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Out of the Blue.

Out of the box.
von
Koautor:  Daelis

Vorwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben
So sehr du auch versuchst zu erklären, dass du weder eine Prostituierte bist, noch die Gehilfin des Doktors, der NICHT Jack the Ripper ist, ja nicht einmal ein Doktor der Medizin, es nutzt nichts. Dafür wird ein Zellennachbar auf euch aufmerksam. Der scheint erstaunlicherweise mehr über die Morde zu wissen - vielleicht könnt ihr ja sein Vertrauen gewinnen und er erzählt euch etwas? Komplett anzeigen

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The Whore and the Murderer

 „Im Auftrag Scotland Yards, im Namen der Königin Victoria, nehme ich Sie beide fest. Sie stehen unter Tatverdacht, die Morde an Emma Elizabeth Smith, Martha Tabram, Mary Anne Nichols, Annie Chapman, Elizabeth Stride und Catherine Eddowe verübt zu haben.“

„W-WAS?“ Ich hätte am liebsten Gift und Galle gespuckt.

Da konnte ich mich doch nur verhört haben?

„Sie haben ganz recht gehört. Bereiten Sie uns keine Unannehmlichkeiten und leisten Sie Folge. Alle Zuwiderhandlungen werden in Ihre Akten aufgenommen und gegen Sie verwendet.“ Oder auch nicht.

„Tun Sie, was er sagt“, raunte der Doktor mir mit Blick auf den schnauzbarttragenden Inspektor, „Sutherland ist einer der bekanntesten Polizeibeamten Londons zu seiner Zeit. Scherze sind da nicht angebracht.“

„Ruhe!“, wurde ihm von unserem Gegenüber über den Mund gefahren, „Keine Gespräche.“

„Oh, ich hatte meiner Begleiterin nur erwähnt, welch hochrangiger Beamter Sie in Ihrem Metier sind“, sprach der Timelord wahrheitsgemäß und trug dabei ein besänftigendes Lächeln auf den Lippen, welches allerdings vollends an dem stämmigen Mann abzuprallen schien:

„Ihr Wissen aller Liebe, aber die Einschmeicheleien können Sie sich sparen. Und jetzt ab.“

Die beiden rangniederen Polizisten schritten hervor und hatten dabei je ein paar gusseiserne Handschellen dabei, die sie uns ohne Umschweife umlegten. Nicht gerade sanft, so dass mir ein Wehlaut entfuhr, aber ich war schon froh, dass sie uns nicht zu Boden beförderten. Diese Behandlung reichte auch alle Mal.

War es da schon so etwas wie ein Privileg in einer Kutsche der hiesigen Kriminalbehörde abtransportiert zu werden? Im Rahmen meines sonst so schwarzen Humors hätte ich wohl gelacht, aber gerade war mir alles andere als das zumute.

Ich warf dem Doktor einen Seitenblick zu, aber ich konnte an seiner Mimik oder Haltung kein Stück dessen herauslesen, was er als nächstes zu tun gedachte. Irgendein Hinweis darauf, wie wir hier wieder rauskämen. Just bekam ich das Gefühl, dass er den Dingen seinen Lauf lassen wollte und so würde ich es wohl auch akzeptieren müssen.

 

Die Fahrt zur Behörde dauerte ungefähr eine Stunde. Ich hatte noch nie in einer Pferdekutsche gesessen – die Kremserfahrten im Kindergarten mal einmal abgesehen – und war fast schon schockiert, wie langsam man mit solch einer eigentlich vorankam. Noch schockierter war ich aber, wie weit entfernt der Einsatzort von der Behörde selbst war. Am schockiertesten wurde ich allerdings, als ich mich an die Straße erinnerte, die wir nun befuhren – das Victoria Embankment!

Dies war eine sehr lange Strecke, entlang der Themse, welche einen an der Blackfriars und Waterloo Bridge (und selbiger Station im gegenwärtigen London zumindest) vorbeiführte und der Westminster Abbey immer näher brachte. Hier bin ich letztes Jahr entlang spaziert, in die entgegengesetzte Richtung. Außerdem hing ein Aquarellprint von dieser Szenerie in meinem Flur, von der ich nicht genug bekommen konnte. Mich ereilte ein Gefühl der Nostalgie und ich erinnerte mich an den Urlaub zurück, der bereits in so weiter Ferne zu liegen schien.

Als wir langsam um die Kurve fuhren, konnte ich den Big Ben erkennen, dem wir näher kamen. Er war klar im Tageslicht zu erkennen und nur leicht von der Sonne angestrahlt. Die goldene Stunde war noch nicht gekommen, die dem Wahrzeichen der Stadt seine wahre Pracht zu vermitteln wusste. Die Bäume am Embankment wiesen wenige Blätter auf. Vermutlich hatte einer der Herbststürme bereits seine Gewalt über sie erhoben.

Wir waren immer noch dazu angehalten zu schweigen. Der Inspektor Sutherland saß uns höchstpersönlich gegenüber und blätterte in seinem Notizbuch, ohne uns aber nicht hin und wieder doch in Augenschein zu nehmen. Nicht, dass wir noch Unfug trieben.

Ich seufzte tonlos und konzentrierte mich wieder auf die Aussicht, die mir durch das schmale Fenster zu meiner Linken gegeben war. Die Westminster Bridge kam bisweilen immer näher und schließlich hielten wir an.

„Aussteigen!“, befahl der Inspektor in seinem gewohnt befehlenden Ton als uns von einem der anderen beiden Polizeibeamten die Tür geöffnet ward. Ich stolperte hinaus, da ich mich mit meinen gefesselten Händen nirgends festhalten konnte und sah mich schließlich um. Auch dieses Gebäude kannte ich, das sich nun vor mir erstreckte:

Rote Backsteinbauten mit durchbrechenden weißen Steinen ragten zu unseren Köpfen hinauf. Schieferfarbige Dächer, welche mit ebenso roten Schornsteinen endeten, gaben den Häusern das zusätzliche Londoner Flair, wie man es kannte. Ich hätte nicht gedacht, dass es zu Scotland Yard gehörte? Das heutige Gebäude war ganz in der Nähe, aber dennoch... dass Geschichte so nah und unerkannt an einem dran war, war immer wieder erstaunlich. Heute waren es die Parlamentsgebäude, wie mir später der Doktor in unserer Zelle zu erklären wusste. Aber dato waren die Norman Shaw Häuser Obhut von Scotland Yard gewesen, welches sich hatte expandieren müssen.

Wir wurden in die Haupthalle bugsiert und von dort aus ging es über mehrere Gänge, bis hin zu einem Büro. Die Inneneinrichtung des imposanten Gebäudes war recht kahl gehalten. Die Kunst des Stucks gab es zwar, aber im Großen und Ganzen ging es hier rein um die Funktionalität. Einige Männer, die uns entgegen kamen, waren beschäftigt unterwegs und schenkten und keine große Beachtung. Erst, als sie Inspektor Sutherland sahen, welcher voranschritt, traten sie einen Schritt zur Seite um den Weg freizumachen und salutierten. Er war wohl wirklich ein geachtetes Tier im Revier.

Das Büro war sein eigenes. Eine Privatvorstellung.

Ich konnte mir denken, dass es sich um ein Verhör handelte, was uns erwartete und schluckte schwer. Welche Beweise konnten uns vorgelegt werden, die zu unserer Überführung führen sollten? Eigentlich keine... aber ich wusste auch, dass die Beweisführung von damals aus heutiger Sicht nicht gerade nennenswert war. Ich wollte auch nicht wissen, wie viele Unschuldige verurteilt und wie viele Schuldige nicht verhaftet worden sind.

