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Unter den Schwingen des Horusfalken

von

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Geduld


 

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efer war es gelungen in den privaten Gang des Hausherrn und seines Sohne zu gelangen. Um ihre Anwesenheit zu erklären, fegte sie eifrig die Fliesen und arbeitete derart minutiös, dass selbst Sat-Sachmet, die Haushälterin, die auf einem Kontrollgang vorbeisah, sich nicht wunderte, dass sie hier war sondern nur die Arbeit abnickte. Tatsächlich versuchte die Ermittlerin jedoch zu hören oder zu sehen, was Akenptah trieb. Außer, dass er im Bad gewesen war und gefrühstückt hatte, hatte sie jedoch nichts mitbekommen. Das würde sich bald ändern, erkannte sie, als sie den Haushofmeister in den Flur kommen sah. Eilig wich sie etwas zurück und schwang den Besen.

Thothhotep warf ihr keinen Blick zu. Überall im Haus gab es Personal, das putzte, Öl nachfüllte, den Tisch deckte oder Kleidung sammelte, um dies im Fluss zu waschen, als er in das Schlafzimmer Akenptahs ging und die Matte hinunterließ. Nefer fegte sofort deutlich näher, um zuhören zu können, zumal sie erkannte, dass ihr Kollege Ptahnacht dem Hausverwalter gefolgt war und ebenso in den Flur ging, sich jedoch dezent zurückzog, da er sie dort sah.

„Was hast du vor?“ Thothhotep klang besorgt. „Du hast nach einer Säfte geschickt. Willst du nochmals mit deinem Vater reden?“

„Ach, nein. Ich habe hier einen Brief eigenhändig geschrieben, den möchte ich sicher Menhekat zukommen lassen.“

„Menhekat? Warum um Ptahs Willen denn das?“

„Ich möchte mich von ihm … Nun ja, eigentlich möchte ich mich bei ihm bedanken. Und es ihm erklären.“

„Warum schickst du keinen Diener? Es ziemt sich doch nicht selbst Briefe durch die Gegend zu tragen ...“ In Thothhoteps Stimme lag eine gewisse Emotion, die Nefer jedoch nicht deuten konnte.

„Nein, ich gehe in sein Zimmer und mache das selbst.“

„Das macht man doch nicht!“

„Ich werde es tun.“

„Ich werde es für dich tun, Akenptah. Ich weiß zwar nicht, was in dich gefahren ist, aber ...“

„Ich will es selbst machen! Ich werde mich durchfragen, bis ich weiß, wo Menhekat im Moment schläft und ihm das auf das Bett legen.“

Thothhotep schien zu seufzen. „Nun gut. Ich weiß, in welchem Zimmer er momentan untergebracht ist, müsste mich jedoch noch einmal zur Sicherheit erkundigen. Machen wir es so: wir lassen uns gemeinsam in den Palast tragen und ich erkundige mich. Dann gehen wir zu dem Trakt und am Beginn des Flures gibst du mir das selbst. Wenn mich ein Diener trifft, kann ich mich mit deinem Befehl herausreden. Aber du begehst keinen Bruch der Sitte, der dir irgendwann einmal schaden könnte.“

„Siehst du das nicht zu eng, Thothhotep?“ Akenptah klang seltsam zwischen Zorn und Resignation schwankend.

„Nein, und du solltest das wissen. Was auch immer in der Zukunft liegt – schon eine Heirat mit einer Königstochter, die dir zusteht, ist dein Vater doch ein Königssohn, ist nur möglich, wenn du einen tadellosen Ruf hast.“

„Oder der Herr der beiden Länder bin.“ Der Junge klang spöttisch. „Na schön. Lass zwei Sänften holen. Ich will, dass dieser Brief ohne Zwischenfall zugestellt wird.“

Nefer hörte Schritte und machte, dass sie selbst möglichst lautlos aus dem Flur huschte, um Ptahnacht, der dort wartete, hastig zu erklären. Eines der Dinge, die Meruka seinen Leuten beigebracht hatte, war, dass Informationen immer möglichst rasch zumindest an einen Partner, wenn nicht schon an ihn als Leiter weitergeleitet werden sollten, um zu verhindern, dass ein Geheimnis nur durch die Vergesslichkeit oder im schlimmsten Fall den Tod eines Kollegen auch immer eins bleiben würde.

