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Kalendertage

Der Tag, an ...
von

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52 - Der Tag, an dem die Stahlprinzessin erwachte

Atmen. Nichts anmerken lassen. Einfach ganz ruhig und gleichmäßig weiteratmen. Ein und aus, ein und aus. Obgleich ich geräuschlos Luft durch meine Atemwege zog, spürte ich intensiv meine Nasenflügel vor Angst beben und die Kälte des Abendhauchs meine Lungen durchströmen.

Und völlig entspannt die Augen geschlossen halten, redete ich langsam auf mich ein. Wieder und wieder zählte ich innerlich die Zahlen von Zehn bis Null runter, um mich weiter zu beruhigen. Mein Herzschlag drang bis hoch zu meinem Hals. Doch die Übung funktionierte. Ich blieb ganz konzentriert bei mir und blendete die schwindelerregende Umgebung aus. Dabei gäbe es doch soviel zu sehen, was sich dort unten zu unseren Füßen abspielte. Aber nichts dergleichen beobachtete ich. Eng umschlungen schmiegte sich mein Körper an den Rücken meines Freundes. Trotz des Umhanges und der dicken Weste fühlte ich seine Wärme und seinen Schutz. Ich glaubte sogar, seinen gleichmäßigen Herzschlag zu hören und wünschte, ich könnte den Meinigen dem Seinigen anpassen. Dabei dachte ich an den einen Tag im April zurück, an dem ich schon einmal das Vergnügen gehabt hatte, ungeplant auf einem Baum in allerhöchster Höhe hocken zu müssen. Nun war ich um diesen einen Tag sehr dankbar, denn er hatte mir nicht nur offenbart, wie man über eigene Ängste hinauswachsen konnte, sofern man es denn mit ganzem Willen wollte, sondern dass ich Kakashi blind vertrauen konnte. Wir würden von diesem Baum weder abstürzen, noch für immer hier oben bleiben müssen. Letzteres würde sich so oder so nicht Bewahrheiten. Nicht nur Kakashi und ich, sondern auch der Rest der Band hockte hier oben in den Ästen wie eine Schar Zugvögel und observierten die Szenerie eines Trauerzuges zur letzten Ruhestätte. Nur ich allein bekämpfte mit mir selbst die Höhenangst und den inneren Schweinehund. Ich war auch die einzige, die sich nicht mittels Chakra im Baumgeäst festklebte. Stattdessen hockte ich Huckepack auf Kakashis Rücken wie ein blinder Passagier. Das sah bestimmt ziemlich blöde aus. Allerdings gab es keine wirklichen Alternativen.

Es war gar nicht so einfach gewesen, einen passenden Baum als Spähposten zu finden. Immerhin war es bitterkalter November und die Laubbäume dieses Mischwaldes hatten alle ihre Blätter abgeworfen. Da blieb nur eine steil gewachsene Zeder übrig, welche unter unserem Gewicht bedrohlich schwankte und knackte und dessen Nadeln ungemütlich durch den Kleiderstoff in die Haut piksten. Aber wenn die Ninja-Profis meinten, der Baum würde das aushalten, dann täte er es wohl auch so. Mir blieb nichts übrig, als dieser Aussage trotz bedenklicher Zweifel zu trauen. Überhaupt überlegte ich schon wieder einmal mehr, wie ich hierher geraten war. Hierher zwischen die Zweige einer klapprigen Zeder zusammen mit einer Horde Shinobi. Ganz romantisch im Abendsonnenlicht wiegten wir uns vom Wind getrieben von einer Seite auf die andere. Wie bizarr.

„Ihr macht euch nun auf den Weg“, gab Kakashi flüsternd das Startsignal und sprang schon im selben Moment mit mir sanft zur Erde hinab.

