Zum Inhalt der Seite

Thorns Have Roses

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vollpfosten

Kapitel 2: Vollpfosten
 

Es war wieder Mittwoch. Um sechzehn Uhr würden sich Benjamin und Francesco wieder zur Nachhilfe in der Schule treffen.
 

Ben saß gerade mit seiner Mutter in der kleinen Küche und aß Nudeln mit ihr. "Ich kann dich nachher mit zur Schule nehmen, ich hab' um sechzehn Uhr ein Seminar mit den anderen Lehrern", Mareike schob sich eine Gabel mit Nudeln in den Mund, "Danke Mum", meinte Ben mit vollem Mund und nickte ihr zu. Er hatte ihr erzählt, wem er Nachhilfe gab und wieso. Durch seine Mutter hatte er herausgefunden, dass Francesco erst vor zwei Jahren in das Dorf gezogen war und der Jüngste von drei Geschwistern war. Bevor Mareike mit ihrem damaligen Mann in das Dorf nahe Stuttgart gezogen war, wohnten sie im selben Dorf wie Francescos Eltern. Sie hatte damals seine Geschwister unterrichtet und kannte seine Mutter daher, wenn auch nur flüchtig. "Wie ist er denn eigentlich so?", erkundigte seine Mutter sich dann und sah ihn mit fragendem Blick an, "Er hat keinen Bock auf's Abitur, aber er lernt trotzdem. Ich kenne ihn noch gar nicht so gut", Benjamin nahm einen Schluck Wasser aus seinem Glas und stand auf, um den leeren Teller in den Geschirrspüler zu räumen. "Ich glaube, dass ihr euch gut verstehen werdet", sagte Mareike und lächelte. "Ich weiß nicht, er ist irgendwie ein bisschen komisch. Ich hab das Gefühl, dass er um jeden Preis versucht cool zu sein", Benjamin griff in den Küchenschrank und füllte Frankensteins Futter nach, "Jeder hat einen Grund für sein Verhalten, vielleicht macht er das, um sich zu schützen. Ben, sei am besten nicht voreingenommen", damit stand auch seine Mutter auf und räumte das Geschirr weg.
 

Ben hatte noch geduscht und sich neue Klamotten angezogen. Es wurde langsam frostig draußen, weswegen er endlich seine geliebten Hoodies und Pullover tragen konnte. Er saß auf seinem Bett, Frankenstein lag auf seinem Schoß und er scrollte durch FaceSite. Frankenstein auf seinem Schoß schnurrte laut und ließ sich verwöhnen. Benjamin hatte noch fünf Minuten, bevor er gehen musste und nutzt diese um kurz abzuschalten. Er schmunzelte über ein Video von einem schnarchenden Hund und gab dem Video ein  'mag ich'.
 

"Ben, kommst du?", rief seine Mutter die Treppe hinauf. Schweren Herzens schob er Frankenstein von seinem Schoß, entschuldigte sich und kraulte den Kater nochmal hinter dem Ohr, bevor er sich seine Umhängetasche schnappte und die Treppe hinunter lief. Vor dem Haus stieg er in das hellgelbe, kleine Auto seiner Mutter ein. Das Auto war älter als er und würde auch noch lange bleiben, da sie so sehr an dem Gefährt hing. Selbst die Felgen waren hellgelb und Plüschwürfel hingen am Spiegel. Mit so einem Auto würde er nirgends hinfahren, hätte er einen Führerschein. Im Auto selbst roch es nach Räucherstäbchen und abgestandenem Zigarettenrauch. Mareike hatte die Angewohnheit, bei Stress alte Zigarren zu rauchen und dabei Räucherstäbchen anzuzünden. Sie startete das Auto und sie fuhren los, zum Schulzentrum. Dort angekommen parkte sie auf der anderen Seite des Geländes und Ben musste erstmal quer über den Pausenhof laufen, um zu den Schließfächern zu kommen. Francesco saß schon da und hatte seine Sachen aufgeschlagen. "Hast du daheim gelernt?", fragte Ben kühl, Francesco nickte, "Meine Eltern schmeißen mich raus, wenn ich das Abi nich' schaffe", grummelte er und zeigte Benjamin die Hausaufgaben von heute, damit er sie kontrollieren konnte. "Hast du dich schon für eine AG entschieden? Nächste Woche wählen wir die AG's und die geben dir Pluspunkte im Studium...außerdem sind sie Pflicht", Ben kratzte sich mit dem Bleistift am Kinn. "Ich weiß gar nich' was es da alles gibt", Francesco nahm sein Heft wieder zu sich. "Wir haben von Sport bis Gartengedöns alles. Und wir müssen nächste Woche unsere Zusatzfächer wählen, es gab da eine kleine Reform.", Franc sah nicht erfreut aus, "Ich will nicht studieren, ich mach' lieber 'ne Ausbildung als Mechatroniker oder so", er stierte in sein Mathebuch. "Wenn du meinst...Ist das nich' was für technisch begabte Leute?"- "Was weißt du schon? Ich hab 'n verdammtes Motorrad!", Francesco biss die Zähne genervt zusammen, Ben verdrehte die Augen. "Mein Exfreund wollte Mechatroniker werden, aber er hat das ganze Technikzeug nicht verstanden und ist dann Lackierer geworden", sagte Ben schroff. Francesco blickte ihn überrascht an, sagte jedoch nichts. Am Ende der Stunde verließen sie das Schulgebäude ohne weitere Worte. Hatte Ben da einen wunden Punkt getroffen oder war Franc heute nur gereizt? Ben hatte heute seinen Exfreund erwähnt...seltsam. Er sprach normalerweise gar nicht über ihn, was hatte ihn dazu verleitet? Ruven war immer noch sehr präsent, obwohl das Ganze jetzt schon zwei Jahre her war. Aber er war auch der erste gewesen und so jemanden wie Ruven vergaß man nicht so schnell.
 

