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My Love Is Your Love

- Blind Date -
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Überraschung :D
Heute ist erst Donnerstag, aber da ich schneller vorangekommen bin als erwartet, wollte ich euch nicht bis Montag warten lassen *_*

Für alle, die sich gefragt haben, wo Ryoske steckt: hier ist er XD
Ich habe ihn natürlich nicht vergessen, schließlich gebe es dieses ganze Drama nicht, wenn er nicht wäre :D

Kleine Anmerkung: dieses Kapitel spielt parallel zu den letzten beiden :)

Viel Spaß <3 Komplett anzeigen

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Schlaflos durch die Nacht

Ryoskes Handy vibrierte, als er gerade dabei war, den Hausschlüssel rauszuholen. Er war gerade vom Hundesitting zurück. Er kramte in seiner Hosentasche und holte sein Handy hervor, das ihm eine Nachricht von Tsutomu anzeigte.

Hey, was machst du heute Abend? Lust was zu unternehmen?

Ryoske sah kurz auf die Uhr. Es war grade mal kurz vor acht, aber er wollte sich am liebsten schon jetzt ins Bett legen und ein gutes Buch lesen. Er steckte das Handy erst einmal weg und betrat die Wohnung.

„Bin wieder da“, rief er und bekam ein Willkommen zurück, Schatz von seiner Mutter. Er ließ sich kurz im Wohnzimmer blicken, wo sich Ruriko gerade die Nachrichten ansah. Sie wechselten ein paar Worte. Unter anderem fragte sie ihn, ob er nicht auch ausgehen würde. Ryoske verneinte und verschwand dann auf seinem Zimmer. Er setzte sich auf sein Bett, holte sein Telefon zum Vorschein und antwortete Tsutomu auf seine Nachricht.

Hey. Nichts Besonderes. Aber ich bleibe heute zu Hause.

Dann schaltete er es auf stumm und legte es zur Seite. Wenn er zu Hause war, ließ er das Handy oft unberührt liegen und benutzte es kaum. Es raubte einem einfach viel zu viel Zeit und Ryoske nahm sich die Zeit lieber für seine Bücher. Außerdem gab es eh niemanden, mit dem er heute schreiben oder telefonieren könnte. Hitomi und Iji waren heute bei Sou und danach in einem Club. Als Iji ihm heute Nachmittag davon erzählt hatte, dass er Sou auf der Straße begegnet war, während er mit Hitomi unterwegs war, ist ihm beinahe das Herz stehen geblieben. Einen kurzen Augenblick lang hatte er befürchtet, dass ihr Plan sich in Luft aufgelöst und Hitomi den Schwindel durchschaut hätte. Aber am Ende war alles relativ gut verlaufen. So gut, dass Iji mit Hitomi heute Abend in einen Nachtclub ging. Bei dem Gedanken wurde Ryoske etwas unbehaglich zu Mute. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Es war zwar seine Idee gewesen, dass sich sein Bruder für ihn ausgab und sich ab und zu mit Hitomi traf, aber musste es ausgerechnet ein Club sein? Da wurde getanzt und getrunken, die Stimmung war locker. Es konnte alles passieren...

Ryoske raufte sich die Haare und warf sich zurück aufs Bett.

Sei kein Idiot! Was soll schon passieren? – versuchte er sich einzureden, doch dieses unbehagliche Gefühl nagte unbeirrt an ihm weiter.

Er hätte jetzt gerne mit Hitomi telefoniert, einfach um ihre Stimme zu hören. Er merkte erst jetzt, wie sehr er sie vermisste. Wenn er doch nur nicht so ein Feigling wäre.

Ryoske schloss die Augen und stellte sie sich vor. Wie sie vor ihm stand, wie fröhlich sie aussah, wenn er sich mit ihr traf und sie einen ihrer kleinen Ausflüge unternahmen. Am Anfang hatten sie sich nur auf dem Spielplatz getroffen und sich unterhalten. Ihre offene und liebenswerte Art hatte ihn sofort in ihren Bann gezogen. Wahrscheinlich hätte er sie nie kennengelernt, wenn sie nicht blind gewesen wäre. So blöd es auch klang. Es war Glück im Unglück. Außerdem hatte Shibu nachgeholfen, als er sich von der Leine gerissen hatte und zu Hitomi gelaufen kam.

