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Die Motus

Magister Magicae 5
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ach, ich mach mal noch ein bisschen weiter. Mir ist gerade so danach. ^_^ Komplett anzeigen

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Bannsiegel

Sie beobachteten, wie sich der gefesselte Gefangene auf dem Boden herumwarf und dabei schrie. Einfach nur aggressiv, unartikuliert brüllte. „Halt´s Maul!“, zischte einer der Schläger und trat Victor deftig mit dem Stiefel ins Gesicht. Daraufhin erstarb das Gezeter und Gezappel für den Moment. Aber das würde nicht lange vorhalten, wie sie inzwischen wussten. Sie hatten diesem so schmächtig aussehenden Kerlchen zwar die Hände auf den Rücken gefesselt, und die Füße, aber er zerrte so brachial daran und wand sich wie ein Besessener, daß sie tatsächlich Bedenken hatten, ob die Fesseln hielten.

„Das geht jetzt schon seit Stunden so.“, maulte der andere Schläger zwischen genervt und völlig ratlos. Langsam hatte er den widerspenstigen Kerl satt.

Der erste nickte. „Wir müssen ihm ne stärkere Bannmarke verpassen. Es reicht offenbar nicht, daß wir eine Verwandlung in seine wahre Gestalt unterbinden.“

„Der muss ein verdammt mächtiger Genius sein. Der Bannzauber, den wir ihm drübergebügelt haben, IST schon ziemlich stark. Ich finde es derwegen erstaunlich, daß er sich immer noch so dagegen auflehnen kann. Das wird sich bald legen. Er hat bloß noch zu viel Kraft übrig. Aber die wird nicht ewig reichen. Irgendwann gibt er schon auf, keine Sorge.“ Er ging vor dem Gefangenen in die Hocke und zerrte seinen Kopf an den Haaren hoch, um ihm in die Augen sehen zu können. Sein Blick wurde schon zusehens leerer. Gut. Dann würde der lästige Widerstand auch bald aufhören. „He. Wie ist dein Name?“, verlangte er harsch zu wissen.

Keine Reaktion. Der gefesselte Junge schniefte nur durch seine laufende Nase. Aber es kam kein Blut. Vermutlich war die Nase also nicht gebrochen.

„Wie. Ist. Dein. Name?“

Wieder keine Antwort.

Der Sklavenhändler rammte ihm die Faust in den Magen. „Verstehst du Russisch?“

Victor schnappte kurz erstickend nach Luft, dann gab er ein leises, resignierendes 'ja' von sich. Er war es nicht gewöhnt, so einstecken zu müssen. Und die Händler machten auch nicht den Eindruck, dieser Behandlung sehr bald müde zu werden.

„Ich befehle dir, mir deinen wahren Namen zu sagen!“

„N-Nikolai.“, murmelte er geschlagen und wandte den Blick ab. Die Bannmarke auf seinem Rücken wirkte. Er konnte den Befehl nicht verweigern.

„Und weiter? Den kompletten, wenn ich bitten darf!“

„Nikolai ... Grigorijewitsch ... Medwedew.“

„Sieh an.“, kommentierte der Händler, lies Victors Haare endlich wieder los und stand kopfschüttelnd auf.

Victor sah verstohlen zu ihm hoch. Der Name sagte dem Kerl scheinbar nichts. Das war auch gut so. Er hoffte, das würde so bleiben. Der Deckname 'Victor Akomowarov' hätte ihm sicher was gesagt. Und das hätte böse für Victor geendet. Das der Kerl nun seinen wahren Namen kannte, war zwar auch nicht schön, aber immer noch ungefährlicher. Zum Glück hatten er und der Boss auch ihre Gesichter nie groß rumgezeigt. Nur die höchste Führungsebene wusste, wie Vladislav und Victor aussahen, das Fußvolk musste das nicht wissen. Jeder, der ihn wiedererkannte oder der Polizei beschreiben konnte, war eine Gefahr. Kraftlos ließ er das Gesicht wieder auf den Boden sinken und versuchte, die Übelkeit von dem miesen Magenhieb wegzuatmen.

„Was sollen wir mit dem Kerl anstellen? Der taugt doch nicht zur Arbeit.“, befand sein Kollege mit missmutig verschränkten Armen.

„Hast du eine Ahnung, was er ist?“

„Nein. Du?“

Der erste schüttelte den Kopf und sah wieder nachdenklich auf Victor herunter. Und stieß ihn erneut mit dem Fuß an. „He. Was für eine Fähigkeit hast du?“

„Flüche und Verwünschungen.“, gab Victor leise zurück. Mehr nicht. Der Händler hatte schließlich nur nach einer Fähigkeit gefragt. Nicht nach allen.

