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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Turn 105 - Star-Crossed Fates

Turn 105 – Star-Crossed Fates

 

 

„Fälschung!“

Diese Worte ließen Anya panisch aufschrecken. Kerzengerade saß sie in ihrem Bett und starrte geradeaus auf ihren Schrank am anderen Ende des Raums. Stöhnend fasste sie sich an die Stirn.

Nur um sofort auf die Anwesenheit einer anderen Person aufmerksam gemacht zu werden.

„Guten Morgen, Anya.“

Die Blonde sah herüber zu ihrem Schreibtisch, an dem niemand Geringeres als ihre Erzrivalin Valerie Redfield saß. Mit gesenktem Kopf und Händen auf den Oberschenkeln saß sie in einem weißen Tanktop dort. Der schwarze Pony fiel ihr ins Gesicht, bedeckte die Augen.

„Redfield?“, wunderte sich Anya und wollte aufstehen, doch bemerkte, dass ihre Hüfte mächtig schmerzte. „Shit. Au … was zur Hölle machst du hier?“

„Dich im Auge behalten, während die Jungs unterwegs sind“, kam eine teilnahmslose Antwort.

 

Vorsichtig setzte Anya ein Bein nach dem anderen über die Bettkante. Dabei bemerkte sie, dass sie in völlig zerschlissenen Klamotten steckte. Ihre schwarze Jeansjacke war dreckig, zerrissen, genau wie die Jeans und teilweise auch voller Blutflecken. Die Erinnerungen kamen wieder.

An Kali, an [Chrono Blades Excel Dragon] und ihre eigene Verzweiflung.

„Hast du eine Ahnung, wie ich hierher gekommen bin?“, fragte Anya ihre Freundin vorsichtig. „Wie lange ist es her, seit wir in San Augustino waren?“

Valerie regte sich nicht. „Nicht lange. Um genau zu sein sind seit deiner Begegnung mit Kali nur ein paar Stunden vergangen. Du hast die Nacht über durchgeschlafen.“

„Aber wie bin ich hierher gekommen?“ Anya kam das Verhalten Valeries zunehmend merkwürdiger vor. „Antworte!“

 

Lass mich das erklären, Anya Bauer.

 

Levrier erschien vor ihrem Bett in seiner durchsichtigen [Gem-Knight Pearl]-Form.

 

Nachdem du das Bewusstsein verloren hast, ist ein Kampf zwischen der Weißen Hexe Gardenia und dem Sammler ausgebrochen, der dein Schicksal bestimmen sollte. Der Sammler war siegreich.

 

„Der Kampf fand auf einer Glasplattform etliche Meter über dem San Augustino-Wald statt, hat Matt erzählt“, fügte Valerie an, „als der Sammler Gardenia besiegt hat, hat sich herausgestellt, dass er nur gegen eine Astralprojektion gekämpft hat. Die hat die Plattform zerstört, um euch in den Tod fallen zu lassen. Der Sammler hat euch daraufhin hierher teleportiert.“

Während sie das erzählte, schwang keinerlei Gefühl in ihrer Stimme mit. Und Anya ahnte bereits, woran das lag. Sie wusste, dass Kali von sich behauptete, die echte Anya Bauer zu sein …

„Was hat der Sammler gesagt?“, wollte Anya grimmig wissen.

 

Während des Duells konnten wir die Konversation zwischen ihm und Gardenia nicht mitverfolgen, da sie sich in einen Bannkreis gesperrt hatten. Doch nachdem wir hier ankamen, hat er noch einige Worte mit Matthew Summers und Zanthe Montinari gewechselt.

 

Die Blonde zog die Augen zusammen, versuchte den aufkeimenden Schmerz in ihrem Unterleib zu verdrängen. „Urgh. Und … und das wäre?“

 

Schreiend fielen Matt, Zanthe und eine bewusstlose Anya in die Tiefe. Zumindest hätte dies so sein sollen, doch tatsächlich knieten die beiden Jungs einen Herzschlag später auf dem Boden. Sie befanden sich mitten in Anyas unordentlichem Zimmer. Vor ihnen stehend der rothaarige Sammler, der beide Hände auf seinem Gehstock abstützte.

Was für ein enttäuschender Ausgang“, sinnierte er dabei, „ich hätte ihr einen kreativeren Weg zugetraut, uns töten zu wollen. Aber ihre Möglichkeiten sind anscheinend doch beschränkter als ich erwartet habe.“

Matt sah neben sich, wo Zanthe Anya in seinen Armen hielt. „Wir sind hier?“

„Natürlich seid ihr das“, erwiderte der Sammler schnippisch. „Oder würdet ihr jetzt lieber mit gebrochenen Knochen im Nirgendwo liegen?“

Zanthe schnarrte: „Danke, schätz' ich.“

„Bedank' dich nicht zu früh“, fuhr ihm Matt sofort dazwischen. „So ein Dienst erfolgt bestimmt nicht ohne Gegenleistung!“

Aber der Sammler gestikulierte wild mit seinen Händen und dem Gehstock. „Ihr tut mir Unrecht! Euch hierher zu bringen ist einzig meinem guten Willen geschuldet.“

Der Dämonenjäger verzog grimmig das Gesicht und erhob sich. „Wenn du damit bezweckst, uns zur Zusammenarbeit mit dir zu zwingen, kannst du uns auch genauso gut töten. Anya würde lieber sterben, als dir zu helfen.“

Anstatt aber drohende Worte entgegengeworfen zu bekommen, überraschte der Sammler ihn mit einem zuversichtlichen Lächeln. „Das wird definitiv eintreten, lieber Matthew Summers. Mit etwas anderem habe ich nie gerechnet.“

W-was?“

Die schlafende Blonde behutsam auf den Teppich ablegend, erhob sich auch Zanthe und stellte sich schützend vor sie. „Wirklich? Das glaube ich nicht.“

Pardon, aber deine Meinung spielt für mich eine äußerst untergeordnete Rolle“, erwiderte der Sammler gespielt pikiert und sah von dem Werwolf zu Matt und wieder zurück, „eure Gastfreundlichkeit lässt wirklich zu wünschen übrig. Dankt man so seinem Retter?“

 

Das war das Stichwort für den Kopftuchträger, das Thema zu wechseln. „Wo wir dabei sind, was ist aus der Weißen Hexe geworden? Ist sie tot?“

Mit großen Augen sah der rothaarige Brite im schwarzen Anzug sie an. Und prustete vor lachen so laut los, dass es selbst die Toten wecken könnte. Völlig irritiert sah der Werwolf Matt mit ausgebreiteten Händen an. „Hab ich was Falsches gesagt?“

„Sie lag in einer Blutlache“, stellte Matt verärgert klar, „die Frage ist völlig gerechtfertigt.“

„Liebe Kinder“, belehrte der Sammler sie nach einem letzten Glucksen, „so wie ich gerade gelacht habe, wird vermutlich auch die werte Gardenia just in diesem Moment in ihrem Weißen Raum juchzend am Bogen liegen.“

Sie lebt also“, schloss Matt daraus grimmig.

Der Sammler setzte seinen Stock wieder vor sich ab und legte beide Hände darauf. „Nicht nur das, nein, sie war auch nie in Gefahr. Die Weiße Hexe ist eine meisterhafte Schöpferin von sogenannten Astralprojektionen.“

„Solche sind nicht dazu imstande, reale Dinge zu berühren!“, stellte Matt sofort klar.

„Die von ihr erzeugten Astralprojektionen sind es. Sie können die Grenzen der physischen Ebene sprengen.“ Der Sammler lächelte falsch. „Glaubt mir wenn ich sage, dass die Weiße Hexe ihren Weißen Raum niemals verlassen würde.“

Hinter ihm öffnete sich ein schwarzes, ovales Portal. „Schließlich ist sie nur eine gewöhnliche Sterbliche. Wohlan.“

Er trat einen Schritt zurück und wurde von dem Portal regelrecht verschlungen. Doch bevor dieses sich schloss, wurde er noch ein paar letzte Worte los. „Und grüßt mir Anya schön. Sie soll mich in ihren letzten Stunden aufsuchen. Dann erfährt sie die Wahrheit.“

„Warte!“, rief Zanthe noch und wollte hinterher, doch Matt hielt ihm mit dem Arm zurück, bis das Portal sich gänzlich schloss. Sein eindringliches Kopfschütteln sprach lauter als jede Worte.

 

„Yeah“, murrte Anya auf der Bettkante sitzend, „das hat der Mistkerl schon neulich gesagt. Aber den Gefallen tu ich ihm nicht.“

Sie warf einen Blick herüber zu Valerie, die sich während Levriers Schilderung der Erlebnisse nicht vom Fleck gerührt hatte. „Was ist los? Tch! Lass mich raten, du weißt es schon. Sie haben es dir gleich brühwarm erzählt, huh?“

„Ich weiß es, aber nicht von den Jungs.“ Valerie sah auf. Ein zutiefst nachdenklicher Gesichtsausdruck zierte sie. „Ich weiß es von einem der Diener des Sammlers, David. Er hat mir dieselbe Geschichte erzählt wie Kali dir und gemeint, nur die Hüterartefakte können dich retten.“

Die beiden Mädchen tauschten intensive Blicke aus und die Schwarzhaarige fragte: „Wirst du das tun? Wirst du wieder damit anfangen, wenn es bedeutet, dich selbst zu retten?“

„Nein.“

Erleichtert atmete Valerie auf. „Ich hatte gehofft, dass du das sagst …“

„Also glaubt der Sammler auch, dass ich eine Fälschung bin?“, fragte Anya verbittert. „Kch …“

„Möglich. Aber vielleicht hat er das David nur so erzählt, damit er dich durch mich über Umwege verunsichern kann.“ Valerie erhob sich. „Du solltest nicht auf das hören, was diese Oberdämonen behaupten.“

Anya sah weg. „Und wenn es stimmt?“

„Dann ändert sich trotzdem nichts. Nicht für mich zumindest.“ Valerie schritt auf ihre Freundin zu und stellte sich neben Levrier. „Ich sehe keinen Grund, warum nur eine von euch in dieser Welt existieren darf. Und angefreundet haben wir uns erst nach dem Zeitpunkt der 'Teilung'.“

 

Auch wenn keiner es sah, konnte sich Anya ein kurzes Lächeln nicht verkneifen. Sie erhob sich langsam und stöhnte. „Ugh! Shit, mir tut echt alles weh …“

„Du solltest dich ausruhen. Ich werde Abby Bescheid sagen, dass du wach bist. Sie macht sich auch große Sorgen“, sagte Valerie.

„Yeah, mach das. Weiß sie es?“

„Keine Ahnung, von mir jedenfalls nicht.“

„Dann … dann sag erstmal nichts.“ Anya atmete tief durch. „Ich will es ihr selbst sagen. Wo sind Summers und der Flohpelz?“

Valerie zuckte mit den Schultern. „Zanthe ist seit gestern Nacht weg und Matt seit heute Morgen. Wohin sie gegangen sind weiß ich aber nicht.“

„Verstehe“, murmelte Anya und sah Valerie ausdruckslos an. „Kannst du mich eine Weile allein lassen, Redfield?“

Jene zögerte erst, nickte dann aber, erhob sich wortlos und verließ das Zimmer.

 

~-~-~

 

„Und du denkst, sie wird uns helfen?“, fragte Alexandra Russo belustigt, als sie neben Nick daher schlenderte und durch die gläserne Schiebetür ging. Somit waren sie jetzt im Inneren der riesigen Hauptzentrale der AFC.

„Daran besteht kein Zweifel“, erwiderte ihr zerzauster Begleiter im schwarzen Ledermantel zuversichtlich.

Tatsächlich befanden sie sich noch in einem gläsernen Vorraum – neben ihnen erstreckte sich ein Rollband wie bei der Gepäckabfertigung am Flughafen. Nick ignorierte dieses jedoch und steuerte prompt auf den dahinter liegenden Metalldetektor zu, der nur wenige Zentimeter größer war als er selbst.

„Die waren letztens noch nicht hier“, murmelte Alexandra, „es gab schon immer Kontrollen, aber die wurden jetzt wohl verschärft.“

Nick indes zückte den Mitarbeiterausweis von Micron Electronics und zeigte diesen einem der Wachmänner, der den Kopf schüttelte.

