Vater und Tochter
„Sie bringt ihren Freund mit?!“, hakte er ungläubig nach und runzelte angespannt die Stirn. „Sie ist noch viel zu jung für einen festen Freund!“
Er versperrte seiner Frau den Weg, sodass sie empört die Hände in die Hüfte stemmte und ihn böse anstarrte.
„Taichi, sie ist sechszehn! Ich war genauso alt, als das mit uns angefangen hatte“, erwiderte sie augenverdrehend und kämpfte sich zu ihrem Herd, auf dem bereits das Essen vor sich hin dampfte.
„Du warst siebzehn!“, korrigierte er sie kleinlich, wandte sich ihr zu und konnte nicht fassen mit welcher Lockerheit seine Frau an diese Sache heranging.
Seine Tochter hatte einen Freund!
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus.
Er kannte die jungen Kerle von heute…die hatten ganz sicher nichts Gutes im Sinn.
Und er konnte einfach nicht zulassen, dass sein kleines Mädchen verletzt wurde.
Er hatte sie aufwachsen gesehen. War bei jedem Lebensabschnitt dabei gewesen. Sah wie sie laufen und sprechen lernte. Wie sie mit einer überdimensionalen Schultüte eingeschult wurde und wie sie ein fester Bestandteil der Schulvolleyballmannschaft wurde. Er war zu fast jedem Spiel erschienen und feuerte sie leidenschaftlich an, was sie anfangs besonders toll fand.
Mittlerweile fand seine Tochter nur zwei Wörter für seine leidenschaftliche Euphorie: Voll peinlich.
„Du bist wirklich schlimm. Sie bringt Tadashi heute extra zum Familienessen mit, um ihn uns vorzustellen. Das würde sie nicht machen, wenn es nichts Ernstes wäre!“, führte sie ihm vor Augen und schmeckte ihre berühmte Gemüse-Hackfleisch-Soße, die sie für ihre Lasagne immer verwendete, ab. Sie pustete vorsichtig auf ihren gut geschöpften Löffel, während Taichi hinter ihr einen halben Tobsuchtsanfall zelebrierte.
„Aber sie ist trotzdem noch viel zu jung! Seit wann interessiert sie sich überhaupt für Jungs?“
„Keine Ahnung? Seit sie Tadashi kennen gelernt hat? Er spielt übrigens im Fußballverein. Da hättet ihr sogar ein Thema über das ihr euch unterhalten könnt“, antwortete Mimi belustig und stellte fest, dass noch eine Prise Salz fehlte, um ihre hochgelobte Soße zu perfektionieren.
„Er ist Fußballer? Die sind doch die Schlimmsten!“, murrte Taichi genervt und schoss sich wortwörtlich ein Eigentor.
„Du warst auch Fußballer, mein Lieber“, sagte Mimi entrüstet. „Und glaub mir, selbst einen Fußballidioten kann man zähmen, wenn man die richtigen Mittel kennt.“
Verführerisch näherte sich Mimi ihm und schlang die Arme um seinen Hals, während Taichi sehr angespannt auf sie wirkte. Sie hauchte ihm einen bittersüßen, aber kurzen Kuss auf die Lippen, bevor er sie in eine herzliche Umarmung zog und unsicher ansah.
„Ich will halt nicht, dass sie verletzt wird…ich weiß, wie wir Jungs sind und dass wir viel falsch machen. Am liebsten würde ich ihr sowas ersparen…sie ist doch mein kleines Mädchen“, murmelte er mit verhangener Stimme und drückte seine Stirn gegen Mimis.
Zärtlich fuhr sie über seine Wange und nahm ihm somit einen Teil der aufgestauten Anspannung, die sein Körper vereinnahmte.
„Ich weiß, dass das Loslassen sehr schwer fallen kann, aber irgendwann müssen wir sie ziehen und ihre eigene Erfahrungen sammeln lassen. Hätten wir das nicht getan, wären wir sicherlich kein Paar geworden, oder?“
Grummelnd verzog Taichi das Gesicht und nickte widerwillig. „Du hast ja recht, aber ich werde ihm ganz sicher auf den Zahn fühlen!“
Seufzend löste sich Mimi von ihm und verdrehte die Augen. „Tu was du nicht lassen kannst, aber denk daran, dass wir heute volle Hütte haben. Das letzte was ich will, ist das du unsere Tochter vor allen blamierst.“
„Oh Gott, wer hat sich denn alles angekündigt?“, hakte Taichi entsetzt nach.
Mimi stand wieder am Herd und rührte ein letztes Mal die Soße um, bevor sie die Platte ausschaltete. Sie wandte sich ihrem Mann wieder zu und schwang den Kochlöffel sachte in ihrer Hand.
„Also Matt und Sora kommen mit den Kindern. Isamu übernachtet heute bei Ryo, also musst du gleich mal gucken, ob er schon seine Sachen gepackt hat“, erwiderte sie aufzählend. „Dann kommt deine Schwester, allerdings nur mit Takeru. Ichiro erkundet mit seiner Großmutter immer noch Paris und wird wohl erst beim nächsten Familienessen wieder dabei sein. Und natürlich die üblichen Verdächtigen, die sich sonst immer bei uns sonntags durchschnorren.“
„Wow, das sind wirklich viele“, stellte Taichi ungläubig fest. Er konnte immer noch fassen, wie seine Frau all das organisiert bekam. Sie hatte wohl einen Terminkalender im Kopf. Wie sollte sie auch all das nur wissen können? Irgendwie musste es da doch einen Trick geben…
Insgeheim bewunderte er sie heimlich dafür, dass sie alles immer im Griff hatte, die Termine der Kinder organisierte, den Haushalt schmiss und nebenher immer noch arbeitete.