„Ich folge ihnen,“ hauchte der „Getreue“mehr als er es sagte, da er ihre beiden Zielpersonen erkannte.

Nefer hätte fast geseufzt, aber es war nur logisch. Sie fegte eilig weiter. Beide zusammen würden sie auffallen, und wenn doch etwas gegen den Ältesten Königssohn unternommen werden sollte, war Ptahnacht sicher deutlich besser zu gebrauchen als eine Sängerin des Apis. Sie wäre nur auch gern einmal beim Ende eines Falles selbst dabei gewesen. Aber kämpfen, noch dazu mit einem Dolch oder einer Lanze, gehörte eindeutig nicht zu ihren Fähigkeiten.

 

Da Ptahnacht wusste, wohin die beiden vornehmen Herren sich tragen lassen wollten, wartete er nicht, sondern sah zu, dass er so rasch wie möglich in den Palast gelangte. Die Wachen am Tor waren Kollegen und ließen ihn ohne Weiteres ein, so dass er die kleine Tonmarke gar nicht vorzeigen musste. Im Vorhof blickte er sich hastig um, vermutete jedoch, dass Meruka wie gestern schon in dem kleinen Raum gegenüber Menhekats war. In wenig überrascht sah er ihn dann in dem kleinen Garten neben Merit sitzen, ging aber hin.

Meruka bedeutete dem Mädchen aus dem ipet eilig sitzen zu bleiben, stand jedoch selber auf und kam seinem Mitarbeiter entgegen. Was war geschehen?

 

Ptahnacht war knappe Berichte, die die Lage jedoch veränderten, seit einigen Kriegszügen gewohnt, und hatte sich das auch bei Merukas Aufträgen beibehalten. „Die Zwei kommen wieder her. Akenptah will unbedingt in Menhekats Zimmer, angeblich um einen persönlichen Brief dort niederzulegen, in dem er sich bedanken will. Thothhotep war dagegen, aber geht jetzt mit um das selbst zu tun, schließlich sei ein vornehmer Herr kein Bote. Er erwähnte, dass Akenptah durch so etwas, wenn das bekannt werden würde, seine Möglichkeiten, eine Königstochter zu heiraten, einschränken würde, das dürften doch nur Leute mit tadellosem Ruf. Nefer sagte, dass Akenptah darauf erwiderte, und der Herr der beiden Länder. Sie dürften bald kommen.“

„Danke. Geh in das Zimmer, das Menhekats gegenüberliegt, und sage es Nebhotep und Rahotep. Vor allem letzterer sollte gewisse Tropfen griffbereit haben.“

„Ich sage es ihm.“ Ptahnacht gab zu, dass er diese Tropfen schon schätzen gelernt hatte. Es war eine Mischung, überaus sorgfältig zusammengestellt aus so ziemlich allen einschläfernde Pflanzen in ganz kemet. Rahotep rückte als Arzt natürlich nicht damit heraus, was das alles war, aber ihm war einmal entkommen, dass es sich um seine eigene Spezialmischung handelte. Er selbst, Ptahnacht, hatte sie zu schlucken bekommen, als er bei einem Zusammenstoß mit Sandleuten bei Timna verletzt worden war. Der Narr, der ihm das Messer in den Körper gejagt hatte, war tot gewesen – und er hatte sich das nur mehr gewünscht, denn das waren wahrlich höllische Schmerzen gewesen. Dieser Trank, den ihm Rahotep da aufgezwungen hatte, hatte jedenfalls bewirkt, dass er von der eigentlichen Behandlung nichts mitbekommen hatte. Als er aufwachte, waren zwar noch immer Schmerzen da, aber der Arzt hatte mit seiner Vorhersage: „eine Verletzung, die ich heilen werde,“ natürlich recht behalten. Nur eine tiefe Narbe in der Leiste zeugte noch von dem Zwischenfall. Die Chirurgen kemets waren ebenso fähig wie die Augenärzte, nun, eigentlich alle.