„Hier muss jeder durch“, meinte der dunkelhäutige Mann streng.

Also zogen sie Mantel beziehungsweise Trenchoat aus, ließen sich durchsuchen und passierten den Metalldetektor, der wohlgemerkt bei beiden schrillte. Alexandra gluckste verschwörerisch und Nick musste sein verätztes, uraltes Handy über das Rollband laufen lassen. Genau wie Alexandra das goldene Schmuckstück an ihrem Arm, das tatsächlich ein mächtiges Artefakt war – wovon natürlich keiner außer Nick je wissen würde.

 

Nachdem sie die Kontrolle dann endlich bestanden und noch ein Besucherprotokoll ausgefüllt hatten, steuerten sie prompt auf den Empfang zu. Jener bestand aus einem kreisrunden Glastresen, der sich entlang einer riesigen Säule zog und wurde von mehreren Damen bewirtet. Weit über ihnen befand sich die gläserne Kuppel, in der Duel Monsters-Hologramme gezeigt wurden. Im Moment kicherte das [Toon Dark Magician Girl] verschwörerisch.

„Vielleicht solltest du ihr im Falle des Falles ein Gegenangebot bereiten“, schlug Alexandra im Gehen vor. Ihre hohen Absätze machten auf den schwarzen Marmorfliesen ordentlich Lärm, „hier gab es neulich einen Einbruch. Der Typ wollte sich wohl einhacken, wurde dabei von Melinda erwischt und hat sie eiskalt ins Krankenhaus befördert.“

„Gut zu wissen“, erwiderte Nick und sah Alexandra dabei von der Seite an, „haben sie noch mehr über den Hacker geschrieben?“

„Harrier nannte er sich wohl.“

Nicks Züge verdunkelten sich schlagartig.

 

Dann kamen sie am Tresen an. Die blonde Dame im blauen Kostüm lächelte beide freundlich an.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Ich muss Melinda Ford sprechen. Auf der Stelle“, forderte Nick barsch.

„Verzeihung, aber Miss Ford ist erst seit gestern wieder hier. Haben Sie einen Termin?“, wurde er beherrscht gefragt.

„Nein, aber das hier.“ Nick zeigte seinen Micron Electronics-Ausweis vor. „Es geht um unser gemeinsames Projekt.“

Doch die Dame lächelte ihn bedauernd an. „Entweder Sie haben einen Termin oder nicht.“

„Täubchen, wir haben wirklich nicht viel Zeit“, mischte Alexandra sich belustigt ein, „ruf deine Chefin an und lass dir von ihr bestätigen, dass sie für uns immer einen freien Termin hat, ok?“

Etwas irritiert nahm die Empfangsdame tatsächlich den Hörer in die Hand und stammelte verwirrt den Sachverhalt vor sich her. Plötzlich machte sie ein entsetztes Gesicht, flüsterte leise: „Miss Ford, Sie sind erst gestern aufgewacht. Sie sollten- verstanden.“

Kurz darauf seufzte sie und legte auf. „Miss Fords Büro befindet sich in Stock 3R. Dort entlang.“

Sie zeigte nach rechts, wo eine riesige Front von Aufzügen wartete.

„Danke“, knurrte Nick längst genervt von der Verzögerung und Alexandra warf der jungen Frau im Weggehen noch ein Augenzwinkern zu.

 

Sie stiegen in den nächstbesten der gläsernen Aufzüge, der sie erst nach oben, dann seitlich entlang einer Schiene fuhr. Nachdem sie im dritten Stockwerk ankamen, liefen sie einen breiten Gang entlang. Unter ihnen konnte man durch Glas einen Schacht sehen, der ebenfalls Aufzüge durch das Gebäude transportierte. Die Büros zu ihrer Linken und Rechten besaßen allesamt Fensterscheiben, viele davon jedoch durch eine bestimmte Technologie abgedunkelt.

„Hier nicht“, murmelte Alexandra, ging voraus und sah sich nach Melindas Büro um, „und da auch nicht. Das Mädel hätte ruhig etwas präziser sein können.“

„Ich weiß, wo ihr Büro ist“, meinte Nick jedoch desinteressiert am Gemecker seiner Begleitung.

Jene zog einen Schmollmund und wartete, bis er zu ihr aufgeschlossen hatte. Da packte sie seinen Arm. „Du bist ja noch abweisender als üblich. Hoffentlich liegt das nicht an mir.“

„Nein.“

„Ich weiß, dass ich nicht mehr viel für dich tun kann. Du hast fast alle Dämonen, die ich kenne, abgemurkst“, sagte sie mit einem ernsten Unterton, „wieso schmeißt du mich nicht weg, wie du es vermutlich von Anfang an vor hattest?“

Nick blieb kurz stehen. „Ich entscheide, wann du keinen Nutzen mehr für mich hast.“

„Das hast du süß ausgedrückt“, stichelte sie belustigt. Dann zog sie die Augen zusammen. „Wenn ich dich nicht störe, würde ich dich gerne noch eine Weile begleiten. Dank dir konnte ich völlig fremde Welten sehen.“

„Und das ein oder andere von dort mitnehmen.“

„Das auch“, meinte sie und zwinkerte verschwörerisch. „Ich mag dich, Nick. Du bist so gnadenlos ehrlich und direkt. Das ist beeindruckend. Und beängstigend.“

Er musste tatsächlich kurz grinsen. Dann aber schritt er voran.

 

Kurz darauf erreichten sie das gesuchte Büro. Aber selbst wenn Nick nicht gewusst hätte, wo es ist, wäre die junge, rothaarige Frau, die davor wartete, Indikator genug gewesen. In einem grauen Hosenanzug und glattem, offenem Haar wartete sie bereits ungeduldig auf die beiden.

„Mein erster Tag nach dem Vorfall und ausgerechnet du besuchst mich“, gluckste sie, als sie die beiden in Empfang nahm, „und du hast mir nicht mal Blumen mitgebracht. Schäm' dich.“

„Man gewöhnt sich dran“, scherzte Alexandra.

Melinda betrachtete die Blonde neugierig. „Und du bist?“

„Alex. Einfach Alex.“

„Hallo, einfach Alex“, erwiderte der Rotschopf und gab ihr die Hand. „Na dann, kommt rein in die gute Stube. Womit kann ich euch helfen?“

Sie ließ die beiden zuerst ins Büro, ehe sich die Tür hinter ihnen automatisch schloss.
 

Die junge Frau ging an ihren Gästen vorbei und deutete auf die beiden, schwarze Lederstühle vor ihrem Mahagonischreibtisch, doch Nick lehnte mit einem Kopfschütteln ab.

„Okay?“ Sie zog die Stirn kraus. „Nick, du bist hoffentlich nicht hier, um mir zu sagen, dass die Arbeiten an Monochrome stagnieren. Was durchaus denkbar ist, wenn man bedenkt, wie lange du inzwischen deiner Arbeit fern bleibst.“

Nick konterte: „Hat Aiden sich bei euch ausgeheult? Das tut mir aber leid.“

„Ich mag dich gern, aber wenn du Henrys Projekt in den Sand setzt, wird nicht mal Anya in der Lage dazu sein, dich vor meinem Zorn zu bewahren“, scherzte Melinda, aber ihr finsterer Gesichtsausdruck strafte ihrer Worte keiner Lügen.

„Tu nicht so. Ich weiß, dass ihr kurz vor dem ersten Test steht“, blieb Nick jedoch unbeeindruckt.

Sie lächelte kalkulierend. „Na wenigstens informierst du dich noch. Gut. Also bist du nicht wegen Monochrome hier.“

„Nein.“

Melinda seufzte und klatschte einmal in die Hände. Sofort verdunkelten sich die Scheiben ihres Büros, sodass niemand mehr hineinsehen konnte. Dann setzte sie sich entgegen jeder Etikette einfach auf die Kante ihres Schreibtisches und sah die blonde Frau und Nick an.

„Also wollt ihr etwas. Was kann ich also für euch tun?“

„Für mich? Gar nix“, gluckste Alexandra sofort, „ich bin nur Dekoration. Beachte mich gar nicht.“

Der Rotschopf blinzelte etwas verdutzt. „Na schön … Nick?“

Jener griff in seine Manteltasche und holte einen USB-Stick hervor. Dabei erklärte er kühl: „Darauf sind Daten von Duel Monsters-Karten, die ich benötige.“

„Ich soll dir Karten beschaffen?“

„Ein ganzes Deck“, korrigierte er die Repräsentantin der AFC, „und du sollst sie nicht beschaffen. Du sollst sie erschaffen. Entsprechend der Daten hier.“

Da weitete die junge Frau langsam die Augen. „W-was? Also willst du, dass ich dein selbsterdachtes Deck zur Realität werden lasse? Was ist mit deinem alten!?“

„Es reicht nicht mehr für meine Zwecke aus.“ Nick sah sie forschend an. „Hilfst du mir?“

„Moment mal! Hast du eine Ahnung, wie lange es dauert, Hologramme zu programmieren? Selbst wenn ich jetzt ja sagen würde, hättest du das Deck irgendwann nächstes Jahr.“ Melinda legte den Kopf schief. „Ich glaube nicht, dass du so lange warten willst.“

„Nicht nötig. Die Hologrammdaten sind bereits hier drauf. Im Grunde musst du die Informationen nur in den Server einspeisen und die Karten drucken.“ Nick reichte ihr den Stick. „Was vielleicht eine halbe Stunde dauert.“

 

Statt ihn entgegen zu nehmen, verschränkte die auf ihrem Schreibtisch sitzende Melinda mit empörtem Gesichtsausdruck die Arme. „Wow, ist ja fast ein kleiner Gefallen. Wie zur Hölle hast du Hologrammdaten auf dem Ding? Du bist ein Genie, das weiß ich inzwischen, aber hast wohl kaum Zeit für sowas gehabt in den letzten Wochen.“

„Ich habe sie nicht selbst entworfen. Das waren deine Leute“, stellte Nick klar.

Und der Rothaarigen entfuhr: „Ah ja? Wie das?“

„Ein bisschen Erpressung hier, eine kleine Gefälligkeit dort“, plapperte Alexandra dazwischen, „die Jungs und Mädels können richtig fleißig sein, wenn sie wollen. Und Nick hier ist gut im Überzeugen, musst du wissen.“

„Ah ja“, kam es trocken von Melinda zurück. Trotzdem schüttelte sie mit dem Kopf. „Das kann ich nicht machen, Nick.“

Der schien nicht überrascht und zog den Arm zurück. „Verstehe. Wie wäre es dann mit einer Gegenleistung meinerseits?“

Melinda lachte auf. „Und wie würde die aussehen?“

„Ich sehe mir mal eure Server an.“ Er sah ihr direkt in die Augen. „Ein Hacker, richtig? Und ihr habt nichts Verdächtiges bei den Wartungen gefunden, nicht wahr?“

„Nö“, gab sie keck zurück, doch innerlich verkrampfte sie. Er dachte, was sie auch dachte. Aber selbst dann konnte sie ihm den Gefallen nicht tun, trotz ihres Status. Sie lächelte einfühlsam. „Es geht nicht, Nick. Was ich dir anbieten kann sind alle Karten – bis auf einige Ausnahmen – die wir bisher vertreiben. Auch die ganz neuen, wenn du willst. Anya hat sie letztens schon kennengelernt.“

„Bring mich dorthin“, forderte Nick stattdessen knapp, „wo du ihm begegnet bist. Ich werde finden, was auch immer er zurückgelassen hat.“

Melinda seufzte. „Wenn du so lieb bist … aber das ändert nichts an meiner Entscheidung.“

„Wir werden sehen“, gab sich Nick jedoch überzeugt.

 

~-~-~

 

Kurz darauf waren sie zu dritt in einem riesigen Raum voller orange leuchtender Maschinen, Supercomputer, die für ganz Nordamerika die Server stellten. Hinter ihnen ging es in einem langen Gang zurück, dort, wo sich Melinda und Harrier duelliert hatten.

Nick saß im Schneidersitz mit Laptop auf dem Schoß vor einem der Computer, diverse Kabel verbanden es mit der Maschine. Melinda stand hinter ihm, während Alexandra sich neben Nick niedergelassen hatte. Dabei entgingen der Rothaarigen nicht die intensiven Blicke, die die Blonde dem jungen Mann von der Seite zuwarf.