Er wäre bereits nach einem Tag maßlos überfordert gewesen, auch wenn sie natürlich alles miteinander absprachen und Termine gemeinsam regelten.
Dennoch Mimi hatte ganz klar die Hosen an, auch wenn er dies nie vor seinen Freunden zugeben würde.
„Achso, Etsuko und Daigo werden es wohl auch nicht schaffen. Die Zwillinge sind krank und die Autofahrt vom Land hier her wäre für die beiden Mäuse einfach zu lang. Und Yasuo fällt wohl auch aus.“
„Warum? Kommt etwa endlich das Baby?“, fragte Taichi verblüfft, weil seine Freundin und er sich bereits zwei Tage über dem Entbindungstermin befanden.
„Naja, sie sind immer noch in der Klinik und wenn es noch länger dauert, müssen sie Alison wohl einleiten. Aber sie warten noch ein bisschen. Vielleicht kommt sie ja noch heute“, meinte Mimi euphorisch, da sie sich für Yasuo sehr freute.
Er war in all den Jahren immer ein toller Ersatzonkel für ihre Kinder gewesen, aber da er beruflich oft unterwegs war, schaffte er es nicht eine eigene Familie zu gründen. Alison hatte er in den USA kennen gelernt, da sie seine Regieassistentin bei einem seiner berühmten Dokumentarfilme war. Es hatte sofort gefunkt und nun erwarteten die beiden ihr erstes gemeinsames Kind.
Eine kleine Tochter.
Taichi freute sich sehr für ihn, auch wenn seine Tochter ihm immer mehr entglitt. Er hatte das Gefühl, dass er immer mehr aus ihrem Leben gedrängt wurde, weshalb er die winzigen Momente mit ihr unbedingt festhalten wollte.
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Hektisch durchforstete sie ihren Kleiderschrank und hielt sich sämtliche Oberteile an, die ihr einfach nicht gefielen. Wieso hatte sie in solchen wichtigen Momenten auch nie etwas zum Anziehen parat?
Sie wollte Tadashi doch gefallen und mit ihrem Outfit am besten noch von ihrer ziemlich schrägen Familie ablenken.
Warum hatte sie ihn auch ausgerechnet zum Familienessen eingeladen? Und warum in drei Teufelsnamen wollte er unbedingt ihre Familie kennen lernen? Zum Sterben war es doch noch viel zu früh…
„Man Ari, ich habe nichts zum Anziehen“, murrte sie verbittert und drehte sich ihrer Schwester zu, die auf ihrem Bett lag und eine Modezeitschrift durchblätterte.
„Was redest du denn da? Dein Schrank ist doch gut gefüllt“, erwiderte sie unbeeindruckt, als sie einen kurzen Blick zu Noriko wagte.
„Aber es passt nichts! Ich möchte das Tadashi umfällt, wenn er mich sieht“, antwortete Noriko mit glänzenden Augen und hielt sich eine türkisfarbene Bluse an, die ihr jedoch bei genauerer Betrachtung doch nicht mehr gefiel.
„Du willst das er umfällt? Damit Papa ihn nicht mehr ausquetschen kann?“, fragte sie belustigt und schlug die Modezeitschrift zu.
Arisu hatte viel mehr Ahnung was Mode und Trends anbetraf, weil sie sich in ihrer Freizeit am liebsten mit solchen Themen beschäftigte. Sie kam eben ganz nach ihrer Mutter, die auf ein gepflegtes Äußeres bestimmt genauso viel Wert legte.
Noriko war darin ganz anders.
Sie liebte Sport, hatte auch keine Hemmungen mal mit einem unordentlichen Dutt und ungeschminkt aus dem Haus zu gehen, während ihre Schwester die Wohnung noch nicht mal in Jogginghose verließ.
Sie waren eben grundverschieden, aber trotzdem waren sie Schwestern, die zusammenhielten. Und jetzt brauchte Noriko ihre Hilfe dringender denn je.
Sie wollte ihrem Freund gefallen. Ihn ein wenig überraschen und ihm zeigen, dass sie nicht nur lässige Sportklamotten im Schrank hatte.
Ihre Mutter hatte ihr oft irgendwelche Klamotten aufgeschwatzt, die sie meist nicht anzog, weil sie sich darin einfach nicht wohlfühlte.
Schon als Kind wurde sie in pinke Kleidchen gesteckt, die sie sogar extra mit Matsch besudelt hatte, um sie gegen eine bequeme Latzhose tauschen zu können.
„Du solltest unbedingt etwas anziehen, indem du dich auch wohlfühlst“, warf Arisu bedenkend ein und stand auf, um ihren Kleiderschrank zu inspizieren.
Früher fand es Noriko furchtbar sich das Zimmer mit ihrer jüngeren Schwester zu teilen, weil sie meist ihr Spielzeug versteckt hatte und ihre Süßigkeiten aufaß, aber mittlerweile war sie froh, jemanden an ihrer Seite zu wissen, der sie blind verstand.
Es war ein unsichtbares Band, dass zwischen den beiden herrschte und dass sie keinesfalls mehr missen wollte.