Die Kinder folgten unglaublich diszipliniert. Für sie schien es wie eine aufregende Mission, und so ungefähr hatte es ihnen Kakashi auch verkauft. Die beiden bildeten mein Geleitschutz. Er selbst hingegen blieb zusammen mit Tenzô und dem Geschwister-Trio während der Beerdigung im verborgenen Hintergrund. Kaum hatte mich Kakashi abgesetzt, war er auch schon wieder von der Bildfläche verschwunden. Ich blickte zurück zur Zeder, aber auch dort war niemand mehr auszumachen. Obwohl Yuuki und Asa bei mir standen, fühlte ich mich plötzlich mutterseelenallein. Dabei wusste ich genau, dass ich im Fall der Fälle nur einen Wimpernschlag später von meinen Ninjas umringt wäre. Meine Ninjas … Wie schräg, aber zugleich gut das klang. Ein Lächeln umspielte meine Lippen.

Die Kinder drängelten nun doch. Weniger weil eine Beerdigung ein so unglaublich spannendes Ereignis wäre, sondern weil einem die nasskalten Temperaturen vom Boden durch die Schuhsohlen hindurch nun langsam die Beine hoch krochen.

„Wie geht es dir?“, wandte ich mich an Yuuki.

Der sah bedröppelt aus, denn immerhin wurde sein Großvater zu Grabe getragen, aber er machte einen gefestigten Eindruck. Dann gingen wir los. Die Pflastersteine glänzten noch regennass. Es war mir wie ein Wunder vorgekommen, dass der Regen just dann aufhörte, als wir uns anschickten, das Hotel zu verlassen. Langsam schritten wir den Weg entlang, der sich in einem langen Bogen durch den Friedwald zog. Alte Steinlampen reihten sich wie Zinnsoldaten am Wegesrand auf und standen Spalier zum letzten Geleit. Ihr Feuerschein reflektierte sich auf den Steinen des Weges, doch ihr Licht war nicht hell genug, um die Farben des wolkenlosen Abendhimmels zu stören. Eine kitschiger Farbverlauf aus pink, lila und blau. Kalt wie der Frost. Meine Augen wanderten an den kahlen, schwarzen Baumstämmen entlang. Sie erinnerten mich an hohe, filigrane Steinsäulen, die das dunkelblaue Firmament über unseren Köpfen wie das Dach einer Kathedrale trugen. Ein paar aufsteigende Sterne und eine fahle Mondsichel hingen dort wie Lämpchen am Himmelszelt. Tief im Westen blinzelte die Sonne mit ihren letzten goldenen Strahlen durch die kargen Zweige und lotste unseren Weg bis zur Trauergesellschaft, die sich schon am Grabe versammelt hatten. Es erstaunte mich ein wenig, dass der Weg an einer großen Wiese endete, wo sich bereits unzählige Grabstätten aneinanderreihten. Einzelne Nebelfelder krönten die mystische Rahmenhandlung und verliehen dem Gesamtpaket der Friedhofsstimmung schaurige Höchstnoten. Ein Filmdrehbuch hätte es nicht besser gestalten können.

Ganz bewusst hatten wir den Zug der Trauergäste oben vom Baum aus abgewartet, um nicht gleich im Mittelpunkt der Veranstaltung zu stehen, denn wir erinnerten uns: Wir waren gar nicht eingeladen worden. Nun aber kamen wir ganz unscheinbar daher, mischten uns in die hinterste Reihe und musterten die Anwesenden. Es waren unglaublich viele Menschen, die sich von meinem Vater verabschieden wollten. Mehr als ich gedacht hätte. Verwandte, Bekannte, Geschäftspartner, die feine Gesellschaft. Na, das war ja ein ganz großer Bahnhof, der sich hier im Abendlicht auf einer matschigen Wiese die Füße in den Bauch standen. Sehen und gesehen werden. Und natürlich wurden auch wir gesehen. Schneller als gedacht. Ein Raunen ging durch die Menge, als gewahr wurde, dass das schwarze Schaf der Familie tatsächlich dem Spektakulum beizuwohnen gedachte. Meiner Mutter verkrampften sich sämtliche Muskeln, die man wohl im Gesicht haben konnte. Ihr Mund wurde zu einer ganz schmalen, kalkweißen Linie. Doch sie war clever genug, hier nun keinen Aufstand zu proben. Etikette wahren war angesagt. Da stand sie nun, warf mir feurige Pfeilblicke hinüber, die mich am besten an Ort und Stelle töten sollten und grübelte, wie sie mich sofort loswerden könnte. Sie sah furchteinflößend aus, doch ich mochte gern zugeben, dass ich in der Sekunde noch ein ganzes Stück meines Selbstbewusstseins gewachsen war. Souverän beachtete ich sie gar nicht, sondern erklärte einer neugierigen Asa, was es mit den vielen kleinen Papierwindmühlen auf sich hätte, die die Leute in den Händen hielten. Es war ein Brauch im Erd-Reich, dem Verstorbenen kleine, rote Mühlen mit auf den Weg zu geben, weil man glaubte, der Seelenwind würde sie beizeiten zum Drehen bringen und so Erinnerungen wach halten.

