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Sommer in Hasetsu

von

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Teil 5 - August 2016

Hallo Yakov,
 

Meine letzte Mail ist einige Zeit her, ich weiß. Jelena hat mir gesagt, dass du nach mir gefragt hast und es wäre einfacher, wenn du endlich antworten würdest. Ich habe nicht entschieden, beleidigt zu sein. Mir geht es gut. Sehr gut sogar und das ist Yuuris Verdienst, aber nicht nur seiner, sondern der von allen, die hier sind.

Yuuris Mutter, Hiroko, ist eine wunderbare Frau; liebevoll, fürsorglich und sie behandelt mich und Makkachin als gehörten wir zur Familie. Sie nennt mich Vicchan, das klingt wie Vitya und es erinnert mich jedes Mal an dich, wenn sie es sagt. Yuuris Vater ist ein lustiger Kerl, der nicht viel Englisch kann, aber ich bin immer willkommen, mich zu ihm und seinen Kumpels zu setzen, wenn sie Fußball oder einen anderen Sport schauen.

Yuko und ihr Mann Takeshi sind in der hiesigen Eishalle angestellt und Yuuri eine große Stütze bezüglich des Trainings. Sie tun wirklich alles, damit wir weiter voran kommen. Ohne die Beiden und ihre drei Töchter wäre es in der Eishalle manchmal nur halb so lustig.

Und von Minako, Yuuris Ballettlehrerin, könnte sich die Hexe im Bezug auf Menschlichkeit eine Scheibe abschneiden: Sie hat es geschafft, dass ich zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder freiwillig in ein Ballettstudio gegangen bin. Und noch viel schlimmer: Es hat Spaß gemacht.
 

Und Yuuri. Ich weiß, was du über ihn denkst, aber er hat nichts von Michal. Das Bankett, ja, das war, weil er getrunken hat. Japaner vertragen generell nichts. Ich habe mit Yuuris Vater und dessen Kumpels ein paar Mal was getrunken und es ist lachhaft, die haben schon nach zwei oder drei Bier eine rote Birne. Yuuri selbst trinkt nicht. GAR nicht.

Er ist nicht der Typ, der sich in den Mittelpunkt drängt. Er geht überaus vorsichtig seinen Mitmenschen um und rennt vor schwierigen Situationen schneller weg als ihm lieb ist, weil er unsicher ist. Er traut sich zu wenig zu, dabei muss er sich kein bisschen verstecken. Seine Familie steht hinter ihm, seine Freunde, die ganze Stadt und sie alle lieben ihn.

Du hattest vielleicht Recht, dass ich, als ich aufgebrochen bin, einfach nur nach dem erstbesten Strohhalm gegriffen habe, der sich mir geboten hat. Aber ich hätte auch nicht bleiben können und das weißt du genauso gut wie ich.

Ich kann dir nicht einmal sagen, inwiefern ich mir noch Hoffnungen gemacht habe oder auf was. Ich wusste die erste Zeit selbst nicht, was ich wollte. Also beschloss ich, das Schicksal entscheiden zu lassen. Du wirst jetzt denken: Ja klar, Schicksal, wenn ich derjenige bin, der bei diesem Wettkampf über Sieg und Niederlage entschieden hat. Da wird ja wohl kaum Schicksal im Spiel gewesen sein. Aber dann hätte ich Yurio auch gleich zurück nach Russland schicken können. Es war keine leichte Entscheidung, Yakov.

Ich habe nichts mehr erwartet, kurz bevor der Wettkampf anstand. Ich habe nicht mal mehr gehofft. Aber etwas in Yuuri hatte sich verändert, von heute auf morgen. Wie und warum kann ich nicht sagen, aber jeder in der Halle hat es auf dem Eis gesehen. Auch Yurio und er ist gegangen, noch bevor Yuuris Programm zu Ende war. Er ist der Beweis, dass mir nicht irgendetwas eingebildet habe.

Yuuri und ich haben danach von vorne begonnen. Ein neuer Anfang, ohne Bankett, ohne Alkohol, ohne überstürzten Sex. Das ist alles nicht mehr von Belang. (Ja, ich gebe es zu. Es gab ein Nachspiel in Sochi und wir hätten miteinander geschlafen, wenn Yuuri nicht vom Alkohol dahingerafft worden wäre...)

Was sich diesen Sommer über entwickelt hat, ging alles von Yuuri aus. Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm ans Meer fahren will. Ob ich mit ihm ins Ballettstudio gehe. In die Stadt bummeln. Er hat mich nach einem Date am Tanabata gefragt. Er hat die Wunschkärtchen zu mir gebracht und er war es, der mich geküsst hat. Der mich immer wieder küsst; mich umarmt, mich bei sich liegen lässt und mich akzeptiert, wie keinen anderen in seinem Umfeld.

