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Bloody Eternity 2

von

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Ein sterbender Schwan

Es brachte doch nichts, wenn er alle paar Stunden seine Planung über den Haufen warf. Jetzt hatte er sich entschieden, vorerst zu bleiben, und das würde er auch tun. So könnte er zumindest ein Auge auf Jane werfen.

Trotz dieses (vorläufigen) Vorsatzes war Aiden noch abgelenkt, als er später in der Nacht endlich zum Jagen kam. Es war eine Erleichterung, endlich wieder zu trinken, aber als er von der Frau abließ, bemerkte er, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie roch komisch und jetzt, wo er nicht mehr nur aufs Trinken fixiert war, bemerkte er, dass er einen seltsamen Geschmack im Mund hatte. Mist.

Er hatte ein ungutes Gefühl, als er die Frau auf einer nahegelegenen Parkbank absetzte, wo sie sich ausruhen konnte, ignorierte das aber, um sich auf den Weg zum Anwesen des Antiquitäten-Vampirs zu machen. Schon unterwegs bemerkte er, wie ein zunehmender Kopfschmerz ihm gegen die Schläfen drückte und sich zu einer waschechten Migräne steigerte, bis er beim Anwesen angekommen war. Er verfluchte sich dafür, nicht besser aufgepasst zu haben, sah aber jetzt nicht ein, nach Hause zu gehen. Also ignorierte er die aufkommenden Hals- und Gliederschmerzen und versuchte, im Haus etwas zu entdecken. Er war nicht sicher, hätte aber fast schwören mögen, dass der eine oder andere Kleinkram verschwunden war, seit sie zuletzt hier gewesen waren. Das half ihm aber nicht weiter, sodass er wieder zu der Stelle ging, an der sie den Vampir verloren hatte. Wie erwartet, war der Blumenduft dort noch extrem stark, aber nach ein paar Schritten konnte er ihn nicht mehr wahrnehmen. Seine Nase war vollkommen verstopft.

Frustriert versuchte er noch eine Weile, der Fährte zu folgen, aber erneut musste er aufgeben und schließlich sogar einsehen, dass es keinen Sinn mehr hatte, weiter zu suchen. Er brauchte eine gefühlte Ewigkeit zurück zum Anwesen der McCollins. Die Herausforderung, die Treppe zu erklimmen, erschien ihm unendlich mühsam, nachdem er so lange gelaufen war, und er beschloss, sich kurz auf der Couch auszuruhen. Als er saß, nahm er den Geruch von der Stelle wahr, an der Jane vor wenigen Stunden gesessen hatte - Das einzige, das er im Moment wirklich deutlich riechen konnte. Ohne groß nachzudenken, legte sie den Kopf dorthin und schlief kurz darauf schon.

Viel zu schnell wurde er jedoch geweckt, als jemand mit einer sehr angenehmen Stimme seinen Namen nannte. Wiederwillig und mühselig öffnete er die Augen und erblickte Jane, die sich besorgt über ihn gebeugt hatte.

"Was machst du für Sachen...", seufzte sie leise, wobei sie nicht umhin kam, sich kurz die Schläfe zu massieren. „Kannst du aufstehen?“

Er versuchte es, doch wurde ihm schwummerig, und er ließ sich lieber wieder in die Kissen sinken und schloss die Augen wieder. Jane versuchte noch ein paar Mal, ihn zu wecken, doch Aiden hatte keine Lust, die Augen aufzumachen. Wieso auch, wo es jetzt so angenehm intensiv nach Jane roch? Er hörte noch, wie sie leise fluchend ihr Handy hervorkramte und jemanden – vermutlich Gabriel – anrief, aber während der Wartezeit schlief er wieder tief ein. Erst die unsanfte Behandlung seines Trägers weckte ihn halbwegs. Normalerweise hätte der Vampir nie zugelassen, von dem Werwolf herumgetragen zu werden, aber gerade ließ er einfach willenlos alles mit sich geschehen. Er verstand sowieso nicht so richtig, was vor sich ging, als er plötzlich die Treppe hochgetragen wurde, aber Janes Geruch stieg jetzt direkt vor ihm von Gabriels Nacken auf und Aiden schmiegte sich automatisch an die Wärmequelle vor sich.

"Hey! Lass das gefälligst! Das ist ja ekelhaft!", schimpfte der Spanier etwas angewidert und beschleunigte sein Gehtempo.

Deren Protest bekam Aiden nicht wirklich mit. Kurz darauf wurde er wieder aus seinem Schlaf gerissen, als plötzlich ein Eisklumpen auf seiner Stirn landete. Er stöhnte unwillig und drehte den Kopf weg, aber es half nichts. Vielleicht musste er wirklich nachsehen, was da vor sich ging. Mühsam öffnete er die Augen und sah für einen Moment zwei verschwommene Gestalten vor sich. Sobald er Jane erkannte, lächelte er unwillkürlich, Eisklotz am Kopf hin oder her.

"Jane...", krächzte er, wobei er genauso verschnupft klang wie der Werwolf bei ihrer Rückkehr am letzten Abend. Ihm tat alles weh und sein Kopf fühlte sich seltsam wattig an, sodass er den kurzen Impuls, sich aufzusetzen, sofort wieder aufgab.

Nur langsam wurde er der Umgebung gewahr, realisierte, dass sie wohl in seinem Zimmer waren. "Was ist... Was ist los?", fragte er verwirrt und legte sich die Hand an den schmerzenden Kopf. Dabei fasste er in etwas Nasses und erkannte es als Lappen, den er instinktiv wegschieben wollte, aber seine Krankenschwester drückte das Tuch wieder an seinen Platz.

„Reden Vampire immer so viel, wenn krank sind?“, fragte Jane mürrisch und seufzte leise und schwer auf. "Wir wissen zwar nicht, wie du dich so plötzlich erkältet hast, aber es sieht nach einer schweren Grippe aus", erklärte sie ihm, wobei ihr Blick zu ihrem Kindheitsfreund schweifte.