Der andere Mann stöhnte abwertend. „Ich sag ja, der ist zu nichts nütze.“

„Nikolai, ich erlaube und befehle dir, dich zu verwandeln.“

Victor überlegte schnell, welche der Gestalten, die er auf die Schnelle fehlerfrei umsetzen konnte, für die beiden wohl am unbrauchbarsten wäre, entschied sich für die Gestalt eines Fauns und kam dem Befehl nach. Seine wahre Gestalt würde er denen bestimmt nicht zeigen, wenn es zu vermeiden ging. Sie hatten ihm ja nur aufgetragen, sich zu verwandeln. Sie hatten nicht gesagt, in was. Gott lob, die zwei Plinsen sollten echt mal lernen, Befehle präziser zu formulieren.

„Seltsam. Hast du schonmal nen Faun gesehen, der Flüche beherrscht? Ich dachte immer, Faune sind gutartig.“, warf sein Kollege wieder neunmalklug in die Runde.

„Ja. Normalerweise ist die Motus auch nicht hinter Faunen her. Wer weiß, wem der Towarisch hier auf den Schlips getreten ist, mit seinen Flüchen. Der Typ, der ihn hergebracht hat, hat uns sicher nicht grundlos aufgetragen, ihn so weit wie möglich von hier wegzubringen. Naja, mir egal. Ich lass mir was einfallen. Irgendwo werde ich den schon los. In einer Woche geht ein Transport nach Sibirien, raus auf´s Land. Ich glaube, das ist weit genug. ... Komm, lass uns was essen gehen, ich hab Hunger.“, entschied der erste und wandte sich ab, um zu gehen.

„Verkauf ihn als Musiker. Faune sollen talentiert auf der Panflöte sein.“, schlug sein Kollege vor, der sich anschloss.

„Was glaubst du, wer sich nen Musiker illegal vom Sklavenmarkt kauft?“, erwiderte der erste. Ihre Gespräche wurden langsam leiser, während sie sich entfernten.

Victor musste in seiner Faun-Gestalt bleiben, da ihm die Rückverwandlung nicht explizit erlaubt worden war. Aber das war im Moment sein geringstes Problem. Leider hatte die Verwandlung nicht dazu geführt, daß er seinen Fesseln entkommen wäre. Er hatte immer noch auf den Rücken gebundene Hände und zusammengeschnürte Fußgelenke. Der blanke Steinboden, auf dem er lag, war hart, kalt und unangenehm, aber trotzdem blieb er liegen. Er hatte vorhin, als man ihm das Bannsiegel verpasst hatte, zuviel Prügel kassiert, um sich jetzt aus eigener Kraft aufsetzen zu können. Seine Gegenwehr war vergeblich geblieben. Vladislavs Angriffszauber hatte ihn noch zu sehr aus dem Rennen genommen, als daß er auf die schnelle, kompromisslose Behandlung der Sklavenhändler adäquat hätte reagieren können. Er hatte auf ganzer Linie verspielt, so einfach war das. Er dachte an die gepackte Tasche zu Hause auf seinem Couchtisch. Er hätte nicht geglaubt, daß die ganze Sache derart schnell auffliegen und hochkochen würde, daß er es nicht mal mehr bis nach Hause schaffen würde. Er war in Vladislavs Nähe geblieben und weiter seinen Pflichten als Vize-Chef nachgekommen, um keinen Verdacht zu erregen. Er hatte erst verschwinden wollen, wenn Vladislav mitbekommen hatte, daß die Polizei ihn am Arsch hatte. Victor hatte allerdings auch nicht erwartet, daß das keine 3 Stunden dauern würde. Zu dem sorgfältig durchdachten Plan, abzuhauen und unterzutauchen, war es gar nicht mehr gekommen.

Victor spürte, wie die Macht des Bannsiegels auf seinem Rücken weiter zunahm. Dieses Siegel war wie eine Würgeschlange, die sich immer fester um einen schloss und einen langsam und systematisch erstickte, indem sie jeden Millimeter Raum einnahm, den man ihr leichtsinnig zugestand, und diesen dann nicht wieder hergab. Er konnte sich gerade noch fragen, wieso er überhaupt noch am Leben war, dann hatte er auch schon das längst erwartete und befürchtete Gefühl, ein Sack würde sich über seine Gedanken stülpen und seinen freien Willen dämpfen. Aber er hatte inzwischen auch nicht mehr die Kraft, sich dagegen zu wehren. Erschöpft musste er es zulassen.



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