Es hat mit Sicherheit keiner daran geglaubt und du am Allerwenigsten, aber ich habe mich ein zweites Mal verliebt. Nicht in den „tanzenden Casanova“, wie du ihn nennst, sondern in den Yuuri, den ich hier kennengelernt habe. Also wovor hast du Angst, Yakov? Hast du Angst, dass Yuuri mich fallen lässt, wenn ihm der Goldesel zu mühselig wird und er nur noch ein dummes Maultier in mir sieht? Du kannst mich nicht ewig vor allem beschützen. Mit welchen Gefühlen soll ich auf dem Eis die Menschen überraschen und begeistern, wenn ich keine mehr empfinden kann, weil mein Herz vor lauter Eis und Einsamkeit um mich herum erfroren ist? Du und Jelena könnt mir nicht geben, wonach mein Herz sich sehnt. Aber Yuuri kann es.
 

Die Wahrheit allerdings ist, es ist noch nichts weiter passiert... (ó ò)

Wir sind irgendwie zusammen, aber ich habe ständig das Gefühl, ich könnte ihn überfordern, wenn ich die Grenze überschreite, die er gesetzt hat.
 

Jedenfalls!

Jetzt weißt du, wie der Stand wirklich ist. Du bist doch mit Georgi in Peking? Komm' mit uns zum Essen. Yuuri und ich überlegen, zum Hotpot zu gehen. Dann kannst du dich selbst davon überzeugen, was für ein Mensch er ist.
 

Viktor
 


 

Es ist Mitte August und Viktor und ich sind alleine zuhause. Unser Onsen hat für eine Woche geschlossen und meine Eltern sind für einige Tage zu meinen Großeltern mütterlicherseits nach Nagasaki auf Honshuu verreist. Meine Schwester hat ebenfalls Urlaub und ist mit Freunden nach Thailand unterwegs. Somit müssen Viktor und ich uns zum ersten Mal alleine arrangieren.

Da die Eishalle immer noch Sommerpause hat, hat Viktor beschlossen, dass wir diese eine Woche ebenfalls „Urlaub“ nehmen, also ist auch kein Ballett oder ein alternatives Training angesagt. Zuerst hatten wir noch kurz überlegt, ob wir in die Kansairegion fahren sollen, damit Viktor auch mal was anderes von Japan zu sehen bekommt, aber der Flug oder die Überfahrt mit dem Schiff wären für Makkachin bei den aktuellen Temperaturen zu anstrengend, sodass wir davon abgesehen haben. Der Arme liegt völlig platt in Mutters Küche, weil der Steinboden dort kühler ist als der Holzboden im übrigen Haus und Gassi gehen ist gerade die unliebsamste Beschäftigung überhaupt, aber es muss halt sein.
 

Unsere ersten Tage als Hausherren haben wir, wie so ziemlich jeden Tag im Moment, am Meer verbracht und sind abends bei Naganama Ramen essen gewesen. Der Besitzer Morita kennt Viktor mittlerweile schon sehr gut und er ist immer sofort super drauf, wenn er ihn sieht. Er spricht kein Englisch und Viktor kein Japanisch, aber irgendwie verständigen sie sich. Zu Beginn war mir das unangenehm, aber mit ein bisschen übersetzen meinerseits war es dann doch ganz witzig geworden. Lediglich Moritas Bitte, ob Viktor mal mit seiner Tochter ausgehen will, habe ich bisher nicht übersetzt. Ich kenne seine Tochter von der Highschool und sie spricht genauso wenig Englisch wie ihr Vater und ich habe keine Lust, plötzlich als Dolmetscher bei einem arrangierten Date dabei zu sein, nur weil Viktor ohne etwas verstanden zu haben einfach „Ja“ gesagt hat. Abgesehen davon... hübsch ist sie nicht. Generell ist sie nicht attraktiv, deswegen ist sie immer noch Single. Und Viktor ist mit mir zusammen, wenn auch nur ein bisschen und da rede ich auch noch ein Wörtchen mit. Oder sagen wir, ich lasse die Wörtchen in diesem Fall unter den Tisch fallen.
 

Um uns an den warmen Abenden die Zeit ohne viel Aufwand zu vertreiben, spielen wir seit Neustem Go. Viktor kennt das Spiel in ähnlicher Variante mit vier Steinen in einer Reihe, sodass ich ihm gar nicht viel erklären muss. Und er kann dieses Spiel sehr gut spielen, was mich ehrlich gesagt wundert, denn oft gehen seine Gedanken ja nur von jetzt bis gleich, aber heute...

