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Was sonst noch passiert ist
von

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Neue Freunde

Kapitel 14
 

Neue Freunde
 

Von Tag zu Tag ging es mir besser. Meine Rippen heilten, auch wenn der Sturz dafür gesorgt hatte, dass ich zwei Wochen länger damit zu tun hatte. Ich konnte aufstehen und versuchte anhand der Straße, die ich durch das Fenster sehen konnte, zu erraten wo ich war. Mir kam das alles bekannt vor und ich tippte auf New York.

Die Finnegans waren zurückgekommen, kurz nach dem Selena das Zimmer verlassen hatte und danach war sie nicht wieder aufgetaucht. Ob ich sie mit meinen Worten so sehr gekränkt hatte oder ob es einen anderen Grund für ihr Verschwinden gab wusste ich nicht und ich traute mich nicht zu fragen.

An einem Nachmittag, langsam hatte ich es satt immer nur in diesem Zimmer zu sein, auch wenn ich aus dem Fenster sehen konnte, wurden die Finnegans von Banditen angegriffen. Auch wenn ich noch nicht wieder voll einsatzbereit war, mobilisierte ich ein paar Reserven und ging dazwischen. Verlernt hatte ich nichts, ich war nur etwas langsamer als gewohnt. Dennoch gelang es die Strolche zu vertreiben.

Barry, der Ehemann, erzählte, dass die Stadt schon seit einiger Zeit mit diesen Banditen zu tun hatte. Keine guten Nachrichten. Ob es daran lag, dass ich die Kerle vertrieben hatte, oder ob sie es einfach für einen guten Zeitpunkt hielten, keine Ahnung. Auf jeden Fall statteten sie mich noch am selben Tag mit neuen Kleider aus.

Meine alte Garderobe war laut ihrer Aussage nicht mehr zu retten gewesen. Es wunderte mich, dass keiner von Beiden mich auch nur ein einziges Mal gefragt hatte was passiert war. Ich hatte zu dem nicht gefragt wie ich hier her gekommen war und als Barry halb im Scherz meinte, ich wäre wohl betrunken von einem Schiff gefallen gab ich ihm recht, nur um unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen. Das passte zwar nicht zu meinen Verletzungen, doch mir war es gleich.

Die Kleider, die sie mir gaben, hatten einst ihrem Sohn gehört. Ich sah es Cassidy, Barrys Frau, an, dass sie nicht über ihn reden wollte und hielt mich mit Fragen zurück. Und Fragen hatte ich. Hemd und Hose passten. Meine alte Schutzweste war zwischen den Kleidern und jemand hatte sie weitestgehend vom Blut gereinigt und das Loch geflickt.

Auch eine lange Lederjacke hatten sie für mich. Sie war zwar gebraucht, aber in gutem Zustand. Selbst meine Waffen bekam ich zurück ohne nach ihnen fragen zu müssen doch einer der Gurte gehörte mir nicht. Auf ihm war ein Kreuz, so wie ich es von den Templern kannte. War das ein Zufall?

Nun, da es mir besser ging, wurde es Zeit, sich um mein Äußeres zu kümmern. Da ich Wochenlang nichts anderes als dieses Zimmer gesehen hatte, war es nicht tragisch gewesen, sich gehen zu lassen. Als ich mich nun zum ersten Mal seit langem wieder in einem Spiegel sah, erkannte ich denjenigen nicht, der mich da anstarrte. Wie lange war ich schon hier? Mein Haar war länger geworden und wie es aussah klappte es langsam mit einem Bart, auch wenn ich zugeben musste, dass er mir nicht stand.

Alles in Allem sah ich sehr runtergekommen aus und tat nun das, wozu Selena mich immer genötigt hatte. Ich wusch mich. Gründlich. Auch den Bart rasierte ich mir ab, doch was sollte ich mit den Haaren machen? Sollte ich mir den Schädel rasieren, wie Liam es tat? Nein. Ich beschloss sie so zu lassen nur, dass ich sie, nach einer Wäsche, zusammen band.

Als Cassidy mich später sah und meinte, ich würde wie ein richtiger Gentleman aussehen, wurde ich doch etwas verlegen. Stimmte, sie kannte mich nur in diesem zerrissenen Zustand, in dem ich wohl hier angekommen war.

