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Für immer beste Freunde

Ich liebe dich wie einen Bruder
von

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Erwachsensein, Teil 6


 

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Etwas mehr als fünfeinhalb Jahre vergingen seitdem Sasuke ins Ausland zog und seit unserer Trennung vergingen etwas mehr als dreieinhalb Jahre. Also herrscht der kalte bissige Winter seit etwas mehr als dreieinhalb Jahren in meiner Welt. Obwohl sich mein Leben in diesem Zeitraum augenscheinlich nicht gravierend änderte, ist es trotzdem ganz anders ohne Sasuke zu sein. Ich stumpfte seit seiner Abreise nach und nach ab und kann seit der Trennung fast nichts mehr vernünftig fühlen. Irgendwie denke ich, dass dieser Zustand einem Wachkoma ähnelt. Diverse Sachen passieren in meinem Leben und hinterlassen absolut keine Spur. Ich befinde mich eher in der Rolle eines externen Beobachters, obwohl die Geschehnisse mich direkt betreffen. Ich wurde zum Beispiel vor drei Jahren befördert. So kam ich an neues Büro ran und jetzt steht auf meiner Tür „Uzumaki, Naruto. Leiter der Zeitschrift“. Ja, genau so nahm ich meine Beförderung wahr: Bürowechsel und ein neues Türschild. Es fühlte sich nach nichts an. Weder Freude über eine gewisse Leistung noch irgendwelche Bedenken besuchten meinen Kopf. Mich kümmerte absolut nicht dass ich jetzt richtig viel Verantwortung habe, dass die Überstunden noch mehr wurden, dass die Aufgaben, für die ich zuständig bin, überhaupt nicht das sind, was ich ganz am Anfang als begeisterter zwanzigjähriger Praktikant wollte, und dass dieser Job mich körperlich völlig kaputt macht. Ich erledige Tag für Tag meine Aufgaben und bekomme am Ende des Monats eine satte Entschädigung. So platt und unspannend fühlt sich mittlerweile mein Job an. Ich weiß nichtmal ganz genau, wozu das alles. Erstens keine Ahnung wohin das ganze Geld soll. Ein paarmal gönnte ich mir davon einen Urlaub in die entfernten exotischen Länder. Die Reisen haben mich überhaupt nicht gereizt. Gar nichts. Es war im Endeffekt immer eher anstrengend als entspannend. Dann gelang ich zurück an meinen übelst vertrauten Schreibtisch und arbeitete sogar während der ersten Woche ein kleines wenig engagierter als sonst. Und zweitens vergaß ich komplett was mich an diesem Job früher reizte, aber ich weiß, dass sowas irgendwann mal existierte. Der Job gibt mir mittlerweile überhaupt nichts zurück, was man als vielleicht ein wenig erfüllend bezeichnen könnte. Die einzige arbeitsrelevante Sache, die in mir etwas entfernt verwandtes zu meiner anfänglichen Begeisterung für Manga erweckt, ist das Berichtigen von Utakatas Storyboards. Ab und zu spüre ich dabei einen kleinen Funken einst wilden feurigen Leidenschaft fürs Zeichnen und Geschichtenerzählen. Am Anfang wollte ich auch mit der ganzen Welt meine Geschichten teilen. Mein Kopf generierte sogar ziemlich brauchbare Ideen in einer sehr großen Anzahl. Damals wusste ich nicht, dass die Ideen wirklich nicht so ganz schlecht waren. Das sehe ich jetzt mit meinen mittlerweile trainierten Editor-Augen. Der Anfang hier fiel zusammen mit der kreativsten Phase meines Lebens. Ich veröffentlichte meine Sachen auf diversen Doujinshi-Seiten und sie gewannen tatsächlich eine gewisse stabile Anhängerschaft. Damals dachte ich, dass ich praktisch ein echter Mangaka bin. Ich musste nur noch damit Geld verdienen und ich war bereits in einer der größten Mangazeitschrift angestellt. Aber es ging trotzdem schief und irgendwie wurde ich zum seelenloser Bürokrat am riesigen unordentlichen Schreibtisch. Nicht, dass meine Arbeit auch nicht wichtig ist. Nicht, dass ich mit meiner Situation so super unzufrieden wäre. Ich meine, es gibt sicher schlimmeres. Bloß… ich wollte halt ein ganz anderes Leben. Und ich hätte nichts dagegen generell ein wenig glücklicher zu sein.
 