„Ich kenne Harrier von früher“, erklärte Nick während der Arbeit, „nicht persönlich, aber ich bin ab und zu auf sein Handwerk gestoßen. Er ist einer der besten.“

Für Melinda war das alles neu. „Du warst auch ein Hacker? Dann weißt du hoffentlich, dass deine Chancen, dein Deck zu bekommen, gerade auf null gesunken sind.“

„Ich finde es süß, wie du das immer wieder betonst“, stichelte Alexandra augenzwinkernd.

Nick indes stöhnte: „Was ich früher gemacht habe ist irrelevant. Du solltest dich eher für meine Warnung interessieren, Melinda. Harrier hat in den letzten zehn Jahren für eine Menge Chaos gesorgt. Das erste hauptsächlich digital gesteuerte Gefängnis in Ohio ist seinetwegen ein Fehlschlag gewesen.“

„Er war es, der die Schlösser geöffnet und für eine Massenflucht gesorgt hat!?“, keuchte Melinda.

„Und er war es, der sich vor fünf Jahren in die Europäische Zentralbank gehackt hat.“

„Nie war Geld so billig gewesen“, gluckste Melinda, „nicht, dass sich die Situation damals inzwischen von der heutigen unterscheidet, haha.“

Alexandra erhob sich. „Der meistgesuchte Hacker eben. Und du hättest ihn -beinahe- in einem Duell besiegt. Ich bin fast ein wenig neidisch, auf den steht bestimmt ein fettes Kopfgeld.“

„Seid ruhig, ich muss mich konzentrieren.“

Melinda rollte mit den Augen ob dieser weiteren Spitze der Barbiepuppe, ließ sich jedoch nicht provozieren.

 

Nach einer Weile erhob sich Nick schließlich und klappte den Laptop zu. „Ihr konntet nichts finden, weil Harrier nichts hinterlassen hat.“

„Okay? Also habe ich ihn doch gestört, bevor er sein Werk vollenden konnte?“

„Nein“, schüttelte Nick den Kopf, klemmte den Laptop unter die Achsel, „er hatte es auf eure Daten abgesehen. Und davon hat er eine Menge bekommen.“

„Was für Daten?“

„Alles. Aber an einer Sache hatte er sich, wenn ich das richtig sehe, besonders interessiert. Um genau zu sein hat er zuerst danach gesucht.“ Nick sah Melinda ausdruckslos an. „Excel-Monster.“

„Oh scheiße“, entfleuchte es Melinda dabei. „Nicht schon wieder.“

„Kannst du das erläutern?“

 

Kurz umriss sie daher die Situation mit Velvet Thorne und die Geschichte der Excel-Monster und ihren Status als fehlgeschlagenes Experiment, das niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollte.

„Gut möglich, dass er für die Leaks verantwortlich ist“, überlegte Alexandra, die neben Nick stand und sich durchs Haar fuhr.

„Er schien Velvet zu kennen“, meinte Melinda da, „aber umgekehrt schien es nicht der Fall zu sein. Vielleicht hat er ihr [Ebon Sky Pegasus] besorgt?“

„Du sagtest aber, diese Karte existierte vorher nie in euren Datenbanken.“ Nick schloss die Augen kurz, öffnete sie dann und meinte zuversichtlich. „Eher ist es umgedreht, er ist auf diese Velvet aufmerksam geworden und will jetzt ihrem Beispiel folgen.“

„Die Informationen dazu hat er jetzt“, schluckte Melinda, „Nick, wir müssen diesen Mann ausfindig machen und aufhalten. Mit all den gestohlen Daten kann er der AFC erheblichen Schaden zufügen!“

„Das ist nicht mehr meine Baustelle.“ Nick lief an ihr vorbei, ließ dabei fallen. „Ich könnte allenfalls mehr für euch tun, wenn ich die Mittel dazu hätte.“

Melinda wirbelte erschrocken um, getaucht in das orangefarbene Licht der Supercomputer. „Das ist Erpressung.“

„Ich sagte doch, er weiß wie man die Leute überzeugt“, gluckste Alexandra und lief ebenfalls an Melinda vorbei

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Jene musste nachdenken. Sie konnte nicht einfach fremde Daten ins System einspeisen. Auch wenn sie Nick kannte, zweifelte sie inzwischen an ihm. Er war so anders als damals, als sie sich zum ersten Mal im Livingtoner Park trafen.

Aber sie brauchte seine Hilfe. Wenn die gestohlenen Daten an die Öffentlichkeit gelangten, hätte das ernste Konsequenzen für die AFC. Vermutlich hatte er sogar die Informationen zum Projekt Monochrome! Und wie skrupellos er war, wusste sie dank der Beispiele inzwischen.
 

„Hör zu“, sagte sie daher aufgebracht, „einigen wir uns auf einen Kompromiss. Ich will erst sehen, was du da entworfen hast. Ich duelliere mich gegen dich.“

Nick drehte sich interessiert dreinblickend zu ihr um. „Und wenn ich gewinne, bekomme ich die Karten?“

„Ja.“ So würde sie zudem als Erste sein neues Deck sehen können, denn ehrlich gesagt war sie ziemlich neugierig.

Er lächelte schwach. „Dann gibt es ein Problem: Um mich damit zu duellieren, müssen sie erst ins System integriert und gedruckt werden. Ein Paradoxon.“

„Nicht unbedingt. Gib mir den Stick.“ Melinda grinste. „Du bist weiß Gott nicht der Erste, der mich um sowas bittet. Dafür haben wir eine einfache Lösung.“

„Ein unabhängiges, in sich geschlossenes Netzwerk“, wusste Nick allerdings bereits. Der Rotschopf nickte.

 

~-~-~

 

Tatsächlich dauerte es beinahe eine Stunde, die Daten hochzuladen. Als das getan war, führte Melinda sie gefühlt durch die ganze Anlage in deren hinteren Teil. Sie betraten eine riesige Halle, in der insgesamt acht Duellarenen existierten, die in zwei Viererreihen nebeneinander standen.

„Ziemlich antiquiert“, meinte Nick bei ihrem Anblick, als sie auf eine der Maschinen zuschritten.

Sie waren die ersten Apparaturen gewesen, die in den frühen 90ern Hologramme darstellen konnten – ihrer Zeit damals weit voraus. Duel Disks, die tragbare Variante, kamen erst einige Jahre später auf den Markt.

„Ich finde sie cool. Hier testen wir die neuesten Karten aus Japan und natürlich auch die, die wir selbst entwerfen“, erklärte Melinda vergnügt.

„Ihr bringt neue Duel Disks auf den Markt, testet die Karten aber mit sowas?“, gab sich Alexandra hinter ihnen erstaunt und sah sich um. „Irgendwie heuchlerisch.“

„Danke“, erwiderte der Rotschopf unterkühlt. „Auch wenn sie alt aussehen, besitzen die Arenen dieselben Features wie unsere neuen D-Pads.“

Die Blonde schmunzelte diebisch. „Aha.“

 

Nick hatte sich noch nie auf diesen erhöht stehenden, rechteckigen Plattformen duelliert. In ihrer Mitte waren sie in auf beiden Seiten in die fünf Monster und Backrowzonen eingeteilt, mehr jedoch nicht. Im Standby-Modus war die Oberfläche der Spielfelder schwarz, die Verkleidung der Duellarenen aus rotem Plastik.

Dieses Duell war reine Formsache. Das Ergebnis stand bereits fest. Und sobald Melinda die Daten ins richtige Netzwerk einführte, würde sie damit auch unwissentlich einen Virus hochladen. Welcher auf eine einzige Aufgabe ausgerichtet war: Aidens Version vom 'Monochrome'-Programm unschädlich zu machen, welcher jenes schon vor einiger Zeit hier eingeschleust hatte. Denn es war der wahre Grund für die Serverausfälle und Störungen.

Nick wusste, dass Aiden damit versuchte, die Meinung der Konsumenten zu beeinflussen. Schlecht funktionierende Produkte erzeugten Unmut und sorgten dafür, dass man zur Konkurrenz wechselte. Da es noch einige Zeit bis zum Start vom Spiel Monochrome dauern würde, konnte er so ein negatives Image aufbauen – ohne das Wissen derer, die er eigentlich unterstützte.

Ganz zu schweigen davon, dass er das Monochrome-Programm auch für andere Sachen nutzen konnte. Nick würde dem einen Riegel vorschieben.
 

„Also“, drehte Melinda sich schließlich zu Nick um, „nochmal zur Verdeutlichung: Wenn ich dieses Duell verliere, gebe ich deiner Bitte nach.“

„Und wenn du gewinnst?“, wollte Alexandra neugierig wissen.

„Dann spürst du Harrier für mich auf“, forderte Melinda an Nick gewandt. Sie reichte ihm die Hand. „Deal?“

Nick sah sie eindringlich an. „Ich spare mir an dieser Stelle meine Warnungen, was diesen Mann angeht. Deal.“

Er schlug ein.

Alexandra zuckte mit den Schultern. „Wie langweilig. Ist da jemand etwa auf Rache aus?“

„Lass das mal meine Sorge sein“, kam sofort ein Konter der AFC-Chefin.

„Legen wir los“, ließ Nick keine Zeit verstreichen und zog an den beiden Frauen vorbei, umrundete die Duellarena und nahm schließlich die Stufen an ihrem Ende hinauf und stellte sich vor das Pult.

Melinda tat es ihm gleich, beide legten ihre Decks und Extradecks auf die entsprechend markierten Bereiche.

„Bist du bereit?“, fragte der Rotschopf, doch es bedurfte keiner Antwort. „Duell!“

Mit einem Tastendruck fuhren insgesamt vier Antennen an den Ecken der Arena aus, die ihrerseits bunte Scheinwerfer ausklappten, die auf das Spielfeld gerichtet waren – altmodische Hologramm-Emitter.

 

[Nick: 4000LP / Melinda: 4000LP]

 

„Ich beginne“, entschied Melinda kurzerhand zwinkernd und zog mit einem Ruck fünf Karten von ihrem Deck. Nick zeigte keine Reaktion, sondern tat es ihr lediglich gleich.

Der hübsche Rotschopf griff sofort ein Monster aus ihrem Blatt. „Dieses hier setze ich zusammen mit einer verdeckten Karte. Das reicht fürs Erste!“

Zischend materialisierten sich vor ihr ein horizontaler und ein vertikaler Kartenrücken.

„Ziemlich zurückhaltend für jemanden wie dich“, kommentierte Alexandra ihr Spiel amüsiert. Die Blicke der beiden trafen sich und wieder überkam Melinda das Gefühl, diese Frau schon einmal gesehen zu haben.

Sie erwiderte keck: „Es gibt da einen Spruch, den man öfter in Social Media-Applikationen liest. Unterschätze nie einen Menschen der einen Schritt zurück macht. Er könnte Anlauf nehmen."

Die Blonde im Trenchcoat kicherte. „Wie wahr.“

 

„Draw!“, unterbrach Nick das Mädchengespräch und zog seine Karte. Er nahm zwei andere aus seinem Blatt und führte die drei reihenweise in seine Zauber- und Fallenkartenslots. „Ich aktiviere drei permanente Zauberkarten.“

Nacheinander stellten diese sich vor ihm auf. Und Melinda verlor ihr Grinsen. Jetzt wurde es spannend!

 

~-~-~

 

Matt schritt an den Grabsteinen des Livingtoner Friedhofs vorbei, die alle ordentlich aufgereiht waren. Er wusste, dass es niemals einen Ort für die vermissten Kinder, für Alastair, Alector und die Erzieherinnen geben würde, der ihre letzte Ruhestätte darstellte. Also konnte er ihnen auch genauso gut hier gedenken.

 

Hin und wieder spendete ein Baum Schatten. Es war keiner dieser berühmten amerikanischen Militärfriedhöfe, in denen simple weiße Kreuze nebeneinander standen. Jeder Grabstein war eigen. Matt mochte das. In der Ferne gab es einen Hügel mit einer einzelnen Eiche darauf, die wie eine Insel unter alldem wirkte. Dahinter schloss ein Wald an.

Dorthin zog es Matt. Weiter hinten hatte er auch ein Mausoleum gesehen. Aber so etwas empfand er als übertrieben, das war nicht seins. Alastairs sicher auch nicht. Doch das würde er ihn nie fragen können.
 