Am Donnerstag ging der Informationszettel für die verschiedenen AGs rum, alle Schüler konnten einsehen, was man in welcher AG tat und sich auch eintragen. Ben trug sich definitiv für die Kunst AG ein, Max für die Theater AG, Leon für die Musik AG und Hannes ebenfalls für die Theater AG. So hatte jeder seinen Platz gefunden und sie freuten sich schon riesig darauf. Auch wurden die Zettel für die Fächerwahl ausgeteilt, jeder Schüler musste zwei Fächer wählen, die auf dem Zettel standen. Zur Auswahl standen Kunst, Musik, Hauswirtschaft, Wirtschaft, Informatik und Technik. Für Ben war klar, dass er Kunst und Musik wählte. Doch Max konnte sich nicht zwischen Hauswirtschaft, Technik und Informatik entscheiden. So verbrachten sie die meiste Zeit des Tages zu grübeln, nur um dann festzustellen, dass Max Kunst ausprobieren wollte und Technik. Leonhard wählte das Selbe wie Ben und beide freuten sich darauf, die Kurse zusammen zu besuchen. Was Francesco wählte, wusste Ben allerdings nicht.
 

Am Freitagnachmittag saßen Ben und Francesco gequält vor den Mathesachen. Die Woche war anstrengend gewesen und Freitags wollten alle beide eigentlich nur nach Hause.
 

"Was hast du gewählt?", fragte Ben und Francesco sah auf, "Fitness AG, Hauswirtschaft und Technik", antwortete er knapp. "Dann bist du ja mit Max in Technik! Freunde dich mit ihm an und du wirst dir die krassesten Bauchmuskeln anlachen, ich schwör's dir.", Ben grinste. Franc musste ebenfalls grinsen, "Ich hab schon die krassesten Bauchmuskeln", sagte er trocken, dennoch mit einem Grinsen auf den Lippen. "Das würde ich dir gern' glauben, aber da brauche ich Beweise!", Benjamin lachte und Franc grinste immer noch. "Der war echt schlecht", Franc lächelte schief, "Ich weiß", Benjamin rieb sich den Nacken. Das war irgendwie peinlich gewesen. "Aber meine Mutter ist genauso schlecht in Sprüchen oder Kommunikation wie ich" - "Ich bin meinen Eltern überhaupt nicht ähnlich", murmelte Franc. "Sie lieben Ordnung und bei ihnen muss immer alles perfekt sein. Deswegen muss ich das Abi machen, weil meine beiden Geschwister es auch gemacht haben. Pasqualina studiert jetzt Psychologie und Pedro Jura.", Francesco kaute genervt auf seinem Bleistift rum. "Meine Mutter probiert viel aus, das nervt manchmal echt. Zur Zeit probiert sie es mit einer Frau.", Ben verdrehte die Augen. "Ich hab kein Problem damit, aber sie bringt die verschiedensten Leute mit, nicht alle mögen mich.", Francesco wurde hellhörig und sah Ben direkt in die Augen, "Ist sie streng?", Ben schüttelte den Kopf, "Zum Glück nicht, aber mein Vater war es", Er strich sich einige lockigen Strähnen aus dem Gesicht. "Meine Eltern schmeißen mich vielleicht raus, wenn ich das Abitur nicht schaffe, außerdem wollen sie, dass ich mir endlich eine Freundin suche", auf Francescos Satz verdrehte Ben wieder die Augen. "Eltern sind echt merkwürdig. Meine Mum war total aus dem Häuschen, als ich meinen Exfreund Ruven mitgebracht habe, dabei war er drei Jahre älter und hat teilweise Gras vertickt.", Ben fasste sich an die Lippen. Für einen Moment musste er wieder an Ruven denken, an die Zeit die er mit ihm gehabt hatte. Es war schön gewesen, Ruven war erfahren gewesen, aber er hatte auch seine Schattenseiten gehabt. "Kann man nichts machen...", murmelte Franc, in seinem Blick lag etwas komisches, das Ben nicht ganz identifizieren konnte. War das Melancholie? Er wusste es nicht.
 