„Mhm, also Kleider fallen definitiv weg. Die ziehst du noch nicht mal in deiner Freizeit an“, erwiderte sie nachdenklich und zog einige Oberteile hervor. „Also die hier finde ich schön, aber ich weiß noch nicht welche Farbe am besten zu dir passt. Am besten fragen wir da mal unseren Künstler.“
Sie grinste verschmitzt und hielt ihr jeweils einen beerenfarbenen und himmelblauen Feinstrickpullover an, als sie ihren kleinen Bruder ins Zimmer rief.
Man hörte ihn leise grummeln, als er langsam aus seinem eigenen Zimmer in das der Mädchen getrottet kam.
Sein Gesicht zierten mehrere Farbklekse und auch seine Hände waren bunt eingefärbt.
Wahrscheinlich zeichnete er wieder eines seiner einzigartigen Bilder, die ihre Mutter ganz stolz ins Wohnzimmer hängte und behauptete, dass sie ein berühmter Künstler erschaffen hätte.
„Was ist denn los?“, fragte er ungeduldig und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wir brauchen mal deinen fachmännischen Rat“, eröffnete Arisu, während sich Noriko regelrecht auf dem Präsentierteller fühlte.
Warum zog sie auch noch ihren kleinen Bruder mit rein? Von Mode hatte er ja mal überhaupt keine Ahnung.
„Also, welche Farbe steht Noriko besser? Die, oder die?“, fragte ihre Schwester gespannt und hielt ihr abwechselnd die beiden Pullover vor die Nase.
Isamu runzelte nur mit der Stirn und blickte argwöhnisch zu seinen beiden Schwestern. Wahrscheinlich dachte er schon, dass sie den Verstand verloren hätten, doch dann ging er bedacht auf die zwei zu und fuhr sich mit seinen farbdurchtränkten Fingern nachdenklich über sein Kinn.
Er hinterließ seine farbigen Spuren, als er den Kopf leicht schräg hielt und plötzlich auf den beerenfarbenen Pullover deutete.
„Den hier. Noriko ist viel zu blass und der Beerenton lässt sie viel herzlicher wirken“, antwortete er unbedacht, als Noriko prompt der Mund aufklappte.
„Herzlicher? Ich bin doch herzlich genug! Pass auf, dass ich deine Zahnbürste nicht zum Schruppen
der Toilette benutze“, geiferte sie empört und schnappte sich den ausgesuchten Pulli.
„Ja, wirklich sehr herzlich“, erwiderte er grinsend. „Bist du bei Tadashi genauso?“
Empört blies Noriko die Wangen auf und setzte gerade an, etwas zu sagen, als Arisu ihr zuvorkam.
„Okay, Friede und Liebe“, warf sie sofort ein, bevor Nori doch noch kontern konnte. „Wir brauchen heute wirklich kein Geschwisterdrama!“
„Ich übernachtete heute sowieso bei Ryo und wir bleiben die ganze Nacht auf“, schwärmte Isamu träumerisch und befand sich wohl schon in seiner Traumwelt, die aus viel Zucker und wenig Schlaf bestand.
„Erstmal müssen wir das Essen überstehen. Und ich habe wirklich schon eine super Idee, mit welcher Jeans du den Pulli kombinieren kannst. Und dann mache ich dir am besten noch die Haare! Oh Gott, wenn ich mit dir fertig bin, wirst du fantastisch aussehen“, schwärmte Arisu und stellte sich bereits ihr fertiges Ergebnis vor.
Noriko wurde es auf einmal ganz mulmig zu Mute.
„Also, an deiner Stelle würde ich schnellstens wegrennen“, flüsterte Isamu ihr zu, während sich ihre Schwester bereits Gedanken um ihr Make-Up machte.
Wahrscheinlich sah sie sie als eine Art Versuchskaninchen, an dem sie neue Mode- und Schminktrends ausprobieren konnte.
Und sie konnte sich nicht vorstellen, dass Arisu und sie den gleichen Geschmack haben würden.
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Nervös stand Noriko mitten im Raum und beobachtete das wilde Gewusel, dass fast jeden Sonntag bei ihnen herrschte.
Die Wohnung war bereits gut gefüllt und ihr Vater hatte bereits den Ess-und Wohnzimmertisch ausgezogen, damit alle genügend Platz fanden. Noriko durfte heute zusammen mit ihrem Freund am Esstisch Platz nehmen, während ihre Geschwister und die anderen Kinder sich im Wohnzimmer aufhielten.
Sie wurde bei diesem Gedanken schon ganz nervös. Noch nervöser machte sie es allerdings, dass ihr Vater gerade mit Tadashi sprach und nebenbei sein kühles Bier genoss.
Sie konnte nicht verstehen, über was die beiden sich unterhielten, auch wenn sie einen angestrengten Blick auf ihre Lippen gerichtet hatte.
Mit zitternden Fingern zupfte sie an ihrem Pullover und atmete unruhig, als sich plötzlich ein Arm um sie legte.
„Mäuschen, mach‘ dir nicht so viele Gedanken. Dein Vater benimmt sich schon“, ertönte die beruhigende Stimme ihrer Mutter.
„Ach wirklich? Er war davon doch gar nicht begeistert gewesen“, murmelte sie und schenkte ihrer Mutter einen fragwürdigen Blick.
