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Fünfzig-Pfund-Kraniche

von
Koautor:  Seki

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Nachspiel

Sie lag in einem warmen Bett. Ihrem Bett. Sie war zuhause. Nur konnte sie sich nicht ganz daran erinnern, wie sie hierher gekommen war.

Gedanklich ließ sie die Ereignisse der vergangenen Nacht Revue passieren. Sie hatten den Fuchs gefunden, da waren die Wilderer gewesen, sie hatte einen ausgeschaltet und einer der anderen hatte das Monster, das halb Elefant, halb Löwe gewesen war, auf sie losgelassen. Sie hatte gegen das Monster gekämpft, während Murphy und Pukk den beiden fliehenden Wilderern gefolgt waren. Am Ende hatte sie das Monster auf den See gelockt, wo es eingebrochen war. Dann hatte sie es vor dem ertrinken Retten wollen und … Genau, es hatte sich wieder in die kleine Obsidianstatue zurückverwandelt, die sie letzten Endes vom Boden des Sees geborgen hatte.

Murphy hatte die Wilderer zu ihnen gebracht. Sie hatte Owen rufen wollen und dann … Da endeten ihre Erinnerungen. Was war dann geschehen? Sie konnte sich an Wukong erinnern, der irgendetwas gesagt hatte.

Ein Schlafzauber? Es musste ein Schlafzauber gewesen sein.

Sie streckte sich und tastete das Bett neben ihr ab. Joachim war nicht da. Zu schade.

Blinzelnd öffnete sie die Augen. Mattes Licht fiel an den Vorhängen vorbei in das geräumige, hell eingerichtete Schlafzimmer und auf eine pinke Frucht, die auf dem vollhölznernen Nachttisch stand. Ein Pfirsich.

Das sah Wukong ähnlich.

Neben dem Pfirsich stand die Obsidianstatue. Ob sie sich wieder in einen Yowie verwandeln würde?

„Ziemlich sicher“, kommentierte Wukongs Stimme aus dem Nichts heraus. Er war nicht zu sehen, versteckte sich wohl im Astralraum. „So wie ich das sehe hast du bis Mitternacht Zeit, um eine Lösung zu finden. Denn wenn ich das Ding wäre, ich wäre richtig sauer auf dich.“

„Ich habe das Vieh aus dem See gefischt“, grummelte sie und richtete sich auf. Sie griff nach dem Pfirsich. Sie ahnte, woher er kam und zögerte für einen Moment. Doch was sollte es? Man konnte ja eh nicht mehr als einmal unsterblich werden.

Also biss sie hinein.

Sofort wich sämtliche Müdigkeit aus ihrem Körper. Auch der Schmerz, der noch immer leicht in ihrer linken Seite gepocht hatte, verschwand und – da war sie sich sicher – ebenso jedwede blaue Flecken, die sie gehabt hatte. Ein Hurrah auf magisches, von Göttern angebautes Obst.

„Tick-Tock“, klang Wukongs Stimme leise, ehe sich die Atmosphäre im Raum änderte. Er war gegangen.

Joanne seufzte. Sie biss noch ein Stück aus dem Pfirsich ab und stand auf, um zur Tür zu gehen. Sie öffnete sie und sah zu Joachim, der auf dem Sofa saß und versuchte, etwas in seinen Laptop einzugeben. Die Betonung lag bei „versuchen“, da ein Ungetüm von einem Schäferhund seinen gut einen halben Meter großen Kopf auf dem Schoss des Arztes abgelegt hatte.

„Guten Morgen“, meinte sie lächelnd.

Joachim sah sie an. „Hey. Guten Morgen, Joanne.“ Er machte Anstalten aufzustehen, doch auch dafür war der Hund – Iggy – im Weg, auch wenn dieser seine Ohren nun aufstellte und zu ihr hinübersah. „Wie geht es dir?“

„Alles in allem ganz gut“, meinte sie. „Wie komme ich hierher?“

„Na, wie wohl?“, erwiderte Joachim. „Ich habe dich her gebracht. Was ist gestern passiert? Du bist einfach umgekippt.“

„Schlafzauber“, murmelte sie und ging zu ihm hinüber.

Offenbar hatte er sie auch umgezogen, trug sie nun ein weißes Tanktop und frische Unterhosen. Sie setzte sich neben ihn und küsste ihn auf die Wange.

„Wukong?“, fragte er und legte einen Arm um sie.

„Wukong.“ Sie seufzte und nutzte ihre freie Hand, um den Kopf des Riesenhundes zu tätscheln, was ihr mit einem Hecheln begolten wurde.

„Woher hast du den Pfirsich?“, fragte Joachim auf einmal.

Sie sah drauf. „Oh. Auch Wukong.“

Erkenntnis zeigte sich in Joachims Augen. „Ist das einer von den Pfirsichen?“

Sie lächelte amüsiert. Das stimmte. Bisher hatte er keinen der Pfirsiche zu Gesicht bekommen. „Ja.“ Sie zögerte. Sie war sich nicht sicher, ob Wukong oder eher der Jadekaiser ihr Schwierigkeiten machen würde. Doch zur Hölle, es war Wukongs eigene Schuld. „Hier.“ Sie reichte ihm den Pfirsich, wohl wissend, dass er nicht davon essen würde. Dann stand sie auf. „Komm her, Iggy.“

Der Hund sah auf und kam zu ihr gelaufen. Er hechelte, sah zur Treppe, die ins Erdgeschoss führte, hechelte weiter.