Nach der Nachhilfe war Ben nach Hause gelaufen und hatte sich direkt unter die Dusche gestellt. Er wusch sich gerade die Haare und dachte über die heutige Nachhilfestunde nach, Francesco war für einen kurzen Moment echt eigenartig gewesen. Ben wünschte sich insgeheim mehr über Franc zu wissen. Francesco versteckte so vieles und Ben wollte mehr wissen, andererseits war er ihm suspekt und er wollte sich von ihm fernhalten. Er fühlte sich in Zwei gerissen. Das Wasser spülte den Schaum des Shampoos wieder aus und er begann sich mit seinem Duschgel einzureiben. Er mochte den leichten Geruch nach Moschus. Vielleicht würde er gleich einfach ein bisschen mit den anderen zocken. Mit Freunden abhängen oder zocken mochte er sehr gerne, aber er könnte auch malen oder schreiben. Vielleicht spielte er ein bisschen Bass? Er wusste es nicht so recht. Ben stieg aus der Dusche und griff nach einem Handtuch, um sich die Hüfte zu bedecken. Vor dem Spiegel blieb er stehen und stützte sich auf das Waschbecken ab, mit der Hand wischte er über den beschlagenen Spiegel und begutachtete sich selbst im Spiegel. Wenn er die Piercings zum Duschen rausnahm sah er so nackt aus. Viel zu unschuldig. Ben musste grinsen. Er und unschuldig passte gar nicht. Nicht wenn er daran dachte, was er mit Ruven getan hatte. Ruven hatte ihm so viel gezeigt, aber er war auch erfahrener gewesen. Ben spürte einen bitteren Stich im Herzen, wenn er an seinen Exfreund dachte. Die Zeit mit ihm war schön gewesen, doch wusste Ben, dass Ruven ihn meist nur 'geliebt' hatte, wenn er betrunken war. Und das machte ihn fertig. Als Ruven ihm die Wahrheit erzählt hatte, war Ben in ein tiefes Loch gefallen, doch endlich hatte er es hinaus geschafft und konnte wieder frei atmen. Die Zeit nach der Trennung war schrecklich gewesen. Zum Glück war Ruven danach in die nächst größere Stadt gezogen und er würde ihn hoffentlich nie wieder sehen.
 

Nachdem er mit Hannes und Max gezockt hatte, legte er sich ins Bett. Doch an Schlaf war nicht zu denken, er war irgendwie total wach, obwohl es zwei Uhr morgens war. Es würde ein langweiliger Samstag werden, das wusste er. Zum Glück konnte er den halben Tag verpennen. Das Wochenende an sich war unspektakulär, seine Oma kam zu Besuch, seine Mutter war am Samstagabend zu ihrer Freundin gegangen und Ben hatte den Sonntag für sich um peinlich singend durch die Wohnung zu laufen.
 

Am Montag hatten sie in den ersten beiden Stunden Latein, dann Religion und zum Schluss Physik. Es war ein langweiliger, normaler Schultag und nichts erwähnenswertes war geschehen. Ben war ganz froh um die Langeweile, wenn etwas geschah, waren alle immer in heller Aufruhr und er mochte Ruhe sowieso lieber.
 