Aiden sah ebenfalls zu Gabriel, und dessen Anwesenheit gefiel ihm sogar in seinem geschwächten Zustand nicht. „Was macht der hier…?“

Sie runzelte leicht die Stirn und nahm das feuchte Tuch, um es ins kalte Wasser zu tauchen und auszuwringen. Kurz darauf legte es die Hobby-Krankenschwester wieder auf die warme Stirn des Patienten.

"Du könntest ruhig Danke sagen. Schließlich habe ich dich ins Bett getragen", schnaubte der Werwolf patzig, wobei er ein kaum hörbares 'obwohl du dich so ekelhaft an mich geschmissen hast' vor sich hin murmelte.

Aiden ignorierte ihn, denn da kam ihm wieder in den Sinn, weshalb er überhaupt losgezogen war, und er sah Jane traurig an. "Tut mir leid. Ich hab nichts gefunden. Aber morgen schau ich nochmal, ok? Morgen...", murmelte er, dann fielen ihm die schweren Lieder wieder zu.
 

In der Nacht war Aiden ein paar Mal aufgewacht und unruhig geworden, weil er wirre Träume hatte und ihm abwechselnd heiß und kalt war. Aber er hatte sich jedes Mal relativ schnell beruhigt; das Zimmer war von einem angenehmen Geruch erfüllt, und in seinem fiebrigen Zustand träumte er, Jane schliefe auf einem Sessel neben seinem Bett.

Irgendwann in der Nacht war er nah zum Rand des Bettes gerutscht und sein Arm baumelte über die Kante, als er aufwachte. Alles an ihm fühlte sich schwer und wund an, ein Zustand, den er schon lange nicht mehr erlebt hatte und auf den er gerne verzichtet hätte. Wunderbar, jetzt war er auch noch krank.

Zuerst sah er nichts, sodass er erst mal den inzwischen warmen Lappen aus seinem Gesicht pflückte, um sich überhaupt zu orientieren. Als er jedoch Jane auf dem Sessel schlafen sah, war er eher noch verwirrter als zuvor. Das war also kein Traum gewesen, obwohl er sich nicht daran erinnern konnte, wie er ins Bett gekommen war oder was er noch zu seinem Abholkommando gesagt hatte.

Zumindest schien jedoch das Fieber ein bisschen gesunken zu sein, denn er fühlte sich nicht mehr ganz so belämmert wie in der Nacht. Weh tat ihm aber immer noch alles und als er sich aufsetzte, fing das Zimmer an, sich zu drehen. Der Vampir weigerte sich jedoch, sich von seinem eigenen Körper dazu zwingen zu lassen, sich wieder hinzulegen, und blieb in seinem persönlichen Karussell sitzen. Das würde schon vorübergehen.

Vor allem wurde es anstrengend, sodass er nach fünf Minuten den Kampf gegen sich selbst aufgab und sich mit einem genervten, krächzenden Stöhnen wieder ins Bett fallen ließ. Dabei war er wohl zu laut gewesen, denn er sah aus dem Augenwinkel, wie Jane sich rührte.

"Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken", lächelte er matt.

Ein Blick zu den Vorhängen, durch die das Tageslicht schimmerte, verriet Jane, dass schon der neue Tag angebrochen war. Nur langsam und mit einem kurzzeitig verzogenem Gesicht, setzte sie sich auf, ehe sie sich kurz streckte und die ermüdeten Glieder knacksen ließ. "Schon gut. Wenn ich länger hier geschlafen hätte, würden mich meine Knochen bestimmt umbringen", meinte sie leise und rollte ihren Kopf einmal nach links und rechts.

"Tut mir leid, dass du hier geschlafen hast, das wäre wirklich nicht nötig gewesen."

Es überraschte ihn, dass sie es getan hatte. Immerhin musste ihr bewusst sein, dass er nicht an einer Grippe sterben würde, und selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte es ihr eigentlich egal sein können. Aber sie hatte sogar über ihn gewacht und sich, wie er aus dem nassen Lappen auf dem Boden schloss, um ihn gekümmert. Diesen hob er jetzt auf, wobei sich ein bohrender Schmerz durch seinen Schädel presste, als er sich wieder aufrichtete. Kurz verharrte er halb aus dem Bett gebeugt, dann richtete er sich möglichst schnell wieder auf, schmiss das Tuch in den Wasserbehälter auf dem Nachttisch und blieb sitzen. Er wollte nicht, dass Jane ihn da so schwach sah. Es war schon unangenehm genug, dass sie ihn auf der Couch schlafend gefunden hatte. Jetzt hielt sie ihn bestimmt für einen Waschlappen... Obwohl sie auf die ja scheinbar stand, wenn man an Logan dachte.

"Bleib liegen", wies sie ihn an und umging dabei offensichtlich seine zweite Entschuldigung. Sie stand auf, als er ihrer Aufforderung nicht nachkam, fasste ihn an die Schultern und drückte ihn vorsichtig, aber bestimmt zurück ins Bett. "Wie fühlst du dich, abgesehen davon, dass dir schlecht wird, wenn du dich aufsetzt und zu abrupt bewegst?", wollte Jane wissen.

„Mir ist nicht schlecht, ich hab nur... Das Gleichgewicht verloren", log er, noch immer das angestrengte Lächeln auf den Lippen. "Mir geht es gut. Ich wollte dir wirklich keine Umstände machen..." Als er das sagte fiel ihm wieder auf, dass er ja eigentlich auf der Couch geschlafen hatte und dass Jane ihn unmöglich tragen konnte. Sie war zwar stark für einen Menschen, aber er wog bestimmt doppelt so viel wie sie. Und eine Ameise war sie noch nicht. Bei diesem albernen Gedanken musste er unwillkürlich lachen, was sich jedoch schnell in einen schmerzhaften Husten verwandelte, der seine Behauptung, es ginge ihm gut, zunichtemachte.

"Ja, sehr gut. Ich seh' schon", gab sie unbeeindruckt von sich.