„Ich ziehe mich erst einmal an“, meinte Joanne. „Dann hole ich mir einen Kaffee.“

„Uhum.“ Mehr sagte Joachim nicht. Er hatte einen Notizblock aus der Tasche hervorgeholt und studierte den halben Pfirsich fraglos mit astraler Sicht.

Joanne lächelte und streckte sich.

Zurück im Schlafzimmer – und von Iggy verfolgt – zog sie sich einen dünnen Pulli und eine Jogginghose über, ehe sie zurückging. „Ist Amy wieder daheim?“

„Jap“, murmelte Joachim.

„Wo ist sie?“

„Unten. Sie ist ganz begeistert von der Füchsin.“

Natürlich war sie das. Es war ein junges Tier und damit süß. Was wollte ein kleines Mädchen denn mehr?

„Ich muss gleich los und mich um die Statue kümmern“, erklärte Joanne. „Das Ungeheuer muss möglichst wieder in seine Heimat zurück.“

„Okay. Machen wir.“

Sie lachte. „Dann lass mich mal nach unserer Tochter schauen.“

„Uhum.“

Sie ließ ihn mit dem Pfirsich allein und ging zur Treppe, nur um von Iggy daran gehindert zu werden, diese zu betrieben. Eineinhalb Meter Hund drängten sich zwischen sie und die Treppe. Er gab einen undeutbaren Laut von sich.

„Iggy. Ich will runter.“ Sie versuchte ihn zur Seite zu schieben, doch er stellte sich vor sie.

Okay. Dieses Verhalten konnte nur eins bedeuten. Jemand hatte ihn angewiesen, sie oben zu halten. Und da die Liste der Leute, auf die Iggy hörte und die so etwas tun würden, nur sehr kurz war, deutete es darauf hin, dass Murphy etwas im Schilde führte.

„Murphy!“, rief sie die Treppe herunter, erhielt aber – wie erwartet – keine Antwort.

Was zur Hölle machte der Junge schon wieder?

„Murphy!“

Stille.

Iggy hechelte.

„Iggy“, sagte sie mit freundlicher Stimme und brachte den Hund damit, seinen Kopf zur Seite zu legen.

„Was hältst du davon, wenn ich dir noch etwas Essen gebe, hmm?“, meinte sie.

Essen verstand der Hund. Seine Ohren stellten sich aufmerksam auf. Sein Hecheln wurde zu einer Art hundischem Lächeln. Er bellte. Sein Schwand begann langsam hin und her zu wedeln.

„Möchtest du ein leckeres Frühstück haben?“ Sie kraulte seinen Hals. „Möchtest du?“

Wieder bellte der Hund, nun gänzlich begeistert.

„Und wo gibt es Frühstück?“, fragte sie.

Der Hund verstand. Was auch immer Murphy ihm vorher gesagt hatte, war vergessen, denn er sprang die Treppe herunter und rannte unten mit über dem Boden trommelnden Pfoten in die Küche.

Joanne lächelte. Der Hund mochte ungewöhnlich Intelligent sein, doch wenn es Futter gab, vergaß er alles.

Und so folgte sie ihm, hielt ihr Versprechen, ihm Futter zu geben, und machte sich die Kaffeemaschine an. Sie brauchte Kaffee zum Tagesbeginn – heilende Pfirsiche hin oder her.

„Murphy!“, rief sie noch einmal in das vermeintlich leere Haus hinein. „Murphy!“

Keine Antwort.

Dann also anders. „Amy! Amy-Schätzchen!“

Ein Quietschen war aus der Richtung des Gästezimmers zu hören. Ganz wie sie es sich gedacht hatte.

Zwei Minuten später mit einem vollen Kaffeebecher ausgerüstet ging sie zum Gästezimmer hinüber und klopfte an der Tür. Sie hörte Geraschel, ein helles Bellen, ein vergnügtes Quietschen Amys und dann Schritte. Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Murphys jugendliches Gesicht blickte ihr entgegen. „Ja, Mum?“

„Was geht darin vor sich?“, fragte sie.

„Nichts besonderes. Wir spielen nur“, meinte er mit einem Ausdruck vollkommener Unschuld.

Ein ersticktes Murmeln erklang, gefolgt von einem warnenden „Psst!“

Sie sah ihren Sohn an. „Murphy?“

„Ja, Mum?“ Er hielt die Tür fest.

Sie seufzte und stieß die Tür auf. Zwar versuchte er dagegen zu halten, hatte jedoch keine Chance und musste zur Seite treten, als sie hinein kam.

Das Gästezimmer war deutlich kleiner als das Schlafzimmer oben. Doch auch hier gab es ein Bett, das frisch bezogen war, und einen kleinen Kleiderschrank, zusammen mit einem Regel, das all die Bücher beherbergte, die weder im Wohn-, noch im Esszimmer Platz gefunden hatten.