Der Dienstag war angebrochen und heute würden zum ersten Mal im Jahr die AGs stattfinden. In den ersten vier Stunden passierte nichts, dann hatten sie eine Mittagspause und dann begannen die AGs! Als Benjamin den Raum endlich fand, erwartete ihn die kleine, braunhaarige Frau Müller mit der strengen roten Brille. "In diesem Jahr werden wir in der Kunst AG das Thema Gefühle und Emotionen behandeln. Ich möchte Wert auf eure innersten Vorgänge legen und euch helfen, den Stress und andere Dinge besser zu verarbeiten. Das bedeutet, dass die Kunst AG auch zum Teil ein bisschen Psychologie enthält. Wir werden uns mit den Emotionen in der Kunst beschäftigen und auch Künstler analysieren.", Frau Müller klatschte in die Hände, "Heute möchte ich einfach nur, dass ihr euch eure A3 Blöcke nehmt und mit Wasserfarben darauf malt. Ihr sollt nach Gefühlen arbeiten, nehmt das, was euch zusagt und denkt einfach mal nicht nach", sie lächelte und alle Schüler im Raum standen auf, um ihre Blöcke zu holen. Sie selbst setzte sich an ihren Pult, auf dem eine Leinwand lag und begann mit Acrylfarben zu malen. Wenig später war der Raum totenstill und alle starrten konzentriert auf ihre Blöcke. Ben beschäftigte einiges, er dachte an Ruven und sein Herz verkrampfte sich ein bisschen. Hier über ihn nachzudenken war eine schlechte Idee und das wusste er, aber das beschäftigte ihn nun mal im Moment. Aber auch etwas Neues kam ihm in den Sinn: Francesco. Wenn er an ihn dachte, sah er nur den 'coolen' Typen vor sich, der allen etwas vorspielte. Manche mochten ihm das abkaufen, aber Ben tat das nicht. Benjamin schüttelte den Kopf, er wollte nicht über ihn nachdenken, er war nichts weiter als ein Nachhilfeschüler und er würde es auch bleiben! Bei Max war da etwas anderes. Maximilian war sein bester Freund und er hatte ihn verdammt gern, er musste sogar zugeben, dass er vor einiger Zeit sogar ein bisschen in ihn verliebt gewesen war, aber er wusste, dass Max nichts von Kerlen wollte und, dass es ihre Freundschaft kaputt gemacht hätte. Das wollte Ben natürlich nicht, so eine tolle und enge Freundschaft würde er vielleicht nie wieder haben. Und auch die anderen, Leonhard, Hannes und Michael machten ihn glücklich, sie waren tolle Freunde mit denen er gerne Sachen unternahm.

Am Ende der zwei Stunden hatte Ben ein buntes Blatt, blau, rot und auch gelb. Es war interessant zu sehen, welche Farben er während seines Nachdenkens verwendet hatte.

Nach der Schule schrieb Ben weiter an seiner Geschichte die er vor Ewigkeiten mal angefangen hatte, er hatte selten Lust zu schreiben, aber wenn er Bock hatte, dann mussten die Tasten leiden. Er war den ganzen restlichen Nachmittag nicht erreichbar und befand sich in seiner eigenen, kreativen Welt während er schrieb. So saß Ben bist fast Mitternacht an seinem Computer und schrieb.
 

Am nächsten Morgen war Mittwoch und Ben quälte sich aus dem Bett. Nach einem gequälten Schultag kam er nach Hause und durfte dann gleich weiter Nachhilfe geben. Er hätte nicht so spät ins Bett gehen sollen, dann wäre er fitter gewesen, aber er musste es ausnutzen, wenn er mal Lust zu schreiben hatte! Aber jetzt saß er müde vor Francesco und ließ ihn weiter Rechnen. Heute schien auch Francesco eigentlich gar keinen Bock zu haben und tat sich schwerer als sonst. "Wenn Frankenstein jetzt hier wäre...", Ben gähnte, "...dann wäre das Ganze etwas erträglicher", er stützte sein Gesicht auf seiner Hand ab und beobachtete Franc. "Wer ist Frankenstein?", Francesco zog eine Augenbraue hoch, "Mein Kater", daraufhin lachte Franc ein bisschen. "Hast du deinem Alkoholrausch einen Namen gegeben?", er grinste und Ben verdrehte die Augen, "Ich meine meine Katze, sein Name ist Frankenstein",Ben streckte sich und gähnte nochmal. "Ach so", sagte Franc, "Ich mag keine Tiere", er kratzte sich an der Stirn. Ben zog die Augenbrauen tief ins Gesicht, "Wie bitte? Du magst keine Tiere? Das kann nicht sein!" - "Doch, ich hab' auch keine daheim. Die machen nur Dreck und kosten Geld", Franc zuckte mit den Schultern. "Dann hast du meinen Frankenstein noch nicht kennengelernt! Er ist der beste Kater der Welt!", Ben verschränkte die Arme vor der Brust, "Jetzt musst du mal zu mir kommen und meinen Kater kennenlernen", Ben versuchte ernst zu bleiben und musste dann grinsen. Franc gab sich geschlagen, "Na gut! Ich komm' ja mal zu dir...", er verdrehte die Augen und musste dann auch grinsen, "Du Vollidiot", brachte er heraus und machte kopfschüttelnd weiter an seinen Aufgaben. "Nächste Woche Freitag kommst du direkt nach der Schule einfach mal zu mir, wir machen Nachhilfe und dann gönnen wir uns", Ben sah Franc amüsiert an, "Ein bisschen zocken, Fressalien futtern und so", dann grinste er. Francesco nickte, "Machen wir", sagte er und lächelte.
 

