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It's about to be legendary

Von Legenden und Helden
von
Koautor:  rotes_pluesch

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Ungesehen

Kapitel 4
 

Aaron

Die Nacht selbst verlief ruhig und Aaron konnte erstaunlich gut schlafen. Im Schlaf hatte er sich die Decke höher gezogen und sich fest darin eingeschmiegt. Der nächste Morgen begann dann noch recht entspannt, wurden sie doch von den anderen und den langsam erwachenden Vögeln ihrer Umgebung geweckt. Wenn Aaron ehrlich war, so war er an dem Morgen überrascht gewesen, dass Merthin ebenfalls im Zelt geschlafen hatte. Immerhin war es auch Aaron gewohnt, stets alleine ein Zimmer zu bewohnen und jemanden mit in seinem Gemach oder gar mit in seinem Bett schlafen zu lassen, war undenkbar. Im Nachhinein war er sogar etwas zu sorglos gewesen, sich einfach schlafen zu legen und nicht dabei vergessen zu bedenken, wo er hier war. Doch irgendwie hatte er sich hier inmitten aller so gar nicht bedroht gefühlt und hatte deshalb schlafen können ohne Sorge zu haben, im Schlaf attackiert zu werden. Dabei war das immer das, wovor die königlichen Geschwister immer gewarnt worden waren, erstrecht vor Wandervolk. Aaron konnte nun behaupten, nicht solch schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, wie immer gepredigt wurde.

Sie hatten noch Zeit für ein kleines Frühstück, dann mussten sie bereits alles wieder zusammenpacken, wobei Aaron wieder mithalf. Das war das mindeste, was er für die Leute hier tun konnte. Schließlich hatten sie ihm mehr gegeben, als Aaron ihnen als Prinz hätte geben dürfen. Letztlich war alles in Windeseile geschafft und die Fahrt konnte weitergehen. Wieder saß Aaron im Wagen zusammen mit Merthin und seiner Mutter und Oma. Jetzt würde es nicht mehr weit bis nach Manjak sein.

Recht plötzlich konnte man spüren, wie die Wagen abgebremst wurden und schließlich anhielten. "Was ist los?", fragte Sarah und sprang kurzerhand auf, öffnete die Tür des Wagens und blickte hinaus. Sofort schloß sie die Tür so geräuschlos sie blickte die anderen Insassen des Wagens erschrocken an. "Soldaten", sprach sie und öffnete die Tür wieder, um zuzuschauen, wie ein ganzer Trupp dieser Rüstungsmänner vor dem Leitwagen stand und der Kommandant der Einheit mit Falk sprach. Im nächsten Moment ertönte ein Vogelruf. Einer der Kollegen hatte ihn zur Warnung aller gepfiffen.

Aaron wurde zusehends unruhiger. Da waren Soldaten? Soldaten der königlichen Streitmacht? Wenn die ihn hier fanden, waren diese Leute geliefert, egal was Aaron sagen würde. "Ehm..", murmelte Aaron etwas nervös, ehe er sich von seinem Platz erhob. "Entschuldigt, aber ich würde es vorziehen, nicht von den Soldaten gefunden zu werden", sprach er nun klarer. Aaron verzichtete auf weitere Erklärungen, um sich nicht am Ende noch darin zu verstricken. "Ich schaffe es von hier auch alleine zur Stadt, es dürfte ja nicht mehr weit sein", fügte er hinzu und blickte Merthin an. "Ihr sagtet, ich solle einfach dem Weg folgen?", griff Aaron das nochmal auf, denn gestern hatte der Blonde auch gesagt, dass er die nächsten Stadtmauern erreichen würde, wenn er dem Weg folgen würde. Das meinte Aaron nicht einmal als Anspielung, sondern als ernst gemeinte Wegbeschreibung. Der Prinz kannte sich gar nicht auf den Wegen aus, hatte sich auch nie damit beschäftigen müssen.

Noch ein Pfiff als Vogelruf getarnt ertönte und sollte den Mitgliedern des Trupps sagen, das die Soldaten nun näher kamen. Sarah schaut aus dem Wagen und sah die Soldaten bei den ersten Wagen anfangen, diese zu durchsuchen. Falk versuchte schon sein Bestes mit seinen Redekünsten die Soldaten abzubremsen, sie abzulenken, wollte er schließlich auch nicht, das dass Aaron unter ihnen gefunden wurde. Marie war dann wortlos aufgestanden und hatte zwei Umhänge hervorgezogen. Wo auch immer sie die nun her hatte. Sie legte jeweils Aaron und auch Merthin einen um die Schultern, nickte ihrem Enkel dann wissend zu. Die Umhänge waren von besonderem Material, sodass sie in entscheidenden Situationen nicht entdeckt werden würden. Das dies auch Merthin als Lösung einfallen würde, war ihr klar gewesen, denn es war die einzig richtige Lösung.
 