Doch sie lächelte nur verschmitzt und drückte sie näher an sich heran. „Das wird schon. Ich habe ein Auge auf ihn“, zwinkerte sie verschwörerisch und ließ sie abrupt los. „Aber jetzt essen wir erstmal! Ich hoffe, Tadashi hat dir schon ein Kompliment gemacht. Du siehst heute wirklich sehr hübsch aus.“
Noriko verdrehte die Augen. Sie sah heute sehr hübsch aus? Und sonst nicht? Irgendwie fühlte sie sich leicht beleidigt, auch wenn es ihre Mutter sicherlich nur gut meinte.
Und obwohl sie versucht hatte, sie zu beruhigen, hatte Noriko immer noch ein ungutes Gefühl bei dieser Sache hatte.
Sie wusste nicht woher es kam, aber als sich immer mehr Leute um den Tisch versammelten und sich langsam auf den Stühlen niederließen, machte sich eine innere Unruhe in ihr breit.
Warum konnte Tadashi nicht nur ihre Eltern und Geschwister kennen lernen? Warum musste ihre Mutter ihn gleich zum Familienessen einladen? Er war bestimmt noch nicht bereit dafür, die chaotische Bande zu ertragen. So lange waren sie auch noch gar nicht zusammen, dass Noriko ihm all das zumuten wollte.
Sie seufzte leise als Tadashi gemeinsam mit ihrem Vater zum Tisch schritt und unauffällig nach ihrer Hand griff und sie festdrückte.
Sie fing seinen unsicheren Blick auf und betrachtete ihren Vater aus dem Augenwinkel heraus, der sich bereits auf seinen Stammplatz gesetzt hatte.
„Ich bin ein bisschen nervös“, flüsterte Tadashi Noriko in einem unbeobachteten Augenblick zu.
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie versuchte ihm einen beruhigenden Blick zuzuwerfen, auch wenn sie ebenfalls vor Nervosität tausend Tode starb.
„Das wird schon“, meinte sie zuversichtlich und setzte sich neben ihren Vater, während ihr Freund den Platz neben Masaru ergatterte.
Noriko fiel sofort auf, dass er sein Handy auf dem Tisch platziert hatte, als ihr direkt einfiel, dass sich Yasuo im Krankenhaus befand und mit Alison auf die Ankunft ihrer gemeinsamen Tochter warteten.
„Und hast du schon etwas Neues von Baby Hirata gehört?“, fragte Mimi neugierig, da ihr ebenfalls das Handy auf dem Tisch aufgefallen war.
Masaru tätschelte sich aufgeregt den Hinterkopf und warf einen kurzen Blick zu seinem Freund Katsuo, der gerne das Reden für ihn übernahm, wenn er zu nervös dafür war.
„Also bisher ist noch alles unverändert, aber wir warten schon sehnsüchtig auf die Ankunft der kleinen Prinzessin. Masaru kann sich kaum halten und kauft ständig irgendwelchen Kram ein, den sein Bruder ja gebrauchen könnte“, erzählte Katsuo belustigt.
„Hey, was redest du denn da?“, erwiderte Masaru empört und zog die Augenbrauen zusammen.
„Schatz, unsere Vorratskammer gleicht einem Spielzeugparadies. Das darf man echt wirklich keinem zeigen, aber rein theoretisch hätten wir jetzt Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke für die nächsten zehn Jahre.“ Katsuo gestikulierte ausdrucksstark während Masaru nur mit dem Kopf schütteln konnte.
Die kleine Runde lachte herzlich, während sich Masaru und Katsuo in einem kleinen Wortgefecht verloren, was Noriko automatisch die Anspannung nahm.
Sehr gut! Wenn sie weiterhin über das Baby reden würden, könnten sie wohl kaum Tadashi weiter ausfragen!
Doch Noriko freute sich natürlich zu früh. Sie hatte bekanntlich die Rechnung, ohne den Wirt gemacht, als sich ihr Vater plötzlich räusperte und das frischverliebte Paar anstarrte.
„Wir haben ja heute ein neues Gesicht an unserem Tisch. Möchtest du ihn und nicht mal vorstellen, Nori?“
Geschockt weiteten sich ihre Augen, als sie unsicher zu ihrem Freund blickte, der die Lippen aufeinandergepresst hatte.
„Ähm, ja…das ist Tadashi…m-mein Freund!“, antwortete sie stotternd, während sämtliche Blicke auf sie gerichtet waren.
Gott, es war so unangenehm. Am liebsten hätte Noriko doch eher am Kindertisch Platz genommen. Hier fühlte sie sich ganz und gar nicht wohl.
„Ach erzählt doch mal ein bisschen“, erwiderte Taichi sorglos und nippte an seinem Bier. „Wie lange läuft das denn schon? Sollte ich mir bereits Gedanken machen?“
„Taichi…“, zischte Mimi mahnend, als Noriko immer weiter ihren Stuhl hinunterrutschte. Ihr Essen hatte sie noch gar nicht angerührt, obwohl ihr Magen vor Hunger bereits grummelte.
„Was denn? Ich interessiere mich doch nur für das Leben unserer Tochter“, verteidigte er sich sofort, als Noriko den genervten Blick ihrer Tante auffing.
„Manchmal bist du einfach viel zu neugierig, Taichi. Kein Wunder, dass Takeru und ich dir damals als Letzter von unserer Beziehung erzählt hatten“, mischte sie sich ein und klang sogar ein wenig erzürnt.
