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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Extra Turn 36.5: Prankster

Extra Turn 36.5 – Prankster

 

 

„Matt!“

Die gequälten Schreie des Mädchens ließen den jungen Mann auffahren. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass er sich in seinem Zimmer befand. Mit nacktem, schweißnassem Oberkörper saß er kerzengerade im Bett. Es war noch dunkel, Mondlicht schien in das kleine Zimmer.

Im Bett nebenan lag Alastair und atmete leise. Aus den Augenwinkeln bemerkte Matt, dass sich eines der Kinder des Waisenhauses an den Rücken des Hünen gekuschelt hatte. Und trotz der Kälte des Winters hatte der Bursche sich nicht mal zugedeckt. Ein sanfter Seufzer entglitt Matts Kehle.
 

Aber die Stimme seiner Kindheitsfreundin Tara Hartwell hallte immer noch in seinen Gedanken, wie sie verzweifelt nach ihm rief. Es war nun schon mehrere Wochen her, dass er sich am Bahnhof von Livington für immer von ihr verabschiedet hatte. Ohne ihr Wissen. Das war der Preis dafür, dass ihre Gesundheit vom Sammler nach dem Urila-Vorfall wiederhergestellt worden war.
 

Matt fasste sich an die Stirn und stöhnte. Es fiel ihm schwer, nur darüber nachzudenken. Hatte es damals wirklich keinen anderen Weg gegeben?

Er kam jedoch nicht dazu, nach einer Antwort zu suchen, denn ein leises Klappern erweckte seine Aufmerksamkeit. Er streifte die viel zu dünne Bettdecke von sich, stand auf und deckte zunächst den Kleinen mit Alastairs Bettdecke zu.

Dabei jedoch all seine Sinne auf den Lärm gerichtet, der von der Kommode unter dem Fenster am Ende des Zimmers kam. Er schritt langsam zu jener herüber und erkannte, dass das Geräusch von einem Bilderrahmen stammte, welcher auf der Kommode stand.

 

Irritiert griff der Schwarzhaarige danach, doch noch bevor seine Finger das Bild erreichten, wurde es still. Nach kurzem Zögern nahm er das eingerahmte Foto in die Hand. Auch im Dunkeln wusste er sofort, was er da in den Händen hielt. Es war ein Bild aus seiner Zeit an der High School, abgebildet waren er, Tara und seine jüngere, ebenfalls schwarzhaarige Schwester Sophie, wie sie allesamt in die Kamera grinsten und mit den Händen Siegesgesten machten. Matt hatte an diesem Tag seinem Basketballteam zum Sieg über eine andere Schule verholfen.

Ein warmes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Das waren noch Zeiten gewesen. Bitternis begann sich jedoch in seine Gedanken einzuschleichen, denn kurz darauf bemerkte er erstmals, dass sein Vater Sophie schlug. Die tragische Geschichte nahm in den kommenden Wochen ihren Lauf …

 

Mit einem Schütteln seines Kopfs vertrieb er die Erinnerungen und setzte das Foto wieder ab. Es war das einzige auf der ganzen Kommode, denn Alastair besaß leider keine Erinnerungsstücke an seine Familie.

„Matt?“, kam es müde vom anderen Bett. Fast als wäre das sein Stichwort gewesen.

„Sorry“, entschuldigte sich der Jüngere leise, „bin von einem Geräusch wach geworden. Schlaf einfach weiter.“

Woher war jenes eigentlich gekommen? Hatte die Erde kurzzeitig gebebt?

„Du hattest wieder einen Albtraum“, stellte Alastair jedoch fest.

„J-ja …“ Matt ging zurück zu seinem Bett. „Tara. Ich habe sie wieder gehört, aber nirgendwo finden können. Meinst du … meinst du, dass Verträge mit dem Sammler irgendwann 'auslaufen'?“

Der Hüne mit der tiefen Stimme seufzte. „Matt, das Thema haben wir bereits genug besprochen. Diesen Teufel wirst du nicht austricksen können. Seine Abkommen sind endgültig, weshalb niemand je mit ihm handeln sollte!“

„Y-yeah …“ Betrübt legte der Schwarzhaarige sich wieder ins Bett und zog die Decke über sich, meinte: „Aber ich hatte keine Wahl. Es hätte sogar noch viel schlimmer kommen können. E-egal, wir müssen morgen früh raus. Gute Nacht.“

„Nacht …“

 

Matt zog die Bettdecke bis ans Kinn. Tatsächlich wusste er noch gar nicht, -wie- schlimm alles eines Tages werden würde. Dann, wenn er das andere Versprechen gegenüber dem Sammler einlösen musste.

 

~-~-~

 

Am nächsten Morgen setzte Matt sich halb verschlafen neben Alastair an den kleinen Tisch ganz am Ende des 'Saals'. Sie hatten die Wände der Küche durchbrochen, die sich hinter ihnen befand und so das einstmalige Wohnzimmer mit ihr verbunden. An den anderen Tischen saßen bereits haufenweise Kinder verschiedenen Alters. Die beiden Erzieherinnen huschten von einem Platz zum anderen, weil sie immer wieder gerufen wurden, was besonders der Seniorin schwer fiel. Aber sie beide lachten dabei.
 

Matt wandte sich seiner Suppe zu. „Ugh, schon wieder?“

Sein Freund, der bereits in seinem roten Mantel steckte und das lange, schwarze Haar heute offen trug, rümpfte die Nase. „Find' dich damit ab.“

„Muss ich ja wohl.“ Matt nahm den Löffel neben der bereits leicht angerissenen Schüssel und begann die Gemüsesuppe zu schlürfen. Er machte das bewusst aus Trotz, weil es Alastair unheimlich nervte. Und die bösen Seitenblicke kündeten von seinem Erfolg dabei.

 

Matt sah in die dünne, hellbraune Brühe, in der ein paar Gemüseteile und ein wenig Fleisch schwammen. Sie beide hatten zwar in San Augustino kleinere Jobs, mit der sie sich ein wenig Geld dazu verdienten, aber es reichte kaum für mehr als das hier. Sie waren einfach zu wenige Leute, um so vielen Kindern ein wenig mehr zu bieten.

Der junge Mann seufzte betrübt. Alector war der mit dem Haupteinkommen, da er öfter anderen Dämonenjägern auf die eine oder andere Weise half. Manchmal war er für mehrere Wochen unterwegs, um irgendwelche Schätze, seltene Zutaten für Tränke oder gar Waffen zu finden und zu verscherbeln.

„Alles in Ordnung?“, fragte Alastair.

„N-nein.“

Sein von Brandnarben gezeichneter Freund gluckste. „Wenigstens bist du ehrlich.“

„Hab mich nur gefragt, ob wir nicht noch mehr tun können. Um Geld zu verdienen mein ich.“

„Alector möchte nicht, dass wir uns wieder in Gefahr begeben. Und ich auch nicht.“

Matt nickte. „Dann sind wir uns ja einig. Vergiss einfach, was ich gesagt habe …“

„Alector bemüht sich um Spenden, aber bisher hat er nichts erreicht. Doch so wie ich ihn kenne, wird ihm irgendetwas einfallen“, sprach Alastair zuversichtlich, „und uns auch.“

Nochmal nickte der Jüngere. „Yeah.“

 

Es zauberte ihm ein kleines Lächeln aufs Gesicht, dass sein Freund inzwischen positiver eingestellt war. Die Kinder waren daran sicher nicht ganz unbeteiligt.

Matt tunkte den Löffel in die Suppe. Da geschah es. Die Gemüse- und Fleischstücken bewegten sich. Formten vor seinen Augen ein Wort: „Hallo“.

„W-was!?“ Sofort ließ Matt den Löffel fallen, welcher klimpernd auf den Teller schlug.

Alastair sah ihn irritiert an. „Was ist?“

Der Schwarzhaarige blickte seinen Teller irritiert an, doch das Wort war durch die Bewegung durcheinander gebracht worden. „N-nichts. Hab mir grad' eingebildet, da hätte 'Hallo' in meinem Teller gestanden. Ha ha.“

Dass der Hüne nur schwieg interpretierte Matt als Duldung seiner hin und wieder auftauchenden, für Alastair unbegreiflichen, nervösen Ader. Ja, er war manchmal etwas paranoid. Zu seiner Anfangszeit als Dämonenjäger hatte er nach der traumatischen, ersten Begegnung mit Al hinter jedem Schatten ein Monster vermutet – ganz zum Ärgernis seines Partners. Inzwischen hatte sich das gelegt, doch manche Dinge überraschten ihn immer noch. Und Wörter in Suppen gehörten dazu – aber das hatte er sich wohl nur eingebildet.

 

~-~-~

 

Einige Stunden später stand Matt unlängst hinter einer Kasse und nahm die Scheine einer alten Dame entgegen. Er arbeitete hin und wieder, so wie heute, in einem kleinen Supermarkt, dem einzigen in San Augustino. Aber er mochte das Geschäft.

Es war hell, übersichtlich und einfach zu verstehen. Die Kasse befand sich direkt gegenüber vom Eingang, weiter ging es dann nach links zu den Regalen. Um die Mittagszeit war für gewöhnlich sehr wenig los, sodass er die derzeit einzige Kundin bediente und ihr das Wechselgeld reichte.

 

„Zwei Dollar und elf Cent. Bitteschön!“, strahlte er sie an.

Die bereits pensionierte Dame mit der grauen Lockenpracht sah ihn besorgt an. „Ach Mr. Summers, wie geht es den Kindern?“

„Sehr gut, Mrs. Kramer“, erwiderte Matt freundlich, der er in einem weiß-hellblau gestreiften Hemd steckte, das farblich perfekt zum Laden passte. Sein sonst eher auf Schwarz ausgelegtes Erscheinungsbild hatte er auf Bitte des Besitzers während der Arbeitszeit ablegen müssen, aber das störte ihn nicht. Manchmal tat etwas Farbe ganz gut.

„Hier, nehmen Sie das“, sprach die rundliche Frau und reichte ihm eine 20-Dollar-Note herüber, als sie das Wechselgeld in ihrem Portemonnaie verstaute.

Matt schüttelte erschrocken den Kopf. „D-das geht nicht! Ich darf so etwas nicht annehmen!“

„Aber die vielen Kinder“, jammerte Mrs. Kramer, „wie kommen Sie bloß über die Runden, wenn so viele Mäuler zu stopfen sind?“

„E-es geht schon, irgendwie.“

„Mr. Summers, ich bitte sie!“ Die ehemalige Lehrerin setzte eine strenge Miene auf. Sie nahm seine Hand mit der ihren und drückte ihm mit der anderen den Schein auf die Handinnenfläche. „Ich habe mein ganzes Leben lang mit Kindern zu tun gehabt. Über die Runden kommen zwei junge Männer und ein Rentner bei so vielen Waisen ganz gewiss nicht so einfach. Nehmen Sie es!“

Matt umklammerte den Schein mit seinen Fingern. „D-danke …“

Sofort hellten sich Mrs. Kramers Gesichtszüge wieder auf. „Na geht doch.“
 

Gerade wollte Matt sich nochmals bei ihr bedanken, da fiel ihm etwas Merkwürdiges auf. Obwohl er ihr das Wechselgeld längst ausgehändigt hatte, wurde es auf der Kasse immer noch angezeigt.

Nein … der Betrag war völlig absurd. 1337 Dollar, wie ging das denn!?

„Ist alles in Ordnung?“, fragte die ergraute Dame irritiert.

„Da stimmt was mit der Kasse nicht.“ Er tippte zweimal auf eine Taste, aber alles, was geschah, war dass der Betrag sich änderte und nicht zurückgesetzt wurde. Jetzt schuldete er ihr nur 07734 Dollar – wie auch immer das ging!

Seine Kundin drehte den Kopf seitlich und kicherte. „Das kenne ich. Da steht 'Hallo'! Sie sind ja ein Scherzkeks, Mr. Summers.“

„D-das war ich nicht!“

Plötzlich drehten sich die Zahlen, flackerten und bildeten eine neue Kombination: 5318008. Mrs. Kramer reckte den Kopf hoch. Empört rief sie: „Mr. Summers!“

„W-was …? Oh! Oh mein Gott, n-nein, d-das tut mir leid, oh Gott!“

Aber die alte Dame lachte. „Sie sind mir einer. Aber sie haben mir den Tag erheitert. Dann lasse ich sie mal mit ihrer frechen Kasse alleine!“

„T-tut mir leid!“

 

Die Dame öffnete die Tür und schritt kichernd aus dem Laden. Matt war vollkommen verzweifelt, wollte das dämliche Ding neu starten, aber es funktionierte nicht.

„W-was soll das, hey-!“ In dem Moment begann das Gerät Belege auszudrucken, auf dem nur die letzte Zahlenfolge stand, die Matt erneut erröten ließ.

„V-verdammt!“ Er riss die ersten vier Rechnungen ab, aber die Kasse dachte gar nicht daran, mit dem Unsinn aufzuhören. Zumindest bis Matt sich nach einem Geistesblitz unter den Tresen bückte und kurzerhand den Stecker zog.

Als er sich jedoch erhob, stellte er mit Schrecken fest, dass das überhaupt nichts gebracht hatte. Dabei fiel ihm auf, dass sich eine neue Zahlenfolge gebildet hatte: 1134206. Matt drehte den Kopf und schluckte: Go 2 hell. In dem Moment, als er die Nachricht verstand, wurde das Display schlagartig dunkel, der Rechnungswahnsinn hörte auf.
 

Matt stand wie benommen da, vor einem Tresen, von dem eine ganze Schlange an Rechnungen bis zum Boden hinab hing. Irgendetwas stimmte hier nicht …

 

~-~-~

 

Als der junge Mann am späten Nachmittag zurück kam – es dämmerte schon – steuerte er den kleinen Schuppen zur Linken des dreistöckigen, von außen etwas heruntergekommenen weißen Waisenhauses an.

Aus diesem kam Alastair gerade heraus gestampft, doch statt ihn zu grüßen, schien er ihn gar nicht zu bemerken. Stattdessen machte er einen Bogen um das Anwesen, hinter dem sich ein kleines Gewächshaus befand.

 

Matt folgte ihm. „Hey, Al!“

Der Hüne drehte sich um. Doch statt ihn zu grüßen, wandte er sich wieder um und steuerte das Gewächshaus an.

„Sag mal, ignorierst du mich!?“, empörte sich Matt.

Keine Reaktion. Als der Schwarzhaarige seinem Freund ins Innere folgte, wurde er erstmal vom intensiven Geruch des Gemüses übermannt. Matt hasste diesen, was vielleicht an einer unschönen Begegnung mit einem Pflanzendämonen von vor etwa zwei Jahren lag, die viele Tentakel und Gemüse-Fütter-Orgien beinhaltete. Manche Dämonen waren einfach nur seltsam …

 

„Alastair!“, donnerte Matt wütend.

