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Knicks vs. Celtics

Boston Boys 2
von

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Rebound

Am zweiten Samstag im Januar fuhren meine Eltern zu Freunden und nahmen Lena mit, sodass wir das Haus für unser Basketballtreffen nutzen konnten. Wirklich nötig wäre es nicht gewesen, da am Samstag lediglich Terrence und Bobby Zeit hatten, aber immerhin war es gemütlich. Dennoch war die Atmosphäre irgendwie merkwürdig. So wirklich entspannt wirkten sie nicht und ich hatte das Gefühl, dass sie immer mal wieder einen Blick auf die Uhr warfen.

Irgendwann kramte dann Bobby in seinem Rucksack. „Ich hab noch Popcorn mitgebracht. Kannst du das eben fertig machen, bevor das Spiel anfängt?“

Er drückte mir das Beutelchen in die Hand. Hätte ihm das nicht früher als fünf Minuten vor dem Spiel einfallen können? Seufzend nahm ich es entgegen und begab mich in die Küche. Terrence kam mit und redete mit mir, während wir warteten, dass die Mikrowelle fertig wurde.

Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer hörte ich Bobby dort reden. Führte er seit neuestem Selbstgespräche? Als ich ins Zimmer trat, wurde mir klar, warum die beiden so nervös gewesen waren. Das hatten sie also geplant. Diese Idioten!

„Hey, Toby.“ Mir drohte fast das Herz aus der Brust zu springen. Roger stand mit einem großen Blumenstrauß im Wohnzimmer, den er mir entgegen hielt. Nachdem ich ihm den abgenommen hatte, knetete er etwas nervös seine Hände. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht beleidigen. Ich... Du weißt, was ich sagen will.“

Er deutete auf die Blumen in meiner Hand. Als ich noch einmal genauer hinsah, erkannte ich, warum der Strauß so bunt war und welche Farben er beinhaltete. Ich nickte einmal. Möglichst neutral bot ich an: „Schon gut, setz dich doch.“

„Danke.“ Er lächelte mich an und folgte der Aufforderung.

Während ich mich in die Küche begab, um die Blumen in eine Vase zu stellen, folgte Terrence mir erneut. Etwas verlegen erklärte er: „Ich hoffe, du bist uns nicht böse. Roger hat uns gefragt, wann wir das nächste Mal hier sind. Er meinte, du wolltest nicht mit ihm sprechen, als er sich entschuldigen wollte. Deswegen haben wir ihn reingelassen, damit ihr nochmal miteinander reden könnt. Ich wusste nicht, dass er gleich so übertreibt.“

„Schon gut. Ich hab doch gesagt, dass es okay ist, wenn er zu den Spielen kommt“, beruhigte ich ihn. Dennoch wurde es mir etwas unwohl. Die Blumen sagten so viel mehr, als es Rogers Worte getan hatten und als die anderen verstehen konnten. Immerhin hatte er dafür in einen Laden gehen müssen und dem Verkäufer erklären, welche Farben und in welcher Anordnung er sie haben wollte. Und dann damit durch die halbe Stadt fahren. Daher konnte ich sie auch nicht einfach wegwerfen, so gern ich es getan hätte. Warum hatte er es nicht einfach auf sich beruhen lassen können? Dann würde mein Herz jetzt nicht schon wieder so rasen bei seinem Anblick. Ich stellte die Blumen in eine Vase und füllte diese mit Wasser.

„Warum willst du dann nicht mit ihm reden?“, bohrte mein bester Freund nach. Ihm schien der Blumenregenbogen nicht wirklich aufgefallen zu sein. Vermutlich war es für ihn nur unästhetisches Gestrüpp.

Ich seufzte. Die Wahrheit konnte ich ihm wohl schlecht sagen. „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass es mehr zu reden gibt. Er hat sich entschuldigt, mehr brauchte es nicht.“

Terrence nickte nachdenklich und sah mich argwöhnisch an. Dann zuckte er mit den Schultern. Ich war froh, dass er nicht weiter nachbohrte. Was hätte ich ihm denn auch anderes sagen sollen?

