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Pokémon GX

Generation Next
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier ist der Start des zweiten Kapitels!
Auch hier werde ich wieder das Kapitel selbst in mehrere Teile gliedern. Das hilft mir bei der Struktur und beim Schreiben. :)

Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen. ♥
Und vielleicht wirst du ja über den ein oder anderen Handlungsstrang überrascht.

Da wir nun die Pokémon Akademie erreichen habe ich ergänzend noch einen Blog zur Schule erstellt. :3 Komplett anzeigen

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Lektion 2: Willkommen an der Pokémon Akademie

TEASER – Die Überfahrt
 

Im Passagierbereich der Fähre herrschte ein kontinuierliches Stimmengewirr. Studierende aus dem zweiten und dritten Schuljahr, die sich nach den Ferien endlich wiedertrafen, nutzten die Schifffahrt zur Akademie direkt zum Austausch über ihre Erlebnisse. Sie waren bereits in die drei Hauptfarben der Schule gekleidet; Blau, Gelb und Rot. Dadurch unterschieden sie sich optisch gleich von den Neulingen in ihrer privaten Kleidung. Eine weitere Auffälligkeit war das Verhältnis zwischen den Farben. Hauptsächlich befanden sich Studierende in gelber Schuluniform auf dem Deck, dazwischen einige in Rot und nur wenige in Blau.

Shō wusste, dass es für diejenigen, die eine blaue Uniform trugen, ein weiteres Deck gab über dem Passagierdeck, auf dem sich alle anderen Studierenden befanden. Es war kleiner mit einem offenen Bereich, so viel hatte er gesehen. Ob es noch weitere Unterschiede gab, war über die Entfernung für ihn nicht festzustellen gewesen als er die Fähre betreten hatte. Allerdings vermutete er, dass der größte Reiz von diesem Deck davon ausging, dass es exklusiv für eine bestimmte Gruppe von Studierenden war.

Sein älterer Bruder würde auch dort sein, um den Massen an Menschen zu entgehen. Wissen tat er es nicht, da er sich vorzeitig von ihren Eltern verabschiedet hatte, um auf die Fähre zu gehen. Jedoch hatte sich an irgendeiner Stelle des Aufenthaltsdecks längst eine Traube gebildet, wenn sich irgendwo hier aufhalten würde.

Shō war es ganz recht, dass sein Bruder nicht in der Nähe war, denn so bekam er nicht mit, wie ihn die schaukelnde Fahrt zur Pokémon Akademie mürbe machte. Still saß er auf einem der Sitze im Passagierbereich, während sein Magen sich zusammenzog und verknotete. Er bemerkte die Blicke einiger Studierenden um ihn herum. Vermutlich war sein Gesicht schon kreideweiß, und sie fürchteten, dass er sich aufgrund seiner Seekrankheit in ihrer Gegenwart übergeben würde.

Zitternd holte er Luft und entschied sich dazu, seinen Platz zu verlassen. Mit seinem Rucksack auf den Schultern sah er sich um. Hinten zur Fähre raus müsste er an die frische Luft kommen. Die würde ihm sicher mit seiner Übelkeit helfen. Shō schlich um die anderen Studierenden im Passagierbereich herum, ohne Aufsehen zu erregen. Es erforderte etwas Schwung, um die Tür zum freien Bereich der Fähre zu öffnen, aber sobald er sie einen Spalt breit aufgezogen hatte, wehte ihm die salzige Luft vom Meer entgegen. Schnell schlüpfte er hinaus und schloss die Tür hinter sich wieder.

Der freie Bereich der Fähre war durch den Schiffsaufbau zwar geschützt, trotzdem sauste ihm der Fahrtwind durch das helle Haar und wehte ihm immer wieder einzelne Strähnen ins Gesicht. Erneut nahm Shō einen tiefen Atemzug und merkte, wie die frische Luft den Knoten in seinem Magen lockerte. Ihm war immer noch etwas übel, aber immerhin war es schon besser als drinnen.

Über ihm ertönte ein Kreischen, und er blickte auf in den Himmel. Nur wenige weiße Wolken waren und dazwischen segelte ein Schwarm Wingull durch die Luft. Shō konnte nur staunen, wie die Pokémon sich in der Luft hielten und nicht zusammenstießen, während einzelne von ihnen zur Meeresoberfläche herabsegelten und nach Futter angelten.

»Das ist ziemlich cool, oder?«

Vor Schreck fuhr Shō zusammen, da ihm bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen war, dass sich noch jemand im freien Bereich der Fähre aufhielt. Er war etwa einen halben Kopf größer, hatte brünettes Haar, das der Wind wild zerzauste, und kam Shō bekannt vor. Als er ihm ein gewinnendes Lächeln schenkte, fiel es ihm wieder ein. Sie waren sich bei der Aufnahmeprüfung begegnet, und er hatte ihm zu seinem Sieg gratuliert, bevor er selbst durch Professor De Medici persönlich geprüft wurde.

Sie waren sich nur ganz kurz begegnet, aber Shō wusste noch, dass sich der Junge vorgestellt hatte, und seine Prüfung hatte er weiter verfolgt. Trotzdem wollte ihm sein Name nicht mehr einfallen, egal wie angestrengt er versuchte, sich zu erinnern.

»Hey, komm mal her und sieh dir das an.«

Mit einer winkenden Handbewegung bedeutete ihm der Junge, zu ihm zu kommen, und er folgte der Anweisung. Neugierig sah er über die Reling zur Meeresoberfläche und ließ den Blick schweifen. Durch den Antrieb der Fähre wurde das Wasser wild aufgewühlt, und es bildete sich Gischt. Kleine Tropfen Salzwasser spritzten in ihre Richtung, sodass Shō die Augen ein Stück zusammenkniff, um sie zu schützen.

Nach einer Weile erkannte er zwischen den Wellen noch weitere Bewegungen. Knapp unter der Oberfläche schlängelten sich schmale Körper durchs Wasser. Schwanzflossen in auffällig orangener Farbe rotierten und ließen die Barrakiefa mit der Fähre mithalten. Neben ihnen, etwas kleiner und blasser, konnte er Pikuda erkennen.