Erst jetzt bemerkte sein Freund ihn scheinbar. „Matt, was ist los?“

„Hab' ich dir was getan?“

„Nein. Ich dir, dass du mich so anschreist?“

„Du hast mich ignoriert!“, klagte der Jüngere sauer. „Dreimal habe ich dich angesprochen, ohne dass du mir antwortest!“

Sein Freund machte ein verwirrtes Gesicht. „Oh? Dann entschuldige. Ich war wohl ganz in Gedanken vertieft.“

Zwar schnaubte Matt noch einmal, aber damit war der Ärger auch schon verflogen. Alastair zog an ihm vorbei herüber zur anderen Seite des Gewächshauses und bückte sich nach etwas. In feinen Reihen waren hier Tomaten, Gurken und andere Folterfrüchte angebaut. Neben Matt stand ein massiver Holztisch, der hier weder her- noch überhaupt richtig hineinpasste.
 

„Mir ist heute im Laden was Seltsames passiert“; begann Matt zu erzählen, während Alastair am Boden Zugange war, „die Kasse hat rumgesponnen, als ich mich mit Mrs. Kramer unterhalten habe. Erst hat sie Hallo als Zahlenfolge angezeigt, dann … Brüste.“

Alastair grunzte, aber wie das zu deuten war, wusste selbst Matt in diesem Moment nicht.

„Als sie weg war, hat das Ding pausenlos Rechnungen ausgedruckt, mit … Letzterem als Nachricht. Selbst als ich den Stecker gezogen habe. Danach stand dann 'Fahr zur Hölle', im Anschluss war das Ding mausetot. Das ist es jetzt immer noch …“

Alastair grunzte nochmal.

„Sagst du auch was dazu?“

„Hat einer deiner Kollegen dir vielleicht einen Streich spielen wollen?“

„Wie denn? Man kann die Kasse nicht so programmieren. Glaube ich jedenfalls. Und wenn ja, hat derjenige seinen Job riskiert. Und meinen“, fügte Matt wütend hinzu. „Ich glaube, das Teil wird ersetzt werden müssen. Und mich verdächtigt man als Ursache dafür!“

„Mach dir nichts draus. Dann war es defekt. Oder ein Trickster hat Besitz davon ergriffen und wollte dich ärgern. Stell sie dir wie Immaterielle vor, die nur Schabernack treiben, indem sie Objekte statt Menschen besessen.“

„Großartig! Das kommt mir doch bekannt vor! Dann klebt mir schon seit heute Morgen einer an der Backe …“

„Ignoriere ihn, die sind weitestgehend harmlos, wie du wissen solltest. Wenn du ihm zu langweilig wirst, sucht er sich jemand anderes.“

Matt war aber nicht zufrieden mit der Aussage. „Ja, die Kinder. Wir müssen etwas tun.“

„Nicht nötig, Trickster hassen Kinder für gewöhnlich. Warte einfach ab und wenn es nicht besser wird, iss etwas Knoblauch. Der Gestank wehrt sie komischerweise ab, obwohl sie nicht riechen können.“

„Sie und sämtliche anderen Lebewesen“, murrte Matt unzufrieden.
 

Alastair erhob sich. „Sei doch zufrieden, so erlebst du wenigstens mal etwas Aufregendes. Denkst du, ich merke nicht, dass du dich hier langweilst?“

„D-das stimmt nicht!“, protestierte Matt, als sein Freund sich zu ihm umdrehte.

Doch er seufzte schließlich und musste selbst zugeben, dass er sich selbst etwas vormachte, nachdem Alastair ihn strafend ansah und mit etwas in den Händen an ihm vorbei schritt.

„Ok, manchmal ist es schon langweilig“, gestand Matt und sah ihm dabei über die Schulter, wie der ein großes Tablett mit kleinen Töpfen hinüber zum großen Tisch des Gewächshäuschens schleppte.

Sein Freund und Mentor lachte sanft. „Du wirst dich schon dran gewöhnen. Ich sehe ebenso, wie sehr dir die Kinder ans Herz gewachsen sind.“

Der Jüngere lächelte besonnen. „Yeah. Es ist schon ein ganz anderes Leben, das wir jetzt führen.“

„Ich vermisse das alte nicht“, erwiderte Alastair, drehte sich zu Matt um, schritt aber an ihm vorbei. Er schnappte sich einen Stapel aus großen, grünen Blumentöpfen, der in der Ecke zum Eingang stand. „Ich bin froh, dass wir eine zweite Chance bekommen haben. Nach all dem, was wir getan haben.“

„Nicht alles davon war schlecht.“

„Aber vieles hätte besser abgewogen werden müssen.“ Der Schwarzhaarige stellte die Töpfe neben das Tablett mit den Tomatenpflanzen und griff nach einem großen Sack Erde. „Erscheinen dir manche Dinge heute nicht falsch, Matt?“
 

Jener legte eine Hand ans Kinn und musste kurz überlegen, kam aber auf die Schnelle zu keiner wirklichen Antwort. So gab er ehrlich zu: „Ich habe mir darüber bisher keine Gedanken gemacht. Refiel – Another – hat dich geführt und ich bin dir gefolgt. Wir haben Menschen mit ihren Problemen geholfen, sie beschützt.“

„Und dabei getötet.“ Alastair schaufelte den Kübel mit Erde voll, ohne seinen Freund dabei anzusehen. „Wobei dich keine Schuld trifft. Ich habe auf diese falsche Schlange gehört, wie sie mir süße Worte ins Ohr geflüstert hat. Ich dachte, ich tue etwas Heiliges. Wie es meine Familie seither für die Menschheit tat.“
 

Traurig beobachtete Matt seinen Freund, wie er die Tomatenpflanzen nacheinander umtopfte. Eine Weile sagte keiner etwas. Bis Ersterer den Umhang des Schweigens nicht länger ertrug. „Muss schwer sein, mit einem so großen Namen-“

Aber er brach ab und hätte sich selbst ohrfeigen können.

„Die Van Helsings haben sich der Dämonenjagd seit Jahrhunderten verschrieben. Ich als der letzte Nachkomme hätte von ihren Erfahrungen am meisten profitieren sollen. Doch stattdessen wurde ich wie eine Schachfigur von A nach B gesetzt, ohne das überhaupt infrage zu stellen.“ Mit jedem Wort drang die Verbitterung, die Alastair quälte, mehr hindurch. Auch seine Stöße mit der Schaufel wurden heftiger und heftiger.

Matt versuchte ihm gut zuzureden. „So ging es uns allen.“

Vergeblich. „Aber ich war der Auslöser für alles. Und es ist nicht nur das. Schon davor habe ich alles getan, zu dem er mir geraten hat. Wesen vernichtet, von denen ich niemals wissen werde, wie viel Menschlichkeit womöglich in ihnen steckte.“

„Wenn wir nichts getan hätten wäre alles vermutlich viel schlimmer für unsere Klienten gekommen.“ Matt trat selbstbewusst an seinen Freund heran und fasste ihm auf die Schulter. „Wir haben die Welt zu sehr in Schwarz und Weiß eingeteilt, das stimmt. Was wir bekämpft haben, waren fühlende Wesen. Doch was sie getan haben, war in fast allen Fällen trotzdem falsch.“

Alastair drehte sich zu ihm herum und lächelte schwach. „Ich danke-“
 

Der Moment der Freundschaft wurde durch ein jähes Klirren unterbrochen. Hinter den beiden zerbarst einer der Töpfe mit den Tomaten regelrecht, schwarze Erde spritzte durch das Gewächshaus.

„Argh!“, stöhnte Matt, als er von einer Tonscherbe an der Stirn getroffen wurde.

Auch Alastair wich erschrocken zurück. So schnell wie der Schrecken kam, war er allerdings auch schon wieder vorbei.

Beide starrten völlig perplex den Tisch an, auf dem inmitten der intakten Töpfe die Reste des zerplatzten lagen.

„Wie ist das passiert?“, wunderte sich Matt. „Sag nicht, dieser elende Trickster war das!?“

Alastair fasste sich stöhnend an die Stirn. „So scheint es.“

„Was für eine Sauerei. Au!“, jammerte der Jüngere, der nicht nur dreckig von all der Erde geworden war, sondern auch eine saftige Beule davongetragen hatte.

„Geh das kühlen“, wies der Hüne ihn streng an. „Ich räume hier auf.“

„Haben wir Knoblauch im Haus?“

Doch Alastair schüttelte den Kopf. „Nein. Wenn ich hier fertig bin, werde ich schnell losfahren und dir welchen besorgen. Du mach dich inzwischen erstmal sauber.“

Der junge Mann winkte bereits ab und schlenderte dabei zum Ausgang. „Danke. Naja, wenigstens ist es jetzt nicht mehr langweilig …“

 

~-~-~

 

Am Abend saß Matt wieder am kleinen Tisch für die Erwachsenen – alleine. Alle anderen hatten sich zu den Kindern gesetzt, denn die Knoblauchsuppe, die eine der Erzieherinnen ihm gekocht hatte, übte nicht nur auf Dämonen eine abschreckende Wirkung aus.

„Du stinkst, Matt“, triezte ihn ein siebenjähriger Rotschopf, der hinter ihm stand.

Ein kleines Mädchen lachte von einem anderen Tisch so laut, dass es fast vom Stuhl fiel. Nach und nach verfielen die Kleinen in einen Singsang, der nicht gerade schmeichelhaft für den ehemaligen Dämonenjäger war.
 

Der schrumpfte immer mehr auf seinem Stuhl mit dem Löffel in der Hand zusammen.

„Iss!“, befahl Alastair ihm aus sicherer Entfernung.

„Dafür wirst du büßen“, knurrte Matt bitterböse mit zusammengekniffenen Augen, grinste dann aber, „denk dran, wer mit dir in einem Zimmer schläft.“

„Ich habe deine Matratze bereits ins Gewächshaus gebracht.“ Der Ton des Hünen machte deutlich, dass es sich nicht um einen Scherz handelte.

„W-was!? D-das kann nicht dein Ernst sein!“

„Du wirst es überleben.“

„Es ist verdammter Winter!“, fauchte Matt und wurde ob seines Fluchens böse von den beiden älteren Erzieherinnen angesehen. „Da hol' ich mir den Tod weg!“

„Du bekommst eine zusätzliche Decke. Und jetzt iss!“

Fassungslos und voller Wut im Bauch starrte Matt in die cremefarbene Suppe. „Ugh!“

„Matt stinkt, Matt stinkt, Matt stinkt!“

„Stinkematt, Stinkematt!“

Wieso immer er, fragte sich der junge Mann schicksalsergeben und seufzte schwer. Dann nahm er den ersten Löffel und stellte fest, dass das Zeug nicht einmal schmeckte …

 

Seine heimliche Hoffnung, Alastair könnte doch gescherzt haben, wurde unlängst zerstört, als er im Dunkeln im Gewächshaus vor seiner Matratze stand. Zum Glück waren die Winter hier relativ mild, aber dennoch war es kalt genug. Daran würden auch die diversen Decken nichts ändern, die die Kinder ihm mitgegeben hatten. Jene hatte er geschultert und warf sie auf sein Behelfsbett.

„Hmpf. Iss Knoblauch, sagt er“, meckerte Matt dabei vor sich hin. „Vertreibt den Trickster.“

Er steckte in einem gepunkteten Pyjama, den Alector ihm geliehen hatte und kroch schnaubend über die Bettdecken hinweg, unter denen er sich verkroch.

Dabei bemerkte er, dass sein Freund ihm auch das Bild von ihm, Sophie und Tara sowie einen Wecker auf den Boden gestellt hatte. Da entfleuchte ihm doch ein warmes Lächeln. Eigentlich verstand er es auch. Alastair hatte ihn nicht wegen des Geruchs ausgesperrt, sondern wegen des Tricksters. Der sollte zwar längst fort sein – zumindest hatte Matt auch nichts Ungewöhnliches mehr erlebt – aber man konnte nie wissen. Manche von denen, so Alector, waren ziemlich anhänglich. Und mitunter mit ihren Streichen eine Gefahr für andere.

„Na dann, gute Nacht“, wünschte er den beiden Mädchen auf dem Bild, was immer sie auch gerade taten. Es dauerte nicht lange, da drifteten seine Gedanken ab …

 

~-~-~

 

… und er stand in seinem schwarzen Ledermantel mitten in der Finsternis. Genauer gesagt am Rand seines Elysions, das die Form einer großen, runden Mosaikscheibe innehatte, auf der zahlreiche graue Zahnräder abgebildet waren, die wohl das Innere einer antiken Maschine oder etwas Ähnliches darstellten.

Matt fasste sich fassungslos an die Stirn. „Ugh! Jetzt willst du mich also hier nerven, was?“

Er war nicht alleine. Auf der anderen Seite befand sich etwas, das ihn an einen überdimensionalen Scheißhaufen aus schwarzen Partikeln erinnerte, fast so groß wie er. Denn ja, er fand keine passendere Beschreibung für dieses Mistvieh von Trickster.

„Okay, ich sage es jetzt einmal: Verschwinde!“

Die Ansammlung aus Finsternis wobbelte still hin und her, ohne jedoch zu reagieren.

„Ich finde das langsam nicht mehr lustig!“

Keine Reaktion.

„Hey!“

„Du musst nicht so schreien!“, kam es plötzlich von der anderen Seite. Aus dem Haufen erhob sich eine lange Ranke, an dessen Spitze sich ein Paar Augen öffnete. „Du bist so herzlos!“

„Verschwinde aus meinem Elysion! Und aus meinem Leben, wenn du schon dabei bist! Geh' jemand anderem auf die Nerven!“

„Und das, obwohl wir uns gerade erst begegnet sind! Eiskalt! Ich friere regelrecht!“ Tatsächlich begann der Schattenscheißhaufen zu zittern, schrumpfte dabei langsam.

Matt schnaubte. „Was willst du von mir!?“

„Oh, ein bisschen dies, ein bisschen das-!“

„Was genau!? Mich terrorisieren!? Das ist dir gelungen!“ Matt wusste genau, dass Alastair ihm dringend davon abgeraten hatte, mit diesem Wesen Kontakt aufzunehmen, weil es sich in seinem Tun nur bestätigt fühlen würde. Aber er konnte einfach nicht anders, als Dampf abzulassen.