Mitten im Raum stehend, wurden die beiden Beamten, die mit uns gekommen waren, dazu angehalten, uns zu filzen. Ich hatte bis auf das Schreibzeug nichts in meiner Tasche dabei. Für die Polizei allerdings bedeutend genug, so dass sie mir diese abnahmen. Die Abtastung hätte ich mit gerne erspart, aber natürlich wurde auch diese durchgezogen. Sie strauchelten, als sie an etwas Härteres unter meiner Brust stießen und ich musste mir ein Augenrollen verkneifen. Natürlich... BHs kannte die Bevölkerung noch nicht in dem Maße, den wir kannten. Sie baten mich, dass ich meinen Pullover ablegte – es war ja schon unzüchtig genug, dass sie überhaupt so weit gehen mussten. Blieb mir wohl nichts anderes übrig... Ich verkniff es mir zum Doktor neben mir zu sehen, aber selbst wenn, besaß er genug Anstand, lieber während der Abtastung nach oben zur Decke zu schauen als zu mir. Demnach tat ich mehr oder weniger wie geheißen und krempelte meine beiden Shirts und das Top hoch. Genug Einsicht.

Da verstanden sie und bedeuteten, dass sie fertig wären. Meine Oberteile wieder an mir herunterfallen lassend, verzog ich etwas genervt das Gesicht. Anscheinend war ihnen der Begriff Büstenhalter zumindest mal unter die Augen gekommen. Fragte sich nur wie, aber nein – das wollte ich lieber nicht wissen.

Des Doktors Weste war beinahe weiß wie Schnee... hätte er den Schallschraubenzieher nicht dabei gehabt, den die Beamten natürlich fanden. Abgenommen. Ebenso das gedankenmanipulierende Papier in seiner Trenchcoat-Tasche, welches man dem Inspektor direkt übergab.

„Setzen“, befahl Sutherland dann schließlich erneut und der Doktor und ich nahmen auf den beiden Holzstühlen Platz, die dem schweren Sekretär gegenübergestellt war, wo Sutherland sonst wohl saß und seine Arbeit verrichtete. Ich wagte es nicht, mich umzusehen. Dabei war ich zu neugierig, was ein Büro von damals wohl so beherbergte.

Ich hatte dank eines Sherlock Holmes Spiels zwar schon ein paar Bekanntschaften machen dürfen, aber natürlich war dies nicht dasselbe.

Sutherland nahm vor uns auf der Tischkante Platz und bedeutete dem Beamten an der Tür, jene zu schließen, ehe er wieder die Stimme erhob, diesmal ruhiger sprechend, wenn doch genauso schroff: „Wie sieht es aus? Gestehen Sie?“

Ein guter Witz.

„Nun, in erster Linie würde mich interessieren, welche Punkte sie vorliegen zu haben, um uns einen Mord anzulasten?“, entgegnete der Doktor und ich war froh, dass wir endlich wieder sprechen durften. Natürlich nur nach Aufforderung, aber immerhin. Wir konnten uns verteidigen. Die Gegenfrage jetzt war ein berechtigter Anfang.

„Ich mache es kurz“, versprach Sutherland, zog sein Notizbuch hervor und verlas seine Anklagepunkte, „Emma Elizabeth Smith, vergewaltigt und misshandelt am 3. April 1888. Gestorben an den Komplikationen am 4. April 1888. Martha Tabram, 39 Stiche, gestorben am 7. August 1888. Neun Stiche durchdrangen ihre Kehle, fünf den linken Lungenflügel, zwei den rechten, einer das Herz, fünf die Leber, zwei die Milz und sechs den Bauch mit Rupturen des Unterbauchs und den Genitalien. Mary Ann Nichols, 31. August 1888. Durchschlitzte Kehle. Zweimal von links nach rechts. Annie Chapman, 8. September 1888. Ebenso durchschlitzte Kehle und abdominale Verstümmelungen. Elizabeth Stride und Catherine Eddowe. Mit einer zeitlichen Abfolge von einer Stunde, beide durchgeschnittene Kehle und abdominale Verstümmelungen. Eddowes linke Niere fehlt, ihre Gebärmutter wurde teilweise entnommen. Und nun zu Ihnen...“

Er klappte das Notizbuch zu, was mich bereits in den kurzen Ausführungen zum Gruseln gebracht hatte. Ich ahnte, was er uns anlasten wollte... Nicht nur bei den Namen klingelte es nun bei mir, sondern auch bei den Todesursachen... Der Doktor schien vollkommen gefasst, als sich Sutherland vorbeugte und ihm mit seinem Gesicht ganz nah kam, dass sich bald die Nasenspitzen der beiden Männer zu berühren vermochten.

Sie, werter Mr. John Smith, Doktor für Humanmedizin, sind leider einigen Passanten aufgefallen“, sprach er leise mit gefährlichem Unterton und sah dann zu mir, „Gemeinsam mit ihrer Begleiterin, wie Sie es so schön bezeichneten, sah man sie vorhin aus einer Polizeizelle steigen. Ganz in der Nähe der Tatorte. Genauer der letzten beiden Tatorte. Nennen Sie mir einen Grund, Doktor, warum Niemand der Annahme gehen sollte, dass Sie nichts damit zu tun haben? Ripper?“

Oh je, es war also wirklich so wie gedacht... mir blieb die Spucke im Halse stecken, welcher ebenso ziemlich fest in der Schlinge zu baumeln drohte. Absurder könnte es gar nicht sein, dass der Doktor beschuldigt wurde, der Ripper zu sein. Eigentlich. Für die hiesige Polizei war es allerdings eine ganz normale Annahme.

Das Gesicht des Doktors selbst trug nun mehr einen ernsteren Ausdruck. Die Entspannung war von ihm gewichen, sollte er jene überhaupt wirklich verspürt haben.

„Doktor der Humanmedizin mit einer Hure in Begleitung, welch trefflichere Weise hätten wir vorfinden sollen?“

Da schlug es doch Dreizehn! So auch mein Herzschlag, als ich wahrnehmen musste, wie ich der Prostitution bezichtigt wurde.

„Ich verbitte mir solch eine Anschuldigung!“, brach es da verärgert auch mir raus, „Sie haben keinerlei Beweis, was Sie mir und ihm unterstellen!“

„Seien Sie bitte ruhig“, bat der Timelord, der die Situation natürlich besser einzuschätzen vermochte als ich, die zum ersten Mal durch Raum und Zeit reiste und sich nicht so schnell an eine neue Umgebung und Ära anpassen konnte wie er. Und ebenso wenig den Umständen. Aber meine Impulsivität war nichts, was ich auf Dauer zurückhalten konnte. Es war auch nichts, was ich mit Absicht hervorbrachte, doch regten mich unfaire Behandlungen schon immer auf. Da konnte ich nicht meinen Mund halten.

Statt den Inspektor zu verärgern, sah er mich eine Sekunde lang an und fing dann tatsächlich an zu lachen, als hätte ich einen Witz gerissen. Er hob den Kopf, lachte weiter und brauchte ein wenig, bis er sich wieder zu fassen wusste.

„Ich habe lange nicht mehr so bei einem Verhör gelacht, Mädchen“, kam er wieder zur Ruhe und warf mir dann einen weiteren missbilligenden Blick zu, „Wie soll ich es sonst bezeichnen, was du bist?“ Seine Augen streiften mich von Kopf bis Fuß, dass es mir unangenehm wurde. „Sieh dich an: Du zeigst mehr Bein, als es eine Edelhure im Bordell vor Publikum tun würde und entblößt dich auf Befehl ohne den geringsten Widerstand zu verzeichnen. Du trägst Unterkleidung, die anrüchiger ist als jede andere, die ich bisher sehen konnte und kommst mit einem Mann aus einer Zelle, die kaum Platz bietet? Was wirst du da wohl mit ihm gemacht haben? Teetrinken? Mach dich nicht lächerlicher, als du es in deiner Position bereits bist, du kleine Hure.“

Das saß. Mir blieb der Mund offen, weil ich auf all diese abstrusen Bemerkungen gar nichts zu erwidern wusste. Genauso wenig wie ich nicht sagen konnte, für was ich ihn als erstes schelten wollte: mich als Hure zu bezeichnen oder mir vorzuwerfen, dass ich mit dem Doktor eine wilde Nummer geschoben habe.