„Wie als Letzter? Ihr wusstet alle schon davon?“, hakte er empört nach und richtete den Blick zu Yamato, der sich versuchte hinter Sora zu verstecken.
„Ich glaube, wir müssen jetzt hier keine alten Kamellen aufwärmen“, meinte Sora bestimmend.
„Oh doch! Ich bin fassungslos! Ihr ward damals doch noch halbe Kinder“, stellte Taichi empört fest.
„Und weiter? Jetzt sind wir alle gewachsen und spiel hier nicht die Moralapostel. Du hast wirklich auch schon genug Mist gebaut“, knurrte Kari zornig.
„Oh, darüber könnte ich echt tolle Geschichten erzählen“, steuerte Masaru bei, während Chiaki automatisch das Gesicht verzog. Scheinbar kannte er diese Geschichten schon zu genüge und Noriko war sich nicht sicher, ob sie diese alten Karamellen überhaupt hören wollte.
Während ihr Freund die Runde belustigt verfolgte, wollte Noriko am liebsten auf ihr Zimmer verschwinden. Es war ein gewaltiger Fehler gewesen, Tadashi ihrer Familie vorstellen zu wollen. Bestimmt fühlte er sich jetzt schon heillos überfordert. Wieso hatten ihre Eltern auch keine normalen Freunde? Doch mit dem nächsten Knaller hatte auch sie nicht gerechnet.
„Also ich finde ja, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Oder wer wäre beinahe wegen nächtlichen Ruhestörungen aus dem Wohnheim geflogen, weil er seine animalischen Triebe nicht im Zaum halten konnte, mhm?“
Masarus Stimme war ruhig, aber ein unterschwelliger Hauch Sarkasmus schwang automatisch mit und ließ den Raum verstummen.
Noriko fühlte wie ihre Wangen warm wurden und sie vor Scham am liebsten im Erdboden versinken wollte, als sie die entsetzen Gesichter ihrer Eltern sah.
Ihre Mutter war rot angelaufen und ihren Stuhl ein ganzes Stück hinunter gerutscht, während ihr Vater mit aufgeklapptem Mund seine Bierflasche in Händen hielt. Ihr Freund hielt sich bedeckt und blickte in die kleine Runde, in der sich das blanke Entsetzen wiederspiegelte.
Doch Masaru, wäre nicht er, wenn er nicht noch einen draufsetzen würde. Noriko kannte ihren Onkel nur zu gut und wusste, dass er ihre Eltern gerne in Verlegenheit brachte, auch wenn der Augenblick wirklich unpassend gewählt war.
Tadashi sollte doch nichts Schlechtes über sie denken…
„Oder erinnert ihr euch noch, als wir auf dieses Musikfestival gefahren sind? Yamato und ich haben die beiden Turteltäubchen überall gesucht, bis wir an unserem Wangen vorbeigekommen sind, der verdächtig gewackelt hat. Anscheinend wurde darin ein wirklich heißer Liebestanz zelebriert, der sogar unverhofft neun Monate später Früchte…“
„Aua“, schrie Tadashi plötzlich auf, rutschte mit dem Stuhl zurück und tätschelte sich sein Schienbein, während Mimi entsetzt dreinblickte.
„Tut mir leid, ich wollte eigentlich Masaru treffen“, gab sie peinlich berührt zu und hielt sich die Hand vor den Mund, während Noriko das Gefühl hatte, sich in einer verdrehten Welt zu befinden.
Ging es denn noch schlimmer?
Und was hatte Onkel Masaru da gerade nur erzählt? Die beiden hatten auf einem Festgelände…
„Ich wurde während eines Festivals gezeugt?! Ihr habt mir immer was Anderes erzählt! Von wegen geplant und so“, brüllte Noriko verletzt und konnte nicht fassen, wie sich dieser Mittag entwickelte. Manchmal wünschte sie sich wirklich eine andere Familie.
„Schätzchen, so stimmt das doch gar nicht. Wir…“, setzte Taichi an, als er von Noriko unterbrochen wurde
„Was stimmt denn dann? Dass ich ein unglücklicher Unfall war, den man hier einfach vor allen blamieren kann?“
„Mäuschen, das wollten…“
Doch weiter kam Mimi nicht, als Noriko einfach aufsprang, ihren Stuhl unsanft an den Tisch schob und durch Wohnzimmer schritt. Mit einem lauten Knall hatte sie die Zimmertür zugeschlagen und ließ Tadashi am Tisch alleine zurück.
Etwas unbeholfen kratzte er sich am Hinterkopf und setzte sich etwas nach vorne.
„Also die Lasagne ist wirklich lecker, Frau Yagami“, versuchte er die Situation zu retten, obwohl sie bereits hoffnungslos verloren war.
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Niedergeschlagen betrachtete Taichi die kleine Runde vom Sofa aus. Während Arisu es geschafft, zu Noriko durchzudringen und in ihr gemeinsames Zimmer zu gelangen, war die Laune der anderen am Tiefpunkt angelangt.
Sora und Yamato waren bereits mit den Kindern und Isamu nach Hause gefahren, um etwas Ruhe reinzubringen. Auch Chiaki und Momoko hatten sich mit ihrem gemeinsamen Sohn auf den Heimweg begeben, während Mimi immer noch damit beschäftigt war Masaru in der Küche die Leviten zu lesen.
Tadashi saß immer noch gemeinsam mit Takeru und Katsuo am Tisch, doch Taichi entging nicht, dass er einen besorgten Blick zu Norikos Zimmertür warf.
