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neko

von

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Der Buchhändler trudelte nach kurzer Zeit dann bei den anderen Händlern auf dem Marktplatz ein. Obwohl er reichlich spät dran war und manche der Marktbesucher ihren Einkauf sogar schon komplett erledigt hatten, baute er in aller Ruhe seinen Stand am Rande des Geschehens auf. Darius schlich bereits ungeduldig in einiger Entfernung um den Bücherkarren herum, dessen Plane gerade zurückgeschlagen wurde. Die oberste Reihe der Bücher auf dem Karren wurde heruntergehoben und auf eine auf dem Boden ausgebreitete Decke gelegt. Die restlichen Bücher standen fein säuberlich aufgereiht in dem zu einem Bücherregal hergerichteten Gefährt, das von zwei Seiten zugänglich war, wie zwei Bücherregale, die mit der Rückseite aneinander geschoben waren. Der Karren sah wirklich aus wie eine kleine Bibliothek auf Rädern, der Aufbau bestand aus ziemlich dunklem Holz mit einigen filigranen Schnitzereien in den Trennbrettern. Die Plane war ein mit Wachs überzogenes Leinentuch, denn nass werden durften diese Schätze bei ihrer Wanderung durch die Lande auf keinen Fall.

Nun, nachdem der Buchhändler seinen Stand hergerichtet hatte, begann für Darius der schwierige Teil. Irgendwie musste er sich unauffällig die Bücher anschauen, was natürlich nur von außen möglich war, denn zu nahe durfte er nicht herangehen, da eine Katze, die sich für Bücher interessierte, nicht alltäglich war. Er wollte keine Aufmerksamkeit, sonst könnte er sich die ganze Sache mit dem Verwandeln schenken.

Darius trippelte einmal in mäßigem Tempo an der Auslage auf dem Boden vorbei. Ließ seinen Blick dabei leicht zur Seite geneigt, um die Titel der ausgestellten Werke begutachten zu können. Es war ein buntes Sammelsurium, das er zu Gesicht bekam. Vor allem waren es die besser erhaltenen Bücher, die dort lagen. Darius wusste nicht, ob man einer Katze ein Schmunzeln ansehen konnte. Was ihn interessierte waren nicht die aalglatten Buchrücken, die schon andeuteten, dass es sich bei den jeweiligen Büchern um welche neueren Datums handelte, mit zarten Liebesgeschichten oder pseudo-philosophischen Wortergüssen darin. Er war auf der Suche nach etwas Altem und so hielt er nach einer Erhöhung Ausschau, auf die er klettern konnte, um die Bücher in dem fahrenden Bücherregal zu inspizieren.

Auf der einen Seite war ein Baum relativ günstig gelegen und so krallte er sich kurzerhand am Stamm nach oben, balancierte auf einem Ast so weit wie möglich in Richtung des Buchverkäufers und spitzte durch das spärliche Blattwerk.

Das, was Darius auf dieser Seite des Buchkarrens sah, war jedoch ernüchternd. Einen Großteil der Bücher kannte er schon von vorherigen Besuchen des Verkäufers und die wenigen Exemplare, die neu im Sortiment zu sein schienen, waren für ihn nicht interessant. Also blieb noch die andere Seite, die auf den Marktplatz hinaus zeigte. Er könnte auf den Brunnenrand springen, das wäre vielleicht eine gute Aussichtsposition. Oder auf einen Karren eines anderen Händlers. Dort war aber die Wahrscheinlichkeit größer, schnell verscheucht zu werden.