Ein schweres Seufzen entfuhr ihm und durchbrach die erdrückende Stille.

Nun reichte es langsam mit dem Selbstmitleid. Ryoske rappelte sich auf und ging erst einmal duschen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Diese unnützen Gedanken brachten doch nichts. Sie zogen ihn nur runter. Er musste sich lieber schnell etwas einfallen lassen, um Hitomi gegenüber treten zu können. Sonst würde er sie verlieren.

 

Die Dusche brachte ihm leider nicht die erhoffte Erkenntnis. Ryoske befürchtete, dass er heute keine Lösung für sein Problem finden würde. Er dachte unentwegt daran, dass Hitomi statt mit ihm mit seinem Bruder unterwegs war.

Tja, Pech, sagte eine innere Stimme höhnisch zu ihm, du hast es selbst so gewollt.

Ja, verdammt, das wusste er auch. Aber er hätte sich das Ganze nicht so schwierig vorgestellt.

Ryoske durchstöberte das Bücherregal, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Eine spannende Lektüre würde ihn sicher ablenken. Wo war dieses eine Buch, das er sich neulich gekauft hatte? Er hatte schon länger vorhabt es zu lesen, aber war irgendwie noch nicht dazu gekommen. Im Regal schien es jedenfalls nicht zu sein. Ryoske sah sich suchend im Zimmer um und fand es schließlich auf Ijis Nachttisch.

Ach stimmt ja. Iji hatte es sogar heute Nachmittag gelesen, fiel ihm ein.

Das Buch sah immer noch nagelneu aus. Das hatte er mit seinem Zwillingsbruder gemeinsam, sie gingen mit Büchern stets sorgfältig um. Selbst nach mehrmaligem Lesen sah es kaum gebraucht aus. Ryoske blätterte es kurz durch, um zu sehen, wie weit Iji gekommen war. Dabei fiel ein Lesezeichen auf den Boden. Merkwürdigerweise sogar zwei.

Ryoske beugte sich hinab, um sie aufzuheben, und hielt mitten in seiner Bewegung inne, als er begriff, was es war.

Fotos. Fotos von Iji und Hitomi.

Ryoske hob sie auf und betrachtete die Fotos, die aus einem Fotoautomaten sein mussten. Lachende Gesichter sahen ihm entgegen. Hitomis Augen, ihre graublauen Augen, die er zum ersten Mal sah, waren voller Lebensfreude. Sie hatte wunderschöne Augen. Auch Iji schien Spaß zu haben. Dabei war er doch eigentlich gar kein Freund von Fotos. Auf einigen der Bilder hatte Iji sogar den Arm um Hitomis Schulter gelegt. Ryoskes Herz zog sich bei dem Anblick unwillkürlich zusammen. Was sollte das? Sein Bruder sollte sich doch lediglich mit ihr treffen, solange bis Ryoske sich etwas einfallen ließ. Er sollte ihr doch nicht so nah kommen und sie umarmen. Diese Vertrautheit verunsicherte ihn.

Ryoske steckte die Fotos zurück ins Buch und warf es lieblos auf Ijis Bett.

Nun würde er garantiert keine Ruhe mehr finden.

Es sind nur Fotos, versuchte er die Lage zu beschwichtigen, das hat rein gar nichts zu bedeuten.

Doch diese Gedanken halfen nicht.

Ryoske griff nach seinem Handy und tippte hastig eine neue Nachricht.

Hab’s mir anders überlegt. Wo treffen wir uns?

 

Die Bar, in der er sich mit Tsutomu verabredet hatte, befand sich in dem Vergnügungsviertel Shinjuku. Die Straßen waren bereits jetzt überfüllt. Es wimmelte überall von jungen Teenagern, die ihren Samstagabend in diversen hippen Club verplemperten. Deswegen mochte Ryoske es nicht auszugehen. Der ganze Trubel war nichts für ihn. Aber heute musste er sich dringend auf andere Gedanken bringen, sonst würde er noch durchdrehen.