Merthin

Sie brachen bald auf. Wirklich ausgeschlafen hatte er nicht, aber sie würden nicht lange nach Manjak brauchen. Wenn ihr festes Lager später aufgebaut war, könnte er noch eine Runde schlafen, bevor er sich in das Nachtleben stürzen würde, um mit seinen Freunden ein wenig zu feiern. Und vielleicht ergab sich ja auch die Möglichkeit, mal wieder außerhalb des Lagers die Nacht zu verbringen… Seit er vergangene Nacht mit seinen Gedanken in diese Richtung gewandert war, hatte er das dringende Bedürfnis nach körperlicher Nähe verspürt. Und wenn er schon mal dafür Zeit haben würde, musste er es ausnutzen. Der Jahrmarkt, dem sie in Manjak beiwohnen würden, wurde erst in zwei Tagen eröffnet.

Merthin saß zunächst auf dem Kutschbock bei Monty, aber als seine Mutter meinte, sie wolle noch einmal Teile der Show besprechen, ließ er sich durch die Plane in den hinteren Teil des Wagens gleiten. Gemeinsam besprachen sie den Ablauf und gingen andere organisatorische Dinge durch. Marie strickte vor sich hin und schien sehr zufrieden mit allem zu sein. Am Morgen hatte sie ihn bereits abgepasst und er hatte ihr erzählt, dass Aaron die Male tatsächlich hatte lesen können. Sie hatten nicht viel Zeit gehabt, aber seine Oma hatte sich sehr für ihn gefreut, dass er in seinen Recherchen weitergekommen war. Bald würden sie weiter darüber reden können. Aber vor Aaron ging das nicht. Obwohl Merthin das dringende Bedürfnis hatte, mit seiner Großmutter über das Erfahrene zu diskutieren und zu überlegen, was aus dem gewonnen Wissen resultieren könnte.

Als der Wagen stoppte, blickte Merthin irritiert auf. Wieso waren sie stehen geblieben. Auf die Frage seiner Mutter kam nur ein „Keine Ahnung!“ von Monty, wobei man hörte, dass er die Bremse des Wagens festzog. Merthin lauschte, während seine Mutter hinausging, um nachzusehen. Und als sie zurückkehrte, wusste auch er schon, was los war. Man hörte die Rüstungen, die schweren Pferdehufe, hörte Rufe und neben dem Gemaule einiger anderer hörte er auch seinen Vater mit dem Befehlshabenden diskutieren. Was sie wohl suchten? Unwillkürlich fiel sein Blick auf Aaron. Als er sah, dass dieser nervös wurde, stutzte Merthin. Suchten sie am Ende ihn? Wer war er und was hatte er angestellt? In dem Moment, als er die Frage sich dachte, merkte er, dass er schon wieder so misstrauisch war. Vielleicht war es ja auch eher so, dass sie von dem Überfall mittlerweile wussten und schauten, ob sie Gefangene dabei hätten… Als Aaron sagte, er wollte lieber nicht gefunden werden, regte sich sein Misstrauisch aber vehement wieder. Wie sollte der andere denn jetzt untertauchen?! Machte er das wegen sich selbst, oder für sie?

„Du und allein?“, fragte Merthin etwas ungläubig. „Bei allem Respekt, aber du siehst einfach nicht so aus, als könntest du eben mal allein durch den Wald laufen… Wenn dich die Soldaten nicht finden sollten, ist ‚einfach dem Weg folgen‘ wohl nicht die klügste Entscheidung, was?“ Er dachte einen Moment nach, als seine Großmutter aufstand und die Umhänge holte. Na klar! Darauf hätte er selbst ja auch kommen können! Aber wieso zwei? Als sie ihm den Mantel umlegen wollte, hob er etwas überrascht die Augenbrauen. Na gut, dann spielte er halt noch einmal den Babysitter… Der Blick seiner Großmutter sprach Bände und er nickte nur. „Die alte Wasserschleuse…“, erklärte er und stand auf. Er griff in eine Truhe, holte ein Kurzschwert und einen Dolch heraus. Der Dolch verschwand in der Halterung an seinem Stiefel, das Schwert schnallte er sich um seinen Oberkörper, so dass er ihn am Rücken unter dem Mantel versteckt hatte, aber leicht würde herausziehen können. Dann erst legte er den Mantel um, der sie von der Farbe her im Wald gut vor neugierigen Blicken würde schützen können. „Lenkt ihr sie schnell ab? Ich bringe ihn sicher nach Manjak! Wir treffen uns dann später wieder...“

Ohne weitere Erklärungen, stiegen Marie und Sarah aus. „Warum halten wir?“, fragte Sarah laut und stützte Marie, die tat, als sei sie sehr alt und gebrechlich. Sie hustet stark. „Meine Mutter hat den schwarzen Husten und sie muss zum Arzt!“ Merthin deutete Aaron, ihm zu folgen. Er spähte aus dem Wagen, trat hinaus, und gemeinsam huschten sie in den Wald, in dem sie alsbald im Halbdunkel und zwischen dem Gebüsch nicht mehr zu sehen waren. Der kurze Blick eben hatte ihm gereicht, sich zu orientieren. Sie waren wirklich nicht weit entfernt von Manjak, in einer guten Stunde hätten sie die Stadt erreicht.