Am Freitag geschah nichts sonderbares in der Nachhilfestunde. Francesco hatte einen Ausraster, weil Mathe ihn fertig machte und Ben nahm es ganz gelassen und half ihm weiter. Die Spannung des Herbstfestes lag in der Luft und keiner von beiden konnte sich richtig konzentrieren, denn sie wollten endlich auf den Rummel. Samstagnachmittag war es dann so weit, dass sich Ben und Max zusammen mit Leonhard, Hannes und Francs Freundeskreis auf dem Rummel trafen. Überall standen Fressbuden, Schießstände und ähnliches. Aaron und Johnny waren auch dabei, ebenso wie Bezo, Johanna und Hannah. Als erstes aßen sie Hotdogs und liefen gedankenlos über den Rummel. Später entschieden sich die Jungs zum Schießsstand zu gehen und einige Wetten abzuschließen.
 

Am Schießsstand legte Francesco die Waffe auf und konzentrierte sich, "Hey, auflegen gilt nich'!", grölte Aaron und gab Francesco einen Klaps auf den Hinterkopf, "Du warst ja auch beim Militär, du Arsch!", antwortete Francesco und grinste dann. Er musste ein paar aufgestellte Blechdosen umschießen, damit er einen Preis gewann. Die Preise waren natürlich totaler Schrott, aber den beiden ging es um eine Wette. Aaron wettete darauf, dass Franc keine einzige Dose traf und Franc selbst, dass er alle traf. Ben wettete nicht mit, ihm war sein Geld etwas wert, sollten sie doch machen. Franc zielte und schoss, der erste Versuch traf gar keine Dose, aber er hatte noch zwei Versuche! Beim zweiten Versuch schoss er zwei Dosen um und beim letzten nur eine. Aber wenigstens hatte er Dosen getroffen! Aaron rückte aber nur die Hälfte des Wettgeldes raus und meinte, dass er das definitiv besser können würde.
 

Als sie sich alle noch ein Bier gekauft hatten und ein paar Süßigkeiten machten sie sich auf den Weg zu Aarons Hütte am Waldrand. Aaron und Johnny fuhren mit Johanna und Hannah, Ben und die anderen liefen lieber, sie wollten ihr Leben nicht riskieren, nicht heute. Aaron fuhr auch nach drei Bier noch Auto. Er hatte zwar noch nie einen Unfall gehabt, aber alle warteten nur darauf. Leonhard und Hannes unterhielten sich gerade mit Bezo übers Boxen und nur Ben und Franc liefen schweigend nebeneinander her. Es war schon dunkel und die frostige Herbstluft ließ Ben ein bisschen zittern. Sein Atem kräuselte sich vor seiner Nase, in der Ferne konnte er schon die hohen Bäume des Waldes sehen und auch, dass das Haus schon beleuchtet war. Die Hütte von Aaron war eigentlich das Haus seiner Großeltern gewesen, die waren aber vor einigen Jahren gestorben und man hatte es geleert. Das Haus war nicht sehr groß gewesen, ganz klein, viel Holz und sehr kuschelig. Da Aaron das Haus geerbt hatte, konnte er damit machen was er wollte und so feierte er seine Partys dort. Seine Partys waren recht bekannt im Dorf, aber nur geladene Gäste kamen, alle anderen hatten Angst erwischt zu werden, denn Aaron vertickte und rauchte unmengen von Gras zusammen mit Johnny. Ben hatte seinen dunkelblauen Mantel an und dazu einen schwarzblau gestreiften Schaal. Die Hände hatte er in seinen Mantel gesteckt und die Nase im Schaal vergraben, sie waren zum Glück gleich bei der Hütte. Von der Dorfmitte aus brauchte man zu Fuß fünfzehn Minuten zur Hütte, denn sie lag direkt am Waldrand abseits von anderen Häusern. Was hieß am Waldrand? Sie war umgeben von Bäumen, aber man konnte die Schotterstraße noch sehen.
 