Die Bar war gut besucht, die Musik spielte in einer angenehmen Lautstärke, sodass man sich noch unterhalten konnte. Ryoske erblickte rasch Tsutomu an einem der Tische mit ein paar anderen Bekannten. Sein Freund fiel mit seinem rockigen Stil mal wieder aus der Reihe, aber das schien ihn keineswegs zu stören. Er saß locker zurückgelehnt, an einer Zigarette rauchend und nahm mit seiner Präsenz den ganzen Raum ein. Kurz überlegte Ryoske, ob das eine gute Idee war hierherzukommen und ob er nicht lieber umkehren sollte, entschied sich aber trotz seiner Zweifel zu bleiben und trat zu dem kleinen Grüppchen an den Tisch. Er wurde herzlich begrüßt und bekam erst einmal Sachen zu hören wie „Dich hat man aber lange nicht mehr gesehen!“ und „Schön, dass du da bist!“.

Tsutomu machte ihm Platz und er setzte sich neben seinen Freund.

„Trinkst du?“, fragte ihn einer von den Jungs und hob eine Flasche Sake.

„Klar“, antwortete Ryoske kurzerhand und ließ sich einschenken, woraufhin er von Tsutomu einen schrägen Blick kassierte.

„Seit wann trinkst du Sake?“

In der Regel trank er tatsächlich selten, höchstens ein Bier.

„Seit eben“, erwiderte Ryoske mit einem kleinen Lächeln und stieß mit allen an, bevor er den ersten Kurzen exte. Er hatte Sake schon einmal probiert und es schmeckte gar nicht so übel. Es ging auf jeden Fall angenehmer runter als Wodka oder Tequila. Sofort wurde der nächste eingeschenkt. Ryoske dachte gar nicht viel nach und kippte sich einen nach dem anderen hinter die Binde. Somit spürte er recht schnell, wie ihm der Alkohol zu Kopf stieg. Die Anspannung fiel ihm langsam von den Schultern wie eine schwere Last und Leichtigkeit beflügelte seinen Körper und seinen Versand. Doch das war lediglich ein trügerischer Zustand.

Ryoske legte lächelnd seinen Arm um Tsutomus Schulter.

„Woll’n wir tanzen?“

Tsutomu hatte sich schon die ganze Zeit gefragt, was mit seinem Freund los war. Es sah ihm gar nicht ähnlich, dass er so viel Alkohol trank und jetzt wollte er auch noch tanzen? War das wirklich Ryoske und nicht eher Iji, der ihm einen Streich spielen wollte?

Tsutomu drückte seine Zigarette aus und sah skeptisch zu seinem Gegenüber.

„Sag mal, alles in Ordnung mit dir?“

Ryoske sah seinen Freund etwas benebelt an.

„Na klar! Mir ging’s nie besser“, sagte er etwas lallend und meinte es in diesem Moment ernst. „Lass tanzen, Tsu-chan!“

Tsutomu hob eine Braue. Tsu-chan? Hier stimmte eindeutig etwas nicht. Doch bevor Tsutomu etwas erwidern konnte, erhob sich Ryoske bereits von seinem Platz und tapste schwankend davon.

So ein kleiner Trottel, dachte Tsutomu über seinen verplanten Freund und schüttelte den Kopf. Sie waren in einer Bar. Hier wurde nicht getanzt. Tsutomu erhob sich, um seinem Freund zu folgen, bevor er noch etwas Dummes anstellte.

Ryoske schlenderte durch die Bar auf der Suche nach der Tanzfläche. Warum tanzte hier denn niemand? Was war nur mit den Leuten los? Langweiler.

Er holte sein Handy raus und tippte unbeholfen Hitomis Nummer ein, hielt dann aber plötzlich inne. Ach, ja. Sie war mit Iji unterwegs... Das hatte er fast vergessen. Oder verdrängt. Ryoske lächelte schwach und ließ seine Hand mit dem Handy darin sinken. Der Hundeanhänger, den Hitomi ihm geschenkt hatte, baumelte traurig hin und her. Was wollte er doch gleich?

Ach, ja. Er wollte ja tanzen.

Wo war die verdammte Tanzfläche?