Schwer schluckend lief Matt den Hügel empor und setzte sich schließlich unter die Eiche. So hatte er einen guten Blick auf die Grabstein-Reihen und die dahinter liegende Straße.

Was sollte er jetzt tun? Anya vertrauen, dass alles wieder geradegebogen wird? Rache an dem Undying nehmen, der seine Familie zerstört hatte? Er wusste es nicht.
 

„Wie ich sehe, bin ich nicht der Einzige, den es heute hierher gelockt hat“, stellte eine wohlbekannte Stimme hinter Matt fest.

Sofort stellten sich bei ihrem Klang seine Nackenhaare auf. Prompt stand der Dämonenjäger wieder und sah den Ärmel des schwarzen Anzugs hinter der Eiche. Der Sammler war hier!

„Du schon wieder!“, knurrte er hasserfüllt.

„Immer mit der Ruhe. Unsere Begegnung ist rein zufälliger Natur. Wenn man an so etwas glaubt“, sprach er und wandte sich um, stellte sich Matt. Er lächelte nicht, „ich meinerseits halte nicht viel vom lieben 'Zufall'.“

„Die Zukunft ist im Ätherstrom vorgeschrieben …“

„Du verstehst mich. Wo in dieser langen, blauen Linie, die unser Universum durchstreift, ist da schon Platz für das Unerwartete?“ Er sah gen Himmel. „Bedauerlich.“

Matt richtete seinen Blick trotzig auf die Gräber. „Also wollten wir einander nicht begegnen, sind es aber trotzdem. Großartig.“

Er richtete sich wieder an den rothaarigen Dämon britischen Akzents, der ihn unentwegt anzustarren schien. „Warum ist ein Dämon deines Kalibers überhaupt hier?“

„Ist es so schwer zu akzeptieren, dass auch Leute wie ich 'Verlust' kennen könnten?“, kam eine spitze Gegenfrage.

Tatsächlich fühlte sich Matt für den Bruchteil einer Sekunde schlecht deswegen. Zumindest bis er sich wieder gewahr wurde, was dieser Mann seiner Freundin Tara Hartwell angetan hatte.

Trotzdem fragte er mit gewisser Neugier: „Liegt hier jemand, den du kennst?“

Der Sammler lächelte und schritt an ihm vorbei. „Nein.“

Matt sah ihm irritiert hinterher. „Und wieso bist du dann hier?“

„Womöglich aus dem gleichen Grund wie du. Doch was spielt das für eine Rolle?“ Der Sammler blieb stehen und drehte sich lächelnd zu ihm um. „Stell endlich die Fragen, die dir wirklich auf der Seele brennen. Ich bin heute in der Stimmung, sie auch ohne Gegenleistung zu beantworten.“
 

Was sollte er davon halten, fragte sich Matt. Dieser Schlange durfte man nicht vertrauen.

Aber vielleicht wusste er, was mit den Bewohnern des Waisenhauses geschehen war, ob sie sogar noch lebten. Das zu wissen wäre es Matt sogar wert, ausgenutzt zu werden …
 

„Was ist damals geschehen?“, fragte er und wusste genau, dass der Sammler ihn verstand.

„Ich befürchte, ich kann dir nur das sagen, was du bereits weißt. Es war Stoltz.“ Das Lächeln des Sammlers schwand. „Er hat aus eigenem Antrieb gehandelt, nicht anhand seiner 'ewigen Ordnung'.“

Matt ballte beide Fäuste. Also war er es wirklich gewesen! „Sind … sind sie …“

„Ich weiß nicht, was den armen Seelen widerfahren ist.“ Der Dämon sah Matt eindringlich an. „Die Frage, ob ich sie ins Leben zurückholen kann, muss ich ebenfalls verneinen.“

„D-dann leben sie noch!?“

„Nein. Davon solltest du nicht ausgehen, Matthew Summers. Es bedeutet, dass ihre Seelen für mich unerreichbar sind. Und ohne sie kann eine Reanimation nicht gelingen.“

Eine Sicherung ging bei Matt durch. Er fiel den Sammler an, packte ihn an den Armen und schüttelte ihn wie ein Wahnsinniger. „Was heißt das!? Was hat dieses Monster ihnen angetan!? Hat er ihre Seelen zerstört, gefressen, sie-!“

Sofort wurde er unsanft zurückgestoßen. Äußerst pikiert klopfte der Rotschopf sich die Ärmel seines Anzugs ab. „Ich möchte doch bitten. Deine Finger sind voller Schweiß!“

„Antworte!“

„Ich sagte bereits“, erwiderte der Mann verstimmt, „ich weiß es nicht. Gemessen an Stoltz' Wahnsinn würde ich jedoch vom Schlimmsten ausgehen. Und du wirst überrascht sein: Das Leben deiner sogenannten Familie ist nicht alles, was er genommen hat.“

Völlig erblasst von seinen Worten stammelte Matt: „W-was …?“

„Das Grimoire. Er hat es mitgenommen. Möglicherweise war das von Anfang an sein Anliegen gewesen und du schiebst Anya Bauer völlig unberechtigterweise die Schuld an allem zu.“ Der Sammler drehte sich um. „Das ist aber nur ein Gedanke, der -mir- dabei kommt.“

 

Matt sah auf seine zitternden Hände herab. Das Grimoire, das wohl umfassendste Lexikon zur dämonischen Welt? Wozu würde eine uralte Kreatur wie Stoltz, dessen Wissen weitaus umfassender sein müsste, so etwas benötigen? Die möglichen Antworten gefielen Matt überhaupt nicht.

 

„Es tut mir leid, dass ich dir keinen Trost spenden konnte“, sprach der Sammler und riss ihn schließlich aus seinen Gedanken, „allerdings gebe ich dir noch einen Rat. Halt dich von Stoltz fern.“

„Danke“, erwiderte Matt zerknirscht. Er konnte das alles nicht fassen.

Indes drehte sich der Dämon im schwarzen Anzug endgültig um und ließ ein schwarzes, ovales Portal vor sich erscheinen. Er hob die Hand zum Abschiedsgruß. „Bis dahin, wenn wir wieder erbitterte Feinde sind, Matthew Summers.“

„Warte!“, rief dieser ihm hinterher. Ihm war noch etwas eingefallen, das er unbedingt fragen musste. Und tatsächlich blieb der Sammler dieses Mal stehen. „Dein richtiger Name ist Strife Carrington, nicht wahr?“

Keine Reaktion.

„Du hast ihn damals fallen lassen, als du mich, Anya und Tara in deine Domäne beschworen hast“, sprach Matt hastig, „aber ich war zu zerwühlt, um das wirklich mitzubekommen. Vor einiger Zeit habe ich eine Familie namens Carrington aufgesucht, um einen Hüter zu finden.“

Er merkte, wie der Dämon sich interessiert regte. „Ich habe nach jemandem mit deinem Namen gefragt, ohne zu wissen, dass du es bist. Aber die Herrin des Anwesens kannte ihn nicht. Erst als die Weiße Hexe dich so genannt hat, ist es mir klar geworden.“

Der Rotschopfe mit der Narbe an der Wange drehte sich mit nachdenklich-belustigtem Gesichtsausdruck zu ihm um. „Und du möchtest jetzt wissen, in welcher Verbindung ich zu dieser Familie stehe, nicht wahr?“

„Die Informationen zu den Hütern stammen von dir“, sagte Matt, „also gibt es eine, dessen bin ich mir sicher.“

Er lächelte. Aber dieses Mal war es unheimlich schwer zu sagen, ob es falsch war oder nicht. „Du liegst richtig. Wäre ich geboren worden, wären Mr. und Mrs. Carrington meine Eltern.“

„W-was!?“

„Aber sie sind es nicht. Und bevor die Frage aufkommt: Nein, ich bin nicht der junge Mann, der damals meinen Nicht-Vater um den Status als Hüter angebettelt hat“, fügte der Sammler belustigt von Matts völlig entgeisterter Miene hinzu. „Wie ihr bereits korrekt spekuliert habt, ist dieser der Partner von Edna Caines, Harris Pataky. Aber da ihr die Artefakte nicht mehr für mich sucht, spielt das wohl keine Rolle mehr. Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen.“

Matt sah ihn mit großen Augen an und hauchte: „Nicht im Geringsten …“

„Bedauerlicherweise ist das Interview vorbei.“ Er ließ den Zeigefinger um seine Schläfe kreisen. „Vielleicht lenkt dich das Erfahrene ja von deiner Trauer ab. Bring die rostigen Zahnräder in Bewegung, Matthew Summers.“

Damit drehte er sich um und durchquerte ohne Weiteres sein Portal. Und Matt fragte sich ernsthaft, wie der Sammler überhaupt entstanden war, wenn er nicht geboren wurde …

 

~-~-~

 

„Ich aktiviere drei permanente Zauberkarten“, hatte Nick verlauten lassen. Nacheinander erschienen diese aufgeklappt vor ihm. „[Dark Contract With The Gate], [Dark Contract With The Swamp King] und [Dark Contract With The Entities]!“

„Finstere … Verträge?“ Das Grinsen verschwand aus Melindas Gesicht so schnell wie es gekommen war. Dieses neue Deck hatte wohl kaum noch etwas mit seinen Spielzeugen von damals gemein.

„Ganz recht. Und ich nutze sofort den Effekt von [Dark Contract With The Gate], mit der ich ein D/D-Monster von meinem Deck auf die Hand nehmen kann.“ Der zerzauste, junge Mann auf der anderen Seite der Arena nahm sein Deck auf und holte eine Karte hervor. „[D/D Nighthowl].“

Melinda indes tippte auf dem Bildschirm vor ihr die Karten ihres Gegners nacheinander an, las sie sich durch und weitete dann die Augen. Erstaunt sah sie auf. „Nick, diese Karten sind selbstzerstörerisch! Die ersten beiden fügen dir am Beginn deines nächsten Zuges 1000 Schaden zu, letzte sogar 2000! Zusammen sind das mit einem Schlag 4000! Damit verlierst du!“

„Und was sagt dir das?“ Er zog die Augen zu Schlitzen zusammen und nahm ihr die Antwort ab. „Dass es keinen nächsten Zug mehr geben wird. Ich verwende den Effekt von [Dark Contract With The Swamp King] und fusioniere [D/D Berfomet] und [D/D Lamia] in meiner Hand!“

Er breitete die Arme weit aus. „Grotesque god, carnivorous beauty! In a whirlpool of light from the realm of the dead, become one and give birth to a new king!“

Vor seiner mittleren, offen stehenden Karte öffnete sich ein blubbernder Wirbel. Rechts daneben tauchte eine haarige, mutierte Gestalt mit zwei rechten Armen auf, die dafür statt eines linken einen schwarzen Flügel besaß sowie ein weiteres, weißes Flügelpaar. Links dagegen eine weiß-blaue Schlange, deren Kopf und Arme in roten Schuppenwulsten endeten. Beide wurden in den blubbernden Wirbel gezogen.

„Fusion Summon! Be born! [D/D/D Flame King Genghis]!“

Aus dem Wirbel trat ein großer, schlanker Krieger hervor, der ein massives, rotes Breitschwert sowie einen mannshohen, gleichfarbigen Schild mit sich führte. Eine Flammenaura umgab ihn dabei.

 

D/D/D Flame King Genghis [ATK/2000 DEF/1500 (6)]

 

„D/D/D?“, wunderte sich Melinda und fasste sich ans Kinn. „Nie gehört.“

„Different Dimension Demon“, erklärte Nick die Abkürzung. „Ich habe diese Monster selbst entworfen. Und das Talent eurer Entwickler hat sie zum Leben erweckt.“

Alexandra lachte vom Rand der erhöhten Plattform aus amüsiert. „Lob? Von Nick? Dass ich das noch erleben darf.“

„Ich glaube, ich muss ein ernstes Wörtchen mit den Leuten von der Grafikabteilung wechseln“, überlegte Melinda wesentlich weniger angetan von Nicks Worten, „das muss Wochen gedauert haben, so viele Monster zu digitalisieren. Was haben sie getan, um so in deiner Schuld zu stehen?“

Aber mehr als ein vielsagendes, bösartiges Grinsen bekam sie nicht aus Nick heraus. Stattdessen streckte der die Hand aus. „Der Effekt von [Dark Contract With The Entities] setzt ein und ich erhalte 1000 Lebenspunkte, da ich eine Fusionsbeschwörung durchgeführt habe.“

Sowohl seine ganz rechts stehende Zauberkarte, als auch er selbst erstrahlten in violetter Aura.

