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Addicted

Fegefeuer
von

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Prolog

„Mama?“

Ein kleiner Junge mit braunem Haar und großen, ängstlichen Augen, kauert auf dem Teppich einer Wohnung. Er ist dünn, das junge Gesicht fahl und kränklich.

Seine Mutter läuft aufgeregt durch das Appartment und ihre Nervosität färbt auf ihn ab. Er spürt, dass etwas nicht stimmt, dass etwas passieren wird.

Sie antwortet ihm nicht, stattdessen wirft sie ihm seine Schuhe und eine Jacke hin.

„Zieh dich an“, weist sie ihn an, während sie sich ebenfalls ihre Jacke überzieht.

„Wohin gehen wir?“, fragt der Junge, als er seine Arme durch die Ärmel schiebt und anschließend versucht, mit seinen kleinen Fingern die Schnürsenkel zu schließen. Nachdem die Mutter ihre Handtasche von der Garderobe genommen hat, geht sie auf den Kleinen zu und hilft ihm seine Turnschuhe zu schließen.

Dann nimmt sie ihn auf den Arm. Überglücklich über die Nähe seiner Mutter, schmiegt sich der Junge gegen ihre Schulter und ihren Hals. Er lächelt, während er die Augen schließt. Er kann ihre Wärme spüren, diese Trost und Geborgenheit spendende Wärmer einer Mutter. Er zieht ihren süßen Duft tief in seine Lungen. Solange sie bei ihm ist, kann ihm nichts geschehen.

Noch immer weiß er nicht, wo die Reise hingeht, doch sie steigen in die Straßenbahn ein.

Er darf auf ihrem Schoß sitzen und sie streichelt ihm über den Kopf, küsst ihn auf sein Haar, welches in kleinen Löckchen absteht. Ihre Nervosität hat sich wieder gelegt, er kann ihr Herz ruhig und regelmäßig schlagen hören.

Vielleicht hat sie einfach einen Termin vergessen und muss sich beeilen.

„Wohin gehen wir denn?“, fragt er noch einmal. Diesmal erhält er eine Antwort.

„In die Stadt, mein Schatz. Mama muss etwas erledigen.“

„Ach so.“

Er ist zufrieden. Seine Angst klärt sich auf und weicht der Freude einen Tag mit seiner Mutter verbringen zu können. Sie hat nicht viel Zeit für ihn, weil sie arbeiten muss. Leider muss sie nachts arbeiten, deswegen ist sie tagsüber oft erschöpft und möchte lieber schlafen als mit ihm spielen. Er hat keinen Vater, deswegen ist er oft alleine zu Hause, doch das ist er gewohnt und er hat gelernt, sich alleine zu beschäftigen.

Doch heute ist sie nur für ihn da und er strahlt sie mit seinem Lächeln an. Sie erwidert seine Freude nut matt, küsst ihn lieber noch einmal auf den Schopf.

Die Straßenbahn hält an und sie hebt ihn mit sich hoch, als sie aufsteht. Sie steigen aus und sind in der Innenstadt.

Als sie ihn herunter lässt, greift er nach ihrer Hand. Er weiß nicht, wie viel Uhr es ist, doch es ist noch hell und die Stadt ist voller Menschen. Für ihn besteht die Welt nur noch aus Beinen und Schuhen, die an ihm vorbei huschen und ihn gelegentlich anrempeln.

Ängstlich drängt er sich dicht an seine Mutter, die ihn nun mitten durch die Menschenmenge lotst. Der Junge kennt das Ziel nicht und er erkennt auch keinen Weg. In der Stadt sind sie nicht oft, deswegen kennt er sich hier auch nicht aus.

Die vielen Menschen machen ihm Angst und er hat Probleme mit seiner Mutter schritt zu halten.

„Mama“, ruft er, damit sie anhält und auf ihn wartet. Doch sie scheint ihn nicht zu hören.

Plötzlich öffnen sich ihre Finger und seine Hand rutscht aus ihrer. Sie bleibt nicht stehen. Er will ihr hinterher laufen, doch die vielen großen Menschen drängen sich dazwischen. Ihre dunklen Haare verschwinden zwischen den vorbeihuschenden Körpern und er kann sie nicht mehr sehen.