Darius sprang also mit einem Satz zu Boden, was als Katze eine mehr als leichte Übung war, und zwängte sich zwischen vielen Beinen hindurch in die Mitte des Marktplatzes, wo sich der Brunnen befand. Von hier aus wurde seine Sicht zwar oft durch vorbeilaufende Dorfbewohner behindert, aber nach kurzer Zeit hatte er dennoch die gezeigten Buchrücken überblickt. Und bei einem der letzten in der obersten Reihe blieb seine Aufmerksamkeit lange Zeit hängen. Er erkannte das verschnörkelte Zeichen, das in den Ledereinband geprägt war, zwei in sich verschlungene Schlangen und ein Federkiel, ein magisches Symbol. Ein Titel war nicht genannt, aber für jeden, der in diesem Symbol eine Bedeutung erkannte, war klar, dass es sich um ein Buch über Magie handelte. Darius merkte erst nach kurzer Zeit, dass er aufgeregt mit dem Schwanz hin und her wedelte und gegen die Brunnenmauer schlug. Behände machte er einen Satz auf den Boden und lief grübelnd in wirren Bahnen über den Marktplatz.

Er befand sich in einer Zwickmühle. Er könnte sofort nach Hause zurück, seine menschliche Gestalt wieder annehmen und das Buch gleich kaufen. Momentan waren aber noch wirklich viele Leute da und unglücklicherweise fiel er in jeder noch so großen Menschenansammlung immer irgendwann auf. Oder er könnte warten, bis es etwas ruhiger wurde. Es war unwahrscheinlich, dass sich sonst noch jemand für dieses Buch interessierte, aber sicher sein konnte er sich da nicht. Was sollte er tun? Er wollte dieses Buch unbedingt haben.

Durch ein lautes Knurren wurde Darius auf einmal aus seinen Gedanken gerissen. Langsam hob er den Kopf, legte ihn in den Nacken und sah sich einem unwirsch dreinblickenden, zotteligen Hund gegenüber. Reflexartig fauchte er, duckte sich und machte einen Satz zur Seite. Im gleichen Moment sah er, dass der Hund am Pfosten eines Obststandes angekettet war. Er wollte gerade aufatmen, als der Hund nach vorn sprang, durch die Kette auf halbem Weg in der Luft zurückgerissen wurde und dabei den Verkaufsstand gefährlich zum Wackeln brachte. Der Hund bellte auf, ob aus Schmerz oder aus Zorn war Darius egal. Er nahm die Pfoten in die Hand und sauste davon. Einmal quer über den Marktplatz führte ihn sein Reißausnehmen, doch er blieb nicht stehen, denn er konnte noch immer den Hund an der Kette zerren hören. Dann eine menschliche Stimme, die den Hund zu beruhigen versuchte. Nun wurde Darius doch langsamer. Während er beruhigt weiter trabte, blickte er zurück, konnte aber wegen der vielen Leute den Obststand nicht mehr sehen. Stattdessen durchfuhr ihn auf einmal greller Schmerz. Er wollte aufspringen, doch es ging nicht. Sein Schwanz und eines seiner hinteren Beine waren irgendwie… Panisch schaute er um sich. Etwas Dunkles war über ihm, ein Wagen. Und er konnte aus den Augenwinkeln wahrnehmen, wie eines der eisenbeschlagenen Räder über ihn rollte. Er gab einen Schmerzenslaut von sich, ein verzerrtes Miauen. Seine Sicht wurde trübe, als er merkte, dass etwas knackte und der Schmerz ihm wie eintausend Nadelstiche durch den Körper fuhr. Das Rad war weitergerollt, es wurde wieder hell, jedoch nur für kurz. Darius schleppte sich voran, auf drei Beinen, doch seine Sicht schwand zusehends. Eine merkwürde Lähmung breitete sich von seinem Hinterlauf in ihm aus, bis es schwarz vor seinen Augen und in seinem Kopf wurde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ginnybread
2016-12-17T09:51:44+00:00 17.12.2016 10:51
Oh je, der arme Darius! Hoffentlich findet sich jemand, der dem Kätzchen hilft. Und hoffentlich verwandelt er sich nicht unkontrolliert zurück... Bin gespannt ;)
Antwort von:  michischreibt
06.01.2017 11:04
Er ist schon ein bisschen ein Tollpatsch ... auch wenn er das selbst wohl nicht so sieht.^^ Bei seinem Pech könnte das echt passieren, dass er sich unkontrolliert zurückverwandelt ... Abwarten, wie's im nächsten Kapitel weitergeht. :-)


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