Geschwächt von diesem Anfall ließ er es einfach zu, dass Jane ihn zurück in die Kissen drückte, und schloss die Augen. Sein verkrampfter Körper entspannte sich ein wenig, als er etwas angenehm Kühles an der Stirn spürte. Fühlte sich an wie Janes Finger, die seine Temperatur zu ertasten versuchten. "Das ist schön", murmelte er leise. Wenn sie ihn dann immer von sich aus berührte, war es vielleicht gar nicht so schlecht, krank zu sein…

"Ich kann dir das Tuch wieder auf die Stirn legen, wenn du was Kühles haben willst", bot Jane an, die Aidens Worte wohl missverstanden hatte, und wandte sich der Wasserschüssel zu.

Viel zu schnell löste sie sich wieder, und er öffnete die Augen, in denen ein bedauernder Ausdruck lag. "Ich war in dem Haus, aber irgendwie war mir so komisch, deswegen konnte ich nichts feststellen. Entschuldige", wiederholte er, da er ja nicht wusste, dass er das schon gesagt hatte. Im nächsten Moment hatte er sich bereits wieder aufgesetzt und die Beine über den Rand des Bettes geschwungen. "Aber ich bin mir sicher, dass ich der Spur folgen kann. Es war, als hätte er mit dem Parfüm eine Spur gelegt oder so." Er lachte hustend, dann versuchte er, aufzustehen. Das bereute er aber sofort, denn seine Sinne begannen wieder, verrückt zu spielen, und er kippte gegen Jane, die sicher umgefallen wäre, wenn sie nur ein bisschen schwächer gewesen wäre.

daran sterben kannst, bist du krank und momentan sehr schwach!", schimpfte die temporäre und selbsternannte Krankenschwester während sie ihn wieder zurück ins Bett verfrachtete. "Und ich weiß, dass du gestern nicht erfolgreich warst. Das hast du mir vor ein paar Stunden berichtet und ich habe dir gesagt, dass es okay ist. Tu mir also den Gefallen und bleib im Bett, bis du einigermaßen wieder Herr deiner Kräfte bist!"

Um ihr nicht noch mehr zur Last zu fallen, ließ er sich unter neuerlichen Entschuldigungen zurück ins Bett verfrachten. "Das ist nicht ok", widersprach er trotzdem und gab endlich seinen zuklappenden Augen nach. Schlafen wollte er immer noch nicht, aber so brannten sie nicht mehr so sehr.

"Wieso soll das bitte schön nicht okay sein? Es ist schließlich mein Fall und wenn ich sage, dass es so in Ordnung ist, dann ist es so", erwiderte Vampirjägerin schneidend, da ihr der Wiederspruch nicht passte.

"Wenn ich dir nicht wenigstens nützlich bin, verzeihst du mir noch weniger…", erklärte Aiden müde.

"Hör zu...", begann sie leise, wobei ihre Stimme milder klang als noch vor wenigen Sekunden. "Das eine hat mit dem anderen Nichts zu tun. Selbst wenn du mir jetzt unzählige Informationen oder womöglich den Vampir selbst anschleppst... Das Ganze braucht einfach seine Zeit. Es bringt dir also Nichts, wenn du dir jetzt darüber den Kopf zerbrichst und glaubst, dass du mir irgendwie ... etwas 'schuldig' bist. Konzentrier dich darauf, wieder gesund zu werden."

Beim zweiten Teil ihrer Erklärung lächelte er wieder erschöpft und sah zu ihr auf. "Ich weiß, dass es Zeit braucht, und die hast du auch verdient... Tut mir leid, dass ich schon wieder davon anfange." Aber es war so schwer, auf etwas zu warten, das er unbedingt wollte. Das sagte er ihr nicht, um nicht noch weiter auf dem Thema herumzureiten, nur wusste er sich einfach nicht anders zu helfen, als ihr zu Diensten zu sein. Das hatte beim ersten Mal funktioniert und er war einfach davon ausgegangen, dass es wieder klappen würde, was ja scheinbar auch der Fall war.

Jane griff nach dem Tuch und wischte ihrem Patienten nochmal den Schweiß weg. "Sag mal...", fiel Aiden auf, wo er gerade life gesehen hatte, dass sie ihn kaum halten, geschweige denn eine Treppe hoch schleifen konnte. "Wie hast du mich überhaupt hier hoch gebracht?"

"Ich habe Gabe angerufen und der hat dich dann nach oben getragen. Du warst über seine Anwesenheit sogar ein wenig empört und wolltest wissen, was er hier zu suchen hat", klärte Jane ihn auf, wobei sie sich wieder auf dem Sessel nieder, ihren Kopf in alle erdenklichen Richtungen neigte, ehe sie mit der rechten Hand ein wenig gegen die Halsbeuge drückte und versuchte, sich selbst zu massieren.

"Er hat mich angefasst?", fragte er, mindestens genauso angewidert wie der Werwolf es gewesen war. Es war eindeutig, dass seine Dankbarkeit für die Hilfe sich einzig und alleine auf den weiblichen Part des Rettungskommandos beschränkte. Wenn sie ihn einfach geweckt hätte, wäre er schon hoch gelaufen. Er konnte sich ja nicht daran erinnern, dass er teilweise wach gewesen war und das trotzdem nicht auf die Reihe gebracht hatte.

"Nein, er hat seinen Zauberstab geschwungen und dich per Schwebezauber hierhin verfrachtet", antwortete sie ironisch und augenverdrehend, ehe sie leise seufzend den Kopf schüttelte. "Natürlich hat er dich angefasst. Er hat dich immerhin Huckepack genommen, nachdem alle Versuche, dich zu wecken und auf die Beine zu bringen, fehlgeschlagen sind."

"Ich will baden", schmollte er kindischer Weise, als sie bestätigte, dass der Wolf ihn angefasst hatte. Das war ja ekelhaft. Und lebensgefährlich, immerhin war es nicht sicher, dass der Welpe dazu in der Lage war, ihn zu tragen – sie hätten stürzen und sich die Hälse brechen können.