 

[Nick: 4000LP → 5000LP / Melinda: 4000LP]

 

Damit würde er zumindest einem vorschnellen Ende durch den Schadenseffekt seiner Zauberkarten entkommen, erkannte Melinda. Wenn das überhaupt von Bedeutung war. Eine Schweißperle rann ihre Stirn herab.

„Als Nächstes beschwöre ich den Empfänger [D/D Nighthowl] als Normalbeschwörung.“

Neben seinem Krieger tauchte nichts weiter auf als ein riesiges Maul mit spitzen Zähnen und gelb leuchteten Augen. Doch aus genau diesem kam plötzlich der gehörnte Baphomet geflogen.

 

D/D Nighthowl [ATK/300 DEF/600 (3)]

D/D Berfomet [ATK/1400 → 400 DEF/1800 → 800 (4)]

 

„Wie du erkennen kannst, belebt Nighthowl bei seiner Normalbeschwörung ein D/D-Monster von meinem Friedhof wieder, welches dabei jedoch 1000 Punkte auf beiden Werten verliert.“ Nick streckte die Hand aus. „Und jetzt stimme ich den Stufe 3-Empfänger Nighthowl auf den Stufe 4-Berfomet ab!“

Das riesige Maul zersprang in drei grüne Lichtringe, durch die der geflügelte Dämon flog und dabei zu vier grünen Lichtsphären wurde. „Howls that tear through the night. Gain the swiftness of a gale and become the cries of a newborn king!“

Ein Lichtblitz schoss durch die drei Ringe. „Synchro Summon! Be born! Level 7! [D/D/D Gust King Alexander]!“

Mit flatterndem, grünem Cape landete ein Krieger in Weiß neben Genghis. Er hielt ein Langschwert in seiner rechten Hand.

 

D/D/D Gust King Alexander [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

„Bei einer Synchrobeschwörung macht [Dark Contract With The Entities] eines meiner Monster immun gegen zielende Karteneffekte“, erklärte Nick und sowohl der Zauber, als auch Alexander leuchteten kurz weiß auf. „Außerdem setzt jetzt der Effekt von [D/D/D Flame King Genghis] ein. Da ein anderes D/D-Monster als Spezialbeschwörungen auf meine Spielfeldseite gerufen wurde, kann er ein D/D-Monster von meinem Friedhof reanimieren. Das funktioniert einmal pro Zug. Sei wiedergeboren, [D/D Berfomet]!“

Melinda nahm das alles mit einem Stirnrunzeln auf. Der düstere Krieger rammte sein Schwert in den Boden und ließ neben sich eine Feuersäule empor schießen, die den geflügelten Dämon mit sich brachte.

 

D/D Berfomet [ATK/1400 DEF/1800 (4)]

 

Kaum hatte sich dieser zu den anderen beiden gesellt, streckte Nick die Hand aus. „Ich aktiviere den Effekt von [D/D Lamia] in meinem Friedhof. Ich schicke [Dark Contract With The Gate] auf den Friedhof, um sie von dort zu reanimieren, aber sie wird verbannt, sollte sie das Feld verlassen.“

Die ganz linke von Nicks dauerhaften Zauberkarten löste sich auf und aus ihr trat die schlangenhafte, an Armen und Kopf mit Schuppenwulsten bedeckte Kreatur hervor.

 

D/D Lamia [ATK/100 DEF/1900 (1)]

 

„Effekt von [D/D Berfomet]! Er kann die Stufe eines anderen D/D-Monsters beliebig zwischen 1 und 8 festlegen! Lamia wird zu Stufe 4!“ Sein Baphomet stieß ein grässliches Brüllen aus, während die Lamia ihre Schuppen klappern ließ.

 

D/D Lamia [ATK/100 DEF/1900 (1 → 4)]

 

„Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen beiden Stufe 4-Unterweltlern wird ein Rang 4-König!“ In der Mitte der Arena öffnete sich ein Schwarzes Loch, das den geflügelten Dämon und die Schlangendame als violette Lichtstrahlen in sich hineinzog.

Melinda machte eine resignierende Grimasse. „Oh man, ich wusste es.“

„In order to subjugate all that resides in this world, now, descend onto the peak of the world! Xyz Summon! Be born!“ Eine Explosion erfüllte den Wirbel, aus dem ein violetter, ein riesiges Breitschwert tragender Dämonenkrieger empor stieg. „Rank 4! [D/D/D Wave King Caesar]!“

Jener reihte sich zu seinen beiden Mitherrschern ein, umgeben von zwei um ihn kreisenden Lichtsphären.

 

D/D/D Wave King Caesar [ATK/2400 DEF/1200 {4} OLU: 2]

 

Nick zeigte Melinda den Zeige- und Mittelfinger. „Da ich ein D/D-Monster gerufen habe, reanimiert Alexander ein solches von meinem Friedhof. Kehre zurück, [D/D Nighthowl]!“

Als hätte er immer schon dahinter gelauert, kam hinter dem grünen Umhang des Wind-Eroberers das Riesenmaul mit den gelben Augen hervorgeschossen und wurde halb transparent.

 

D/D Nighthowl [ATK/300 DEF/600 (3)]

 

„Außerdem wird jetzt der Effekt von [Dark Contract With The Entities] aktiv, wenn ich ein Xyz-Monster beschwöre. Sofort wird eine deiner Karten auf dem Spielfeld verbannt.“ Nick zeigte zielgenau auf ihre gesetzte Backrow-Karte. „Diese!“

Schon leuchteten seine Zauberkarte und ihr Ziel schwarz auf. Letzteres klappte noch auf und entpuppte sich als dauerhafte Falle [Performapal Pinch Helper], ehe sie sich auflöste.

Melinda legte den Kopf schief. „Och! Und was soll mich jetzt aus der Klemme befreien?“

„Gar nichts“, wusste Nick.

Vor ihm befanden sich seine drei Herrscher. Fast schattenhaft schwebten sie über dem Boden, der mittlere umhüllt von roter Aura, die zu seinen Seiten in grüner und blauer respektive.

„Oh Junge“, seufzte Melinda und stützte sich mit beiden Händen an dem Pult ab, sah dann mit ernstem Gesichtsausdruck auf, „das wird ja spaßig …“

 

~-~-~

 

Eigentlich dürfte es ihm nichts ausmachen, doch Zanthe war innerlich selten so aufgewühlt wie in diesem Augenblick. So fegte er fast schon über den großen Parkplatz vor Logans Werkstatt, sah den blonden Exa bereits, der ihm in einem Blaumann entgegen kam.

„Zanthe“, wunderte sich der junge Mann mit den Dreadlocks und den kurzgeschorenen, schwarzen Seiten, als er seinen Freund bemerkte, „stimmt etwas nicht?“

Dass der Werwolf ihn fast umrannte, war eigentlich Antwort genug. Nur mit deutlichem Nachdruck in Form von einem sanften Stoß brachte er den gebürtigen Italiener zum Stehen. „Hey, ich rede mit dir!“

„Du weißt genau, was nicht stimmt“, knurrte Zanthe verbittert und sah an ihm vorbei ins Innere der Werkstatt. Ein weißer Wagen stand dort leicht angehoben, unter ihm werkelte Logan scheinbar munter herum. Der Schwarzhaarige sah seinen Freund aus einer anderen Welt vorwurfsvoll an und atmete tief durch. „Ich will ihn zur Rede stellen!“

Stöhnend fasste sich Exa an die Stirn, schüttelte den Kopf. „Hätte ich dir doch bloß nichts erzählt. Er hat seine Gründe, okay? Ich finde es auch nicht gut, aber-“

„Nicht gut!? Das ist … das ist …!“ Zanthe packte sein Gegenüber unsanft an den Schultern. „Du hast keine Ahnung, was er damit anrichtet, wenn das rauskommt! Anya geht es sowieso schon schlecht genug!“

Verwundert sah sein Freund ihn an. „Ist etwas passiert?“

„Auch das trifft es nicht mal annähernd.“

 

Kurzerhand buchsierte Zanthe Exa beiseite, um sich Platz zu machen. Wie ein Sommergewitter stürmte er auf Logan zu und trat als Erstes gegen den Wagen. „Hey! Wir müssen reden! Sofort!“

„'s los?“ Auf einer kleinen Pritsche kam der kurzgewachsene Mann mit den schwarzen, buschigen Koteletten hervor gerollt und erhob sich unter Zanthes verächtlichen Blick. „Machst'n du für'n Lärm?“

„Tu nicht so“, zischte der Werwolf, „Exa hat es mir gesagt!“

Der Mann, ebenfalls im Blaumann, zeigte keine Regung. Aber sein Ton änderte sich, wurde schlagartig formeller. „Ich verstehe.“

Er blickte düster an dem jungen Mann vorbei zu seinem Gehilfen, der seufzend die Schultern zuckte. „Ich bin nicht dein Geheimnishüter, Logan! Wenn ich zwischen euch wählen muss, wähle ich Zanthe, damit das klar ist.“

„Wie kannst du sie nur so hintergehen?“, fragte Zanthe derweil vorwurfsvoll. „Uns alle.“

Den Blick wieder auf ihn richtend, zog Logan ein schmutziges Tuch aus seiner Hosentasche hervor und wischte die Hände daran ab. „Exa, lass uns bitte alleine. Am besten besorgst du uns etwas Öl vom Großmarkt, das ist inzwischen fast ausgegangen.“

„Tch …“, zischte der, gehorchte der Anweisung aber und entfernte sich von der Werkstatt.

 

Als er außer Reichweite war, sagte Logan auf die Anschuldigungen ernst: „Es war nie meine Absicht, einem von euch näher zu kommen als notwendig.“

„Das sehe ich aber ganz anders“, knurrte Zanthe unter aller Beherrschung, die er aufbringen konnte.

„Die Dinge sind geschehen und nicht mehr rückgängig zu machen. Das bedaure ich zutiefst.“

Der Werwolf nahm einen Schritt zurück, wenn auch nur, um ihm nicht sofort die Kehle aufzuschlitzen. Denn danach dürstete es ihn in diesem Moment mehr als ihm lieb war. „Wenn Anya das erfährt, bricht es ihr das Herz …“

„Sie muss es nicht erfahren. Es liegt ganz bei dir. Und Exa. Ich bitte euch, es für euch zu behalten.“ Logan sah ihn abwartend an. Und wehrte mühelos einen Schlag ab, den sich Zanthe in diesem Moment nicht mehr verkneifen konnte. Ihn am Handgelenk festhaltend, sprach er: „Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass ich meine Mission erfülle. Auch in Anyas Interesse.“

„Du machst es dir echt einfach“, zischte Zanthe und riss sich los. Er torkelte, überrumpelt von all seinen Gefühlen, einige Schritte rückwärts und blieb stehen. „Anya bedeutet mir mehr als du dir vorstellen kannst. Sie ist meine Freundin, meine erste seit sehr, sehr vielen Jahren.“

„Sie kann sich glücklich schätzen, jemanden wie dich zu haben.“

„Und du?“ Zanthe sah ihn eindringlich an. „Empfindest du überhaupt irgendetwas für sie?“

Logan schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Pft. Gut so.“ Er drehte sich um und schritt von dannen. „Ich werde deine Lüge für eine Weile aufrecht erhalten. Aber überlege dir gut, was du tust, denn wenn du Anya oder auch einen meiner anderen Freunde leiden lässt, zahle ich dir das hundertfach zurück. Verlass' dich drauf.“

Damit war er mit Logan fertig.

 

Erst als er den Parkplatz der Werkstatt verlassen hatte und längst am anderen Ende der anliegenden Straße angelangt war, tauchte aus dem Nichts eine Person auf dem Dach von Logans Garage auf.

Niemand anderes als Exa saß dort in der Hocke, schüttelte fassungslos den Kopf und murrte an den unten stehenden Mann gewandt: „Lügner …“

Logan lachte auf. „Wir beide wissen, dass es falsch ist.“

„Wie kann so etwas falsch sein?“ Mit einem Satz landete der Blonde neben ihm.

