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Neugierde

[Harry & Dudley]
von

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Neugierde


 

 Neugierde 
 

Sommerferien, wie Harry jene Wochen doch verhasst waren.

Entweder brannte die Sonne unerträglich heiß auf den Asphalt, sodass man sich dem kühlen Inneren eines Hauses nicht entbehren konnte, oder es goss wie aus Eimern, dass ein Daheimbleiben unausweichlich blieb.

Auch am heutigen Tage hatten sich die Wolken zu einer bedrohlich, dunklen Masse zusammengerottet. Es erinnerte Harry an einen missglückten Trank, den Vincent Crabbe in einer der letzten Schulstunden Professor Snapes fabrizierte. Klumpig, gräulich-schwarz.

Donner grollte über Surrey hinweg und ließ den Jungen aufsehen. Schwere Tropfen platschen auf die Fensterbank, ehe sich jene dazu entschlossen, den gesamten Ligusterweg zu benetzen. Aus dem Reigen an Perlen, wurde alsbald ein Sturzbach.

Harry fuhr zusammen, als er die schrille Stimme Tante Petunias vernahm. Ihr Kreischen gellte durch das gesamte Haus. Das tat sie des Öfteren, in letzter Zeit. Sie kreischte, weil der Rasen vor dem Haus verbrannt war, oder weil sich Maulwürfe nicht an ihr ausgesprochenes Verbot hielten, was das Anhäufeln von Erde im Vorgarten betraf. So musste Onkel Vernon mit dem Spaten ausrücken und die Hügel niederzwingen.

Wenn es ihm nicht verboten wäre, außerhalb der Schule zu zaubern, so hätte sich Harry gern einen Spaß daraus gemacht, einen neuen Hügel neben dem plattgeschmetterten Haufen entstehen zu lassen, kaum, dass sich sein Onkel des ersten entledigte. Wieder und wieder ...

Dieser Gedanke ließ ihn leise kichern. Sofort raschelte es protestierend im Käfig. Hedwig missfiel es, dass sich ihr Herrchen seinen fröhlichen Ideen hingab, während die majestätische Schneeeule eingesperrt hinter Gittern hockte und meckernd mit dem Schnabel gegen die Stäbe stieß.

»Es tut mir leid, Hedwig. Du weißt doch, dass ich dich erst heute Abend wieder rauslassen darf.« Wie oft hatte Harry versucht ihr zu erklären, dass es die Dursleys nicht gut hießen, wenn seine treue Begleiterin draußen herumflog? Viel zu Aufsehen erregend!

Als Antwort bekam Harry einen ihm mehr als bekannten Aufschrei des Aufbegehrens zu hören, während die Eule mit dem Schnabel bedrohlich klackerte.

»Heute Abend«, mehr konnte der Junge nicht hervorbringen, um seine Freundin zu beschwichtigen.
 

Harry hatte zwar versucht, Ordnung in sein Zimmer zubringen, doch noch immer krochen alte Socken über den Boden, lose Pergamentfetzen schwebten mit jedem Schritt vor ihm her und vor den Wollmäusen würde selbst Hedwig Reißaus nehmen.

Ein zaghaftes Klopfen erklang und es schien, als habe er jenen Laut erst gar nicht wahrgenommen, bis jenes Geräusch ein weiteres Mal, nun energischer - aber umso knapper, zu hören war.

Harrys Blick wandte sich nach Hedwig um, die beleidigt den Kopf unter einen Flügel geschoben hatte und ein Nickerchen hielt, dann sah er zum Fenster. Das Gewitter hatte sich zurückgezogen, dennoch hing der Himmel noch immer voller schwarzer Wolken.

»H-Harry?«

Dieser blinzelte und trat an die Zimmertür heran.

»H-Harry, bist du da?«, vernahm er von Neuem und streckte die Finger nach der Klinke aus. Als Harry die Tür einen Spalt breit öffnete, kam das runde, teigige Gesicht seines Cousins zum Vorschein.

Verwirrung zierte das Gesicht des Jungen. »Dudley – was?«

Doch dieser gestikulierte hastig, dass Harry still und leise sein möge. Unten, von der Küche her, hallte Musik zu ihnen herauf und das Summen Tante Petunias verhieß, dass diese beschäftigt schien, während Onkel Vernon wohl sein Nachmittagsschläfchen vor dem Fernseher zelebrierte.