Langsam begann ich mich zu fragen, wie lange ich mich hier noch würde verstecken können. Immerhin wollte ich den Finnegans nicht ewig auf der Tasche liegen. Es war für sie auch so schon schwer genug über die Runden zu kommen. Doch wo sollte ich hin? Ich hatte kein zu Hause mehr, keine Freunde und keine Familie. Ich war ganz allein. Nichteinmal mein Schiff hatte ich noch. Alles was mir geblieben war, waren meine Waffen und ich war wirklich froh, dass mir die geblieben waren. Auch mein Geld war noch da. Gut, viel hatte ich nie bei mir getragen, doch es war besser als nichts.

Drei Tage nach dem Zwischenfall mit den Banditen sah ich vom Fenster aus, wie sich erneut so ein Kerl vorm Haus herum trieb. Einer allein würde für mich kein Problem sein und ich hatte es wirklich satt hier festzusitzen. Mir ging es gut genug um wieder nach draußen zu gehen und eine kleine Jagd würde mir sicher gut tun.

Da ich nicht wusste ob ich hier her zurückkehren würde, fragte ich, ob ich bei meiner Ankunft zufällig ein Buch dabei gehabt hatte. Das Manuskript, welches ich den Assassinen gestohlen hatte, war nicht bei den Dingen gewesen, die ich zurück bekommen hatte. Leider wussten sie nichts von einem Buch. Dann blieb nur die Hoffnung, dass es im Meer gelandet und damit unbrauchbar geworden war.

Ich verabschiedete mich von ihnen, sagte nicht was ich vor hatte und verließ das Haus. Draußen erwartete mich warme Sommerluft und der Bandit. Es war einer der Beiden, die schon einmal hier gewesen waren. Er erkannte mich offenbar ebenfalls, denn kaum hatte ich einen Schritt auf ihn zu gemacht, rannte er auch schon los. 'Dann wollen wir mal', dachte ich und heftete mich an seine Fersen.

Er war gut. Für einen einfachen Schläger zu gut. Ohne Mühe kletterte er auf die Dächer in der Hoffnung mir zu entkommen, doch das konnte ich auch. Zwar war ich nicht mehr so kräftig wie früher, durch meine Verletzung hatte ich stark abgebaut, doch noch immer gut genug um ihm zu folgen.

Leider hatte er Tricks auf Lager, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Er ließ etwas fallen und hinter ihm entstand eine Rauchwolke, die meine Sicht behinderte. Wäre ich nicht ausgewichen, hätte mich dieser Rauch sicher noch stärker behindert. So konnte ich ihm weiter folgen und ihn stellen, bevor er sich aus dem Staub machen konnte.

„Also“, ich zog ihn am Kragen hoch, „Was haben du und deines Gleichen gegen die Finnegans?“

„Ich? Gar nichts. Mein Boss hat mich geschickt.“ Was für ein Weichei. So ein Bisschen reichte schon aus um ihn zum Zittern zu bringen? Lachhaft.

„Ah, und wo finde ich den?“ Er gab mir eine Beschreibung und ich ließ ihn laufen. Der würde sich so schnell nicht mehr blicken lassen und ich konnte mich ganz in Ruhe auf den Weg zu dem Unterschlupf machen. Schwarzer Rauch, der aus einen Innenhof kommt... Das musste zu finden sein.

Doch nun, da die Verfolgung vorbei war, spürte ich meine Rippen wieder. So ganz fit war ich noch nicht. Für so ein paar Banditen würde es aber reichen. Zumindest, wenn die anderen genau so waren wie der Typ von eben.

Es dauerte über eine Stunde, bis ich den Rauch entdeckte. Ich war über die Dächer gelaufen und hatte mir dabei die Stadt von oben angesehen. Ganz klar, ich war in New York. Das hieß, dass ich aufpassen musste. Hier hatte Hope sich ein gut funktionierendes Netz aus Spionen aufgebaut. Wenn ich nicht acht gab, würde die Bruderschaft bald wissen, dass ich noch lebte.