„Viktor, du wirst unachtsam“, bemerke ich und setze den fünften Stein meiner Reihe auf das Brett. „Willst du nicht lieber Tee haben?“

Viktor zieht eine Schnute. Die ersten Runden hat er, wie üblich, gewonnen gehabt. Aber die Flasche Sake ist im Laufe der Zeit um einiges leerer geworden und so langsam leuchten seine Wangen auch ein kleines bisschen rosa.

„Das wird langweilig, wenn du dauernd gewinnst“, antwortet er in beleidigtem Ton, aber ich muss schmunzeln. Eigentlich ist das Spiel für mich langweilig, weil er immer gewinnt. Also was heißt hier „dauernd“? Ich habe gerade meine erste Runde überhaupt gewonnen!

Mein Blick ruht auf ihm, wie er über den Go-Steinen brütet und versucht zu ergründen, warum genau er nicht gesehen hat, dass ich ihm eine Falle gebaut habe. Man sieht richtig, dass er wegen dem Alkohol und der Hitze einfach nicht drauf kommt. Niedlich.

Ich habe aufgegeben, ihn nicht niedlich zu finden zu wollen. Egal wie oft ich mich ermahne, passiert es immer wieder und oft geht es früher oder später mit einer erneuten Ausnahme einher. Seit wir wieder öfter zum Meer gehen und dort mit Makkachin spielen und toben, hat die Häufigkeit von Körperkontakt zwischen uns weiter zugenommen und ich bin mir nicht mehr sicher, ob das überhaupt noch normal ist. Es ist mir nicht unangenehm, aber sollten wir wirklich so eng miteinander sein? Darf ich mir das überhaupt erlauben? Aber wenn ich ehrlich bin, möchte ich es auch nicht mehr missen...

Viktor hat sich mürrisch vom Spielbrett abgewandt und ich sammele die Spielsteine auf. Wir sitzen bei ihm im Zimmer auf seinem Bett, das Spielbrett liegt zwischen uns. Normalerweise säßen wir im Hof, aber heute ist es bewölkt und es riecht nach Regen, sodass ich vermute, dass es im Laufe des Abends oder der Nacht ordentlich gewittern wird.

„Willst du noch eine Runde spielen?“, frage ich, aber irgendwie sieht es nach einem Nein aus.

„Lass' uns die Spielregeln ändern“, schlägt Viktor vor und sieht mir dabei direkt in die Augen.

Ich bin irritiert. „Oh, ok...? Und was willst du ändern?“

„Wenn du wieder gewinnst, musst du irgendwas ausziehen.“

„WAS?“

„Und wenn ich gewinne, ziehe ich etwas aus.“

„Viktor, wir spielen keine Stripvariante!“ Himmel, was soll das denn?!

„Warum nicht? Ich habe dich schon nackt gesehen und du mich. Jetzt tu' nicht so, als wäre das was Neues. Es ist heiß und das Spiel ist sonst langweilig.“

„Und wenn wir strippen, ist es spannender, oder was?“

„Natürlich.“

Noch bevor ich etwas darauf sagen kann, kracht es ordentlich in den Wolken und der Himmel verdunkelt sich schlagartig. Das ging jetzt schneller als ich dachte, aber noch viel mehr überrascht mich der plötzliche Wandel in Viktors Gesicht. Die Augen sind weit aufgerissen und er starrt in den Raum, ohne sich zu bewegen.

„Wir sind am Meer, Nordküste“, erkläre ich ihm. „Die Gewitter vom Tsushimastrom sind immer als erstes bei uns in Hasetsu. Im September werden wir sicher den ein oder anderen Taifun erleben.“

Irgendwie verfehlt meine Erklärung ihren Effekt. Genau genommen sieht Viktor so aus, als hätte er mir nicht mal zugehört. Dann höre ich aufgebrachtes Kratzen und Scharren an der Tür und kaum dass ich aufgestanden bin und die Tür zur Seite geschoben habe, sprintet Makkachin schon an mir vorbei, um sich bei Viktor quer über den Schoß zu legen. Viktor selbst nimmt seinen Pudel sofort in die Arme und drückt ihn an sich wie einen Teddy. Sag' jetzt nicht, die Beiden haben Angst vor Gewittern?

Es blitzt und donnert noch einmal lauter. Makkachin heult, Viktor umklammert ihn fester. Sie haben scheinbar wirklich Angst.

