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Verzweifelt

11
 

Verzweifelt
 

KARI
 

Es vergingen einige Tage.

In diesen Tagen fühlte ich mich hilflos wie nie zuvor. Einsam, wie nie zuvor.

Die Tatsache, dass ich mich in dieser verwirrenden Lage befand, wo ich niemanden wirklich kannte, wo ich niemanden vertrauen konnte, machte mich fertig.

Akemis Eltern sah ich in dieser Zeit nur selten. Mein Begleiter, Matsumoto, brachte mich jeden Tag zur Schule und wieder zurück und meistens war ich dann alleine zu Hause. Wahrscheinlich waren die Eltern arbeiten, aber um ehrlich zu sein, war mir das nur Recht. Lieber hatte ich meine Ruhe anstatt mich von ihnen fertig gemacht zu werden. Aber wenn Akemis Mutter mal doch daheim war, spürte ich diese hasserfüllte Aura im Haus. Ihr Vater hingegen ignorierte mich völlig und tat so, als existierte ich nicht.

In der Schule war es nicht besser.

Kana hatte anscheinend eine Vorliebe dafür gefunden mich zu quälen.

Seit dem Vorfall in der Klasse hatte sie großen Spaß daran, mich zu triezen und die meisten Mitschüler waren auf ihrer Seite. Genauer formuliert: Sie fraßen ihr aus der Hand.

Gut, sie alle waren jünger als ich, was sie natürlich nicht wussten, da Akemi genauso alt war wie sie. Doch auch wenn wir von ihrem Alter mal wegschauten, benahmen sie sich doch kindischer als manch andere in ihrem Alter.
 

Kana selber genoß ihre Beliebtheit und nutzte sie voll aus. Sie gab die Befehle in der Klasse und wenn sie etwas sagte, hörten ihr die anderen mit spitzen Ohren zu.

Was mich echt fast zum Kotzen brachte.

Denn das, was sie von sich gab, war einfach nur gemeiner Müll. Sie hielt sich für etwas besseres, aber die anderen akzeptierten das und stimmten dem sogar zu!

Es kam mir fast so vor als hätten die Mitschüler keinen eigenen Kopf, sondern ließen alles Kana machen und sie waren alle nur ihre Glieder, die das taten, was sie wollte.
 

So gab es letztens einen Vorfall, der mir viel Ärger eingebracht hätte. Jedoch hatte ich das Glück, dass ich vorher davon bescheid wusste und ich somit rechtzeitig handeln konnte.

Ein Schulkamerad hatte vorgehabt meine Schultasche in den Schulbrunnen zu werfen, was ihm jedoch nicht gelungen ist, da ich es vorher bemerkt hatte.

Zufällig zum richtigen Zeitpunkt bekam ich das Gespräch zwischen ihm und Kana mit.

„Schnapp sie dir und versenk es irgendwo, klar?“

„Aber was ist, wenn wir erwischt werden?“

„Jetzt sei nicht so ein Feigling! Du wirst nicht erwischt, also tu es!“

„Also ich weiß nicht… Vielleicht petzt sie es dem Lehrer?“

„Sie wird nicht petzen. So etwas trau ich ihr nicht zu. Takuya, tust du es nun oder nicht?“

„…“

Ihre Stimme wurde plötzlich leiser und etwas höher. So, als würde sie ihn verführen wollen.

„Tu es für mich, okay?“
 

Nach dem Gespräch huschte ich in die Klasse zurück. Wut und Entsetzen machte sich in mir breit. Wie konnten sie nur…Wie konnte Kana nur!?

Sie nutzte jede Gelegenheit, um ihren Spaß zu haben und mich bloßzustellen!

Der Plan ging allerdings nach hinten los, denn ich ließ meine Tasche nicht aus dem Auge und der Junge hatte keinerlei Chancen sie mir unbemerkt wegzunehmen.
 