Gemeinsam gingen wir ins Wohnzimmer, wo er sich bei Bobby auf die kleine Couch setzte. Mir blieb also nichts anderes, als mich zu Roger auf die große zu hocken. Ich setzte mich ganz an den Rand, um ihm nicht zu nahe zu kommen. Vorsichtig blickte Roger zu mir. Diesmal war es jedoch ich, der seinem Blick auswich. Er sollte merken, dass sich etwas geändert hatte und ich nicht wegen einer einfachen Entschuldigung da weitermachen würde, wo wir vor ein paar Wochen aufgehört hatten.
 

Während des zweiten Spiels ging Roger auf Toilette und setzte sich danach dicht neben mich. Ich spürte seine Finger vorsichtig über die meinen streichen. Überrascht ließ ich es kurz geschehen, dann zog ich meine Hand jedoch weg. Nein, ich würde mich nicht einfach einlullen lassen!

Schon diese kurze Berührung hatte mir klar gemacht, wie sehr ich ihn die letzten Wochen vermisst hatte. Mein Zigarettenkonsum war wieder rasant angestiegen und bisher hatte ich auch keinen Club gefunden, in dem ich mich wirklich wohl fühlte. Sie waren entweder zu laut, zu dreckig oder hatten keinen Darkroom. Mein Entschluss stand dennoch fest! Wir konnten gerne Freunde sein, aber mehr nicht.

„Ich geh kurz in die Küche rauchen.“ Sobald das Spiel zu Ende war, stand ich auf.

In der Küche stützte ich mich auf die Arbeitsplatte. Das war einfach zu viel für mich. Wie sollte ich an meinem Vorsatz festhalten, wenn er mir so nahe kam? Ich fummelte eine Zigarette aus der Schachtel und versuchte sie mir mit zitternden Finger anzustecken. Da hörte ich es neben mir klappern. Überrascht sah ich auf.

Roger stand da und stellte einige leere Schüsseln ab. Für die anderen war es wohl nicht verwunderlich gewesen, dass er helfen wollte, sie kannten es ja nicht anders. Besorgt sah er mich an. „Du rauchst wieder?“

„Ich hab nie aufgehört“, gab ich patzig zurück. Innerlich fluchte ich, da er es mir mit seiner Anwesenheit unmöglich machte, die Zigarette anzuzünden. Er kam einige Schritte auf mich zu und nahm sie mir aus der Hand. Dann machte er noch einen Schritt auf mich zu. Fahrig fuhr ich ihn an: „Lass mich in Ruhe.“

Er blieb stehen und sah mir in die Augen. Er war offensichtlich enttäuscht. „Du bist mir also doch noch böse. Ich wusste es.“

„Ja. Natürlich. Glaubst du wirklich, du kannst das mit einem Strauß Blumen und ein paar Entschuldigungen wieder gut machen?“, fragte ich bemüht ruhig. Scheiße, die Stimme in meinem Kopf, die ihm einfach verzeihen wollte, sollte ruhig sein! „Das war nicht einfach nur irgendeine homophobe Bemerkung. Das ging gegen mich persönlich!“

„Ich weiß.“ Roger sah mich verzweifelt an. „Ich hatte Angst. Du hast ihnen gesagt, dass dein Date nicht mit geht, weil er nicht geoutet ist. Plötzlich dachte ich, dass sie darauf kommen würden, dass ich das bin, wenn ich einfach nur sage, dass ich keine Zeit hab oder nicht will.“

Ich nickte. Das war mir schon klar, aber es änderte nichts daran, dass so etwas immer wieder vorkommen würde. „Ich versteh das. Ich hatte aber keine andere Wahl, ohne sie anzulügen. Und ich hab dir gesagt, dass ich das nicht mache. Wie stellst du dir das vor, wenn es noch einmal dazu kommt? Willst du mich dann wieder beleidigen? Oder glaubst du, ich würde sie anlügen? Nein, das geht so nicht!“

„Ich weiß. Es kommt nicht mehr vor.“

Er machte den letzten Schritt auf mich zu und wollte sich an mich drücken, doch ich wich zurück. „Nein, Roger! Das ist vorbei! Ich hab da keine Lust mehr drauf. Ich will nicht für dich lügen müssen.“

Roger seufzte leise und trat einen Schritt weg. „Das sollst du doch auch gar nicht. Ich hab dir gesagt, du sollst deine Freunde nicht für mich anlügen.“

„Wie stellst du dir das dann vor? Soll ich ihnen das nächste Mal sagen: Tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich hab ’n Date mit Roger?“

Er sah mir ernst in die Augen. „Ja!“

„Mach dich nicht lächerlich!“ Bitter lachte ich auf. „Ich hab gesagt, dass ich dich nicht oute!“

„Ich will es aber!“

„Was?“ Ich musste ihn gerade völlig falsch verstanden haben. Warum schafften wir es nicht, wenigstens ein Mal ohne Missverständnisse miteinander zu reden?