Ich biss mir auf die Lippe und ballte die Hände zu Fäuste. Ruhig bleiben. Nichts sagen. „Und noch einmal zu Ihnen, Doktor. Ich habe so die Vermutung, dass Sie es mit jeder Ihrer Opfer zunächst noch einmal treiben, ehe Sie Ihnen die Kehle aufschlitzen und ihr Inneres zermürben. Haben Sie Ihre Begleiterin nicht genau deswegen mitgenommen? Um sich an ihr zu vergehen? Was hat sie dazu gebracht, aus ihrem Muster auszubrechen und tagsüber morden zu wollen? Lust? Langeweile? Oder wollen Sie uns einfach nur als dumm verkaufen?“

Die Stimme des Beamten war mit jedem Satz lauter geworden und bei seinen letzten Worten klingelten mir regelrecht die Ohren, weil die Akustik so viel Widerhall von sich gab. „Sie sind das Abtrünnigste, was mir in meiner gesamten polizeilichen Laufbahn unter die Augen gekommen ist. Doktor.“

Der Timelord hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als er so angeschrien wurde. Es waren ganz klare Einschüchterungsversuche und in meinem Fall hatten diese sogar Erfolg. Hätte er mich nicht dazu bewogen, den Mund zu halten, wäre ich Sutherland mehr als nur in die Falle getappt. Ich hätte Dinge gesagt, die mir den Kopf gekostet hätten. Wortwörtlich. Das wurde mir jetzt erst bewusst, als ich sah, wie der Doktor selbst gar nichts auf all die Anschuldigungen erwiderte, sondern schlicht seine ruhige Stimme beibehielt, als er zu antworten gedachte:

„Chief Inspector Sutherland, ich frage Sie lediglich, welche Beweise Sie vorzuliegen haben. Die Mordwaffe mit meinen Fingerabdrücken? Zeugenberichte zu den Morden? Spuren an den Opfern? Ich bitte Sie, mir einen stichhaltigen Beweis zu nennen, der meine Schuld belegt.“

Darauf konnte der Inspektor selbst nichts entgegnen, denn er hatte keine stichhaltigen. Das war uns Anwesenden allen klar. Die Absicht hinter dem Verhör war nur, dass er an Informationen kam, die er brauchte, damit er uns dingfest machen konnte. Bisher waren wir nämlich nur einfache Passanten, die als auffällig galten, denen allerdings nichts nachzuweisen war. Punkt, Ende, aus. Und ja, ich war mir sicher, dass ihm dies genauso wenig schmeckte wie uns. Ich konnte sogar verstehen, dass er jede noch so kleine Spur aufnahm in der Hoffnung, endlich den Ripper zu schnappen. „Des Weiteren bitte ich Sie, die Anschuldigungen gegenüber meiner Begleiterin, eine Arbeiterin im horizontalen Gewerbe zu sein, zu unterlassen. Sie ist meine Reisebegleitung, nicht mehr.“

Danke, dass wir auch das geklärt hätten!

„Sie möchten also eine Waffe?“, fragte der hiesige vor uns sitzende Polizeibeamte mit einem gespielten Lächeln und griff hinter sich, wo der Schallschraubenzieher lag, „Wie wäre es damit?“ Schlau war er zumindest, denn mit einem Mal war der Schallschraubenzieher ausgefahren und surrte, während das violette Licht aufleuchtete, „Oder wollen Sie mir weismachen, dass dies lediglich eine Art Laterne ist?“

Der Doktor zuckte mit den Schultern und nickte, „Eine handliche Laterne mit Geräuschkulisse, eine Taschenlampe.“

„Natürlich, eine Taschenlampe.“ Später erzählte mir der Doktor, dass es zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Taschenlampe gab und er sich eine bessere Ausrede hätte einfallen lassen sollen.

„Und lassen Sie mich raten, der Eisengehalt in deiner Unterkleidung ist auch nur zur Justierung wie ein Korsett?“ Ich brauchte einen Moment bis ich merkte, dass es um den Bügel in meinem BH ging, der überhaupt erst für die Ausziehaktion gesorgt hatte.

„Ja, genau. Korsett.“

Nun mehr sah mich der Doktor doch einen Moment genauer an und ich konnte nur entschuldigend mit den Mundwinkeln zucken. Was sollte ich da auch anderes sagen?

„Eine Laterne und ein Korsett. Zwei Reisende, die ganz zufällig ihr Techtelmechtel in einer Polizeibox abhalten, in der Nähe des Tatortes und die verdächtiger nicht sein können.“ Sutherland besah uns beide noch einmal ganz genau und rieb sich dabei den Schnauzbart, ehe er die Hände in die Taille stemmte, „Wissen Sie, Sie mögen mir bis jetzt noch keine stichhaltigen Beweise geliefert haben, aber die bisherige Sachlage reicht aus, Sie für einige Zeit hierzubehalten.“

„Wie lange kann er uns festhalten?“, fragte ich leise den Doktor, wurde aber sehr wohl gehört.

„Mindestens einen Tag und in eurem Fall, Mädchen, sogar weitaus länger.“

„Da hat er Recht“, stimmte der Timelord auch noch schulterzuckend zu.

Ändere Dinge, die du ändern kannst und akzeptiere den Rest.
 

„Nun, immerhin haben Sie inzwischen das Recht über Eigentum zu besitzen und zu verwalten wie die Männer.“

„Und wie genau soll mich das jetzt trösten?“

Wir befanden uns erst seit genau zwei Stunden in dieser Untersuchungshaftzelle in Scotland Yards Kellergewölben und ich hatte jetzt schon die Schnauze voll.

Chief Inspector Donald Sutherland hatte uns von zwei der blauuniformierten, helmtragenden Beamten abführen lassen, in das untere Geschoss, wo mit nichts anderes zu hausen wusste als Lagerbestandteile und eben jene Genossen, von denen man ausging, dass sie etwas Gesetzeswidriges getan hatten.

Jegliches Reden war uns auf dem Weg verboten worden mit der Aussicht auf einen Abend ohne Essen, würden wir unser Schweigen brechen.

Ich hatte auf den Rücken des Polizisten vor mir gestarrt und nicht mehr gewusst, wo oben und unten war: Von jetzt auf gleich hatte ich in der TARDIS gestanden. Von einer Sekunde auf die nächste waren wir ins viktorianische London gereist und nun... ging ich bei viel schlechtem Karma vielleicht als nächstes Opfer des Rippers in die Geschichte ein – und der Doktor würde zu solchem gemacht. Keine besonders reizvolle Zeile für den Lebenslauf.

Vor allem aber wusste ich nicht, wie sich die nächsten Tage für uns gestalten würden... Natürlich hatten sie keine stichhaltigen Beweise, aber die Anklage lag so schwer, dass es sich die Polizei Londons garantiert zweimal überlegte, uns verfrüht gehen zu lassen.

Und nun saßen bzw. standen wir in eine der Zellen wie Radieschen, die sich die Erde von unten anzugucken wussten. Grandios.

Ich saß an der kalten Steinwand gelehnt und starrte zu dem fidelen Timelord auf, welcher auf- und abschritt und wohl gerade Fluchtmöglichkeiten und andere Optionen in seinen schlauen Kopf durchging.

„Ohne diese revolutionäre Bewegung, wären Sie längst nicht so gleichberechtigt, wie Sie es heute sind.“ Ich hob meine Augenbrauen und der Doktor verbesserte sich, das Gesicht zur Grimasse verziehend: „Ich vergaß. Sie sind nicht aus London.“

Genau.

Und ich gehörte auch nicht hierher.

„Was... machen wir jetzt?“, wollte ich wissen und zog die Beine an den Körper, „Müssen wir wirklich abwarten, bis wir hier von der Polizei wieder freigelassen werden?“

Das Gesicht meines Gegenübers wurde ein bisschen ernster und er sah sich noch einmal um, bevor er wieder zu mir sprach,

„Nun... wir haben keinerlei Fluchtmöglichkeiten. Die Gitterstäbe werden wir dort oben wohl kaum ausgehebelt bekommen und der Fensterspalt ist eh zu schmal“, deutete er auf die einzige Luftzufuhr von außerhalb, „Und da sie mir den Schallschraubenzieher abgenommen haben, kann ich uns nicht auf diese Weise rausholen.“ Ja, das hatte ich mir schon gedacht. Wir saßen echt in der Patsche.