Die Wingull näherten sich der Wasseroberfläche, um die Pikuda herauszufischen. Dabei wurden sie von den Barrakiefa gestört, die hervorstießen, um nach den fliegenden Pokémon zu schnappen und sie ins Meer zu ziehen. Es war ein chaotisches Gerangel zwischen den wilden Pokémon.

»So geht das schon die ganze Zeit«, stellte der Junge fest und lehnte sich mit verschränkten Armen auf die Reling. »Ist ein ziemlich ausgeglichener Kampf.«

Shō war sich nicht sicher, ob das Gebaren der Pokémon als Kampf gewertet werden konnte. Wobei es ein recht dehnbares Konzept war, das sicher auch auf wilde Pokémon anwendbar war. Doch zunächst wollte er sich davon nicht ablenken lassen. Mit einem leichten Kopfschütteln machte er sich von den Gedanken frei und trat einen Schritt von der Reling zurück.

»Ähm. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist M…rufj.«

»Bitte?«

Unbeabsichtigt hatte Shō bei seinem Nachnamen zu nuscheln begonnen, so stark, dass sein Gegenüber ihn nicht verstehen konnte. »N-nenn mich ruhig Shō«, setzte er nervös hinzu.

Nach einem leichten Blinzeln begann der Junge wieder zu grinsen. »Okay, ich bin Yūki Jūdai, aber du kannst mich auch einfach Jūdai nennen.«

Jūdai! Das war sein Name. Das hätte mir einfallen müssen, dachte Shō und ärgerte sich ein bisschen, dass er es verdrängt hatte. Allerdings machte Jūdai nicht den Anschein, dass er es ihm übelnahm. Also versuchte er, sich selbst darauf nicht zu versteifen.
 


 

Die Überfahrt von Naha zur Pokémon Akademie war für ihn wie jedes Jahr. Auf dem Oberdeck der Studierenden von Articunos Mystic wurden Kontakte geknüpft. Viele würden dies auch gerne mit ihm tun, doch dank seiner guten Leistungen an der Akademie hatten selbst neue Studierende schon zum Schulbeginn zu viel Achtung vor ihm, um ihn ohne Aufforderung anzusprechen. Dieses Privileg wusste er an ihrem Schulsystem sehr zu schätzen.

Doch trotz seines Ranges gab es einige wenige Personen, die sich nie scheuten, direkt auf ihn zuzugehen.

Kameradschaftlich legte sich ein Arm auf seine Schulter und ließ ihn den Blick vom Meeresausblick abwenden. Fubuki stand neben ihm mit dem üblichen entspannten Grinsen im Gesicht. »Yo, Ryō. Lange nicht gesehen.«

Zur anderen Seite trat Yusuke an ihn heran und nickte höflich. »Ich hoffe, du hast die Ferien zusammen mit deiner Familie genießen können.«

Ryō begrüßte seine beiden Kameraden mit einem verhaltenen Lächeln. »Schön euch zu sehen.« Sein Blick glitt an Fubuki vorbei zu einem jüngeren Mädchen an seiner Seite. »Ich nehme an, du bist Fubukis Schwester?«

Mit einem kurzen Nicken bestätigte sie die Annahme. »Tenjōin Asuka. Es freut mich sehr, dich zu treffen.« Ihre Haltung war gerade, aber nicht steif. Am Trainergurt trug sie bereits einen Pokéball, der sogleich die Aufmerksamkeit auf sich zog.

»Du hast bereits ein Partnerpokémon bei dir?«, stellte Ryō fest und bemühte sich nicht, sein Interesse zu verbergen. Für die Studierenden aus dem ersten Jahr war es unüblich, bereits ein Pokémon vor Jahresbeginn zu besitzen. Gestattet wurde es nur wenigen.

Asuka nahm den Pokéball in ihre Hand und betrachtete die rote Metallschale, durch die sie ein Paar schwarzglänzender Augen ansahen.

Ryō folgte ihrem Blick und sah auf ein Pokémon mit einem expressiven Federkleid. Jede Feder war gepflegt, und die Flügel wie Fächer kunstvoll vor dem Körper positioniert. »Ein Choreogel? Interessant. Es ist wandelbar und dadurch von Natur aus flexibel und kann sich an verschiedenste Gegebenheiten anpassen.«

Yusuke zeigte ebenfalls Interesse und neigte sich Asuka zu, um einen Blick auf den Pokéball zu bekommen. Durch die rote Schale war die Farbe des Pokémon nicht gut zu erkennen, doch seine ausdrucksstarken Posen verrieten, was er wissen wollte. »Das ist der Buyo-Stil, richtig?« Wenn er sich richtig erinnerte, wechselten Choreogel je nach Stil zu teilen ihren Charakter und ihren Typ. Dieses Exemplar wirkte sehr gefasst und ruhig, trotz der vielen Blicke, die auf ihm lagen.

»Switch ist schon seit langem meine Begleiterin, und wir wollen uns hier beide weiterentwickeln«, erklärte Asuka. Als wolle es ihre Aussage bestätigen, flatterte ihr Pokémon mit den Flügeln. Es ließ sie unwillkürlich lächeln.

Ryō nickte verstehend. Ohne die beiden zuvor in einem Kampf beobachtet zu haben, war er sich sicher, dass sie ein tiefes Vertrauen zueinander hegten.

Freundschaftlich knuffte Fubuki sie mit dem Ellbogen in die Seite. »Mein Schwesterherz zählt unter den Neulingen bereits zu den Favoriten«, berichtete er seinen Freunden stolz. Asukas strengen Seitenblick ignorierte er geflissentlich. »Mit etwas Fleiß wird sie sicher die Top-Studentin ihres Jahrgangs.«

»Du meinst, wenn sie sich etwas mehr Mühe gibt als du?«, fragte Yusuke mit amüsiertem Unterton.