Vorsichtig schlich ich mich an das Versteck heran und sondierte von oben die Lage. Für ein ungeübtes Auge sah das hier recht harmlos aus. Es war nichts ungewöhnliches, wenn sich Männer in einem Hinterhof trafen, doch das hier war mehr als das. Auf einem der Dächer ging ein bewaffneter Mann auf und ab und sie alle trugen die selbe Art von Kleidung. Das waren keine gewöhnlichen Straßendiebe, sondern eine richtige Bande. Vermutlich sogar eine gut organisierte Bande, denn an einem Fahnenmast wehte eine Flagge. Offensichtlich ihr Bandenzeichen.

Von meinem Beobachtungsposten aus sah ich eine ganze Weile zu, wie sie da unten zusammen hockten, auf und ab gingen, sich berieten. Es steckte ein Muster dahinter. Gut, das würde es mir leichter machen, wenn ich dort eindrang. Mir war es lieber nicht entdeckt zu werden, wenn ich die Bande hochgehen ließ.

Nach einer guten halben Stunde, die ich mit Beobachten verbracht hatte, stand mein Plan. Zumal ich in dieser Zeit dort unten den entdeckt hatte, der wohl der Anführer war. Er trat selbstbewusster auf als der Rest, war schwerer bewaffnet und auch seine Kleidung war etwas auffälliger. Das war der, den ich suchte. Wenn ich ihn ausschaltete, hatten die Finnegans ihre Ruhe.

Zuerst kümmerte ich mich aber um den Schützen auf dem Dach. Als er schlief machte ich mich daran an den Anführer heran zu kommen. Dabei schlug ich seine Leute lieber nieder, anstatt sie zu töten. Ich hatte schon genug Menschen auf dem Gewissen.

Den Anführer stellte ich im Hof und ihn erledigte ich wirklich. Egal warum er den Finnegans das Leben schwer gemacht hatte, nun würde er es nicht mehr können. Als ich ihn mir genauer ansah fiel mir das Tuch auf, dass er vorm Gesicht trug. Es diente eindeutig zu mehr als nur zur Vermummung. Ich nahm es ihm ab, immerhin brauchte er es nicht mehr, und untersuchte es.

Im Bereich der Nase war etwas in den Stoff eingearbeitet, damit es eng anlag und es war mehr als nur eine Schicht an Stoff. Dieses Tuch machte es einem wohl möglich bei Rauch ungehindert weiter atmen zu können. Praktisch. Wirklich praktisch.

Als ich mich aufrichtete um zu gehen musste ich feststellen, dass ich nicht mehr alleine war. Der Lärm, den der Kampf verursacht hatte, hatte Soldaten angelockt. Ich machte mich darauf gefasst mir den Weg freikämpfen zu müssen, doch es kam anders.

Es stellte sich heraus, dass es keineswegs nur der Lärm gewesen war. Die Finnegans hatten wohl geahnt, dass ich etwas unternehmen würde und hatten dem Mann, der nun vor mir stand, Bescheid gegeben. Er stellte sich als Colonel George Monro vor und er bedankte sich bei mir, das ich dieses 'Gesindel' von hier vertrieben hatte.

Ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Meine bisherigen Erfahrungen mit der britischen Armee waren alles andere als gut gewesen und ich blieb misstrauisch. Das Monro sich wünschte, dass die Kolonien sicher waren, klang schön, doch reden konnte man viel. Da er merkte, dass ich ihm nicht glaubte, bewies er mir, dass er es ernst meinte.

Es war seltsam, doch während ich mit ihm durch die Straßen ging und er ein klein wenig erzählte, zum Beispiel dass der Sohn der Finnegans früher für ihn gearbeitet hatte, sah ich ihn in einem anderen Licht als zuvor.

Wir kamen zu einem Haus, dass schwer beschädigt war. Wohnen konnte man darin nicht mehr. In dem Bandenquartier hatten wir Geld gefunden. Da es mir nicht gehörte machte es mir nichts aus, dass der Colonel es dazu einsetzen wollte, das Haus wieder in stand zu setzen. Anscheinend stimmte, was er sagte. Er unterstütze die Bewohner von New York und wenn ich es richtig verstanden hatte, hatte der junge Finnegan es ganz ähnlich gehalten.