„Aber können die uns wirklich so einfach festhalten? Über Tage?“ Ich hatte Skepsis, was dies betraf, vergaß hierbei aber selbst, dass ich eben keinen deutschen und vor allem keinen gegenwärtigen Boden unter den Füßen hatte, sondern englischen.

„Sie können froh sein, dass wir bisher nur als Verdächtige behandelt werden, nicht als Mörder.“

„Nun... in deren Augen bin ich alles andere als das“, fielen mir da wieder die abstrakten Anschuldigungen ein, die für jene Zeit nur zu selbstverständlich waren.

„Das stimmt. Vielleicht hätte ich uns auch besser als adliges Ehepaar Smith aus Übersee zu erkennen geben sollen.“

„Übersee klingt gut, aber adlig... da wäre es wohl besser, wenn Sie mich als Einwohnerin einer koloniebesetzten Insel vorgezeigt hätten.“ Mir huschte ungewollt ein kleines Lächeln über die Lippen, denn obwohl die Lage so verdammt ernst und ganz und gar nicht komisch war, waren es die Vorstellungen zu diversen Rollenverteilungen umso mehr. Auch dem Doktor entwich ein Grinsen und er musste mir zustimmen:

„In der Tat. Das erklärt Ihren freizügigen Kleidungsstil.“

„Dank dem ich nun Ihre Kurtisane bin.“ Wieder mussten wir über diese Lächerlichkeit den Kopf schütteln und jetzt sogar ein wenig lachen. „Das glaubt mir niemand, dem ich dies erzähle.“

„Sie tun gut Rat, genau das auch nicht zu tun. Allgemein tun Sie gut, so wenig wie möglich hier vor anderen zu reden.“ Autsch, das stimmte. Mit meiner schnellen Zunge hatte ich dem Inspector leider Gottes schon genug Angriffsfläche gegeben. „Ich sage dies nur zu Ihrer Sicherheit.“

„Ich weiß“, stimmte ich langsam nickend zu und sah ihm in die Augen, „Ich... werde versuchen, mich daran zu halten.“

„Gut... die Strafen für Mord sind im viktorianischen Zeitalter klar entschieden. Für andere Vergehen ebenso. Ich möchte nicht, dass wir unseren Kopf aus einer Schlinge winden müssen.“ Nein, das war auch das Letzte, was ich wollte. Exekution... nein, danke.

„Was... machen wir jetzt also? Abwarten, bis sich eine Gelegenheit bietet zu fliehen?“

„Mir wäre es lieber, wenn wir sie eines besseren überzeugen könnten“, entgegnete der Doktor und kratzte sich am Hinterkopf, „Dafür sollten wir allerdings mehr Informationen haben. Sie werden uns morgen noch gewiss weiter verhören. Bis dahin wäre ein Plan gut.“

Ich atmete hörbar die Luft aus und blickte dann auf meine Hände, die meine Knie immer noch umschlossen hatten.

„Sie werden uns dann doch bestimmt auch einzeln verhören, nicht? Dann... wäre es besser, wenn wir uns eine einige Aussage überlegen.“

„Sehr gut! Genau das!“, schloss der Doktor, fast schon in meinen Augen etwas zu freudig und machte einen Schritt von den Gitterstäben auf mich zu, „Vor allem sollten wir uns überlegen, wo wir herkommen, was wir tun und wir unsere Beziehung zueinander steht. Sie werden herausfinden wollen, ob wir nicht doch andere Identitäten besitzen.“

Und so sollten der Doktor und ich die nächste halbe Stunde damit verbringen, uns ein Alibi zu überlegen. Wo wir uns das erste Mal getroffen hatten, die Lieblingsspeise des anderen, wann wir Geburtstag hatten, … all so etwas. Die Hälfte davon war erstunken und erlogen, aber es war wichtig, dass wir eine Basis aufbauten, mit der wir beide klarkommen könnten. Ich fühlte mich wie bei einem Speed-Dating und ich war mir sicher, dass einige Antworten tatsächlich vom Doktor selbst stammten und nicht nur ausgedacht waren.

Er hämmerte mir die Antworten in mein Gedächtnis ein und bevor wir uns versahen, erhielten wir Besuch: Ein Beamter kam mit einem großen Tablett heran, auf dem sich drei kleine Brotlaibe befanden, was mich irritierte. Ich traute auch den damaligen Briten zu, dass sie noch eins und eins zählen konnten. Waren wir also nicht die Einzigen hier? Dabei hörte man nichts von den Nachbarzellen und als wir hierher gebracht worden sind, hatte ich auch keinen weiteren Insassen entdeckt. Der Beamte streckte uns wortlos die Brotlaibe entgegen, bis wir sie entgegennahmen, und ging dann weiter, aus unserem Sichtfeld. Ich konnte nicht erkennen, was er mit dem Laib machte.

Das Brot in meinen Händen begutachtend, verzog ich etwas den Mund.

Ich war durchaus froh, dass dies keine Suppe oder sonstiger Gefängnisfraß war, den man sich vorstellte, aber dennoch wäre es natürlich schöner gewesen, ein bisschen mehr als ein trockenes Stück gebackenen Teig zu bekommen. Mein Mund fühlte sich langsam ziemlich trocken an und ich wusste, dass es eine sehr unangenehme Nacht und vor allem ein unangenehmer Morgen werden würde, wenn man mir mein selbstverständliches Anrecht auf Wasser verwehrte.

Ich blickte zum Doktor. Richtig... wie verhielt es sich bei ihm eigentlich mit dem Essen? Musste er das überhaupt? Und schlafen? Abgesehen von der Regenerationsphase hatte man ihn nicht schlafen sehen... glaubte ich zumindest. Ich war mir gerade über rein gar nichts mehr sicher. Nur, weil man etwas nicht sah, hieß es nicht, dass dem nicht so sein musste. Aber der Gesichtsausdruck, welcher er trug, zeugte nicht gerade von Motivation, was das Essen betraf. Auf der anderen Seite konnte man solche wohl auch nicht erwarten – es war eben ein trockenes Stück Brot?

Statt sich aber ein Stück abzubrechen hob er den Kopf und schien auf irgendetwas zu warten. Des Rätsels Lösung lag darin, als sich die schwere Tür wieder schloss, durch die der Beamte gekommen war. Dann richtete der Doktor seine Augen auf die Wand links neben uns. Eine einfache, steinerne Wand. Nichts Besonderes. Dachte ich.

Doch wenn ich mich eben noch darüber gewundert hatte, warum sich drei Stück Brot auf dem Tablett befunden hatten, wurde es mir nun erklärt:

Ein kratzendes Geräusch kam von irgendwo außerhalb unserer Zelle. Irgendwo... von links.

Der Doktor ging näher an die Wand heran und legte Handflächen und Ohr an diese.

Er fuhr über das Gestein und nach einiger Zeit klopfte er plötzlich mit den Fingerknöcheln dagegen. Nicht besonders laut, aber er musste eine Stelle erwischt haben, hinter der es etwas hohler war als hinter den anderen. Ich wollte nicht glauben, dass dies Zufall war, sondern eher, dass er dies mit irgendwelchem Knowhow herausgefunden hatte.

Wir blieben still und dann, nach vielleicht zehn Sekunden, erklang erneut ein dumpfes Klopfen, dieses Mal allerdings von der anderen Seite.

Also doch!

Da war jemand!!

Der Doktor klopfte nun ein zweites Mal an die Wand und dieses Mal erklang die Antwort weitaus schneller. Eindeutig, das war kein Irrtum.

„Willkommen in der Untersuchungshaft!“, sprach es dann auch noch zu uns.

Ich suchte mit meinen Augen nach einem Schlitz, einem Loch oder irgendetwas anderes, wurde allerdings nicht fündig. Die Männerstimme hatte recht leise geklungen, also hat er wohl kaum von der Nebenzelle nach draußen rübergeschrien.