Auf dem Bett lag Amy zusammen mit der wesentlich wacher wirkenden Füchsin, die die Streicheleinheiten überraschender Weise zu genießen schien.

Und auf dem Nachttisch lag ein Kissen, vor dem wiederum Pukk stand.

„Guten Morgen, Chefin“, meinte er brav.

Joanne seufzte. „Wo ist der kleine Puck?“

„Der ist gegangen“, sagte Murphy. Sein Ton klang ehrlich und sie hätte ihm wohl geglaubt, hätte sie ihn nicht über sieben Jahre hinweg kennen gelernt. „Er hat sich über die Zustände hier beschwert und ist abgehauen.“

„Ja.“ Joanne machte zwei Schritte auf den Nachttisch zu.

„Was gibt es, Chefin?“, meinte Pukk, der deutlich unsicherer war.

„Was ist da hinter dir?“, fragte sie.

„Ein Kissen!“ Er antwortete viel zu schnell.

„Und was ist hinter dem Kissen.“ Ihr fiel auf, dass es gegen etwas lehnte, das eindeutig nicht die Nachtlampe sein konnte, da diese auf dem Boden stand.

„Nichts“, erwiderte der kleine Geist schnell.

Joanne sagte nichts. Sie griff nach dem Kissen und hob es hoch, nur um ein kleines Gefängnis von gerade einmal fünfzehn Zentimeter Höhe zu zeigen. Es schien aus Metall zu sein, auch wenn sie ahnte, dass es nur eine Illusion war, und hatte ein einzelnes, mit Metallstreben versperrtes Fenster. Aus diesem heraus sah ein wütender Puck.

„Unverschämtheiten sind das hier! Unverschämt! Wie ich hier behandelt werde …“, zeterte der kleine Wicht.

Joanne drehte sich zu Murphy um. „Was soll das?“

Murphy kicherte. „Na ja, unser kleiner Aufschneider da, beschwerte sich trotz allem, dass wir ihn wie einen Gefangenen behandeln, also dachten wir, wir zeigen ihm mal, wie so ein Gefangener …“

Mit einem leicht wütenden Stöhnen wandte Joanne sich wieder dem Puck zu. „Murphy“, murmelte sie. Nichts, was sie sagen würde, würde den Jungen davon überzeugen, einen Fehler gemacht zu haben. „Kannst du dich nicht einmal beherrschen?“

„Nö“, erwiderte er fröhlich.

Sie griff nach dem vermeintlichen Metallblock, der – wie sie es erwartet hatte – nach unten geöffnet war, und hob ihn an. Er knickte unter ihrer Berührung. Gefaltetes Papier. Origami. Murphys Verständnis von Ironie.

„Unverschämt!“, rief der Puck wieder. „Was der Junge sich erlaubt! So behandelt man keinen Gast.“

„Da stimme ich dir zu“, sagte sie süffisant. „Es tut mir wirklich leid, dass mein Sohn dich eingesperrt hat. Glaub mir, er wird entsprechende Konsequenzen davon tragen.“

„Was?“, meinte Murphy.

Der Puck sah sie an. Offenbar wusste er nicht so Recht, wie er darauf reagieren sollte. „Das werde ich wohl hoffen!“, meinte er schließlich.

Sie lächelte. „Keine Sorge.“ Dann wandte sie sich der Füchsin zu. „Wie geht es dir?“

Ein leises Bellen. Was für eine Antwort. Zumindest hatte sich die Wunde an ihrem Oberschenkel geschlossen – fraglos dank Joachims Heilmagie. Die weißen Ohren waren aufgestellt und das Tier sah sie mit goldenen Augen an.

„Kannst du nicht Sprechen?“, fragte sie.

Die Antwort war ein etwas tieferes Bellen. Offenbar ein „Nein“.

„Murphy?“, fragte Joanne. Der Junge war nicht umsonst fähig die Sprache der Tiere zu sprechen.

Doch Murphy antwortete nicht. Er hatte wieder die Gestalt eines Raben angenommen und saß so aufgeplustert auf dem Boden und warf dem Puck einen bösen Blick zu.

„Murphy, bitte“, meinte Joanne erneut.

Die Dohle plusterte sich noch weiter auf.

„Murphy!“, rief Amy aus und ließ sich auf den Boden fallen. „Murphy, komm. Hilf Mama.“

Murphy schenkte ihr einen beleidigten Blick. Dann aber sprang er auf das Bett und begann zu bellen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ich weiß, dass es etwas offen endet *hust* Aber das war tatsächlich so geplant. Bei dieser Truppe gibt es nie Ruhe xD Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Taroru
2017-12-23T12:22:37+00:00 23.12.2017 13:22
natürlich ist es absicht, das du das offen enden lässt :-p
was anderes hab ich von dir gar nicht erwartet *lach* XD
aber ich mag diesen chaoten trupp unglaublich gerne, und freu mich auch da noch viel mehr zum lesen zu bekommen ^^



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