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Er kam sich schlecht vor, Jules erneut verlassen zu haben. Natürlich wusste Jay, dass er sich mehr erhoffte und tief in seinem Inneren würde er ihm dies auch gerne geben. Etwas hielt ihn allerdings davon ab. Zum einen wahrscheinlich der Zweifel an seiner eigenen Sexualität, zum anderen die Reaktionen seiner Umwelt. Dabei gab es viele Momente zwischen Jay und Jules, die davon zeugten, dass mehr zwischen den beiden war. Sie hatten sich damals an der Universität kennengelernt. Er konnte es noch genau vor sich sehen. Im Grunde studierten sie zwei völlig unterschiedliche Studiengänge, ihre Zusammenkunft war also recht willkürlich. Ausgerechnet auf dem Herrenklo, lernte er Jules kennen. Er war ihm schlicht in die Arme gerannt. Das war bevor er die Hormone nahm und seine Gesichtszüge wesentlich weicher sowie femininer wirkten. Ein wenig verwirrt hatte ihn Jay damals angestarrt, woraufhin er mürrisch die Stirn in Falten legte. „Was gibt es da zu glotzen? Nur zu deiner Information, ja ich bin hier richtig und werde es mir nicht verbieten lassen auf diese Toilette zu gehen." „Hey jetzt warte mal. So war das nun echt nicht gemeint“, hatte Jay schnell eingeworfen. Dies schien Jules besänftigt zu haben, denn seine Mimik entspannte sich.
 

Er schaffte es Zugang zu dem anfangs eher verschlossenen jungen Mann zu finden. Dieser vertraute sich ihm nach und nach an. Jay war beeindruckt von Jules Durchsetzungswillen und seinen klaren Zielen. Schon zu dieser Zeit hatte er die Ausstrahlung eines, wie Jules es später beschrieb, Cis Kerls. Was Jay sichtlich verwirrte, denn er zog ihn magisch an. Sie unternahmen außerhalb der Uni viel gemeinsam. Obwohl ihre Lebenswege wohl unterschiedlicher nicht sein könnten, hatten sie viele Gemeinsamkeiten. So liebte Jules etwa ebenfalls Basketball oder Comics. Genau wie er. Selbst ihr Musikgeschmack war der gleiche. Manchmal schickten sie sich stundenlang Lieder zu, in ihren Chats. Er half Jules dabei, sich vor Idioten zu wehren, die ihm beispielsweise den Besuch des Männer-WCs nicht gestatten wollten. Im Gegenzug bekam Jay Hilfe von ihm bei seinen Hausarbeiten oder anderen schriftlichen Ausarbeitungen, denn hier hatte er ein paar Probleme.

Sie wären das perfekte Team. Würde Jay endlich über den Dingen stehen, aber das konnte er nicht. „Hey“, schrie ihm jemand entgegen. Es war sein Kumpel, Flo, mit dem er heute ein gemeinsames Seminar hatte. „Man bist du aber schnell.“ „Passiert“, gab Jay grummelnd zurück. „Oder hat dich der Tranny Boy wieder belästigt?“ Bei dieser Aussage, verspürte er einen Stich. An sich hasste es Jay nämlich, wenn jemand Jules so nannte. Wie gerne hätte er ihm die passenden Takte erzählt. Was tat er? Richtig. Jay schwieg. „Ich habe recht, was? Ihr verbringt Zeit miteinander“, resultierte Flo. „Ich hoffe für dich, dass der Freak nichts von dir will. Gestern hatte ich ihn mal beobachtet. Die Art und Weise wie er dich anschaut, ist schon unheimlich. Was will man auch damit? Er ist nichts halbes und nichts ganzes. Weder Fleisch noch Fisch. Außerdem bist du doch eh nicht homosexuell oder? Stell dir mal vor, er macht die letzte Operation. Willst du dich etwa dann für ihn bücken?“ „Wir sind nur befreundet. Mehr ist da nicht“, rief Jay wütend aus. „Das habe ich dir bereits mehrmals gesagt. Zudem hilft mir Jules, was meine Hausarbeiten angeht. Meine Verbindung zu ihm schadet also keineswegs. Nach meinem Studium trennen sich unsere Wege sowieso. Mir egal, was mit ihm ist.“
 

Mit dieser Aussage belog er sich selbst. Doch gegenüber Flo konnte er schlicht und ergreifend nichts anderes sagen. Die Jungs hatten ihn schon einmal aufgezogen, als sie fragten ob Jules über einen Strap-on verfügte, den er wohl möglich bei Jay ausprobieren wolle. Um dies zu dementieren und sich in seiner Männlichkeit zu beweisen, flirtete er die nächst beste Frau an. Sie landeten im Bett. Jules wusste von alldem. Sie waren kein offizielles Paar, jedenfalls nicht für ihre Außenwelt. Außerdem durfte auch Jules nebenher seine Erfahrungen machen. Dies hatten sie so verabredet. Keine Besitzansprüche, keine Verpflichtungen. Ja. Genau das brauchte Jay. „Ist gut man“, seufzte Flo. Zum Glück erreichten sie den Seminarraum. Ihr Dozent war ein wenig zerstreut und kam meistens später. Jay störte das nicht. Bis er mal an Land kam, zeichnete er. Etwas, das zu seinen Leidenschaften zählte und bestätigte, dass er gänzlich anders war als er vorgab zu sein. Er dachte an das hübsche Mädel, für die sich Jules anscheinend interessiert. Woher sich die beiden kannten?
 