Asuka kaschierte ihr Lachen durch ein Husten hinter vorgehaltener Hand.

Mit einer lockeren Handbewegung wischte Fubuki die kleine Spitze von sich. »Für meine Pläne muss ich nicht als Bester der Akademie gelten.« Mit einem zufriedenen Grinsen sah er seine beiden Freunde an. »Und um mit euch abhängen zu können, reichen meine Leistungen vollkommen. Also, was sagt das bitte über euch aus?«

Yusuke quittierte die Frage mit einem Schulterzucken. »Über uns oder über den Rest, wenn es niemanden gibt, der vergleichbar gute Noten erzielt.«

»Jetzt tu mal nicht so, als wäre ich komplett von euch abgehängt«, wandte Fubuki ein. »Falls du über die Ferien vergessen hast, wie gut ich eigentlich bin, können wir deine Erinnerungen gerne auffrischen, sobald wir den Campus erreicht haben.« Unwillkürlich hatte er schon einen Pokéball in der Hand, was seiner Aussage zusätzlich Nachdruck verlieh.

Sein Freund hob beschwichtigend beide Hände vor die Brust. »Vielen Dank für das Angebot, aber nicht nötig. So lange ist unser letztes Match noch nicht her, um zu vergessen, wie knapp der Sieg war.«

Über die letzten zwei Jahre hatte ihr steter Wettbewerb sowohl Siege als auch Niederlagen für beide Seiten bedeutet. Nur wenn Ryō in die Wertung miteinbezogen wurde, konnte zumindest ein Platz 1 unter ihnen bestimmt werden. Vom Typ her waren Yusuke und Fubuki beide nicht die Art von Menschen, die großen Wert darauf legten, den zweiten Platz für sich zu beanspruchen.

»Asuka sollte sich jedenfalls besser Ryō zum Vorbild nehmen«, schloss Yusuke mit einem freundlichen Lächeln.

»Aber nur, wenn es um Pokémon-Kämpfe geht«, fügte Fubuki schnell hinzu. In einem Anflug von Fürsorge lehnte er sich an seine kleine Schwester, die den Annäherungsversuch mehr duldete als guthieß. »Guck dir bloß nicht diese stocksteife Art ab, das würde mir das Herz brechen.«

»Ist klar«, seufzte Asuka leise und konnte nicht anders, als die Augen zu rollen. So lieb sie ihren Bruder hatte, nahm er ihr manchmal den Raum zum Atmen. Bestimmt brachte sie wieder Abstand zwischen sich und ihn.

Ryō hatte bereits zwei Schuljahre mit den beiden Jungs verbracht, und Fubukis flatterhafte Art war ihm vertraut. Trotzdem war es geradezu erfrischend, ihn mit seiner Schwester agieren zu sehen, die offenkundig einen besonderen Stellenwert für ihn hatte. »Wenn du mal eine Frage hast, komm gerne auf mich zu, Asuka.«

Bisher hatte sie neben ihrem Bruder mehr wie die Ältere von beiden wirken wollen, doch nun wurden ihre haselnussbraunen Augen groß und ließen sie viel jünger wirken.

Sie nickte zögerlich, nicht ganz sicher, was eine angemessene Reaktion auf das Angebot war. Grundlegend war Ryō Marufuji auch nur ein Student der Pokémon Akademie, so wie alle anderen. Doch selbst ohne ihren Bruder hätte sie schon vor ihrer Einschreibung von ihm gehört, da er in diversen Turnieren als Sieger hervorging und gute Chancen hatte, nach der Schule direkt in der Profi-Liga zu starten. Es hatte seinen Grund, dass er bereits den Beinamen "Kaiser" trug.

»Da fällt mir ein, dass ich auf der Liste der Neulinge den Namen Marufuji gesehen habe. Ist das zufällig dein kleiner Bruder?« Als die Informationsschreiben für das kommende Schuljahr bei ihnen eingetroffen waren, hatte Fubuki die Liste von Asukas Jahrgang geprüft und der Name war ihm gleich ins Auge gesprungen.

»Ja, ist er«, bestätigte Ryō. Es war ihm nicht ganz begreiflich, was Shō dazu bewegte, diese Laufbahn einzuschlagen. Am Hafen von Naha hatte er die ganze Zeit den Eindruck vermittelt, als wollte er lieber an einem anderen Ort sein.

Fubuki pfiff anerkennend. »Du musst ihn uns bei Gelegenheit vorstellen, ja? Er startet auch bei Zapdos‘ Instinct, oder?« Mit zusammengezogenen Augenbrauen verschränkte er die Arme vor der Brust. »Selbst als kleiner Bruder vom Kaiser kommt man nicht so einfach zu Articunos Mystic.«

»Wenn er genau so ein Talent wie Ryō ist, wird er sicher mit den ersten Zwischenprüfungen im Rang aufsteigen«, überlegte Yusuke, während er sich daran erinnerte, wie es bei Ryō und ihm damals gewesen war. Fubuki war wie Asuka bereits zur Einschulung Articunos Mystic zugewiesen, während sie nach der Aufnahmeprüfung bei Zapdos‘ Instinct eingeteilt wurden. Erst über den Verlauf des ersten Jahres hatten sie durch gute Noten und Prüfungsergebnisse den Aufstieg geschafft.

Die Plauderei wurde jäh unterbrochen, als das Gekreische mehrerer Wingull zu ihnen drang. Einige andere Studierende hatten die Pokémon ebenfalls gehört und waren in den hinteren Bereich des Oberdecks gekommen, um entlang der Fensterfront nach der Ursache Ausschau zu halten. Die Gruppe hatte bereits Logenplätze für das Schauspiel und konnte beobachten, wie mehrere Wingull zum freien Bereich der Fähre flogen. Sie scharrten sich um zwei Jungen, die mit gesenkten Köpfen den Flügelschlägen auswichen. Der Größere von ihnen hielt ein Potama-Sandwich in der Hand und bemühte sich darum, das Essen vor den Pokémon zu schützen.