Aber wie so oft, hatte der Timelord bereits des Rätsels Lösung in der Hand: Er hatte sich um die eigene Achse gedreht, sich auf die Knie fallen lassen und die Pritsche ein Stück zur Seite geschoben.

„Ah, sieh an! Hallo!“ Er hielt sich auf den Boden gebeugt und sprach nun aus meiner Sicht direkt in die Wand hinein. Doch wie man ihn kannte, befand sich da tatsächlich ein kleiner Zugang zur anderen Seite. „Mit wem habe ich das Vergnügen?“

„John Pizer, mein Herr. Und Sie sind?“

Der Doktor drehte sich zu mir um und bedeutete mir mit einer fixen Handbewegung, dass ich zu ihm kommen sollte. Ich tat, wie mir geheißen, war ich doch auch sehr neugierig auf unseren Nachbarn und kniete mich – immer noch das Brot in der Hand, was ich gewiss nicht auf den dreckigen Bogen ablegen wollte – neben ihn, die Pritsche noch etwas weiter wegschiebend. Ich sah mit eigenen Augen, wie ein fünf Mark großes Loch in der Wand klaffte, wo bis eben noch die Beine der Pritsche gestanden hatten. Der Doktor schob seinen Kopf davor und sah hindurch.

„Ich bin der Doktor und das hier ist meine Begleitung, Alexandra.“

Er machte mir wieder Platz und so rückte ich vor, um dem Fremden in die Augen sehen zu können.

„H-Hallo“, erwiderte ich zögerlich. Das war mal eine ganz andere Art, jemanden kennenzulernen und mehr als ein schmales Männerauge, um das herum sich ein paar Altersfalten befanden, konnte ich auch nichts erkennen.

„Freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich hätte nicht gedacht, dass sie noch weitere Verdächtige fassen.“

Das machte zumindest schon einmal klar, dass auch unser Zellennachbar für den Täter gehalten wurde.

„Wie lange sind Sie schon hier drin, Mr. Pizer?“, wollte der Doktor wissen und setzte sich auf die zurückgeschobene Pritsche. Von Angesicht zu Angesicht würden wir eh nicht recht reden können.

„Ein paar Tage? Ich weiß nicht genau. Ich wurde Anfang September hierher geholt und sie hatten noch kein freies Gefängnis übrig, wie ich gehört habe.“

„Anfang September?“, kam es mir über die Lippen und ich machte es dem Timelord ähnlich, nur dass ich auf dem Boden gleich neben dem Loch sitzen blieb.

Dann war knapp einen Monat hier. Ich sah zum Doktor auf, der nur den Kopf schräg zur Seite legte. So war es nun mal.

„Sie wurden also auch des Mordes bezichtigt?“

Ein leises Lachen erfüllte die Luft und man konnte anhand dessen Kratzigkeit heraushören, dass John Pizer schon lange nicht mehr gesprochen hatte.

„Weil es einen kleinen Zwischenfall gegeben hatte, wurde ich für alle anderen Morde des Rippers verantwortlich gemacht, ganz genau.“

„Ein Zwischenfall?“, wollte der Timelord wissen und hatte dabei die Augenbrauen zusammengezogen.

„Ich bin Schuhmacher in Whitechapel, müssen Sie wissen“, erklärte Pizer ruhig, „Ich hab ein Alibi für die Morde an den Prostituierten, aber das scheint der Polizei hier noch zu undicht.“

„Und was meinen Sie mit Zwischenfall?“

„Sie sind neugierig, Doktor“, schnitt der andere nun dazwischen und wurde etwas schärfer von seinen Worten, „Machen wir es anders: Sie erzählen mir, warum Sie beide hier sind und ich erzähle Ihnen noch ein bisschen was zu meiner Geschichte.“

Wir beide sahen uns an. Hatten wir eine Wahl? Mehr als diesen Mann würden wir nicht als Gesprächspartner finden, uns waren die Hände gebunden und der Doktor hatte nicht einmal seinen Schallschraubenzieher, als dass er uns hier hätte herausmanövrieren können. „Es ist unüblich, dass eine Frau verdächtigt wird. Was hast du getan, Mädchen?“

„Ich habe rein gar nichts getan“, kam es da sofort über meine Lippen, denn genau das war es ja auch, was ich getan hatte: nichts.

Wieder erklang das Lachen. Es erinnerte mich an Sutherland, der mir gleiches geschenkt hatte,

„Du willst mich wohl auf den Arm nehmen? Soll ich dir einmal sagen, mit welchen Straftaten man normalerweise in ein Gefängnis landet? Ehebruch, Vergiften des Ehemanns um an Versicherungssummen zu kommen, Stadtstreicherei, Diebstahl.“

Super. Das klang alles sehr... herzerwärmend. „Hm... entweder hast du dich mit ihm zusammengetan, um gemeinsam einen großen Coup zu machen oder aber... naja. Das, wozu die meisten Frauen, die nicht unter der Haube sind, verrichten.“

War das so etwas wie eine unausgesprochene Regel, dass Frauen anscheinend nicht mal mehr Gouvernanten oder als Hausmädchen arbeiteten, sondern gleich als Prostituierte? Ich hatte das viktorianische Zeitalter wohl etwas überschätzt...

„Ich kann Ihnen versichern, dass sie alles andere als das ist“, sprang der Doktor nun mehr ein, wofür ich ihm im Stillen dankte, doch hatte Pizer die bessere Antwort parat:

„Glauben Sie mir, Doktor, das würde ich an ihrer Stelle auch. Ein Mann mag sich zwar zu abends vergnügen, aber es wäre eine Schande, wenn man seine nächtlichen Geschäfte auch am Tage nachzuvollziehen wüsste. Ihr Ruf wäre dahin.“

„Sie scheinen zu wissen, wovon Sie sprechen.“

„Lenken Sie nicht ab. Was hat sie hierher gebracht?“

Der Timelord schwieg ein paar Sekunden, ehe er nachgab, wenn auch sichtlich ungewollt,

„Wir sind auf der Durchreise. Zur falschen Zeit am falschen Ort.“

„Wurde also wieder eine umgebracht?“

„Zwei.“

„Oha, zwei also. Deswegen der Aufruhr da oben und die genervten Gesichter.“ Nun klang der Mithäftling beinahe schon amüsiert. „Das wird dann wohl ausreichen, dass ich nicht der Ripper sein kann und sie mich freilassen.“

Vielleicht sollten sie dem Ekelpaket auch seine Zunge abschneiden oder hier unten versauern lassen... aber nein, Alex, denk an dein Karma. Das hat dich jetzt nämlich schon wieder gut genug in den Hintern gebissen! „Nun gut … und auf Ihrer Durchreise befanden Sie sich zufälligerweise in der Nähe des Tatortes?“

„Exakt.“

„Das nenne ich Pech.“

Ich wiederhole mich, aber: Zunge abschneiden!

„Tja …“ Von der anderen Zelle kam ein stimmloses Seufzen, „Dann nochmal zu mir … Ich habe dummerweise eine dieser Huren mit einem Messer bedroht und andere zu Tode erschreckt. Das hat mich hierher gebracht. Als dann die Morde laut wurden, hat man mich natürlicherweise für den Täter gehalten.“

Okay, noch einmal die Frage: Waren hier alle verrückt?

Ich sah erneut zum Doktor und dieses Mal legte er nicht den Kopf zur Seite, sondern sah mich nur mit einem ebenso eindringlichen Blick an, wie ich ihn.

„Gibt es denn Hinweise darauf, wer der Mörder ist?“, fragte ich schließlich, als ein Schweigen für einige Zeit einkehrte.

„Es gibt unzählige Typen, die es nicht waren“, antwortete Pizer und verkniff sich ein weiteres Lachen, „Ich bin nicht der Erste, den sie vernehmen. Inspector Sutherland hat euch geschnappt, oder? Er ist der Beste auf dem Gebiet und dennoch tappt er unentwegt im Dunkeln. Wie viele Morde wurden schon verübt? Es sind immer Frauen, fast durchweg Prostituierte. Ihre Körper werden zugerichtet, verstümmelt, Organe entfernt. Deswegen geht die Polizei auch davon aus, dass es sich um einen Arzt handelt, der dies getan haben muss. Sie verstehen also, warum sie es auf Sie abgesehen haben?“

„Leider ja.“

Und ich ebenso. Nicht, dass er Doktor der Humanmedizin wäre, aber das gedankenmanipulierende Papier, welches er dem Inspektor gegeben hatte, wies genau jene Identität für den Timelord vor. Das war ein Eigentor. Konnte dem Besten passieren.