„Viktor, ich geh' kurz eine Taschenlampe holen. Ich bin gleich wieder da.“

Er reagiert nicht, also denke ich es ist okay, wenn ich kurz weggehe. Licht kann ich jetzt keines anmachen und ich überlege noch einen Moment, ob ich auch einige der Sicherungen im Onsenbereich ausschalten soll. Besser wäre es allemal, also hechte ich erst einmal in mein Zimmer und krame aus meiner Schublade eine Taschenlampe hervor, die ich dort seit meiner Teenagerzeit versteckt habe, um heimlich nachts noch zu lesen. Mit der Anschaffung meines Laptops ist die Taschenlampe allerdings unnötig geworden, aber jetzt würde sie einen guten Dienst tun und ich bin erleichtert, in weiser Voraussicht bei meiner Rückkehr neue Batterien gekauft zu haben. Danach gehe ich schnellen Schrittes mit dem Licht der Lampe nach unten an den Sicherungskasten, lege den Hauptschalter für das Badehaus um und sprinte ebenso flink wieder nach oben.

Zurück bei Viktor im Zimmer finde ich ihn und Makkachin an derselben Stelle auf dem Bett wieder, doch Viktor schaut mich entsetzt an.

„Yuuri!“ ruft er aufgebracht. „Wo warst du!“

„Die Taschenlampe holen, das hab ich doch gesagt“, entgegne ich und halte sie hoch, damit er sie sehen kann. Dann setze ich mich auf den Bettrand. „Hast du Angst vor Gewittern?“

Viktor dreht sein Gesicht beschämt zur Seite. „Nicht vor dem Gewitter an sich...“, nuschelt er in Makkachins Fell hinein.

„Aber?“, hake ich nach. Ich bin gespannt zu erfahren, was es dann ist, wovor er sich fürchtet.

„Ich mag es nicht, wenn es dunkel ist...“, murmelt er leise.

Bitte was? Er ist 27, also vier Jahre älter als ich, und hat Angst im Dunkeln? Sofort hängt mein Blick an den vier Lampen links und rechts von seinem Bett, über die ich mich schon gewundert hatte, als wir sie aus den Kartons gepackt haben. Meiner Meinung nach hätte es eine Lampe auch getan, aber das könnte die Erklärung für die Vielzahl der Lampen sein...

„Soll ich zu dir kommen?“, frage ich. Er nickt. Oh Mann, Viktor... Lebende Legende, aber Angst im Dunkeln. Du bist schon eine einzigartige Mischung... Ich rutsche zu ihm und sofort hat er den Kopf auf meiner Schulter.

„Ein Kuss?“, fragt er und schaut mich mit großen Augen hoffnungsvoll an. Überrumpelt blicke ich zurück in sein Gesicht und erkenne trotz der Dunkelheit noch das Rosa vom Alkohol auf seinen Wangen.

„So schlimm ist es nicht“, sage ich, aber wende mein Gesicht ab, um meine Irritation zu verbergen. Ausnahmen auf Wunsch sind etwas Neues gerade. Erst wollte er aus unserem Go-Match eine Stripshow machen und jetzt das? Das ist irgendwie unheimlich. „Dir kommt das nur so vor, weil du so viel getrunken hast.“

Er schmiegt sich fester an mich. „Yuuri... Das mit den Ausnahmen ist doch blöd... Küss' mich richtig.“

Viktor, was zur Hölle...?! Ich sitze da wie versteinert. Er will richtig geküsst werden? Meint er das ernst?! Und wenn ja, was heißt richtig? Und überhaupt, wo soll das hinführen??? Er ist betrunken, ich kann doch nicht einfach hingehen und…?!

„Yuuri... willst du mich nicht küssen?“

Oh nein, hör' auf mir solche Fragen zu stellen; das sind diese bösen Fragen, auf die jede Antwort falsch ist!

„Viktor, du bist betrunken“, versuche ich es, um Zeit zu schinden und mich daran zu erinnern, was Nishigori in solchen Situationen schon alles falsch gemacht hat, wenn Yuko solche Fragen gestellt hat. Aber irgendwie hat Nishigori es bisher nie „nicht falsch“ gemacht, sodass mich das gerade nicht weiterbringt. Wahrscheinlich wäre es kein Problem, ihn länger zu küssen, aber ich käme mir vor, als würde ich ausnutzen, dass er betrunken ist... Diese ganze Situation ist gerade unfassbar falsch!