Panik steigt in ihm auf. Wieso hält sie nicht an?

„Mama!“, ruft er und versucht in die Richtung zu laufen, in die sie gegangen ist, „Mama!“

Die Augen des Jungen füllen sich mit Tränen und sein Herz schlägt schnell und schmerzhaft. Er hat solche Angst.

Angst verlassen zu werden. Angst, seine Mutter nicht wieder zu finden. Sie ist alles für ihn, sie ist sein Leben, sein Zentrum. Sie ist für ihn das schönste Wesen auf dieser Welt und er wünscht sich nichts sehnlicher, als ihre Liebe. Die Mutter ist Gott in den Augen eines Kindes.

„Mama!“ Sie antwortet nicht. Er kann sie nicht sehen. Orientierungslos irrt er umher, während heiße Tränen sein Gesicht hinab laufen. Er schluchzt und sein Hals zieht sich schmerzhaft zusammen.

Als er in die Gesichter der Menschen schaut, die um ihn herum laufen, erkennt er niemanden. Und niemand beachtet ihn.

„Lass mich in ruhe“, zischt ein Mann, als er versucht ihn am Hosenbein zu ziehen. Er wird weggestoßen und fällt auf den kalten Boden. Seine Hände schürfen sich auf und beginnen zu Er hat keine Kraft mehr, sich aufzurichten. Er bleibt auf dem Boden knien und beginnt bitterlich zu weinen.

„Mama“, ist alles, was er über seine Lippen bekommt. Wo ist sie, wann kommt sie zurück? Er fühlt sich hilflos und alleine. Doch in ihm lebt die Hoffnung, dass sie zurückkommt. Für den Jungen ist es unvorstellbar, dass seine Mutter einfach weg gehen könnte.

Endlos lange sitzt er dort, weint und ruft nach ihr. Es wird dunkel, kälter aber die Straßen leerer. Inzwischen bleiben sogar Menschen stehen und betrachten ihn sorgenvoll, doch niemand kommt zu ihm hin oder spricht ihn an.

Schließlich hat er keine Tränen mehr übrig, schluchzt nur noch trocken. Sie kommt nicht zurück.

Sein kleines Herz zerbricht.
 

„Hey, Kleiner.“

Eine Stimme reißt ihn aus seiner Hysterie. Der kleine Junge blinzelt und blickt in das Gesicht eines Mannes, der sich zu ihm herunter kniet. Der Mann hat graue Augen, die ihn freundlich und mitfühlend ansehen. Um sie herum sind kleine Fältchen, genau, wie um seinen Mund, welcher zu einem leichten Lächeln verzogen ist. Er hat dunkle Haare, die zurückgekämmt sind und er trägt eine warme Jacke.

Der Junge beäugt den Fremden schüchtern, doch da dieser so offen und nett aussieht, verliert er schnell seine Angst.

„Meine Mama ist weg“, erklärt er mit tonloser Stimme.

„Wie sieht sie denn aus? Soll ich dich hochheben und du siehst dich nach ihr um?“

Der Kleine nickt und neue Hoffnung keimt in ihm auf. Jetzt wird er seine Mutter finden. Er wird hochgehoben und kann von hier aus über die Köpfe der Menschen blicken, doch seine Mutter ist nicht mehr hier.

Der Mann geht mit ihm auf dem Platz umher, spricht ein paar Menschen an und fragt sie, ob sie eine Mutter gesehen haben, die ihren Sohn sucht. Niemand kann ihnen helfen.

Er setzt den Jungen wieder ab und kniet sich erneut zu ihm.

„Du kannst mit zu mir kommen, bis deine Mutter dich findet. Was hältst du davon?“

Der Kleine blickt den Fremden hilflos an, dann nickt er, denn er weiß nicht, wo er ist. Er weiß nichteinmal seine Adresse. Doch der unbekannte Mann ist freundlich und gewinnt sein Vertrauen.

Der Junge wird wieder auf den Arm gehoben und der Fremde nimmt ihn mit. Er klammert sich fest an den Mann und vergräbt sein tränenübersätes Gesicht an seiner Jacke und wird tröstend gestreichelt.

„Alles wird gut, mein Kleiner“, sagt der Mann noch, ehe der Junge völlig erschöpft einschläft.



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