 

Meruka kehrte unterdessen zu Merit zurück, die aufstand und ihn erwartungsvoll ansah. „Es könnte bald losgehen,“ sagte er. „Menhekat ist sicher noch von viele Leuten umgeben und sollte keine Zeit finden in sein Zimmer zu gelangen. Du kannst mir dennoch einen Gefallen tun.Gehe zu Hekaptah, wenn dich ein Schreiber hindern will, sage, du kämst im Auftrag des Herrn der beiden Länder, dann werden sie dich durchlassen, und sage dem Königlichen Siegler folgendes: es scheint alles bereit zu sein. Er möge, wie ich es ihm vorschlug, handeln. Er wird Zeit brauchen, wir auch. Und erinnere ihn daran, dass es vollkommen dunkel im Raum sein soll. Danke.“

Merit war etwas verwirrt, aber sie war Befehle gehorchen gewohnt und ging nur so rasch weg, wie es ihrer Stellung ziemte.

Ihr Vorgesetzter wandte sich um. Die Falle stand bereit – aber wer würde hineinfallen? Akenptah, Thothhotep oder beide? Im schlimmsten Fall niemand und alles war ganz harmlos und er hatte sich geirrt. Das wäre eine ziemliche Blamage für ihn, würde ihn vermutlich eine Beförderung kosten, ja, ihn eher am Horusweg in der Wüste landen lassen, aber er sah beim besten Willen kaum andere Kandidaten.

So ging er etwas weiter vor. Im Vorderen Hof herrschte ein gewisses Kommen und Gehen, die Büros des tjati wurden von allen möglichen Leuten, Schreibern, Beamten und auch schlichten Bürgern aufgesucht. Hier lagerten die wichtigsten Urkunden ganz kemets, auch Testamente, Käufe und Schenkungen, hier konnte im Streitfall nachgesehen werden. Er wich erst um die Ecke zurück, als er zwei Sänften erkannte, die durch das Tor getragen wurden und rechts, wo alle Tragestühle der hohen Herrschaften abgestellt wurden, hingebracht wurden. Thothhotep und Akenptah.

Hm. Für einen Augenblick schwankte Meruka. Was, wenn sie nur zu Sobeknacht wollten? Aber dort waren sie doch erst gestern gewesen und überdies hatte Akenptah als Sohn auch Abends Zeit mit seinem Vater zu reden. Drittens hatte Nefer doch ausrichten lassen, es gehe um einen Brief an Menhekat. Nur, was war an dem so schrecklich wichtig, dass Akenptah das einem Diener, ja, nicht einmal einem der Schreiber des tjati anvertrauen wollte, die zwischen Privathaus und Palast des Öfteren hin-und hergingen? Er sollte einigermaßen in Deckung gehen und verschwand wieder zu dem kleinen Garten, blieb allerdings rückwärts am Stamm der Dumdum-Palme stehen, so dass er nicht ohne weiteres auffiel, wenn seine beiden Verdächtigen um die Ecke kamen. Für jeden anderen, der ihn zufällig sah, musste es wirken, als ob er das Bassin und die kleinen Nilbarsche darin betrachtete.

 

„Ich verstehe wirklich nicht, warum du mit musst,“ beschwerte sich Akenptah gerade. „Mich sieht schon keiner und … sieh nur, hier steht nicht einmal ein Türhüter.“

„Das stimmt, war aber nicht vorherzusehen.“ Der Haushofmeister klang angespannt. „Akenptah, mein lieber Junge, du bist noch immer sehr spontan und handelst, ohne nachzudenken.Ich betrachte es als meine Pflicht dich vor den Folgen zu schützen. Gib mir den Brief und ich lege ihn auf das Bett.“

„Nein, ich will mitkommen!“

Meruka dachte bei sich, dass die Zwei diese Diskussion schon öfter geführt hatten. Und ja, Akenptah klang in diesem Moment wie ein kleines Kind.