„Bin ich dir nicht attraktiv genug?“

Ach du heilige Sch..., das wird ja immer schlimmer...! Wie kommt er auf die Idee, er sei nicht attraktiv genug?! Er ist der bestaussehende Eiskunstläufer seit Jahren und stellt in Frage, ob er nicht attraktiv genug für mich sein könnte?! Oh, Mist, Mist, Mist, wie komme ich aus der Nummer wieder raus?!

Vor lauter Verunsicherung, was ich sagen könnte, beginne vorsichtig, seinen Rücken zu streicheln. Zuerst nur um mich selbst zu beruhigen, aber dann fällt mir ein, dass er immer vollkommen still hält, wenn ich ihm den Rücken im Onsen schrubbe, weil ihm das gefällt. Und da ist ja noch Stoff, versichere ich mir. Und alles ist besser, als von ihm aufgefordert zu werden, zu strippen oder sonst was zu tun...!

Es blitzt. Gleich wird es donnern. Es ist in den letzten Minuten auch noch einmal dunkler geworden und der Wind peitscht ordentlich durch die Straßen.
 

RODODODOMSPSCHHH!
 

„Yuuri...!“

Reflexartig drücke ich ihn ein bisschen fester an mich, Makkachin heult auf und kauert sich noch mehr bei Viktor zusammen.

„Schhh, ich bin da“, versichere ich ihm noch einmal.

Die Zeit schleicht träge dahin.

Draußen tobt das Gewitter weiter, aber Viktor beruhigt sich, je länger ich ihm über den Rücken streichle. Ich habe, so unglaublich es klingt, scheinbar genau das Richtige getan, um ihn von diesen schrecklichen Fragen abzuhalten. Er ist durch das Auf- und Abfahren meiner Hand vollkommen abgelenkt und lehnt einfach nur an mir. Ich bin unendlich erleichtert.

Aber obwohl Viktor keine weiteren Fragen mehr stellt, beschäftigt mich seine Aufforderung, ihn richtig zu küssen, dennoch. Wie lange will ich mir noch etwas vormachen? Das Tanabata ist über einen Monat her und die Ausnahmen sind weitaus zahlreicher, als ich jemals gedacht habe. Es sieht auch nicht so aus, als würde sich das in nächster Zeit noch einmal ändern. Denn wenn ich ehrlich bin, dann ertrage ich es nicht, mir vorzustellen, Viktor könnte womöglich jemand anderen küssen oder von jemand anderem geküsst werden...

„Viktor? Bist du wach?“

„Ja...“

„Bist du wieder nüchtern?“

„Ja...“ Er richtet sich etwas auf. „Was ist denn?“

„Willst du den Kuss noch?“

Viktor schaut mich mit großen Augen an. Ich bin von meiner Frage und Entschlossenheit nicht weniger überrascht als mein Gegenüber.

„Den Kuss...? Wie meinst du das, Yuuri?“

„Du bist so ein Dussel“, halte ich ihm vor. „Als ob du unattraktiv sein könntest, wenn dir die ganze Welt zu Füßen liegt. Ehrlich.“

Dann werden seine Wangen wieder rosa, diesmal jedoch nicht vom Alkohol.

Ausnahmsweise etwas länger.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Honshuu = Größte der vier Hauptinseln Japans.

Kansai = Region auf der Hauptinsel Honshuu, in der die Städte Osaka, Kyoto, Nara und Kobe liegen.

Go = Wie „Vier gewinnt“, nur auf einem Spielbrett mit Gittermuster. Ziel ist es, von den eigenen Spielsteinen fünf in eine Reihe zu bekommen. Dabei ist es egal, ob diese horizontal, vertikal oder diagonal liegen.

Tsushima = Auf Deutsch „Koreastraße“. Bezeichnet die Meerespassage zwischen Südkorea und Japan.

Naganama Ramen = Laden, in den Viktor schon in EP 3 zum Essen geht. Naganama = Lange Welle; Ramen = chinesische Nudelsuppe mit versch. Einlagen. Die Stadt Fukuoka, bzw. die Nordküste Kyushuus, ist für Ramen in Japan berühmt. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  --lina--
2018-01-17T19:29:27+00:00 17.01.2018 20:29
Ich will auch Ausnahmen x//D
Gott die Beiden werden immer süßer. Ich krieg mein Grinsen nicht in den Griff. Es ist zum quietschen niedlich!

Und ich bin gespannt, wann Yakov einsieht, dass Yuuri ein netter Kerl ist ;;
Antwort von:  Flokati
17.01.2018 20:39
Danke für den Kommi :D
Viktor gibt sie dir gerne ab, weil der will keine mehr XDDD

Und zu Yakov kann ich aus bestimmten Gründen leider nichts sagen <3


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