An der Hütte angekommen konnte Ben Aarons weißen Pickup-Truck in der zugewachsenen Einfahrt sehen. Er öffnete die Tür und gleißendes Licht und der Geruch von Marihuana kamen ihm entgegen. "Hey Leute", begrüßte er die anderen die zusammen in dem großen Wohnzimmer saßen. Die Wände des Wohnzimmers waren gelblich, die großen dunkelbraunen Sofas ausgesessen und der Fließentisch verdreckt. Nachdem man das Haus ausgeräumt hatte, hatte Aaron nur weniges vom Spermüll hier reingestellt. Es sah nicht sehr wohnlich aus, außerdem waren die Wände mit Graffiti besprüht. Hannah und Johanna tranken gerade einen pinken Cocktail, während Johnny und Aaron selbst gerade Joints ohne Ende rollten. "Wollt ihr euch heute auf den Mond schießen?", fragte Leonhard und kam hinter Ben durch die Türe hinein. Hannes setzte sich neben Johanna und Franc setzte sich auf die Lehne eines leeren Sessels. Ben selbst setzte sich auf den Sessel auf dem auch Franc saß und griff nach dem ersten Joint. Er zog ein Feuerzeug aus seiner Jackentasche und zündete das Papier vorne an, dann zog er seine Jacke und seinen Schaal aus. Mit dem ersten Zug fühlte er sich gleich besser, er kiffte selten, sehr selten, aber gerne. "Leute, was wollt ihr für Mucke hör'n?", Aaron stand mit einer Kippe im Mund auf und lief zur großen Anlage in der Ecke, "Bisschen Rock?", Ben grinste, "Thirtythree Truckdrivers!", rief Johnny, "Calm! At The Park, bitches!", grölte Hannes. Aaron lachte, "Ich mach einfach Shuffle an, dann kommt alles", er setzte sich wieder neben Johnny und öffnete eine von den vielen Chipstüten, die neben den Alkoholflaschen auf dem Tisch standen. "Hey Franc, probier' auch mal!", Ben hob Francesco den Joint hin, woraufhin dieser nur abwehrend die Hände hob, "Neee, lass' mal! Ich rauch' nich'", er wandte sich von Ben ab und begann mit Bezo zu sprechen. Ben kniete sich auf den Sessel und rüttelte an Francescos Schultern, "Jetzt probier' mal!", sagte er und hob Franc den Joint wieder vor's Gesicht. "Lass' ihn doch, wenn er nicht will...", Bezo sah Ben tadelnd an. "Ach komm! Er soll wenigstens mal probieren, der alte Langweiler!", Benjamin grinste. "Genau, Franc, du alte Spaßbremse!", rief Aaron quer durch den Raum und die Leute im Zimmer feuerten ihn an. Abgesehen von den üblichen Leuten waren noch eine handvoll anderer Freunde von Aaron da, aber Ben kannte sie nicht und sie waren ihm auch relativ egal. "Francesco, du verpasst was, wenn du nicht wenigstens mal probierst", Benjamin stand auf und stellte sich vor den eigentlich größeren Francesco, der jetzt auf der Lehne sitzend, kleiner als Ben war. Er hob ihm den Joint hin und wackelte mit den Augenbrauen. "Komm' schon", mit diesen Worten verdrehte Franc die Augen und nahm den Joint. Bezo seufzte nur leise. "Geht doch! Jetzt nimm' mal 'nen Zug!", Benjamin stämmte die Hände in die Hüfte. Laute Musik dröhnte aus den Lautsprechern in der Ecke, Franc zog am Joint und hustete, aber er pobierte es immer wieder, bis er nicht mehr husten musste. "Wenn dann richtig, 'ne?", murmelte er und gab Ben den Joint zurück. "Wie fühlst du dich?", Ben nahm selbst nochmal einen Zug, er selbst fühlte sich gut, das übliche High eben, ein leichtes, schwebendes Gefühl, das den Kopf auf eine angenehme Weise benebelte. "Ich merk' noch gar nichts", Franc hob eine Augenbraue. "Kommt noch", und damit drehte Ben sich um, damit er sich ein Glas Wodkafeige einschenken konnte.
 