Jetzt, da er so einem Mistvieh wirklich gegenüber stand, erinnerte er sich an so ein Gespräch mit Alector vor ein paar Wochen. Schon damals hatte er vermutet, dass ein Trickster involviert sein könnte, als sich plötzlich seltsame Ereignisse in der Umgebung sowie merkwürdige Träume zu häufen begannen.

 

Zunächst zaghaft die Faust vor der Tür haltend, klopfte Matt schließlich bestimmt an. Es dauerte einen Moment, ehe gedämpft ein 'Herein' geknurrt wurde. Vorsichtig öffnete der junge Mann die Tür und trat in das kleine Büro Alectors ein. Alastairs Ausbilder saß an seinem Schreibtisch vor dem alten Röhrenbildschirm. Zu Matts Rechten stand ein großer Aktenschrank, in der hinteren Ecke dagegen eine Stehlampe, die bereits Licht in das fensterlose Zimmer warf.

Was ist?“, fragte Alector brummig.

Na toll, dachte sich der Schwarzhaarige frustriert. Der Alte, dessen heraus stechende Merkmale eine Narbe über der rechten Augenbraue und ein kümmerlicher, grauer Haarkranz waren, hatte mal wieder schlechte Laune.

„Ich muss mit dir über etwas reden“, sprach Matt trotzdem freundlich und trat einen Schritt nach vorne.

„Sonst wärst du wohl nicht hier“, bemerkte sein Gegenüber bissig.

 

Matt wusste nicht, wo er überhaupt anfangen sollte. Seine Träume waren das eine, die Dinge, die in San Augustino vor sich gingen und sogar hier im Waisenhaus, etwas ganz anderes.

„Ich glaube, dass sich in der Nähe ein Dämon oder Geist aufhält“, sprach der junge Jäger seinen Gedanken daher frei heraus.

Der Alte richtete sich auf. „Was?“

„Im Ort kursieren so einige merkwürdige Geschichten“, begann Matt zu erklären und schilderte dem Mann, der ebenso wie Alastair sein Mentor war, die Dinge, die er aufgeschnappt und sogar miterlebt hatte. „… und hier sind mir ebenfalls Dinge aufgefallen. Dinge, die sich nicht erklären lassen. Wörter an den Wänden, die keinen Sinn ergeben, Albträume die unheimlich real sind, fliegende Gegenstände …“

Und wie schätzt du die Lage ein?“, fragte Alector scharf.

Matt verschränkte die Arme. „Könnte ein Poltergeist sein.“

„Falsch“, wurde er sofort gescholten. „Poltergeister sind an einen bestimmten Ort gebunden.“

„Ein Goblin-“

Sofort wurde er durch ein höhnisches Lachen unterbrochen. „Und wie lange glaubst du, würde ich einen Goblin hier dulden? Sollte sich irgendetwas Nicht-Menschliches nähern, würden meine Resonanzchronosphären Alarm schlagen.“

Der junge Mann keuchte, gab sich aber noch nicht geschlagen. „Sofern sie richtig funktionieren.“

„Das tun sie.“

„Sicher? Ich kenne eine Dämonengattung, die sie umgehen kann.“

Alector drehte sich von seinem Bildschirm weg und faltete die Hände ineinander, stützte sich mit den Ellbogen gespannt nach vorne beugend ab. „Sprich.“

Ein Trickster.“
 

Tatsächlich kam dieses Mal kein Widerspruch. Aber Matt sah dem Alten an, dass er das für eine sehr gewagte Vermutung hielt.

Trickster waren Meister der Täuschung und Illusionen, deren Lebenssinn darin bestand, Unordnung zu schaffen, Konflikte zwischen anderen Lebewesen zu provozieren. Allgemein galt, dass sie keinen eigenen Körper besaßen, sondern sich an ihre Opfer hefteten, bis sie ihnen zu langweilig wurden. Das erschwerte es erheblich, sie zu erforschen, da sie zudem eine äußerst seltene Spezies darstellten.

 

Denkst du wirklich, ein Trickster würde seine Zeit mit uns verschwenden?“ Alector klang nicht vorwurfsvoll. Im Gegenteil, Sorge schwang in seinem ruhigen Ton mit. „Ich versichere dir, dass es sich bei den von dir geschilderten Vorkommnissen nicht um das Werk von Dämonen handelt.“

Matt fühlte sich seltsam, dieses Wort aus dem Munde eines eigentlich erfahrenen Jägers zu hören. So sprach jemand, der nicht gelernt hatte, hinter die Fassade zu blicken. Aber das brauchte er hier wohl kaum anmerken.

Wie kannst du dir so sicher sein?“ Erfahrung, natürlich. Etwas, an das es Matt noch sehr mangelte, wie dieser selbst wusste.

Sein Gegenüber lehnte sich zurück. „Was hat Alastair dir relativ früh beigebracht?“

„Uh.“ Matt überlegte. „Den Feind zu kennen?“

„Ja. Aber dafür musst du zunächst die Augen offen halten. Alles beobachten, jedes Detail zu erfassen. Was siehst du, wenn du in San Augustino unterwegs bist.“

Wieder stockte der Schwarzhaarige. „I-ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst. Armut?“

„Das. Und Demut. Ein hartes, einfaches Leben.“ Alector seufzte. „Matt, diese Leute leben nahezu abgeschottet vom Rest der Welt. Missverstehe mich nicht, sie sind keine Bauern des 18. Jahrhunderts, aber die wenigsten von ihnen haben dieselbe Bildung wie du genossen.“

Matt schüttelte langsam den Kopf. „Ich verstehe, worauf du hinaus willst, aber …“

Wenn du diese Erklärung nicht akzeptierst, beweise das Gegenteil“, forderte Alector ihn heraus.

Matt überlegte und wirbelte schließlich herum. „Also gut. Das werde ich!“

Als er das Büro verließ, bemerkte er nicht, wie sein Mentor väterlich lächelte. Und kaum war die Tür geschlossen, flüsterte Alector betrübt: „Wie viel Wert hat eine Antwort, auf die du nicht aus eigener Kraft gekommen bist?“

 

Nach diesem Gespräch war plötzlich alles zur Normalität zurückgekehrt. Dementsprechend erfolglos der Versuch, Alector von seiner Vermutung zu überzeugen. Matt begann an eine Verkettung unglücklicher Zufälle zu glauben. Ein Fehler, wie sich nun herausstellte.
 

„Du könntest mich wenigstens ausreden lassen“, klagte der Trickster beleidigt und beugte seinen langen Auswuchs so weit vor, dass er Matt fast berührte. Die gelben Glubschaugen sahen ihn neugierig an. „So fies bist du nur zu mir!“

„Es ergibt keinen Sinn, mich mit dir zu streiten!“ Matt schlug den Tentakel knallhart weg, sodass das ganze Gebilde drohte umzustürzen. „Verschwinde, sonst werde ich dich vernichten!“

„Eiskalter Killer! Mörder!“, beschimpfte ihn das Unding und nahm in seiner partikelartigen Masse langsam die Gestalt eines zweibeinigen Wesens an. „Aber wie willst du das machen, hmm?“

„Wenn du mich genau beobachtet hast, weißt du, was ich bin!“

„Oh ja, das weiß ich! Aber das beeindruckt mich nicht. Bäh!“ In seiner humanoiden Form streckte die schwarze Masse ihm eine Zunge heraus.

„Elender-!“

Da klatschte der Trickster seine neugewonnenen Hände zusammen. „Ich habe eine Idee! Wie wäre es mit einem-“

„Nein!“

„Lass mich doch ausreden!“

„Nein! Ich will es nicht hören!“

Der Dämon schnaubte. „Hmpf! Musst du aber! Denn ich lasse dich erst hier raus, wenn wir uns unterhalten haben!“

Matt schreckte innerlich zusammen. Das Ding wollte ihn in seinem eigenen Elysion einsperren!? Unmöglich, das war seine persönliche Gedankenebene! Doch als er versuchte, diese zu verlassen, gelang es ihm nicht. „W-was!?“

„Siehst du? He he!“

 

„Okay …“ Matt streckte den Arm vor sich aus. „Dann eben so!“

An diesem manifestierte sich ein schwarzes, bereits aktiviertes D-Pad.

„Oh! Duel Monsters! Na endlich! Und ich dachte schon, du fragst nie!“ Der Trickster klatschte in die Hände und ließ aus seinem rechten Arm eine Duel Disk wachsen, die Teil seines Körpers blieb.

 

Eine andere Wahl hatte Matt nicht. Er musste dieses Biest bekämpfen und das gelang ihm am ehesten mit den Karten, die Urila ihm hinterlassen hatte …

„Hör zu! Wenn ich gewinne, suchst du dir einen anderen Ort zum Austoben! Wenn du gewinnst, höre ich mir an, was du mir zu sagen hast!“

„Oh? Mehr nicht? Nicht mal eine Einladung zu einem Rockkonzert oder so? Langweilig. Aber gut, damit kann ich leben. Erstmal …“

Zwar fragte sich Matt, ob er hier wirklich das Richtige tat, doch etwas anderes kannte er im Grunde gar nicht. So rief er zornig aus: „Duell!“

 

[Matt: 4000LP / Trickster: 4000LP]

 

„Was ist das hier für dich überhaupt, ein Spiel!?“, klagte Matt mit ausgebreiteten Armen.

Die schwarze, humanoide Partikelansammlung winkte mit der rechten Hand hin und her. „Vielleicht? Es -ist- unterhaltsam. Kann ja nicht jeder so'n verklemmter Langweiler wie du sein.“

„Vor ein paar Wochen noch hast du hunderte Menschen terrorisiert. Darunter Kinder!“

„Na und? Ist doch nur Spaß“, trällerte sein Gegenüber langgezogen, seufzte dann aber und zog sein Startblatt auf. „Die verstehen das – und wenn nicht, erklärst du es ihnen. Du schaffst das schon, Großer!“

Matt tat es ihm gleich. „Ich lasse nicht zu, dass du damit weitermachst! Schon gar nicht, während du in mir steckst, du-“

Sein Gegner beugte sich provokativ nach vorne. „Na sag schon! Was bin ich? Wenn du beim ersten Versuch richtig liegst, gibt’s den Hauptgewinn!“

 

Dämon, zumindest wollte Matt das zwischen seinen Zähnen knirschen, verkniff es sich aber. Bei dem war sowieso nur jedes Wort wie Öl ins Feuer zu gießen. Und er durfte nicht vergessen, dass dieses Duell nicht nur dazu diente, diesem Spaßvogel das Handwerk zu legen – es ging hier ebenso um sein Wohlbefinden!

 

Als schließlich beide sich ihrer Starthand zuwandten, geschah etwas Merkwürdiges. Beide stöhnten resignierend.

Nur Zauber- und Fallenkarten, stellte Matt entsetzt fest. Damit konnte er nichts anfangen!

„Oh Junge“, nuschelte die schwarze Gestalt am anderen Ende seines Elysions.

„M-mach deinen Zug!“, befahl Matt.

„Fang du doch an!“

„Nein!“

„Ich habe kein Problem damit, ehrlich.“

Der ehemalige Dämonenjäger zischte: „Ich habe hier Hausrecht, also entscheide ich, wer zuerst am Zug ist. Du!“

Da erhob die Schattengestalt die Hände. „Ist ja schon gut! Alter Miesepeter …“

So zog sie auf und gab ein erleichtertes Glucksen von sich. Aufmüpfig meinte sie: „Damit kann ich deine Strategie ordentlich durcheinander bringen: [Card Destruction]!“

Matts Herz machte einen Hüpfer, als die Zauberkarte sich vor seinem Gegner aufstellte. Eher schlecht als recht beschwerte er sich: „D-du falsche Schlange! Damit müssen wir unsere Hände abwerfen und dieselbe Anzahl an Karten neu ziehen.“

„Ich kann mir das leisten, damit wir uns da nicht falsch verstehen!“, konterte der Trickster und schob seine fünf Handkarten, genau wie Matt, in den Friedhofsschlitz. Sofort zogen beide genauso viele neue Karten. Und atmeten synchron erleichtert auf. Nur um dann anschließend perplexe Blicke auszutauschen – sofern man irgendwo an dem Ding Augen erkennen konnte.

Nach einem merkwürdigen Augenblick des Schweigens rief der Dämon schließlich aus: „Ich aktiviere den Spielfeldzauber [Magical Meltdown]! Dadurch erhalte ich von meinem Deck die Monsterkarte [Aleister The Invoker]!“

Zu seinem Schrecken musste Matt feststellen, dass das Mosaik unter ihren Füßen rot aufzuleuchten begann, als strahle es eine immense Hitze aus. Tatsächlich bildete er sich ein, dass es wärmer wurde. Derweil zeigte der Trickster die gesuchte Karte vor: „Solange [Magical Meltdown] im Spiel ist, kannst du nicht mehr auf Fusionsbeschwörungen reagieren oder diese verhindern!“

„Ein Fusionsdeck?“

„Ja! Mit ihm in der Hauptrolle: [Aleister The Invoker]!“ Der Dämon knallte das Monster auf seine Duel Disk.

Sofort erschien vor dem Wesen ein junger Mann, gekleidet in dunkler Hose und weißem Mantel, dessen Kapuze sein türkisfarbenes Haar bedeckte. In den Händen hielt er einen Zauberstab sowie ein Buch, aus welchem er in einer unverständlichen Sprache vorlas.
 

Aleister The Invoker [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

„Wird mein Kumpel normalbeschworen, erhalte ich die Zauberkarte [Invocation] von meinem Deck! Und dreimal darfst du raten, was ich damit mache!“, trällerte der Trickster vergnügt, doch Matts grimmige Miene verhagelte ihm die Stimmung. „So gewinnst du keinen Preis! Ich aktiviere sie natürlich! [Invocation] funktioniert wie eine Fusionskarte, mit dem Unterschied, dass ich für Invoked-Fusionsmonster die Materialien vom Feld und Friedhof verbannen kann!“

Der junge Zauberer hielt sein Buch in die Höhe und begann weitere Verse in zunehmender Lautstärke zu rezitieren. Unter ihm öffnete sich ein Portal, dass ihn in die Tiefe zog.

„Ich verschmelze Aleister mit dem FINSTERNIS-Monster [Armageddon Knight] von meinem Friedhof!“ Der Trickster streckte die Arme weit von sich. „Öffnet die Pforte zum Abgrund! Fusion Summon! Erscheine, [Invoked Caliga]!“

Matt verfolgte unter einem angespannten Stöhnen mit, wie aus dem Höllenschlund erst ein wahnsinniger Schrei drang, ehe sich aus ihr ein rötlicher, geflügelter Dämon mit geschwungenen Hörnern und hellblauem Haar erhob. Dabei hingen Fetzen von weißer Kleidung an seinem Leib und als er sich in geduckter Haltung vor seinem Besitzer positionierte, erkannte Matt, dass es die von Aleister waren – er war zu einem Monster mutiert!