Es gab einen Redner, der unglaublich viel zu erzählen hatte. Vieles war übertrieben, an den Haaren herbeigezogen, tropfte vor Schleim und zog sich wie ein Kaugummi. So langsam froren nicht nur die Füße, sondern sämtliche Körperteile ein, die man am Körper haben konnte. Yuuki trippelte vor Kälte von einem Fuß auf den anderen, schluckte den Klos in seinem Hals hinunter und zog die Popel in seiner Nase hoch. Und Asa träumte sich in den wallenden Nebelbänken in eine Märchenwelt hinüber und brachte gelangweilt mit einem Wind-Jutsu die Papierwindmühlen zum Drehen, dass sie nur so rauschten und drohten, von den dünnen Holzstäbchen abzureißen. Meine alte Großtante, die schon immer abergläubisch gewesen war, schrie erschrocken auf und sah darin schon das teuflische Zeichen der Unterwelt. Ein großes Unheil würde nahen und alles zerstören, prophezeite sie munter darauf los und steigerte sich in einen nie dagewesenen Wahn. Zum Schluss schnappte sie wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft. Ein Arzt sollte herbeigerufen werden. Unruhe machte sich unter den Anwesenden breit. Es bewirkte jedenfalls, dass der Redner sehr zackig seine Ansprache beendet, wir alle noch zusahen, wie der Sarg flugs im Erdloch versenkt wurde und sich nach einem kurzen, stummen Abschied die Gesellschaft schnell auflöst.
 

Die Trauerkarawane peilte eine Lokalität am Rande des Friedwaldes an. In einem großen Saal eines traditionellen Holzhauses mit reichlichen religiösen Schnitzereien kehrte man zum Leichenschmaus ein. Verwundert sah ich, dass man entgegengesetzt unserer Kultur nicht zu Tische speisen, sondern einen Platz auf der Tatamimatte einnehmen würde. Wie Perlen auf der Schnur reihten sich dort kleine Essgedecke aneinander. Ziemlich geradlinig und bieder. Unpersönlich. Noch während ich in der großen Tür zum Saal stand überlegte ich, ob es eine Sitzordnung gäbe oder ob die Anzahl der Plätze gar abgezählt wäre. Dann würden die Kinder und ich wie bestellt und nicht abgeholt dort im Saale stehen und begafft werden wie exotische Zootiere, weil wir nirgends Platz nehmen könnten. Ein dunkler Schatten tauchte zu meiner Linken auf und nahm Gestalt an. Hisuis Maske beugte sich noch in der Bewegung an mein Ohr heran.

„Eure Plätze sind dort an der rechten Wandseite. Natürlich haben wir im Vorfelde die Gästeliste angepasst.“

Wow! Gute Arbeit. Überhaupt entpuppte sich Hisui als wandelndes Lexikon voller Spionageinformationen. Ein Wahnsinn, wann sie das alles hatte auswendig gelernt in der kurzen Zeit, seit wir hierher gekommen waren. Ob es ein Auswendiglern-Jutsu gab?