„Darüber mache ich mir keine Gedanken. Und nun mach dich an die Arbeit, das mit dem Öl war ernst gemeint.“

Exa verdrehte genervt die Augen, als der Kleinere sich zurück in die Werkstatt verzog. „Mich kannst du nicht täuschen …“

 

~-~-~

 

Melinda stützte sich mit ihren Händen an dem Pult der Duellarena ab. Auf der anderen Seite standen ihr die drei Dämonenkrieger mit blauer, roter und grüner Aura entgegen, fast schon nebensächlich war da das verteidigende Maul neben ihnen. „Das wird ja spaßig …“

„Bisher sehe ich nichts, was du nicht schon vorher konntest“, meinte derweil die am Rande stehende Alexandra und legte ihren Zeigefinger an die Wange, „gut, du benutzt jetzt unterschiedliche Mechaniken, aber das Feld zu füllen war schon immer deine Stärke. Also was hat sich verändert?“

Der zerzauste, brünette Mann schaute zu ihr herab. „Die Feinheiten. Aber die bekommen wir nur zu sehen, wenn Melinda diesen Zug übersteht. Und die Chancen dazu stehen sehr schlecht.“

„Wir werden sehen“, erwiderte die zuversichtlich, „bist du auch eine Duellantin, Alexandra?“

Die Blonde im Trenchcoat schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Es macht mir keinen Spaß.“

„Verbrennt die Ketzerin!“, stieß Melinda pikiert scherzend heraus, aber keiner ihrer Gäste regte auch nur einen Mundwinkel. „Haha … sorry. Du weißt ja, wir sind die AFC … das ist unser Geschäft.“

Mehr als ein mild amüsiertes Glucksen entlockte sie dem Supermodel da unten allerdings nicht. Ein Grund mehr, ihr mit Vorsicht zu begegnen. Wenn sie keine Duellantin war, woher kam sie ihr dann bekannt vor, wunderte sich Melinda.

Nick rollte mit den Augen und streckte die Hand aus. „Genug mit dem Smalltalk. Sehen wir doch nach, welches Monster du verbirgst! [D/D/D Wave King Caesar], du solltest dafür ausreichend sein! Tidal Torrent!“

Jener hob sein riesiges Breitschwert mit beiden Händen über den Kopf und schwang es nach links und rechts. Damit beschwor er reißende Flutwellen, die über das Feld rauschten und auf die verdeckte Monsterkarte von Melinda einstürzten. Drei bunte Kanarienvögel tauchten aus dieser auf und wurden fortgeschwemmt.

 

Performapal Parrotrio [ATK/500 DEF/500 (3) PSC: <2/2>]

 

„Ein Pendelmonster“, stellte Nick nach einem Blick auf dem Bildschirm vor ihm fest.

„Ja! Und eines, das für Ersatz auf meinem Feld sorgt, wenn es zerstört wird“, erklärte Melinda, während sich über ihr ein buntes Loch im Himmel öffnete und die Lebensessenz der Vögel als roten Lichtstrahl absorbierte. „Wird [Performapal Parrotrio] im Kampf zerstört, ruft er einen Performapal als Spezialbeschwörungen von meinem Deck.“

Sie hob den Zeigefinger. „Einzige Einschränkung: Es darf kein Pendelmonster sein!“

„Also spielst du eine Mischung aus regulären Effekt- und Pendelmonstern“, schlussfolgerte Nick.

„Genau.“ Melinda nahm die gesuchte Karte aus ihrem Deck und knallte sie auf den Spielplan vor sich. „Und jetzt erscheine, [Performapal Sleight Hand Magician]!“

Vor ihr stieg ein in roter Robe steckender, dank seiner in zwei Spitzen endenden Mütze an einen Gaukler erinnernder Magier aus dem Boden, der einen Zauberstab und Glaskugeln in den Händen hielt. Sein Unterleib ging in einen großen, weiß-geflügelten Kristall über.

 

Performapal Sleight Hand Magician [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

Aber ihr Gegner fackelte gar nicht lange. „[D/D/D Gust King Alexander], vernichte ihn. Rising Storm!“

Einmal ließ sein weißer Krieger sein Langschwert ausschwingen und ließ damit einen Wirbelsturm entstehen, um sich wütete und den Magier anpeilte.

Melinda hob eine Augenbraue an. „Du willst also einen Doppelkill? Fein! Konterangriff, Trick Knives!“

Schon warf ihr Hexer seine Kugeln auf den Eroberer, welche sich im Flug in vier scharfe Messer verwandelten und unbeschadet durch den Sturm flogen. Welcher kurz darauf sein Opfer zerfetzte, während Alexander ins Herz getroffen wurde und explodierte.

„[D/D/D Flame King Genghis]“, rief Nick da schon aus, „direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte. Fire Stroke!“

Schon richtete der Krieger mit dem hohen Schild seine rote Klinge auf Melinda und stieß von ihr eine gigantische Flamme aus. Jene prallte jedoch vor Melinda an der Grenze zu ihrem Duellpult ab, da ab dort keine Hologramme mehr dargestellt werden konnten.

 

[Nick: 5000LP / Melinda: 4000LP → 2000LP]

 

„Ende der Battle Phase. Ich kann jetzt den Effekt von [D/D/D Wave King Caesar] aktivieren und eine Overlay Unit abhängen, um alle in diesem Zug durch Kampf zerstören D/D-Monster zurückzuholen. Öffne das Tor der Hölle!“, wies Nick sein Monster an.

Jener düstere Krieger hob sein Schwert wieder an, absorbierte damit eine der um ihn kreisenden Lichtkugeln und schlug die Spitze dann neben sich auf den Boden. Aus jener Stelle erhob sich keine Sekunde der weiße Herrscher im grünen Cape.

 

D/D/D Wave King Caesar [ATK/2400 DEF/1200 {4} OLU: 2 → 1]

D/D/D Gust King Alexander [ATK/2500 DEF/2000 (7)]

 

„Hmm“, überlegte Melinda mit Blick auf den Bildschirm. „Aber das kostet dich zu Beginn deines nächsten Zuges für jedes Monster 1000 Lebenspunkte. Dieses Deck ist wirklich sehr selbstzerstörerisch.“

Nick reagierte gar nicht, betrachtete stattdessen seine letzte Handkarte, die er verdeckt vor sich hinlegte. „Diese hier setze ich. Zug beendet!“

Zischend materialisierte sie sich in der mittleren der fünf auf dem Feld gezeichneten, hinteren Zonen, zwischen den beiden offen stehenden Zaubern.

 

Als Melinda aufzog, tippte sie nervös mit den Fingern auf der Verkleidung ihres Pults. Aber es war nicht ihre Art, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. So sagte sie frei heraus: „Du bist so anders als damals, Nick. Als wir uns das erste Mal im Livingtoner Park trafen, warst du ein trotteliger, aber süßer Kerl.“

„Es war eine Maskerade“, erwiderte Nick, „nichts weiter.“

„War es das?“, zweifelte Melinda allerdings und schüttelte den Kopf. „Ich bin mir da nicht so sicher. Aber du weißt das sicher am besten. Warum tust du so etwas? Das frage ich mich schon seit einer ganzen Weile.“

„Weil es notwendig war.“

Die Rothaarige seufzte. „Für wen und was?“

„Ich muss mich weder erklären noch rechtfertigen“, kam eine eisige Retour.

Und Alexandra kicherte von unten: „Vorsicht, heikles Thema.“

Nick schloss die Augen. „Hör zu, Melinda. Ich denke, du bist ein guter Mensch. Du hast viel auf dich genommen, schon damals, als du dich in einer Kanalisation versteckt und verstümmelt hast, um den Immateriellen in dir zu unterdrücken.“

Sofort fasste sich Melinda mit der linken Hand erschrocken an ihren rechten Unterarm. Ihr Gegenüber öffnete seine Augen. „Und du hilfst Anya wann immer möglich. Dafür danke ich dir. Aber gute Menschen sollten sich nicht mit den Beweggründen von schlechten Menschen aufhalten, sie würden sie nicht verstehen.“

„Bist du ein schlechter Mensch?“, fragte Melinda und beugte sich über ihre Konsole. „Das glaube ich nicht! Hast du noch etwas anderes zu verbergen?“

Der zerzauste Mann lachte zynisch auf. „Sehe ich aus wie jemand, der -nichts- zu verbergen hat?“

Und erntete dafür ein trauriges Lächeln. „Nein …“

„Dann kümmere dich nicht länger um mich und konzentriere dich aufs Wesentliche“, forderte Nick nun in einem scharfen Tonfall.

Sie nickte. „Wenn du ein schlechter Mensch bist, habe ich nur einen weiteren Grund, deine Forderung abzulehnen. Aber wir haben einen Deal. Und ich kann dich besiegen, egal mit welchen Karten du gegen mich antrittst!“

Da lachte Alexandra wieder bitterböse auf. „So wie sie gegen Harrier gewonnen hat? Oh, habe ich etwas Falsches gesagt?“

Sie sah hinauf zu der entsetzten Rothaarigen. „Entschuldigung, da habe ich zu laut gedacht.“

„Hätte ich gewusst, dass du auf spitze Zungen stehst, hätte ich mich gleich von Anfang an anders verhalten“, sprach Melinda aber mit einem Grinsen ihren Gegner an, „schade, dass sie keine Ahnung hat, wovon sie da spricht.“

„Hey!“, protestierte die Blonde jedoch amüsiert.

 

„Sieh gut zu, vielleicht lernst du ja noch was“, zwinkerte Melinda ihr zu und griff nach zwei Karten in ihrem Blatt, „ich aktiviere [Performapal Pendulum Sorcerer] mit dem Pendelbereich 2 und [Performapal Lizardraw] mit dem Pendelbereich 6! Pendulum Scales set!“

Zwei hellblaue Lichtsäulen schossen vor ihr auf dem Spielfeld aus dem Boden. In der linken stieg ein in rot gekleideter Zauberkünstler mit einem Pendel in der Hand empor, neben ihm eine orange, auf zwei Beinen stehende Echse in einem Dompteurkostüm.

 

<2> Melindas Pendelbereich <6>

 

„Letzterer bleibt nicht lange dort!“, verkündete der Rotschopf entschlossen. „Ich aktiviere Lizardraws Effekt, sich bei der Anwesenheit eines anderen Kumpels in den Pendelzonen selbst zu zerstören, um mich eine Karte ziehen zu lassen!“

Der Kragen des Echsendompteurs, der aus fünf Karten mit Fragezeichen darauf bestand, fächerte sich weit aus und brachte das Reptil zum Platzen. Melinda zog schnurstracks ihre Karte und zeigte bereits eine neue vor. „Aber der frei gewordene Platz bleibt nicht lange unbesetzt! Ich aktiviere [Performapal Momoncarpet] mit dem Pendelbereich 7! Pendulum Scales set!“

Kaum war die Echse verschwunden, stieg an ihrer Stelle ein fliederfarbenes Flughörnchen in der Lichtsäule empor, auf dessen Rücken das Muster eines orientalischen Teppichs gestickt war.

 

<2> Melindas Pendelbereich <7>

 

„Sie will wohl ihre Zahlen verbessern, was?“, fragte Alexandra an Nick gewandt.

Der entgegnete knapp: „Je größer die Differenz zwischen den beiden Scales, desto facettenreicher die Monster, die sie durch die Pendelbeschwörung rufen kann.“

„Das habe ich schon verstanden“, reagierte die Blonde darauf schnippisch.

„Wozu dann das Offensichtliche ansprechen?“

Melinda verdrehte bei dem Wortgefecht der beiden genervt die Augen. „Nehmt euch ein Zimmer, ihr zwei! Aber dazu habt ihr eh gleich genug Zeit! Von meiner Hand der Spielfeldzauber [Performapal Dramatic Theater]!“

Da Arenen wie diese durch die veraltete Technologie nicht in der Lage waren, das komplette Umfeld in das eines Spielfeldzaubers umzuwandeln, wurde jener stattdessen auf Melindas Seite als Fußbodengrafik abgebildet – eine riesige Manege, die so voll von verschiedenen Performapal-Monstern war, dass man sie kaum als solche erkannte.