 

Invoked Caliga [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

„Ich setze zwei Karten verdeckt und benutze den zweiten Effekt von [Invocation]!“ Während die zwei Karten sich vor dem Trickster manifestierten, zeigte der die Zauberkarte vor. „Ich mische sie einfach vom Friedhof ins Deck zurück, um den verbannten Aleister zurück auf die Hand zu nehmen! Und? Ich wette, jetzt möchtest du auch so ein cooles Deck spielen! Huh? Huh?“

„Nein“, knurrte Matt, als sein Gegner dessen Blatt um den Beschwörer bereicherte.

Ihm war spätestens jetzt klar, dass dieses Biest jede Runde ein neues Fusionsmonster aufs Feld bringen konnte, indem es die nötige Zauberkarte via [Aleister The Invoker] suchte. Dem musste er schnellstmöglich einen Riegel vorschieben!

„Du bist so eine Spaßbremse!“, jammerte der Trickster. „Dann zeig wenigstens, dass die eine Hälfte vom Deppenduo zumindest im Duell ein bisschen was drauf hat. Dein Zug!“

„Deppenduo!?“

„Na du und Big Al! Es gibt keine Aufgabe, die ihr nicht in irgendeiner Form vergeigt!“ Der Trickster begann vergnügt zu kichern. „Na, hab ich einen wunden Punkt getroffen?“
 

„Dir werd' ich's zeigen! Mein Zug!“, explodierte Matt förmlich vor Wut und zog rasch eine sechste Karte nach. „Und den Auftakt macht [Evilswarm Castor]! Wird er beschworen, kann ich noch einen Schwärmer rufen. Erscheine, [Evilswarm O'lantern]!“

Vor ihm tauchte ein unheimlicher, vollkommen gepanzerter Krieger auf, dessen rechte Körperhälfte weiß und die linke schwarz war. Er streckte sein in zwei parallel verlaufende Klingen aufgeteiltes Schwert zur Seite aus, wo sich neben ihm ein Hüne manifestierte. Fast gänzlich aus verhärtetem, violettem Magmagestein bestehend, schloss sich um dessen Oberkörper und Beinen eine schwarze Panzerung, die etwas Insektoides an sich hatte.
 

Evilswarm Castor [ATK/1750 DEF/550 (4)]

Evilswarm O'lantern [ATK/1650 DEF/1250 (4)]

 

Matt kniff die Augen fest zusammen. Keines seiner beiden Monster war stark genug, [Invoked Caliga] im Kampf zu besiegen. Aber dafür gab es eine einfache Lösung! „Ich aktiviere den Effekt von O'lantern! Indem ich-“

Schon ging der Hüne in blaue Flammen auf, die sogleich wieder verpufften. Matt weitete die Augen, als sein Widersacher trällerte: „Falsch, falsch, falsch! Liest eigentlich nie jemand die Effekte der Karten durch, die der Gegner spielt? Das solltet ihr wirklich!“

„Was soll das heißen!?“

„Oh?“ Die Schattenfigur ließ sich ein riesiges Ohr wachsen, hinter welches er seine Hand platzierte und beugte sich vor. „Analphabet -und- taub! Ganz blöde Mischung!“

Matt schnaubte rasend vor Zorn. So musste sich wohl Anya fühlen, wenn sie wütend war. Also praktisch immer.

„Und minderbemittelt noch dazu! Wie konntest du nur so lange überleben?“ Der Trickster kicherte böse und ließ sein Ohr wieder verschwinden. „Ok, ok, bevor du noch einen Herzkasper bekommst, erkläre ich den Effekt von Caliga – er verhindert die Aktivierung sämtlicher Monstereffekte!“

Matt blinzelte. Dann streckte er wortlos den Arm aus. Vor ihm öffnete sich ein Schwarzes Loch, das seine beiden Schwärmer als violette Lichtstrahlen in sich aufnahm. Selbst als das Overlay Network explodierte und einen riesigen, pechschwarzen Drachen mit rot in hellblau übergehenden Eisflügeln hervor brachte, sprach er keinen Ton. Brüllend positionierte sich das Biest vor ihm.
 

Evilswarm Ophion [ATK/2550 DEF/1650 {4} OLU: 2]

 

„Ich werde dich töten“, nuschelte Matt für seine Verhältnisse untypisch aggressiv und schwang den Arm aus, „zerstöre sein Monster, Ophion!“

Der Drache, um den zwei leuchte Sphären kreisten, spie eine mächtige, schwarze Flamme aus. Welche sich beim genauen Hinsehen als Schwarm winziger Partikel entpuppte, der die dämonische Kreatur beim Aufprall zerfraß.

„Main Phase 2!“, verkündete der ehemalige Dämonenjäger lautstark. „Da Caliga fort ist, kann ich den Effekt von Ophion aktivieren-!“

„Oh Baby, wie ich darauf gewartet habe“, hauchte der Trickster gespielt betört.

Matt klappte die Kinnlade herunter, als über der schattenhaften Kreatur ein kleines, weißhaariges Mädchen in rot-schwarzem Kimono erschien. In ihrer Hand hielt sie eine Karte, die ähnlich aussah wie die, welche Dämonenjäger zum Wirken von Zaubern verwendeten. Jene ging in Flammen auf, als hinter ihr ein Geisterhase erschien, sofern man die langgezogene, weiße Kreatur überhaupt als solchen bezeichnen konnte.

Jener zischte über das Feld in Ophion hinein. In dem Moment zerfiel die entflammte Karte in des Mädchens Händen und selbiges geschah auch mit dem mächtigen Drachen.

Matt keuchte: „Ophion! Nein!“

„Doch! Du warst so dumm, [Ghost Ogre & Snow Rabbits] Effekt von meiner Hand auszulösen, als du den Effekt deines Monsters aktivieren wolltest! Indem ich die hübsche Dame abwerfe, wird der Effekt gestoppt und die Karte, die ihren Effekt aktivieren wollte, zerstört! Booyah!“

Ein unsichtbarer Wind wehte Ophions Asche fort. Matt knirschte mit den Zähnen, griff drei der vier verbliebenen Karten in seinen Blatt und spielte sie nacheinander verdeckt aus. Mit jenen drei Karten vor seinen Füßen liegend, maulte er: „Zug beendet!“

 

„Keine Zeit zu verlieren! Draw!“, gluckste der Trickster vergnügt und zog. Kurz darauf legte er ein Monster auf seine Duel Disk. „Komm zu Papa, Aleister!“

Schon war vor ihm der Beschwörer mit der weißen Kapuze erschienen, der aus seinem Buch vorlas.

 

Aleister The Invoker [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

„Und wird er gerufen, gibt er mir [Invocation] von meinem Deck auf die Hand!“ Matt schnalzte mit der Zunge, hatte er doch eigentlich mit Ophions Präsenz verhindern wollen, dass Monster der Stufe 5 oder höher als Spezialbeschwörung beschworen werden. Sein Gegner schien denselben Gedanken zu haben. „Netter Versuch, Cowboy, ich weiß was du vorhattest. Deswegen habe ich ja Caliga als Köder gelegt!“

„Es hat dich viel gekostet, nur um Ophion loszuwerden!“

„Aber es war die Mühen wert! Sieh her, ich aktiviere [Invocation]! Und diesmal verschmelze ich Aleister mit dem LICHT-Monster [Ghost Ogre & Snow Rabbit] von meinem Friedhof!“

Der Hexer stieg in die Höhe, wobei sich am Boden ein Runenzirkel bildete, der den Mann einholte und in einen silbernen Ritter transformierte, der ein mächtiges Schwert führte. Gleichzeitig rief der Trickster: „Öffne das Tor zum Himmel! Fusion Summon! Kämpfe, [Invoked Mechaba]!“

Ein Brüllen erschütterte Matts Elysion und keinen Moment später stand der Krieger auf einem Streitwagen, der von einer merkwürdigen, weißen Kreatur gezogen wurde, die auf ihren Händen lief und deren Unterleib in besagtes Kriegsfahrzeug überging. Auch sie steckte in einer Rüstung, wirkte gleichzeitig edel und dämonisch.

 

Invoked Mechaba [ATK/2500 DEF/2100 (9)]

 

Matt runzelte die Stirn. „Na toll, das Taxi der Engel …“

„Oh? Hat da jemand seine Hausaufgaben gemacht?“ Sein Widersacher kicherte böse. „Du wirst doch nicht als nächstes sogar die Texte meiner Karten durchlesen, oder?“

Der Dämonenjäger hatte längst den Arm angehoben und eine Taste an seinem D-Pad betätigt, woraufhin vor ihm ein vergrößertes Hologramm der Fusionsmonsterkarte erschien. „Schon dab-!“

„Zu spät! Direkter Angriff auf seine Lebenspunkte! Muahahahaha!“

Brüllend setzte sich das Biest mit seinem Streiter in Bewegung. Matt schreckte zurück, schwang den D-Pad-Arm zur Seite aus, woraufhin das Hologramm verschwand. Er sah nur noch, wie der Streitwagen auf ihn zuraste. „Falle! [Defense Draw]! Sie negiert den Schaden und lässt-!“

„Falsch! Kontereffekt von [Invoked Mechaba]!“ Der Trickster zeigte eine Fallenkarte vor, die Matt nicht genau erkennen konnte. „Indem ich dieselbe Kartenart abwerfe, die du gerade nutzt, kann ich den Effekt negieren und die Karte zerstören! Pech gehabt!“

„Was!?“ Matt hatte keine Zeit, das Erfahrene zu verarbeiten. Gerade noch so konnte er die Arme schützend vor sich halten, ehe er von dem massiven Gefährt gerammt wurde. „Argh!“

Der Aufprall warf ihn weit zurück. Matt schlug auf dem Rücken auf und rutschte über das Elysion bis an dessen Rand, wo er stöhnend liegen blieb.

 

[Matt: 4000LP → 1500LP / Trickster: 4000LP]

 

Der junge Mann erhob sich keuchend, doch sein Feind gackerte förmlich. „Oh man, oh man, oh man! Das ist ja leichter als einem Kleinkind die Süßigkeiten wegzunehmen. Vielleicht nicht ganz so unterhaltsam, aber-“

„Halt den Mund! Ich bin noch nicht besiegt!“

„Oh?“, machte der Trickster langgezogen. „Ah! Ja! Das wollte ich dir auch noch sagen. Bleib am besten gleich liegen!“

„Was!?“

„Verdeckte Schnellzauberkarte, [The Book Of The Law]!“ Die Schattengestalt ließ die linke seiner beiden gesetzten Karten auffahren, auf dem das Buch Aleisters abgebildet war. „Damit opfere ich ein Invoked-Monster, um ein anderes von meinem Extradeck zu rufen! Und das wird sogar als Fusionsbeschwörung behandelt!“

[Invoked Mechaba], der sich im Zentrum des Elysions befand, löste sich in gleißenden Funken auf, die wild im Kreis zu wirbeln begannen. In ihrer Mitte tauchte das Buch auf, um das sich die Partikel sammelten und eine neue Kreatur bildeten. „Öffne den Pfad zur Gewitterebene! Fusion Summon! Zerstöre, [Invoked Raidjin]!“

In der Mitte des Mosaiks hatte sich ein neuer Ritter gebildet, auch in silberner Rüstung, doch jene leuchtete an Armen und Beinen, als wäre sie mechanischen Ursprungs. Auch trug dieser ein kurzes Cape. Von seiner rechten Schulterplatte ragte ein blau leuchtender Stab, der Elektrizität von sich gab.

 

Invoked Raidjin [ATK/2200 DEF/2400 (5)]

 

„Was zum-!?“, keuchte Matt erschrocken.

„Neidisch, huh?“, triezte sein Widersacher ihn kindlich. „Nicht jeder hat so coole Monster wie ich! Aber du hast immerhin das Privileg, ihn persönlich kennenzulernen: Direkter Angriff!“

Raidjin streckte die Hand nach vorne aus, sammelte eine Sphäre elektrischer Energie an. Matt raffte sich auf und schwang den Arm aus, als der Mecharitter die Kugel auf ihn abfeuerte. „Hmpf! Eigentlich wollte ich mir das aufheben, aber es hilft nichts! Fallenkarte, [Trap Of Darkness]! Wenn meine Lebenspunkte unter 3000 liegen, kann ich 1000 zahlen, um eine Falle von meinem Friedhof zu aktivieren! [Defense Draw]!“

Kurz bevor die Blitzkugel ihn erreichte, prallte sie an einer unsichtbaren Barriere ab.

 

[Matt: 1500LP → 500LP / Trickster: 4000LP]

 

Matt zuckte zusammen. Ihm wurde kurz schwarz vor Augen, aber er fing sich und erklärte: „Wie eben schon erklärt, annulliere ich damit den Schaden und ziehe!“

Voller Inbrunst riss er eine Karte von seinem Deck.

„Was soll's“, gab sich der Trickster gleichgültig, „das ist wie mit Hühnern. Auch wenn du ihnen den Kopf längst abgeschlagen hast, zucken sie manchmal trotzdem noch. Dein Zucken. Äh Zug.“

 

Der Schwarzhaarige schleppte sich langsam zu seiner Ausgangsposition zurück und zog nebenher eine weitere Karte, was ihn auf insgesamt drei brachte. Dabei warf er einen kurzen Blick auf sein D-Pad und anschließend seine Hand.

Kaum hatte er seine Position eingenommen, knallte er ein Monster auf den schwarzen Apparat. „Ich rufe dich, [Evilswarm Kerykeion]!“

Über ihm materialisierte sich eine schwarze, engelhafte Gestalt, deren Schwingen ganz aus Eis bestanden. In beiden Händen führte sie Waffen, rechts ein Zepter mit dem Wappen der Gishki – einem gezackten Spiegel mit Totenkopf darin – sowie links einen langen Schlangenstab.
 

Evilswarm Kerykeion [ATK/1600 DEF/1550 (4)]

 

„Wirklich!?“, polterte der Trickster unvermittelt verärgert. „Hörst du mir wirklich nicht zu oder machst du das mit Absicht!?“

Er streckte seinen finsteren Arm aus. „Lies-die-verdammten-Kartentexte-deiner-Gegner! Dachtest du, ich kenne Kerykeion nicht? Als Strafe bekommt sie einen Blitzschlag! Ins Gesicht, Fothermucker!“

Raidjin hob seine Klinge in die Höhe und es geschah genau wie angekündigt. Aus der Endlosigkeit des Elysions schoss ein einsamer Blitz auf Kerykeion herab und brachte ihn zum Absturz. Verletzt am Boden liegend, verwandelte er sich in einen horizontal liegenden Kartenrücken.