Ryoske stopfte sein Handy zurück in die Hosentasche und stolperte angetrunken wie er war durch die Bar. Dabei musste er zwangsläufig mit jemandem zusammenstoßen. So traf es eine junge Kellnerin, die es noch rechtzeitig schaffte, ihr Tablett festzuhalten, dennoch fiel eines der Gläser auf den Boden und zerbrach.

„Oh... Verzeihung...“, entschuldigte sich Ryoske und ging langsam in die Hocke, um die Scherben aufzusammeln. Ganz kurz verschwamm ihm alles vor Augen, doch er sammelte unbeirrt die Scherben auf und stellte sich etwas unbeholfen dabei an. Auch die Kellnerin hockte sich hin, um es ihm gleich zu tun.

„Sie müssen nicht helfen. Schon gut, ich mach das schon.“

Ryoske schüttelte den Kopf und half ihr trotzdem.

„Sorry“, murmelte er ohne aufzusehen, „ah...“ Er spürte einen stechenden Schmerz in einem der Finger und hielt sich die Hand vor Augen. Blut.

Die Kellnerin nahm seine Hand in die ihre. Sie hatte kleine, weiche Hände, stellte er durch seinen benebelten Verstand erstaunt fest.

„Das haben wir gleich“, meinte sie und holte ein Taschentuch hervor. Geschickt verband sie seinen blutenden Finger. „Fertig.“

Ryoske sah ihr gebannt dabei zu.

„Danke sehr“, murmelte er und spürte wie aus dem Nichts eine Hand auf seiner Schulter.

„Na, was hast du hier angerichtet?“, sagte Tsutomu, während er die Situation mit einem Blick erfasste. „Entschuldigen Sie“, sagte er dann an die Kellnerin gewandt und verbeugte sich.

„Ist schon in Ordnung. Das passiert hier öfters.“

Tsutomu fiel auf, wie aufmerksam sie Ryoske musterte, doch dieser schien es gar nicht zu realisieren.

„Komm“, sagte Tsutomu und half Ryoske dabei, sich aufzurichten.

„Wohin gehen wir? Ich wollte noch was trinken...“

„Ich denke, du hast genug. Ich bring dich nach Hause.“

Als sie nach draußen traten, riss sich Ryoske von ihm los.

„Ich will noch nicht nach Hause“, sagte er trotzig, „wenn du gehen willst, geh. Ich will noch was trinken.“

Ryoske sah sich etwas orientierungslos um und lief in irgendeine unbestimmte Richtung auf der Suche einer anderen Bar. Tsutomu blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Er würde ihn ganz sicher nicht alleine lassen, schließlich musste jemand auf ihn aufpassen.

So fanden sie sich in der nächsten Kneipe wieder, die ganz in der Nähe lag. Sie setzten sich an den Tresen und Ryoske bestellte sich schon den nächsten Drink. Tsutomu ließ ihn trinken. Sollte ihm eine Lehre sein, wenn er am nächsten Morgen mit einem Kater aufwachte. Tsutomu nahm nur ein Bier und zündete sich wieder eine Zigarette an.

Ryoske trank einen Kurzen und schaffte es irgendwie die Hälfte davon zu verschütten. Er wischte sich über die feuchten Lippen und betrachtete seine verbundene Hand.

„Tsu-chan... wer hat das gemacht?“

Tsutomu sah fragend zu seinem Freund rüber.

„Das war die Kellner, schon vergessen?“, erklärte er ihm und stieß den Rauch aus, der sich wie eine Wolke über ihnen ausbreitete.

„Die Kellnerin also...“, wiederholte Ryoske abwesend, „war sie hübsch?“

Tsutomu nippte an seinem Bier. „Hm, denke schon, wieso?“

„Bestimmt nicht so hübsch wie Hitomi“, erwiderte Ryoske, ohne auf seine Frage einzugehen.

„Wie wer?“

Doch darauf bekam er keine Antwort. Langsam beschlich ihn eine Vermutung, dass für dieses sonderbare Verhalten eine Frau verantwortlich war. Und ihr Name musste Hitomi sein.

„Weißt du... nur sie ist schuld daran, dass ich so bin...“, sagte er unvermittelt und drehte das kleine Schnapsglas in seiner Hand.