Ohne Sasuke zu sein machte sich auch anderweitig bemerkbar. Anscheinend ist er der einzige, der mich generell als Partner dulden kann. Vor drei Jahren versuchte ich mal wieder zu daten, aber es führte zu nichts. Mit keinem funkte es auf Anhieb und ich hatte keine Zeit das ruhige Miteinander ganz von vorn aufzubauen, denn mein Wachsein besteht seit Sasukes Abreise und bis zum heutigen Tage fast ausschließlich aus Arbeit. Selbst der sechsmonatige Krankenhausaufenthalt wegen eines Burnouts vor vier Jahren und eine schmerzhafte Trennung direkt im Anschluss konnten mich nicht zur Stundenreduktion bringen. Alle Dates hielten mein Lebensrhythmus früher oder später nicht aus und ergriffen eine panische Flucht. Dann werde ich halt meine Arbeit heiraten. Es ist auch nicht schlecht. Sie hat mich wenigstens im Echt lieb. Und sie bleibt wirklich für immer an meiner Seite. In guten wie in schlechten Tagen. In Gesundheit und Krankheit. Bis der Tod uns scheidet.
 

Abgesehen von meiner ungesunden Arbeitsbeziehung hänge ich immer noch an Sasuke fest, was natürlich nicht förderlich im Bezug auf Partnersuche ist. Ich frage mich ständig wie es ihm geht und stalke ihn bei Facebook und Co. Mittlerweile wurde seine Arbeitsgruppe ziemlich bekannt. Ab und zu berichten diverse Nerdnews-Seiten über sie und ich lese die meisten von ihnen täglich auf dem Weg zur Arbeit. Ja, ich wurde durch Sasuke-Stalking tatsächlich ein wenig informatikaffiner. Leider gibt dieses extensive Sasuke-Stalking zu wenig Einblicke in sein Privatleben. Ich gewann dadurch nichtmal sein aktuelles Bild. Alles, was mir also verbleibt, ist die Hoffnung darauf, dass er glücklicher ist, als ich. Ich kann ihm so eine rohe Halbexistenz niemals wünschen. Zum Beispiel hoffe ich darauf, dass er seinen Job immer noch als erfüllend empfindet. Und dass es ihm gesundheitlich gut geht. Und dass er endlich ein paar gute verlässliche Freunde fand. Und am meisten wünsche ich mir, dass er dort jemanden hat, der sich gern um ihn kümmert. Ach Sasuke… wann vergesse ich dich endlich? Mittlerweile glaube ich, dass ich unterbewusst über ihn nicht hinwegkommen will. Er bedeutet mir selbst nach der Trennung viel zu viel und ich kann ihn selbst nach dreieinhalb Jahren nicht mit einem hässlichen X brandmarken. Wenn ich über ihn spreche, bezeichne ich ihn immer noch als „mein bester Freund“. Oder einfach Sasuke. Und egal was Leute dazu sagen, mag ich unsere Geschichte sehr, selbst wenn sie überhaupt kein Happy End hat. Außerdem können mittlerweile nur die Erinnerungen an damals ab und zu diesen stumpfen lähmenden Wachkoma kurzzeitig brechen und mich aus dem betäubten Tiefschlaf zurück in die Wirklichkeit holen. In diesen Momenten verwüstet ein zerstörerischer Feuersturm meine kalte leblose Winterwelt. Ein heißer Lava brennt alles nieder. Die dicken Eisschichten um meinen Herz herum schmelzen weg. Die alten versiegelten Wunden öffnen sich. Und dann fühle ich plötzlich alles auf einmal. Dieser riesige Klumpen nimmt die Form eines beinahe unausstehlichen Schmerzes und er bricht nach draußen als ein lautes verzweifeltes Heulen frei. Obwohl es unglaublich wehtut, freue ich mich trotzdem darüber. Dieser echte Schmerz ist der beste Beweis davon, dass ich immer noch lebendig bin. Durch ihn weiß ich, dass ich immer noch absolut bedingungslos lieben und eine echte Begeisterung verspüren kann. Diese beiden Fähigkeiten wurden mir zum Glück noch nicht ganz gestohlen. Ich muss nur etwas finden, was mein inneres Feuer erneut entfacht, denn ich selbst brannte irgendwie aus. Außerdem enden alle Versuche mich von Sasuke loszulösen so oder so damit, dass ich eine kleine Skizze von ihm anfertige. Also warum überhaupt dagegen kämpfen? Es ist eh völlig sinnlos.
 