Merthin lief zügig und leise, blickte sich immer wieder um, ob Aaron ihm folgte und natürlich, ob ihnen sonst auch keiner folgte. Bald drosselte er etwas das Tempo. Es hatte sie vermutlich niemand bemerkt und sie waren weit genug vom Ort des Geschehens entfernt. Dann musste Aaron wenigstens nicht so rennen. „Jetzt musst du mir aber schon verraten, weshalb du dich vor den Soldaten versteckst“, sagte er leichthin. „Hast du was angestellt?“ Merthin merkte, dass er schneller gesprochen als gedacht hatte."Ich glaube, ich möchte es gar nicht wissen...", fügte er daher hinzu. Es wäre besser gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. "Hast du gut schlafen können?", fragte er stattdessen. Sie würden noch ein wenig unterwegs sein, bis sie zum Eingang in die Kanalisation Manjaks kämen. Dort führte ein Tunnel in eine Wassersystem unter der Stadt, das früher besser genutzt worden war, das aber marode geworden war, weil es nicht in Stand gehalten wurde. Der König gab dafür keine Gelder aus, wodurch die einst so fortschrittliche Konstruktion nicht mehr repariert wurde. Und Merthin überlegte schon jetzt, wie er Aaron in die Stadt bringen würde und danach ungesehen verschwinden könnte, um ja nicht mit ihm gesehen zu werden.
 

Aaron

Es verwunderte Aaron von Merthin eine kleine Rüge zu erhalten dafür, dass er vorgehabt hatte, alleine die Soldaten zu umgehen. Gestern noch hätte dieser den Prinzen einfach im Wald stehen gelassen, einzig mit der Information, den Weg zu verwenden, und heute traute er ihm das nicht mehr zu. Auch wenn er Recht damit hatte, dass der Brünette alleine nicht weit kommen würde, so war das gestern doch auch schon so gewesen. Vielleicht traf diese Aussage von Merthin aber auch einen wunden Punkt bei Aaron, da er gestern ganz direkt vor Augen geführt bekommen hatte, dass er alleine nicht so ohne Weiteres zurecht käme, aber eigentlich wollte der Prinz nicht so abhängig sein vom Adelshaus und deren Annehmlichkeiten. Merthin das so direkt sagen zu hören, ärgerte ihn deshalb ein wenig. Aber Aaron wäre nicht gut erzogen, wenn er zeigen würde, das ein wunder Punkt von ihm getroffen worden war, Schwäche zeigen ging nämlich eigentlich gar nicht. Das dürfte auch der Grund sein, warum sich Aaron nun besonders gerade hinstellte und die Arme vor der Brust verschränkte. Bevor er sich aber dazu durchringen konnte, eine schön ausformulierte Konterantwort zu geben, schien bereits entschieden worden zu sein, welche Möglichkeit die bessere wäre und auch, dass Merthin ihn dorthin führen würde. Dieser bewaffnete sich zu Aarons kleinem Entsetzen und bat die Frauen eine Ablenkung zu spielen. Schnell zog sich Aaron den Umhang enger um die Schultern und die Kapuze weit ins Gesicht, während er Merthin schließlich zum Wageneingang folgte. Er bewunderte die beiden Frauen, wie sie ohne Widerworte dabei halfen, dass sie beide ungesehen würden entkommen können. Dabei hatte bisher keiner von ihnen gefragt, warum Aaron unentdeckt bleiben wollte. Der Prinz war dankbar dafür, hätte er doch eh keine passende Antwort spontan parat gehabt, dafür war er auch gerade viel zu aufgewühlt.

So leise und so schnell Aaron konnte folgte er Merthin aus dem Wagen und lief etwas geduckt hinter ihm her. Es war ein bisschen schade, dass Aaron sich nicht mehr bei Falk Rosario würde bedanken können, aber vielleicht könnte Merthin später seinen Dank an dessen Vater ausrichten. Momentan hatte er aber ein kleines anderes Problem, nämlich die Tatsache, dass Merthin wesentlich zügiger laufen konnte. Zwar konnte Aaron mithalten, aber das höchstwahrscheinlich nur, weil der Blonde auch darauf achtete. Eine kleine Weile lief Aaron zügig mit, merkte aber bald, dass seine Beine es einfach nicht gewohnt waren, lange zu laufen, dennoch versuchte er nicht abzufallen. Dafür war er aber auch bald aus der Puste, als Merthin schließlich langsamer wurde und sie demnach wohl aus dem gefährlichsten Gebiet raus waren. Sie hatten sich weit vom Weg entfernt und Aaron fragte sich, woher er diesen Weg nur hätte wissen sollen, noch ein Punkt mehr auf seiner Liste, wofür er Merthin noch alles danken musste. Jedoch waren sie noch nicht in der Stadt, weshalb der Prinz auch noch nicht aufatmete.