Eine Bemerkung vom Colonel ließ mich aufhorchen. Er meinte, New York, könne unter meiner Aufsicht erblühen und jeder brauche doch eine Aufgabe. Vielleicht hatte er Recht. Nach allem was ich bisher getan hatte war es möglich hier neu anzufangen. Und das tat ich. Auch wenn ich nicht viel von Architektur, Gebäuderenovierung und dergleichen verstand, half ich mit, als die Materialien eintrafen.

Es tat gut wieder etwas tun zu können und zu sehen, dass es einen positiven Effekt auf die Menschen hatte, machte es nur noch besser. Dennoch blieb ich nicht all zu lange. Die Finnegans hatten den Colonel informiert, da sie sich Sorgen um mich gemacht hatten. Ich sollte sie beruhigen, bevor ich mich hier weiter aufhielt.

Dazu musste ich aber zuerst das Haus wieder finden. Zwar kannte ich die Stadt recht gut, doch hatte ich mir bei der Verfolgungsjagd nicht den Weg gemerkt. Ich suchte nach bekannten Punkten und fand schließlich die Häuserfront, die den Finnegans gegenüberlag. Die hatte ich durch das Fenster lange genug angesehen um sie wieder erkennen zu können.

Drinnen erwartete mich das Ehepaar, das wirklich froh war, dass es mir gut ging. Doch auch der Colonel war hier. Er hatte ihnen gesagt was passiert war und hatte, wenn es mich nicht störte, eine Bitte an mich.

Da ich es leid war nur herum zu sitzen sagte ich zu und er bat mich einem Freund von ihm aus der Patsche zu helfen. Kurz darauf war ich unterwegs zu einem alten Fort, in dem sich ein paar Verbrecher niedergelassen hatte und wo ich den Freund finden sollte, den diese Schurken hängen wollten.

Als ich ankam erkannte ich, dass diese Leute zur selben Bande gehörten, die ich ein paar Stunden zuvor schon kennengelernt hatte. Von denen gab es eindeutig zu viele in dieser Stadt und ich würde nicht zulassen, dass sie noch weitere Unschuldige verletzen, bedrohten oder ihnen sonst wie schadeten.

So griff ich ein, als sie gerade einem Mann die Schlinge um den Hals legten. Das musste der Freund vom Colonel sein. Christopher Gist. Mit einem gezielten Schuss durchtrennte ich das Seil und sprang Gist zur Seite, als die Banditen sich auf ihn stürzen wollten.

Dieses Mal machte ich mir nicht die Mühe sie nur KO zu schlagen. Sie hatten einen Menschen töten wollen und dafür ließ ich sie nun bezahlen. Keinen ließen wir entkommen und als der Kampf vorbei war nahm ich mir die Zeit mich Gist vorzustellen und ihm zu sagen, dass der Colonel mich geschickt hatte um ihn da raus zu holen.

Kurz darauf deutete er zum Hafen wo, wie er sagte, das Schiff dieser Banditen lag. Mich traf fast der Schlag als ich erkannte, dass es die Morrigan war. Wie kam die hier her? Hatte Hope nicht auf sie aufpassen wollen? Nun, Hope hielt mich für tot, doch das war kein Grund mein Schiff zu verkaufen.

Eine halbe Stunde später hatte ich 6 weitere Banditen aufgestöbert und einen aus einem Turm in die Tiefe gestoßen. Sie alle hatten sich im Bereich der Morrigan aufgehalten und das nahm ich persönlich. Sie war mein Schiff und ich überließ sie niemandem sonst. Gist half mir, wenn auch nicht sehr erfolgreich und bot dann an, eine Crew für das Schiff zu besorgen. Da sagte ich nicht nein, doch ich wollte mir dieses Fort noch einmal genauer ansehen. Zum einen konnte es sein, dass dort noch jemand war, und zum anderen hatten diese Gebäude schon ewig leer gestanden und ich brauchte eine Bleibe.

Langsam wurde es dunkel und ich sah mich in dem Haupthaus um. Hier waren ganz eindeutig nur ein paar der unteren Räume genutzt worden. Alles war schmutzig, staubig und heruntergekommen. Ich fand eine volle Flaschen mit Rum und ein paar Dokumente. Sonst hatten die Banditen nur Dreck zurück gelassen.