Taichi seufzte leise, als sich seine Schwester direkt neben ihm niederließ.
„Wow, das war wirklich sehr peinlich für Nori“, erwiderte sie matt. „Ich bin wirklich froh, dass unser Sohn im Moment mit Takerus Mutter in Paris ist. Du bist sein Vorbild und heute hast du dich wirklich unmöglich verhalten.“
„Unmöglich? Ich? Hast du nicht gehört, was Masaru alles erzählt hat?“, fragte er ungläubig und hatte ernsthaft den Verdacht, dass seine Schwester den Ohrenarzt aufsuchen musste.
„Du weißt genau, wie ich das meine. Allein schon wie du den armen Jungen angesehen hast. Er ist völlig verängstigt! Willst du ihn vergraulen? Nur zu deiner Info, deine Tochter hat diesen Jungen unglaublich gern! Leg diesen dämlichen Beschützerinstinkt ab! Den hast du schon bei mir nicht gebraucht und wirst es bei ihr auch nicht brauchen“, redete sie ihm ins Gewissen.
Taichi verdrehte nur die Augen. Seine Schwester hatte leicht reden. Sie hatte den Jungen doch auch gerade erst kennen gelernt, wie konnte sie sich da so sicher sein?
Oder übertrieb er es tatsächlich mit seiner Fürsorge? Er erinnerte sich noch gut daran, wie er damals auf die Beziehung von Takeru und seiner Schwester reagiert hatte.
Es dauerte Monate bis er sich daran gewöhnt hatte, wenn nicht sogar Jahre. Doch der Blondschopf tat ihr sichtlich gut.
Er kümmerte sich aufopferungsvoll um seine kleine Familie und beschützte sie, so wie er es Taichi schon damals als kleiner Junge versprochen hatte.
„Sei einfach für sie da. Du bist ihr Vater und wirst immer einen wichtigen Platz in ihrem Leben haben und daher ist es wichtig, dass du auch den Menschen an ihrer Seite akzeptieren lernst, der sie glücklich macht“, führte sie fort. „Lern‘ den Jungen kennen. Mach dir ein Bild von ihm und steh deiner Tochter bei. Rede mir ihr.“
Nachdenklich runzelte Taichi die Stirn und konnte kaum fassen, wie sehr die Worte seiner Schwester ihn rührten.
Ja, er würde immer einen wichtigen Platz in ihrem Leben haben, aber er hatte Angst, dass sie ihn irgendwann nicht mehr brauchen würde. Seine Kinder bedeuteten ihm alles in seinem Leben und er wollte keinen wichtigen Moment von ihnen verpassen, auch wenn der pure Egoismus ihn dazu verleitet hatte, unfair zu spielen.
Er wollte Noriko beschützen. Tadashi mit Fragen bombardieren, um herauszufinden, ob er es ernst meinte. Doch das war nicht seine Aufgabe. Sie müsste ihre Erfahrungen alleine sammeln, so wie er es einst getan hatte.
„Danke Kari, ich glaube ich sollte mich bei dem Jungen entschuldigen. Er macht wirklich einen netten Eindruck“, gab er kleinlaut zu, auch wenn es sich kaum traute, es laut auszusprechen.
Auf Karis Gesicht zauberte sich ein Lächeln, doch bevor sie etwas sagen konnte, hörten beide einen quietschenden Schrei aus der Küche kommen.
„Oh mein Gott, sie ist da!“, brüllte Masaru durch die Wohnung und hielt sein Handy in die Lüfte.
Mimi hielt sich bereits die Ohren zu, da Masarus schriller Freudenschrei durch Mark und Bein drang.
„Katsuo, wir müssen unbedingt los! Meine Nichte ist da“, wiederholte er immer noch ungläubig und tänzelte freudig durch das Zimmer, auch wenn Taichi es nur schwerfällig als Tanz identifizieren konnte.
Keine fünf Minuten später waren auch sie aufgebrochen und auch seine Schwester und Takeru wollten sich schon auf den Nachhauseweg machen, als Kari ihm einen eindeutigen Blick schenkte.
Ein wenig wiederwillig ging er auf Tadashi zu, als Mimi die beiden zur Haustür begleitete und sie noch verabschieden wollte.
Was sollte er nur zu dem Jungen sagen? Er saß immer noch völlig eingeschüchtert auf dem Stuhl und traute sich nicht zu rühren.
„Na, möchtest du nicht mal nach deiner Freundin sehen?“, fragte Taichi unbeholfen und ließ sich auf dem Stuhl neben ihm nieder.
Tadashi presste die Lippen aufeinander und blickte unschlüssig zu ihrer Zimmertür. „Meinen Sie denn, dass sie mich reinlässt? Nori kann sehr stur sein…“
Er sackte etwas den Stuhl hinab und wandte sich erwartungsvoll an ihn, als Taichi ihm ein amüsiertes Lächeln schenkte.
Behutsam legte er eine Hand auf seiner Schulter ab und sah ihn versöhnlich an.
„Das hat sie von ihrer Mutter, aber ich kann dir verraten, dass wenn du am Ball bleibst und dich bemühst, sie dich nicht abwimmeln wird.“
„Sprechen Sie da etwa aus Erfahrung?“, hakte er zurückhaltend nach.
„Naja bei ihrer Mutter und mir war das ähnlich gewesen. Ein ständiges hin und her. Sie war stur und dickköpfig, da musste ich mich schon anstrengen, um sie zu erobern“, erwiderte er grinsend.