Ein Diener bat um meinen Mantel, dann traten wir durch die Tür und hatten sofort alle Blicke auf uns gezogen. In dem Geschenkpaket Akkas war ein Traum von einem Seidenmantel gewesen, denn ich nun heute wie ein Kleid trug. Warum auch immer die alte Akka jemals diesen Mantel besessen haben musste: Ihr persönlich wäre er viel zu groß geraten. Vielleicht war es ein Familienerbstück, denn der Stoff und die Art der Färbung, die angewandte Sticktechnik und die Malereien zeugten von alten Zeiten. Fast schon ein historisches Kleinod. Beste Seide, über und über mit einem dezenten, aber sehr detailverliebten Muster von Blauregen bemalt und bestickt, verweilte ich einen Moment und blickte wie eine Herrscherin über ihr Gefolge herab. Die Szene verfehlte ihre Wirkung nicht, denn das Gemurmel im Saal verstummt ebenso lange, wie ich dort abwartete, bevor ich mich mit meiner Schar an den von Hisui erwähnten Platz begab. Da blickte ich mich so unauffällig wie möglich um. Wo mochten die anderen sein? Ich konnte sie nicht entdecken. Das wäre aber auch fatal gewesen. Wenn ich sie sehen könnte, dann könnten anderes auch. Und das spräche nicht für eine gute Tarnung. Völlig logisch.

Hisui erwies sich als wahres Goldstück, indem sie sich fast unsichtbar auf meiner Höhe aufhielt und mir umgehend und unauffällig ins Ohr flüsterte, welche geladenen Gäste mir zwar unbekannt waren, mich aber im Vorbeigehen aus reiner Höflichkeit grüßten. Zwar konnte ich mir das alles gar nicht so schnell und so genau merken, aber ich erntete bei der Begrüßung verwunderte Blicke. Nicht nur allein aufgrund des unbezahlbaren Kleidungsstückes, sondern weil ich allesamt milde lächelnd auch direkt mit vollem Namen ansprach.

„Liebste Sherenina! Welch freudige Überraschung! Wie geht es Ihnen?“ schnatterte es mich plötzlich von der Seite her an.

Verschreckt starrte ich in ein geschminktes Froschgesicht. Eine wandelnde Fettmasse so hoch wie breit. Die Nachbarin meiner Eltern. Klatschbase des halben Erd-Reiches und wohnhaft weniger daheim, sondern vielmehr auf den angesehenen Events der Welt. Dieses Monster schob sich nun direkt vor meine Nase und strahlte über das ganze Gesicht, voller Hoffnung, das Neuste vom Neusten brühwarm serviert zu bekommen. Es schüttelte mich vor Ekel bei dem Abbild dieses Subjektes. Die kam doch wohl nicht zufällig vorbei und wollte sich hier auch noch niederlassen? Schreck lass nach! Sie tat es! Mir genau gegenüber. Man gut, dass gerade das Essen serviert wurde und sie für eine Sekunde die Luft anhalten musste.

Leider hielt die Stille nicht lange an. Sie konnte reden und essen gleichzeitig. Und das war kein schöner Anblick. Wie sie so völlig ungeniert sämtliche Speisen ins sich hinein schaufelte und dabei die Hälfte davon in feinen Bröckchen und Tröpfen wieder ausspie, rückte es komplett in den Hintergrund, dass Asa ihr Essen kaum anrührte. Das meiste aus den Schälchen mochte sie nicht. Stattdessen baute sie kleine Reis-Brücken, Sojasaucen-Bäche und Shiitake-Türmchen. Künstlicher doch recht wertvoll. Ich ließ sie gewähren, denn Yuukis Gesicht bereitete mir mehr Sorgen. Der sah recht blass aus, hatte Schweißperlen auf der Stirn und kreiste mit seinen Augen verängstigt durch den Saal.