»Die haben sich den schlechtesten Platz für einen Snack ausgesucht«, bemerkte Fubuki und war viel zu interessiert daran, zu beobachten, wie der Brünette sein Sandwich vor den Schnäbeln der Wingull verteidigte.

Ryō schätzte den Kampf als vergeblich ein und sollte Recht behalten. Die Seemöwen-Pokémon wurden immer zudringlicher, und es hatte nicht mehr viel gefehlt, bis sie nach den Armen schnappten. Zu diesem Ergebnis war wohl auch der Junge mit dem Sandwich gekommen und warf seinen Snack mit viel Schwung über die Reling ins Meer.

Die Wingull folgten dem Essen, und die beiden Neulinge konnten aufatmen. Zunächst sahen sie den Pokémon hinterher, dann wandte sich der Kleinere um und sah zum Oberdeck zu den Studierenden an der Fensterfront. Aufgrund der Lichtverhältnisse müssten die Scheiben zu stark spiegeln, als dass er etwas erkennen könnte. Trotzdem hatte Ryō das Gefühl, dass Shō direkt zu ihm hinübersah.
 

AKT I – Erstes Pokémon, erste Partnerschaft
 

Die Pokémon-Akademie befand sich abgelegen auf einer Insel vor der Küste von Okinawa. Lehrkräfte und Studierende reisten für gewöhnlich per Fähre vom Hafen in Naha an. In seltenen speziellen Fällen gab es die Möglichkeit, mit dem Helikopter die Insel anzusteuern. Der kleine Hafen der Insel sowie der Landeplatz waren die einzigen Zugänge zum Eiland.

Für das Studium der Pokémon wurde das Umfeld der Insel so natürlich belassen wie möglich. Neben dem Campusgebäude gab es Unterkünfte für Lehrpersonal und Studierende. Die restliche Insel war dicht bewaldet mit Seen und Flussläufen, und zur einen Seite des Meeres erstreckte sich eine breite Sandbank, während sich zur hinteren Hälfte hin ein Gebirge mit einem Vulkan auftürmte.

Als die Fähre an der Pokémon-Akademie einfuhr, erwartete sie bereits das Aufsichtspersonal. Studierende aus dem zweiten und dritten Jahr wurden gebeten, zunächst ihre Unterkünfte aufzusuchen, während die Neulinge versammelt und zum Hauptgebäude geführt wurden.

Jūdai hatte Probleme, in der Reihe zu bleiben. Statt den Blick geradeaus zu halten, um zu sehen, wohin er ging, schaute er in jede Richtung, in der sich etwas bewegte. Selbst so nah an den Gebäuden tummelten sich Pokémon zwischen den Büschen und Ästen und am Himmel. Sie schienen sich gar nicht groß für die neuen Studierenden zu interessieren und folgten ganz gewohnt ihrer Natur, suchten Nahrung und Material für ihre Nester.

Kurz bevor Jūdai mit einer anderen Person zusammenstieß, griff Shō nach seinem Arm und zog ihn auf Kurs. »Vorsichtig.«

»Hui, danke dir. Das war knapp.« Er klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter und lachte die Sorgen einfach hinweg. Alles um ihn herum war viel zu spannend. Falls er mit jemandem zusammenstieß, würde er sich entschuldigen. Das war einfacher, als alles um ihn herum zu ignorieren. Dafür war er schließlich an diesen Ort gekommen.
 

Im Hauptgebäude wurden sie in die große Arena geführt, die das Zentrum im Komplex bildete. Zu den Seiten waren mehrere Tische aufgereiht, und mittig war eine provisorische Bühne errichtet. Auf dieser stand an einem Mikrofonständer der Direktor, in einer auffälligen purpurnen Uniform, sowie hinter ihm aufgereiht die Dekane der fünf Fachrichtungen der Akademie.

»Willkommen an der Akademie und willkommen in der aufregenden Welt der Pokémon«, begrüßte sie der Direktor, und hinter ihm an der Wand des Stadions blitzte ein Bildschirm auf, der ein Video abspielte, welches verschiedene Lebensräume für Pokémon zeigte. »Ich bin Direktor Samejima, und ihr seid die besten jungen Trainer auf der Welt.«

Aus den Reihen der Studierenden erfolgte Beifall, in den die Dekane auf der Bühne mit einstimmten. Das Video im Hintergrund wechselte zu verschiedenen Unterrichtseinheiten und Herausforderungen mit Pokémon-Kämpfen.

Der Direktor ließ seinen Blick über die Reihen gleiten und lächelte zufrieden. »Ihr alle habt während der Prüfungen euer Können unter Beweis gestellt und damit den Weg für eure Zukunft geebnet. Habt Spaß am Lernen und folgt weiter eurem Traum, ein Pokémon-Meister zu werden.«

Jūdai bekam nur am Rande mit, wie das Wort an eine weitere Person übergeben wurde, da seine Aufmerksamkeit sich voll auf den Bildschirm verlagert hatte. Unterricht in Klassenzimmern war nichts Neues, aber die Aussicht auf das Zusammenarbeiten mit Pokémon, mit ihnen an Wettbewerben und Kämpfen teilzunehmen, zog ihn ganz in den Bann. Das Bildmaterial war begrenzt, genügte jedoch, um seine Vorstellungskraft anzutreiben. Er konnte es kaum erwarten, seinem ersten Partner-Pokémon zu begegnen.

Das Ziehen an seinem Ärmel holte ihn zurück ins Stadion, und sofort sah er zu Shō, der dabei war, ihn in eine Richtung zu ziehen. »Wir sollen unsere Uniformen abholen«, erklärte er und zeigte auf die aufgereihten Tische am Rand.

Dort lagen, in den drei Hauptfarben der Schule, Uniformen und Rücksäcke aus. Sobald man dem Personal seinen Namen nannte, wurde eine Liste abgeglichen, und ein Rucksack sowie eine Uniform in Form einer Jacke ausgehändigt. Alle Studierenden zogen sich ihre Jacke sogleich an, ohne extra darum gebeten zu werden.