So gut es ging, versuchte ich Kana und ihren Handlangen aus dem Weg zu gehen. Es war nicht so, dass alle aus der Klasse nach ihrer Pfeife tanzten.

Da gab es zum Beispiel auch dieses eine Mädchen, ihr Name war Mitsuki. Sie und ihr Freund, Takuma, waren eine der wenigen, die sich im Hintergrund hielten. Genauso wie zwei weitere Jungs, Shin und Toya, die in den Pausen immer bei den Parallelklassen rumhingen. Sie wollten nichts mit Kana zu tun haben, doch sie taten auch nichts, um sie an ihren Spielereien zu hindern. Kurz gesagt: Sie ignorierten es.
 

„Puh, hier stinkt es ja mal wieder tierisch!“ Kana fächelte sich Luft zu und verdrehte theatralisch die Augen. „Macht mal das Fenster auf! Irgendwas oder irgendwer hat sich anscheinend nicht gewaschen!“

„Das kann nur eine sein!“, kommentierte ein Mitschüler und blickte auf mein Pult. Kana hob eine Augenbraue und schnalzte mit der Zunge, während sie auf mich zu kam und sich auf meinem Tisch setzte. „Vielleicht solltest du mal ein anderes Haarprodukt verwenden. Was benutzt du denn, hm?“ Sie schaute auf mich herab.

Ich schaute an ihr vorbei an die Tafel. Einfach ignorieren…

„Ich hab dich was gefragt, Fräulein?“, flötete sie und lächelte zuckersüß. „Sie hält sich wohl für was besseres, huh? Wir sind es wohl nicht wert von ihr beachtet zu werden.“ Ein weiterer Mitschüler mischte sich ein. Kana beugte sich etwas näher zu mir runter. „Ist das so?“, hauchte sie abfällig und blickte mich immer noch lächelnd an. Ich wendete den Kopf zur Seite, sodass sie als Antwort nur meinen Hinterkopf zu sehen bekam.

„Schaut euch erst nur ihre Haare an. Wie kann man sich nur mit so einer Frisur in die Öffentlichkeit trauen? “

Plötzlich griff sie nach einen meiner Haarsträhnen und zog dran. Dieses…!!

Blitzschnell stieß ich gegen ihre Hand und funkelte sie wütend an.

„Fass mich nicht an!“, kam es zischend von mir.

Einen Moment hielt sie inne, doch dann kehrte wieder das fiese Lächeln zurück. Sie schlug ein Bein auf das andere und kreuzte die Arme.

„Was hast du denn auf einmal?“, fragte sie unschuldig und gespielt erstaunt. „Ich wollte dir einen Gefallen tun und dir nur eine schöne neue Frisur machen?“

Ich schnaubte und stand auf. „Dann tu mir doch einen anderen Gefallen, indem du verschwindest!“ Und mit diesen Worten ging ich weg.

Das versuchte ich jedenfalls, als Kana mich plötzlich von ihrem Platz aus mit dem Fuß am Rücken trat. Ich fiel natürlich hin und unglücklicherweise biss ich mir dabei auf die Zunge. Sofort schmeckte ich Blut.

„Hupsa. Das tut mir aber leid. Ich wollte nur aufstehen, dabei bin ich wohl gegen dich gestoßen.“

Ich drehte mich zu ihr um und stand langsam wieder auf.

Für einen Moment schloss ich die Augen und versuchte mich zu fassen. Beruhige dich, Kari.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du zu den Menschen gehörst, die so tief gesunken sind, Kana.“, zischte ich.

Erstaunt hob sie die Augenbrauen. „Ich? Gesunken? Warum denn das?“ Sie stand von meinem Tisch auf und schritt langsam auf mich zu. „Ich habe mich doch bei dir entschuldigt, Akemi. Oder etwa nicht?“ Sie legte den Kopf schief und lächelte mich wieder an. „Ihr habt es doch auch gehört, oder?“, sagte sie etwas lauter in die Klasse, sodass sie nun alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Habe ich mich nicht bei ihr entschuldigt?“, fragte sie noch einmal.