Und dann stellte Merthin diese schwierige Frage doch. Schlimmer noch, er verdächtigte ihn sogar, etwas angestellt zu haben! Aber Aaron konnte ihm das nicht verübeln. Aaron hatte selbst dafür gesorgt, dass er es nicht wissen konnte und dabei sollte es auch bleiben. Von daher war es gut, dass sich Aaron nicht weiter erklären musste. Zufrieden war der Prinz aber dennoch nicht damit, dass Merthin nun dachte, er sei ein Gesetzloser. Er wollte, dass der Blonde einen weitestgehend guten Eindruck von ihm hatte, nicht nur weil er als Prinz darauf angewiesen war, dass das Volk, zu welchem Merthin ja auch zählte, ihn mochte, sondern auch auf persönlicher Ebene war dies dem bBünetten irgendwie wichtig. 'Eigene Sicherheit und Lügen geht über Freundschaft', dieser Satz hallte in diesem Moment in Aarons Kopf wider. Nach diesem Leitsatz zu handeln müsste bedeuten, dass sich Aaron eigentlich freuen sollte, dass Merthin seine Frage zurückgezogen hatte, und das brachte ihn in eine kleine Zwickmühle. "Ich wollte Euch und Eure Familie nicht mit reinziehen, Ihr seid gute Leute", war es Aaron wichtig zumindest das klar zu stellen. Aaron bräuchte keine Befürchtung vor den Soldaten zu haben, nur die Schausteller wären in purer Lebensgefahr und das hatte keiner von ihnen verdient.

Die nächste Frage war da schon wesentlich angenehmer. "Das habe ich wirklich. Ich hoffe, meine Anwesenheit hat Euch nicht gestört?", antwortete Aaron und wollte dabei gleich die Chance ergreifen zu erfahren, ob Merthin auch gut hatte schlafen können, obwohl sie sich das Zelt hatten teilen müssen. Aaron hatte bereits dazu angesetzt, diese nette Unterhaltung fortzuführen, doch war ihm dann, als hätte er Rascheln im Gestrüpp in der Nähe gehört. Da es hier im Wald auch Tiere gab, schob Aaron einem von diesen die Schuld an diesem Geräusch zu, was ihn kurz wieder beruhigte. Nur einen Wimpernschlag später vernahm Aaron jedoch die typischen Geräusche von maschierenden Soldaten, was man immer sehr gut an den klappernden Rüstungen und den Schwertern hörte, die bei jedem Schritt gegen die Rüstung stießen. Sogleich duckte sich der Prinz mehr, versuchte näher zu Merthin aufzuschließen und suchte mit den Augen die Soldaten, die irgendwo in der Nähe sein mussten. Das kam dem Brünetten seltsam vor, immerhin befanden sie sich gar nicht mehr in der Nähe des Weges, sondern mitten im Wald irgendwo vor der Stadt. Wenn die königliche Streitmacht bereits fernab der Wege durch die Wälder striff, mussten sie wirklich ernsthaft auf der Suche sein und das war durchaus ein Grund zur Sorge. "Merthin...", flüsterte Aaron den Namen seines Begleiters, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er Soldaten gehört hatte. Es fiel Aaron erstaunlich leicht den Vornamen des Blonden zu verwenden. Wenn es höfisch und regelkonform zugehen sollte, hätte Aaron ihn neben dem 'Ihr' auch mit seinem Nachnamen ansprechen müssen. Dass er dennoch von Anfang an den Vornamen verwendet hatte, war für adlige Verhältnisse schon recht persönlich.

Fast in genau dem Moment, als Aaron den Namen ausgesprochen hatte, tauchte einer der Soldaten nahe der Baumgruppe auf, hinter dem sie entlang geschlichen waren. Aaron erschrak ein bisschen und setzte dadurch einen recht unbedachten Schritt, wodurch ein Ast unter seinem Fuß mit einem fiesen Knackgeräusch nachgab und dann zerbrach. Sogleich ruckte der Kopf des Soldaten in die Richtung, aus der das Knacken gekommen war, allerdings sah er nur das Gebüsch, hinter das sich Aaron reflexartig hatte fallen lassen und in seinem Schreck auch gleich Merthin an der Kleidung mit runter gezogen hatte. Die Umhänge leisteten nun hervorragende Arbeit, in dem sie die beiden Träger gut in dem Gebüsch tarnten. Aarons Herz schlug ganz aufgeregt und nervös, solange der Soldat in ihre Richtung starrte, doch schließlich wandte er sich ab. "Verdammte Ratten...", murrte der Mann in Rüstung mit einer sehr tiefen Stimme und klapperte davon. "Sind wahrscheinlich aus den Wagen der Narren vom Wegesrand ausgebüchst. Sollen ihre Haustiere von den Städten fernhalten..", sprach der Mann weiter sehr grummelig und beleidigend anscheinend mit sich selbst. Soldaten waren manchmal nicht besser als Adlige. Das musste am Umgang liegen, aber so frech hatte Aaron noch keinen in seiner Nähe sprechen hören. Aus Angst doch noch entdeckt zu werden, blieb der Prinz am Boden und wartete auf ein Zeichen von Merthin, dass es sicher wäre weiterzuziehen. Ohne es gemerkt zu haben, vertraute Aaron dem Feuermagier gerade blind, denn das fühlte sich so unendlich richtig und natürlich an.
 