Jūdai und Shō erhielten jeweils eine rote Jacke. Von den drei Hausfarben war es Jūdais Liebste. Sobald er die Arme durch beide Ärmel gesteckt hatte, schulterte er den Rucksack und zog seinen Studierendenausweis aus der Innentasche der Jacke heraus. Neben seinem Namen standen dort seine Matrikelnummer, Zugehörigkeit und der Jahrgang notiert. »Ich bin Moltres‘ Valor zugeteilt und du?«

»Ich auch«, sagte Shō und sah von seinem Ausweis auf. Er wusste nicht so recht, ob er sich darüber freuen oder deprimiert sein sollte. Die Begeisterung von Jūdai war jedoch ansteckend, sodass es ihm leichter fiel zu lächeln.

Nach und nach waren alle Neulinge ausgestattet, und es entstand ein bunter Mix aus wenig Blau, viel Gelb und etwas Rot. Das Farbspektakel löste sich auf natürliche Weise, indem sich die Studierenden in der ihnen zugewiesenen Farbe gruppierten. Einige blieben in Rot und Gelb untermischt, während diejenigen in Blau in Begleitung einer Lehrkraft die Arena als erste verließen.

Blinzelnd sah Jūdai ihnen nach und war schon dabei, sich in Bewegung zu setzen, als Shō ihn abermals festhielt. Irritiert sah er sich zu seinem Kameraden um. »Was denn? Sind wir hier nicht fertig?«

»Schon, aber wir sind noch nicht dran«, sagte Shō, während sich leichte Falten auf seiner Stirn bildeten. Während der Begrüßung des Direktors beschlich ihn bereits das Gefühl, dass Jūdai nicht so genau aufgepasst hatte. Nun überlegte er, ob er die gesamten organisatorischen Regelungen wiederholen sollte, bevor sein Kamerad drauflos lief.

»Was? Wer entscheidet das denn?« Jūdais Unterlippe schob sich vor, um seine Empörung Ausdruck zu verleihen. Zu warten erschien ihm wie verschwendete Zeit.

Shō rang nach den richtigen Worten, um es ihm zu erklären, als ein Kommilitone zu ihnen herantrat. »Die Leistung bei der Aufnahmeprüfung hat es entschieden«, erklärte der und neigte den Kopf zur Seite, während er Jūdai musterte. Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, das nicht zu den zusammengezogenen Augenbrauen passte. »Dass du Moltres‘ Valor zugeteilt wurdest, ist allerdings irgendwie ... eigenartig.«

»Hey, was willst du damit andeuten?«, fragte Jūdai mit verschränkten Armen, als er sich dem Neuankömmling zuwandte. Dieser war etwas größer als er und trug eine gelbe Uniformjacke. »Wer bist du überhaupt?«

»Misawa Daichi, freut mich«, antwortete der, und sie reichten sich zur Begrüßung die Hand. Dann fuhr er fort: »Bei den Aufnahmeprüfungen hatte ich dein Match mit Doktor De Medici mitverfolgt. Deine Strategie war ziemlich verwegen, aber vermutlich hat genau das zu deinem Sieg beigetragen.«

»Heh, danke dir«, sagte Jūdai verlegen, aber mit einem Grinsen. Es war zwar kein überwältigend großes Lob, aber trotzdem freute es ihn, darauf angesprochen zu werden, da er selbst ganz stolz darauf war, dass es geklappt hatte. »Das war schon ein hartes Match, aber als zukünftige Nummer 1 muss ich mich solchen Herausforderungen stellen.«

»Die zukünftige Nummer 1, huh?« Daichi verschränkte die Arme vor seiner Brust und musterte sein Gegenüber von unten bis oben. Verglichen mit den aktuellen Tatsachen wirkte die Aussage wie ein schlechter Witz und das Selbstvertrauen von Jūdai wie Überheblichkeit. Allerdings lag die Wahrscheinlichkeit nicht bei null, und es hatte sich bereits gezeigt, dass Jūdai eine geringe Chance erfolgreich umwandeln konnte. Das Schuljahr mit ihm wird sicher interessant.

Nachdem er sich zunächst gestreckt hatte, verschränkte Jūdai die Hände im Nacken und ließ den Blick schweifen. »Also, wann können wir dann los?«, fragte er noch einmal und sah abwechselnd zu Shō und Daichi.

Der Kleinere der beiden hielt sich zurück, und daher übernahm Daichi. »Zunächst dürfen diejenigen zur Auswahl, die Articunos Mystic zugeteilt wurden. Im Anschluss sind alle von Zapdos‘ Instinct dran, und zum Schluss Moltres‘ Valor.«

»Okay, na gut«, erwiderte Jūdai. Ganz passte es ihm nicht, denn es bedeutete, dass er eine Weile warten musste, bevor er sein erstes Pokémon traf.

In die nächste Gruppe Studierender kam Bewegung und wurde von einer Lehrkraft aus der Arena geführt. Für Daichi war das der Anlass, sich zu verabschieden. »Ich muss dann los. Wir sehen uns sicher später mal.« Mit einer lockeren Handbewegung winkte er ihnen noch zu und schloss sich seinen Mitstudierenden von Zapdos‘ Instinct an.

Jūdai erwiderte die Geste kurz und verschränkte dann die Arme hinter seinem Kopf. Mit einem langen Atemzug sah er sich gelangweilt in der Arena um. An sich war es eine aufregende Kulisse, doch die Aussicht darauf, seinem ersten Partner-Pokémon zu begegnen, überragte alles.

Um sich die Zeit etwas zu vertreiben, begann Shō den Inhalt seines Rucksacks zu prüfen und fand neben sorgsam gefalteten Uniformjacken zwei Geräte. Das eine war ein aufklappbarer PokéNav, der vermutlich zur schnellen Kommunikation und Stundenplanorganisation dienen sollte. Daneben war ein rot lackierter PokéDex. Mit einer gewissen Ehrfurcht ließ er den Dex aufspringen, und das Display begann zu leuchten. Ein Sucher öffnete sich auf der Rückseite und zeigte auf dem Display den offenen Rucksack an.