Ich sah auf die Flasche. Wie lange hatte ich nun schon keinen Rum mehr getrunken? Ein Schluck konnte nicht schaden. Immerhin hatte ich mir nach diesem Kampf eine kleine Belohnung verdient. Der Alkohol brannte in der Kehle und ich hustete. Das Zeug war stark. Oder aber ich war nichts mehr gewohnt. Mit der Flasche in der Hand erkundete ich weiter das Haus.

In den oberen Räumen war schon lange niemand mehr gewesen. Ich testete jede einzelne Stufe der Holztreppe, als ich nach oben ging und sah mir die Zimmer an. Auch hier lag Staub, wenn auch nicht so viel wie unten. Es ließ sich noch erahnen, wie es früher einmal hier ausgesehen haben musste. Teure Tapeten, die sich teils von den Wänden lösten, gerahmte Bilder, ein geschnitzter Schreibtisch, ein geräumiges Bad mit Wanne, Gäste- oder Dienstbotenzimmer...

Auch ein Schlafzimmer mit Himmelbett fand ich. Es war ebenfalls abgedeckt und es wirbelte etwas Staub auf, als ich vorsichtig das Laken herunter zog. Irgendwie sah es sehr einladend aus und ich war müde. Draußen wurde es Nacht und es sah nicht danach aus, als würde hier noch irgendwo ein Bandit herum laufen. Dennoch verriegelte ich die Tür zu diesen Räumen sorgsam von innen, gönnte mir noch etwas Rum und ließ mich vorsichtig auf dem Bett nieder. Es konnte nicht schaden eine Stunde oder zwei hier zu liegen.

Ein Sonnenstrahl, der mir direkt aufs Gesicht schien, weckte mich. Es war früher morgen und ich hatte einen Moment lang keine Ahnung wo ich war. Als ich mich aufrichtete pochte hinter meinen Schläfen ein Schmerz, den ich nur zu gut kannte. Dabei hatte ich doch gar nicht so viel getrunken.

Ein Blick auf die Flasche, die auf dem Nachttisch stand, sagte etwas anderes. Da fehlte eindeutig mehr als nur ein paar Schluck, doch ich erinnerte mich nicht daran mehr getrunken zu haben. Ich sah an mir runter. Na, zumindest hatte ich daran gedacht mich auszuziehen, bevor ich mich hingelegt hatte.

Dann ließ ich den Blick schweifen. Zerschlissene Vorhänge vor schmutzigen Fenstern, Staubpartikel in der Luft, ein großes Himmelbett... Stimmte, ich war in das alte Fort gegangen und hatte mich dort umgesehen.

So schnell es mit einem Kater ging zog ich mich an und räumte die Möbel zur Seite, die ich vor die Tür gestellt hatte. Vielleicht hätte ich die Nacht besser auf der Morrigan verbringen sollen. Nun ja, die lief mir nicht weg. Zumindest hoffte ich es, denn wer konnte schon sagen wie viele Banditen es hier in der Stadt wirklich gab und wenn die sich einmal ein Schiff besorgen konnten, dann taten sie es womöglich auch noch ein weiteres mal.

Meine Sorge blieb unbegründet. Die Morrigan lag friedlich im Wasser und als ich an Deck kletterte verflüchtigte sich der Kater ein wenig. Das hier war mein Schiff. Mein zu Hause. Am Vortag hatte ich nur kurz nachgesehen, ob sich auch niemand mehr an Bord befand und hatte dann die Tür zur Kajüte verriegelt. Nun nutzte ich die frühe Stunde um mich hier genauer umzusehen. Es war gut möglich, dass ich auf Informationen stieß, die mir sagten, wer in den letzten Monaten hier das Kommando gehabt hatte.

Als erstes fiel mir jedoch etwas anderes auf. In der Kajüte müffelte es. Ähnlich wie an dem Tag, als ich sie das erste mal betreten hatte doch nun war es schlimmer. Hier hatte jemand Pfeife geraucht. Das würde dauern den Geruch wieder los zu werden und Selena war nicht hier, um für Ordnung zu sorgen. Dabei hätte die Kajüte ihre fähigen Hände gebrauchen können.