 

Evilswarm Kerykeion [ATK/1600 DEF/1550 (4)]

 

„Ich spreche zwar kein Dumpfbäckisch, aber vielleicht verstehst du mich ja trotzdem: Einmal in jedem Zug kann [Invoked Raidjin] ein Monster auf dem Feld verdecken!“ Der Trickster pfiff verächtlich „Warum tue ich mir das doch gleich an?“

Ihm entging anscheinend Matts hoch zuckender Mundwinkel. „Keine Ahnung wie Tricksters ticken. Zug beendet.“

 

Das Wesen zog und schüttelte den Kopf. „Wer behauptet, dass ich ein Was-auch-immer bin?“

„Hm?“ Der ehemalige Dämonenjäger horchte auf.

„Hast du nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, -was- ich bin!? Was ich wirklich bin, Dumpfbacke!?“ Die humanoide Partikelansammlung streckte die Arme weit aus, ließ sie dann aber hängen und stöhnte. „Du bist hoffnungslos … Überraschung: Ich bin ein Immaterieller!“

Langsam weitete Matt die Augen.

„Genauer gesagt -dein- Immaterieller. Oder so ähnlich, die Details müssen wir noch ausarbeiten.“

„Was soll das heißen!?“

„Dass du ein Idiot bist!“ Vor Wut äffte das Wesen etwas nach, das Matt von der Bedeutung her einst zu Alastair gesagt hatte. „'Die Dunkelheit von Urila steckt noch in mir, ich bin gefährlich, geht weg!' Nein, das bin größtenteils ich, ihr Abkömmling Thoras! Nett dich kennenzulernen – oder auch nicht!“

Den Kopf vor Verleugnung schüttelnd, wich der junge Mann zurück. „D-das kann nicht-!“

„Nun mach dir nicht gleich in die Hosen, Smartypants, ich bin nicht hier, um das Werk meiner Schöpferin zu vollenden. Im Gegenteil, ich wurde von ihr erschaffen, um genau das zu verhindern: Das Ende dieser Welt!“

Matt klappte langsam die Kinnlade hinunter.

Thoras nahm vor seinen Augen eine stabilere Form an, die ganz klar einem Mann in einem zweigeteilten Cape glich. „Und zwar, indem ich denjenigen vernichte, mit dem du so schön zusammenarbeiten willst, Matt Summers: Den Collector!“

 

Die beiden Kerzen in ihren hohen, goldenen Ständern flackerten leise neben dem Altar hin. Auf diesem lag ein Mädchen mit schulterlangem, blondem Haar. Zerzaust war es von all den Strapazen, die sie durch Urila hatte ertragen müssen. Kaum mehr war sie als ein blutiger Klumpen Fleisch, bedeckt von rot gefärbten Kleidungsstücken. Ihr Kopf war weggedreht von Matt, Anya – beide in sehr lädiertem Zustand – und dem Sammler, die sich allesamt in dem kleinen, aus grauem Stein bestehenden Raum versammelt hatten. Jener glich in seiner Aufmachung einer Kapelle.

 

Ich kann Tara nicht einfach … aus meinem Leben verbannen“, klagte Matt verzweifelt an den Sammler gewandt und packte ihn an den Schultern. Dies konnte unmöglich der Preis sein, den er verlangte, um Taras zerstörten Körper wiederherzustellen!

Dieser riss sich angewidert los. „Genau dies hast du bereits einmal getan, als du wegen Mordes untergetaucht bist.“

„Aber das ist nicht dasselbe!“ Aufgebracht fuchtelte Matt mit den Armen. „Ich hab nie daran gedacht, für immer aus ihrem Leben zu treten!“

„Sorry, Summers, aber irgendwo hat er Recht“, mischte sich Anya ein, „du musst doch gewusst haben, dass dein altes Leben in dem Moment vorbei ist, in dem du deinen Vater ins Jenseits geschickt hast. Jetzt tu nicht so, als wäre das so überraschend.“

Matt schwang wütend den Arm aus. „Du hast keine Ahnung, Anya! Schon gar nicht, weil für mich immer Hoffnung bestand, in mein altes Leben zurückzukehren! -Ich- habe meinen Vater nicht ermordet, sondern meine Schwester! Wenn -sie- irgendwann ihre Tat gesteht, werde ich frei sein!“

Das ist ja ein tolles 'Wenn'“, fauchte Anya ebenso hitzig zurück, „wie blöd bist du eigentlich!?“

 

Ich unterbreche euren Streit nur ungern, aber ich bin noch nicht fertig. Es gibt noch einen Preis, den du zu zahlen hast, damit alles miteinander verbunden ist“, schritt der Sammler dazwischen und beugte sich mit seinem Satz an Matts linkes Ohr.

Seine Worte ließen das Blut in Matts Adern gefrieren, so eisig waren sie. „Du wirst Anya Bauer bei ihrer nächsten Mission helfen, was auch immer komme. Kein Opfer wird groß genug sein, um ihren Erfolg und ihre Sicherheit zu gewährleisten.“

Als der Sammler sich wieder zurück bewegte, sagte er: „Triff deine Wahl gut, denn dir bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Entscheidung.“

 

Warum ich!?“, begehrte Matt auf, wobei ihm die Stimme versagte. „Ich bin doch … der Falsche … für so etwas!“

Der Sammler erwiderte: „Ich verstehe … dann soll es so sein.“

 

Er wusste, welche Wahl Matt treffen würde. Als ob man überhaupt von einer Wahl reden konnte …
 

„Die Prozedur wird einige Zeit beanspruchen. Ich bitte euch außerdem, den Raum zu verlassen, bis ich fertig bin“, wies der Sammler die beiden an, als er sich umdrehte.

Anya stand inzwischen an die Wand gelehnt und atmete erleichtert durch. „Summers, du hast das Richtige getan, schätz' ich. Ist doch besser, als wenn sie ihr Leben lang als Krüppel vor sich dahinsiecht.“

„Du!“ Matt wirbelte mit weit aufgerissenen Augen um die eigene Achse, holte mit der Faust aus und pfefferte sie Anya derart ins Gesicht, dass sie an der Wand entlang rutschte und zu Boden fiel.

Was ist so besonders an ihr!?“, fauchte Matt mit Blick über der Schulter den Sammler an. „Wieso soll ich so einer wie ihr helfen!? Was hast du vor!?“

Doch der rothaarige Brite mit der Narbe an der Wange schwieg.

Anya, die auf der Seite lag, rieb sich perplex die ihre, ehe sie langsam zu Sinnen kam. „Summers … hast du Todessehnsucht oder was!?“

„Sei still!“, fuhr Matt sie jedoch schrill an.

Fuck you! Das kriegst du-“

„Genug!“, gebot der Collector-Dämon ihnen jedoch mit autoritärer Stimme Einhalt. „Matt Summers, wenn du unbedingt deine Neugier befriedigen willst, sage ich dir, wofür ich Anya Bauer benötigte.“

Die lädierte Blonde horchte auf. „Huh!? Was war das?“

„Sie wird für mich sieben Artefakte sammeln. Sie und niemand anderes“, sprach er mit absoluter Gewissheit. „Dafür werde ich ihr ein Zeitlimit setzen, weshalb sie schon bald deine Hilfe in Anspruch nehmen wird. Natürlich lasse ich -sie- diese Unterhaltung im Anschluss vergessen.“

„W-warte mal!“, stammelte das Mädchen und versuchte sich mit ihrem gesunden Arm an der Wand eher mit mäßigem Erfolg hochzuziehen. „I-ich soll-!?“

Matt hörte gebannt zu. „Wozu?“

„Um ein Ende einzuläuten. Und ein anderes zu verhindern“, lautete die düstere Erklärung dazu und er funkelte Matt dabei an. „Das ist seither mein, Strife Carringtons, Wunsch.“

 

An mehr konnte Matt sich aus dieser Nacht nicht mehr erinnern, vermutlich hatte der Sammler danach auch seine Erinnerungen gelöscht. Aber was hatte der damals mit seinen kryptischen Worten gemeint? Das Ende der Welt? Oder etwas anderes und wenn ja, welches Ende wollte er verhindern?

Es ergab alles keinen Sinn!

Bisher hatte Anya sich nur via E-Mail ab und zu bei ihm gemeldet, aber nie um Hilfe gebeten …

 

„Ich war damals ebenfalls anwesend, entgegen der Annahme des Sammlers, ich sei mit Urilas Tod verschwunden“, sprach Thoras eindringlich, „was immer er vor hat, es kann nichts Gutes sein! Du musst das verhindern! Mit mir zusammen!“

„Ich glaube dir nicht!“, presste Matt wütend hervor. „Kein Wort!“

„Es ist die Wahrheit! Seit diesem Tag habe ich mich in dir verborgen, um seinen Augen zu entgehen! Jetzt ist die Zeit reif, dir alles zu erzählen was ich weiß. Wir müssen ihn aufhalten!“

Matt aber schüttelte den Kopf. „Ich-“

„Hör gefälligst zu und unterbrich mich nicht!“ Thoras schwang den Arm aus. „Natürlich kannst du einem Abkömmling der Immateriellen, die die Welt ins Chaos stürzen wollte, nicht vertrauen. Ihr Wahnsinn war, auf einer Skala von eins bis zehn gemessen, irgendwo über neuntausend! Deshalb hat sie in einem Moment der Klarheit mich erschaffen, einen unbefleckten Abkömmling, um sie zu stoppen! Oder dachtest du nur für eine Sekunde, -du- hättest dich damals unter Kontrolle gehabt, als du ihr mit Anya Bauer entgegen getreten bist?“

Immer mehr entgleisten Matts Züge. Thoras setzte nach: „Fehlanzeige, Muchacho, das war -ich-, der gegen ihren Einfluss angekämpft hat!“

„Lügen …!“

„Dann sag mir, ob du eher auf das Wort eines Mannes vertraust, der deine liebe Freundin Tara Hartwell erst nach Livington gebracht hat?“ Thoras ließ den Arm sinken. „Schließlich brauchte er etwas, um dich für das Kommende zur Kooperation zu zwingen.“

„Was … was soll das heißen? Verdammt, ich will das nicht hören!“

Thoras wollte wieder zu etwas ansetzen, atmete dann aber leise aus. „Fein. Du lässt mir gar keine andere Wahl. Wir haben uns unterhalten – das war der Preis, sollte ich das Duell gewinnen. Nun, da dies aber schon geschehen ist, muss es eine neue Abmachung geben.“

Erschrocken horchte Matt auf und ließ die Hände von den Ohren sinken.

„Wenn du dieses Duell verlierst, wirst du einen ewigen Pakt mit mir schließen, Matt Summers! Gewinnst du, verschwinde ich aus deinem Leben!“

Aber der Dämonenjäger lachte bitterböse. „Ach ja? Ihr Immateriellen könnt die Leute doch sowieso in Pakte zwingen, genau wie es Another schon mit mir getan hat. Wieso überhaupt duellieren?“

„Ich bin fair. Fairer, als du es momentan verdient hättest mit deinem kindischen Gehabe!“

„Sagt der Klassenclown …“ Matt begann zu grinsen. „Aber da ich dich immer noch loswerden will, können wir das Duell gerne fortsetzen!“

 

„Selbstverständlich“, entgegnete Thoras angespannt und nahm eine Karte aus seinem Blatt. „Ich beschwöre [Aleister The Invoker] und erhalte dadurch [Invocation] von meinem Deck!“

Abermals erschien vor ihm der blauhaarige Hexer in weiß-grüner Kutte, der aus seinem Buch vorlas, während sein Besitzer die Zauberkarte vorzeigte.

 

Aleister The Invoker [ATK/1000 DEF/1800 (4)]
 

„Immer wieder dieselbe Nummer? Was würdest du bloß ohne ihn tun?“, fragte Matt provokativ.

Er gab sich alle Mühe, nicht über das Gehörte nachzudenken. Auch wenn er dem Sammler misstraute, konnte er einem Immateriellen noch viel weniger Glauben schenken!

„Einen anderen Weg finden! Und wenn wir gerade davon reden, hier etwas Neues! Die Zauberkarte [Double Summon]! Sie ermöglicht mir eine zweite Normalbeschwörung, die ich für [Homunculus The Alchemic Being] verwende!“

Neben dem jungen Magier manifestierte sich ein Mann, der nur eine kurze Hose trug. Seine Haut war an manchen Stellen knallrot, an anderen schwarz und die Augen mit einer Binde bedeckt.
 

Homunculus The Alchemic Being [ATK/1800 DEF/1600 (4)]

 

„Der künstliche Mensch hat einen besonderen Effekt, den ich sofort nutzen werde!“, erklärte Thoras weiter und streckte den Arm aus. „Attributswechsel! Aus Licht mache Wasser!“

Schon stieß der Homunkulus einen entsetzlichen Schrei aus, bei dem sich seine komplette Körperfarbe in ein tiefes Blau wandelte.

 

Indes bemerkte Matt, dass sich Thoras seit seinen Enthüllungen wesentlich reifer benahm als vorher. Nicht, dass ihn das groß wunderte. Immaterielle schienen allesamt so etwas wie Selbstdarsteller zu sein, aber wenn es um ihre Aufgabe ging, war auf einmal nicht gut Kirschen essen mit ihnen.

 

„Und da mein Homunkulus nun das passende Element besitzt, aktiviere ich [Invocation]!“

Aleister begann aus seinen Buch laut vorzulesen. Kreischend zerplatzte sein Versuchsobjekt wie eine Wasserblase, deren zahlreiche Spritzer sich um den Alchemisten zu drehen begannen. Sie umschlossen ihn, während Thoras rief: „Öffne den Zugang zur Unterwelt! Fusion Summon! Ertränke, [Invoked Cocytus]!“

Matt konnte es nicht genau erkennen, aber glaubte zu sehen, wie Aleister das Wasser nach und nach absorbierte und sich in einen ziemlich großen Drachen verwandelte. Und er hatte Recht, als sämtliches Wasser mit einem Mal verschwunden war. Schützend stand das silberne Biest vor Thoras und neben den Donnerkrieger. Blaue Wasservenen zogen sich durch die Ritzen zwischen seinen Schuppen, auch in den Schwingen. Alle Adern flossen zu einem Kern in seiner Brust zusammen.

 

Invoked Cocytus [ATK/1800 DEF/2900 (6)]

 

„Verteidigungsmodus, huh?“ Matt fasste sich ans Kinn. „Das kommt … unerwartet.“

„An diesem Punkt spare ich mir weitere Kommentare zu den Dingen, die du tun solltest.“

Schwang da etwa eine Spur von Trotz in der Stimme des Immateriellen mit?