 

Eigentlich sollte ihr das alles gar nichts ausmachen, aber insgeheim wollte Melinda beweisen, dass sie mehr war als nur ein Mittel zum Zweck. Denn als solches kam sie sich immer mehr vor. Für Anyas Teilnahme am Legacy Cup und Sparringspartnerin, als Opfer von Harrier und nun auch noch als Nicks persönliches Vitamin B. Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr schmerzte sie dieser Gedanke, denn es bedeutete irgendwo auch, dass sie nicht in derselben Liga spielte wie all ihre Bekannten und Freunde. Verdammter Stolz …

 

Mit neuentdecktem Ehrgeiz streckte Melinda entschlossen die Hand nach vorne aus. „Und jetzt schwinge bis in alle Ewigkeit, Pendulum!“

Über ihr öffnete sich ein buntes Loch, umgeben von zahllosen Lichtellipsen. „Aus meinem Extradeck rufe ich [Performapal Parrotrio] und [Performapal Lizardraw]! Und aus meiner Hand [Performapal King Bear]! Pendulum Summon!“

Nacheinander schossen drei rote Lichtstrahlen aus dem Pendelportal und schlugen in ihren Monsterkartenzonen ein. Es waren das bunte Papageientrio, der Echsendompteur und ein muskulöser, hellbrauner Bär mit Krone auf dem Kopf und in einem roten Umhang gehüllt.

 

Performapal Parrotrio [ATK/500 DEF/500 (3) PSC: <2/2>]

Performapal Lizardraw [ATK/1200 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]

Performapal King Bear [ATK/2200 DEF/1000 (6) PSC: <7/7>]

 

Plötzlich begann das Pendel in der Hand des roten Magiers in der Lichtsäule ganz von allein auszuschlagen. Nacheinander entfachten weiße Auren um ihre Monster.

„Nun tritt der Effekt von [Performapal Pendulum Sorcerer] in der Pendelzone ein. Immer wenn eine Pendelbeschwörung auf meiner Seite durchgeführt wird, stärkt er sämtliche Performapals um 1000 Angriffspunkte bis zum Zugende.“ Doch der Rotschopf war noch lange nicht fertig. „Und ferner werden meine Performapals durch den Effekt von [Performapal Dramatic Theater] um 200 weitere Punkte pro verschiedenem Typ auf meinem Feld gestärkt. Das sind Geflügeltes Ungeheuer, Reptil und Ungeheuer-Krieger respektive, also insgesamt 600 Punkte obendrauf!“

Die weißen Auren ihrer drei Monster entflammten regelrecht, loderten und ließen die Luft flimmern.

 

Performapal Parrotrio [ATK/500 → 1500 → 2100 DEF/500 (3) PSC: <2/2>]

Performapal Lizardraw [ATK/1200 → 2200 → 2800 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]

Performapal King Bear [ATK/2200 → 3200 → 3800 DEF/1000 (6) PSC: <7/7>]

 

Alexandra pfiff beim Anblick der Monster anerkennend. „Du bist ja richtig sauer geworden. Alle Achtung, damit kannst du jeden besiegen. Fast jeden …“

Natürlich war Melinda klar, wer da die Ausnahme darstellen sollte. Doch immer größer war ihr Drang, dieses Weib in die Schranken zu weisen. „Wie viel verdient man eigentlich so als persönliche Cheerleaderin? Und wo ist deine Uniform, wenn wir schon dabei sind?“

„Ui, sie -ist- sauer“, gluckste Alex vergnügt und sah herüber zu Nick, den das alles selbstverständlich nicht im Geringsten interessierte.

„Battle Phase!“, rief Melinda diese angespannt aus. „Und jetzt erlebst du gleich die nächste Überraschung!“

Denn die weiße Aura um ihren kräftigen, aufrecht stehenden Bären wurde tatsächlich zu echtem Feuer. „Während meiner Battle Phase bekommt King Bear 100 Angriffspunkte für jede meiner offenen Performapal-Karten! Samt Spielfeldzauber und den Pendelkarten sind das sechs!“

 

Performapal King Bear [ATK/3800 → 4400 DEF/1000 (6) PSC: <7/7>]

 

„Aber er ist es nicht, mit dem ich als Erstes angreife! [Performapal Parrotrio], attackiere [D/D/D Wave King Caesar]!“

Im Chor begannen die drei Kanarienvögel singend Schallwellen auszustoßen, die über das Feld fegten. Alexandra drehte eine ihrer Strähnen um den Finger. „Wenn sie ein stärkeres Monster angreift …“

„... will sie mit dem Effekt ihres eigenen ein anderes beschwören“, beendete Nick des Satz wissend.

„So ist es!“, bestätigte Melinda, als der Wellenkönig sein Schwert schwang und eine Flut davon löste, die die drei Papageien wegspülte. „Jeder Kampfschaden, der gegen mich gerichtet ist, wird halbiert, solange [Performapal Momoncarpet] in der Pendelzone liegt!“

Nur ein paar Ausläufer der Welle spitzen gegen das Pult von Melinda, die zuversichtlich grinse.

 

[Nick: 5000LP / Melinda: 2000LP → 1850LP]

 

Als roter Blitz wurden die Reste ihrer Vögel von dem sich öffnenden Pendelportal absorbiert.

„Da Parrotrio zerstört wurde, kann ich einen Nicht-Pendel-Performapal von meinem Deck beschwören! Erscheine, [Performapal Sword Fish], im Verteidigungsmodus!“

Vor ihr materialisierte sich ein hellblauer Fisch in der Form eines Schwertes, dessen schwarze Elvistolle spitz wie eine Klinge zu lief.

 

Performapal Sword Fish [ATK/600 → 1200 DEF/600 (2)]

 

„Ich habe … etwas anderes erwarte“, meinte Alexandra schulterzuckend.

Nick anscheinend nicht. „Es ist perfekt.“

„Du kennst seinen Effekt also? Ich nehme an, du hast Anyas erstes Duell gegen mich analysiert“, überlegte Melinda und zuckte mit den Schultern, „dich kann man auch mit nichts überraschen, oder?“

Plötzlich traten insgesamt vier durchsichtige Abbilder des Fisches aus diesem heraus, verwandelten sich in echte Schwerter und schossen auf die vier Dämonen auf Nicks Seite zu. Jeder wurde von einem durchbohrt, ohne aber dabei zu verenden.

„Für die Unwissenden“, sprach Melinda und sah dabei zur Blonden herab, „Sword Fishs Effekt reduziert die Werte aller Gegnermonster um 600, wenn er oder ein anderer Performapal beschworen wird.“

Zu ihrer großen Überraschung erwiderte Alexandra jedoch: „Weiß ich.“

„W-was? Woher?“

„Uh, habe ich schon mal irgendwo gesehen“, wurde ihr zwinkernd versichert.

Und genau das alarmierte Melinda. Sie hatte Sword Fish genau einmal ausgespielt, während der Abendgala zum Auftakt des Legacy Cups. Gegen Anya. Das Event fand unter geschlossener Gesellschaft statt, also woher …?

Derweil knickten die drei Könige und der Baphomet ein, stöhnten schwer.

 

D/D/D Flame King Genghis [ATK/2000 → 1400 DEF/1500 → 900 (6)]

D/D/D Gust King Alexander [ATK/2500 → 1900 DEF/2000 → 1400 (7)]

D/D/D Wave King Caesar [ATK/2400 → 1800 DEF/1200 → 600 {4} OLU: 1]

D/D Nighthowl [ATK/300 → 0 DEF/600 → 0 (3)]

 

Nicks Begleiterin einen sehr skeptischen Blick zuwerfend, wandte sich Melinda schließlich an ihren Gegner. Mit dem Daumen zeigte sie auf die Blonde herab. „Wo hast du die nochmal aufgegabelt?“

„Unwichtig.“

„Sehe ich anders. Aber eins nach dem anderen. Wenn in Anwesenheit Lizardraws Performapals zerstört werden, ziehe ich für jedes verbliebene auf dem Feld eine Karte. Macht zu dem Zeitpunkt zwei.“ Melinda zog entsprechend, ihre freudige Ausstrahlung war verflogen. „[Performapal King Bear], vernichte [D/D/D Wave King Caesar]! World's Strongest!“

Wie ein wütender Stier stampfte der Bär über das Feld, schwang seine Faust dabei ein paar Mal und schlug sie so heftig gegen den abblockenden Krieger, dass dieser die Bodenhaftung verlor und gegen Nicks Duellfeldbegrenzung knallte.

 

[Nick: 5000LP → 2400LP / Melinda: 1850LP]
 

„Effekt von [D/D/D Wave King Caesar]. Wird er zerstört, erhalte ich eine Dark Contract-Karte von meinem Deck.“ Nick nahm jenes auf und zeigte die gewünschte vor. „Ich nehme eine zweite Kopie von [Dark Contract With The Gate].“

„Zu spät für sowas. [Performapal Lizardraw] ist stark genug, um dich zu besiegen! Und zwar dank des Schnellzaubers [Ego Boost], der seinen Angriffswert bis zum Ende der Battle Phase um 1000 erhöht!“

Die Echse schwoll voller falschem Stolz an wie ein Ballon, als die Zauberkarte hinter ihm aufklappte.

 

Performapal Lizardraw [ATK/2800 → 3800 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]

 

„Attackiere [D/D/D Flame King Genghis]! Volle Pulle!“

Alexandra indes schmunzelte. „Deshalb also der Fisch. Ohne ihn hätte es nicht gereicht. Aber was erwartet man auch sonst von einer Ford?“

Der orangefarbene Echsendompteur schnappte sich die Karten von seinem Kragen und warf sie wie Klingen auf den Krieger, welcher seinen roten Schild schützend anhob.

„Man erwartet mehr Aufmerksamkeit“, murrte Nick. „Verdeckte Falle: [Contract Laundering]!“

Da durchbohrten die Wurfgeschosse Genghis bereits, welcher in einer gewaltigen Explosion unterging. Eine einzelne Karte flog auf Nick zu, verschwand jedoch, als sie den Rand seines Pults passierte.

 

[Nick: 2400LP → 4400LP → 2000LP / Melinda: 1850LP]

 

Melinda lachte plötzlich. „Schade nur, dass deine beiden Zauberkarten dir zu Beginn deines Zuges das Genick brechen werden mit ihren Schadenseffekten.“

Sie verzog die Augen zu schlitzen. „Würde ich zumindest gerne sagen, aber durch den Effekt deiner Falle wurden sie anscheinend zerstört.“

„Korrekt. [Contract Laundering] vernichtet eine beliebige Anzahl meiner offenen Dark Contract-Karten und lässt mich als Kompensation für jede eine Karte ziehen und 1000 Lebenspunkte regenerieren.“

Insgesamt drei Karten hielt der zerzauste, junge Mann im schwarzen Mantel inzwischen in der Hand.

„Das habe ich mir wohl etwas zu einfach vorgestellt“, gestand Melinda zerknirscht und nahm ihre letzte Handkarte, die sie vor sich in die mittlere Zauber- und Fallenkartenzone legte, wodurch sie vor ihr auf dem Spielplan erschien, „die verdeckt. Du bist dran, was bedeutet, dass der Boost von [Performapal Pendulum Sorcerer] und [Ego Boost] nachlässt.“

Die flammende Aura um ihren Bären erlosch, die angeschwollene Brust ihrer Echse ging zurück.

 

Performapal King Bear [ATK/4400 → 2800 DEF/1000 (6) PSC: <7/7>]

Performapal Lizardraw [ATK/3800 → 1800 DEF/600 (3) PSC: <6/6>]

 

„Beenden wir das“, entschied Nick und zog auf eine insgesamt vierte Handkarte auf, wo er kurz zuvor nicht eine besessen hatte. „Aufgrund des Effekts von [D/D/D Wave King Caesar] werden mir 1000 Lebenspunkte Schaden zugefügt.“

Zahlreiche Blitze schlugen vor Nick um das Spielfeld, ohne ihn dabei zu treffen.

 

[Nick: 2000LP → 1000LP / Melinda: 1850LP]

 

Melinda versuchte eine unbekümmerte Miene zu wahren, doch innerlich war sie aufgewühlter denn je. Nicks Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was hatte er vor, wenn er sich selbst in einem derart schlechten Licht sah?