„Sie sind der bessere Verdächtige als ich. Und ich hab zwei Alibis. Auch, wenn diese immer noch unter Nachforschung stehen. Wie sieht es bei Ihnen aus?“

Mir missfiel der Ton, welcher Pizer anschlug, denn er klang verhöhnend, wenn nicht sogar verspottend. Es erinnerte mich fast schon ein wenig an diese Briefe, die in dem Extrablatt veröffentlicht wurden. Genauso amüsiert.

„Was... passiert, wenn sie keinen anderen Verdächtigen finden?“, sprach ich leise zum Doktor, in der Hoffnung, dass unser Mitinsasse dies nicht gehört hatte, aber natürlich tat er dies und lachte sich scheckig,

„Dann wirst du mit viel Glück demnächst gehängt. Sie können euch nicht auf ewig hier festhalten und wie du an mir sehen kannst, sind die Kapazitäten vollkommen ausgelastet.“

Was für eine Aussicht. Ich mochte den Kerl immer mehr.

„Gut, dann sagen Sie uns doch, was sie alles über die Morde wissen. Sie sind zwar nicht der Täter, scheinen aber dennoch gut im Bilde zu sein, was passiert ist. Warum wird der Schuldige nicht gefunden? Warum werden Unschuldige auf Glück festgenommen? Das macht auf mich den Eindruck, als wären sie vollkommen unorganisiert und von Verzweiflung getrieben.“ Der Doktor ließ sich nicht beirren. Er suchte nach Antworten. Antworten, die uns einen Weg nach draußen bescheren konnten.

Ich wusste nicht, wie ich in solchen Situationen zu reagieren hatte, wie ich mit solchen Leuten umgehen sollte. Auch, wenn ich die 30 Jahre fast erreicht hatte, war meine Erfahrung da doch zu gering. Anders als der Timelord, welcher nicht nur ein paar hundert Jahre älter, sondern auch weitaus mehr Menschen und Lebewesen kennengelernt hatte, als ich es könnte.

„In der Tat, man sollte meinen, dass der Täter schnell gefunden wird. Das wird er aber nicht. Und warum? Weil ihm seine Opfer immer und immer wieder in die Hände spielen. Frauen, Prostituierte. Sie wollen ihr Geschäft machen. Sie haben keine Wahl, ganz gleich wie gefährlich es gerade ist. Und deswegen wird er immer wieder welche finden. Immer und immer wieder.“

„Das mag sein, aber er scheint hier in Whitechapel leben zu müssen, wenn er in diesem Umkreis aktiv wird?“

„Richtig. Davon ging die Polizei ebenso aus, warum Sie und ich hier festsitzen. Naja, ich mehr als Sie. Aber wissen Sie was?“ Der Doktor antwortete nicht und so auch ich nicht. Wir warteten, bis Pizer weiterredete, „Während wir hier sitzen, plant der Ripper den nächsten Mord.“

„Woher wollen Sie das wissen?“

„Instinkt? Ha, ha... nein, ich habe nur die Zeitung gelesen – oder besser gesagt mitbekommen, was geschrieben wurde. Die Polizisten reden hier gern, wenn sie Kontrolle schieben.“

Nein, vorbei war es noch wirklich nicht. Ein Mord stand noch bevor. Davon konnte aber niemand wissen außer eben... wir.

„Was raten Sie uns, wie wir hier rauskommen?“

„Sucht Sie sich ein wasserdichtes Alibi!“ Der Brüller des Tages. „Oder aber … lassen Sie doch Ihre Begleitung arbeiten? Die sind bestechlich wie alle anderen auch.“

Ich schreckte hoch und glaubte, mich verhört zu haben. Es war ganz klar, was er damit meinte. Und noch klarer war, dass ich dies gewiss nicht tun würde. „Sie können auch bis Morgen abwarten. Dann werden Sie erneut verhört. Die werden sie alle drei Stunden rannehmen. Denken Sie sich also besser eine Ausrede aus, die mit Ihrer Begleiterin übereinstimmt.“

„Wie ist der Tagesablauf?“, wollte der Timelord da noch wissen und fuhr dem anderen somit über die Zunge.

„Geweckt wird um 5 Uhr, Frühstück gibt es um 6 Uhr. Dazwischen eine kurze Zeit, auf Klo zu gehen. Bis 12 Uhr wird dann ausgeharrt.“

Als wir uns jetzt ein weiteres Mal in die Augen sahen, war klar, was unser Ziel sein musste: Sie zu überzeugen, dass wir hier nicht die Bösen waren und das Blatt wenden, damit wir hier rauskamen. Natürlich wäre dies eine sichere Nacht in der Zelle, aber wirklich sicher für die TARDIS war es auf keinen Fall. Und schon gar nicht auf längere Sicht.

Dafür bräuchten wir einen Plan. Einen sehr guten Plan. Keine unserer Auskünfte dürfte sich voneinander unterscheiden. Jeder noch so kleine Fehler würde uns als Lüge angelastet werden. Das würde ein langer Abend und eine noch längere Nacht werden.

 

Zumindest hatte ich das gedacht... aber irgendwann hatte mich der Schlaf dann doch übermannt. Ich konnte mich nicht mal dran erinnern, dass ich mich auf die Pritsche gelegt hatte. Ich konnte mich genauso wenig daran erinnern, dass ich den Trenchcoat des Doktors als Decke genutzt hatte, aber als schließlich die schwere Tür aufgeschmissen wurde und eine unfreundliche Stunde das Aufwachen verkündete, bemerkte ich erst all das und setzte mich unter meinen schmerzenden Knochen auf. Autsch... bequem war etwas anderes. Ich sah mich um, entdeckte den Doktor, der am der anliegenden Wand neben dem Bett saß und wurde augenblicklich etwas wacher.

„Haben Sie gar nicht geschlafen?“

„Guten Morgen. Und doch, doch. Eine Stunde.“

„Eine Stunde? Sie sind doch verrückt!“

„Eine Stunde kann mit euren acht Stunden verglichen werden und ist selbst dann eigentlich noch weitaus effektiver.“

Nun gut, das musste ich dann wohl so hinnehmen. Der Körper eines Timelords war nun mal nicht menschlicher Natur und entsprechend wunderte es mich nicht, dass er auch keine acht Stunden Schlaf brauchte, wie es bei uns der Fall war. Sei es drum.

Als nächstes wurde ich zu der dortigen Toilette begleitet, wo ich mich frischmachen sollte. Da wir in dieser Zeit nicht mit weiblichen Polizistinnen zu rechnen brauchten, wartete der Beamte vor der Tür. Wenn ich etwas nicht abkonnte, dann war es genau das: Dass ich mich gestresst fühlen musste, weil ich eine Sekunde zu lange auf dem Klo verweilte.

Doch hier wollte ich auch keine unnötige Sekunde verbringen. Das Waschbecken war zwar funktional, allerdings nicht gerade sauber. Es kostete mich schon Überwindung, den Wasserhahn aufzudrehen, benutzte ich dafür nur meine Fingerspitzen. Ja, ich gebe es zu: Ich hatte eine gewisse Keimphobie, wenn ich kein Händedesinfektionsmittel besaß...

Das Wasser, welches aus dem Hahn kam, wirkte recht sauber, aber ich vermied es dennoch, mir jenes ins Gesicht zu spritzen. Und wer dachte, dass Frauen nicht im Hocken pinkeln konnten: Oh doch! Wir brachten dabei sogar unsere Beinmuskulatur gut voran!

Die Morgentoilette war somit schneller beendet, als der Polizist gedacht hätte und ich wurde wieder in die Zelle gebracht.