Als er um den Stamm sah und bemerkte, dass die beiden den Trakt betraten, folgte er ihnen lautlos, blieb jedoch draußen stehen und warf nur einen Blick um die Ecke.

„Das ist hier nicht sonderlich vornehm,“ beschwerte sich Akenptah.

Sein offenbar geplagter Erzieher seufzte. „Junger Freund, nicht jeder ist tjati. Und du warst doch wirklich oft genug schon hier, dass du das wissen solltest. Schon die Tatsache, dass die hier Schlafenden abgetrennte Schlafmöglichkeiten zugeteilt bekommen, deutet auf ihren hohen Status hin. Arbeiter und einfache Leute schlafen bei Bauprojekten nebeneinander in großen Räumen, haben auch nur gemeinsame Waschanlagen und Toiletten. Wie übrigens auch die Diener bei uns im Haus.“

Akenptah bereute seinen unüberlegten Kommentar hörbar, als er eifrig erwiderte: „Nun ja, bei einem Pyramidenbau oder ähnlichen Bauvorhaben arbeiten Tausende. Es wäre kaum möglich, oder auch nur sinnvoll, diesen allen Einzelzimmer zu gewähren. Und selbst Vater könnte nicht jedem Dienstboten etwas geben. - Abgesehen davon, dass die Bauern ja auch immer alle in einem Zimmer schlafen.“

„Du bist ein so kluger Junge. - Warte.“ Der Hausverwalter des tjati zählte lautlos die Räume ab, ehe er stehenblieb. Noch einmal vergewisserte er sich, dass er richtig war, in dem er die Zimmer von der anderen Seite zählte, dann blickte er sich gründlich um, ehe er den Vorhang emporhob und hineinschlüpfte, ihn für Akenptah aufhielt. „Das hier muss der Raum von Menhekat sein,“ flüsterte er. „Ja, sieh nur, die Feuerschale ist schon gefüllt, alles bereits hergerichtet, ja, sicher.“

„Dann lege ich den Papyrus hier hin.“

„Du könntest auch mit ihm sprechen.“

„Ach, lieber nicht. Er wäre bestimmt enttäuscht.“ Als sich Akenptah abwandte und den Brief auf das Bett legte, zog Thothhotep einen kleinen Beutel unter den Falten seines Schurzes hervor, den von dem Seil um seine Taille löste, und zu der Feuerschale trat. Mit einer fast ruckartigen Bewegung schüttete er den Inhalt auf das Tamariskenholz und deckte es mit der linken Hand dann darüber.

 

Im nächsten Augenblick fühlte er sich von vier Händen gepackt und unsanft zu Boden geworden. Er hörte den Aufschrei Akenptahs, dem es nicht anders erging. Gegen vier Männer, alle davon kriegserfahren, konnten sie sich jedoch ebenso wenig helfen, wie dagegen, die Ellbogen auf den Rücken gefesselt zu bekommen und ein feuchtes, nach Kräutern und allerlei riechendes, Tuch in den Mund gestopft zu bekommen.

„Haltet sie gut fest,“ befahl Meruka, der mehr auf Thothhotep kniete, während der Arzt noch einmal seine Tropfen nachgoss.

Es dauerte jedoch fast fünf Minuten, bis die beiden Gefangenen das Bewusstsein verloren.

 

Als Akenptah erwachte, atmete er tief durch. Er lag in vollkommener Dunkelheit. Erst nach einigem Nachdenken fiel ihm die Szene in Menhekats Zimmer ein. Entsetzt spürte er, dass seine Arme noch immer unter ihm gefesselt waren. Er lag auf einem kalten Fliesenboden. Wer nur waren diese Leute gewesen? Er lauschte, hörte dann etwas neben sich. Erschreckt fragte er: „Ist da wer?“

„Akenptah!“

Erleichtert hörte er die vertraute Stimme seines Erziehers. „Was war das? Was ist nur passiert?“ Das Schlafmittel wirkte noch immer nach.

„Ich erkannte mindestens einen Mann in der Tracht der Getreuen. Ich fürchte, wir sind verhaftet worden.“ Auch Thothhotep war noch etwas verwirrt und versuchte seine Gedanken mühsam zu sammeln.