Zielorientiert wie der brünette, junge Mann war, verlautete er sofort im Anschluss: „Ich aktiviere den dir bereits bekannten, permanenten Zauber [Dark Contract With The Gate] und erhalte pro Zug ein D/D-Monster von meinem Deck.“

Er nahm jenes auf, durchsuchte es und legte es mit der Karte in der Hand ab. Jene drehte er Melinda langsam zu. „[D/D Savant Kepler].“

Sofort stach dem Rotschopf der orangefarbene, am unteren Ende ins Grüne übergehende Kartenrand ins Auge. Das war eines der Pendelmonster, das sie beim Übertragen der Dateien bemerkt hatte.

„Ich aktiviere [D/D Savant Galilei] mit dem Pendelbereich 1 und [D/D Savant Kepler] mit dem Pendelbereich 10. Pendulum Scales set!“

Links und rechts vor ihm schossen zwei hellblaue Lichtsäulen aus dem Boden. In ihnen stiegen zwei absurde Maschinen empor. Die Galilei genannte war eine goldene Statue mit einem Teleskop in ihrer Mitte, betrieben von zahlreichen Schaltern und Hebeln. Auch der Kopf, das einzig humanoide Merkmal des Apparats, war mechanischer und gleichzeitig dämonischer Natur. Dagegen war die dunkelblaue, in der anderen Säule empor steigende Maschine umgeben von zahlreichen Ringen an einer gewölbten Ausbuchtung, an der Miniaturplaneten des Sonnensystems hingen. Unter dem Kinn des Kopfes der Statue mündete dies in der Sonne.

 

<1> Nicks Pendelbereich <10>

 

„Beeindruckend“, lobte Melinda den Anblick beider Kreaturen, „ist das alles deinen Gedanken entsprungen?“

„Spielt das eine Rolle?“

Sie nickte lächelnd. „Natürlich. Ich als Erfinderin der Pendelbeschwörung stehe zum ersten Mal meiner eigenen Schöpfung gegenüber, ohne sie genau zu kennen. Das ist ziemlich aufregend, um ehrlich zu sein.“

Alexandra kicherte verschwörerisch, ganz zum Argwohn Melindas. Wie arrogant diese Frau doch war. Aber es ratterte im ältesten Ford-Spross. Sie hatte schon eine Idee, wie sie Nicks Begleiterin das Maul stopfen würde.

„Ich duelliere mich nicht aus Spaß, sondern um weiterzukommen“, sprach jener ernst.

„Du hast … überhaupt keinen Spaß daran?“, fragte Melinda ungläubig und sah wieder auf.

„Nein.“

„Das ist schade.“ Sie sah ihn betrübt an. „Genau das ist, was ich als AFC-Repräsentantin und auch als Mensch gar nicht gerne höre.“

Nick sah sie eisig an. „Eines Tages werde ich dieses Spiel vielleicht als solches genießen können. Aber zunächst muss noch eine Menge getan werden.“

Und Melinda wusste, dass es keinen Sinn hatte zu fragen, woran er dabei dachte.

So streckte Nick den Arm aus. „Aus meiner Hand der Stufe 8 [D/D/D Doom King Armageddon]! Pendulum Summon!“

Am Ende der Lichtsäulen öffnete sich zwischen diesen das bunte Pendelportal und stieß einen einzelnen, roten Strahl aus. Jener nahm vor Nick die Form einer massiven, schwebenden Kreatur an. Jenes bestand aus einem länglichen Kristall, in dessen Innerem ein schwarzes Loch tobte. Umgeben wurde die obere, dickere Sektion von einem Ring, an dessen Front ein mechanisches, dämonisches Gesicht herausragte.

 

D/D/D Doom King Armageddon [ATK/3000 DEF/1000 (8) PSC: <4/4>]

 

Kaum hatte es das Feld betreten, schwang Nick den Arm aus. „Und vergessen wir nicht, dass ich durch den Effekt von [D/D/D Gust King Alexander] ein D/D-Monster der Stufe 4 oder niedriger reanimieren kann, wenn ich ein D/D-Monster beschwöre. Sei wiedergeboren, [D/D Berfomet]!“

Jener Wind-König schwang einmal seine Hand aus, schon erschien zu seiner Rechten das finstere Mischwesen.

 

D/D Berfomet [ATK/1400 DEF/1800 (4)]

 

„Effekt von [D/D Berfomet]“, rief Nick unmittelbar danach aus, „er ändert die Stufe eines anderen D/D-Monsters auf dem Feld. Nighthowls Stufe wird zu 4!“

Der Baphomet mit den zwei rechten Armen stieß ein gefährliches Gebrüll aus, wodurch das Maul mit seinen spitzen Zähnen anwuchs.

 

D/D Nighthowl [ATK/0 DEF/0 (3 → 4)]

 

„Und jetzt stimme ich den Stufe 4-Empfänger [D/D Nighthowl] auf den Stufe 4-[D/D Berfomet] ein! Tuning!“ Das Maul stieg auf und zersprang in vier grüne Lichtringe, die der Baphomet fliegend durchquerte. Dabei zersprang er in vier grüne, hintereinander angereihte Lichtkugeln. „Climb over the corpses of heroes, carrying your bloodstained blade!“

„Noch eine Synchrobeschwörung?“ Melinda verkrampfte die Finger. Flüsterte: „Er reizt all seine Möglichkeiten bis aufs Maximum aus … beängstigend …“

Nick derweil tönte: „Synchro Summon! Be born! Level 8! [D/D/D Cursed King Siegfried]!“

Ein Lichtblitz durchzog die Ringe und aus ihm schoss ein weißhaariger, Langschwert-schwingender Krieger in silber-schwarzer Rüstung, der schwebend hinab stieg und sich neben seinen Kameraden Alexander gesellte.

 

D/D/D Cursed King Siegfried [ATK/2800 DEF/2200 (8)]

 

„Los, [D/D/D Gust King Alexander]“, rief Nick mit ausgestreckter Hand, „Angriff! Dein Ziel ist [Performapal King Bear]!“

Melinda weitete die Augen. „King Bear? Das stärkste meiner Monster? Da ist doch was faul!“

Sie drehte die verdeckt liegende Karte vor sich um, wodurch jene auch auf dem Spielfeld aufklappte. „So weit lasse ich es gar nicht erst kommen!“

Der weiße Dämonenkrieger hob bereits sein Langschwert, als von Melindas Falle ein gleißendes Strahlen ausging. „[Command Performance]! Da ich einen Performapal kontrolliere, gehen all deine Monster in die Verteidigungsposition!“

„Ach wirklich?“, gab sich Nick unbeeindruckt. „Ich denke nicht. Siegfried.“

Jener nahm seine Klinge und schnitt sich damit in die Hand. Im Anschluss schleuderte er das schwarze Blut in Richtung Melinda, wo es an ihrer Fallenkarte kleben blieb und diese komplett schwarz einfärbte. Dann löste sie sich auf.

„Entschuldigung, was ist da grad passiert?“, wollte die wissen.

„[D/D/D Cursed King Siegfried] kann einmal pro Zug eine Karte wählen und ihren Effekt einen Zug lang annullieren. Da dies ein Schnelleffekt ist, funktioniert er auch in deinem Zug.“

„Dann …“

„Ja. Alexander richtet seinen Angriff wie gehabt gegen [Performapal King Bear]. Rising Storm!“

Sein weißer Kriegerkönig ließ dessen Langschwert ausschwingen und erzeugte damit einen Wirbelsturm, der in seinem Zerstörungswahn auf den wuchtigen Bären zu rauschte. Jener stampfte einmal auf den Boden und ließ ein riesiges Stück Fels von dort herausbrechen, welchen er mit einem Faustschlag in Richtung des Angreifers schleuderte.

Dabei meinte Melinda zwinkernd: „Dein Alexander mit seinen 1900 Angriffspunkten hat ziemliche Todessehnsucht. Ist das sein Fetisch?“

Nick zog es vor, nicht zu antworten. Der Felsbrocken durchbrach den Sturm, der sich prompt auflöste und zerschmetterte den weißen Krieger daraufhin.

 

[Nick: 1000LP → 100LP / Melinda: 1850LP]

 

„Nun wirkt der Effekt von [D/D/D Doom King Armageddon].“ Auf Nicks Ausruf hin begann das Schwarze Loch im Herzen der Kristallkreatur zu pulsieren, violette Blitze schlugen um sie. „Einmal pro Zug addiert es die Angriffspunkte eines zerstörten D/D-Monsters zu seinen eigenen.“

 

D/D/D Doom King Armageddon [ATK/3000 → 5500 DEF/1000 (8) PSC: <4/4>]

 

„Wow, das war ja einfacher, als einem Kind den Lutscher wegzunehmen“, gluckste Alexandra indes und lächelte Melinda heimtückisch an.

In dem Moment durchfuhr es diese wie ein Blitz. Sie erinnerte sich daran, wo sie dieses Gesicht schon einmal gesehen hatte. Auf den Aufnahmen eines Überwachungsvideos. Sie war diejenige, die Anyas Deck damals gestohlen hatte!

„Ich bin mir sicher, du hast es bereits erkannt“, sprach Nick derweil emotionslos, „selbst mit der Fähigkeit deines [Performapal Momomcarpets] kannst du den Kampfschaden nicht genug senken, wenn Armageddon deinen [Performapal Lizardraw] angreift. Es reicht genau aus.“

Da Melinda nur mit halbem Ohr hinhörte, fiel ihre Antwort ziemlich knapp aus. „Ja …“

„Wie ich bereits sagte, halte ich dich für einen guten Menschen. Daher entschuldige ich mich hierfür. [D/D/D Doom King Armageddon], beende es! Final Destination!“

In dem Moment lösten sich zahlreiche, hellviolette Lichtbögen von seiner Kreatur und steuerten allesamt auf ihren Echsendompteur zu. Melinda biss die Zähne zusammen und bedachte Alexandra eines letzten, feindlichen Blickes, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf das Duell richtete. Die Strahlen schlugen überall vor ihr auf dem Spielfeld ein und blendeten sich regelrecht.

 

[Nick: 100LP / Melinda: 1850LP → 0LP]

 

Als sie die Augen öffnete, verschwanden die Hologramme bereits. Nick nahm die Stufen hinter sich und steuerte bereits auf den Ausgang zu. Alexandra machte Anstalten ihm zu folgen.

„Warte!“, rief Melinda ihm hinterher, schwang sich über das Geländer und landete mit einem Satz auf dem Boden. Dabei kam sie mächtig ins Torkeln und musste sich an der Außenfassade der roten Duellarena abstützen. Trotzdem folgte sie ihm. „Nicht so hastig!“

„Wir haben eine Abmachung“, sprach Nick, ohne sich umzudrehen.

„An die halte ich mich auch. Ich werde die Daten höchstpersönlich in den Hauptserver einspeisen“, versprach Melinda, grinste dann aber, „das heißt aber nicht, dass du gehen kannst.“

Tatsächlich drehte sich der junge Mann mit einem in Ansätzen überraschten Gesichtsausdruck zu ihr um.

„Da du schon hier bist, kannst du gleich den ersten Testlauf von Monochrome überwachen. Der startet in wenigen Stunden.“

Aber Nick verzog argwöhnisch die Augen. „Nein. Ich habe meine Pflicht bereits erfüllt und die Programmierung des Spiels übernommen. Alles Weitere liegt in euren Händen.“

Doch da stieß er bei Melinda auf taube Ohren. „Irrtum. Als Angestellter von Micron Electronics und Chefentwickler ist es sehr wohl deine Aufgabe, die Funktionen beim Testlauf zu überwachen.“

Sie schritt selbstbewusst auf die beiden zu. Alexandra grinste verstohlen, freute sie sich anscheinend darüber, dass jemand Nick Vorschriften machte. „Ich erwarte dich um Punkt 16 Uhr in Halle B5. Glaub mir, das wird lustig.“

Melinda bedachte Alexandra eines geheimnisvollen Blickes. „Und du bist natürlich auch herzlich eingeladen.“

„Danke. Das nehme ich doch gerne an.“

Ja, sagte sich der Rotschopf dabei vergnügt, dich sofort zu entlarven wäre auch zu einfach. Erst würde sie versuchen, etwas mehr über die hübsche Blonde herauszufinden. Und sie hatte da schon eine Idee …

 

 

Turn 106 – Teacher VS Student

Nachdem sich Orion Velvet stellvertretend für Kali und Reika angenommen hat, beginnen die beiden ein Übungsduell um Velvets Fähigkeiten zu trainieren. Zeitgleich sucht Anya in ihrer Zerrissenheit Logan auf und …



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