Gegen Mitternacht war Francesco völlig high und Ben ziemlich betrunken und high. Hannes war nach Hause gegangen, er vertrug nicht viel Alkohol und Hannah durfte nicht so lange weg sein. "Van Gogh hätte sich das Ohr echt nich' abschneiden müssen...", Ben nahm einen Schluck aus seinem Glas, "Er hatte psychische Probleme!", Leonhard lachte und fuhr sich durch die langen, offenen Haare. Sie unterhielten sich über den größtmöglichen Schwachsinn, aber es machte ihnen Spaß. Plötzlich stand Ben auf und schwankte zu Franc, "Sooo, wie geht es dir jetzt?", Ben stützte sich mit seinen Händen auf seinen Knien ab und grinste schief. Francs Augen waren ganz verklärt und er lachte nur heftig auf Bens Frage, "Keine Sorge, meine ersten paar Male waren auch so", er klopfte Franc auf die Schulter. Ben streckte sich, "Leute ich geh' jetzt, muss morgen noch was machen", er zeigte den Leuten im Raum das Peacezeichen und verschwand durch die Tür, nachdem er seine Jacke und den Schaal wieder angezogen hatte. Der Weg nach Hause erschien ihm heute kürzer als sonst, aber das lag daran, dass er high und bertrunken war. Es war dunkel auf den Straßen und langsam begann es zu tröpfeln, aber das störte Ben wenig. Er musste an den gelungenen abend mit Freunden denken und war völlig 'berauscht'.
 

Daheim angekommen zog er sich bis auf die Boxershorts aus und legte sich in sein Bett. Wäre Ruven doch nur hier, dann hätten sie betrunkenen-nach-der-Party-Sex haben können, zu schade aber auch. Wobei, wenn er genug Alkohol getrunken hatte, konnte er sich sogar vorstellen Franc durch zu nageln. Heiß war Franc, das musste man ihm lassen. Die Lederjacken und die engen Jeans standen ihm perfekt und außerdem fuhr er Motorrad. Und das Rauchen stand ihm unheimlich gut...Ben seufzte und seine Hand fuhr seinen Bauch hinab. Die wachsende Erregung machte ihn verrückt und er war ziemlich untervögelt. Jetzt musste er etwas dagegen tun.
 

Der nächste Morgen war grau und Ben hatte einen ziemlichen Kater. Der ganze Sonntag war ein lausiger, langweiliger, grauer und öder Tag der nicht vorbeigehen wollte.
 

Die darauffolgenden Tage waren auch nicht sehr spannend, doch mittlerweile freute er sich immer mehr auf die Stunden mit Franc. Am Mittwoch saßen sie wieder beieinander und Ben erklärte Franc dieses Mal etwas Neues. "Wir haben zur Zeit Exponentialfunktionen und du musst einiges drüber wissen", Ben zeigte auf eine Zeichnung im Mathebuch. "Wenn der Shit doch nur so einfach zu handhaben wie mein Motorrad wäre...", Franc massierte sich genervt die Schläfen. "Motorräder sind echt geil, ich wollte immer eins, aber ich hab ja nicht mal 'nen Rollerführerschein", Ben kratzte sich verlegen am Kinn. "Ich hab meinen Führerschein jetzt schon echt lange...", Franc runzelte die Stirn. "Aber meine Maschine ist noch nicht so alt", er schrieb eine Formel aus dem Buch ab. "Wenn ich den Führerschein mal mache, dann will ich einen Pickup-Truck wie Aaron haben oder auch ein Motorrad, ich finde das total genial", euphorisch schwärmte Ben von seinem Vorhaben. "Beides echt teuer und verbrauchen tun die auch viel", meinte Franc trocken. "Verdirb mir doch nich' den Spaß!", jaulte Benjamin und grinste dann, "War'n Scherz. Wahrscheinlich erbe ich mal das hässliche Auto meiner Mutter oder so", Franc grinste, "Wenn ich die Karren meiner Eltern erben würde, wäre ich reich", er sah amüsiert zur Seite. Die Stunde neigte sich dem Ende zu und beide packten ihre Sachen zusammen, "Danke, Ben", murmelte Franc, als sie bei den Fahrradständern standen. Ben nickte, "Kein Ding", brachte er heraus und lächelte halbherzig. "Sehen uns morgen", verabschiedete Ben sich und fing an nach Hause zu laufen. "Ich kann dich auch mitnehmen", rief Franc ihm nach. Ben drehte sich verwudnert um, "Als ob du das tun würdest!", Francesco stieg auf das schwarze Motorrad und fuhr vor zu Ben. "Willst du's testen?", fragte er neckend, "Nö!", Ben stieg hinter Franc auf. "Ich wohn' im Grünweg 17", sagte er und Franc nickte. Sie fuhren los, Ben hielt sich am Sitz fest und seine Haare wehten im Wind. "Alter is' das Teil krass!", rief er und er konnte Franc lächeln sehen. "Hat auch 'n Haufen PS, mein Herr!", er beschleunigte ein bisschen und bog dann in die nächste Seitenstraße ein. "Da vorne, das blaue Haus!", Ben zeigte mit dem Finger darauf und Franc nickte. Vor Bens Haus nickte Franc ihm zu, "Das war die Revanchierung für die Nachhilfe, du Vollpfosten", Ben schmunzelte, "Na klar. Danke, Mann!", er gab Franc einen Handschlag. "Bis morgen", Franc grinste und ließ den Motor aufheulen und raste dann davon. "Fuck...", murmelte Ben, als er Franc nachsah. "Was für'n abgefuckter Typ", mit diesen Worten schloss er die Haustür auf. "Hallo Ben!", rief seine Mutter, die gerade auf dem orangenen Sofa saß. "War das gerade ein Motorrad vor unserem Haus?", fragte sie amüsiert und zog eine Augenbraue hoch. Ben kratzte sich verlegen am Hals, "Ja? Franc hat mich mitenommen", seine Mutter nickte nur wissend und wandte sich wieder dem Buch in ihrer Hand zu und Ben stieg die Treppe hinauf.
 