Merthin

Merthin hatte vorhin gemerkt, dass sein etwas schnippischer Kommentar hinsichtlich des „Ich kann mich alleine durchschlagen!“ den anderen getroffen hatte. Aber er fühlte sich im Recht! Wenn er nicht erwischt werden wollte – warum auch immer – dann sollte er nicht einfach so Hals über Kopf losziehen. Gestern zumindest hatte er ja so getan, als wüsste er gar nicht, was er tun sollte - allein im Wald. Merthin musste ihn davor bewahren, Dummheiten zu machen! Schließlich würde das doch alles nur auf sie zurückfallen, wenn etwas schiefging. Und wer wusste schon, ob der andere nicht doch noch sich als doppelgesichtiger Adeliger erwies, der die Soldaten auf sie hetzte – und vermutlich vor allem auf ihn, weil er sich die ganze Zeit nicht die Mühe gemacht hatte, den anderen als etwas Besseres zu behandeln. Und vielleicht – aber wirklich nur vielleicht! – machte er sich auch ein wenig Sorge um den anderen, der ihm doch unwissender Weise so viel geholfen hatte. Und so hatte er vorhin die Körpersprache des anderen übergangen – nahm dafür aber die Frage nach den Beweggründen zurück. Er sah, dass der andere nicht nur nach Atem rang, sondern auch mit Frage haderte. Und als er doch eine Antwort hab, war sie sehr ausweichend und nichtssagend. Nicht hineingezogen werden – in was auch immer – reichte Merthin aber. Es war ok. Was auch immer der Hintergrund war, es war wirklich gut, dass jedes Verdachtsmoment von ihnen abgelenkt worden war. Wenn die Soldaten wegen dem Hinterhalt auf den Plan gerückt waren, dann durften sie nichts riskieren. Falk würde sicher erklären, dass sie mit der verlassenen Kutsche am Wegesrand nichts zu tun hatten. Und vermutlich würden die Soldaten dennoch alles nach den gestohlenen Waren absuchen, aber eben nichts finden… Hätten sie den einen Insassen dabei, würde ihnen niemand glauben und sie würden vermutlich alle hängen – je nachdem wie wichtig die Insassen der Kutsche waren.

Insofern gab er sich mit der Antwort zufrieden. Manchmal war Unwissenheit einfach sicherer. Und so freute er sich einfach zu hören, dass der andere gut geschlafen hatte. Doch etwas irritierte ihn dann. Ein Geräusch, etwas, das den Wald aufscheuchte und einen Vogel geräuschvoll aufflattern und schimpfen ließ. Er wollte etwas sagen, aber was auch immer sich ihnen näherte war schon zu nahe. Wieso war er so unaufmerksam gewesen? Sein Herz begann zu pochen, seine Sinne waren geschärft und sogleich spürte er das Brennen unter seinem Hemd und Mantel, das seine Male verriet, die erschienen waren. Er war stehengeblieben und hatte sich zu Aaron umgedreht. Nun legte er den Finger auf die Lippen, als er hörte, dass Soldaten… nein, ein Soldat in der Nähe war. Aaron schloss zu ihm auf und Merthin zog ihn mit sich hinter eine Baumgruppe mit Hecken, die ihnen erst einmal zusammen mit den Mänteln Schutz geben würde.

Als er seinen Namen hörte, blickte er in das klare Blau des anderen. Er hatte ihn bei seinem Vornamen genannt, kam ihm gerade in den Sinn. Aber er verwarf den Gedanken sogleich. Sie waren in Gefahr, da sollte man nicht über solche Dinge nachdenken… Und so hörte dann schon das Schnaufen direkt neben ihnen. Unvermittelt legte er dem anderen die Hand auf den Mund, damit er nicht weitersprach. Dafür machte Aaron allerdings einen Schritt zu viel und in einer nächsten Bewegung fiel er ihm halb in die Arme, klammerte sich an seine Kleidung und Merthin fing ihn reflexartig auf, den Mantel hebend, den er schützend über sie beide fallen ließ, während er den anderen mit zu Boden nahm, wo er ihn an sich zog und sich versuchte nicht mehr zu rühren. Die Berührung mit dem anderen löste wie schon am Tag zuvor eine heftige Reaktion aus. Seinen Körper durchströmte eine Kraft, die sich in zwei Malen zu bündeln schien, dem Mal der „Stärke“ und dem Mal an seinem Rücken, dessen Bedeutung er später als „Sicherheit“ kennenlernen würde. Es schien, als atmeten sie nicht mehr, während der Soldat mit sich selbst sprach und in ihre Richtung sehen musste. Merthin löste vorsichtig eine Hand und legte sie so, dass er jederzeit sein Schwert ziehen könnte, wenn es notwendig werden würde. Doch der Soldat schien sie wirklich nicht zu sehen.