"Jetzt hab dich nicht so. Er hat dich nur Huckepack genommen und dich nicht gleich abgeleckt oder was weiß ich", erwiderte sie auf sein kindisches Gemaule und verdrehte dazu leicht die Augen.

"Ihr hättet mich auch einfach unten lassen können...", fuhr er fort, stockte jedoch, als ihm klar wurde, wirklich klar wurde, dass sie es nicht getan hatten, weil sie sich um ihn kümmern wollten. Auch jetzt kümmerte Jane sich um ihn, etwas, dass er nicht gewohnt war, das ihn aber wahnsinnig rührte. Und er hatte nur gemeckert, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte... "Danke. Für alles. Auch Gabriel, schätze ich", fügte er hinzu, wobei er nicht verhindern konnte, ein wenig mürrisch zu klingen. Bevor er die Abneigung gegen den Spanier ablegte, würde es wohl noch etwas dauern.

Ihr tadelnder Blick ließ Aiden verstummen, und Jane wechselte das Thema: "Da ich davon ausgehe, dass man keine Infusionen an Vampire anschließen kann“ – immerhin hatten sie keinen Herzschlag – „rate ich dir, dich auszuruhen und zu schlafen, um wieder gesund zu werden. Von mir aus hole ich dir auch ein paar Bücher oder die Fernbedienung, wenn du dich langweilst. Bleib einfach im Bett und beweg dich nicht unnötig viel", wies sie ihn an, bevor sie fragte: "Gibt es vielleicht irgendwelche Möglichkeiten, den Heilungsprozess zu beschleunigen?"

Es gefiel Aiden immer noch nicht, ihr gegenüber davon zu sprechen, wie er sich ernährte, aber in diesem Fall musste es wohl sein. Wie gesagt, wenn er nicht trank und seine Natur ignorierte, würde es für alle nur noch unangenehmer enden. "Blut", antwortete er daher leise und drehte den Kopf von ihr Weg. "Wenn Liz mir wieder Konserven mitbringen könnte, wäre das sehr freundlich." Frisches Blut wäre natürlich bedeutend hilfreicher, aber er würde das von keiner der beiden erwarten und wusste auch, dass er das nicht durfte. Im Moment war er ja nicht mal in Lebensgefahr, sondern einfach nur eine Bürde.

Er öffnete die Augen nochmal ganz kurz und sah aus dem Fenster, aber das Licht erschien ihm unangenehm grell, sodass er sie wieder zu machte. Zu gerne hätte Aiden Jane gefragt, ob sie bei ihm bleiben würde, wenn er schlief, aber dann würde sie ihn wohl nur wieder so irritiert anschauen, und ganz so benebelt war er dann doch nicht mehr.

In dem Moment waren auf dem Flur Geräusche zu hören, und Jane stand auf. "Du bleibst brav im Bett und ruhst dich aus. Ich rede mit meiner Mutter. Sie wird dich nachher untersuchen und dir bestimmt zwei oder drei Konserven besorgen", wies sie ihn streng an, ehe sie aus dem Zimmer verschwand, um mit der Ärztin zu frühstücken.

Aiden lächelte seiner Krankenschwester nach, spielte kurz mit dem Gedanken, noch einen Fluchtversuch zu unternehmen, ließ es dann aber bleiben und lehnte sich zurück ins Bett. Keine zwei Minuten später schlief er bereits wieder.

Die Rückkehr der Hausdamen weckte ihn wieder, und Aiden wollte sich aus reflexartiger Höflichkeit aufsetzen, wurde aber sofort wieder zurückgepfiffen. Seufzend tat er, was die Ladies wollten und ließ die doch recht peinliche Untersuchung über sich ergehen. Er vertraute vollkommen darauf, dass Elizabeth eine professionelle, kompetente Ärztin war, aber sie war eine Frau, und sich derart von ihr examinieren zu lassen, war einfach peinlich. Er ließ es jedoch mit sich machen - Groß dagegen wehren hätte er sich im Moment sowieso nicht können.

„Wie werden Vampire eigentlich krank?“, erkundigte Elizabeth sich voll professioneller Neugierde, und auch Jane trat interessiert einen Schritt näher.

Aiden war ganz froh, reden zu können, statt unter der ungeteilten Aufmerksamkeit seiner Gastgeberinnen im Bett zu liegen, obwohl sein Hals beim Sprechen schmerzte. „Im Allgemeinen ist unser Organismus ziemlich resistent.“ Er sah Jane milde an, die angesichts seines momentanen Zustandes ungläubig schnaubte. „Ja, das ist das Trickreiche bei der Sache: Wir werden zwar so gut wie nie krank, aber wenn, dann richtig, weil wir keinerlei körperliche Abwehrfunktionen haben wie beispielsweise ihr Menschen.“

„Und… Wie genau werdet ihr dann krank?“, bohrte die Ärztin nach.

„Durch Blut“, antwortete Aiden leicht wiederwillig. Er sprach mit den Frauen wirklich nicht gerne über seine Ernährung. „Normalerweise riechen wir, wenn unsere Beute krank ist, und lassen die Finger von ihr, aber es kommt vor, dass wir abgelenkt sind, oder so durstig, dass wir nicht nachdenken können, oder…“ Er warf Jane einen Blick zu und verstummte. Ein weiterer Grund, aus dem Vampire verunreinigtes Blut zu sich nahmen, war, dass dieses Blut eine besonders starke Wirkung auf sie hatte und sie ihre Prinzipien darüber vergaßen. Doch angesichts der Tatsache, dass er der Vampirjägerin gestanden hatte, dass sie so eine Wirkung auf ihn hatte, wollte Aiden lieber nicht davon anfangen.

