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Vom Mülltempel und den Knochensammlern

Geschichtensammlung
von

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Knochen

Im trüben Licht des Abends, war der Jungferngarten ein schöner Anblick. Die zerschlagenen Scheiben glänzten im rötlichen Schein, Wasser und Blut funkelten und glänzten. Die engen Gassen und Straßen des zerstörten Wohnviertels waren von nur wenigen Obdachlosen besucht. Hinter manchen Scheiben ließen schwache Lichter neue und unvorsichtige Bewohner erkennen. Die Dunkelheit verbarg gnädig den morastigen, von Blut und Unrat durchsetzten, Boden. Suzy liebte es. Sie liebte die Nacht, in welcher aller Schmutz des Tages versank, nur Schatten blieben. Die Nächte, die erfüllt waren von Dunkelheit und Musik. Wie sie sich nach dieser Musik verzehrte, nach den Schreien jener Schwächlinge, denen sie die Haut abzog, deren Fleisch sie von den Knochen trennte, um ihre Sammlung zu erweitern. Ihre Hände zitterten allein bei dem Gedanken an dieses Vergnügen und mit jedem Schritt über den dreckigen Boden, mit jedem Glassplitter, Holz oder Stein der sich in ihre nackten Füße bohrte, wuchs ihre Vorfreude.

Sie hörte die Ratten, welche überall um sie herum nagten und umherwanderten, von dem fraßen, was die Menschen liegen ließen, sich ihre Nester in den Gerippe Toter bauten. Sie hatten sich schon lange an all das angepasst, noch lange, bevor irgendjemandem klar war, was hier geschehen würde. Suzy bewunderte sie. Sie liebte diese kleine Viecher, besonders jene weißen, mit den roten Augen. Ihr Bruder nannte die Albers, oder Albors? Sicher wie, war sie sich nicht, aber eigentlich war genau das ihr auch recht egal. Er hielt sie für schwach, Missbildungen ihrer Art. Genau das, als was sie selbst sich auch oft sah, das, was er ihr sagte, was sie war. Ein wertloses Geschöpf. Und jene mussten einander doch mögen.

Suzy verlangsamte ihren Schritt, hob den Kopf von den dunklen Gassen vor ihr, hoch zur Wolkendecke über ihr. Kalte tropfen fielen auf ihre bleiche Haut, das lächeln verschwand von ihrem Lippen, als ihre Haut an den berührten Stellen begann abzublättern, das Fleisch begann zu verfaulen.

“Verdamme doch diese verdammten …”, zischte sie, beschleunigte ihrer Schritte, bis sie die nächste Haustür erreichte. Sie umfasste den Messingknauf, verzog das Gesicht, als jener sich in ihre Haut brannte, doch hinderte dies sie nicht daran, ihren Griff darum zu verfestigen, alle Kraft dort hinein zu legen und die schwere Holztür aus ihren Angeln zu reißen. Es roch nach Scheiße, Tod und gebratenem Fleisch. Ein ekelhaft Süßer Geruch, voller alter Erinnerung. Ein Schauer lief über ihren Rücken, sie war nicht sicher, ob vom Schmerz des Regens oder vor Vorfreude. Egal wieso, es gefiel ihr.

Auf ihren Lippen bildete sich ein freudiges Grinsen, während sie in die düstere Ruine schritt, den Kopf zu allen Seiten drehte, in die Stille lauschte, bis sie das knacken von Feuer und das brutzeln von Fett vernahm. Ja. Hier war sie nicht nur sicher vor dem ätzenden Zeug, sondern hatte auch noch Chance auf ein Opfer. Ein leichtes, unbedeutendes, schwaches Opfer, voller wunderschöner Knochen für ihre Sammlung. Hoffentlich kein Stummer, sie wollte die Schreie des Schmerzes hören. Und die der Verzweiflung! Vielleicht ein Vater, oder eine Mutter, ein Opa, egal was, Hauptsache mit einem Verwandten. Einen Kind, das war doch immer das größte Leid, brachte die schönsten Schreie und die wertlosesten Versprechen. Die Momente, in denen in den Augen ihrer Opfer die Hoffnung zu sehen war, die Hoffnung darauf, ihre Liebsten zu retten, dieser naive Glaube, das waren die Momente in denen ihr Herz am höchsten schlug.

Mit schwankendem Schritt, den Kopf zu Boden gerichtet, schritt sie durch die Ruine, immer dem Klang des Feuers, dem berauschenden Geruch hinterher. Ihre Hände zitterten vor Aufregung, die Wunden des Regens begannen bereits wieder zu verheilen. Das dunkle Fleisch wurde wieder rosig, die verätzte Haut um die Stellen wieder hell, fast weiß. Sie liebte, und sie hasste diesen Körper gleichermaßen, die starken Selbstheilung, dad keine Spuren zurück blieben. Ja. Das konnte man doch nur lieben.

Ihre linke Hand ging hinunter zu dem Dolch an ihrem Bein. Sie umfasste den knöchernen Griff, zog die Klinge, die ihr schon so oft guten Dienst geleistet hatte, aus einem alten Stück über ihren Oberschenkel, um zu testen, ob es noch so scharf war, wie es sein sollte, ehe sie die Waffe hinter dem Unterarm verbarg und in den schwach erleuchteten Raum trat.

Sie erblickte den Rücken einer Person, nahe an das schwach flackernde Feuer gerutscht, die Hände in Richtung jenes gestreckt. Auf mehreren Spießen hingen Ratten und ein Vogel über dem Feuer und von dem Geruch erst wurde ihr klar, dass sie schon lange nichts mehr gegessen hatte.

“Verpiss dich … Das ist mein Unterschlupf.. “, zischte der Mann ohne sich nach ihr um zu drehen, während seine vernarbte, von eitrigen Beulen überzogen Hand nach einem nahen, rostigen Messer griff.

“Warum denn so unhöflich?”, fragte sie ihn mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, während ihr gieriger Blick über ihn fuhr, versuchte seine Statur zu erahnen. Der Mantel aus dreckigem, gerissenen Stofffetzen verbarg zu viel, und doch lies er einen massive Körper erahnen. Das könnte lustig werden, wenn er das hielt was sein Körper versprach.

“Weil dies hier mein Heim ist!” Der Mann erhob sich, das Messer fest in der Hand. Seine glatte Klinge glänzte im Licht.

“Schickes Messerchen, wo hast du sowas denn her?” ihre Augen wanderten weg von der Klinge, an dem großen Mann hoch. “Zu schick für einen Obdachlosen … Soldat.” Sie machte einen Satz nach vorne, die grobe Klinge stieß durch seinen Mantel, zerriss den groben Stoff, doch erwischte sonst nur Leere, während die Klinge des Mannes ihre Schulter durchstieß. Suzy zischte, wollte zurückweichen, doch seine zweite, durch einen ledernen Handschuh geschützte Hand packte die Knochen, welche aus ihrem Oberkörper wuchsen und jenen wie ein zweiter Brustkorb umgaben.

“Es heißt General..”



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