00 27.07.2016 21:18
Was habe ich da nur für ein Filetstück einer Gaara Fanfiction entdeckt. Wirklich ein toller spannender Anfang, alles ist spannend beschrieben. Ich finde es toll, dass du die Szenen so liebevoll beschreibst, man spürt dass du dir viel Mühe gibt's.

Mich als großer Fan des Kazekagen der fünften Generation bin Feuer und Flamme. Ich bin gespannt wie es weiter geht und nehme deine Fanfiction gleich in meine Favoritenliste mit auf!

Liebe Grüße
MadMatt
Antwort von:  Jeanne-Kamikaze-
28.07.2016 07:26
Oh, das freut mich so zu hören :) vielen Dank. Ich hoffe noch, dass ich das nächste Kapitel dieses Wochenende fertig kriege.
Von:  fahnm
2016-07-26T19:02:40+00:00 26.07.2016 21:02
Ein Wirklich Klasse Anfang.
Mach weiter so


Zurück