„Weil ich einen Brief für Menhekat hinterlassen wollte? Das kann doch kein Verbrechen sein.“

„Was steht denn in dem Brief drin?“

„Naja, ich bedankte mich für seine Freundlichkeit, ja, Freundschaft, und dafür, dass er mir angeboten hatte mal tjati zu werden, aber das möchte ich ja nicht. Und Vater sagte mir ja gestern zu, mir meinen größten Wunsch zu erfüllen.“

„Ja? Wie?“ Thothhotep klang verwundert.

„Er sagte, ich kann nach Iunu, in die Schule.“

„Nach Iunu, an den Tempel des Re, diese Schule? Ja, aber, du wolltest doch nie Architekt werden?“

„Nein, nicht Architekt. Das Messen und Rechnen … nein. Ich habe jedoch, als ich mit Menhekat jetzt in Abu war, wo der Palast des mächtigen Horus gebaut wird, gesehen, was noch alles notwendig ist. Die Steine aus allen Teilen des Landes müssen geliefert werden, pünktlich so, dass sie nicht zu viel Lagerplatz verbrauchen, aus Timna muss genug Kupfer kommen, dass die Arbeiter weiter machen können, diese müssen ausgehoben und mit Häusern und Nahrung versorgt werden, man braucht Schmieden, Küchen ...Es ist eine riesige Aufgabe solch eine große Baustelle zu versorgen. Alles muss passen. Das möchte ich lernen und machen.“

„Akenptah, du redest von Schreiberarbeit. Das kann doch nicht seit Neustem dein größtes Ziel sein? Hast du vergessen, was du mir so oft erzählt hast? Du wolltest das Ka deiner Schwester retten!“

„Ich kann nicht in die Fußstapfen meines Vaters treten, die sind mir zu groß. - Oh, natürlich. Das Ka von Neferhenut. Das hat Vater doch gerettet.“

„Akenptah, du weißt doch, was du mir gesagt hast, als du im Fieber niederlagst und dich die Dämonen der Sachmet peinigten?“ Der Erzieher schien deutlich entsetzt.

„Ja, natürlich. Ich mag … Ich war im Fieber, Thothhotep. Als ich dann hörte, und sah, was Vater für sie tat, die Mumie, die Bilder im Grab ...Da wusste ich doch, dass für ihr Ka alles getan worden war, damit es zurückfinden kann. Und er, also, Vater sagte mir auch, dass der Herr der beiden Länder sich für sie einsetzen will.“ Akenptah versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Leuchtete da es nicht golden oder silbern? Irritiert starrte er hin, meinte dann jedoch: „Ich werde auch, wenn der Totentempel fertig ist, immer für meine Familie dort Opfer bringen, und sie alle auch in meinem Haus der Ewigkeit zeichnen lassen. So sind sie doppelt gesichert.“

„Ja, aber ...“ brachte Thothhotep hervor. „Du wolltest doch sie retten, selbst im Jenseits.“

„Ja, natürlich.“ Akenptah schien nicht zu verstehen.

„Junge, du weißt ja gar nicht, was ich alles für dich tun würde! Und dann sagst du mir, jetzt, du willst Schreiber werden, eine einfache Schreibertätigkeit bei irgendeinem Bauplatz?“

„Das ist viel mehr, das habe ich ja auch erst in Abu gesehen. Und Menhekat meinte ja auch, es sei sehr schön, wenn ich das machen würde,wenn es mir so zusagt. Man braucht da Leute, die klar denken können, planen und vorhersehen. Andererseits aber eben auch jemanden, der weiß, wie die Verwaltung läuft und wie lange manche Dinge eben benötigen. Die Karawanen vom Meer bis nach Ibenu-hedj oder weiter nördlich durch die Ostwüste, wie man die versorgen muss und so weiter. - Thothhotep, wenn wir wirklich verhaftet sind, was passiert denn jetzt? Und warum?“ Er hätte sich gern über die schmerzende Stirn gerieben.