Jener schnippte mit der Hand. „Vernichte sein Monster, [Invoked Raidjin]!“

Sein Schwert in die Höhe hebend, beschwor dieser einen Blitz herbei, der in die Klinge einschlug, aber dann nicht etwa verschwand, sondern unentwegt flackerte und Matt blendete. Der sah zwar weg, aber mit einem Grinsen. „Damit hast du meine Falle ausgelöst.“

Die letzte, die noch zu seinen Füßen lag und aufsprang. „[Wall Of Disruption]! Bei einem Angriff verliert jedes deiner Monster im Angriffsmodus 800 Angriffspunkte mal der Anzahl an Monstern, die du kontrollierst! Das wäre ein Malus von 1600 für Raidjin!“

Aus der aufrecht stehenden Falle schoss eine Schockwelle, die die Kacheln des Mosaiks hinter sich her riss. Thoras aber schüttelte nur den Kopf. „Wäre ist korrekt ausgedrückt. Ich sagte bereits, dass Raidjin einmal pro Zug ein Monster verdecken kann.“

Jener, welcher immer noch den Blitz kontrollierte, schleuderte ihn nach oben, nur damit der direkt wieder in ihm einschlug. Danach war er nichts weiter als ein horizontal liegender Kartenrücken.

 

Invoked Raidjin [ATK/2200 DEF/2400 (5)]

 

„[Wall Of Disruption] schwächt lediglich Monster in Angriffsposition. Du hast ihren Effekt vergeudet“, erklärte Thoras, als die Falle von Matts Feld verschwand.

Der, immer noch abgewandt, grinste jedoch. Davon war aber nichts mehr zu sehen, als er sich wieder zu dem Immateriellen drehte. „Kann ja keiner ahnen, dass du ein Monster im Verteidigungsmodus rufst.“

„Du wirst jetzt erfahren warum. Cocytus kann aus der Verteidigung heraus angreifen! Los!“

„Verdammt!“

Der silberne Drache schoss aus seinem Brustkorb einen heftigen Wasserstrahl auf Matts gesetzten Kerykeion ab, welcher aus seiner Karte empor stieg und von dem Strom fortgerissen wurde.

„[Invoked Cocytus] ist vielleicht das vielseitigste Monster meines Decks. Es kann-“

„Danke. Ich lese mir den Effekt gleich durch“, murrte Matt dazwischen und sah kurz auf sein D-Pad. Im Anschluss entlockte ihm das ein leises Pfeifen. „Wow. Kann nicht mit Effekten zerstört, geschweige denn angezielt werden, kann selbst im Verteidigungsmodus angreifen und hat dazu noch so hohe Werte. Nicht schlecht.“

Die Schattengestalt Thoras nickte. Dann griff er nach der Duel Disk, die eins mit seinem schwarzen Arm war. „Ich mische [Invocation] von meinem Friedhof ins Deck, um [Aleister The Invoker] zurück auf mein Blatt zu nehmen. Zug beendet!“

 

Perfekt, dachte sich Matt, wie er seinen Gegner betrachtete, der nur noch diese eine Karte auf der Hand hielt. „Draw!“

Er betrachtete seine eigenen drei Karten, konnte sich jedoch nicht wirklich darauf konzentrieren.

 

„Was du über den Sammler sagtest, was meintest du da? Wieso ist er eine Gefahr, die die Welt bedroht?“, fragte Matt schließlich, obwohl es ihm eigentlich widerstrebte.

„Ich … weiß es nicht. Es ist nur eine vorgeschriebene Emotion meiner Schöpferin.“ Thoras sah zur Seite. „Um zu verhindern, dass ihr Wahnsinn auf mich übergeht, musste sie sämtliche ihrer eigenen Erinnerungen von mir fernhalten. Stattdessen hat sie sie niedergeschrieben – im Turm von Neo Babylon.“

Der Dämonenjäger horchte auf. „Hm?“

„Ganz recht!“ Thoras wandte sich ihm zu. „Wir müssen dorthin zurück und ihre Erinnerungen finden. Sie werden uns Auskunft über die Absichten des Sammlers geben, dessen bin ich mir sicher.“

Matt aber lachte hysterisch. „Sicher. Du willst, dass ich mit den Erinnerungen dieses Monsters in Kontakt komme. Wow, für eine Sekunde hätte ich dir fast geglaubt!“

Aber davon ließ der Immaterielle sich nicht beeindrucken. „Nah, hör auf zu lügen. Urila wurde im Turm eingesperrt, weil er das sicherste Gefängnis darstellte und daher mit dem euch bekannten 400-Jahre-Zyklus versehen. Sie hatte viel Zeit, in lichten Momenten ihr Wissen dort gesammelt festzuhalten. Aus einer Zeit, bevor der -wahre Feind- sie berührt hat.“

„Und du denkst, eingesperrt in einem Turm, der selbst für den Sammler unerreichbar war, wird er sie über all seine Pläne informiert haben?“ Matt fasste sich an die Stirn. „Ha ha, das wird ja immer besser.“

„Was, wenn der Sammler es war, der sie korrumpiert hat?“, fragte Thoras düster.

Matt ließ die Hand über die Wange fahren und verstummte.

„Ich weiß nicht, was sie über ihn herausgefunden hat. Aber ich will es erfahren, unbedingt. Nein, ich muss, denn für diese Aufgabe wurde ich erschaffen! Und wenn du mir dabei nicht hilfst, muss ich dich dazu zwingen, denn ohne dich geht es nicht, Matthew Summers!“

 

„Sei dir sicher, dass ich mich nie wieder einem Immateriellen unterwerfen werde“, hielt Matt dagegen und zückte eine Zauberkarte. „Ich aktiviere [Monster Reincarnation]! Indem ich eine Handkarte abwerfe, erhalte ich vom Friedhof eines meiner Monster zurück auf die Hand.“

Er entledigte sich des Monsters [Evilswarm Ketos], zog [Evilswarm Kerykeion] aus dem Ablagestapel und zeigte jenen vor. „Und ich beschwöre ihn auch gleich! Erscheine, Kerykeion!“

Über ihm tauchte die schwarze, engelhafte Gestalt mit den Eisflügeln auf, welche zwei verschiedene Stäbe mit sich führte.

 

Evilswarm Kerykeion [ATK/1600 DEF/1550 (4)]

 

„Heh“, grinste Matt plötzlich, „da du Raidjin mit seinem eigenen Effekt verdeckt hast, kannst du diesen jetzt nicht wieder nutzen, um mein Spiel zu behindern.“

Thoras gab ein nachdenkliches Geräusch von sich. Dann nickte er. „Vielleicht ist bei dir ja doch nicht Hopfen und Malz verloren. Du hast alles von Anfang an so geplant, seit Raidjin das Feld betreten hat, nicht wahr?“

Der schwarzhaarige Dämonenjäger grinste böse. „Du hast praktisch alles für mich vorbereitet.“

Dann nahm er aus seinem Blatt die einzig verbliebene Karte. „Solang ich einen Schwärmer mit mindestens 1500 Angriffspunkten kontrolliere, kann ich ihn von meiner Hand spezialbeschwören: [Evilswarm Dullahan]!“

Unter Kerykeion entstand finsterer Nebel und setzte eine kopf- und beinlose Kreatur zusammen, die aus grauem Metall mit schwarzen Streifen gemacht war. Zwei gewaltige, goldene Arme machten das Wesen regelrecht furchteinflößend.
 

Evilswarm Dullahan [ATK/1150 DEF/1550 (4)]

 

„Und jetzt der Effekt von [Evilswarm Kerykeion]! Ich kann einen Schwärmer aus meinem Friedhof verbannen, um einen anderen von dort zu erhalten. Und er kann im selben Zug zusätzlich normalbeschworen werden!“ Matt steckte die Karte von [Evilswarm Ketos] in die Hosentasche und knallte das dritte Monster auf sein D-Pad. „Zeig dich, [Evilswarm O'lantern]!“

Neben dem kopflosen Roboter tauchte der violett-schwarze Magmahüne auf.

 

Evilswarm O'lantern [ATK/1650 DEF/1250 (4)]

 

„Ich sagte dir bereits, dass [Invoked Cocytus] nicht durch Karteneffekte wie dem von [Evilswarm O'lantern] zerstört werden kann“, raunte Thoras grimmig. „Es ist die perfekte Barriere!“

Aber Matt wackelte mit dem Zeigefinger. „Das hab ich nicht vergessen. Um ehrlich zu sein, werde ich erstmal die Finger von diesem Ding lassen. Mir schwebt momentan etwas anderes vor.“

Er streckte die Hand nach vorne aus. „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen drei Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Schwärmer!“

Vor ihm öffnete sich ein Schwarzes Loch. Seine Monster verwandelten sich in violette Lichtstrahlen, die nacheinander in jenes hineingezogen wurden. In dem Moment zog es heftig in Matts Brust, so sehr, dass er sie sich halten musste und keuchte.

Trotzdem sah er auf. „Xyz-Summon! Erscheine, oh Speerspitze der Dreiheit!“

Tiefes Gebrüll mehrerer Bestien drang aus dem Überlagerungsnetzwerk. Erst ein maskierter Drachenkopf, dann zwei und schließlich ein dritter traten aus dem Wirbel hervor. Lange Hälse verbanden sie mit dem Körper, das schwarze Ungetüm spreizte seine Schwingen, die von hellem Eis durchzogen waren. Um jedes der Häupter kreiste eine Lichtsphäre, als der dreiköpfige Drache über Matt Position bezog.

 

Evilswarm Ouroboros [ATK/2750 DEF/1950 {4} OLU: 3]
 

Kaum war Ouroboros aus dem Wirbel empor gestiegen, streckte Matt, um den sich eine dünne, schwarze Aura bildete, in seiner gebeugten Haltung die andere Hand aus. „Effekt von Ouroboros! Jeder Kopf besitzt einen anderen und nur einen kann ich pro Zug aktivieren!“

„Oh, Sillybilly, damit kannst du [Invoked Cocytus] nicht loswerden!“, trötete Thoras belustigt.

Matt lachte bitterböse und richtete sich auf, ließ seine schmerzende Brust los. „Hörst du nicht zu? Wer sagt, dass der überhaupt das Ziel ist?“

Die schwarze Gestalt auf der anderen Seite des Elysions atmete fast erleichtert auf. „Nicht?“

„Nein. Es ist etwas ganz anderes! Mit dem Effekt des linken Kopfes zwinge ich dich dazu, eine Handkarte abzuwerfen! Deine einzige, [Aleister The Invoker]! Infestation's Rejection!“

Der Immaterielle gab einen um mehrere Oktaven höheren Schrei als üblich von sich und wackelte mit seinem Körper hin und her, als besagter Drachenkopf eine pechschwarze Wolke ausspie. Jene umhüllte Thoras und zerfetzte die Karte in seiner Hand. Empört rief er: „Du Unmensch!“

„Danke“, grinste Matt bösartig zurück und streckte den Arm aus, „und das war nicht alles! Da dein Raidjin sich selbst verdeckt hat, kann er seinen Effekt nicht mehr nutzen! Angriff auf ihn, [Evilswarm Ouroboros]!“

Diesmal spien alle drei Köpfe zusammen schwarze Flammen aus winzigen Partikeln, die auf die gesetzte Karte neben Cocytus gerichtet waren. Auf ihrem Weg verschmolzen sie zu einer großen, die den auftauchenden Raidjin regelrecht zersetzte.

„Ok, Auszeit!“, verlangte Thoras und bildete mit seinen Händen ein T. „Du hast das alles geplant, stimmt's? Die Falle war nicht deine Falle, sondern meine Reaktion darauf.“

Der Schwarzhaarige nickte. „Ja.“

„Und ich dachte, dein IQ läge unter Zimmertemperatur! Yay!“

Was Matt völlig aus seiner düsteren, rachsüchtigen Rolle warf. „W-was? I-ich bin nicht Anya Bauer!“

„Du meinst die freche Blonde, die du knutschen willst?“

„… ich werde dich umbringen“, murmelte Matt heiser. „Langsam und qualvoll.“

Thoras wirbelte zur Seite und schlug sich provokativ aufs Hinterteil. „Komm doch!“

„Heh. Werde ich, früher als dir lieb ist. Cocytus kann dich beschützen, aber mehr auch nicht.“ Missmutig brummte er gezwungenermaßen, aufgrund mangelnder Ressourcen: „Zug beendet!“

 

Thoras drehte sich wieder zu ihm um und griff nach seinem Deck. „Was jetzt kommt, dürfte dir wohl bekannt sein!“

Das Deck des Immateriellen begann golden zu leuchten. Tatsächlich spürte Matt es sofort. Ein starkes Ziehen in seiner Brust, als würde jemand seine Seele herauszerren wollen. Mit mächtigem Schwung riss die Schattengestalt im Umhang eine Karte von seinem Deck und zog dabei eine goldene Schliere hinter sich her.

„D-du hast-!“, keuchte der Ex-Dämonenjäger erschrocken.

„Dem Schicksal einen neuen Pfad hinzugefügt. Das verursacht den Involvierten Schmerzen. Sorry! Aber wenn du diese Hürde nicht überwinden kannst, beweist das nur, dass du meine Unterstützung umso mehr benötigst.“

Matt widersprach: „Überschätz' diese Fähigkeit nicht. Ich habe schon Schlimmeres überstanden!“

„Finden wir es heraus“, hielt der Immaterielle frech dagegen und drehte die gezogene Karte zwischen seinen Fingern um, „sag hallo zu [Invocation]!“

„Ohne den Beschwörer!?“

„Und wieder stellst du dein Unvermögen unter Beweis, einfach nur zuzuhören. [Invocation] lässt mich die nötigen Materialien auch vom Friedhof entfernen“, erklärte Thoras trotzig. Dabei schloss sich ein Runenzirkel um seinen Silberdrachen. „Allerdings benötige ich diesmal andere Materialien als Big Al. Ein Monster, das als Spezialbeschwörung vom Extradeck beschworen wurde.“

Der Kreis um [Invoked Cocytus] weitete sich aus. Der Körper des Ungetüms begann sich aufzulösen. Ein zweiter bildete sich auf dem Mosaik, unter Cocytus.

„Das zweite Material ist ein Invoked-Fusionsmonster, welches ich hierbei vom Friedhof verbanne.“

Der Schwarzhaarige stöhne genervt, nicht zuletzt ob des Seitenhiebes.

In hellblauem Licht stieg der Geist von [Invoked Raidjin] aus dem zweiten Kreis empor und schob sich in die Reste von Cocytus, wodurch ein grelles Licht freigegeben wurde. Matt wandte sich geblendet ab.