„Wer? Hitomi?“

Ryoske schwieg.

Tsutomu verstand nun gar nichts mehr. Er gab es auf, etwas aus seinem Freund rausbekommen zu wollen. Ryoske war manchmal ein Buch mit sieben Siegeln. Was sollte man dann erwarten, wenn er betrunken war?

Sie blieben noch eine Weile bis Tsutomu merke, wie Ryoske im Sitzen einnickte und immer wieder nach vorne kippte. Diesmal schaffte er es, ihn ohne Widerrede aus der Bar und dann nach Hause zu befördern. Im Taxi rief er Iji an, der gerade selbst von einer Party nach Hause gekommen war und sich bereits über das Verbleiben seines Bruders gewundert hatte.

Als das Taxi vor dem Haus der Zwillinge hielt, wartete Iji bereits draußen auf die beiden. Tsutomu half Ryoske aus dem Auto und stützte ihn den kleinen Weg bis zum Eingang, wo er ihn im wahrsten Sinne des Wortes an Iji übergab.

„Oh, Bruderherz“, meinte Ryoske überschwänglich, „wie war die Party, hm?“

Er klatschte Iji mit einem Lächeln auf den Lippen leicht gegen dessen Wange. Iji sah irritiert zu Tsutomu, der nur mit den Schultern zuckte. Iji hatte seinen Bruder noch nie in diesem Zustand erlebt.

„Sieh' mich nicht so an. Er wollte sich betrinken. Was sollte ich machen? Ihn fesseln?“

Iji nahm das nickend zur Kenntnis.

„Und was ist mit seiner Hand passiert? Hat er sich etwa geprügelt?“

Tsutomu musste nun lachen.

„Ach quatsch. Der Tollpatsch hat sich geschnitten.“

Das sah seinem Bruder ähnlich.

„Danke, dass du auf ihn aufgepasst hast.“

Tsutomu nickte. „Nicht dafür. – Ich fahr dann mal. Gute Nacht.“

Iji verabschiedete sich und führte Ryoske durch den Flur in ihr gemeinsames Zimmer, was sich gar nicht als einfach erwies, da Ryoske so hin und her schwankte. Sie stießen gegen ein paar Ecken und Kanten. Hoffentlich wachte ihre Mutter nicht auf. Im Zimmer angekommen, setzte er Ryoske aufs Bett und schloss leise die Tür.

Ryoske saß schwankend auf dem Bett, unfähig sich auszuziehen. Alles drehte sich um ihn herum, deswegen hatte er die Augen geschlossen. Aber somit wurde es noch schlimmer.

Iji betrachtete seinen Bruder und trat zu ihm, um seine Jacke auszuziehen. Willenlos ließ Ryoske es über sich ergehen.

„Hast du Durst? Ich bringe dir Wasser. Das wird dir guttun.“

Iji wollte sich abwenden, doch Ryoske ergriff seinen Arm und brachte ihn zum Stehen. Iji sah zu seinem betrunkenen Bruder, der aus verschleierten Augen zu ihm aufblickte.

„Du... hast sie umarmt...“

Iji wusste nicht recht, was er meinte und schwieg.

„...Fotos... habe sie gesehen...“

Nun verstand er, woher der Wind wehte. Er hatte sich schon gewundert, weshalb das Buch auf seinem Bett lag, obwohl er es auf den Nachttisch gelegt hatte. Warum musste er die Fotos auch als Lesezeichen verwenden? So dumm von ihm. Iji spürte den Anflug eines schlechten Gewissens.

„Tut mir leid, ja? Ich habe nicht nachgedacht.“ Iji fuhr sich etwas hilflos durchs Haar. Das war dumm von ihm gewesen sie zu umarmen, das gab er zu. Er war nun mal der offene Typ, der sich keine Gedanken über solche kleinen Gesten machte. Sie waren für ihn bedeutungslos. „Sieh es positiv, sie denkt, ich bin du. Also hast du sie praktisch umarmt.“ Iji versuchte die Situation ins Positive zu drehen, doch wartete vergebens auf Ryoskes Lächeln.