Zwar nutzte ich die Zeit, mich umzusehen und nach eventuellen Fluchtwegen Ausschau zu halten, aber es gab just keine. Und somit landete ich wieder in unserem Loch – diesmal fiel mir aber auch die Nebenzelle auf und ich glaubte, einen Mann auf der Pritsche an der Wand liegen zu sehen. Ganz so, als wäre es ihm egal, dass der Weckruf begonnen hatte. Zu meiner Überraschung war der Doktor wohl kurz nach mir aus der Zelle gebeten worden und ich hatte ein paar Minuten für mich, bis er zurückkehren würde.

Mich auf die harte Pritsche niederlassend, ließ ich meinen Blick wandern. Der schmale Lichtspalt, welcher uns gewährt wurde, verriet den Tagesanbruch. Die Wolken waren noch recht bläulich und grau, Sonnenschein gab es keinen. Ein entsprechend kühler Luftzug umspielte meine Nase, die mir daraufhin zu kribbeln begann.

Zum ersten Mal hatte ich wirklich Gelegenheit, mir alles durch den Kopf gehen zu lassen, was auf mich zugekommen war, in welcher Situation ich steckte und wo ich eigentlich hätte sein müssen.

Es war irritierend, aufregend, spannend und beängstigend zugleich. Meine Reiselust war nicht verflogen, gewiss nicht, aber dennoch war ich gerade an einem Punkt, wo ich merkte, dass eben mal wieder nicht alles Gold war, was glänzte.

In diesem Fall zeigte es sich eben in den Problemen, welche die Abenteuer mit dem Doktor mit sich brachten. Wenn wir Abenteuergeschichten lasen oder -serien im Fernsehen guckten, dann waren wir meist ganz aufgeregt und freuten uns über alle Dinge, die dort geschahen. Was wir aber nicht sehen oder fühlen konnten, waren die wahren Empfindungen, die man verspüren würde, steckte man selbst in solch einer Situation.

Wir fanden es lächerlich, dass sich in einem Horrorfilm die Gruppe trennte und einer nach dem anderen starb? Oder es ebenso bescheuert, dass in einer Arztserie jemand seinen Job und mehr riskierte, um ein Menschenleben zu retten? Dass man einfach mit irgendeinem Menschen sexuell aktiv wurde, damit man es endlich wie alle anderen hinter sich hatte? Ja, weil wir selbst nicht drinsteckten. Den eigenen Job zu riskieren, irrationale Entscheidungen treffen, … das alles konnte man erst dann begreifen, wenn man eigens in dieser Rolle steckte.

Das wurde mir jetzt ein weiteres Mal klar.

Welche Rolle würde ich also spielen?

Und was würde ich tun?

Ich hatte eine Weile vor mich hingestarrt und gefühlt müssten mindestens fünfzehn Minuten vergangen sein, aber der Doktor kam nicht wieder.

Mir wurde unwohl bei dem Gedanken, dass die Polizei vielleicht weitere „Beweise“ gefunden hätten, die ihn belasteten und er deswegen gleich ins Verhör gezogen war.

Der Beamte, der soeben noch an der Toilettentür gestanden und mich bewacht hatte, kam wieder und reichte uns das Frühstück. Ich musste das Brot für den Doktor entgegennehmen und zuckte etwas zusammen, als der eigentlich so ruhige Polizist die Stimme erhob, um unseren Nachbarn aufzuwecken, der sich nur mürrisch und schwerfällig erheben wollte. Das lange und ausgiebige Quietschen der Stahlfedern des Bettgestells verrieten mir genug. Dann verschwand der Angestellte des Kriminalinstitutes und wir waren wieder für uns.

„Was für ein Morgen. Sollen die mich doch schlafen lassen, wenn sie mich eh hier vergammeln lassen“, murrte Pizer mehr zu sich als zu mir. Ich gab auch keinen Ton von mir, weil ich keine Lust hatte, mich mit ihm zu unterhalten. „Hey, seid ihr wach?“, rief er dann durch das Loch und ich konnte nur tonlos seufzen. Verdammt... hätte ja klappen können.

„Ja“ Mehr wollte ich nicht sprechen.

„Wo ist der Doktor?“ Ein Schweigen war auch eine Antwort und so lachte der Kerl nebenan nur auf, „Verstehe, dann haben sie ihn jetzt schon im Kreuzverhör. Tja, so kann's gehen. Hoffe, ihr habt euch eine gute Ausrede einfallen lassen für euer Techtelmechtel.“

„Wir haben nicht-“

„Wie auch immer.“ Er ließ mich nicht mal aussprechen, sondern schien nun mehr sein Brot zu essen, da seine eigene Aussprache unklarer wurde, „Mal sehen, wie er sich da rauswindet. Was ist er wirklich? Nie im Leben Arzt, oder?“

Sollte ich darauf antworten? Nein, es ging ihn nichts an. Und ich wusste auch nicht, ob der Doktor damit einverstanden gewesen wäre, hätte ich in seinem Namen geantwortet.

„Naja, scheinst ja nicht mit mir reden zu wollen. Wo kommst du her? Du bist nicht aus London, oder?“

„Nein, bin ich nicht.“ Das konnte ich zumindest verraten.

„Hört man deinem Akzent an. Wo kommst du her, Mädchen? Schottland?“

„N-Nein, ich weiß nicht. Ich bin von einem Ehepaar aufgezogen. Spanien.“

„Du klingst aber kein Stück nach einer Spanierin.“

„Ich hab ja gesagt, ich kenne meine Eltern nicht.“

Das Gespräch verebbte ein weiteres Mal und ich atmete tief durch in der Hoffnung, dass dies alles gewesen wäre.

Die Information, dass ich angeblich von Pflegeeltern großgezogen worden bin und ich den Doktor in Spanien kennengelernt hatte, waren jene, die wir uns für das Verhör überlegt hatten. Es wäre äußerst unklug, Frankreich anzusprechen, dessen Akzent ich mir zwar eher aneignen könnte, aber was nicht gerade in positiver Beziehung zu England stand. Von Schottland oder Irland hatte ich zu wenig Ahnung, als dass ich mir solche Identität hätte aufbauen können.

„Und wie kamst du ins Gewerbe?“

„Ich habe in Spanien Kleidung genäht. Hören Sie auf, mich hier als Prostituierte verkaufen zu wollen!“, rutschte es mir dann ungehobelter heraus, weil ich langsam aber sicher die Schnauze voll hatte.

Er lachte daraufhin nur wieder und nahm ein weiteres Brotstück in den Mund, während ich meines bisher nicht einmal richtig angeguckt hatte.

„Ich sag dir mal was: Wenn du keine Adlige oder wohlhabende Dame aus gutem Hause bist, bist du hier nicht mehr wert als der Zeitungsjunge von gegenüber. Keine Ahnung, wie das bei dir in Spanien war, aber hier habt ihr nur drei Optionen: als Hausmädchen arbeiten, zu betteln oder euch in das nächtliche Gewerbe zu begeben. Oder aber ihren Ehemann zu ermorden, um an die Versicherungssummen zu gelangen.“

„Mir war schon klar, dass sie Aussicht nicht gerade spektakulär ist …“

„Du kannst froh sein, wenn sie dich nicht enthaupten werden.“

Okay, nun kroch es mir doch ein wenig den Rücken runter … Von Enthauptung hatte niemand gesprochen! … Oder wollte ich zumindest nicht sprechen. „Und wenn ich dir noch einen Tipp geben kann: Iss das Zeug, was sie dir reichen. Du wirst nichts anderes bekommen und Verhöre können sich hinziehen.“

 

Mit Müh und Not hatte ich das trockene Brot heruntergewürgt und als dann der Polizeibeamte wiederkam, um nach dem Rechten zu sehen, konnte ich ihm zumindest abgewinnen, dass er mir einen Becher Wasser brachte. Meine Kehle brannte zunehmend und wie ich meinen Körper kannte, würde er bald rebellieren, bekäme er nichts Flüssiges in die Magenkuvertur.