Sie verharrten in der Position noch eine Weile, obwohl die schweren Schritte und das Gemurmel nicht mehr zu hören waren. Als Merthin den Kopf wieder etwas drehte und Aaron ansah, musste er schmunzeln. „Ich glaube er ist weg“, sagte er leise und seine Stimme klang ungewohnt rau und dunkel. „Schon seltsam, dass du dich gestern beschämt weggedreht hast, als ich mir mein Hemd gewechselt habe, und mir heute gleich um den Hals fällst.“ Seine Augen leuchteten auf, während das Schmunzeln um seinen Mund breiter wurde. „Du riechst gut“, stellte er fest. „Aber ein wenig schmächtig, wenn ich das sagen darf…“ Bevor der andere ihm für seine Frechheit eine verpassen könnte – machten Adelige das nicht so? – entließ er ihn aus seiner Umarmung und richtete sich auf, Aaron die Hand hinstreckend, um ihn hochzuziehen. „Komm!“, sagte er. „Wir müssen uns beeilen, nicht dass noch mehr kommen.“ Er zog den anderen mit hoch und ohne es wirklich zu merken, ließ er die Hand nicht mehr los, während er sie durch den Wald führte.
 

Aaron

Es war reiner Reflex gewesen, der Aaron dazu gebracht hatte, sich derartig an Merthin zu werfen und sich an dessen Kleidung festzuhalten. Doch spätestens, als Merthin ihn auffing und sie unter dem Mantel verschwanden, verflog sämtliche Sorge deswegen. Stattdessen entstand ein starkes Gefühl der Geborgenheit und sicher klopfte sein Herz jetzt nicht nur wegen dem Schreck eben etwas schneller. Merthins Wärme und Stärke ergriff auch Aaron und entflammte dadurch intensiver, was auch wieder ein blaues Leuchten zur Folge hatte. Allerdings waren sie sich gerade so nahe, das Merthin selbst das Licht verdeckte.

Erst als die unheimlichen Geräusche des Soldaten in immer weitere Ferne rückten, seufzte Aaron tonlos und lehnte seine Stirn einen winzigen Moment nach vorn, direkt an Merthins Brust. Das angenehme und immer wiederkehrende Klopfen seines Herzschlages hätte Aaron fast dazu gebracht seine eigene Nervösität zu vergessen. Erst als Merthin mit ungewohnt rauer Stimme zu sprechen begann, schaute Aaron auf und blickte mit hoch gezogenen Augenbrauen in die beiden leuchtenden Bernsteine. Seine Stimmlage verpasste seinen Worten noch den letzten Schliff, sodass es Aaron augenblicklich die Röte ins Gesicht schießen ließ. Nein, eigentlich durfte Merthin das nicht sagen, aber er tat es trotzdem und das auch noch unverschämt anziehend. Nach der Etikette hätte Merthin nun mehr als nur eine Ohrfeige verdient, immerhin sprach er nicht nur unverschämte Worte, sondern kritisierte auch sein Aussehen ein bisschen und die allergrößte Frechheit war, dass er Aaron in Verlegenheit brachte. Man brachte Adlige nicht so sehr in Verlegenheit, dass sie keine Worte mehr fanden, um ihrer Empörung angemessen Ausdruck zu verleihen! Bei Aaron traf fast alles zu. Er war empört, beschämt, in schwere Verlegenheit gebracht, sprachlos und gleichzeitig doch auch so unfassbar angezogen, dass Aaron schon selbst gar nicht mehr wusste, welche Emotion bei ihm nun überwog. Dieser Mann war einfach nur unglaublich.

"Das war kein 'um den Hals fallen', ich... ich musste doch... Also, ich meine, sonst hätte man uns gesehen!", versuchte sich Aaron mit leiser und gedrückter Stimme rauszureden. Er schluckte dabei schwer und versuchte erstmal wieder zur Ruhe zu kommen. Dass ihn das so aus der Bahn werfen könnte, hätte Aaron nicht erwartet, aber er hatte ja auch noch nie sowas gesagt bekommen. Schon gar nicht zusammen liegend auf einem Waldboden und mit diesen leuchtenden Augen. Ohne Merthin eine Ohrfeige zu verpassen oder auch mehr dazu zu sagen, ließ er sich aufhelfen und behielt die Hand des anderen einfach fest in seiner eigenen. Daran gab es nichts Seltsames oder Merkwürdiges, es war natürlich und bedurfte auch keinerlei Kommentar.

Sie setzten ihren Weg fort und Aaron konnte spüren, wie die ganze Zeit impulsartig Kraft von Merthin über ihre verbundenen Hände zu ihm rüber strahlte. Der Prinz konnte dadurch wesentlich ausdauernder und auch schneller laufen.
 

Merthin

Die Überraschung, die Aaron in die Augen trat, als er ihn ansah, ließ Merthin schmunzeln. Als jenem dann die Röte ins Gesicht stieg, war auch Merthin ein wenig überrascht, was das Schmunzeln zum Glück überspielte. Und als Aaron versuchte sich zu verteidigen, musste Merthin lachen. „Ja, das hätte man – vielleicht“, erklärte er und schüttelte innerlich den Kopf. Offenbar hatte er den anderen ganz schön aus dem Konzept gebracht. Aber besonders empört schien er nicht zu sein. Merthin wusste, dass er eine Grenze überschritten hatte, und dafür auch ziemlich großen Ärger bekommen könnte. Aber irgendwie war ihm das gerade nicht wirklich wichtig. Jetzt lief er lieber mit dem anderen an der Hand durch den Wald und schmunzelte vor sich hin. Und irgendwie kamen sie so schneller voran als zuvor.
 