„Ja, hast du!“

„Genau! Wir waren doch dabei.“

Sie lächelte zuckersüß. „Da hast du es gehört.“, flötete sie. „Also warum beleidigst du mich denn, nachdem ich mich bei dir entschuldigt habe? Du bist ja wirklich fies.“

„Kana, ganz ehrlich. Werd’ mal langsam erwachsen.“, sagte ich nur und schüttelte den Kopf.

„Da. Schon wieder.“ Sie hielt sich eine Hand vor den Mund. „Wieder eine Beleidigung!“

Sie machte einige Schritte nach hinten und tippte sich mit einem Finger auf die Lippen, so als würde sie überlegen. Dann schnalzte sie mit der Zunge.

„Tja, das kann ich leider nicht auf mich sitzen lassen. Leute, ihr habt alles mitgekriegt, oder? Ich habe mich bei ihr für den kleinen Schubser entschuldigt, aber Akemi hat mich beleidigt! Verdient das nicht… eine Strafe?“ Sie schaute in die Runde und plötzlich erschienen auf den Gesichtern der anderen ein wissendes Lächeln. „Ich meine…“, sie drehte sich wieder zu mir um. „die bösen Gemeinen auf der Welt sollten schließlich bestraft werden.“

Ein Mitschüler trat neben sie und rieb sich die Hände. „Hoch lebe die Gerechtigkeit…“, murmelte er grinsend.

Alarmiert blickte ich um mich herum. Einige standen nun auch hinter mir. Was….was sollte das?!

„Kana…“ Ich versuchte weiterhin ruhig zu bleiben, obwohl ich fast platzen könnten!! Wenn ich jetzt aber einen Kampf auslöste, würde ich ihn bei der Mehrheit eh verlieren. „Mach nichts, was dir später eh schaden wird.“

„Mir schaden?“ Sie prustete. „Ich glaube, du weißt gar nicht, in was für einer Situation du dich befindest? Du bist die Einzige, die Schaden kriegt!“

Plötzlich packte mich ein größerer Mitschüler und umklammerte meine Arme. Schockiert stieß ich einen Schrei aus und versuchte mich loszureißen, doch er war zu stark. Wild trat ich um mich und er keuchte auf als ich ihn am Knie traf.

„Du kleine…“ Er packte mich fester, sodass nun ich vor Schmerz stöhnte.

Kana trat auf mich zu und blickte mir fest in die Augen. In ihrem Blick sah ich Spott, Belustigung und eine gewisse Vorfreude.

„Ich entschuldige mich für den Tritt von eben.“ Sie seufzte dramatisch. „Und als Entschuldigung… mache ich dir eine schöne neue Frisur!“ Sie grinste breit und die Klasse fing an zu pfeifen und zu grölen.

„Lass mich sofort gehen!!“, schrie ich sie an und versuchte mich aus dem starren Griff zu befreien.

Sie antwortete nicht, sondern zog nur eine Schere raus. Meine Augen weiteten sich.

Sie wollte doch nicht etwa…

„Ein neuer Haarschnitt steht dir bestimmt ungemein…“, sagte sie und zückte die Schere.
 


 

„Shit! Der Lehrer kommt!!“

Eine Schülerin, die an der Tür aufgepasst hatte, rief alarmiert durch die Klasse.

Sofort hielt Kana inne und wir alle drehten den Kopf in Richtung Tür.

Von einer Sekunde auf die Nächste fingen alle an herumzurennen und auf ihre Plätze zu springen. Auch der Junge, der mich festhielt, ließ mich los und rannte nach vorne zu seinem Sitzplatz.

„Wir sind noch nicht fertig, Ito.“, zischte Kana und das sonst aufgestellte Unschuldslächeln wurde von einem verachteten Blick ersetzt. Sie senkte ihren Arm mit der Schere und ging an mir vorbei.
 

