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Einsamkeit

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Einsamkeit

Dass Ostern kurz vor der Tür steht wird Yusuf erst klar, als Eames mit einem Schokohasen im Gepäck bei ihm Halt macht. Auch, wenn Yusuf sich die Frage verkneifen muss, warum es ausgerechnet Schokolade sein muss – die Temperaturen klettern immerhin schon seit Wochen beharrlich auf über dreißig Grad – so machen nun auch die Nachfragen seiner Träumer mehr Sinn. Viele von ihnen wünschen sich für die nächsten Tage Familienszenarien. Er ist zwar selbst nicht gläubig, aber Yusuf kann sie verstehen. Viele von ihnen haben keine lebenden Angehörigen mehr, und wer will an einem Feiertag denn schon allein sein?

„Jetzt pack den Hasen schon in den Kühlschrank“, wendet er sich mit einem Augenrollen an Eames, der ihn immer noch mit einem leicht schelmischen Grinsen anschaut. „Sonst sieht er bald nicht mehr aus wie einer.“

Tatsächlich scheinen die Ohren unter der Verpackung schon ein wenig einzusacken, was Eames zum Anlass nimmt, der Bitte tatsächlich Folge zu leisten. Als er mit zwei Flaschen Bier zurückkehrt weiß Yusuf, dass Eames nicht wegen eines Auftrags da ist. Augenblicklich scheint eine Last von ihm abzufallen. Aufträge von Eames bedeuten zwar Geld, meistens aber auch ein Risiko. Und gerade sind Yusuf Ruhe und Entspannung bedeutend lieber.

„Du wolltest doch sowieso bald schließen“, sagt Eames und streckt ihm ein Bier entgegen. Mit einem Seufzen nimmt Yusuf ihm die Flasche ab.
 

„Und, was hast du für die Feiertage geplant?“

Sie sitzen auf dem Dach des Gebäudes, in dem sich seine Apotheke befindet, und beobachten das Treiben auf den Straßen Mombasas unter ihnen.

Yusuf dreht die nun angebrochene Bierflasche in seinen Händen und zuckt mit den Schultern. Für sich hat er nicht wirklich etwas geplant. Vermutlich wird sein Ostern so ablaufen, wie es das sonst auch immer tut: Er wird den Fernseher anschalten, durch die Programme zappen und sich gemeinsam mit seinen Katzen und einem kühlen Getränk ein paar ruhige Tage gönnen.

Für seine Träumer allerdings …

„Ich werde wohl einen speziellen Traum für die Träumer vorbereiten. Du weißt schon, mit Familienfeiern und dem ganzen Drumherum.“

Eames nickt, sein Blick scheint mit einem Mal nicht mehr auf die Stadt unter ihnen gerichtet zu sein, er wirkt abwesend. Plötzlich fragt sich Yusuf, wann Eames seine Familie das letzte Mal gesehen hat. Ob es so lange her ist wie bei ihm?

Er traut sich nicht, die Frage zu stellen. Ja, er würde sie als Freunde bezeichnen. Jedoch ist es in ihrem Beruf nicht üblich, sich großartig über Familien auszutauschen oder überhaupt großartig Details über sein Leben vor dem Einstieg ins Traum-Sharing-Geschäft preiszugeben. Außer natürlich, man heißt Dominick Cobb. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

„Und was sind deine Pläne?“

Seine Frage scheint Eames aus seinen Gedanken zu reißen.

„Ich habe ein Jobangebot, das ganz interessant klingt. Damit dürfte ich beschäftigt sein.“

Yusuf nickt. Dass Eames sich in Arbeit versenken will, spricht nicht unbedingt dafür, dass er ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat. Es kann natürlich auch sein, dass sie nicht mehr leben, aber …

Da ist etwas in Eames Augen, was ihn beunruhigt. Es erinnert ihn an die Augen seiner Träumer, an diejenigen, die nach den Familienfeiern gefragt haben. Einsamkeit, das ist es, was er sieht. Und die Vorstellung behagt ihm ganz und gar nicht. Yusuf weiß, er muss etwas tun. Oder besser gesagt: Er will etwas tun. Und wenn die Einsamkeit nur einen Moment aus Eames Gesicht verschwindet …

Yusuf räuspert sich, einen Versuch ist die Idee allemal wert, die ihm gerade durch den Kopf geschossen ist.

„Sag mal, hast du vor dem Auftrag zufällig Zeit, einen Traum für mich zu testen?“



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