„Jetzt leg dich hin. Ich bring dir Wasser und dann schläfst du.“

Ryoske stützte seinen Kopf in die Hände und gab zunächst keine Antwort.

„Ich... kann nicht. Alles dreht sich...“

Iji hatte ein bisschen Mitleid mit ihm. Sein Bruder hatte sich noch nie dermaßen betrunken. Die Sache mit Hitomi schien ihm heute mehr an die Nieren zu gehen als sonst. Iji ließ seinen Bruder kurz allein und holte ihm Wasser und zur Sicherheit einen Eimer, falls sein Bruder es nicht schnell genug bis zur Toilette schaffen sollte. Als er wiederkam, hatte sich Ryoske doch bereits hingelegt. Iji stellte das Wasserglas und den Eimer ab, deckte seinen Bruder zu und legte sich dann selbst hin.

Es war ein langer und ereignisreicher Tag. Die Müdigkeit hätte Iji sofort holen sollen, aber jetzt lag er da und konnte nicht einschlafen. In seinen Ohren rauschte immer noch der Bass der Musik und durch seinen Verstand die Ereignisse des heutigen Tages. Unentwegt sah er Hitomi vor seinem inneren Auge. Es brachte nichts, die Gedanken an sie zu verdrängen, denn sie kehrten immer wieder zurück.

Iji wälzte sich auf die Seite, sein Blick war direkt auf das Bett seines Bruders gerichtet. Das Mondlicht fiel sanft durch die Gardinen ins Zimmer. Ryoske lag mit dem Rücken zu ihm, den Iji eine Weile lang nachdenklich anstarrte. Was war das nur, das sein Herz schneller schlagen ließ, wenn er mit ihr zusammen war? Er war schon längst darüber hinaus, dass die Nähe einer Frau ihn nervös machen konnte. Nichts brachte ihn so schnell aus der Ruhe.

Sein Blick wanderte aus dem Fenster. Von hier aus konnte er die Mondsichel erblicken. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen, ohne dass er sich dessen bewusst war.

Der Mond lächelt uns an.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Tasha88
2018-03-08T20:31:50+00:00 08.03.2018 21:31
Yeay :D Es gibt eine Kellnerin.. Also eigentlich einfach eine andere Frau für Ryosoke. Jetzt können alle glücklich werden ;p
Zumindest hoffe ich das ;p

<3 <3 <3
Antwort von:  May_Be
08.03.2018 21:35
XD hahaha
und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage :D
Antwort von:  Tasha88
09.03.2018 08:33
Und wir wissen alle, dass diese Aussage trügerisch ist von dir ;p
Von:  Soralai
2018-03-08T14:54:39+00:00 08.03.2018 15:54
So so .... da sind wir also...
an der Stelle wo er nachdem Telefon griff um sie anzurufen, war ich etwas traurig da ich ja schon wusste das er es nicht tut :(

und so dreht sich das Spinnrad an Gefühlen und Lügen weiter und weiter.... zieht seine Fäden unaufhaltsam um die drei bis es bald so eng ist das sie sich darin verfangen, verheddern und dann langsam darin zu Grunde gehen.... aber Hey das war eine gute Idee von den Zwillingen!

ausserdem sollte doch der ach so tolle Dr mich macht keine Frau Nervös mal langsam seine naive Art abschütteln und die Wahrheit erkennen. er verliebt sich immer mehr und mehr und mehr....

ich bin dafür das sich rysoke endlich die Haare blond färbt!
ausserdem bin ich gespannt wie sie die Lüge mit dem zwillingsbruder später erklären wollen und den Namen . ...

*dich mit nem Twix piecks* na?

*den Kinderriegel ess und dich erwartungsvoll anschau*
Antwort von:  May_Be
08.03.2018 16:20
*wie ein Bösewicht lach* XD

Das hast du schön beschrieben mit dem Spinnrad der Gefühle und Lügen *.*
"aber Hey das war eine gute Idee von den Zwillingen!" Dein Sarkasmus! Ich lach mich schlapp XD

Ja, verzwickte Lage...
Wie sich alles entheddert? Hm, gar nicht? XD
*Twix nehm und futter*
Damit lass ich mich nicht bestechen XD aber ich esse ihn trotzdem gerne ^_~


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