Damit gewann das Gerät Jūdais Aufmerksamkeit, und er beugte sich zu Shō hinüber, um ihm über die Schulter zu schauen. »Was macht es da?«, erkundigte er sich, während eine blaue Linie über den Bildschirm auf und ab wanderte.

»Es scannt die Umgebung nach Pokémon«, vermutete Shō. Da sich im Augenblick keine Pokémon in der Nähe befanden, konnte er sich jedoch nicht überzeugen und schaltete das Gerät wieder aus. Wenn sie mit der Auswahl dran waren, würde er es noch einmal versuchen.

Während er noch dabei war, alles zurück in den Rucksack zu packen, kam Bewegung in alle Studierenden, die noch darauf warteten, dass sie zur Pokémon-Auswahl geführt würden.

»Wir sind wohl endlich dran«, stellte Jūdai fest und schulterte seinen Rucksack.

Shō tat es ihm gleich, und die beiden folgten den anderen Studierenden mit roter Uniform. An der Spitze lief eine Lehrkraft und erklärte ein paar Dinge zum Auswahlverfahren. Allerdings waren die Studierenden damit beschäftigt, sich untereinander auszutauschen, sodass die Worte im Gemurmel und Geschnatter untergingen.

Ihr Weg führte sie durch lange Korridore, die an Klassenzimmern vorbeiführten, zu einem Seiteneingang des Hauptgebäudes. Neben der hohen Doppeltür, die ins Freie führte, war eine lange Theke, an der sich verschiedene Studierende mit einem Pokémon an ihrer Seite scharrten.

Mit einem kurzen Klatschen machte ihre Lehrkraft alle auf sich aufmerksam, sodass sie das weitere Vorgehen erläutern konnte. Der Ausgang neben der Theke führte zu einem abgeschirmten Bereich, in dem sich Pokémon aufhielten, die das Personal der Akademie herangezogen hatte. Durch die menschliche Aufzucht waren sie zahm und zutraulich. »Eure erste Aufgabe an der Akademie ist es, zu einem dieser Pokémon eine Verbindung aufzubauen, sodass sie sich euch anschließen wollen«, erklärte Professor Satō mit monotoner Stimme.

Einige zögerten wie Shō, aber für Jūdai kam es einem Startschuss gleich. Mit einem kurzen Nicken kam er der Aufforderung des Professors nach und ging an der Theke vorbei durch die Tür in den offenen Bereich. Neben vielen jungen Pokémon waren dort noch weitere Studierende in gelben und blauen Jacken gekleidet, die zwischen den Pokémon umherstreiften, unter Bäumen oder am Wasser saßen. Um sie herum liefen Pokémon, schauten neugierig zu und näherten sich an oder gingen unbekümmert ihrer Wege. Manche liefen aufgeregt umher und versteckten sich, aber ihre Körpersprache verriet Jūdai, dass ihr Verhalten einen spielerischen Hintergrund hatte.

Weitere Studierende von Moltres‘ Valor folgten ihm und sahen sich ebenso um. Als mehr dazu kamen, richtete sich die Aufmerksamkeit der Pokémon auf sie. Einige kamen auf sie zu, andere beobachteten aus der Entfernung das Geschehen. Jūdai und einige andere gingen in die Hocke, um mit den kleinen Pokémon besser auf Augenhöhe zu sein.

Ein Pokémon mit rundlichem Körper und dunkelblauer Färbung kam auf ihn zu. Sein Bauch war weiß mit einem Spiralmuster darauf. Es blieb vor ihm stehen und schaute aus großen Glubschaugen zu ihm auf. In seiner Neugier streckte es sich ihm entgegen, doch mit seinen sehr kurzen Beinchen kam es nicht sonderlich hoch. Um sich in Balance zu halten, stützte es sich mit der Schwanzflosse am Boden ab.

Sachte streckte Jūdai die Hand dem Pokémon entgegen und berührte seine Stirn. Die blaue Haut war glatt und fühlte sich weich an. Das Lächeln auf Jūdais Gesicht wurde zu einem breiten Grinsen.

Nachdem er es kurz getätschelt hatte, sank es zurück auf beide Beine. So musste es sich nicht mehr mit seiner Flosse stützen und klatschte freudig mit ihr auf den Boden. Die Augen weiter auf ihn gerichtet, schlossen sich die Lider kurz nacheinander. Mit seinem runden Mund formte es eine Blase, die sich löste und langsam aufstieg, bis sie nach wenigen Sekunden platzte. Aufgeregt sprang es auf und lief mit kleinen schnellen Schritten an Jūdai vorbei.

Er sah ihm kurz nach und bemerkte dabei nicht, wie Shō an seine Seite trat. Sein Blick folgte kurz dem Pokémon, dann sah er auf den PokéDex, den er wieder in den Händen hielt. »Was ist ein Quapsel? Ein Wasserpokémon«, las er von den Informationen auf dem Display ab.

Jūdai wandte sich zu ihm um und betrachtete das Gerät in seinen Händen. »Willst du deinen Partner damit finden?« Auf seinen Lippen lag ein Lächeln, doch mit dem geneigten Kopf und der gerunzelten Stirn wirkte es eher schief.

Erschrocken blickte Shō ihn an. »Natürlich nicht!«, stammelte er schnell. Seine Finger um den PokéDex bewegten sich unruhig, als strahlte das Gerät eine unangenehme Hitze aus. Im Affekt versteckte er es hinter seinem Rücken.