Die Sitzung zog sich wie Kaugummi. Sichtlich erleichtert, stürmte Jay zur Tür, nachdem sie endlich vorbei war. Sein nächstes Ziel war der örtliche Basketballplatz. Fast jeden Tag nahm Jay seinen Ball mit, um ein paar Körbe werfen zu können. Das lenkte ihn ab. „Seit meiner letzten Nachricht hat er sich nicht gemeldet“, schwirrte ihm im Kopf herum. Ansonsten schrieb Jules immer sofort zurück. Ob etwas passiert war? „Hmm oder es liegt an dem Mädel“, zischte Jay. Voller Wucht warf er den Ball auf den Korb zu, der abprallte und nun in Richtung Straße rolle. Jay konnte ihn rechtzeitig holen. Allerdings war er heute kaum bei der Sache. Irgendwann gab er einfach auf. Sein Magen hing ihm sprichwörtlich in den Knien. Er entschied in der Mensa eine Kleinigkeit zu essen. Zuhause hatte er ein paar Tütenprodukte. Eines davon würde er sich abends wohl machen. An sich mochte Jay kochen auch nur bedingt. Jules jedoch kochte gerne und gut. Meist sogar direkt für sie beide.
 

„Er ist viel zu gut für diese Welt“, dachte Jay und stocherte in seinem Essen herum. Der Kartoffelbrei war ein wenig versalzen. Der Hunger trieb es aber dennoch hinunter. Erwartungsvoll starrte Jay auf sein Smartphone. „Was macht er denn bitteschön?“ War er etwa eifersüchtig? Jay schnaufte verächtlich. Dieser Gedanke war nahezu idiotisch. Sie hatten eine Vereinbarung. Diese besagte, dass keiner dem jeweils anderen gehörte. Und genauso sollte es weiter laufen. Jay schrieb einer Bekannten. Ein paar schmeichelnde Worte und schon hatte er ein Date. „Pff, so dringend brauche ich dich nicht“, triumphierte er gedanklich über Jules. Gerade bei jener Aussage, wurde ihm eine neue Whatsapp Nachricht angezeigt. „Du, heute ist es schlecht. Vielleicht abends, da müsste ich zuhause sein. Davor bin ich den ganzen Tag unterwegs. Sorry. Du musst dir wohl alleine was kochen. Morgen können wir gerne zusammen essen. Bis später. LG Jules.“ Aha. Tja was sollte es. Etwas in ihm, riet Jay, seinem Partner das Date zu gönnen. Sein Argwohn überwog jedoch. Er hasste es versetzt zu werden, jedenfalls wenn es so kurzfristig war. „Wer weiß ob ich später Lust habe“, schrieb er patzig zurück. Sicher im Bewusstsein, dass er verletzend agierte. Jules konnte das ab. Um genauer zu sein, wusste Jay, dass sich der Blonde schon lange daran gewöhnt hatte.
 

Diese Momente in denen er zärtlich zu ihm war existierten zwar, waren aber meistens hinter verschlossenen vier Wänden. Hier konnten sie sich ganz einander hin geben. Hinzu kam, dass Jay keine Angst hatte von seinen Kumpels erwischt zu werden oder von Außenstehenden gesehen wurde, die ihn für homosexuell hielten. „Dann ist das wohl so ...“, war Jules Aussage. Vor seinem geistigen Auge, konnte Jay das Gesicht seines Freundes sehen. Manchmal zuckten dessen Mundwinkel, wenn er enttäuscht war. Letztendlich schluckte er es runter. Jules war aber nur bei Jay so. Sogar Flo hatte er mal Kontra gegeben als dieser ihn bezüglich seines Transweges ausfragte. „Ich frage ja auch nicht ob du einen Mikropenis in der Hose hast oder?“ Bei diesem Satz hatte Jay ein Lachen unterdrücken müssen. Insgeheim feierte er die Schlagfertigkeit von Jules. Vor Flo würde er das nie zugeben. Es war bereits zu viel, dass sein Kumpel wusste, dass Jay und Jules befreundet waren. Na ja, Jay behauptete immer, dass es sich hierbei eher um eine Zweckfreundschaft handelte.
 

Angenommen sie wüssten, dass Jay mit ihm ins Bett stieg, dann wäre nicht nur er sondern auch Jules die Zielscheibe ihres Spottes. Davor wollte er ihn schützen. Jules würde ihr Hohn egal sein, doch ihm war es nicht egal. Er konnte die Vorstellung kaum ertragen, wie sie über ihn herzogen. Jay kannte seine Freunde und allesamt waren heteronormativ. Nein. Er musste schweigen, was die Beziehung zu Jules anging. Manchmal da träumte Jay, einfach mit ihm auszubrechen und weit entfernt von ihrem jetzigen Heimatort neu anzufangen. Ob er dazu überhaupt in der Lage wäre?



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