„Yuuki, ist dir nicht gut? Wirst du krank? Willst du ins Hotel zurück?“

Doch mein Sohn schüttelte nur den Kopf und flüsterte, dass nur ich es hören konnte:

„Ich glaube, wir werden verfolgt...“

Doch ehe ich den Aufschrei eines Entsetzens loswerden konnte, schmiss mich die Schnatterente mit dem gefüllten Schnabel aus den Gedanken.

„Und erzählen Sie doch mal. Ihre werte Frau Mutter tut immer sehr besorgt um Sie“, bohrt sie nun nach.

„Tut sie das? Nun, ich wohne nach wie vor in Konohagakure und bin berufsmäßig sehr ausgelastet“, wollte ich den Smalltalk unterbinden, doch es wurde nicht locker gelassen.

„Ach ja? Ich denke, das Stoffekontor hat geschlossen und Sie wären verarmt und würden in einer heruntergekommen Wohnung leben?“

Hoppla, wie direkt! Hm, was sollte ich antworten? Natürlich waren meine Verhältnisse von einem gewissen Standpunkt aus aktuell doch eher bescheiden. Auch wenn ein Funke Wahrheit in der Frage steckte, so war ich doch wahrlich nicht verarmt, noch ging es mir irgendwie schlecht. Ich beschloss, mir die schlechten Eigenschaften meiner ungebetenen Gesprächspartnerin zu nutze zu machen. Was ich ihr nun berichten würde, würden sofort auch alle anderen wissen. Da könnte ich auch ruhig mal mit ein paar Geschichten über die Stränge schlagen. Angriff war immerhin die beste Verteidigung.

„Oh, ich denke, da ist etwas durcheinander geraten“, legte ich mir meinen neu geplanten Lebenslauf zurecht.

„Ja, das Kontor hatte tatsächlich seinen Standort aufgegeben. Im Zuge dessen musste ich natürlich die Dienstwohnung räumen. Leider sehr kurzfristig. Aber, meine Liebe, sie glauben ja gar nicht, wie heißumkämpft der Wohnungsmarkt bei uns in der Stadt ist. Da rufen sie bei einem Makler an und während des Gesprächs ist die Wohnung schon dreimal weitervermietet worden. Daher wählte ich schnell eine Notlösung als Bleibe bis mein Standhaus fertig renoviert ist. Natürlich ist die kleine Wohnung wenig komfortabel. Aber was will man machen?“, flötete ich fröhlich vor mir her.

Die Schnatterente machte kugelrunde Augen. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Und um den ganzen noch oben eine Krone aufzusetzen, war ich bereit, noch ein paar Kohlen ins Feuer hinterher zu werfen.

„Ein Strandhaus? Was Sie nicht sagen...“

Nun doch leicht verunsichert, suchte sie nun wieder den roten Faden. Dabei stellte sie fest, dass sie alle die Köstlichkeiten vor sich verschlungen hätte, es aber wohl keinen Nachschlag gäbe. Kurz gierten ihre Stielaugen auf Asas essbaren Kunstwerke, doch sie hielt sich im Zaum und hatte ein neues Thema gefunden.

„Yuuki ist aber wirklich sehr groß geworden. Und Sie haben noch ein zweites Kind bekommen. Das wusste ich ja gar nicht.“

Gedankenverloren hatte ich meinen Blick durchs schwarze Gebälk über mir schweifen lassen. Ich stutze. Da hockten doch tatsächlich meine vier verborgenen Ninjas wie die Hühner auf der Stange. Die Zwillinge gelangweilt. Kakashi beim Lesen, aber kurz vor dem Einschlafen: Hoffentlich fiel der mal nicht runter und uns allen vor die Füße. Das Buch in seiner Hand wippte auf jeden Fall bedrohlich, als würde es als Erstes den Absturz in den Saal wagen. Und Tenzô? Der mampfte mit dicken Backen. Woher hatte der denn den Teller voller Essen her? Maaannn, Tenzô! Das hier ist eine Mission! Kein Betriebsausflug! Irgendwie nahmen meine vermeintlichen Beschützer ihren Job nicht wirklich ernst. Da wusste man nicht, ob man lachen oder weinen sollte. Ich entschied mich für Letzteres, schluckte den Lacher aber hinunter, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