„Das heißt…“, überlegte Elizabeth, die ihre Utensilien einpackte, da sie scheinbar fertig war. „Das Blut eines Kranken ist so eine Art Gift für euch?“ Als Aiden nickte, sah sie ihn neugierig an. „Wie interessant… Jedenfalls würde ich anhand deiner Symptome darauf schließen, dass dein... Uhm, deine Beute die Grippe hatte. Momentan verschreibe ich dir mindestens für die nächsten vier bis fünf Tage Bettruhe. Da ich aber nicht weiß, welche Auswirkungen das Blut auf deinen Organismus hat, werde ich dich nachher erneut untersuchen müssen, um eine präzisere Prognose machen zu können", sprach Elizabeth und stand auf, während Jane daneben nur schwer seufzte. Immerhin hieß das, dass er den Flug sehr wahrscheinlich wieder verpassen würde – sie wusste ja nicht, dass ihr Patient sowieso nicht vorhatte, London zu verlassen.

Während Elizabeth sich bei Aiden erkundigte, ob er noch andere Dinge benötigte, wechselte die Jüngere das Wasser in der Schüssel und das Tuch, welches sie danach wieder angefeuchtet auf die Stirn ihres Mitbewohners legte. Nachdem sie das getan hatte, stellte sie die Fernbedienung und einige Bücher auf seinem Nachttisch ab, die er lesen konnte. Die Sparte reichte von kitschigen Liebesromanen bis hin zu Thriller und Horror - irgendetwas würde er sicher finden.

"Das ist wirklich übertrieben. Heute Abend geht es mir bestimmt schon besser", behauptete er, ganz der klassische, sich selbst überschätzende Patient. Die McCollins-Frauen waren davon aber wohl wenig beeindruckt, und Elizabeth machte sich kurz darauf ohne große Diskussionen auf den Weg. Da sah man wohl doch, woher ihre Tochter es hatte...

"Brauchst du sonst noch etwas?", wollte die Vampirjägerin schließlich wissen, nachdem ihre Mutter das Zimmer wieder verlassen hatte.

"Welches kannst du denn empfehlen?", fragte er, ziemlich sicher, dass er jetzt nicht lesen würde, aber doch dankbar, dass sie daran gedacht hatte. Als sie ein Urteil abgegeben hatte, sah er auf ihre Hände und fragte leise: "Musst du weg...?", was ja indirekt hieß: ´Kannst du nicht bleiben?` Das hätte er unter normalen Umständen nie gefragt, aber ihre Gegenwart beruhigte ihn und gerade war er sich nicht mal bewusst, wie bedürftig er sich eigentlich gab.

Ein winziges, mitfühlendes Schmunzeln schlich sich auf Janes Lippen. "Nein. Ich wollte mich heute Zuhause um gewisse Dinge kümmern", erklärte die Hobby-Krankenschwester, ehe sie zur Tür schritt und nach draußen verschwand. Nach gut zwei Minuten tauchte sie aber wieder mit ihrem Laptop und ein paar Mappen auf, die sie auf den Schreibtisch ablegte, welcher wenige Meter vom Bett entfernt stand. Von der Stelle aus konnte sie den kränkelnden Vampir im Auge behalten, sich mit ihm unterhalten und gleichzeitig in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen.

"Warst du als ... Vampir schon mal krank?, wollte die junge Frau wissen, als sie den Computer hochfuhr und zu tippen begann.

Strahlend kuschelte sich der Patient in die Kissen, als er antwortete: "Drei Mal, ja. Das erste Mal relativ bald, nachdem ich verwandelt wurde, weil ich nicht wusste, dass ich überhaupt krank werden kann.“

„Hatte es irgendwelche Nachwirkungen?"

Diese Frage war da schon unangenehmer, und er zögerte eine Weile, bevor er sie beantwortete. "Ich konnte eine Weile nicht jagen, deshalb war es… Recht unschön, als ich wieder getrunken habe", sagte er schließlich leise und mit abgewandtem Kopf. Sie hatte ja vor, ihn zu ´füttern`, also musste man sich in der Hinsicht keine Sorgen machen, aber ihr das verheimlichen wäre ihm falsch vorgekommen.

Er blätterte ein wenig durch das Buch, das er zuvor auf seinen Schoß gelegt hatte, ohne wirkliche Intention oder Motivation, etwas zu lesen. Seine Aufmerksamkeit glitt recht schnell wieder ab, als Jane ihn ansprach. "Und warst du damals bereits schon so... bedürftig?", fügte sie mit einem kleinen Schmunzeln hinzu und ohne vom Bildschirm aufzusehen.

Verlegen klappte er das Buch zu und legte es wieder weg und fuhr sich über die Stirn, die sich ziemlich klamm anfühlte. "Ich hatte niemanden, der sich meine Bedürfnisse anhören konnte, also nein. Aber tut mir leid, dass ich dich damit jetzt auch noch nerve", murmelte er leise und rutschte tiefer in die Kissen. "Ich... Ich schlaf jetzt ein bisschen", fügte er hinzu, demonstrativ die Augen schließend, damit er sie nicht mehr sehen musste. Wenn er wieder bei Sinnen war, würde er wahrscheinlich so manches bereuen, das er ihr gerade gesagt hatte - Die Bitte zu bleiben auf jeden Fall.

Eigentlich hatte er schon zu viel geschlafen für seine Verhältnisse, außerdem dachte er nach wie vor darüber nach, dass sie ihn ´bedürftig` genannt hatte, etwas, mit dem er sich weder identifizieren wollte noch konnte. Er kam sehr gut alleine zurecht und wollte ihr nicht zur Last fallen, und trotzdem hörte er, wie sie beim Arbeiten extra in seiner Nähe blieb, nur, weil er gejammert hatte. Es dauerte eine Weile, bis er wieder schlafen konnte, obwohl er es eigentlich dringend nötig gehabt hätte.

Wegen des Fiebers hatte der Vampir einen sehr unruhigen Schlaf und äußerst wirre Träume. Wenn er aufwachte, wusste er nicht mehr, worum es gegangen war, aber es beunruhigte ihn so, dass er irgendwann gar nicht mehr schlafen wollte. Gegen seinen geschwächten Körper hatte er jedoch keine Chance, sodass er einfach mit den seltsamen Visionen leben musste.