Sie erreichten nach einer Stunde den Eingang zu den unterirdischen Kanälen. Erst jetzt ließ er den anderen wieder los, um Gestrüpp und ein Gitter zur Seite schieben zu können. Er griff zu einem dickeren Ast, riss von seinem Hemd ein Stück Ärmel ab und band es um den Stock. Mit einer Handbewegung entfachte er Feuer, dann betraten sie den Tunnel.

Er kannte den Weg durch das Labyrinth gut. Sie waren oft in Manjak, denn die Stadt war für die Rebellen ein wichtiges Zentrum. Hier hatte König Corvo die Ausbildungsstätte seiner Soldaten und die Anwesenheit der Ritter war enorm. Umso weniger glaubte man daran, dass dort ein wichtiger Knotenpunkt für sie war. Sicher, es war teilweise aufwändig, sich auszutauschen, aber gerade die Kanalisation machte ihnen vieles leichter. Sie schwiegen, während sie hindurchliefen. Einzig ihre Schritte hallten und man hörte die Mäuse und Ratten, die sich hier unten wohl fühlten. Dass es nicht unbedingt nach Rosen roch, muss vermutlich nicht erwähnt werden. Merthin hoffte darauf, dass Aaron – wem auch immer er später begegnen würde – eine passende Erklärung würde liefern können, wenn er nach Kloake roch. Ansonsten hätten sie ein ernsthaftes Problem, was ihre Kommunikation in der Stadt betraf. Und eines wusste Merthin für sich sicher. Er würde nachher noch das Badehaus aufsuchen, bevor er zu den anderen zurückkehrte und heute Abend durch die Kneipen ziehen würde.

Als sie schließlich aus einem Schacht nach oben kletterten, befanden sie sich in einer dunklen Gasse neben der hohen Mauer der Burg, in der die Ritter und Soldaten ausgebildet wurden. Merthin blickte Aaron einen Moment unschlüssig an. Es war ein seltsames Gefühl, schon dort unten gewesen. Ein Gefühl, als wäre das hier falsch. Merthin konnte es nicht beschreiben. Aber er hatte seine Pflicht erfüllt und den anderen sicher hierher gebracht. Mehr war nicht verlangt gewesen. „Hier ist die Burg, ich hoffe, das hilft Euch weiter“, sagte er nun höflich. Jetzt war der andere wieder in dessen Welt und nicht mehr in der seinigen. Und vielleicht schützte ihn die Distanz, die er damit aufbaute, auch vor dem seltsamen Gefühl in seinem Inneren. „Es war mir eine Ehre, Euch kennenzulernen und euch Geleit zu sein. Danke für die Hilfe, die Ihr mir zuteilwerden ließet. Vielleicht begegnet man sich ja noch einmal – bekanntlich trifft man sich immer zweimal im Leben.“ Er lächelte leicht und drehte sich, um zwischen den Häusern zu verschwinden, bevor sie noch gesehen werden würden. Er sollte gehen, schnell!
 

Aaron

Als sie an ihrem Ziel, einer Art unterirdischem Kanal, ankamen, war Aaron gar nicht aus der Puste, sondern beschwingt und mit noch genügend Energie, um Merthin dabei zu helfen, das Gitter zur Seite zu räumen. Wieder nutzte Merthin seine Magie, aber diesmal sprach Aaron ihn nicht darauf an, da er sicherlich wieder seine Feuersteine in der Tasche hatte, mit denen er sich erklären würde. Daher genoss Aaron eher das Licht des magisch erzeugten Feuers und folgte dem Blonden durch das Labyrinth. Gern hätte Aaron gefragt, woher Merthin den Weg durch dieses Labyrinth so gut kannte, doch spürte er, dass es hier sehr unklug war zu sprechen. Es hallte hier und selbst das piepsen der Nagetiere war durch viele Kanäle hindurch zu hören. Unterwegs hielt sich Aaron angewidert die Nase zu und hielt den Kopf soweit oben wie er konnte, als ob die Luft weiter oben angenehmer riechen würde. Die Tatsache, dass sie teilweise durch das stinkende Abwasser durchwaten durften, machte die Sache nicht besser. Auch Aaron wollte dringend als erste Handlung ins Bad. Natürlich in eine große Wanne nur für sich alleine, kein Gemeinschaftsbad oder gar öffentliches Baden an einem Fluss. Gewiss würde er dort nur voll bekleidet in einer schattigen Ecke stehen und sich die Augen zuhalten. Wäre also nicht sonderlich produktiv.