„Oh, Verzeihung. Ich habe gerade die Architektur des Hauses bewundert“, log ich, dass sich die Balken bogen. „Kinder wachsten tatsächlich wie Hefeteig. Aber Asa ist nicht meine leibliche Tochter, sondern die meines Lebensgefährten...“

„Ach, Sie sind noch gar nicht verheiratet?“

„Das hat sich bis jetzt terminlich noch nicht ergeben. Wissen Sie, wir sind beide beruflich sehr beschäftigt.“

Hui hui hui, nun redete ich mich aber um Kopf und Kragen und betete, dass Kakashi das nicht gehört hatte. Der war ja für jeden Spaß zu haben. Aber heiraten? Never ever! Da würde der wohl eher wieder Ersatz-Hokage für Naruto werden, falls der mal ausfallen würde, als dass ich da jemals einen Antrag bekommen würde. Und generell hatten wir über so was auch noch gar nicht gesprochen. Dennoch musste der „Witz“ eine Etage über mir angekommen sein, denn mein Freund schaute über sein Buch hinweg entgeistert runter. Und Tenzô hätte beinahe das Essen ausgespuckt vor Lachen und bekam dafür einen heftigen, aber freundschaftlichen Schlag mit eben jenem Buch auf den Kopf. Nur die Zwillinge guckten verwundert. Ich musste schnell das Thema wechseln, und die Kinder boten sich als Vorschubgrund hervorragend an.

„Ich denke, wir werden bald aufbrechen. Die Kinder sind müde von der Reise“, legte ich die Marschroute fest.

Glücklicherweise hatte auch die Schnatterente eine neue Entdeckung gemacht, denn sie sprach mich auf meinen Geleitschutz an, der hinter mir hockte und mir stets ins Ohr flüsterte. In allen Farben konnte ich nun von meinem ach so aufregenden und sehr wichtigen Job und meiner Entführung berichten. Das tat ich so, dass ich zwar nicht lauthals durch den Saal schrie, aber laut genug sprach, dass es die umstehenden Leute noch mitbekamen. Der Großteil der Gäste schien bereits fertig gespeist zu haben. Gedecke wurden abgeräumt. Man erhob sich von den Plätzen und stand nun zum Smalltalk im Saal herum. Servicepersonal reichte Getränke und Snacks.

„Wissen Sie...“, endete meine Vortrag. „Seitdem reise ich nur noch mit Geleitschutz. Aber wenn man in Konoha wohnt, so hat man ja die absoluten Profis direkt vor der Nase. Ein Rundum-Sorglos-Paket.“

Ohs und Ahs kamen aus dem Schnabel der Ente. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Und sie hatte wohl auch nachgerechnet, denn Konoha-Shinobis waren immer noch recht teuer in der Bezahlung. Also mussten wohl meine kleinen Storys über mich, die ich gerade zum Besten gegeben haben, der Wahrheit entsprechen. Ansonsten könnte ich mir das kaum leisten.

„Interessant! Aber ist das nicht sehr teuer?“, wurde nun doch verwundert nachgehakt.

„Da muss man wirklich ein kleines Vermögen ausgeben“, schob ich extra nochmal nach.

Na, wenn die Klatschnase wüsste, wie ich hier Shinobis zu entlohnen pflegte. Den einen bezahlte ich mit Kartoffelbrei und den anderen mit Streicheleinheiten. Und die drei Vögel irgendwie … gar nicht. Aber ich hatte mein Tagwerk vollbracht und meinen Status aufgepeppt. Morgen würde der Showdown in eine neue Runde gehen, denn morgen, würde ich bei meiner Mutter einfallen. Doch nun war es Zeit zu gehen und die Gerüchte ihre Runde ziehen zu lassen. Der Abend war ja noch früh, da könnte man sich hier in dieser Gesellschaft noch einige Märchen erzählen.

Für uns aber war erst einmal Feierabend.



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