In jenem Moment, als ich ihm den Becher zurückreichte, kam auch der Doktor wieder herein. Man hatte ihm den Trenchcoat abgenommen und anhand der zerknitterten Stellen seines Anzuges konnte ich schließen, dass er ziemlich lange hatte in einer Position ausharren müssen.

In seinen Augen konnte ich ablesen, dass selbst für ihn die Dauer des Verhörs anstrengend gewesen sein musste. Er trug kein Lächeln auf den Lippen, als er wieder zurückkam und selbst Blickkontakt schien er mit mir zu meiden.

War irgendetwas geschehen?

Es beruhigte mich nicht gerade, wie er sich verhielt, aber ich versuchte mir zu sagen, dass dies auch alles Teil einer Strategie sein konnte, die er nachging. Vielleicht war es schlichtweg besser, wenn wir vor den Augen der Polizei keine Kommunikation betrieben – in jeglicher Hinsicht. Deswegen hielt ich die Schultern gestrafft, als die Gittertür aufging und er neben mich trat.

„Ms. … Garcia?“ Ich sah zu dem Beamten auf, der den Doktor hergebracht hatte. „Folgen Sie mir.“

Nein, es war natürlich nicht mein richtiger Name, aber dies war jener, den wir uns für mein spanisches Ich ausgedacht hatten. Klang doch auch ganz nett, oder?

Wie im fliegenden Wechsel war ich nun diejenige, die verhört werden würde und obwohl mir diese kleine Gruft nicht gerade heimisch vorkam, wäre ich in jenem Moment am liebsten in dieser geblieben. Ich konnte mir nicht verkneifen, nun doch einen Blick zum Doktor zu werfen, als ich halbwegs sicher war, nicht skeptisch von den Außenstehenden beäugt zu werden. Auch jetzt sah er mich nicht an, was wohl auch besser war. Denn egal, was ich mir versuchte einzureden: Ich bekam es nun doch ein bisschen mit der Angst zu tun. Wenn ich bei dem Verhör versagte, dann bedeutete es nicht nur für mich üble Konsequenzen – war ich doch eh schon abgeschrieben in dieser Gesellschaft – sondern ebenso für ihn.

Auf der anderen Seite hatte ich jetzt vielleicht die Möglichkeit, uns einen Weg nach draußen zu schlagen. Ich wusste zwar nicht, wie ich das anstellen sollte und was der Doktor bisher gesagt hatte, doch darauf konnte ich mich jetzt eh nicht verlassen.

Mit strammen Schritten ging es hinter der Tür den Gang zurück zum Treppenhaus.

Ich hörte noch, wie mir unser seltsamer Zellengenosse ein „Viel Erfolg“ zurief, ignorierte ihn ab. Also dann… auf ging es.

Leben oder Tod. Mehr Aussichten hatten wir nicht. Das machte es für mich doch ein bisschen einfacher, die richtige Wahl zu treffen: Leben.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und da sind wir nun... Ich hatte eine Menge Spaß dabei, Nachforschungen anzustellen, was das Polizeiwesen und damals tätige Inspektoren betrifft. In Anlehnung dessen sind auch der Chief Inspector und der Gefängnisinsasse entstanden.
Allerdings muss ich natürlich dazu sagen, dass keine der beiden zu 100 % dem Bild entsprechen, das sie wohl abgegeben haben. Die Geschichte ist weiterhin ja Fiktion und ich bin kein Geschichtswissenschaftler oder Ripper-Fanatiker.
Da das Kapitel eigentlich noch nicht abgeschlossen ist, habe ich mir die Erlaubnis meiner Göttin geholt, jenes zu teilen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Zeichenfeder
2018-05-15T10:02:54+00:00 15.05.2018 12:02
Ich muss sagen ich mag Pizer nicht xD unsympathischer Mensch xD wie er mit dir umgeht. Wäre am liebsten in die Geschichte rein gesprungen um dich zu verteidigen, aber da spricht die Feministin in mir xD.

Es hat mich richtig zum Nachdenken gebracht wie du über die Entscheidungen in Serien und Filmen referierst. Stimmt. Eigentlich hat man so etwas meistens nie durch gemacht und man weiß nie wie man sich tatsächlich verhalten würde. Und dann kommen die 'dummen' Handlungen die man im TV sieht ... vllt würde man genau das gleiche machen. Wenn ich das nächste mal einen Film sehe werde ich wieder an DIESES Kapitel denken müssen xD

Auch wieder der Doktor! Sehr schön. Ich bewundere dich wie gut du ihn hinbekommst. Auch wie er den Zellennachbar begrüßt. Das ist so typisch der 10. Doktor xD auch wenn ich glaube, dass er hier zu rational war. Ich denke der Doktor ist ein zu großer Besserwisser und redet zu gerne, um solche Anschuldigungen gegen sich und seine Begleitung stumm hinzunehmen.

Ich bin ja mal gespannt wie meine Nachtlektüre weiter geht. Ob Jack the Ripper ein Alien ist? Beim Doktor sind es zu 90% Aliens. Vllt brauch Jack ja Organe um selber leben zu können und er ist eigentlich nicht böse, sondern es ist nur seine LebensArt? Aber dann wären dir Briefe nicht geschrieben worden xD

Heute Abend gibt's das nächste Kap x3 freu mich schon.

LG

Zeichenfeder
Antwort von:  Ikeuchi_Aya
15.05.2018 13:23
Jack als Alien .... Gosh ....  Daelis hört du das?? Das ist die Lösung all meiner Probleme!!! xD
Ungelogen - das wäre wirklich die Lösung. Jack the Ripper bleibt anonym in unserer Welt und dennoch weiß ich es besser, WER es war. Danke für den ehrlich guten Einfall.
Und vielleicht sollte ich wirklich mal so eine dumme Tat begehen, wie man es immer aus Serien und Filmen kennt ... Oh, wie mich das meist so aufregt, wenn sich Gruppen in Horrorfilmen trennen, usw.

Ich finde genau das so schwierig - diese Balance zu finden, ab wann der Doctor zu ernst und ab wann er zu viel labert. Im Grunde ja, er mag es zu reden, und in meinen Augen sich selbst reden zu hören. So ein bisschen.
Aber wenn ich dann diese Geschichte schreibe und selbst viel recherchiere, muss ich schon aufpassen, dass das nicht ein Essay über das Wissen wird, was ich mir angelacht habe. Puh! :O
Dass die Pizer nicht gefällt - ich danke. Muss er auch nicht. Ich selbst mag zwar skurrile Gestalten, aber ... wenn sie mir auf solch eine Art und Weise kommen, ist es für mich nicht so leicht, Sympathie zu entwickeln. Zumal ich ja nun eh in der Geschichte schon diesen eher schändlichen Blick auf die Frauen nicht besonders leiden kann. Aber so ist das eben: Viktorianisches London ... kann nicht alles schön sein.
Antwort von:  Zeichenfeder
16.05.2018 22:02
XDDDD
Ich hätte nicht gedacht, dass mein Rumgespinne hilfreich sein könne ;)))) Aber ich wette Daelis wird da noch ganz andere Aufgaben rein bringen ;)))
Ich bin ja auch noch nicht durch mit deiner FF ;)

Das ist genau die schwierigkeit, weshalb ich mich nie an Dr. Who oder Sherlock trauen würde. Manchmal sind diese extrem intelligenten Charas so schwer einzuschätzen. Was sie da tun würden? Welche Entscheidung sie treffen würden? usw...

hehe XD gern geschehen ;)
Zu Pizer kann man ja nur sagen, dass es ja schön ist auch jemanden nicht so mögen. Weil das Adrenalin beim Lesen in die Höhe schießt und man sich andere Gedanken macht. Eigentlich mag man also solche Charaktere, weil man sie nicht mag XDDD

Ich finde deine FF jetzt schon sehr gut recherchiert! London an sich, Scotland Yard und das Frauenbild (da es ja eh um Nutten geht, kann es auch nicht so positiv sein). Du machst das toll! Dadurch, dass du auch noch gut schreiben kommst, kommt das alles auch richtig gut rüber ;) ich habe das Gefühl ich werde dich und den Dr. noch öfter feiern ;)))


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