„Naja, scheint ja geklappt zu haben, wie man so hört…“, lachte er amüsiert, während sich Tais Blick verfinsterte, bevor er ebenfalls mit einstieg.
Wenigstens hatte der Junge Humor.
„Du solltest zu ihr gehen. Na los“, forderte er ihn nachdrücklich auf.
Bestärkt stand Tadashi auf und ging schnurstracks zu Norikos Zimmer, indem er sogar wenige Minuten später verschwand.
Erleichtert atmete Taichi aus und lehnte sich sachte nach hinten, als plötzlich die Stimme seiner Frau ertönte.
„Stur und dickköpfig? Das ist doch jetzt nicht dein Ernst?“, fragte sie entsetzt und stemmte erbost die Hände in die Hüfte.
„Ähm…“, begann er sprachlos.
„Okay, heute Abend hast du definitiv Anfass-Verbot, mein Lieber! Stur und dickköpfig? Ich fass es nicht“, murrte Mimi wütend und stapfte in ihre Küche, um die Unordnung zu beseitigen.
„Mimi…Schatz…warte…so meinte ich das nicht“, rief Taichi ihr hinter und sprang sofort auf, um zu Kreuze zu kriechen. Diese Frau. Auch noch nach so viel Jahren, machte sie ihn einfach nur wahnsinnig…
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Behutsam klopfte er an ihre Zimmertür und wartete auf eine Antwort von ihr, bevor er eintrat. Er hatte extra gewartet, bis Arisu sich bettfertig machen wollte, um mit Noriko unter vier Augen sprechen zu können.
Im Nachhinein tat ihm sein schäbiges Verhalten gegenüber Tadashi sehr leid, auch wenn er es tatsächlich geschafft hatte Noriko wieder zu beruhigen, was eine Kunst für sich darstellte.
In diesem Punkt kam sie wirklich nach ihrer Mutter, die Taichi wohl heute keines Blickes mehr würdigte. Selbst tausendfaches Entschuldigen half in diesem Fall nichts, um diese Frau besänftigen zu können.
Doch bevor er sich weiter mit Mimi beschäftigte, wollte er die Sache mit Noriko klären und Rückgrat beweisen, indem er sich bei ihr entschuldigte.
„Na, wie geht’s meiner Großen? Kann ich eintreten, oder besteht die Gefahr, dass du mich mit deinem Kissen abwirfst?“, fragte er vorsichtig nach und hielt sich weiterhin in Türnähe auf.
Noriko saß auf ihrem Bett und hatte ihre langen braunen Haare zu einem locker geflochtenen Zopf zusammengebunden. Sie hatte bereits ihren Schlafanzug an und blätterte nebenbei in einem Buch, während sie ihrem Vater einen undefinierbaren Augenaufschlag schenkte.
Wahrscheinlich war sie noch sauer auf ihn. Und auch wenn er Gefahr lief, dass nächstbeste Kissen ins Gesicht geschleudert zu bekommen, näherte er sich ihrem Bett. Finster betrachtete sie jeden seiner Schritte, sagte aber nichts, als er sich auf ihrer Matratze niederließ.
„Hör zu…“, begann er leise und suchte Blickkontakt. „Ich habe mich wirklich nicht richtig verhalten. Es tut mir sehr leid, dass das Mittagessen so chaotisch abgelaufen ist und dass ich Onkel Masaru nicht daran gehindert habe, solche dummen Sprüche vor Tadashi zu sagen.“
Noriko legte die Stirn in Falten und biss sich auf ihre Unterlippe, als sie zeitgleich die Arme vor der Brust verschränkte. „Und? Stimmt es denn, was er gesagt hat? Ich bin ein Festivalbaby?!“
Taichi murrte leise vor sich hin und wollte Masaru am liebsten den Hals dafür umdrehen, Noriko so einen Floh ins Ohr gesetzt zu haben. Sie sollte davon nichts erfahren, nicht das sie ihre Eltern noch für notgeile Hippies hielt.
Doch als er ihren dringlichen Blick auffing, wusste Taichi, dass er zu ihr mit dem Herzen sprechen musste.
„Nori, das ist doch völlig egal, unter welchen Umständen du gezeugt wurdest. Deine Mutter und ich waren sehr glücklich gewesen, als wir erfahren haben, dass du unterwegs warst. Du warst unser kleines Wunder, dass uns jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat und deswegen fällt es mir auch so schwer dich loszulassen. Du bist schon so selbstständig, wirst irgendwann auf eigenen Beinen stehen, von zuhause ausziehen und deine eigene Familie gründen. Vielleicht sogar mit Tadashi, vielleicht auch mit jemand anderem. Aber du wirst, egal wie alt du auch bist, mein kleines Mädchen bleiben, dass auf meinen Schultern gesessen und die Kirschblüten im Frühling bewundert hat.“
Gerührt beendete er seinen Monolog und sah in die braunen Augen seiner Tochter, die seinen so ähnlich waren. Es dauerte keine Sekunde, als sich Noriko auf ihre Knie schaffte, sich näher an ihn heranrobbte und die Arme innig um ihn schlang.
„Danke Papa“, murmelte sie ihm entgegen und drückte ihn so fest an sich, dass Taichi mit seinen eigenen Emotionen fast schon überfordert war.
Es war lange her, dass ihm seine Tochter eine so innige Umarmung schenkte und er genoss jede einzelne Sekunde davon.
Langsam lösten sie sich voneinander, als Taichi fürsorglich über ihren Haaransatz strich.
„Du bist mir also nicht mehr böse?“
Noriko schüttelte sofort mit dem Kopf und grinste leicht vor sich hin, bevor sie die Lippen kräuselte.
„Ich glaube, Tadashi fand es sehr witzig. Seine Eltern sind kaum zuhause und er kennt so ein verrücktes Familienleben gar nicht, weshalb er auch beschlossen hat, öfter vorbeizukommen“, erzählte sie ihm euphorisch.
„Wirklich? Hat Masaru ihn nicht abgeschreckt? Na, das muss wirklich was heißen“, sagte er lachend und freute ich insgeheim, dass er mit Nori alles klären konnte.
Auch wenn es nicht leicht für ihn war, loszulassen, musste er es tun, um seine Tochter nicht zu verlieren.
Gelassen erhob er sich von ihrem Bett und starrte zufrieden auf sie hinab. „Okay, macht aber jetzt nicht mehr solang, ja?“
„Papa, wir haben Ferien, schon vergessen?“, erwiderte Noriko kichernd und zog eine Augenbraue in die Höhe, als im selben Moment ihr Handy vibrierte.
Sie beugte sich zu ihrem Nachttisch und grinste verliebt vor sich hin, als sie eine neue Nachricht entdeckte.
„Okay, ich glaube, ich lasse dich mal mit deinem Handy alleine“, antwortete er verschmitzt und wünschte ihr eine gute Nacht, bevor er aus ihrem Zimmer trat.
Auf dem Weg in sein Schlafzimmer begegnete er noch Arisu, die ihm einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange hauchte und ebenfalls in ihrem Zimmer verschwand.
Gelöst betrat er endlich seine nächtliche Ruhestätte, als ihm auffiel, dass seine Frau auf ihrem gemeinsamen Bett saß und leise vor sich hin schluchzte.
„Mimi? Ist alles in Ordnung?“, fragte er beunruhigt, schritt zielstrebig auf sie zu und beugte sich vor ihr auf die Knie.
Er saß wie sich eine einzelne Träne löste und langsam ihre Wange hinunter wanderte.
Völlig gerührt blickte sie ihm in die Augen und streichelte zärtlich über sein Gesicht, obwohl sie vor wenigen Stunden irgendwas von „Anfass-Verbot“ geredet hatte.
„Was hast du denn?“, hakte er besorgt nach, da er nicht verstehen konnte, warum sie weinte.
Doch ein mildes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, während sie ihre Stirn liebevoll gegen seine drückte.
„Du bist wirklich ein toller Vater…“, meinte sie mit gedämpfter Stimme, als sich Taichi verwundert etwas von ihr löste.
„Du hast wieder an der Tür gelauscht, oder?“
„Vielleicht…“, antwortete sie fast flüsternd und zupfte verspielt an seinem obersten Hemdknopf. „Ich bin eben meiner Mutter ähnlicher, als ich manchmal möchte.“
„Ach, ich denke das ist normal. Unsere Kinder sind ja auch wie wir, oder?“
„Das schon, obwohl Noriko eindeutig nach dir kommt“, stellte sie fest und schlang die Arme um seinen Hals.
„Aber Arisu und Isamu kommen definitiv nach dir. Erinnerst du dich noch, als ich unserem Sohn das erste Mal einen Fußball hingelegt hatte? Er hat ihn mit Wasserfarbe verziert!“, entgegnete er entrüstet, da sein Sohn wohl niemals in seine Fußstapfen treten würde.
Aber das war okay. Er war froh, dass alle seine Kinder einen eignen Kopf hatten.
„Das stimmt wohl, aber er wird sicher Mal ein berühmter Künstler. Ari wird vielleicht Designerin und Nori hat bestimmt vor, die Welt zu verändern“, meinte sie lächelnd, als sie über die Zukunftspläne ihrer Kinder nachdachte.
„Ja, das könnte wirklich passen“, erwiderte Taichi bestätigend und strich ihr zärtlich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Ich glaube wir sollten ins Bett gehen“, schlug Mimi versöhnlich vor und scheinbar schien der kleine Disput von heute Mittag völlig in den Hintergrund gerückt zu sein.
Taichi nickte nur, als er sich von ihr losmachte und gerade im Begriff war seinen Schlafanzug aus der Kommode zu kramen, als Mimi ihn aufhielt.
„Was machst du denn da?“, fragte sie verführerisch und setzte sich in Pose.
Verdutzt blickte Taichi sie an und schien nicht zu verstehen, auf was sie hinauswollte.
„Naja, ich wollte meinen Schlafanzug anziehen…“
„Ach wolltest du das? Ich glaube, ich habe was anders mit ‚ins Bett gehen‘ gemeint“, sie grinste verwegen und signalisierte ihm, dass er die Tür schließen sollte.
„Ach so ist das also…na wenn das so ist…“, raunte er verführerisch, als er die Tür hinter sich schloss und danach direkt auf ihr Bett zusteuerte. Mimi biss sich auf die Unterlippe und ließ sich etwas zurückfallen, als sich Taichi neben ihr niederließ. Voller Liebe blickte er ihr in die Augen, als er sehnsüchtig seine Lippen auf ihre legte und sich dem Rausch der Leidenschaft endgültig hingab.