Dadurch hatte er aber einen leichten Schlaf, aus dem er hochschreckte, als er hörte, wie Jane aufstand. "Wo gehst du hin?", fragte er ungeachtet der Verlegenheit, die seine eigene Bedürftigkeit ihm vorhin noch eingebrockt hatte. Als Jane es ihm erklärte, setzte Aiden sich sofort auf und wollte die Beine aus dem Bett schwingen.

"Ich komme mit", sagte er mürrisch, doch sie wies ihn direkt in die Schranken.

"Bleib liegen und ruh dich weiter aus. Ich bin in spätestens in zwei Stunden wieder da und es wird Nichts geschehen. Immerhin laufen dort ein paar Dutzend Polizisten herum und Gabe ist mit von der Partie", sprach die Jägerin auf ihn ein, ehe sie wieder zur Tür schritt. Jedoch sah sie ihn noch einmal mit einem strengen Blick an bevor sie gänzlich nach draußen verschwand.

Endlich blieb Aiden widerwillig sitzen. Im Moment wäre er wohl sowieso nur eine Belastung für sie, und er wollte auf keinen Fall, dass Gabriel ihn nochmal tragen musste. Igitt. Abgesehen davon störte ihn die Tatsache, dass der Werwolf ihn so schwach gesehen hatte. Vor Jane war ihm das schon unangenehm, aber vor jemanden, den er so wenig leiden konnte in einer derart verletzlichen Position gewesen zu sein, setzte ihm zu.

Und jetzt war Jane alleine mit ihm und womöglich in Gefahr.

Während sie weg war, wachte der Patienten alle paar Minuten aus unruhigem Schlaf, er las immer wieder dieselbe Stelle seines Buches, ohne sie zu verstehen, und die Begleitgeräusche des Fernsehers konnte er kaum ertragen. Seine Nervosität rührte sicher daher, dass er es nicht gewohnt war, so lange stillzusitzen, und das Fieber trug zu seinen wirren Gedankengängen bei. Alles in Allem führte das dazu, dass er sich Horrorphantasien von seiner Krankenschwester ausmalte, die verwundet in dem Lagerhaus lag und niemand half ihr.

Er war erschöpft, als sie nur knapp zwei Stunden später zurückkehrte. Als er hörte, wie sie das Haus betrat, wollte er sofort wieder aufstehen, doch dabei war er zu schnell und ihm wurde schlecht und schwindelig. So kam es, dass er völlig verkrampft an der Kante des Bettes saß, als wenig später seine Krankenschwester das Zimmer betrat. Mit einem Blick registrierte ihr Pflegling, dass sie ok war, und er lächelte sie so erleichtert an, als wäre sie gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden.

Kommentarlos drückte sie ihm ein Glas voll Blut in die Hand, das er mit einem leicht verwirrten: "Oh... Danke", annahm. Darin schwamm ein Strohhalm, über den er ein wenig schmunzeln musste, aber weil Jane ihn ihm gegeben hatte, benutzte Aiden die Trinkhilfe.

"Soll ich raus?", wollte Jane von ihm wissen, als er schon angefangen hatte zu trinken.

"Hn...?", machte Aiden verwirrt, bevor ihm seine üblichen Ressentiments einfielen und er das Glas verlegen sinken ließ. "Entschuldige... Du findest das sicher ekelhaft, oder?", murmelte er, wobei er sich eigentlich mehr auf Gabriels Reaktion und seine eigenen Sorgen bezog als auf sichtbare Ablehnung durch Jane.

"Nein. Ich finde es nicht ekelhaft", versicherte sie ihrem Gegenüber ehrlich. "Ich selbst kann mir zwar nicht vorstellen, wie das schmecken soll, aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten - vor allem dann, wenn man nicht Teil der gleichen Rasse ist“, erklärte sie mit einem kleinen, für Aiden überraschenden, Schmunzeln.

Es erleichterte ihn, dass sie seine Ernährungsweise nicht widerlich fand, immerhin konnte er nichts daran ändern, selbst, wenn er es gewollt hätte. "Na ja, es schmeckt... Nicht unangenehm, würde ich sagen", meinte er, wobei er tatsächlich ein wenig darüber nachdenken musste. Beim Trinken war es nicht wirklich das Geschmackserlebnis, auf das es ankam. "Aber man tut es nicht aus Genuss, sondern aus der Notwendigkeit heraus... Zumindest ich sehe das so, anderen geht es da vielleicht anders", gab er schulterzuckend zu. Er hatte sogar schon mal davon gehört, dass jemand Menschen speziell fütterte, um ihnen diesen oder jenen Geschmack zu verleihen, aber derartige Experimente hielt er für abstoßend. "Eigentlich ist das ein ziemlicher Verlust. Ich weiß zum Beispiel nicht mal, wie deine Lieblingsspeise schmeckt", fügte er hinzu, da er ja generell nicht wusste, wie menschliche Nahrung schmeckte. Früher hatte ihn das nicht interessiert, und während des letzten Jahres hatte er nicht darüber nachgedacht, doch jetzt keimte wieder Neugierde in ihm auf. "Aber im Moment würde ich wahrscheinlich nicht mal was schmecken", fiel ihm dann auf, immerhin war seine Nase völlig verstopft.

"Nicht unangenehm?", wiederholte die junge Frau etwas verwirrt.

Da Essen für Menschen im Normalfall sowohl ein Genuss- als auch ein Selbsterhaltungsprozess war, war es für Jane wohl schwer nachzuvollziehen, aber wenn er trank, übernahmen bei ihm die tierischen Instinkte. "Jaa… Na ja, du kannst es dir vielleicht wie bei… Einem Löwen vorstellen. Der frisst die Gazelle ja auch nicht, weil sie ihm besonders gut schmeckt, sondern um überhaupt etwas zu fressen", versuchte er, es zu verdeutlichen, obwohl der Vergleich vielleicht etwas hinkte, weil er ja immerhin ein denkendes Wesen war - Wenn auch beim Trinken deutlich eingeschränkter Weise. "Natürlich riecht ihr anders und schmeckt auch unterschiedlich, aber es ist nicht so, als wären… Asiaten irgendwie… Schmackhafter als Schwarze", erklärte er unbeholfen, weil ihm das Thema immer noch unangenehm war.