Damit meine ich nicht, dass ich nicht in der Lage war Ordnung zu halten. Ich hatte nur keine Lust dazu und hier herrschte wirklich Chaos. Kleider, Bücher, Karten... Alles lag verstreut, aber es sah nicht so aus, als wäre es durchsucht worden. Es war nur unordentlich. Damit würde ich mich später irgendwann beschäftigen. Das Logbuch war nun am wichtigsten.

'2. Juni 1756 Nachtrag...' Das war die letzte Eintragung. Juni? Wir hatten schon Juni? Ich war über drei Monate von der Welt isoliert gewesen? Damit hatte ich nicht gerechnet und es beunruhigte mich etwas. Ich hatte keine Ahnung was in dieser Zeit alles passiert war. Nun, die Welt stand noch, was hieß, dass die Bruderschaft es nicht geschafft hatte einen weiteren Tempel zu finden. Immerhin etwas.

Ein Geräusch, draußen auf dem Steg, riss mich aus meinen Gedanken. Durch die Fenster sah ich einen Schemen, der sich dort bewegte und klappte das Logbuch zu. Das hier musste wohl warten. Darauf gefasst es noch einmal mit irgend einem Schurken aufnehmen zu müssen trat ich an Deck, doch unten auf dem Steg warteten nur drei Männer mit Seesäcken und Gist, der zu zu mir hoch lächelte.

Ich kletterte zu ihm runter und er musterte die Morrigan. „Ein schönes Schiff. Und wie versprochen habe ich eine Crew gefunden.“ Drei Männer sollten eine Crew sein? Doch bevor ich darauf hinweisen konnte, tauchen noch zwei auf. Nun, es war noch früh am Morgen. Gut möglich, dass noch mehr kamen.

„Eine Position habe ich unbesetzt gelassen“, fuhr Gist fort. Das er die Positionen schon vergeben hatte... Ich würde mir ansehen wie gut diese Männer waren und notfalls umbesetzen. Doch ich fragte mich, auf was Gist wohl hinaus wollte. „Sagt Shay, habt ihr einen ersten Maat?“

Nein, den hatte ich nicht mehr. Ich hatte nur noch mein Schiff. Besser, ich hatte es wieder. Meinen alten ersten Maat würde ich nur nicht zurück bekommen. „Er ist lange fort.“ Der Gedanke machte mich traurig. Ich hatte mit Liam viel erlebt und er hatte mir so manches Mal den Hintern gerettet. Sollte ich ihm nun wieder begegnen, würde er nicht zögern mich zu töten.

„Dann bewerbe ich mich für den Posten, Kapitän.“ Ein verlockendes Angebot. Ich kannte ihn kaum, doch Gist schien ganz in Ordnung zu sein. Zudem stand er in Verbindung zu Monro und der war auch irgendwie ganz in Ordnung. Ich hatte Gist das Leben gerettet, er hatte sich um die Crew gekümmert. Es konnte nicht schaden ihm eine Chance zu geben.

„Willkommen an Bord.“ Ich hielt ihm die Hand hin und er schlug ein. Ob es eine gute Idee war würde sich zeigen. Ich hatte nun zumindest das Gefühl nicht mehr ganz alleine zu sein. Vielleicht hatte ich einen neuen Freund gefunden. Einen, auf den ich mich eben so verlassen konnte wie ich es früher bei Liam gekonnt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blue_StormShad0w
2019-05-14T10:47:45+00:00 14.05.2019 12:47
Hallo, lang ist's her, seit ich hier weitergelesen hab'. Und heute geht's hier weiter. (^ ^)
Nun, jetzt ist Shay einigermaßen wieder genesen und kann sich wieder neuen Taten widmen, die er von Monro erhält. Und in Gist hat er auch schon einen neuen Weggefährten und Freund gefunden.
Ja, mit dieser Banditenbande wird Shay es auch noch öfters zu tun bekommen, ebenso wie mit Liam und den Assassinen. Aber das ist uns ja bekannt ...
Gut, dann erst mal hier wieder Schluss. Bis zum nächsten Mal wieder, ciao! (^-^)/


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