Heute werde ich 32. Oder besser gesagt zum sechzehnten Mal sechzehn. Beinahe hätte ich es vergessen. Zur Zeit beansprucht eine große Finanzierungsfrage des ganzen Projekts mein ganzes Denk- und Erinnerungsvermögen und ich vergesse letzter Zeit katastrophal viel. Vor allem waren alltägliche Sachen betroffen, die absolut keinen Bezug zu meinem Problem haben. Ich muss halt zu viel Platz für den Inhalt etlicher Businessmeetings und deren Zusammenhang reservieren. An meinen Geburtstag wurde ich nichtsdestotrotz durch die jüngeren Kollegen sehr herzlich erinnert. Sie veranstalteten eine kleine Feier während der Mittagspause. Es gab Kuchen und kleine symbolische Geschenke. Sie unterschrieben zusammen eine Karte und dann wünschte jeder etwas ganz kurzes sogar mir persönlich. In solchen Momenten sehe ich plötzlich, dass die jüngeren mich eigentlich respektieren und auf mich wie auf eine Art Vorbild hochschauen. Manche wollen sogar später so werden wie ich jetzt. Aber ich denke oft stumm dazu: überlegt es euch ganz gut. Es ist nicht so toll wie es vielleicht aussieht. Und man muss höchstwahrscheinlich die Arbeit heiraten.
 

Später am Tag kam ich mit dem letzten Zug zurück nach Hause. Ich hielt eine kleine Skizze von Sasuke in der Hand. Diesmal zeichnete ich ihn stehend an der Türschwelle mit zwei Tüten und in den Boden starrend. Wie er damals wirklich süß keine passenden Worte finden konnte und redete viel zu viel! Und wie er ab da für lange zwölf Jahre treu an meiner Seite blieb. Seit drei Jahren ist mein Geburtstag eine Art Gedenktag, an dem ich abends einen kleinen Muffin mit einer orangenen Geburtstagskerze esse und mich dabei an den unschuldigen Anfang unserer Beziehung erinnere. Und seit drei Jahren warte ich darauf, dass er mal wieder an diesem Tag an meiner Türschwelle auftaucht. Er muss nichtmal etwas mitbringen. Nur sich selbst. Es würde mir völlig reichen.
 

Ich will, dass Sasuke für immer an meiner Seite bleibt.
 

Dieser Gedanke passierte meinen Kopf kurz bevor ich die kleine Kerze auspustete. Ich aß den Muffin und legte mich danach ins Bett. Liegend im Bett starrte ich nachdenklich ins Handy. Die tausenden Wecker habe ich gestellt, oder? Ja, habe ich. Gut. Scheiße, ich bin schon 32, brauche morgens aber immer noch 10 Wecker um überhaupt aus dem Bett zu kommen. Der erste klingelt bereits um 6:45. Wie schrecklich… na gut, Herr Uzumaki, leg das Handy weg. Jetzt ist Schlafenszeit.
 

Kaum trennte ich mich vom kleinen Gerät, vibrierte es und leuchtete aufdringlich auf. Meine Finger suchten kurz den Boden ab. Als ich auf das Display starrte, zeigte dieser „Alles Gute zum Geburtstag, Naruto“ an. Als Absender war Uchiha, Sasuke eingetragen. Dieser kurze Anblick reichte schon um mein Herz zum kräftigeren Schlagen zu bringen. Seit dreieinhalb Jahren verspürte ich eine echte impulsive Freude. Sie strömte rasch durch meinen gesamten Körper, erweckte jede verschlafe Zelle und brach durch das dicke Eis direkt zu meinem noch fest schlummernden Wesen durch. Und es fühlte sich so unglaublich gut an.
 

Ist es vielleicht dieses etwas, was endlich mein inneres Feuer entfacht? Vielleicht geht dieser kalte leblose Winter schon sehr bald zu Ende?



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  lula-chan
2018-08-29T17:48:50+00:00 29.08.2018 19:48
Tolles Kapitel. Sehr gut geschrieben. Man kann sehr gut mit Naruto mitfühlen.
Die Trennung tut Naruto alles andere als gut. Er hängt einfach noch viel zu sehr an Sasuke. Da ist diese kleine Nachricht, auch wenn sie an sich nicht viel aussagt, ein Lichtblick für ihn. Sasuke scheint Naruto wohl auch zu vermissen, sonst hätte er die Nachricht gar nicht geschickt.
Ich bin schon gespannt, wie das weitergeht, und freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Von:  Onlyknow3
2018-08-29T15:15:46+00:00 29.08.2018 17:15
Naruto kan wohl mit seinen Gedanken, Berge versetzen, so scheint es.
Seit Jahren der erste Kontakt wieder zu Sasuke und der gratuliert ihm zum Geburtstag.
Was bedeutet, das Sasuke wohl auch noch nicht ganz von oder über Naruto weg ist.
Tolles Kapitel, weiter so freue mich auf das nächste.

LG
Onlyknow3
Von:  Scorbion1984
2018-08-29T07:33:05+00:00 29.08.2018 09:33
Das ist ja wirklich ein "super "Leben was er nun hat !
Er lebt nicht ,er funktioniert nur ! Furchtbar!
Nun gratuliert ihn Sasuke zum Geburtstag und er lebt ?
Was sagt das aus ?! Tolles Kapitel, wenn auch sehr deprimierend !


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