Thoras rief erwartungsvoll: „Öffne die Pforte in die Anderswelt! Erlöse, [Invoked Elysium]!“

Ein Rascheln durchdrang Matts Elysion, es klang wie Blätter im Wind. Der Schwarzhaarige senkte den erhobenen Arm und sah über diesen hinweg. „W-was …?“

Was er erblickte war eine riesige Kreatur, sofern man -es- überhaupt so nennen konnte. Durch eine Art Stamm oder eher die Wirbelsäule eines Lebewesens erhob sich das seltsame Gebilde hinter Thoras und überragte ihn um mehrere Meter. An seiner Spitze spannte sich ein gezackter Bogen, von dem eine durchsichtige Hautschicht sich wie ein Segel ausweitete. Und in der Mitte, am Ende des Stamms, ragte eine Blase, in der sich ein einzelner Laubbaum befand.

 

Invoked Elysium [ATK/3200 DEF/4000 (10)]

 

„Was zur Hölle ist das?“, entfleuchte es Matt erschüttert. Er sah Thoras mit einer Schweißperle auf der Stirn an. „Nicht schlecht für einen Immateriellen, der mehr durch sein Gerede als seine Duellfertigkeiten auffällt.“

Die Schattengestalt fasste sich getroffen ans Herz. „Wie bösartig! Du versuchst, unsere Rollen zu vertauschen, du abgebrühtes Luder! Aber nicht mit mir! Denn -das- da oben ist für dich vor allem eins: Eine böse Überraschung!“

Das war es schon so, dachte Matt und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Nur knapp würde er einen Angriff von diesem Ding überstehen. Er ballte eine Faust. Aber wenn Thoras glaubte, damit hätte sich der Fall Ouroboros erledigt, irrte er sich gewaltig. Dafür würde [Evilswarm Dullahan] als Xyz-Material seines Drachen schon sorgen. Noch dazu würde der im nächsten Zug mit dem Effekt des mittleren Kopfes [Invoked Elysium] entsorgen und ihm den Sieg sichern!

„Aha!“, machte Thoras da und kicherte heimtückisch.

„Was!?“, fauchte Matt zurück.

„Ich weiß, was du gerade machst! Du legst dir einen Plan zurecht, wie du mir im nächsten Zug zuvor kommen kannst.“ Die Schattengestalt im Umhang hielt die Hand vor den nicht existierenden Mund und lachte gespielt hochmütig. „Ha ha ha! Aber lass dir eins gesagt sein: Jeder, der das macht, erlebt am Ende genau das Gegenteil!“

Er streckte die Hand aus. „Lerne vom großen Thoras, du Amateur! Ich aktiviere den Effekt von [Invoked Elysium]! Der entfernt ein Monster von meinem Friedhof und all deine Monster, die dasselbe Attribut haben wie das Monster, das ich verbannt habe!“

Der Immaterielle griff nach seinem Deck und präsentierte stolz: „[Invoked Caliga]! FINSTERNIS!“

„Nicht dein Ernst!“ Matt keuchte erschrocken beim Anblick des am Anfang des Duells gespielten Fusionsmonsters.

„Do-hoch! Aber natürlich kannst du deinen großen, bösen Drachen mit dem Effekt von [Evilswarm Dullahan] reanimieren. Oh!“ Thoras gluckste. „Das heißt, du könntest, wenn Ouroboros auf dem Friedhof landen würde. Aber das tut er ja nicht. Badass Elysium 1, Matthew Summers 0!“

Voller Schrecken verfolgte Matt mit, wie der Baum im Inneren der Blase des Gebildes zu leuchten begann. Gleichzeitig durchzog eine Lichtwelle in regelmäßigen Abständen das Membransegel des Dings, als wolle es ein Signal erzeugen. Immer schneller wurde es dabei.

Der Schwarzhaarige ballte eine Faust. „Wirklich!?“

„Keine Sorge, Matthew Summers, wir werden bestimmt allerbeste Freunde werden“, flötete Thoras.

Doch die Worte entfachten nur Matts Zorn. „Nie im Leben! Und wenn ich mich in die tiefsten Abgründe der Finsternis stürzen muss, um das zu verhindern!“

„Wie heißt es so schön? Manchmal muss man erst ganz unten landen, damit es bergauf gehen kann“, erwiderte sein Widersacher kryptisch.

Eine schwarze Aura breitete sich unvermittelt um Matt aus. „Yeah …“

Immer mehr Licht sammelte sich in der Blase Elysiums. Der ehemalige Dämonenjäger atmete tief durch. In dem Moment löste sich ein Lichtstrahl vom Baum im Inneren, schoss schräg herab auf den dreiköpfigen Drachen. „Yeah!“

Matt blickte der Attacke kämpferisch entgegen, die schwarze Aura um ihn explodierte förmlich. Dann schwang er den Arm aus. „Aus meinem Rang 4-Schwärmer wird die erste Saat geboren. Rank Up-Incarnation!“

Unterhalb des dreiköpfigen Drachen öffnete sich ein Schwarzes Loch und zog jenen trotz heftigen, lautstarken Protests in sich hinein. Matt grinste bitterböse, während sich die Aura um ihn immer mehr ausweitete. Der Sog seinerseits wurde regelrecht von Innen zerschmettert, das Elysion begann stärker und stärker zu vibrieren. „Dominiere, [Primalswarm Yggdrasil]! Inkarnationseffekt: Chain Annihilator!“

Noch gar nicht richtig erschienen, kehrte Matts Kreatur die Umgebung in negative Farben um. Der Lichtstrahl von [Invoked Elysium] stoppte kurz vor dem Einschlag, als wäre die Zeit eingefroren. In Matts rechtem Auge leuchtete in Rot eine geschwungene Fünf, die unterstrichen war.

„Oops!“, entfleuchte es Thoras noch trocken, kurz bevor eine Schockwelle sein Monster auseinander riss.

„Chain Annihilator setzt sofort bei der Beschwörung Yggdrasils ein und annulliert wie zerstört alle anderen Teile der Kette“, erklärte Matt seelenruhig, als sich jener ganz langsam vor ihm erhob, „ in die er hineinbeschworen wurde.“

Wie ein Turm entfaltete sich der mächtigste Schwärmer vor dem Schwarzhaarigen. Der Unterleib bestand aus neun Drachenköpfen an langen Hälsen, die wie Wurzeln von Yggdrasil herab hingen und, je höher der Blick wanderte, umeinander geschlungen waren. Ab der Hüfte begann nur noch ein schwarzer Torso einer humanoid wirkenden Kreatur, ausdruckslos, da sämtliche Merkmale eines Gesichts fehlten. Sie hatte Arme und an diversen Stellen zogen sich dünne Fäden in alle Himmelsrichtungen und verschwanden im Nichts. Die Haut der Kreatur schien in Bewegung zu sein, da sie an einigen Stellen manchmal unter der schwarzen Schicht violett hervor schimmerte.

 

Primalswarm Yggdrasil [ATK/3050 DEF/1650 {12} OLU: 3]

 

Thoras schüttelte seinen Kopf. „Dummkopf. Ist dir klar, dass du gerade wie ein Wecker aussiehst?“

„W-was?“

„In deinem Auge leuchtet eine Zahl!“ Der Immaterielle seufzte und zuckte mit den Schultern. „Du beschwörst Urilas Geheimwaffe zum ersten Mal. Oh Junge, typisch …“

Was sollte diese Aussage? Ja, es stimmte. Damals, im Kampf gegen dieses Miststück, hatte Matt sich mit der Beschwörung dieser Kreatur zurückgehalten. Denn wenn Ouroboros schon so eine starke Wirkung auf ihn hatte, hätte Urila ihn mit dieser Kreatur gewiss übernehmen können.

„Hör mal, ich sag's ja nicht gern, aber du hast die Gebrauchsanleitung nicht gelesen?“, begann Thoras vorsichtig zu erklären. Er deutete auf Yggdrasil. „Das Ding da ist eindeutig zu viel für dich. Je öfter du es benutzt, desto mehr wird es dich zerstören. Genau wie Urila den Körper deiner Freundin durch ihre reine Anwesenheit zersetzt hat.“

„W-was!?“

Thoras nickte und zeigte seine Hand mit gespreizten Fingern, die er nach und nach beim Erklären runterzählte. „Wenn die Zahl in deinem Glubscher auf 0 fällt, heißt's bye bye schnöde Welt. Also überlege dir in Zukunft gut, ob du dein Leben wegschmeißen willst.“

„Ich brauche deine Ratschläge nicht!“, fauchte Matt zornig zurück, schloss aber das Auge, welches brannte und legte die Hand darauf. War das wieder so ein Trick?

Ein weiteres Seufzen verließ derweil die Kehle seines Widersachers. „Wieso geb' ich mich überhaupt mit dir ab …? Du wirst es früher oder später selber merken.“

„Keiner zwingt dich! Wenn du nichts mehr tun kannst, beende deinen Zug!“, schnappte Matt zornig.

„Nö! Ich aktiviere meine Falle [Omega Summon]!“ Jene klappte vor der Schattengestalt auf.

Aus ihr schossen drei Runenzirkel, die sich nebeneinander vor ihm positionierten. Aus dem ersten schoss die dämonenhafte Gestalt Aleisters heraus, neben ihr der Blitzritter und ganz rechts schließlich der Silberdrache.

 

Invoked Caliga [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

Invoked Raidjin [ATK/2200 DEF/2400 (5)]

Invoked Cocytus [ATK/1800 DEF/2900 (6)]

 

„Ugh!“, ächzte Matt. Er hatte ganz vergessen, dass Thoras ja noch eine gesetzte Karte liegen hatte.

„Das ist der Effekt von [Omega Summon]: Sie beschwört verbannte Invokeds mit unterschiedlichen Elementen in Verteidigungsposition auf mein Feld! Und damit habe ich die perfekte Abwehr!“

Der ehemalige Dämonenjäger stöhnte noch lauter. Caliga konnte Monstereffektaktivierungen verhindern, Raidjin Angreifer in verdeckte Verteidigung bringen und Cocytus war nur durch Kampf zu zerstören. „Großartig …“

„Ich hoffe du bist stolz, deine Lebenskraft verschwendet zu haben!“, rief Thoras ihm verspielt, aber mit dunklem Unterton zu. „Zug beendet!“

 

Matt griff nach seinem Deck und wollte bereits ziehen, hielt jedoch plötzlich inne.

Er kannte den Effekt seines Monsters, wusste doch ansonsten nichts darüber. Konnte es sein, dass Thoras Recht haben und [Primalswarm Yggdrasil] ihm seine Energie raubte? Er spürte nichts Ungewöhnliches. Nein, das war Unsinn! Matt schüttelte den Kopf.

„Du solltest dir etwas einfallen lassen, sonst wird dieser Zug dein letzter sein“, triezte sein Gegner ihn herausfordernd. Er stemmte beide Hände in die Hüften. „Hah! Ein Immaterieller -könnte- dir in so einer Situation aus der Patsche helfen.“

„Ich brauche keinen!“

Trotzdem war sich Matt dem Ernst der Lage bewusst. Zwar mochte er das mächtigste Monster auf dem Feld haben, aber er konnte seine Effekte nicht nutzen, solange [Invoked Caliga] auf dem Spielfeld lag. Er musste aber jetzt den finalen Schlag ausführen, sonst würde er nächste Runde vermutlich wieder [Invoked Elysium] gegenüber stehen, dank des „Cheat Draws“, was das Ende seines Verstands bedeuten würde.

„Verdammt!“, fluchte er leise. Aber er durfte nicht aufgeben. Es gab eine Karte in seinem Deck, die ihm helfen konnte! Auch wenn die Chance gering war sie zu ziehen. „Hilft alles nichts … Draw!“

Voller Inbrunst rief er seine Worte und zog schwungvoll die Karte von seinem Deck. Ja, ein Immaterieller hätte das Schicksal für ihn ändern könnte. Matt sah aus dem Augenwinkel die Karte an. Und grinste. Zur Not tat es aber auch die Glücksgöttin! „Nicht das, was ich mir vorgestellt hatte, aber erledigt den Job ebenso gut! Ich aktiviere den Schnellzauber [Xyz Supression]!“

Die einzelnen Drachenköpfe, die wie Wurzeln von seinem Yggdrasil herunterhingen, bäumten sich allesamt auf.

„Uh-oh!“ Thoras schluckte. „H-hey, ein Immaterieller hätte dir zuverlässig-“

Matt aber schnitt ihm harsch ins Wort. „Diese Karte kann nicht aufgehalten werden, wenn sie einmal aktiviert wurde. Sie senkt die Angriffskraft eines meiner Xyz-Monster auf 0, dafür halbiert sie ebenso die Offensive all deiner Monster, sofern sie schwächer als Yggdrasil sind und versiegelt ihre Effekte!“

Nacheinander schrien die Köpfe und sendenden wiederkehrende Schallwellen aus, welche die drei Monster von Thoras nacheinander erreichten. Erst brach der Silberdrache zusammen, dann ließ der Ritter sein Schwert fallen, verlor das Bewusstsein und letztlich kippte auch der Dämon Caliga um.

 

Invoked Caliga [ATK/1000 → 500 DEF/1800 (4)]

Invoked Raidjin [ATK/2200 → 1100 DEF/2400 (5)]

Invoked Cocytus [ATK/1800 → 900 DEF/2900 (6)]

Primalswarm Yggdrasil [ATK/3050 → 0 DEF/1650 {12} OLU: 3]

 

Der Immaterielle reckte panisch den Kopf von links nach rechts zu seinen Monstern. „Hey, Leute, d-das ist nicht gut! Steht auf! Na los!“

„Werden sie nicht. Und du auch nicht!“ Matt streckte den Arm aus. „Jetzt kann ich den Effekt von [Primalswarm Yggdrasil] aktivieren, der ihm eine Overlay Unit direkt vom meinem Deck gewährt! Black Law!“

Die dämonische, gesichtslose Kreatur tat es seinem Herrn gleich und erschuf über seiner Handfläche aus dem Nichts eine schwarze Sphäre, die um ihn zu kreisen begann wie die anderen drei, die bei seiner Beschwörung bereits vorhanden waren. Derweil schob Matt [Evilswarm Coppelia] unter die schwarz-umrahmte Karte.