Jane nickte langsam, meinte dann aber: „Trinkst du jetzt oder soll ich rausgehen?“, woraufhin der Vampir folgsam einen Schluck nahm. Danach fühlte er sich tatsächlich ein wenig besser und fragte, wie Janes Recherchen verlaufen waren. Während sie erzählte, was passiert war, trank Aiden sein Glas leer.

"Wie erwartet war nicht wirklich etwas zu finden. Die Ermittlungsarbeiten haben bereits begonnen und dementsprechend konnten wir nur mit den Wachleuten sprechen und einige Kunststücke inspizieren. Gabe wird morgen wahrscheinlich eine kleine Runde im Anwesen drehen", klärte sie ihn sichtlich frustriert auf und lehnte sich seufzend zurück.

"Ich denke, im Anwesen ist die Wahrscheinlichkeit, etwas zu finden, größer. Vielleicht kann Gabe der Spur sogar folgen. Ich glaube, der Einbrecher war nochmal dort, um ein paar seiner Schätze zu bergen", erzählte er, während er sorgfältig das Glas wegstellte und sich wieder unter seine Decke legte.

"Wie fühlst du dich?", fragte sie Aiden, nachdem sie seinen Vorschlag mit einem Nicken bestätigt hatte. Dabei musterte sie ihn von Kopf bis Fuß und neigte den Kopf ein wenig zur Seite.

"Gut", log er, inzwischen schon mechanisch und mit einem genauso unglaubwürdigen wie breiten Grinsen. "Ich hab auch echt ewig geschlafen.“

"Ach ja? Du siehst aber bei näherer Betrachtung schlimmer aus, als vor gut zwei Stunden. Ist das Fieber vielleicht wieder hochgegangen?", wollte die Hobby-Krankenschwester wissen, die sich anschließend erhob und erneut ihre Hand auf seine Stirn legte.

Automatisch zuckte er leicht zurück und das frisch getrunkene Blut stieg ihm sehr deutlich ins Gesicht. "Nach dem Trinken müsste es eigentlich besser sein…", murmelte er, nicht sicher, wo er hinsehen sollte. Er wusste ja nicht, wie er aussah, deswegen konnte er nicht beurteilen, ob es jetzt an der Krankheit selbst oder der damit einhergehenden Übermüdung lag.

Wie spät ist es eigentlich?" In seinem Zimmer war keine Uhr - Wieso auch, es war ja normalerweise nicht genutzt - Und sein Handy-Akku hatte inzwischen den Geist aufgegeben, aber er hatte keine Muse dazu gehabt, es zu laden.

"Es ist gleich halb sieben. Ich gehe also gleich runter fürs Abendessen. Danach wird dich meine Mutter erneut durchchecken", klärte sie ihn auf. Wie auf Stichwort konnte sie Elizabeths Stimme vernehmen, die nach ihr rief. "Sei brav und bleib liegen. Am besten, du versuchst ein wenig zu schlafen oder zumindest zu dösen“, wies Jane Aiden an, ehe sie durch die Tür verschwand und das Abendessen zu sich nahm.

Er war ein wenig enttäuscht, als sie ihn alleine ließ, nickte diesmal aber artig und blieb im Bett. Immerhin war sie nur beim Abendessen, da konnte ihr nichts passieren. Mit diesem beruhigenden Gedanken schlief er tatsächlich wieder ein und wachte erst auf, als Ärztin samt zugehöriger Krankenschwester zurückkehrten. Die ältere der beiden untersuchte den kränkelnden Vampir die Jüngere holte ihre Sachen, um diese wieder in ihr Zimmer zu verfrachten. Da sich sein Zustand in Elizabeths Augen im Moment nur ein klein wenig verbessert hatte, änderte sie ihre Diagnose nicht, sondern ordnete ihm weiterhin Bettruhe an.

"Brauchst du noch etwas? Wenn nicht, würde ich mich zurückziehen und dich schlafen lassen. Zur Sicherheit lasse ich aber die Tür über Nacht offen, so dass du rufen kannst, wenn etwas sein sollte", meinte die Jägerin an ihren Mitbewohner gewandt.

Zwar wäre es ihm lieber gewesen, wenn Jane noch etwas geblieben wäre, aber er sah ein, dass er sie nicht den ganzen Tag beanspruchen konnte, also lächelte er sie nur an. Dabei fiel sein Blick jedoch auf ihre Armbanduhr und es riss ihn fast, als er sah, wie spät es schon war. Verdammt, an seinen Besichtigungstermin für eine mögliche Wohnung hatte er vorhin, als er sie nach der Uhrzeit gefragt hatte, gar nicht gedacht, und jetzt war es schon fast zu spät! Nach dem Trinken ging es ihm zumindest soweit besser, dass er sich problemlos aufsetzen konnte.

"Ich muss weg", erklärte er auf Janes verwirrten und etwas genervten Blick entschuldigend. "Es ist wirklich dringend. Es geht um… Meine Abreise", lenkte er ein, da er gerade wirklich nicht bereit war für die Diskussion, ob er bleiben ´durfte`. Jedoch hatte er mit dem Aufstehen selbst seine Kräfte deutlich überschätzt und ihm wurde wieder schwindelig, sodass er, als er kaum einen Schritt gemacht hatte, neben den Sessel sank, der noch immer an seinem Bett stand. In seinem Kopf war das fixe Bild entstanden, dass er weg musste, aber er schaffte es einfach nicht.

"Um Himmelswillen, was ist denn so schlimm daran, etwa vier bis fünf Tage im Bett zu liegen? In der Ewigkeit, die du Zeit hast, müsste das doch machbar und vergleichsweise kaum eine Sekunde sein", schimpfte die Vampirjägerin.