Mein Herz klopfte immer noch wie wild und ich versuchte die aufkommenden Tränen mit allergrößter Mühe zu unterdrücken. Fest biss ich mir auf die Lippen und ging zu meinem Platz hinüber.

Wehe, du fängst an zu heulen, Kari. Merk dir das! Nicht eine verdammte Träne wirst du wegen dieses Miststück vergießen! Nicht eine einzige!!

Ich schloss fest die Augen und versuchte den Schock, die Wut und die Tränen hinunterzuschlucken.
 

Der Lehrer kam herein und die Klasse tat so als wäre nichts geschehen.
 


 

——
 

Nach der Schule flüchtete ich direkt zur Mädchentoilette in eine Kabine und wartete einige Minuten bis ich mir sicher war, dass die anderen Klassenkameraden die Schule verlassen hatten.

Es war nicht so, dass ich Angst vor Kana hatte. Sie war schließlich nur ein Mädchen, welches sich für etwas besseres hielt und eine gemeine Ader hatte.

Das Problem war eher, dass ihre Kumpanen und Mithelfer hinter ihr standen und sie daher in der Mehrzahl waren. Außerdem bestand ihr „Clan“ fast nur aus Jungs und ich vermutete, dass die meisten bei irgendwelchen Sportclubs tätig waren.

Ich musste mir deshalb eingestehen, dass Kana zwar ein gemeines Biest war, doch besaß sie anscheinend die Gabe, andere unter ihre Fittiche zu gewinnen.

Also was konnte ich schon tun, wenn sie so starke Jungs dabei hatte? Alleine würde sie sicherlich nicht so selbstsicher sein, doch war Kana jemals in einer Situation, wo sie „alleine“ mit etwas zu kämpfen hatte? Ich bezweifelte es.

Sicher gehörte sie zu irgendeiner superreichen Familie und bekam alles mit einem Fingerschnipsel auf dem Silbertablett serviert.

Nein, es war nicht so, dass ich eifersüchtig auf sie war. Ich liebte mein Leben, ich liebte meine Freunde und meine Familie. Und ich liebte meine Umgebung, wo ich aufgewachsen war. Wir waren nicht reich und manchmal gab es auch Sorgen wegen zu hohen Rechnungen, die immer eine Sorgenfalte zwischen die Stirn meiner Eltern brachte. Aber trotzdem waren wir immer glücklich und ich war wirklich, wirklich froh darüber, dort aufgewachsen zu sein, wo ich aufgewachsen war.
 

Auch, wenn sich die Situation jetzt geändert hatte.
 

„Verdammt…wieso passiert das ausgerechnet mir??“, flüsterte ich unglücklich und presste meine Stirn gegen die Hände, während ich auf dem Klodeckel saß.

Ich dachte an Matsumoto, der gerade sicher draußen auf mich wartete. Wenn ich noch länger weg blieb, würde er sicher nachschauen kommen. Ich stöhnte verzweifelt.

Schließlich blickte ich auf und starrte gegen die Kabinentür.

Ich wünschte mir so sehr, wieder nach Hause zu gehen. Zu meinem richtigen zu Hause.
 

Ich presste die Lippen aufeinander und richtete mich auf.

Bald…Bald würde ich einen Weg finden hier herauszukommen.

Wenn ich mich benahm, wer weiß, vielleicht würde dann Akemis Mutter Matsumoto wegschaffen? Dann könnte ich hier rauskommen. Vielleicht musste ich versuchen ihr Vertrauen zu gewinnen?

Ich konnte schließlich nicht ewig nur Trübsal blasen und auf ein Wunder hoffen. So schnell wie möglich musste ich Akemi finden!! Ich musste sie treffen, damit wir eine Lösung zu unserem Problem finden konnten!!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Arme Kari :( Von allen Seiten wird sie fertig gemacht.. Hoffentlich wird dieses "bald" kommen!
Nächste Kapitel am Freitag. Komplett anzeigen

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