Oben in seinem Zimmer angekommen legte Ben seinen Rucksack ab, zog seine Jogginghosen an und setzte sich an seinen Rechner. "Leuteeeee!", rief er in den Groupspeak, als er das Headset aufgesetzt hatte. "Benni! Nachhilfelehrer des Jahres!", rief Max laut. "Wie war dein Schüler?" - "Wie immer, schlecht in Mathe", Ben lachte. "Aber der is' nich' scheiße in Technik, das kann ich dir sagen!", Ben verdrehte die Augen. "Er will ja auch Mechatroniker werden", Ben griff nach einem ungeöffneten Energydrink neben dem Bildschirm. "Wir haben uns da mal drüber unterhalten und so", er öffnete de Dose und sie zischte. "Und bestimmt habt ihr geflirtet", schnurrte Hannes ins Mikro. "Mit dem? Ich hab' dir schonmal gesagt, dass ich nichts von ihm will. Gar nicht mein Typ", Benjamin lief hinter seinem Bildschirm rot an, er wollte vor den anderen nicht zugeben, dass er Francesco ziemlich heiß fand. Mehr war es aber auch nicht. "Ich find' ihn wirklich attraktiv", meldete sich Hannes nochmal, "Ich würd' ja so gerne was mit Johanna anfangen, aber sie will ja nicht...", Max seufzte. "Vielleicht ist sie ja asexuell, wie Michael. Oder frag sie mal nach einem Date, wie ist die Idee?", Ben nahm einen Schluck von seiner Dose. "Trefft ihr euch eigentlich auch privat?", Leonhard war auch im Groupspeak, hatte sich bis jetzt aber noch nicht gemeldet. "Nächste Woche das erste Mal", Leonhard kicherte, "Ihr wärt ein super Paar!", rief er aus. Benjamin verdrehte die Augen, er sollte das mit dem Motorrad von heute lieber nicht erzählen, seine Freunde shippten ihn ja jetzt schon schlimmer als jedes ihrer OTP's. "Ich komm' doch nich' mit einem Slytherin zusammen!", rief er empört aus, um das Thema zu wechseln. Wenn seine Freunde anfingen von Harry Potter zu sprechen, dann war alles aus. "Ach komm' schon! Besser als ein Gryffindor", meckerte Hannes. "Nein? Ein Ravenclaw passt am besten zu einem Ravenclaw!", sagte Leonhard euphorisch. Max mochte Harry Potter nicht so sehr und hielt sich aus der Diskussion raus. "Macht das mal unter euch aus...", murmelte er und ging offline. Jetzt wo Max offline war, bemerkte Ben, dass er auch keine Lust mehr auf Groupspeak hatte und ging ebenfalls offline.
 

Draußen war es schon dunkel, als er zum Fenstler lief und sich auf dem Fensterbrett abstützte, um auf die schäbig beleuchtete Straße zu sehen. Der erste Frost zeichnete sich am Fenster entlang und aus den Schornsteinen der Häuser rauchte es. Wo Francesco wohl wohnte? Von wegen auf dem Weg...er wohnte bestimmt außerhalb des Dorfes und deswegen kam er immer mit dem Motorrad. Ben seufzte, dieser Kerl sollte nicht ständig in seinen Gedanken rumgeistern! Im Moment dachte er viel zu viel über Liebe nach. Das musste an Ruven liegen, vorletztes Jahr um diese Zeit hatten er und Ben schlussgemacht. Um nicht völlig im Kummer zu versinken, schaltete Ben seine Anlage an und ließ alle Alben von 'My Biological Marriage' laufen, während er auf seinem Bett lag und Frankenstein streichelte. Er erinnerte sich gerne an alle Momente, die guten, sowie die schlechten. Ohne es zu merken driftete er langsam in den Schlaf. Er war so müde gewesen...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück