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Was es heißt, zu siegen

Shiratorizawa Girls' Volleyball Club
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
verarbeitetes Thema: ein Geruch Komplett anzeigen

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Takako - Middle Blocker (Vice Captain)

Takako hatte gehofft, dass die Stimmung im Team besser werden würde, nachdem sie das Spielfeld verlassen und sich in die Umkleide begeben hatten, doch anfangs sah es nicht danach aus. Mei hatte zwar wie immer zügig aufgehört zu weinen, aber zu einem richtigen Gespräch würde sie erst fähig sein, wenn sie sich schon auf dem Heimweg befanden. Noriko war sehr viel stiller als sonst, fast so still wie Rina, wenn das überhaupt möglich war, und nicht ansatzweise so fröhlich wie üblicherweise. Als Neuzugang unter ihnen war Saki noch ein wenig überfordert mit der Situation und verhielt sich deshalb ruhig. Sie alle wollten sich einfach nur so schnell wie möglich umziehen, die Nachbesprechung hinter sich bringen und dann nach Hause gehen.

Takako sah unsicher zwischen Chihiro und Akira hin und her, bevor sie ihre Uniform ordentlich zusammenlegte und in ihrer Tasche verstaute. Sie konnte nur schlecht mit so einer angespannten Stimmung umgehen. Es erinnerte sie an die Prüfungszeiten, in denen ihre Eltern sie abfragten, sobald sie das Haus betrat.

»Wollen wir vielleicht nach der Besprechung noch was zusammen machen?«, fragte Saki in die Stille hinein, völlig blind gegenüber der momentanen Lage. Dennoch musste Takako lächeln; sie mochte Saki gerade weil sie sich nie unterkriegen ließ und lieber lachte als traurig zu sein.

Noriko war auch sofort Feuer und Flamme für die Idee, und wenn sie ging, würde Rina folgen. Chihiro stimmte ebenfalls zu, wenn auch zögernd. Mei antwortete nicht, aber das wunderte niemanden. Sie selbst wäre gerne mitgekommen, doch dafür blieb ihr leider keine Zeit. Nachdem sie sich ihre Tasche über die Schulter geworfen hatte, lächelte Takaki entschuldigend in die Runde.

»Tut mir leid, aber ich kann heute nicht«, erklärte sie peinlich berührt. An Akira gewandt fuhr sie fort: »Die Besprechung muss ich leider auch ausfallen lassen.«

Akira nickte knapp. »In Ordnung.«

»Entschuldige.«

»Ist schon okay, darauf hast du keinen Einfluss«, winkte Akira ab und nickte ihr zum Abschied kurz zu. Takako winkte den anderen noch schnell zu, bevor sie die Tür öffnete und sich auf den Weg machte.
 

Die Schule, gegen deren Team sie heute gespielt hatten, befand sich in der Nähe der Bahnlinie, mit der sie jeden Tag zu Shiratorizawa und zurück nach Hause fuhr. Der Fußweg zur Station würde sie keine Viertelstunde kosten, doch Takako ertappte sich dabei, wie sie ihr Tempo etwas zurücknahm. Sie schloss die Augen und genoss für einen kurzen Moment nur das Gefühl der immer noch warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Viel zu früh öffnete sie die Augen wieder, seufzte kurz und betrat den Bahnhof genau in dem Augenblick, als ihre Bahn einfuhr.

Takako zögerte, warf einen prüfenden Blick auf die Abfahrtstafel und entschied sich, auf den nächsten Zug zu warten, der planmäßig in zehn Minuten eintreffen würde. Sie wollte sich nicht hetzen nach Hause zu kommen, wenn ohnehin nur ihr Schreibtisch darauf wartete, dass sie für die nächsten Prüfungen lernte.

Nachdem der Zug abgefahren war, war der Bahnsteig so leer, dass Takako sich in Ruhe eine Bank aussuchen und darauf niederlassen konnte. Sie lehnte sich zurück und erfreute sich an der Stille, die an Bahnhöfen immer nur dann eintrat, wenn die meisten Menschen eingestiegen und davongefahren waren. Nach einer Weile griff sie nach ihrer Tasche, die sie zuvor zu ihren Füßen abgestellt hatte, und kramte ein Buch hervor – Shiba Ryoutarous ›Moeyo Ken‹, ihre letzte Errungenschaft aus der kleinen Bücherei in ihrem Wohnviertel.

Takako hatte schon immer gerne gelesen. Ihre Eltern waren beide berufstätig und hatte noch nie viel Zeit mit ihre verbringen können, aber solange sie ihre Bücher hatte, störte sie sich nicht allzu sehr daran. Es waren nicht unbedingt die Geschichten selbst, die sie in ihren Bann zogen, sondern vielmehr das Gefühl des Papiers zwischen ihren Finger, das dunkle Schwarz gegen das nicht ganz blütenreine Weiß der Seiten, und besonders der einzigartige Geruch, der jedem Buch eigen war.

Takako liebte den Geruch von Büchern, den frischen, abenteuerlustigen Geruch von neuen Büchern genauso wie den vollen, erdigen Geruch von alten Büchern, die lange Jahre vergessen in Regalen verbracht hatten. Fast noch mehr liebte sie den Geruch von Tinte, frisch aufbereitet an den Sonntagnachmittagen, die sie zusammen mit ihrer Mutter verbrachte, um sich in Kalligraphie zu verbessern. Sie musste lächeln, als sie daran dachte. Mehr noch als den Geruch von Tinte schätzte sie diese Sonntagnachmittage, an denen ihren Eltern egal war, wie gut ihre schulische Leistungen waren oder dass sie Volleyball spielte, obwohl es ihr nur zusätzliche Zeit zum Lernen raubte.
 

Der Geruch der druckfrischen Seiten drang schon lange nicht mehr an ihre Nase, und auch ihre Augen verfolgte nicht mehr angestrengt die Zeilen, sondern blickten unfokussiert auf die schwarzen Zeichen. Ein anderer Geruch füllte ihre Lungen, obwohl sie so viel Abstand wie möglich zwischen sich und seine Quelle gebracht hatte. Seit Takako das erste Mal die Sporthalle ihrer Schule betreten hatte, um dem Volleyballclub beizutreten, konnte sie diesen ganz speziellen Geruch nicht mehr vergessen. Er schien sie magisch anzuziehen und wartete immer darauf, dass sie unachtsam wurde und er sie überwältigen konnte. Es geschah auch immer häufiger, dass sie an ihrem Schreibtisch plötzlich innehielt und den Erinnerungen an vergangene Matches nachhing.
 

Als ihr Zug in den kleinen Bahnhof einfuhr, stand Takako mechanisch auf und hoffte, dass der Nachmittag des nächsten Tages sie vergessen lassen würde, wie viel lieber sie auf dem Spielfeld stehen als über Büchern hocken würde.



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