Roger seufzte erneut, diesmal tiefer. „Sie haben recht, ich bin feige. Du hast es nicht verdient, dich mit jemandem abgegeben zu müssen, der zu viel Angst hat, zu sich selbst zu stehen.“

„Das ist aber der falsche Weg. Du solltest dich nicht outen, nur damit ich dir verzeihe.“

Er schüttelte vehement den Kopf. „Es geht nicht um dich! Als ich bei meinen Eltern war, ist mir wieder klar geworden, warum ich ausgezogen bin. Ich wollte ich selbst sein können. Und stattdessen versteck ich mich weiterhin. Ich hab dich sogar wegen diesem Blödsinn verletzt! Vor Leuten, die scheinbar überhaupt kein Problem damit haben!“

„Du solltest dich dennoch nicht outen, wenn du noch nicht bereit bist.“ Beruhigend legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. „Das ist nicht mal eben getan.“

„Ich weiß. Ich will auch nicht hier rausrennen und es in die Welt schreien. Aber deine Freunde akzeptieren dich vollkommen, oder? Das ist mir letztens klar geworden. Sie würden auch mich akzeptieren, oder?“ So sicher er auch vorher geklungen hatte, diese letzte Frage zeigte deutlich, dass er es nicht war.

Ich nahm ihn nun doch in den Arm. Er ließ sich erleichtert gegen meine Brust sinken. Offenbar hatte er diese zumindest freundschaftliche Geste wirklich gebraucht. „Sie werden etwas brauchen, nach dem, wie du dich verhalten hast. Aber ja, sie werden es akzeptieren. Ich versprech dir, sie werden dich nicht beleidigen oder sonst wie verletzend werden. Vielleicht machen sie ein paar Witze, wegen dem, was vorher war, aber du hast ein dickes Fell, du hältst das schon aus.“

„Sicher. Ich weiß, dass es nicht einfach wird, weil ich Scheiße gebaut hab. Kannst du mir verzeihen? Ich meine, richtig verzeihen?“ Hoffnungsvoll sah er mich an.

Ich seufzte. Scheiße, was sollte ich denn anderes sagen? Ich hatte mich nun einmal in ihn verliebt und im Grunde war ich ihm schon jetzt nicht mehr böse. Er hatte sich blöd verhalten, weil er Angst hatte, aber er wollte etwas daran ändern. Das war gut, oder? Er wollte dafür sorgen, dass es so eine Situation nicht noch einmal geben würde. Und so wie er sich verhielt, tat es ihm auch wirklich leid. Dennoch gab es da noch etwas anderes. „Ich weiß es nicht. Es ist nicht nur die Beleidigung. Du bist auch nach der Sache mit Fred direkt abgehauen ohne mir zu sagen, warum.“

„Ja. Ich war beleidigt, weil du lieber in den Club gegangen bist, statt dich mit mir zu treffen.“ Ich wollte ihm gerade widersprechen, doch er redete direkt weiter: „Erst zu Hause hab ich gesehen, dass du mehrmals versucht hast anzurufen. Du wolltest dich eigentlich mit mir treffen, oder? Außerdem hab ich kein Recht, deswegen beleidigt zu sein.“

„Ich hab doch schon unten gesagt, dass ich dich versucht hab anzurufen“, machte ich ihn verwundert aufmerksam.

„Da hab ich dich aber nicht richtig verstanden. Jedenfalls ist das blöd gelaufen. Ich hätte nicht böse sein dürfen. Außerdem hast du mir ja geholfen. Nur die Art hat mich eben überrumpelt.“ Er ließ sich etwas in meinen Armen sinken.

„Keine Sorge, das mach ich sicher nicht mit dir, wenn du das nicht willst.“ Ich lächelte ihn an. Verdammt, das war ein Einverständnis gewesen, dass wir uns wieder trafen, oder? Er machte mich einfach schwach. Im Grunde wollte ich es doch auch. „Aber er steht da nun mal drauf und ich find’s auch gut.“

„Ich werd mich daran gewöhnen, dass du zu anderen so bist.“ Ehrlich lächelte er mich an. Dann schob er hinterher: „Also, wenn wir uns noch immer treffen wollen, auch wenn deine Freunde davon wissen.“

„Du willst es ihnen sagen?“ Erstaunt riss ich die Augen auf. Dass er sich outen wollte, okay, aber damit hatte ich nun wirklich nicht auch noch gerechnet.

„Ja. Ich dachte, du kannst mir vielleicht helfen, mich zu outen. Wenn das okay ist? Ich würde ihnen gerne sagen, warum ich wirklich so ausgetickt bin.“ Unsicher sah er mich.

„Ist okay“, gab ich mit einem Seufzen nach. Ich konnte ihm das kaum abschlagen, wenn es so wichtig für ihn war und er mich dabei an seiner Seite haben wollte. Ein wenig fühlte ich mich sogar davon geschmeichelt. „Wie hast du dir das vorgestellt?“

„Erstmal: Magst du dich wieder mit mir treffen? Also so wie vorher?“

Ich zog ihn noch etwas fester an mich und lächelte ihn an, bevor ich ihn vorsichtig und zärtlich küsste. Zu behaupten, dass ich mich nicht mehr mit ihm treffen wollte, wäre reiner Selbstbetrug gewesen.

Als ich den Kuss wieder löste, lächelte Roger mich einen Moment an. Er wirkte unglaublich glücklich. Leicht lehnte er seinen Kopf gegen meine Schulter und ich strich automatisch durch seine kurzen Haare. Leise erklärte er: „Ich will einfach nur, dass wir genau das auch vor ihnen machen. Ich will es nicht mehr geheim halten, sondern genauso mit dir rumalbern oder kuscheln können, wie wir es bei mir gemacht haben.“

„Dir ist aber klar, dass sie Fragen stellen werden?“

Roger nickte und grinste verschmitzt. „Das ist doch der Sinn dahinter.“

„Naja, sie werden mehr wissen wollen. Zum Beispiel, was das zwischen uns ist.“ Ich sah ihn eindringlich an.

„Ich weiß. Was würdest du ihnen sagen?“

Ich musste lächeln, weil er lieber mich die Frage beantworten ließ. Sicher, ich hätte die Frage wieder zurückgeben können, doch ich wollte ihm antworten und nicht ewig herumspielen. Vermutlich hätte das sowieso wieder nur Missverständnisse gegeben. „Ich würde es Freundschaft mit Extras nennen. Oder wäre dir Affäre lieber?“

Ich beobachtete ganz genau seine Reaktion, falls ich etwas gesagt hatte, was seiner Meinung widersprach. Doch zumindest ließ er sich nichts anmerken, ganz im Gegenteil, er lächelte mich offen an. „Nein, Freundschaft mit Extras klingt gut. Immerhin sagt es, dass wir noch Freunde sind.“

Ich lachte leicht und küsste ihn dann drängend. Mindestens genauso gierig erwiderte er den Kuss.

Nur langsam konnten wir uns wieder voneinander lösen und zogen unsere Hände unter den Pullovern hervor, unter die wir sie jeweils gegraben hatten. Als wir es endlich geschafft hatten, lächelte Roger mich wieder an. „Ich glaub, wir sollten endlich zurück. Das Spiel läuft bestimmt schon.“

Ich nickte leicht und sah ihn dann forschend an. „Und du bist dir sicher?“

„Ja.“ Er nahm meine Hand und verschränkte seine Finger mit meinen. Nachdem er mir noch einmal versichernd ins Gesicht gesehen hatte, nickte er und ging mit mir zusammen zur Küchentür. Ich nickte ihm noch einmal aufmunternd zu und ließ ihn dann vor mir durch die Tür treten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  1Katniss1
2018-07-17T17:44:58+00:00 17.07.2018 19:44
Ich mag deine Geschichte einfach super gerne 😊
Bin gespannt wie die beiden ein Paar werden.
Antwort von:  Vampyrsoul
24.07.2018 18:10
Danke dir :)
Freut mich, dass du noch immer Spaß an der Geschichte hast.


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