Der Hausvorsteher suchte eine Gedanken zusammen. „Ja, das warum weiß ich nicht so genau, vor allem, du. Ansonsten wird wohl bald ein sab-Beamter kommen, mit Dienern und uns das sagen. Vielleicht liegt auch ein Irrtum vor, nein, ganz bestimmt, bei dir.“

„Werden Angeklagte nicht auch geschlagen?“ Akenptah klang plötzlich ängstlich. „Ich habe doch nichts verbrochen. Ich will nicht in die Steinbrüche oder Gold in der Ostwüste schürfen! Wenn ich doch sage, dass wir unschuldig sind, Vater ...“

„Ich glaube nicht, dass wir ohne Wissen deines Vaters verhaftet wurden, mein Junge. Höchstens kam der Befehl noch von Anchnefer. Oder irgendein Getreuer wäre vollkommen durchgedreht. Nein, du bist unschuldig, das werde ich auch beschwören.“

„Ja, du doch auch!“ Mit einem gewissen, deutlich verzweifelten, Lachen ergänzte der Jüngere: „Ich bin sicher, du hast niemanden umgebracht, naja, früher sicher, auch einem Feldzug des mächtigen Horus.“

„Ja, damals schon. Und sonst habe ich nie ein Messer geführt, nein.“ Thothhotep atmete tief ein. „Ich werde dich beschützen, dir helfen, das wollte ich immer. Du bist der Sohn, den ich nie hatte, den mir die Götter verweigert haben.“

 

„Zündet das Licht an.“ Auf diese Anweisung einer befehlsgewohnten Stimme wurden unverzüglich Öllämpchen, dann Feuerschalen entzündet.

Blinzelnd sahen sich die Gefangenen um. Sie befanden sich im Vorzimmer des lebenden Gottes, erkannt sie dann. Er saß auf seinem Sessel, hinter sich Sobeknacht und Hekaptah, die Männer, die sie gefangen genommen hatten, waren dabei.

Akenptah wollte erleichtert „Vater“ sagen, ehe er begriff, dass er protokollgerecht auf dem Bauch liegen sollte, und sich umzudrehen bemühte, ebenso wie Thothhotep. Was auch immer passiert war, man durfte doch den Horus nicht erzürnen.

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel zeigt: die Folgen ...

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sanguisdeci
2018-02-07T08:08:31+00:00 07.02.2018 09:08
Sehr spannend!
Mir scheint, die Falle hat gut funktioniert.
Antwort von:  Hotepneith
07.02.2018 12:18
Danke für den Kommentar

Die Aussprache hat natürlich auch so gut funktioniert, weil beide noch unter dem Einfluss der netten Mischung von Lotus, Meereszwiebeln, Mohn etc. standen ... Es gab ja so einige Pflanzen, die sedierend wirkten.

hotep
Von:  Teilchenzoo
2018-02-06T19:20:32+00:00 06.02.2018 20:20
Thothotep also. Ja, seine "Vaterliebe" ist definitiv zu weit gegangen. Das war schon wirklich auffällig. Und gut, dass diese Falle so gut funktioniert hat. Gerade die Aussprache im Dunkeln.
Ich bin irgendwie auch sehr froh, dass Akenptahs Freundlichkeit echt ist. Dass es nicht einfach nur Täuschung war und es wirklich derart liebenswerte Menschen im Umfeld des zukünftigen Falken gibt. Der Königssohn scheint mir auch nett zu sein, er hat einen aufrichtigen Vertrauten verdient.

Spannend, der Fall!
Antwort von:  Hotepneith
07.02.2018 12:16
Danke dir. Fragt sich nur, ob das noch Vaterliebe ist...
Akenptah scheint noch recht naiv zu sein für sein Alter, aber vielleicht ist er auch als Manager in der Logistik, wie man das heute nennen würde gut aufgehoben.

Wenn man noch unter dem Einfluss von Betäubnsmitteln steht, redet es sich einfacher ...

Ich habe neulich übrigens einen tollen Vortrag über Armenienvor 21. Jhr. gehört:)

hotep



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