"Das hat damit nichts zu tun, und du müsstest es eigentlich verstehen. Immerhin hast du auch kaum Ruhe gegeben, als du dir die Rippe geprellt hast", erinnerte Aiden sie sanft. Er blieb ja im Bett, wie sie es wollte, und dagegen, dass er wegen einer Mischung aus Fieber, Langeweile und gleichzeitiger Erschöpfung etwas überdreht war, konnte er halt nichts ändern. Durch das Blut fühlte er sich tatsächlich schon besser, was wohl dazu beitrug, dass er wie sonst auch den Kasper machte.

Dieser Übermut beförderte ihn jedoch nur in eine überaus unangenehme Position, nämlich kauernd zu Janes Füßen, die ihn äußerst grimmig anstarrte. Der Vampir lehnte an dem Stuhl und lächelte zu ihr auf, obwohl sein ganzer Körper von der Anstrengung, die er sich grade zugemutet hatte, zitterte. Er konnte jetzt hier nicht zusammenbrechen, er musste weg. Und wenn er langsam machte, würde er es bestimmt schaffen, obwohl ihm ehrlich gesagt schon vor der Treppe grauste. Und die würde er dann auch wieder hoch müssen, ugh…

"Ich habe zwar kaum Ruhe gegeben, doch habe ich mich zumindest zurückgehalten und bin nicht am gleichen Tag wieder Purzelbäume schlagen gegangen", entgegnete die Jägerin augenverdrehend.

Ich hab auch eine Purzelbäume geschlagen, sondern ganz brav hier gelegen, wie du es verlangt hast", erwiderte er ganz unschuldig und seine diversen Ausbruchsversuche gekonnt übergehend.

"Dein unschuldiger Ton hilft dir auch nicht weiter, Mister. Wenn ich dich noch einmal dabei sehe, wie du versuchst, aufzustehen oder das Bett auf irgendeine Weise zu verlassen, werde ich dich wohl oder übel festketten müssen", sprach sie streng und mit einem drohenden Unterton.

Als Aiden artig neben seinem Sessel sitzen blieb und zu ihr auf blinzelte, verdrehte sie genervt die Augen und holte tief Luft. "Hör zu… Ich weiß, ich habe dir Druck gemacht und gesagt, dass ich dich so bald wie möglich aus dem Haus haben möchte, aber ob es nun halt wieder eine Woche später ist als geplant, ist nicht weiter schlimm", versuchte die Brünette ihren Mitbewohner zu beruhigen.

"Aber ich bin jetzt eh schon so lange hier. Ich will nicht noch länger stören", erklärte er, da man das ja sowohl auf seinen Auszug als auch auf seine Abreise beziehen konnte.

Überrumpelt von ihrer Ansage, mit der er so gar nicht gerechnet hatte, ergriff Aiden Janes Hand, als sie ihn auf die Beine ziehen wollte. Dabei machten sich aber immer noch seine schwachen Beine bemerkbar, mit denen wohl auch die Jägerin nicht gerechnet hatte, und sie kippten gemeinsam um. Automatisch legte Aiden einen Arm um die junge Frau, um ihren Sturz etwas abzufedern, obwohl sie dabei auf dem Bett gelandet waren.

"Alles ok? Entschuldige bitte", sagte er sofort, wobei er den Arm immer noch um sie gelegt hatte.

"Huh? Oh. Nein, es war mein Fehler. Ich habe die Wucht unterschätzt", erwiderte die Brünette, bevor sie sich vorsichtig und langsam von ihm löste.

Erst, als sie sich von seiner Brust löste, an die sie wohl reflexartig das Gesicht gedrückt hatte, und ihm dabei ihr Haar ins Gesicht fiel, bemerkte der Vampir, wie nah sie sich eigentlich waren. Mal wieder fiel ihm auf, wie hübsch sie eigentlich war, und er ließ sie abrupt los, wobei er hastig das Gesicht wegdrehte. Wie unpassend war das denn bitte? Vor allem, dass er ihr auch noch gerne das Haar aus den Augen gestrichen hätte, um sie besser ansehen zu können.

Jane rappelte sich hoch und strich ihre Kleider zurecht, ehe sie sagte: "Was auch immer das für Vorbereitungen sind. Mach es, wenn du wieder fit bist. Alles andere wäre fahrlässig und bringt keinem etwas - weder dir, noch mir. Außerdem glaube ich nicht, dass du scharf darauf bist, von Gabe aufgegabelt zu werden, oder?"

Aiden senkte den Kopf und sah auf die Füße seiner unfreiwilligen Gastgeberin. Sie hatte ja Recht. Wenn er jetzt Wohnungen ansah und dort zusammenklappte, würde er nur im Krankenhaus landen, und das hätte sicher einige unangenehme Fragen zur Folge. Ihre Erwähnung von Gabrieles kleinem Trageservice hatte noch zusätzlich die gewünschte Wirkung; Der Vampir verzog unwillig das Gesicht.

"Na gut", stimmte er schließlich zu und legte sich wieder hin. "Es tut mir leid, dass ich euch noch länger hier belästige. Das war so wirklich nicht geplant…"

Janes einzige Reaktion war ein knappes Nicken. Sie wartete noch kurz, bis er wieder brav und richtig im Bett lag, ehe sie dem Vampir die Fernbedienung reichte, ihm eine angenehme Nacht wünschte und sich zurückzog.

Nachdem er alleine war, hatte er bei dem Makler angerufen und den Termin abgesagt. Danach rieb er sich entnervt über die Augen. Er hasste es, sich so schwach zu fühlen. Nicht nur, dass er den Frauen zur Last fiel, es störte ihn ganz persönlich, weil er es gewohnt war, dass sein Körper bedingungslos alles tat, was er ihm abverlangte, und jetzt konnte er noch nicht mal zur verdammten Tür gehen.

Wiederwillig machte er es sich bequem, und dachte nur noch, dass er Jane bald – sehr bald! - sagen würde, dass er in London bliebe, bevor die Erschöpfung ihn einschlafen ließ.



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