 

Primalswarm Yggdrasil [ATK/0 DEF/1650 {12} OLU: 3 → 4]

 

„Ich habe leider schlechte Neuigkeiten für dich. Mein Monster besitzt noch einen Effekt.“ Matt zog die vier Xyz-Materialien unter ihm wieder hervor: Die Schwärmer Ouroboros, Dullahan, O'lantern und Coppelia. „Indem ich all seine Overlay Units entferne, entfesselt Yggdrasil einen vernichtenden Angriff! Die addierten Angriffswerte seiner Overlay Units werden gegen die Gesamtoffensive deiner Monster gerichtet. Dabei werden deine Monster nicht nur zerstört, sondern dir auch die Differenz des Ganzen als Schaden zugefügt!“

Thoras senkte sein Haupt. „Ich weiß …“

„Gut“, murmelte Matt düster. Dann schwang er den Arm aus. „Beende es! Blackening Infestation Stream Of Destruction!“

Alle neun erhobenen Drachenköpfe öffneten ihr Maul und absorbierten Partikel der vier schwarzen Sphären, die den Unterleib des Scheusals wie auf einer Umlaufbahn umkreisten.

Der Immaterielle reckte den Kopf samt erhobenem Zeigefinger hoch. „Kann ich noch was sagen?“

Matt reagierte nicht, sondern blickte seinen Widersacher nur düster an. Thoras seufzte und ließ den Kopf wieder hängen. Dann feuerten die Drachenköpfe zeitgleich pechschwarze Strahlen auf ihn und seine Monster ab, die auf halbem Wege miteinander zu einer gebündelten, pechschwarzen Säule verschmolzen. Nacheinander wurden Caliga, Raidjin und Cocytus zerfetzt, dann verschwand Thoras in dem Angriff.

 

[Matt: 500LP / Thoras: 4000LP → 0LP]

 

Während der entstandene Rauch sich auflöste, lag der Immaterielle mit ausgestreckten Gliedern reglos am Rande des Elysions. Matt wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nachdem die Hologramme verschwanden, löste sich auch die Aura um ihn herum auf.

Haltung annehmend, schritt er langsam über das Mosaik der Zahnräder. Als er Thoras fast erreicht hatte, hustete der etwas Qualm aus.

„Entsprechend unserer Abmachung lässt du mich in Zukunft in Frieden“, murmelte Matt. „Ein Pakt zwischen uns wird nicht zustande kommen.“

„Ja …“
 

Matt wartete. Und wartete. Und wartete. Aber der Quälgeist regte sich nicht. Auch nicht, als der Schwarzhaarige sich sehr bestimmend räusperte. „Ahem.“

„Was?“

„Du weißt, 'was'!“

Thoras stöhnte und richtete seinen Oberkörper auf. „Du gönnst einem auch gar keine Pause! Du hättest mich beinahe gegrillt!“

Matt sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Leider nur 'beinahe'!“

„Wie kannst du so etwas sagen!?“, jammerte der Immaterielle theatralisch. „Jetzt, wo wir einander näher sind als nie zuvor! Du bist mein bester Freund, mein Seelenpartner, mein-“

„Halt den Mund …“

„D'oh …“

Der Vorhang des Schweigens legte sich über die beiden, obwohl Matt eher ein Leichentuch über dieser Nervensäge gesehen hätte.

„Weißt du eigentlich, wie grausam du bist!?“, klagte die plötzlich. „Jetzt muss ich mich nach jemand anderem umsehen, der mir hilft, den Sammler zu entlarven! Welcher halbwegs talentierte Eingeweihte würde einen Pakt mit mir eingehen!?“

„Keiner“, wusste Matt ganz genau. Stille. Er räusperte sich. „Du wartest ernsthaft darauf, dass ich Mitleid mit dir habe?“

Thoras' Stimme hellte sich auf. „Ein bisschen? Bitte?“

 

In dem Moment kam Matt eine schwer zu verdauende Einsicht. Er mochte zwar das Duell gewonnen haben, aber die Schlacht verloren. So groß seine Abneigung gegen Thoras auch war, bereiteten ihm seine Worte Unbehagen. Einerseits weil sie wahr, andererseits weil sie genau so gut eine Falle sein könnten. Und wenn er dieses Ding jetzt auf die Menschheit losließ und Letzteres der Fall war, wäre er für alles Kommende mitverantwortlich.

Aber sein Gewissen verbat es ihm, Thoras zu vernichten, obwohl er es dank Yggdrasil gekonnt hätte. Was sollte er tun?

Die Antwort darauf kannte er tief in seinem Inneren bereits. Sie zu akzeptieren und auszusprechen aber widerstrebte ihm zutiefst. Es gab eine Möglichkeit, die Nervensäge im Auge zu behalten, ohne einen Pakt mit ihr einzugehen. Anya hatte es mit Levrier bereits bewiesen.
 

Matt schluckte schwer. „Okay! Einigen wir uns auf einen Kompromiss!“

„Du gehst mit mir einen Pakt ein und wir leben glücklich bis an dein, uhm, unser Ende?“ Thoras gluckste, als der Schwarzhaarige die Augen so fest zusammenkniff, dass er nur noch aus engen Schlitzen lugen konnte. „Hey, den konnt' ich mir nicht verkneifen! Lach doch mal!“

Stattdessen aber griff Matt nach dem Deck in seinem D-Pad und suchte eine Karte daraus hervor.

„Hier!“

„Was soll ich damit?“

„Das ist dein neues Zuhause.“

Wieder Stille. Thoras war zum ersten Mal so geschockt, dass er nichts erwidern konnte.

„Wenn du mich begleiten willst, dann wohnst du in Zukunft in dieser Karte.“ Matt hielt sie der schwarzen Gestalt vor die Nase. „Und vielleicht, nur vielleicht, sehe ich mir die Sache mit Urilas Hinterlassenschaft an. Wenn ich Zeit dazu habe.“

„… du bist grausam.“

„Und du hast es nicht anders verdient!“

In diesem Moment verwandelte sich die Gestalt in einen schwarzen Kakerlakenmann, dessen Cape tatsächlich Schwingen waren. Genauso wie sein Helm glänzten sie golden. Matt reichte dem Immateriellen die Hand, welcher sie ergriff und sich aufhelfen ließ.

„Fortan bist du im wahrsten Sinne des Wortes eine Kakerlake“, murrte Matt. „Und solltest du mich jemals hintergehen, zerreiße ich deine Karte wie eine Niete beim Loseziehen!“

 

~-~-~

 

Und Gott, wie oft war er inzwischen schon in Versuchung geführt worden, dachte Matt eines Nachts einige Monate später. Er stand auf einem Hügel neben einem Baum und sah durch ein Nachtfernglas hinab auf eine Militäranlage herab. Neben ein paar Zelten, Containern und einem gegenüber liegenden, großen, L-förmigen Hauptgebäude erspähte er vor allem eins: zahlreiche bewaffnete Soldaten.

„Und hier soll es immer noch sein?“
 

Ja, ich bin ganz sicher! Irgendetwas Übernatürliches ist dort! Ich hoffe, du hast diesmal eine Kiste mit dabei, unter der du dich verstecken kannst. Du wirst sie brauchen.

 

Neben der Recherche für Anya bezüglich der Hüterrelikte hatte Matt ebenso Nachforschungen zum Turm von Neo Babylon angestellt. Das Militär hatte dessen Bruchstücke, Kristalle von der oberen Ebene, aber auch einen geheimnisvollen Gegenstand hierher transportiert und untersuchte sie seitdem in dem subterranen Labor dieser Anlage, welche circa achtzig Kilometer von Livington entfernt lag.

„Ich kann heute Nacht unmöglich dort einbrechen! Erst muss ich mir ein Bild von allem machen.“
 

Du klingst wie ein Reporter, nicht wie ein kampferprobter Dämonenjäger!

 

„Die sind bis an die Zähne bewaffnet. Wenn die mich erwischen, kann ich noch so viele Tricks draufhaben! Die killen mich!“
 

Feigling!

 

Matt schlug sich die Hand gegen die Stirn. „Argh! Du kapierst es nicht!“

„Was kapiere ich nicht?“

Erschrocken wirbelte Matt herum und sah sich Zanthe gegenüber, der ihn mit verschränkten Armen neugierig betrachtete. Unmöglich, der Werwolf war ihm einfach heimlich gefolgt! „D-du!? Was machst du hier!?“

„Dir nachspionieren, was sonst? Wie oft bist du in den letzten Tagen hierher gekommen?“, fragte der Werwolf mit dem blauen Kopftuch. „Was ist das?“

Er trat neben Matt und warf einen Blick herab auf den kleinen Militärstützpunkt.

„Nichts …“

„Wenn du tagelang nachts verschwindest, um diese Basis zu beobachten, ist das alles andere als 'nichts'“, murmelte Zanthe skeptisch. „Sag mir die Wahrheit! Über dich, diesen Ort und deinen unsichtbaren Freund!“

Matt schluckte ertappt. Dann seufzte er schicksalsergeben. „Dort ist etwas, das ich mir ansehen möchte, aber das muss bis nach dem Legacy Cup warten.“

Er wusste jedoch ganz genau, dass die Neugier des Werwolfs damit nicht einmal ansatzweise befriedigt war …

 

~-~-~

 

Matt saß auf dem Toilettensitz des kleinen Badezimmers in ihrem Hotelzimmer. Seit gestern Nacht fehlte von Anya jegliche Spur, selbst die Undying hatten sie nicht aufspüren können.

Er fasste sich an die Brust. Sie schmerzte. Der Kampf mit Zed hatte ihn vollkommen ausgezehrt, eigentlich sollte er sich hinlegen und schlafen. Aber er konnte nicht.

„Warum hast du mich nicht gewarnt, als Nick Harper meinen Ouroboros gestohlen hat!?“, klagte er, nun, da sie ungestört waren.

 

Ach das? Warum sollte ich? Er braucht den dringender als du.
 

„Der Typ ist gefährlich!“ Matt keuchte, die Schmerzen hatten selbst Stunden später noch nicht nachgelassen. „V-verdammt!“

 

Nun mach dir nicht ins Hemd. Ich habe dabei -natürlich- nur dein Bestes im Sinn! Stell dir [Evilswarm Ouroboros] wie ein Aufnahmegerät vor. Nur … bissiger. Wann immer er den Drachen spielt, werde ich die dabei entstandenen Informationen auswerten können – sobald wir die Karte wiederhaben, versteht sich.
 

„Du und deine Tricks … ugh!“

 

Fühlst du dich immer noch unwohl? Brauchst du seelische und moralische Unterstützung?

 

„Nein …“, murrte Matt. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war noch mehr Thoras.
 

Ach komm schon, mir machst du nichts vor. Ich habe dich gewarnt! Damals, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Dann, als du diesen alten Knacker eingestampft hast. Junge, war das 'ne Nummer!

 

„Halt den Mund“, keuchte der Schwarzhaarige.

 

Und was war mit diesem Hohlschädel? Wie hießt der noch, Lee Anderson? Statt auf mich zu hören, hast du auch ihm die volle Breitseite gesundheitsschädlicher Yggdrasil-Power verpasst. Sorry, verpassen wollen, dein Tabletdings ist ja mittendrin unter der Belastung verpufft. Lustig, dass Technologie dem Druck besser standhält als dein Zauberkrams.

 

Matt fasste sich über die Stirn. Sie war nass vor Schweiß.

Er versuchte sich aufzurichten, indem er sich an der Wand entlang tastete.
 

Und spätestens seit dem Einsatz gegen Zed verstehst du, dass ich dir damals die Wahrheit über [Primalswarm Yggdrasil] gesagt habe. Wenn du ihn noch zweimal beschwörst, bist du nur noch eine matschige Pampe. Matschepampe! Matschematt! Oh, das wird mein neuer Spitzname für dich!

 

„Bist du fertig?“, fragte Matt grimmig. „Hilf mir lieber bei der Suche nach Anya.“
 

Ach, ich bitte dich. Unkraut vergeht nicht. Die taucht schon wieder auf. Und wenn nicht, umso besser!

 

„Hey!“ Matt schlug mit der Faust gegen die Kacheln. „Ich habe dir schon oft genug gesagt, dass du nicht so reden sollst! Anya ist eine Freundin! Wegen ihr haben wir all das auf uns genommen!“
 

In deinem Fall: Aufnehmen müssen. Denk dran, was ich dir gesagt habe. Wenn alle Stränge reißen, solltest du Anya Bauer töten. Das wird den Sammler zwar nicht aufhalten, aber zumindest in seinem Plan zurückwerfen.

 

Matts Beine gaben nach. Er sackte auf die Knie und fing sich mit dem linken Arm an der Badewanne neben ihm ab. „Ugh!“

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich werde so etwas nicht tun. Das sind -eure- Methoden, nicht meine!“

 

Hey, gib' mir nicht die Schuld! Ich hoffe ja auch, dass die Sache sich klärt, bevor so ein Schritt nötig wird! Aber was, wenn nicht?
 

„Ich weiß es nicht. Ich weiß ja nicht mal, was überhaupt vor sich geht, um ehrlich zu sein …“

„Auf jeden Fall eine Menge 'Selbstgespräche'“, hörte er hinter der Tür dumpf Zanthe rufen. War der schon wieder zurück!? Verdammter Werwolf mit seinem ausgeprägten Gehör und niemals endender Neugier!

Trotz vieler Nachfragen hatte Matt Thoras' Existenz nie öffentlich gemacht. Anya würde ausrasten, besonders wenn sie erfuhr, dass der Spinner als Notfallplan ihren Tod im Auge hatte. Und wenn er sich Zanthe öffnete, wusste spätestens zehn Minuten später die ganze Welt Bescheid …

„Hoffentlich habe ich gerade nur Gutes über Anya vernommen“, sprach der Werwolf derweil weiter, „denn wenn du ihr jemals etwas antun wollen solltest, bekommst du es mit -mir- zu tun, Matt!“

Da war es! Matt lachte mit einer bitteren Belustigung. „Keine Sorge, ich bin vernünftig.“

 

______

 

 

Im Sommer folgt dann der Auftakt zu Staffel 3.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2018-04-26T20:15:49+00:00 26.04.2018 22:15
Hi
wow ein geniales Kapitel, dass Matt wieder einen Immateriellen hat hätte ich nicht gedacht, aber Thoras ist schon irgendwie cool XD
War aber schön ein bisschen was von Matts normalem Leben zu erfahren und auch was der Sammler von ihm wollte.
Ich denke mal nicht, dass er Anya töten muss, aber man sollte immer das schlimmste erwarten, dann wird man niemals enttäuscht.
Thoras ist jetzt Steelswarm Roach oder auch Steelwarm Thoras XD. Wenn der mal auf Levrier trifft ist die Party in Dosen, denn die beiden würden bestimmt nur Blödsinn anstellen.
Freu mich schon riesig auf die 3. Season und warte sehnsüchtig darauf.
Lg fubuki


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