Die Reaktion ließ Jūdai blinzeln und schließlich auflachen. Er stand langsam wieder auf und klopfte seinem Kameraden auf den Rücken. »Entspann dich ein bisschen. Wenn du so steif bist, bekommen die Kleinen noch Angst und verstecken sich vor dir.«

»Angst vor mir?«, echote Shō und riss die Augen auf. Es klang vollkommen absurd, dass irgendetwas auf der Welt vor ihm Angst haben könnte. Trotzdem wollte er sich die Worte zu Herzen nehmen. Wenn er zu verspannt auf ein Pokémon zuging, könnte das abfärben und zu einem Unglück führen. Er nahm einen tiefen Atemzug und entspannte die Schultern.

Jūdai nickte ihm ermutigend zu, bevor seine Aufmerksamkeit von einigen fliegenden Pokémon eingenommen wurde. Ein Voltrel flog knapp an seinem Kopf vorbei, sodass er einen Windzug spüren konnte. Seine gelben Federn hatten es aus dem Augenwinkel gut erkennbar gemacht. Als es seinem Kopf am nächsten war, hatte er das Gefühl, ein Knistern zu hören, und kurz bauschten sich einzelne Haarsträhnen von ihm auf. »Abgefahren!«, staunte er, während er dem Pokémon mit großen Augen nachsah.

Seine Füße bewegten sich von selbst, und er lief ohne viele Gedanken daran zu verschwenden, in die Richtung, in die das Voltrel flog. Er konnte nicht sehen, ob es irgendwo gelandet war, aber das war ihm nicht so wichtig. In welche Richtung er auch sah, entdeckte er neue Pokémon. Einige lange Blätter, die aus der Erde ragten, zuckten kurz, als er an ihnen vorbeiging, und als er gerade nicht hinsah, sprangen Myrapla aus dem Boden und liefen zu einem schattigen Plätzchen, um sich dort wieder in der Erde zu vergraben.

Das viele Treiben um ihn herum war überwältigend, und schließlich ließ sich Jūdai einfach ins Gras fallen. Sein Blick gen Himmel zeigte ihm weitere fliegende Pokémon, und die Ohren so nah am Boden ließen ihn die Stimmen um ihn herum deutlicher hören.

Immer mehr Studierende fanden ihre Partner-Pokémon, während er dort lag und einige schiefe Blicke erntete. Mit seinem Verhalten kam er der gestellten Aufgabe nicht nach, oder zumindest nicht der Vorstellung davon, wie diese Aufgabe zu bewältigen sei. Weil er so in sich versunken war, bemerkte er gar nicht, dass um ihn herum immer weniger andere Menschen waren. An ihrer Stelle fanden sich neue Pokémon ein, die sich zuvor aus dem Tumult zurückgezogen hatten.

Es kehrte Ruhe in Jūdai ein, die ihn nach all der Aufregung des Tages dösig werden ließ. Seine Augenlider wurden schwerer und begannen unter Anstrengung zu flackern. Es fehlte nicht viel, und er wäre auf der Wiese bei sanftem Wind und wärmender Sonne eingeschlafen. Doch bevor er ganz wegdämmerte, spürte er ein leichtes Ziehen am Ohr und schreckte sofort hoch.

Es war zwar kein fester Kniff, trotzdem fühlte Jūdai sofort mit der Hand nach, ob er nun eine Ecke im Ohr hatte. Sein Blick huschte über die Wiese, doch nichts war dort an der Stelle, die neben seinem Kopf gewesen war. Etwas streifte seinen Rücken und stieß gegen seinen Arm, mit dem er sich vom Boden abstützte. Sein Kopf schnellte herum, und er sah gerade noch, wie ein Federkamm sich durch die Armkuhle bohrte. Der Rest vom Kopf blieb erfolglos, bis Jūdai viel zu spät den Arm wegzog.

Verdutzt blickte er in ein Paar Knopfaugen, die ihm vertraut erschienen. »Nanu, dich kenne ich doch«, stellte er unnötigerweise fest und beobachtete, wie das kleine Pokémon den großen Kopf zur Seite neigte. Der Federkamm wippte mit. Der nächste Windstoß wehte seinen gelben Kragen auf, und diesmal versuchte das Küken, unter dem Saum seiner zu kurzen Schuljacke zu schlüpfen. »Ist dir der Wind zu frisch?« Kurz überlegte Jūdai, bevor er die Frontseite seiner Jacke griff und weit öffnete. »Na komm.«

Es brauchte keine zweite Aufforderung, da war das Flemmli auf seinen Beinen gesprungen. Er schloss die Jacke um das Pokémon herum und zog mit viel Vorsicht den Reißverschluss hoch, darauf bedacht, keine Feder einzuklemmen. Bei der Mitte stoppte er, sodass sein Kopf herausschaute. Es schob sich unter der Jacke hin und her und kitzelte ihn mit seinen Füßen, bis es eine für sich bequeme Haltung fand.

Jūdai kam nicht umhin zu lachen, bis sich Flemmli endlich ruhig verhielt. Mit einem erleichterten Seufzen sah er auf das Pokémon herab. »Ist es so bequem?«

Es stieß eine kleine Flamme durch seinen Schnabel aus und zog den Kopf in die Jacke zurück, als der Wind wieder auffrischte. Der kleine Körper des Pokémon strahlte vor Wärme, sodass ihm der Wind allmählich selbst frisch vorkam. Vorsichtig stand er vom Boden auf, klopfte mit einer Hand Grashalme von seiner Hose und hielt die andere unterstützend unter den Körper von Flemmli, damit es nicht versehentlich unter der Jacke verrutschte.

»Hey, Jūdai!«, rief Shō und kam auf ihn zugelaufen. »Ich habe mein Partner-Pokémon gefunden.« Er verkündete die frohe Botschaft, als könne er es selbst noch nicht glauben. In seiner Hand hielt er den Pokéball, in dem durch die rote Beschichtung ein otterähnliches Pokémon hervorlugte. »Es ist ein Ottaro«, informierte er und strahlte pure Erleichterung aus.

Mit einem breiten Grinsen klopfte er Shō auf die Schulter. »Cool, freut mich. Ich habe meinen auch gerade gefunden.« Er präsentierte seinem Kameraden das Flemmli in seiner Jacke. »Du kennst es sicher noch. Wir haben zusammen gegen den Prof gewonnen.«

Mit großen Augen besah Shō das Pokémon durch seine Brillengläser. »Bist du sicher, dass es dasselbe Flemmli ist?« Er konnte sich an keine einprägsamen Eigenheiten erinnern, und wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass genau dieses hier erneut auftauchte?

»Bin ich«, bestätigte Jūdai ohne jedes Zögern und mit einem unerschütterlichen Grinsen. »Immerhin haben wir einen Kampf zusammen bestritten. Verwechslung ausgeschlossen.«

Shō fragte nicht weiter und nickte zaghaft. »Okay, dann komm. Gehen wir zum Empfang und holen einen Pokéball für dein Flemmli.«
 

– Fortsetzung folgt –
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank fürs lesen. ♥

Nachwort zum Teaser:
Der ein oder anderen Person wird auffallen, dass sich die Anreise zur Akademie nicht nur verlängert hat. :'D
Ich habe das Reisemittel von Helikopter zur Fähre geändert, weil es mir realistischer erschien, dass mehrere Schulklassen inkl. Gepäck aus dem Seeweg transportiert werden. Helikopter sind nicht sonderlich geräumig und na ja...
Eine andere gravierende Änderung ist das Erscheinen von Fubuki und Yusuke. Ich schätze, es ist offensichtlich, dass ich im Fall der beiden die Handlung der GX Serie abwandeln werden. Ich habe mir dabei tatsächlich was gedacht, aber mal sehen, ob ich es gescheit umgesetzt bekomme oder ob ich mir die Finger verbrenne. x)'
Zu den Häusern ... es fühlt sich etwas cringe an von Articunos Mystic und Zapdos' Instinct zu sprechen. Ich hatte mir ein paar Dinge überlegt, aber das hatte am Ende das beste Zusammenspiel ergeben. Und cringe passt eigentlich auch ganz gut zu Kaiba.
Ach ja, falls es jemanden Interessiert: ich habe mir überlegt, dass die Pokémon Akademie bei Okinawa liegt. Darum geht die Fähre auch vom Hafen Naha aus.  -Kiara berichtete mir dann, dass es dort einen typischen Touristen Snack gibt - Potama Onigiri! Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Jūdai sich vor de Abfahrt damit eingedeckt hat. xD

Nachwort zu Akt I:
Der Teil ist länger geworden als ich es geplant hatte. orz
Ich habe beim Schreiben immer wieder etwas gehadert, welche Figuren ich auftreten lassen soll, weil ich etwas Angst habe, dass es zu viel werden könnte.
Allerdings fühlte es sich ohne die Begegnung mit beispielsweise Daichi irgendwie zu isoliert an. Er und jūdai hatten in Kapitel 1 schon keine Chance miteinander zu quatschen.
Das Wiedersehen mit Flemmli hat mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet.
Irgendwie wollte ich es wie beiläufig wirken lassen, aber eigentlich wollte ich auch gerne, dass es ein ganz rührendes Wiedersehen wird.
Mal sehen, ob ich das an anderer Stelle nochmal irgendwie verdeutlichen kann.
Für Jūdais Pokémon-Team werde ich zusätzlich einen Blog Eintrag führen, um ein paar zusätzliche Gedanken zu verschriftlichen. ♥
Vielleicht interessiert dich das ja auch. :)

POKéDEX Einträge:

WINGULL - Seemöwen-Pokémon
Mit seinen ausgebreiteten großen Flügeln steigt es hoch in den Himmel empor und segelt im Seewind. Fischer halten gerne Ausschau nach Wingull, denn wo diese ihre Kreise ziehen, scharen sich unter Wasser Schwärme von Fisch-Pokémon.

PIKUDA - Rempler-Pokémon
Es kann nur geradeaus schwimmend schnell sein. Überfressene Pikuda sind träge und geraten so zuerst ins Visier von Fressfeinden.

BARRAKIEFA - Spieß-Pokémon
Es schwimmt mit einer Geschwindigkeit von über 100 Knoten. Durch Rotation der Schwanzflosse schnellt es mit Schwung aus dem Wasser und schnappt nach Wingull, die dicht über der Oberfläche fliegen.

CHOREOGEL (Buyo-Stil) - Tanz-Pokémon
Ein Choreogel, das purpurnen Nektar verzehrt hat. Sein anmutiger Tanz betört den Gegner. Diese Unachtsamkeit nutzt es, um fatale Flüche auf ihn herabregnen zu lassen.

QUAPSEL - Kaulquappen-Pokémon
Es hat eine sehr dünne Haut, dass seine Innereien manchmal durchscheinen. Obwohl sie so dünn ist, ist sie sehr elastisch, dass selbst scharfe Reiszähne sie nicht durchdringen. Da sich seine Beine gerade erst herausgebildet haben, kann es noch nicht gut laufen.

VOLTREL - Sturmvogel-Pokémon
Es nistet an Steilküsten. Trifft Wind auf seine Flügel, erzeugen deren Knochen Strom. Es fängt Beute, indem es ins Meer taucht und ihr einen Stromschlag verpasst.

MYRAPLA - Unkraut-Pokémon
Es sucht nach fruchtbarem, nahrhaftem Boden und pflanzt sich selbst darin ein. Nachts wandert es umher und sät Samen. Es wird oft mit Unkraut verwechselt.

FLEMMLI - Küken-Pokémon
Es hängt an seinem Trainer wie eine Klette. Es schlurft immer hinter ihm her. In Flemmlis Körper brennt eine Flamme. Wenn man es umarmt, beginnt es zu glühen. Dieses Pokémon trägt ein flauschiges Fell aus Daunen.

OTTARO - Otter-Pokémon
Die Muschel auf seinem Bauch besteht aus demselben Material wie seine Krallen. Mit ihr wehrt es gegnerische Attacken ab und schlägt dann sofort zurück. Komplett anzeigen

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