»Was willst du?«, wandte sich Harry an den Jungen, der ein wenig verloren wirkte.

»Ich … ich wollte mit dir reden, nur kurz ...«, haspelte Dudley und knetete nervös die kleinen, dicken Finger.

Harry wägte ab, was die Absichten Dudleys betraf. Dennoch wäre er wohl in der Lage, mit diesem fertig zu werden, sofern dies überhaupt von Nöten war. Seit Harry Hogwarts besuchte, hatte der bullige, fiese Dudley Angst vor ihm. Als er damals, nach seinem ersten Jahr, in den Ligusterweg zurückkehrte, erwog sich Harry der Annahme, sein Cousin habe so etwas wie Respekt vor ihm, leider war dies ein Trugschluss. Drei Tage konnte sich Dudley Dursley zusammenreißen, doch kaum waren seine Freunde zu Besuch, malträtierten und ärgerten sie Harry aufs Neue. Waren seine Kumpel jedoch verschwunden, war auch Dudley wie ausgewechselt. Still, zurückhaltend ...
 

Skeptisch betrachtete Harry den Jungen vor sich, dennoch gewährte er ihm Einlass.

»Also?« Harry lehnte am Schreibtisch vor dem Fenster und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Mum sagt, dass Tante Magda bald zu Besuch kommt«, sagte Dudley leise.

»Und ich soll hier oben bleiben, keinen Mucks von mir geben und völlig ruhig sein, hab's verstanden!«, fuhr ihm Harry dazwischen.

Verdattert und erschrocken riss Dudley die Augen auf, dann senkte er den Kopf. »Na ja, Dad will - ja ...«

»Das kann mir Onkel Vernon auch selbst sagen, wird er … sowieso ...«, Harry verdrehte die Augen. Dieses Gespräch war reine Zeitverschwendung.

Dudley schluckte. »Eigentlich … wollte ich dich etwas fragen ...«

Harrys Miene wechselte von Argwohn zu überraschend.

»Das … mit deiner Schule ...«, hob er an. »Ist das wirklich ein Internat für … für Bekloppte

Die hellgrünen Augen Harrys schmälerten sich. Prüfend betrachtete er seinen Vetter. »Nein … wir sind nicht bekloppt

Schwach nickte Dudley. »Aber Dad sagt, und Mum auch ...«

Plötzlich setzte sich Harry in Bewegung, sodass Dudley eiligst beiseite treten musste, und zerrte seinen Schrankkoffer hervor. Mit einem Klicken wurde dieser geöffnet und das Chaos, welches im Zimmer vorherrschte, fand sich auch im Innern des Gepäckstückes wieder.

Phiolen, Schreibfedern, Socken, Rollen Pergament, Krawatten, Tintenfässer, Bücher …

Dudley erspähte etwas Hölzernes und streckte die Finger danach aus.

»Hey!« Harrys Ausruf ließ ihn zusammenzucken. »Lass die Finger davon!«

»Was ist das?«, verlangte Dudley zu wissen.

»Ein Zauberstab, was denn sonst?!«, gab Harry zurück.

»Und du kannst damit zaubern?« Zu Harrys Verwunderung schien sein Cousin ihn nicht zu verspotten. Ernsthaftes Interesse ging von ihm aus, als Dudley den Blick weiter schweifen ließ. »Darf ich?« Er deutete auf Geschichte der Zauberei. Harry wusste selbst nicht, warum sich dieses Buch noch immer in seinem Koffer befand, geschweige denn, ob Dudley überhaupt des Lesens mächtig war.

Ungewohnt vorsichtig langte Dudley danach. »Ist ziemlich schwer«, stellte er fest, als er das Buch in den Händen hielt.

»Steht ja auch eine Menge drin«, gab Harry, die Schultern zuckend, zurück.

»Ihr seid also … Zauberer?«, fragte Dudley und sah, dass sein Cousin wahrheitsgemäß nickte.

»Und Hexen«, fügte Harry hinzu.

»Hexen? So richtige?« Es schien, als könne Dudley nicht glauben, was ihm soeben erzählt wurde.

»Jungs sind Zauberer, und Mädchen … die sind nun einmal Hexen. Meine Freundin, Hermine, ist die Beste in der Klasse«, gab Harry freimütig und stolz zu.

»Freundin? Wenn … wenn ich an Hexen denke, dann … habe ich immer eine gruselige Vorstellung im Kopf. Eine alte, buckelige Frau, mit langen, dürren Fingern, die Kinder anlockt und sie frisst«, murmelte Dudley. Seine Worte nahm Harry jedoch mit einem Lächeln auf. »Und Zauberer sind die, die Kaninchen aus ihrem Zylinder ziehen, oder diese seltsamen, spitzen Hüte tragen.«

»Oh, diese Hüte gibt es wirklich«, sagte Harry und wühlte im Koffer nach jener Kopfbedeckung, den er zu den Feierstunden im ersten Jahr tragen musste. Nun war es Dudley, der leise lachte.

»Sind viele Leute an der Schule?«, fragte Dudley und hielt sowohl das Buch im Arm, als auch den schwarzen Hut, den Harry ihm reichte.

»Ja«, sagte Harry.

»Und der Unterricht? Habt ihr Mathe oder Physik?«, nun schien Dudley wirklich neugierig geworden.

»Nein, wir haben Fächer wie Zaubertränke, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Muggelkunde ...«, zählte der junge Zauberer auf.

»Dunkle Künste? Heißt das, dass es auch … böse Hexen und Zauberer gibt?« Dudleys Frage beantwortete Harry wahrheitsgemäß. Hielt sich jedoch, was der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf anbetraf, zurück. »Was sind Muggel

»Nicht Magier. Normale Leute. Du, Tante Petunia und Onkel Vernon zum Beispiel«, erklärte Harry.

»Und warum darfst du dann auf diese Schule, und ich nicht?«, hakte Dudley nach.

»Man hat entweder magisches Blut in seinen Adern, oder eine magische Begabung.« Harry zuckte mit den Schultern.

Kurz wurden Dudleys Augen schmal. »Kannst du mich … ich meine uns verhexen?«

»Klar kann ich das. Allerdings ist es Minderjährigen außerhalb der Schule nicht gestattet, zu zaubern. Tun wir es doch, werden wir bestraft.« Jene Worte leierte Harry ungewollt herunter.

»Bestraft? Von wem?« Allmählich beschlich ihn das Gefühl, nicht allzu viel verraten zu dürfen. Zwar nahm Harry an, dass es sich um aufrichtiges Interesse Dudleys handelte, dennoch war sein Gegenüber immer noch Dudley, gemein, und obendrein fies.

»Das erzähle ich dir ein andermal«, sagte Harry eiligst, schnappte nach Buch und Hut und verstaute alles wieder im Koffer. Hedwig raschelte nervös in ihrem Käfig.

»Warum … durfte ich dann nicht auf diese Schule?«, fragte Dudley noch, ehe Tante Petunias Stimme durch die Wände zu ihnen nach oben drang und ihn zu sich rief.

Harry hatte sich nie diese Frage gestellt, viel zu froh war er über die Tatsache, dass Dudley und er nicht noch einmal ein- und dieselbe Schule besuchten. Wieder zuckte er die Schultern.

»Duddyspatz, wo steckst du? Komm runter, es gibt Eiscreme!«, flötete Tante Petunia.

Gehetzt blickte Dudley zur Tür, presste er die Lippen zusammen und bewegte sich mit trägen Schritten zur Tür.

»Tut mir leid, Dudley ...«, sagte Harry, als dieser nach der Klinke griff.

»Ja, mir auch ...«, gab Dudley zurück, trat auf den Flur und schlug die Tür zu.

Und Harry wusste, dass es für ihn keine Eiscreme geben würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Celty
2018-11-25T00:27:20+00:00 25.11.2018 01:27
Sehr schöne Geschichte und sehr angenehm zu lesen. Mir gefiel die Vorstellung schon immer, dass Dudley später vielleicht etwas offener gegenüber der Zauberei werden würde und ich finde, das hast du sehr gut rüber gebracht.
LG~
Antwort von: irish_shamrock
25.11.2018 10:33
Hallo Celty,

vielen Dank für deine lieben Worte :)
Von:  lula-chan
2018-07-31T18:29:36+00:00 31.07.2018 20:29
Eine schöne Geschichte. Sehr gut geschrieben. Gefällt mir. Du kannst echt gut schreiben. Die ganze Atmosphäre kam sehr gut rüber.

LG
Antwort von: irish_shamrock
31.07.2018 20:33
Danke für deinen Kommentar C:
Von:  Sensenmann
2018-03-24T16:41:22+00:00 24.03.2018 17:41
Wow! Ich glaube das war tatsächlich die schnellste Einreichung in einem meiner Wettbewerbe :'D. Erst vor ein paar Stunden das Los bekommen und am gleichen Tag noch eingereicht. Respekt!

Es freut mich, dass du von den drei zugelosten-Möglichkeiten diesen Prompt gewählt hast. Ich fand die Beziehung zwischen Harry und Dudley schon immer interessant, gerade nach ihrem "letzten" Gespräch im siebten Band.

Dein Erzählstil gefällt mir richtig gut. Du hast eine angenehme Art zu formulieren und die Geschichte liest sich wirklich sehr flüßig und ehe man sich versieht, ist man schon am Ende angelangt. Ich mag es, dass du erst einmal eine kurze Einleitung gegeben hast, in der du das Wetter und die Umgebung beschrieben hast. So konnte man sich gleich ab der ersten Zeile ein Bild von Harrys Zimmer vor das geistige Auge rufen. Auch die Details (Hedwig, Pergamentstücke, Harrys Koffer) hast du sehr liebevoll eingearbeitet.

Gefallen hat mir insbesondere, dass du die Charaktere wirklich wie im Buch getroffen hast. Die Art, wie sie sich verhalten, welchen Wortschatz sie benutzen,... das hat - meiner Meinung nach - alles sehr gut gepasst! Das Dudley wirklich angenommen hat, Harry könne tatsächlich ein Internat für Bekloppte besuchen :'D oder seine Vorstellung von Hexen xD Herrlich.
Ich fand es schön, dass Harry so offen auf Dudleys Frage reagiert hat. Ich habe mich auch oft gefragt, wieso Dudley Harry noch nie nach seiner Schule gefragt hat... Ich hätte ihn zumindest mit Fragen gelöchert.

Den Schluss der Kurzgeschichte fand ich auch sehr passend. Ein wenig leid tut Dudley mir ja jetzt schon :(

Ich bedanke mich hier schon Mal herzlichst für deinen Beitrag zu meinem Wettbewerb :)!
Ausgewertet wird er bei Einsendeschluss.

LG,
Sensenmann
Antwort von: irish_shamrock
24.03.2018 17:45
Hallo :) ...
ja, mich packte mit einem Mal die Schreibwut, und das musste einfach raus, sonst hätte ich sicherlich ewig gesessen und nichts zustande gebracht ^^° ... Und da ich jetzt wieder etwas mehr Zeit habe, habe ich die Chance sofort genutzt :') ...
Hab vielen, lieben Dank für deinen Kommentar!!
Und mir fällt ein riesen Stein vom Herzen, dass dir die kleine Geschichte gefällt~<3
Von:  _Delacroix_
2018-03-24T16:14:39+00:00 24.03.2018 17:14
Eine sehr interessante Darstellung von Dudley, die mir viel sympathischer ist, als die, die Rowling uns so oft vorgesetzt hat. Ich mag die Unterhaltung, ich mag sie wirklich gerne. Eben weil sie Dudley menschlicher wirken lässt. Das tut ihm spürbar gut.^^
Antwort von: irish_shamrock
24.03.2018 17:16
Vielen, lieben Danke für deinen Kommentar :3
Von:  HathorCat
2018-03-24T15:55:47+00:00 24.03.2018 16:55
Wow, das ist mal eine sehr interessante Sichtweise..
Ehrlich gesagt gefällt mir Dudley so viel lieber, wenn er sich seine eigene Meinung bildet, anstatt nur auf das zu hören, was Mami und Papi von sich geben.
Auch wenn ich mir vorstellen könnte, dass er in Huffelpuff landen täte und er selbst unter Severus blicken eingehen würde.. dennoch ist mir der Gedanke nicht unheimlich, ihn in Hogwarts zu sehen.
Es wäre.. ja doch, es wäre ein sehr interessanter neuer Handlungsstrang... Was da alles noch hätte passieren können *-*
Aber wie wir wissen, ist es leider nicht dazu gekommen und dennoch könnte ich mir so eine Szene gut vorstellen, auch nur, wenn Dudley nur gefragt hätte, um ihn dann zu schikanieren, aber dann doch feststellen würde, dass es sehr interessant ist^^

Hast du echt toll geschrieben <3
Antwort von: irish_shamrock
24.03.2018 16:58
Danke für deinen Kommentar, Keule :*


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