Angestrengt kletterte Aaron Merthin hinterher an die Oberfläche, wo es nicht so viel besser roch als in der Kloake unter ihnen. Sie standen in einer dunklen Gasse hinter einer Kaserne, das Ziel seiner kleinen Reise mit Merthin. Jetzt, wo sie hier standen und dem Prinzen bewusst wurde, dass dies der Abschied bedeutete, überkam ihm der Drang, dieses Ende noch hinauszuzögern. Aaron erwiderte den Blick und biss sich dann gar leicht auf die Lippen, als Merthin dann sprach. Jetzt wandte auch er die korrekte Sprachweise an und irgendwie war es ein verdammt fremdes Gefühl. Warum war das so? Aaron war es gewohnt, nur so zu sprechen und auch nur so angesprochen zu werden. Wieso mochte er es aus Merthins Mund nicht hören? Kurz räusperte der Prinz sich, stellte sich angemessen hin, hielt einen Arm angewinkelt über seine Körpermitte, nutzte die zweite Hand, um sie auf Schulterhöhe in die Luft zu heben. Eine höfliche Geste des Abschieds. "Ja, Ihr habt mir ungemein weiter geholfen. Vielen Dank, dass Ihr mein Leben gerettet habt", musste Aaron auch noch unbedingt loswerden, bevor Merthin endgültig verschwinden würde. Was fiel ihm hier bloß so schwer...? Gern würde Aaron daran glauben, dass man sich immer zweimal im Leben sah, aber das war eine Floskel, die man sich sagte, aber passierte das auch? Dem Prinzen blieb nichts anderes übrig als es auf sich zukommen zu lassen.

Das beklemmende Gefühl wurde schlimmer, als sich Merthin abwandte und wohl im Begriff war, die Szenerie zu verlassen. "Ehm, Merthin", sprach er ihn nochmal schnell an und trat einen Schritt hinter ihm her. Er stockte einen Moment, wagte dann aber doch nicht zu sagen, was er eigentlich hatte sagen wollen. "Drückt auch Eurem Vater meinen tiefsten Dank aus", sagte er daher bloß und drehte sich dann selbst schnell um, um in die entgegengesetzte Richtung davonzulaufen. Das Gefühl, ihm würde etwas Wichtiges fehlen, ergriff Aaron und er musste sich fast schon zwingen, nicht wenigstens nochmal zurückzuschauen. Er verhielt sich wie ein Kind, das nach dem Besuch bei seinem ersten besten Freund wieder nach Hause musste. Was würde Merthin denken, wenn er Aarons Gedanken gerade kennen würde?

So schnell Aaron konnte rannte er aus der Gasse und dann um die Ecke, nur um dort bereits dem erstbesten Soldaten in die Arme zu stolpern. Dieser wollte sich erst beschweren, dass Aaron ihn in seiner Eile angerempelt hatte, doch erklärte Aaron rasch, wer er war, und betrat daraufhin abgeschirmt die Kaserne. Hier konnte er erstmal baden und sich klar machen, dass er vollkommen überreagierte. Fest klopfte er sich selbst mit den Handflächen auf die Wangen, um sich mal wieder einzukriegen. Warum stach es ihn dann nur immernoch in sein Zeichen?
 

Merthin

Höflichkeit und Distanz – höfliche Distanz – ja das sollte helfen bei diesem seltsamen Abschied. Es war generell alles sehr seltsam gewesen, die ganze Begegnung mit diesem Aaron Castro. Er hatte in ihm eine besiegt geglaubte Unruhe ausgelöst, er hatte ihm in vielen Dingen weitergeholfen und Merthin spürte, dass er ihm gerne nahe war. Doch nun war die kleine Überschneidung ihres Lebens vorbei und es fühlte sich komisch an. Obwohl er so gut wie nichts über den andren wusste, schien es ihm, als müsse er …. seinen besten Freund? …. oder etwas in dieser Art … zurücklassen. Und als sich der andere mit derselben höflichen Distanz verabschiedete, war es ein noch komischeres Gefühl. Wieso glaubte er, dass sie sich nahe gekommen waren? War nicht eigentlich schon die ganze Zeit eine riesige Kluft zwischen ihnen? Sie waren so weit voneinander entfernt… Und die Geste der Verabschiedung zeigte das auch. Merthin überspielte dieses merkwürdige Gefühl in seiner Magengegend mit einem Lächeln. „Keine Ursache!“, sagte er knapp. Und in Gedanken fügte er hinzu: Vielleicht kommt einmal der Tag, an dem Ihr mir das Leben rettet. Und jetzt konnte er endlich gehen. Doch offenbar war Aaron noch nicht fertig. Er schloss einen Moment die Augen, als er seinen Namen hörte. Bitte jetzt nichts Falsches sagen! Er spürte sein Herz klopfen, ohne dass er wusste, warum. Es war eine seltsame Situation. Schließlich atmete er tief durch und drehte sich um und versuchte ein Lächeln, das aber etwas gequält aussah. „Werde ich machen“, versprach er. „Passt auf Euch auf!“ Und nun ging er wirklich, schnellen Schrittes. Und es fühlte sich an, als hätte er einen Teil von sich zurückgelassen.



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